Translation ist die RNA-gesteuerte Synthese eines Polypeptids

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Translation ist die RNA-gesteuerte
Synthese eines Polypeptids:
Eine nähere Betrachtung
Bei der Translation übersetzt die Zelle die genetische Information und baut nach dieser Anweisung ein Protein auf. Die
genetische Botschaft besteht in einer Folge von Codons auf den
mRNA-Molekülen, und der Adapter zwischen Aminosäure und
RNA-Codon ist eine andere RNA-Spezies, die Transfer-RNA
(tRNA) genannt wird. Die Aufgabe der tRNA ist es,
Aminosäuren aus dem cytoplasmatischen AminosäureReservoir zum Ribosom zu transportieren. Jede Zelle
unterhält in ihrem Cytoplasma einen Vorrat aller 20
Aminosäuren, die entweder aus Vorstufen synthetisiert oder aus
dem umgebenden Medium aufgenommen wurden. Das
Ribosom bindet passende Aminosäuren, die von tRNAs
angeliefert werden, an das wachsende Ende der Polypeptidkette (Abbildung 16.9).
Die tRNA-Moleküle sind nicht alle gleich. Der Schlüssel zur
Translation der genetischen Botschaft in eine bestimmte
Aminosäuresequenz liegt in der Tatsache, dass jeder Typ von
tRNA die Verbindung zwischen einem bestimmte Codon auf
der mRNA und einer passenden Aminosäure herstellt. Kommt
das tRNA-Molekül zum Ribosom, so trägt es an einem Ende
eine Aminosäure. Am anderen Ende besitzt die tRNA ein
Triplett, das man als Anticodon bezeichnet. Mit diesem
Anticodon bindet die tRNA entsprechend den Regeln der
Basenpaarung an ein komplementäres Codon auf der
mRNA. Das mRNA-Codon UUU wird beispielsweise in
die Aminosäure Phenylalanin translatiert (siehe Abbildung
16.5). Die tRNA, die über Wasserstoffbrücken an dieses
Codon andockt, enthält AAA als Anticodon und überträgt
Phenylalanin. Wenn ein mRNA-Molekül durch ein
Ribosom gleitet, wird immer dann Phenylalanin in die
Polypeptidkette eingebaut, wenn das Codon UUU zur
Translation präsentiert wird. Die genetische Botschaft wird
Codon für Codon übersetzt, indem tRNAs Aminosäuren in
der vorgeschriebenen Folge anliefern und die ribosomalen
Enzyme sie zu einer Polypeptidkette verknüpfen. Das
tRNA-Molekül gleicht einer Spielkarte mit dem
„Nucleinsäure-Wort" (Anticodon) auf der einen Seite und
dem entsprechenden „Proteinwort" (Aminosäure) auf der
anderen Seite.
Die Translation ist vom Prinzip hef einfach, aber ihre
Biochemie und Mechanistik ist äußerst komplex. Zum
besseren Verständnis sehen wir uns zunächst die
Hauptakteure im zellulären Schauspiel der Proteinsynthese
näher an. Anschließend werden wir besprechen, wie durch
das Zusammenspiel dieser Akteure eine Polypeptidkette
entsteht.
Struktur und Funktion der Transfer-RNA
Wie mRNA und andere RNA-Spezies werden auch die
tRNA-Moleküle an einer DNA-Vorlage im Kern einer eukaryotischen Zelle synthetisiert. Genauso wie die mRNA
muss auch die tRNA aus dem Kern ins Cytoplasma, dem
Ort der Translation, gelangen. Jedes tRNA-Molekül kann
wiederholt verwendet werden. Es nimmt die zu seiner
Struktur passende Aminosäure aus dem Cytosol auf, bringt
seine Fracht zum Ribosom und verlässt dieses wieder, um
eine weitere Ladung aufzunehmen. Passend zu dieser
Funktion als Überträger spezifischer Aminosäuren besitzen
tRNA-Moleküle
eine
unverwechselbare
Struktur
(Abbildung 16.10).
Ein tRNA-Molekül besteht aus einem einzelnen RNAStrang von etwa 80 Nucleotiden Länge (das ist sehr kurz,
verglichen mit den Hunderten von Nucleotiden eines
mRNA-Moleküls). Der RNA-Einzelstrang ist formal in
eine zweidimensionale Sekundärstruktur und diese in eine
dreidimensionale Tertiärstruktur gefaltet. Die Art der
Faltung ist durch die Interaktion von Teilbereichen der
Nucleotid-kette bestimmt. In gewissen Regionen des
tRNA-Moleküls paaren sich die Basen über
Wasserstoffbrücken. In einer zweidimensionalen
Darstellung geben die gepaarten und nichtgepaarten
Bereiche dem Molekül die Gestalt eines Kleeblatts. Das
zweidimensionale Kleeblatt eines tRNA-Moleküls windet
und faltet sich in eine recht kompakte dreidimensionale
Struktur von L-förmiger Gestalt. Die Schleife, die das
geschlossene, lange Ende des L bildet, trägt das Anticodon,
ein spezielles Basentriplett, welches am entsprechenden
mRNA-Codon bindet. Am gegenüberliegenden, kurzen
Ende des L ist das tRNA-Molekül offen. Hier befindet sich
am 3'-Ende die Bindungsstelle für die Aminosäure.
Gäbe es für jedes der mRNA-Codons, die eine Aminosäure
spezifizieren, eine eigene tRNA, würden 61 verschiedene
tRNAs existieren (siehe Abbildung 16.5). In der Tat gibt
es aber weniger tRNAs, nämlich je nach Organismus nur
31 bis 45. Diese Zahl reicht aus, weil einige tRNAs Anti-
codons besitzen, die zwei oder mehr Codons erkennen. Diese
Freiheit wiederum ist möglich, weil die Basenpaarung zwischen
der dritten Base eines Codons und der entsprechenden (der
ersten) Base des tRNA-Anticodons nicht so exakt erfolgt wie
die Paarung von DNA-DNA oder DNA-mRNA. Diese Idee
einer „wackeligen" Basenpaarung wird als Wobble-Hypothese
bezeichnet (vom englischen wobble für „wackeln"). Die
vielseitigsten tRNA-Moleküle enthalten Inosin (I), ein
modifiziertes Nucleotid, in der Wobble-Posi-tion ihres
Anticodons. Inosin entsteht durch enzymatische Veränderung
eines Adenosins (obwohl es chemisch ein des-aminiertes
Guanosin darstellt) an der fertigen tRNA. Wenn sich Anticodon
und Codon vereinigen, kann die Base Inosin mit jeder der drei
Basen U, C oder A Wasserstoffbrücken ausbilden. Daher kann
ein tRNA-Molekül mit dem Anticodon CCI an die Codons
GGU, GGC und GGA binden, die alle für die Aminosäure
Glycin stehen. Die Wobble-Hypothese erklärt, warum
synonyme Codons für eine bestimmte Aminosäure, die sich
lediglich in ihrer dritten Base, nicht aber in anderen Basen
unterscheiden, nur eine einzige tRNA benötigen. Dadurch
kommt ein Organismus mit minimal 31 verschiedenen tRNAs
aus. Das ,,Wobbein" auf der tRNA-Ebene wird durch die
Redundanz des genetischen Codes möglich. Allerdings bleiben
dessen Regeln unangetastet: Die Synthese eines Polypeptids
erfolgt nicht „wackelig", sondern hochspezifisch.
Aminoacyl-tRNA-Synthetasen
Die Bindung von Codon und Anticodon ist der zweite Erkennungsschritt, der für die genaue Translation der genetischen
Botschaft notwendig ist. Ihm muss aber eine korrekte Bindung
einer tRNA mit ihrer spezifischen Aminosäure vorangehen.
Eine tRNA, die spezifisch an ein Codon für eine Aminosäure
bindet, darf nur diese Aminosäure und keine andere zum
Ribosom bringen. Die Zusammenführung der richtigen
Aminosäure mit der zugehörigen tRNA wird durch ein spezifisches Enzym bewerkstelligt, das man als Aminoacyl-tRNASynthetase bezeichnet. Es gibt eine ganze Familie solcher
Enzyme, für jede Aminosäure eines. Diese Enzyme sind die
eigentlichen Dolmetscher, welche die Nucleotid-sprache in die
Aminosäuresprache übersetzen. In das Reaktionszentrum jedes
Typs von Aminoacyl-tRNA-Synthetase passt nur die
Kombination der korrekten Aminosäure mit ihrer zugehörigen
tRNA. Die Synthetase katalysiert die Anknüpfung der
Aminosäure an die tRNA in zwei ATP-getriebenen Schritten
(Abbildung 16.11). Der entstehende Aminosäure-tRNAKomplex wird vom Enzym freigesetzt und bringt die
Aminosäure zur am Ribosom wachsenden Polypeptidkette.
16.10 Die Struktur der Transfer-RNA. a) Die zweidimensionaie
Struktur eines für die Aminosäure Leucin spezifischen tRNA-Moleküls.
Beachten Sie die vier basengepaarten Regionen und die drei Schleifen, die
für fast alle tRNAs charakteristisch sind und dem Molekül die bekannte
„Kleeblattstruktur" verleihen (abweichende tRNA-Strukturen gibt es
beispielsweise in Mitochondrien). Am 3'-Ende des Moleküls befindet sich
die Anheftungsstelle für die Aminosäure, die bei allen tRNAs die gleiche
Basensequenz besitzt (5'-CCA-3'); innerhalb der mittleren Schleife ist das
Anticodon - in diesem Fall GAA -, das für jede tRNA spezifisch ist. (Die
Sternchen kennzeichnen ungewöhnliche Basen, die sich nur in den tRNAs
finden.) b) Eine Darstellung der dreidimensionalen, L-förmigen Gestalt eines
tRNA-Moleküls. c) In den weiteren Abbildungen dieses Kapitels wird die
tRNA in dieser vereinfachten Weise dargestellt.
16.11 Aminoacyl-tRNA-Synthetasen verbinden tRNAs mit ihrer
passenden Aminosäure. Die Bindung einer tRNA an ihre Aminosäure ist
eine endergonische Teilreaktion, die unter ATP-Verbrauch abläuft. © Das
aktive Zentrum des Enzyms bindet die Aminosäure und ein ATP-Molekül.
@ Unter Abspaltung zweier Phosphatgruppen als Pyro-phosphat bindet
sich das ATP - nunmehr zu AMP (Adenosin-Mono-phosphat) geworden an die Aminosäure. ® Dies wiederum erleichtert die kovalente Bindung
der passenden tRNA an ihre Aminosäure, @ wobei das AMP freigesetzt
wird. © Das Enzym entlässt die Amino-acyl-tRNA, die „aktivierte"
Aminosäure. Diese „Aminoacylierung" der tRNA ist der eigentliche
Übersetzungsvorgang
von
der
Nucleotid-sprache
in
die
Aminosäuresprache, und die Aminoacyl-tRNA-Synthetasen sind die
Dolmetscher.
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