Der deutsche Kolonialismus (2)

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Hessischer Rundfunk
Hörfunk – Bildungsprogramm
Redaktion: Marlis von Rössing
Regie: Marlene Breuer
WISSENSWERT
Der deutsche Kolonialismus (2)
Kamerun, Togo und das “Menschenmaterial”
Von Rolf Cantzen
Sendung:
Dienstag, 31.01.2006, 08.30 Uhr, hr2
Erzählerin:
Spr. 1 :
Sprecher 2:
Regie: Marlene Breuer
06-014
COPYRIGHT:
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des Hessischen Rundfunks.
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Sprecher 1:
Als unsere Kolonien vor Jahren
noch unentdeckt und schutzlos waren,
schuf dort dem Volk an jedem Tage
die Langeweile große Plage ...
Erzählerin:
Dieses Kindergedicht entstand etwa 1910 – zu einer Zeit als
Deutschland noch Kolonien hatte – unter anderem in Togo und
Kamerun.
(Musik: Zehn kleine Negerlein. Refrain. Text: “... drei klein, vier klein, fünf
klein Negerlein.” Musik hart aus.)
Sprecher 1:
... denn von Natur ist nichts wohl träger
als so ein faultierhafter Neger.
Erzählerin:
Dieses Gedicht ist alles andere als harmlos: Entlang
herabsetzender Klischees konstruiert sich der Weiße “den Neger”
aus der Position der Dominanz des vermeintlich Überlegenen.
(Musik: Zehn kleine Negerlein. Refrain. Text: “... fünf klein Negerlein.” Musik
hart aus.)
Sprecher 1:
Seit aber in den Kolonien
das Volk wir zur Kultur erziehen
und ihm gesunde Arbeit geben
herrscht dort ein munteres, reges Leben.
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Erzählerin:
Eine zynische Verkehrung der Wirklichkeit. Es gab Plantagen, in
denen in Jahresfrist 30-50 Prozent der schwarzen Arbeiter
umkamen. Das Gedicht suggeriert:
Sprecher 2:
Afrika war immer potentielle Kolonie, afrikanische Kulturen gab
es nicht, ohne Hilfe kann der Schwarze nicht existieren, ihm zur
Arbeit zu verhelfen schafft Kultur.
(Musik: Zehn kleine Negerlein. 3. Strophe. Text: “Acht kleine Negerlein, die
gingen in die Rüben. Eines hat sich tot gefressen da waren es nur noch sieben.”
Musik aus.)
Erzählerin:
Erstaunlicherweise wird die Geschichte vom Negerlein noch
heute als Kinderlied auf CD vertrieben. Das Programm –
Erziehung zur Kultur durch Arbeit - verfolgten etwa von 1870 an
bis zum Ersten Weltkrieg 1914 Missionare und – sarkastisch
ausgedrückt - “negerfreundliche” - Kaufleute wie der Bremer
Johann Karl Vietor (( V wie F gesprochen! )). Vietor war ein
guter Christ, Gegner der Sklaverei und der damals üblichen
Zwangsarbeit auf den Plantagen:
Sprecher 1:
“... den Negern muss man rationelle Landwirtschaft beibringen,
dann werden wir bald genug Handel und Produktion in unseren
Kolonien haben. ”
Erzählerin:
So formulierte er es selbst. Man solle sie nicht vollständig
enteignen, sondern ihnen ihre Felder zur Eigenbewirtschaftung
lassen, moderate Steuern erheben, ihnen ihre Produkte abkaufen,
sie durch Kleinkredite unterstützen, ihnen durch Bildung ein
wenig Kultur beibringen und sie mit dem Christentum beglücken
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– so lässt sich diese humanitär-paternalistische Position
kennzeichnen.
O-Ton 24: Prof. Dr. Winfried Speitkamp
In Afrika gibt es das sozusagen in der Afrika-Reform-Bewegung, der
humanen Kolonisation: Wir müssen den Afrikaner zum selbständigen Bauern
erziehen, damit er nicht in der Großlandwirtschaft oder Plantagenwirtschaft
seine Identität verliert oder zum Landarbeiter wird. Da ist das so ein bisschen
mit drin, diese Vorstellung, auch der Afrikaner ist zum Kleinbauern geeignet.
Er soll ruhig für den Markt arbeiten, aber eben nicht als Plantagenarbeiter,
dann ist die Parteigründung, Arbeiterbewegung nicht sehr fern.
Erzählerin:
... so kennzeichnet der Historiker Winfried Speitkamp die
moderaten Kolonisatoren, die die Schwarzen für “bildungs-“ und
“kulturfähig” – also entwicklungsfähig – hielten.
(Musik: Zehn kleine Negerlein. 9. Strophe. Text: “ ... da ist es unten
durchgerutscht da war`n sie alle futsch.” Musik aus.)
Erzählerin:
Wir sind in den Jahren zwischen 1870 und 1914 – der
Gründerzeit: In England, Frankreich, Belgien und Deutschland
hatte eine rasante Industrialisierung eingesetzt. Gebraucht
wurden billige Rohstoffe. Gesucht wurden vor allem neue
Absatzmärkte. Beides glaubte man in Afrika und Asien zu
finden. Franzosen, Belgier und Portugiesen reklamierten Teile
der westafrikanischen Küste für sich. Deutsche Missionare waren
bereits seit Mitte des 19 Jahrhunderts vor Ort. Deutsche
Handelshäuser folgten, unterhielten zahlreiche Stützpunkte an
den Küsten Westafrikas und machten blendende Geschäfte. Aus
Deutschland kamen billiger Schnaps und ausgemusterte
Armeegewehre, exportiert wurden vor allem Elfenbein,
Kautschuk, Palmöl. Die Handelshäuser drängten darauf, ihre
Geschäfte militärisch abzusichern. Sie wollten es vermeiden, in
den englischen oder französischen Handelsstationen Zölle und
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Abgaben zu zahlen. Ebenso wichtig war ihnen, die afrikanischen
Zwischenhändler auszuschalten. Durch gezielte Lobbyarbeit
verschiedener Kolonialvereine sollten der wenig
kolonialbegeisterte Bismarck und die Parteien des Deutschen
Reichstags – auch hier dominierten zunächst die Kritiker einer
Kolonisation - dazu bewegt werden, Deutschland die Rolle einer
militärischen Schutzmacht zu geben .
(Musik: Preußens Gloria. Kurz dem Folgenden unterlegen.)
1884 wurde in Togo und Kamerun – mit Musik und
Gewehrsalven – die deutsche Flagge gehisst. Kriegsschiffe vor
der Küste und Soldaten erzwangen die Unterzeichnung von
Abtretungsurkunden durch Vertreter der dortigen Bevölkerung.
Sprecher 2: “Wir treten mit dem heutigen Tag unsere Hoheitsrechte, die
Gesetzgebung und Verwaltung unseres Landes vollständig ab an
die Herren ...”
Erzählerin:
... es folgen die Namen der Vertreter finanzstarker Handelshäuser.
Vereinbart wurde, dass Land und Städte Eigentum der jetzigen
Besitzer bleiben sollen. Die kollaborierenden Häuptlinge
bekamen von den Händlern Bestechungsgelder. Abgetreten
wurden zunächst nur Küstenregionen des heutigen Togos, in der
Nachbarschaft des heutigen Ghanas. Erst später wurde das
Landesinnere militärisch gesichert bis es etwa die Größe
Niedersachsens hatte. Kamerun – etwas nördlich des Äquators
gelegen – war fast so groß wie das heutige Deutschland. Beide
Länder boten gute Bedingungen, um Plantagen zu betreiben und
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öffneten den Zugang zu Elfenbeinmärkten in Nord- und
Zentralafrika.
O-Ton 25: Prof. Dr. Winfried Speitkamp
Togo war die bessere Kolonie, die sich am Schluss selbst getragen hat,
Kamerun nicht. Togo war eine relativ kleine Kolonie, Kamerun größer,
verschiedene Völker, schwerer zu kolonisieren.
Erzählerin:
Haupteinnahmen der Schutzmacht für Togo waren Zölle und
Steuern: Pro Kopf 6 Mark in bar oder 12 Tage Zwangsarbeit. In
einem Interview aus dem Jahre 1980 erinnert sich der alte
Häuptling eines Stammes aus Togo an die Kolonialzeit:
(Musik: Kronos Quartett: Pieces of Afrika, Take 4. Kurz einspielen, dann dem
Folgenden unterlegen.)
Sprecher 2:
Wer auch nur innehielt und sich eine Sekunde aufrichtete, erhielt
von den rüden Wachsoldaten eine unbarmherzige Bastonnade.
Einige Leute starben davon. Nach dem Ende der festgesetzten
Frist wurde eine kleine Aluminiummarke ausgehändigt. Das war
die Steuerbescheinigung.
(Musik aus.)
O-Ton 26 (= 26, 27 und 28 zusammengefaßt!): Prof. Dr. Winfried Speitkamp
Das ist auch eine der interessantesten und auch eine der makabersten Fragen,
wie detailliert man sich juristisch, medizinisch informiert hat, welche Strafen
sind angemessen. Zunächst mal, man hat Prügelstrafen wieder eingeführt, die
man in Europa ja schon abgeschafft hatte mit dem Gefühl, der Afrikaner – in
Anführungszeichen – muss die Strafe spüren, sonst reagiert er nicht.
Einsperren nützt nichts bei denen, das überleben sie kaum und es ist besser,
direkt die Strafe auf die Untat folgen zu lassen und dann spuren sie auch im
Sinne der Kolonialherren.
(Musik: Preußens Gloria. Dem Folgenden unterlegen.)
(möglichst “amtlich”)
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Sprecher 2:
Erlass der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes an die
Gouverneure von Kamerun und Togo. Berlin 31. Oktober 1905:
Sprecher 1:
“Bei Vollstreckung der Prügelstrafe gegen Eingeborene wünsche
ich aufgrund der hier vorliegenden ärztlichen Gutachten, dass
ausschließlich die Nilpferdpeitsche zur Anwendung kommt.”
(Musik: Preußens Gloria. Musik kurz aufblenden, dann aus.)
Erzählerin:
Die Kolonialherren zahlten für Kontraktarbeiter für 9 Stunden
Arbeit 75 Pfennig Lohn minus 25 Pfennig für Verpflegung –
soviel wie in Deutschland ein Arbeiter in einer Stunde verdiente.
So wurden Waren transportiert, Eisenbahnen gebaut, Plantagen
bewirtschaftet.
Der Verwaltungsaufwand für Togo war nicht groß. Es gab keine
100 Verwaltungsbeamten. Den Rest erledigten schwarze
Hilfskräfte und Söldnertruppen mit deutschen Offizieren. Sie
überfielen Städte im Norden Togos, erpressten Tributzahlungen,
ließen aber die dort herrschenden Sultane im Amt.
O-Ton 29: Prof. Dr. Winfried Speitkamp
Es gab einmal natürlich die Methode, den bestehenden Handel, die
bestehende Produktion von afrikanischen Einheiten, Dörfern einfach nur
abzugreifen, über Tribute oder über den Handel einzubeziehen. Dann musste
man gar nichts ändern, das waren eher kleine Landwirtschaften, die die
Subsistenzwirtschaft überwunden hatten, wenn man so will, und für Märkte
produzierten.
Erzählerin:
Widerstand wurde – meistens im Deutschen Reich unbemerkt unterdrückt. Aus den Unterlagen der “Schutztruppen” geht
hervor, dass die Soldaten innerhalb von vier Jahren eine
Millionen Schuss Munition verschossen. Und Togo galt als
ruhige Musterkolonie! Anders Kamerun, einige hundert
Kilometer weiter südlich.
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O-Ton 30: Prof. Dr. Winfried Speitkamp
Das Problem bei Kamerun war, dass man natürlich sehr unterschiedliche
Gruppen oder Völker oder Ethnien hatte, ((die man nachher zusammen
binden musste)). Einige an der Küste waren relativ gut in sich organisiert,
auch im Handel schon auf Export eingestellt, also durchaus modern
organisiert in unserem westlichen Verständnis. Andere im Landesinnern
waren feudal organisiert, islamisch geprägt und man musste eben
unterschiedlich vorgehen. Man hat eine Art von indirekter Herrschaft im
Lande ausgeübt, man hat die bestehenden Einheiten und Verbände weiterhin
existieren lassen und die Autoritäten. Man hat lediglich eine Art Aufpasser,
einen Residenten daneben gestellt ...
Erzählerin:
Die Kolonialpolitik wurde sehr kontrovers diskutiert. Der Kaiser
– Wilhelm II - war ein Kolonialbefürworter. Nach der Entlassung
Bismarcks im Jahre 1890 kamen als Reichskanzler an die Macht,
die die Kolonialpolitik unterstützen. Die Propaganda der
Kolonialvereine beeinflußte auch die im Reichstag vertretenen
Parteien, die ja die Gelder für die Kolonien bewilligen mußten :
Die katholische Zentrumspartei, die Linksliberalen und
Sozialdemokraten sperrten sich zunächst, entwickelten sich aber
dann zu moderaten Kolonisationsbefürwortern. Sie protestierten
nur, wenn Kolonisten, wie der stellvertretende Gouverneur von
Kamerun, Heinrich Leist, Skandale verursachten. Der Arzt Dr.
Wilhelm Vallentin ((V wie W gesprochen!)) notierte in seinen
Tagebuchaufzeichnungen, die er 1894 in einer Zeitschrift
publizierte :
Sprecher 2:
“So hatte es diesem Herrn gefallen, die Weiber der schwarzen
Soldaten öffentlich peitschen zu lassen, weil sie zu wenig
gearbeitet hatten. Während die Soldaten zum Zuschauen in Reih
und Glied angetreten waren.”
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Erzählerin:
Bei der anschließenden Revolte kam ein deutscher Offizier um.
Die Soldaten waren ehemalige Sklaven. Man hatte sie mit ihren
Familien gekauft, ausgebildet, sie galten als brutal und
zuverlässig, aber sie verdienten schlecht – ganz im Gegensatz zu
den Pflanzungsunternehmen, die 20 bis 25 Prozent Dividenden
ausschütteten.
Sprecher 2:
50 deutsche Firmen waren an diesen Geschäften beteiligt, auch
schwarze Händler verdienten mit. Sie unterhielten 20 bis 30
Tausend Träger.
Erzählerin:
Am Eisenbahnbau – finanziert vom deutschen Steuerzahler verdienten deutsche Firmen. Hier arbeiteten zehntausend
Schwarze bei niedrigsten Löhnen und schlechtester Behandlung.
(Musik: Preußens Gloria. Dem Folgenden unterlegen.)
Sprecher 2:
Bericht an das Gouvernement:
Sprecher 1:
“Ich bitte gehorsamst in Erwägung ziehen zu wollen, ob es nicht
angebracht ist, die Nilpferdpeitsche wieder durch unser altes
Tauende zu ersetzen. Es ist fast unvermeidlich, dass von den
Hieben der Nilpferdpeitsche Löcher in die Haut gerissen werden.
Die Wunde wird schmutzig, eitert und der Gezüchtigte bleibt
wochenlang arbeitsunfähig.
Gezeichnet: Graf Zech, 21.6.1905 ”
(Musik: Preußens Gloria. Musik kurz aufblenden, dann unterlegen.)
Sprecher 2:
Ärztliches Fachgutachten. Berlin 30. April 1906:
Sprecher 1:
“Es ist zuzugeben, dass ein Tauende die Haut mehr schont und
weniger direkte Hautverletzungen macht als eine
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Nilpferdpeitsche. Ein Tauende macht aber leicht Verletzungen in
der Tiefe und auf diese Verletzungen sind plötzliche Todesfälle
zurückzuführen.”
(Musik aus.)
Erzählerin:
Um Kakao in großen Flächen anbauen zu können enteignete man
das fruchtbare Land der Schwarzen, legte Dörfer zusammen, um
besseren Zugriff auf die Arbeitskräfte zu haben. Dagegen regte
sich jedoch Protest :
(Musik: Kronos Quartett: Pieces of Afrika, Take 4. Dem Folgenden unterlegen.)
Sprecher 1 : “An den allerdurchlauchtigsten allergnädigsten deutschen
Reichstag Berlin” -
(Musik kurz zurückblenden)
Erzählerin:
- es handelt sich um eine Eingabe von 28 Königen und
Häuptlingen aus Kamerun aus dem Jahre 1905. Sie richtet sich
gegen die Enteignungen und Misshandlungen der
Gouvernementsbeamten -
(Musik wieder aufblenden.)
Sprecher 1:
“Sämtliche jetzige Gouvernementsbeamten des Schutzgebietes
“Kamerun” bitten wir fort räumen zu wollen, denn ihre
Regierung führen sie gar nicht gut, sie sind nicht gerechtfertigt,
ihre Art und Weise zu enteignen das Land.”
(Musik aus.)
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Erzählerin:
Tatsächlich wurde der Gouverneur Jesco von Puttkamer auf
Druck des Reichstages vom damals zuständigen
Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes abgelöst. Eine wie es
hieß “negererhaltende” moderatere Politik setzte sich durch –
jedenfalls offiziell, in Berlin. Das hielt die Kolonialbehörden
nicht davon ab, die hinrichten zu lassen, die 1913 erneut eine
Petition an den Reichstag verfassten. Doch über Prügelstrafen
musste Buch geführt werden – ein “Fortschritt”.
(O-Ton 31 gestrichen!)
O-Ton 32: Prof. Dr. Winfried Speitkamp
Der Fortschritt ist dann, dass immer mehr Prügelstrafen verzeichnet werden
und nicht in einer Grauzone passieren. Der erste Schritt zu einer Kritik der
Prügelstrafe ist, dass man überhaupt weiß, dass es passiert. Deshalb ist das,
so komisch es klingt, ein Fortschritt, dass man genaue Statistiken
aufgenommen hat.
Erzählerin:
Es wurde gleichsam “ordentlich” und gut organisiert misshandelt.
Ein vorgehen, das sich später im Nationalsozialismus
perfektionieren sollte.
(Musik: Preußens Gloria. Dem Folgenden unterlegen.)
(möglichst “amtlich”)
Sprecher 2: Bericht des Gouverneurs. 8. Juni 1907.
Sprecher 1:
“Bei Einhaltung des in den Verfügungen vorgeschriebenen
Verfahrens können durch die Nilpferdpeitsche dauernde
Schädigungen oder gar Todesfälle nicht vorkommen.”
(Musik aus.)
Erzählerin:
Die deutschen Kolonien waren für das deutsche Reich ein
schlechtes Geschäft.
O-Ton 33: Prof. Dr. Winfried Speitkamp
Die messbaren Effekte waren gering, ganz eindeutig. Die mittelbaren Effekte
– auch für die Mentalität, die Belebung des Wirtschaftsklimas, waren
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vielleicht doch ein wenig größer. Aber generell waren es, wenn, dann
einzelne Handelshäuser, die mit bestimmten Produkten – handeln von
Kautschuk bis Gewehren – Gewinne machen konnten. Auch das
zusammengerechnet ist gegenüber den Verlusten wahrscheinlich nicht
unbedingt sehr bedeutend gewesen, was Deutschland angeht.
(Musik: Zehn kleine Negerlein. Refrain. Text: “sechs klein, sieben klein, acht
klein, neun klein, zehn klein Negerlein.” Einspielen, kurz stehen lassen, dann mit
“Preußens Gloria” überblenden.)
Erzählerin:
Die Kolonisation stärkte das deutsche Überlegenheitsgefühl –
sowohl bei den gemäßigten, paternalistisch eingestellten
Kolonialbefürwortern, die “den Neger” vorsichtiger
instrumentalisierten, als auch bei den brutalen Rassisten, die
nach dem Grundsatz vorgingen:
Sprecher 1:
.... den Afrikanern gehört Afrika, aber uns gehören die Afrikaner
...
(Musik aufblenden, dann aus.)
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