Neue Krebsoperationen-gegenwärtiger Standard

Werbung
Neue Krebsoperationen
1. Gegenwärtiger Standard
Grundlage der traditionellen Krebsoperationen ist die etablierte auf Körperfunktionen
ausgerichtete Anatomie und ein isotropes Tumorausbreitungsmodell. Zur Tumorkontrolle
wird die weite Exzision, d. h. die Resektion des Malignoms mit einem metrisch definierten
allseitigen Rand neo- und dysplasiefreien Gewebes angestrebt. Dieses operative
Behandlungskonzept kann eine erhebliche Morbidität verursachen. Trotz einer R0 Resektion
kommt es – je nach Ausgangssituation – bei bis zu 50% der Patientinnen zu einem
prognostisch oft ungünstigen Lokalrezidiv. Mit einer zusätzlichen Bestrahlung kann das
Lokalrezidivrisiko gesenkt werden. Diese adjuvante Maßnahme erhöht jedoch die
Behandlungsmorbidität und ist bei gynäkologischen Tumoren ohne Einfluss auf das
Gesamtüberleben. Obwohl konzeptionell die Weite des Resektionsrandes der elementare
onkologische Qualitätsparameter ist, kann eine reproduzierbare prognostische Bedeutung
dieses Merkmals nicht aufgezeigt werden.
Zur Feststellung des Nodalstatus erfolgt die Resektion regionaler Lymphknoten oder die
Sentinel-Lymphknotenbiopsie. Bei nachgewiesener Metastasierung wird in der Regel die
Chemoradiotherapie zur Erzielung der regionalen Tumorkontrolle empfohlen.
2. Neues Prinzip
Das an der Klinik für Frauenheilkunde entwickelte neue Konzept fußt auf einer aus der
Embryonalentwicklung. Die Entwicklung des Organismus (Morphogenese) vollzieht sich
schrittweise innerhalb zunehmend spezifischer Entwicklungsdomänen: Metakompartimente,
Kompartimente, Subkompartimente und Zonen. Die Domänen der frühen Entwicklung
(Metakompartimente) interagieren miteinander. Am Ende der Embryonalperiode sind
geschlossene
Kompartimente
festgelegt,
die
als
Entwicklungsmodule
unabhängig
voneinander die weitere Morphogenese ausführen. Während der Fetalperiode bilden sich
innerhalb der Kompartimente Subkompartimente aus.
Entsprechend
der
ontogenetischen
Krebsfeldtheorie
wird
Krebs
als
Manifestation
pathologisch reaktiver und persistierender Entwicklungsprogramme im reifen Organismus mit
kompetentem Immunsystem angesehen. Der maligne Tumor infiltriert dabei das adulte
Gewebe innerhalb der Domänen seiner Entwicklungsstadien in retrograder Folge: Die lokale
Ausbreitung erfolgt zunächst im Subkompartiment, dann im Kompartiment und schließlich in
den Metakompartimenten. Die lokale Ausbreitungsdomäne definiert so das ontogenetische
Tumorstadium (oT).
Die regionalen Lymphknoten, die die jeweiligen Entwicklungsdomänen im Rahmen des
adaptiven Immunsystems versorgen, können insbesondere epithelialen Tumoren zusätzliche
permissive Räume für ihre diskontinuierliche Ausbreitung bieten. Infolge der festen
Beziehung zwischen den Lymphknoten und ihren Tributärgebieten durch die afferenten
Lymphgefäße
können
Tumorausbreitungsgebiet
zu
jeder
Entwicklungsdomäne
die
assoziierten
als
Lymphknoten als
potenzielles
potenzielles
lokales
regionales
Tumorausbreitungsgebiet identifiziert werden.
Die klinische Umsetzung dieser Erkenntnisse erfolgt mit dem ontogenetisches Tumorstaging
zur Diagnose und Prognose und der Krebsfeldresektion und therapeutischen Lymphonodektomie zur Behandlung. Die Krebsfeldresektion kann funktionell bedeutsames Gewebe
anderen embryonalen Ursprungs trotz unmittelbarer Nähe zum Tumor in situ belassen. Auf
der Basis der ontogenetischen Kompartimenttheorie wurden die totale mesometriale
Resektion (TMMR), die Vulvafeldresektion (VFR) und die lateral erweiterte endopelvine
Resektion
(LEER)
mit
therapeutischer
Lymphonodektomie
(tLNE)
als
neue
Operationstechniken zur Therapie des Zervix-, Vaginal- und Vulvakarzinoms entwickelt, die
ohne adjuvante Strahlentherapie eine exzellente lokoregionale Tumorkontrolle erreichen und
die behandlungsbedingte Morbidität gering halten.
Literaturhinweise
Ontogenetische Krebsfeldtheorie
Höckel et al, Lancet Oncol 2014; 15: 445-56
Höckel, Future Oncol 2012; 8: 29-36 (free access)
Höckel et al, Gynecol Oncol 2011; 122: 313-8
Höckel et al, Gynecol Oncol 2010; 117: 401-8
TMMR
Höckel et al, Lancet Oncol 2009; 10: 682-92
Höckel et al, Lancet Oncol 2005; 6: 751-56
VFR & AR
Höckel et al, Gynecol Oncol 2010; 119: 106-13
Höckel & Dornhöfer, Lancet Oncol 2008; 9: 559-68
LEER
Höckel et al, Gynecol Oncol 2012; 127: 297-302
Höckel & Dornhöfer, Lancet Oncol 2006; 7: 837-47
tLNE
Höckel et al, Gynecol Oncol 2012; 125: 168-74
Herunterladen