Osmokonformer und Osmoregulierer

Werbung
44. Die Kontrolle des inneren Milieus
44.1 Mechanismen der Homöostase schützen das innere Milieu
eines Tieres vor schädlichen Schwankungen.
Mechanismen der Homöostase dämpfen Schwankungen in den Körperflüssigkeiten
der Tiere und schützen sie vor den möglicherweise schädlichen Einflüssen eines
wechselhaften externen Milieus.
44.2 Zellen benötigen einen ausgeglichenen Wasserhaushalt.
Ein grosses Problem ist, dass Zellen einen Netto-Wasserverlust nicht vertragen.
Zwischen Wasseraufnahme und –abgabe muss ein Gleichgewicht vorhanden sein.
Das osmotische Gleichgewicht wird durch Glucose und Proteine in der
interstitiellen Flüssigkeit gewährleistet.
Zwei Lösungen sind isotonisch, wenn sie die selbe
Osmolarität
(=Gesamtkonzentrationgelöster Teilchen pro Liter Lösung) aufweisen. Falls die
Osmolarität unterschiedlich ist, wird die konzentriertere Lösung als hypertonisch
und die verdünntere Lösung als hypotonisch bezeichnet. Durch eine Membran
bewegt sich Wasser osmotisch von der hypotonischen zur hypertonischen Lösung.
Osmokonformer und Osmoregulierer
Osmokonformer: Tiere, die ihre interne Osmolarität nicht aktiv steuern (meistens
sind diese Tiere isotonisch mit dem umgebenen Milieu).
Osmoregulierer: Tiere, deren Körperflüssigkeiten nicht isotonisch mit der externen
Umwelt sind, sie regulieren den Wasserhaushalt aktiv.
Eine Nettobewegung von Wasser durch Membranen tritt nur auf, wenn ein
osmotischer Gradient existiert. Osmoregulierer müssen Energie aufwenden, um
solche Gradienten aufrechtzuerhalten, sie manipulieren die Solutkonzentration in
ihren Körperflüssigkeiten.
stenohalin: Tiere, die einen massiven Wechsel der Osmolarität ihres externen
Milieus nicht verkraften.
euryhalin: Tiere, die massive Fluktuationen der Osmolarität ihrer Umwelt überleben
machen entweder den Wechsel intern mit oder sie halten ihr inneres Milieu trotz der
äusseren Schwankungen in einem engen Bereich.
Regulation des Wasserhaushalts in untrschiedlichen Lebensräumen
Marine Tiere
Sie sind meistens Osmokonformer, unterscheiden sich aber trotzdem zum
Meerwasser im Mengenverhältnis bestimmter Innen. Sie betreiben Ionenregulation.
Die Regulation des Elektolythaushalts gilt für Körperflüssigkeiten und für jede
einzelne Körperzelle.
Süsswassertiere
Die osmoregulatorischen Probleme der Süsswassertiere sind genau umgekehrt zu
denen von marinen Tieren.
-1-
Vergleich:
Marine Tiere
Aufnahme von Wasser und Salzionen
über die Nahrung und durch Trinken von
Meerwasser
osmotischer Wasserverlust über Kiemen
und andere Bereiche der
Körperoberfläche
Abgabe von Salzionen über die Kiemen
Süsswassertiere
Aufnahme von Wasser und manchen
Ionen über die Nahrung
osmotische Wasseraufnahme über die
Kiemen und andere Bereiche der
Körperoberfläche
Aufnahme von Salzionen über die
Kiemen
Abgabe von Salzionen und kleinen
Abgabe grosser Wassermengen als stark
Wassermengen als mässig konzentrierter verdünnter Harn über die Nieren
Harn über die Nieren
Leben in temporären Gewässern
Diese Tiere überleben in einem Dauerstadium trotz Verlust des fast gesamten
Körperwassers (Anhydrobiose oder Cryptobiose). Die dehydrierten Tiere
enthalten grosse Mengen an Zuckern (ein Disaccharid namens Trehalose), welche
die Zellen schützen, indem sie den Wassermangel ersetzen, der Membran und
Proteine umgibt.
Landtiere
Sie besitzen eine relativ undurchdringliche Körperoberfläche. Dennoch verlieren sie
erhebliche Wassermengen, die durch Trinken oder den Verzehr von wasserhaltigen
Nahrungsmitteln ausgeglichen werden müssen.
Verhaltensgesteuerte Anpassungen:
- nervöse und hormonelle Durstkontrolle
- Nachtaktivität zur Reduktion des Wasserverlustes
44.3 Osmoregulation
Transportepithelien.
beruht
auf
den
Eigenschaften
von
Transportepithelien regulieren die Bewegung der Solute (gelöste Teilchen). Ein
Transportepithel besteht aus einem einschichtigen Gewebe, das entweder direkt an
der Körperoberfläche liegt oder einen Kanal auskleidet, der über eine Körperöffnung
ins Freie mündet. Die Zellen des Epithels sind durch undurchdringliche
Verschlusskontakte (Tight Junctions) miteinander verschweisst und bilden so an
der Grenze zwischen Gewebe und Umwelt eine kontinuierliche Barriere. Infolge
dieser Architektur muss jedes zwischen Organismus und Umwelt ausgetauschte
Solut die selektiv permeable Membran der Epithelzellen passieren. Jedes Epithel
ist spezifisch für unterschiedliche Solute durchlässig.
44.4
Viele
Wirbellose
besitzen
Osmoregulation und Exkretion.
tubuläre
Systeme
zur
Protonephridien: Das Wimpernflamm-System der Plattwürmer
Plattwürmer
besitzen
einfache
tubuläre
Exkretionsorgane,
sogenannte
Protoniphridien. Sie bestehen aus einem Geäst von zum Körperinnern hin blind
geschlossenen Kanälchen, welche sich im ganzen Körperinnern verzweigen. An den
Enden sitzt jeweils eine Terminalzelle mit einem Kranz fingerartiger
-2-
Membranausstülpungen, wodurch ein Gefäss mit zahlreichen Spalten entsteht.
Interstitielle Flüssigkeit dringt über einen Ultrafilter (Basalmembran) durch die
Spalten ein und gelangt so in das Kanallumen. Durch den Ultrafilter werden jedoch
Salze und andere niedermolekulare Substanzen filtriert. Auf diese Weise wird der
Harn verdünnt. Der Süsswasser-Plattwurm gleicht so die osmotische
Wasseraufnahme aus seinem hypotonischen Lebensraum aus.
Die Metanephridien der Ringelwürmer
Das Metanephridium (Exkretionsorgan) besitzt interne Öffnungen zum Sammeln
von Körperflüssigkeiten. Vor allem bei den Annelidien besitzt jedes Körpersegment
ein Paar Metanephridien, das heisst, es ist ein Tubulus, der in der Coelomflüssigkeit
liegt und von einem Netz von Blutkapillaren umsponnen ist. Ein Wimperntrichter, das
Nephrostom, sammelt die Coelomflüssigkeit. Zudem resorbieren die Metanephridien
Salze über ihr Transportepithel und geben über die Exkretionsporen einen
verdünnten Harn ab.
Die Malpighi-Gefässe der Insekten
Insekten und andere terrestrische Arthropoden besitzen ein offenes Kreislaufsystem
und die Gewebe werden unmittelbar von der Hämolymphe umspült. Die MalpighiGefässe (Exkretionsorgane) entfernen stickstoffhaltige Abfälle aus der
Hämplymphe und dienen auch der Osmoregulation. Insekten geben einen relativ
trockenen Harn ab. Dies ist eine gute Anpassung an die terrestrischen
Lebensbedingungen.
44.5 Die Nieren der meisten Wirbeltiere sind kompakte Organe mit
zahlreichen exkretorischen Tubuli.
Das Exkretionssystem der Säugetiere
Die Nieren sind paarige, bohnenförmige Organe. Das Blut tritt über die Nierenarterie
ein und verlässt sie über die Nierenvene. Sie empfangen mit jedem Herzschlag etwa
20% des gesamten Blutvolumens. Der Urin verlässt die Niere durch den Harnleiter,
welcher in die Harnblase mündet. Von da aus verlässt der Urin den Körper durch die
Harnröhre.
Das Nephron und damit assoziierte Strukturen
Die Niere wird in zwei verschiedene Regionen unterteilt, die äussere Rindenschicht
(Cortex) und die innere Markschicht (Medulla). Beide besitzen zahlreiche kleine
Exkretionskanälchen. Ein Nephron besteht aus einem einzigen langen Tubulus und
einem Glomerulus (Blutkapillarknäuel). Das blinde Ende des Tubulus bildet eine
napfförmige Anschwellung, die Bowman-Kapsel, welche den Glomerulus umgibt.
Der Blutdruck presst Wasser, Harnstoff, Salze und andere niedermolekulare Solute
aus dem im Glomerulus enthaltenen Blut in das Lumen der Bowman-Kapsel. Die
Flüssigkeit im Lumen des Nephrons bezeichnet man als Ultrafiltrat. Es gelangt
nacheinader in drei verschiedene Regionen des Nephrons: Proximaler Tubulus,
Henle-Schleife, und distaler Tubulus enden in einem Sammelrohr, dessen
Flüssigkeit ins Nierenbecken gelangt. Cortikale Nephrone sind oberflächlich. Sie
besitzen nur eine kurze Henle-Schleife und beschränken sich in ihrer Ausdehnung
fast ausschliesslich auf die Rindenschicht. Juxtamedulläre Nephrone besitzen eine
voll entwickelte Henle-Schleife, die tief in die Markschicht reicht. Diese Nephrone
spielen eine Schlüsselrolle bei der Fähigkeit des Menschen einen im Vergleich zum
Blut hypertonischen Urin zu bilden.
-3-
Das Nephron wird über eine afferent Arteriole mit Blut versorgt, einem Ast der
Nierenarterie, der sich in die Glomerulus-Kapillaren auffächert. Die Kapillaren
vereinigen sich beim Verlassen des Glomerulus unter Bildung einer efferenten
Arteriole wieder. Dieses Gefäss fächert sich erneut auf und bildet ein
nachgeschaltetes, peritubuläres Kapillarnetz. Das Kapillarnetz der Henle-Schleife
nennt man Vasa recta, das sich in einen aufsteigenden und absteigenden Ast
(fliessen antiparallel) aufteilt.
Tubuli und Kapillaren sind umgeben von interstitieller Flüssigkeit, über welche die
verschiedenen Substanzen zwischen Blutplasma und Primärharn hin- und
herdiffundieren.
44.6
Die
Transportepithelien
Zusammensetzung des Blutes.
der
Niere
regulieren
die
Produktion des Urins aus dem Ultrafiltrat des Blutes
Ultrafiltration des Blutes:
Der Blutdruck presst Flüssigkeit aus den Glomerulus-Kapillaren durch das Epithel der
Bowman-Kapsel in das Lumen des proximalen Tubulus. Die porösen Kapillaren
funktionieren zusammen mit spezialisierten Zellen der Bowman-Kapsel, den
sogenannten Podocyten, als Ultrafilter. Diese Ultrafiltration ist völlig unselektiv in
Bezug auf die Art der kleinen Moleküle.
Sekretion:
Zusätzlich für die Exkretion bestimmte Substanzen werden direkt durch aktiven und
passiven Transport aus der interstitiellen Flüssigkeit in das Tubuluslumen sezerniert.
Dieser Vorgang ist sehr selektiv.
Reabsorption:
Es ist ein selektiver Rücktransport von Substanzen durch das Epithel der
Nierentubuli aus dem Ultrafiltrat in die interstitielle Flüssigkeit. Auf diese Weise
kontrollieren Sekretion und Reabsorption gemeinsam die Konzentration
verschiedener Salzionen in den Körperflüssigkeiten (Elektrolythaushalt). Aus dem
dünnen Primärharn entsteht ein hochkonzentrierter Sekundärharn.
Diese Hauptfunktionen ermöglichen es
Stoffwechselschlacken zu reinigen und
Körperflüssigkeiten zu reagieren.
den Nieren das Blut
auf Ungleichgewichte in
von
den
Transporteigenschaften von Nephron und Sammelrohr
Betrachte vor allem auch die Bilder und den Beschrieb im Buch !
Das Ultrafiltrat ist in Bezug auf seine Osmolarität und die Konzentration kleiner
Moleküle vollkommen identisch mit dem Blutplasma. Die meisten der aus dem Blut
ultrafiltrierten Salzionen werden im proximalen Tubulus reabsorbiert. Ausserdem
werden dort Ammoniak, bestimmte Arzneistoffe und Protonen (zur Regelung des
pH’s) selektiv in das Filtrat sezerniert. Glucose und Aminosäuren werden dem Filtrat
aktiv entzogen und auch Kalium und HCO3 werden reabsorbiert.
Der absteigende Ast der Henle-Schleife ist durchlässig für Wasser, aber nicht für
NaCl. Wasser tritt durch Osmose in die interstitielle Flüssigkeit über. NaCl diffundiert
aus dem nun konzentrierten Filtrat, wenn sich dieses durch den salzdurchlässigen
aufsteigenden Ast der Henle-Schleife bewegt.
-4-
Der distale Tubulus ist auf selektive Sekretion und Reabsorption spezialisiert und
spielt eine Schlüsselrolle bei der Regulation der Kaliumkonzentration und des BlutpH’s.
44.7 Die Fähigkeit der Säugerniere zum Konservieren von Wasser
ist eine entscheidende Anpassung an die terrestrische
Lebensweise.
Das Zusammenwirken von Henle-Schleife und Sammelrohr halten den osmotischen
Gradienten in der interstitiellen Flüssigkeit der Niere aufrecht. Der Urin wird
konzentriert. NaCl und Harnstoff sind für den osmotischen Gradienten
verantwortliche Solute.
Wasserrückhaltung durch zwei Solutgradienten
Während das Ultrafiltrat durch den proximalen Tubulus fliesst, der sich in der
Rindenschicht befindet, wird eine grosse Menge an Wasser und Salz reabsorbiert.
Das Volumen des Filtrats nimmt ab, die Osmolarität bleibt jedoch gleich.
Wenn das Filtrat im absteigenden Ast der Henle-Schleife von der Rindenschicht in
die Markschicht gelangt, verliert der Tubulus osmotisch Wasser. Mit zunehmender
Konzentration der Solute steitgt sie Osmolarität des Filtrats. Die Salzkonzentration
steigt von der Rindenschicht bis in die Markschicht kontinuierlich an bis ein Maximum
in der Haarnadelkurve der Henle-Schleife erreicht wird. Dort befindet sich die
maximale Diffusionsrate von Salzionen aus dem Tubulus.
Die Henle-Schleife hat die Eigenschaft eines Gegenstrommechanismus. Die beiden
Schenkel liegen nahe genug beieinander, um sich gegenseitig bei ihren
Austauschvorgängen mit einer gemeinsamen interstitiellen Flüssigkeit zu
beeinflussen (Gegenstrom-Multiplikationspronzip). Während der Bewegung aus
der Rindenschicht in die Markschicht verliert das Filtrat durch den Anstieg der
Osmolarität in der interstitiellen Flüssigkeit osmotisch Wasser. Der Harnstoff im Filtrat
wird konzentriert. Hochkonzentrierter Urin ist isotonisch zur interstitiellen Flüssigkeit
der inneren Markzone, jedoch hypertonisch zum Blut und zur interstitiellen
Flüssigkeit.
Regulation der Nierenfunktion durch negative Rückkoppelung
Nieren sind sehr anpassungsfähig, die Reabsorption von Wasser und Salzen
unterliegt einer Kombination aus hormoneller und nervöser Kontrolle. Das
antidiuretische Hormon (ADH) wird im Hypothalamus gebildet. Osmorezeptoren
messen die Osmolarität im Blut und stimulieren die Ausschützung von zusätzlichem
ADH. Zielgewebe sind distale Tubuli und Sammelrohr der Niere, wo das Hormon die
Durchlässigkeit des Epithels für Wasser erhöht.
Der juxtaglomeruläre Apparat (JGA) antwortet auf ein Sinken des Blutdruckes oder
des Blutvolumens durch Freisetzen von Renin, welches die Ausschüttung von
Angiotensin II bewirkt. Dieses Blutpeptid führt zur Konstriktion (Verengung) von
Arteriolen und veranlasst die Nebennieren zum Ausschütten von Aldosteron, einem
Hormon, welches Reabsorption von Natrium und das passive osmotische Nachfolgen
von Wasser aus dem Filtrat bewirkt. Sowohl ADH als auch das Renin-AngiotensinAldosteron-System (RAAS) führen zur Reabsorption von Wasser und zu einem
konzentrierteren Urin.
Der durch die Herzvorhöfe als Reaktion auf einen erhöhten Blutdruck freigesetzte
atriale natriuretische Faktor (ANF) hemmt die Ausschüttung von Renin und wirkt
antagonistisch zum RAAS.
-5-
44.8 Die Wirbeltierniere ist an den Lebensraum ihres Besitzers
angepasst.
Ursprünglich diente die Wirbeltierniere nur der Osmoregulation. Form und Funktion
der Nephrone bei den verschiedenen Wirbeltierklassen stehen in Beziehung zur
osmotischen Situation im Lebensraum des jeweiligen Tieres. Die Exkretion von
Stickstoffverbindungen wurde im Verlauf der Vertebratenevolution zur zweiten
Aufgabe der Niere.
44.9 Die Art der stickstoffhaltigen Ausscheidungsprodukte eines
Tieres hängt von seiner Stammesgeschichte und seinem
Lebensraum ab.
Der Stoffwechsel produziert giftige Nebenprodukte. Das primäre Abfallprodukt ist
Ammoniak, ein kleines, sehr giftiges Molekül. Viele Tiere wandeln Ammoniak
zunächst in Verbindungen wie Harnstoff oder Harnsäure um, weil sie wesentlich
ungiftiger sind. Dieser Prozess erfordert jedoch Energie.
Ammoniak
Die meisten aquatischen Tiere scheiden stickstoffhaltige Schlacken als Ammoniak
aus (sie sind ammoniotelisch). Ammoniakmoleküle sind im Wasser sehr gut löslich,
wodurch sie Membranen sehr gut passieren können. Bei Tieren mit weichem Körper
diffundiert der Ammoniak durch die gesamte Körperoberfläche in das umgebende
Wasser.
Harnstoff
Obwohl die Exkretion von Ammoniak im Wasser gut funktioniert, ist sie für das Leben
an Land ungeeignet. Ammoniak ist so giftig, dass es von einem Tier nur in sehr stark
verdünnter Form gespeichert und ausgeschieden werden kann, terrestrische Tiere
können ihn einfach nicht schnell genug loswerden. Stattdessen scheiden Säuger und
die meisten adulten Amphibien Harnstoff aus. Solche Tiere werden als ureotelisch
bezeichnet. Diese Substanz kann in wesentlich höheren Konzentrationen toleriert
werden, denn Ammoniak ist 100 000 mal giftiger. Bei der Exkretion von Harnstoff
müssen die Tiere wesentlich weniger Wasser opfern, um ihre stickstoffhaltigen
Schlacken loszuwerden, was eine wichtige Anpassung an das Landleben darstellt.
Harnsäure
Harnsäure ist ein lösliches Präzipat, das von Landschnecken, Vögeln, Insekten und
vielen Reptilien in Form einer cremigen Paste ausgeschieden werden. So kann
nahezu das ganze Wasser aus dem Urin zurückgewonnen werden (die Tiere sind
uricotelisch).
Es gibt bei terrestrischen Tieren einen Bezug zwischen der Art des
Exkretionsprodukts und der Fortpflanzungsweise. Unterschiede im Exkretionsprodukt
hängen auch vom Habitat ab und manche Organismen können ihre
Exkretionsprodukte wechseln, wenn sich die Umwelt ändert.
-6-
44.10 Thermoregulation hält die Körpertemperatur in einem für den
Stoffwechsel förderlichen Bereich.
Thermoregulation bedeutet Konstanthalten der Körpertemperatur in einem Bereich,
der die Zellen in die Lage versetzt effizient zu arbeiten.
Wärmeaustausch zwischen Organismen und ihrer Umgebung
Thermoregulation ist vor allem eine Frage des Wärmeaustauschs zwischen dem
Organismus und seiner Umgebung. Er hängt von 4 physikalischen Prozessen ab:
Konduktion ist die Übertragung von thermischer (kinetischer) Energie durch direkte
Berührung zwischen Molekülen der Umgebung und solchen der Körperoberfläche.
Konvektion ist der Wärmeaustausch durch Bewegung von Luft oder Flüssigkeit über
eine Körperoberfläche.
Strahlung (Radiation) ist die Emmision elektromagnetischer Wellen durch alle
Objekte, die wärmer als der absolute Nullpunkt sind.
Verdunstung (Evaporation) ist der Wärmeverlust an der Oberfläche einer
Flüssigkeit, die Moleküle als Gas verliert. Verdunstung von Wasser durch ein Tier
kühlt dessen Körperoberfläche erheblich.
44.11 Ektotherme Tiere beziehen ihre Körperwärme hauptsächlich
aus ihrer Umgebung, endotherme gewinnen sie vor allem aus ihrem
Stoffwechsel.
Die Begiffe endotherm und ektotherm beziehen sich nicht auf die tatsächliche
Körpertemperatur, sondern auf die Hauptquelle der Körperwärme. Zahlreiche
Endotherme halten in ihrem Körper eine konstante Temperatur aufrecht, auch wenn
die Umgebungstemperatur schwankt (die Tiere sind homoiotherm). Im Gegensatz
kann bei Tieren die Körpertemperatur mit der Umgebungstemperatur schwanken, sie
sind poikilotherm. Jedoch ist eine konstante Körpertemperatur kein Kriterium zum
Unterscheiden von Endothermen und Ektothermen.
Endothermie erlaubt einem terrestrischen Tier das Aufrechterhalten einer relativ
konstanten Körpertemperatur und einer hohen aeroben Stoffwechselrate. Dies
erleichtert die Fortbewegung an Land und das aktive Schwimmen in kalten Meeren.
44.12 Thermoregulation umfasst physiologische und Verhaltensanpassungen.
Ektotherme und Endotherme regulieren ihre Körpertemperaturen durch Anpassen
ihrer Wärmeaustauschrate mit der Umgebung, Verdunstungskühlung und spezielle
Verhaltensweisen. Vögel und Säuger können auch die von ihnen produzierte
Stoffwechselwärme verändern. Zu den Anpassungen zum Verändern der
Wärmeaustauschrate gehören:
- Körperisolation: Haare, Federn und Unterhaut-Fettgewebe vermindern den
Wärmeverlust eines Tieres.
- Vasodilatation: Dadurch ergibt sich eine erhöhte Durchblutung, also eine
Zunahme des Durchmessers von Blutgefässen der Haut.
- Vasokonstriktion: Sie reduziert den Blutfluss und die Wärmeabgabe durch
Verengen des Durchmessers der Blutgefässe in der Haut.
-7-
-
-
Gegenstrom-Wärmeaustauscher:
Eine
weitere
Veränderung
des
Wärmeaustausches ist eine besondere Anordnung von Arterien und Venen. Eine
Gegenstrom-Anordnung erleichtert den Wärmeaustausch zwischen Venen und
Arterien über die gesamte Länge der Blutgefässe. Die Arterie kann Wärme auf
das kältere Blut der Vene übertragen.
Die Verdunstungskühlung kann durch Hecheln, Schwitzen und Baden
beeinflusst werden.
44.13 Die vergleichende Tierphysiologie kennt unterschiedliche
Mechanismen der Thermoregulation.
Invertebraten
Viele
grosse
fliegende
Insekten
erzeugen
durch
Muskelkontraktion
Stoffwechselwärme und besitzen Gegenstrom-Wärmeaustauscher, um die Wärme zu
speichern. Honigbienen regulieren ihre Körpertemperatur durch soziale
Verhaltensweisen.
Amphibien und Reptilien
Amphibien und Reptilien halten ihre interne Temperatur vor allem durch
Verhaltensanpassungen in einem geeigneten Bereich. Sie sind generell ektotherm
mit einer relativ niedrigen Stoffwechselrate. Manche Echsen regulieren den
Wärmeaustausch mit ihrer Umgebund durch Vasokonstriktion und Vasodilatation.
Einige weibliche Schlangen können gezielt Stoffwechselwärme erzeugen und
erhöhen beim Bebrüten ihres Geleges ihre Körpertemperatur durch Muskelzittern.
Fische
Bei den meisten Fischen sind Körpertemperatur und Umgebungstemperatur gleich,
doch einige grosse, aktive Arten halten mithilfe eines GegenstromWärmeaustauschers in ihrer Schwimm-Muskulatur eine höhere Temperatur aufrecht.
Säuger und Vögel
Sie können ihre metabolische Wärmeproduktion durch Muskelzittern und zitterfreie
Thermogenese (hormonell gesteurete Form der Wärmeproduktion) regulieren.
Marine Säuger halten im kalten Wasser ihre Körpertemperatur durch eine dicke,
isolierende Speckschicht (Blubber) und durch Gegenstrom-Wärmeaustausch
zwischen arteriellem und venösem Blut.
Bei Vögeln gehört zur Termoregulation das Hecheln, wobei einige von ihnen die
Verdunstung durch Flattern des gefässreichen Kehlsackes verstärken, ausserdem
können die Blutgefässe in den Beinen nach dem Prinzip eines GegenstromWärmeaustauschers angeordnet sein.
Rückkoppelungmechanismen bei der Thermoregulation
(Vergleiche vor allem auch das Bild im Buch!)
Beim Menschen dienen thermoregulatorische Areale des Hypothalamus als
Körperthermostat. Dieser beantwortet die von Wärme- und Kälterezeptoren
eingehenden Nervenimpulse durch An- und Abschalten von Erwärmungs- und
Kühlmechanismen.
-8-
Winterschlaf, Sommerschlaf und Torpor: Energiesparen in Zeiten extremer
Umweltverhältnisse
Winterschlaf, Sommerschlaf und Torpor sind physiologische Zustände, in denen die
Stoffwechselrate, der Puls und die Atemfrequenz deutlich erniedrigt sind. Auf diese
Weise kann ein Tier Perioden mit extremen Temperaturverhältnissen, Wassermangel
und Nahrungsmangel überdauern.
Anpassung an Temperaturbereiche
Akklimatisation,
die
physiologische
Anpassung
an
eine
veränderte
Umwelttemperatur, vollzieht sich allmählich (oft saisonal) und kann von einer
veränderten thermostatischen Kontrolle und von Reaktionen auf zellulärer Ebene
begleitet sein. Zellen sind sehr oft in der Lage sich sehr rasch an Temperaturwechsel
anzupassen.
44.14 Zahlreiche Regulationssysteme kooperiern beim Erhalt der
Homöostase.
Homöostase ist dynamisches Reagieren auf die externe Umwelt und umfasst die
kooperative Wechselwirkung zahlreicher Regulationssysteme. Unter bestimmten
Bedingungen, vor allem in Extremsituationen am Rande der Existenzmöglichkeiten
des betreffenden Organismus, können die Anforderungen, die ein System mit denen
anderer Systeme in Konflikt kommen. So hat beispielsweise in einer sehr heissen
und trockenen Umgebung das Konservieren von Wasser Vorrang vor der
Verdunstungskühlung.
Die Rolle der Leber bei der Homöostase
Die Vertebratenleber erfüllt unterschiedliche Funktionen, die unmittelbar mit der
Homöostase zusammenhängen. Viele Leberfunktionen sind für die Homöostase von
zentraler Bedeutung und umfassen Wechselwirkungen mit den meisten
Organsystemen des Körpers. Die homöostatischen Mechanismen werden durch
Regelkreise gesteuert, die das Nervensystem und das endokrine System
miteinschliessen. Auch sind viele der Aktivitäten der Leber wichtig für den
Energiehaushalt.
-9-
Herunterladen