3. Französische Zustände – Berichte von Heinrich

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Heinrich Heine als moderner Journalist
Judentum und Journalismus
Teil 1: Französische Zustände
LV–Leitung: Prof. Dr. Horst Pöttker
Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft
der Universität Wien
Gemeinschaftsarbeit:1
Gerald Beer, Matrikelnummer: 8652061, Studienkennzahl: 033 / 641
Lilli Stella Breuer, Matrikelnummer: 0202320, Studienkennzahl: 066 / 841
Andreas Hess, Matrikelnummer: 9108207, Studienkennzahl: 066 / 841
Barbara M. Pelz, Matrikelnummer: 0105153, Studienkennzahl: 066 / 841
Britt Potasse, Matrikelnummer: 0748585, Studienkennzahl: 066/841
Anna Schremser, Matrikelnummer: 0404350, Studienkennzahl: 033/641
Isabella Switil, Matrikelnummer: 0401277, Studienkennzahl: 066/841
Wien, im April 2008
1
Liste in alphabetischer Reihenfolge der Nachnamen
Inhaltsverzeichnis
1. Die Situation in Frankreich .................................................................................. 3
2. Heine als Korrespondent für die Allgemeine Zeitung .......................................... 5
3. Französische Zustände – Berichte von Heinrich Heine ....................................... 7
3.1. Artikel I.......................................................................................................... 9
3.2. Artikel II....................................................................................................... 11
3.3. Artikel III...................................................................................................... 12
3.4. Artikel IV ..................................................................................................... 13
3.5. Artikel V ...................................................................................................... 15
3.7. Artikel VII .................................................................................................... 18
3.8. Artikel VIII ................................................................................................... 19
3.9. Artikel IX ..................................................................................................... 20
3.10. Tagesberichte ........................................................................................... 23
4. Quellen .............................................................................................................. 24
4.1. Literatur ...................................................................................................... 24
4.2. Bilder .......................................................................................................... 25
2
1. Die Situation in Frankreich
Die Jahre um 1830 stellen den historischen Angel- bzw. Drehpunkt zwischen Restauration
und Vormärz dar. Es galt, entweder das Alte zu bewahren oder den Aufbruch zu Neuem zu
wagen. In diesen Jahren bildete sich die bürgerliche Gesellschaft. Ein Strukturwandel im
Inneren der Staaten ging von statten. Die Gesellschaft begann sich selbst zu organisieren
und Staat, Politik und Kultur zu vergesellschaften. Die von Frankreich ausgehende
Julirevolution wurde dabei weder vom Militär noch durch Konspirateure in andere Staaten
getragen. Sie diente lediglich als Anstoß für die Umwälzungen, die in Folge ganz Europa
betrafen. Die bürgerliche Gesellschaft wurde politisch. Es folgte die Mobilisierung der
Wahlbevölkerung, die politische Aufspaltung in Parteien und der Ausdehnung des
politischen Diskurses in die Öffentlichkeit.2
Frankreich
Das Bürgertum wollte die Errungenschaften die durch die Revolution 1789 erkämpft
wurden verteidigen, der Adel ihre alten Privilegien wieder zurückerobern. Vor der
Julirevolution gab es neben König Karl X. drei bestimmende Kräfte in Frankreich. Die
Liberalen, die demokratische Bewegung und die Bonapartisten. Karl X. betrieb, konträr
zur Politik Ludwig XVIII, eine Politik der streng monarchischen Reaktion. Die seit 1814
geltende Verfassung (Charte) wurde von Karl X. in mehreren Punkten missachtet. So
wurde unter anderem das Sakrileg wieder bestraft und die Pressefreiheit eingeschränkt.
Nach dem Wahlsieg der Liberalen 1827, verfügte die Regierung unter Karl X. zur
Absicherung ihrer Macht fünf Erlässe die der Charte massiv widersprachen (Aufhebung
der Pressefreiheit, Auflösung der Depurtiertenkammer usw.). Am 28. Juli 1830 entlud sich
schlussendlich der Unmut der Bevölkerung in Form der sogenannten „Julirevolution“.3
Nach der Julirevolution 1830 kommt der „Bürgerkönig“ Louis Philippe an die Macht, der
auf eine wirtschaftliche, industrielle und koloniale Erweiterung Frankreichs setzt. Als
Folge der Julirevolution bekam Frankreich eine neue Verfassung. Das Parlament erhielt
das Recht zur Gesetzesinitiative und das Wahlrecht wurde erweitert (220.000 Franzosen
hatten nun das Wahlrecht).
2
3
Vgl. Brandt (2002), S. 8
Vgl. Hartmann (1999), S. 60f
3
Anstatt der von vielen Franzosen erhofften Republik, begann nun die von Bankiers und
Adeligen gestützte Julimonarchie des Louis Philippes die bis 1848 andauern sollte.
Deutschland
Zwischen 1815 und 1848 herrschte ein ständiger Kampf zwischen absolutistischer
Restauration, Liberalismus und nationaler Bewegung. Die Bevölkerung war unzufrieden
und enttäuscht über die sukzessive Zurücknahme der im
18. Jahrhundert während der Zeit der Aufklärung
durchgeführten
Reformen.
Mittels
der
Karlsbader
Beschlüsse vom 20. September 1819, erfolgte ein Verbot
der öffentlichen schriftlichen Meinungsfreiheit, ein
Verbot der Burschenschaften, die Überwachung der
Universitäten
sowie
die
Zensur
der
Presse.
Um
das
monarchische
Prinzip
aufrechtzuerhalten, bediente sich der Staat eines Polizeiapparates der jede Störung der
inneren Ordnung streng bestrafte. Mit Hilfe der Zensur und Bespitzelung der Bevölkerung
versuchte man die öffentliche Meinung in eine für den Staat positive Richtung zu lenken
und die Revolutionsangst einzudämmen. Der Adel gewinnt in der Zeit der Restauration
zunehmend wieder an Einfluss. Ein ständiger Konflikt zwischen Adel und Bürgertum stand
während dieser Zeit an der Tagesordnung. Das liberale Bürgertum forderte gewisse
Grundfreiheiten
(z.B. Rede- und Meinungsfreiheit), ein Mitspracherecht in der
Steuerpolitik, ein eingeschränktes aktives und passives Wahlrecht (abhängig vom
Einkommen bzw, Vermögen) sowie die Installierung einer Verfassung ein. Die
Demokraten forderten das aktive und passive Wahlrecht für alle, Aufhebung der Zensur,
verbesserte Bildungsmöglichkeiten und Volkssouveränität. Die Forderung nach nationaler
Einheit wurde immer stärker.
Juden in Deutschland und Frankreich
1811 schlossen sich in Deutschland adelige und bürgerliche Romantiker zu einer Berliner
„Christlich deutschen Tischgesellschaft“ zusammen. Persönlichkeiten wie Kleist und
Clausewitz waren Mitglieder dieser Tischgesellschaft. In Überbetonung nationaldeutscher
Werte mit zur Schau gestellter Abneigung gegen Juden, wurde der Reformprozess von
Karl August Fürst von Hardenberg unterbrochen. Der Judenhass wurde mit Animositäten
gegen die kapitalistische Markt und Geldwirtschaft vermengt. Erstmalig flossen auch
4
rassistisch-biologische Vorurteile in das antijüdische Denken mit ein. Antijüdische
Autoren begannen eine literarische Kampagne gegen Juden. Sie warnten vor einer
bürgerlichen Gleichstellung:
„Die wesentlichen Punkte des Judentums untergraben die Geselligkeit, sie bewirken einen Staat im
Staate, und zwecken dahin ab, den Juden die Herrschaft zu verschaffen und die übrigen Bürger zu
ihren Sklaven zu machen“.4
In Frankreich der Restauration wurden die letzten Einschränkungen die auf den Juden
lasteten beseitigt. In der Julimonarchie erfolgte die sukzessive Anerkennung des jüdischen
Kultus. Religionsdiener wurden nun aus der Staatskassa entlohnt. Die Integration der
Juden wurde in der zweiten Republik stetig vorangetrieben.5 Sie unterschieden sich in ihrer
Lebensweise und ihren Lebensverhältnissen kaum mehr von sozial gleichgestellten Nicht –
Juden. Die zweite Generation der emanzipierten Juden in Frankreich trat verstärkt in die
freien Berufe ein. Die Häufung von Juden in Sparten der Literatur, Presse, Universität und
des hohen Beamtentums war dabei unverhältnismäßig hoch in Relation zur übrigen
Bevölkerung Frankreichs.6 Die vollständige Assimilation erfolgte jedoch nicht.
2. Heine als Korrespondent für die Allgemeine Zeitung
Am 1. Mai 1831 verlässt Heine Hamburg und kommt am 19. Mai in Paris an. Heine
schreibt hierzu: „Paris ist das neue Jerusalem, und der Rhein ist der Jordan, der das
geweihte Land der Freiheit trennt von dem Land der Philister.“
Heine wurde wie kein anderer ausländische Schriftsteller in Frankreich aufgenommen und
verehrt. Persönlichkeiten wie Balzac und Dumas äußerten sich in der Öffentlichkeit voller
Bewunderung über ihn. Seine Liebe für Deutschland, sein Hass gegen die Nationalisten
und seine besondere Stellung in Frankreich prädestinierten ihn am herzlichen
Einvernehmen zwischen Deutschland und Frankreich zu arbeiten. Kurz nach seiner
Ankunft in Frankreich begann Heine mit seiner Geschichtsschreibung der Gegenwart. Sein
Ziel war es, dem Volke die Gegenwart verständlich zu machen um Frieden, Wohlstand und
4
Vgl. Heid (1995)
Vgl. Benbassa (2000), S. 127
6
Vgl. Benbassa (2000), S. 148
5
5
Freiheit zu erlangen. Kein Lohnschreiber der Aristokratie soll mehr in der Lage sein, das
Volk zu Krieg und Hass zu verhetzen.7
Im Winter 1831/32 ließ Heine dem deutschen Verleger Friedrich Cotta wissen, dass er eine
Art „politischer Skizzen über die Deputirtenkammer und sonstige Pariser Szenen“ für die
„Allgemeine Zeitung“ schreiben möchte. Die Zeitung galt damals als gesinnungsloses,
indifferentes und vor allem als Metternich ergebenes Blatt. Zudem war die Zeitung der
strengen Zensur Bayerns unterworfen. Heine wollte aber mit der auflagenstärksten Zeitung
des Landes ein breites Publikum erreichen und nahm daher dieses Manko in Kauf.8
Seit den Karlsbader Beschlüssen herrschte ein strenges Kontrollsystem der Presse- und
Buchproduktion. Neben der internen redaktionellen, gab es auch die externe amtliche
Zensur. Da die Presse als geeignetes Medium zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung
angesehen wurde, musste ein Abzug des frisch gesetzten Textes einer Vorzensur durch
amtliche Stellen unterzogen werden. Darüber hinaus erfolgte durch die Redaktion eine
Selbstzensur um etwaige Konflikte mit der Zensurstelle im vor hinein zu vermeiden. Heine
ersuchte Cotta immer wieder von einer weiteren Zensur seiner Texte abzusehen, da sie ja
bereits zensuriert aus seinem Kopf kommen. Die Zensur beeinflusste somit bereits sein
Denken. 9
Erst in Frankreich bekamen Funktion und Praxis der Publizistik für Heine scharfe
Konturen. Die deutsche Presse hatte ein dichtes Informationsnetz angelegt um das
politische und kulturelle Zeitgeschehen nach Deutschland vermitteln zu können. Heine
bediente sich vor allem der zeitgenössischen Presse als Materialquelle seiner Arbeit und
versuchte durch persönliche Beziehungen mit wichtigen Pariser Persönlichkeiten,
Insiderinformationen zu erhalten. Wichtig erschienen ihm dabei nicht die tagespolitischen
Informationen, es ging ihm eher um das aufspüren zukünftiger grundlegender
Entwicklungen. Er sah sich dabei als distanzierter Beobachter, der oft unscheinbare
Einzelheiten als Signatur der Zeit, durch Kombinationsvermögen wahrnimmt. Heine
übernahm dabei nicht den Part des reinen Nachrichtenjournalismus, sondern den Part der
7
Vgl. Liedtke (1997); S. 91
Vgl. Hauschild (1999), S. 227f
9
Vgl. Hauschild (1999), S. 229f
8
6
journalistischen Reflexion über Nachrichten und Ereignisse. Er kommentierte Nachrichten,
was wiederum eine gewisse Distanz zum Ereignis voraussetzt.10
Die Berichterstattung für die Allgemeine Zeitung gliederte sich in zwei Teile. Die
Artikelserie „Französische Zustände“ entstand 1831 und 1832, die zweite Serie von
Artikeln Heines, die 1854 in den beiden Lutezia-Bänden Aufnahme fanden, entstanden in
den Jahren 1840 bis 1848.11
3. Französische Zustände – Berichte von Heinrich Heine12
Heinrich Heine bedient sich bei der Einleitung, seiner Vorrede13 zu der Artikelsammlung,
die er für die Augsburger „Allgemeine Zeitung“ zu den französischen Zuständen
geschrieben hat, geliehener Worte: „Diejenigen, welche lesen können, werden in diesem
Buche von selbst merken, dass die größten Gebrechen desselben nicht meiner Schuld
beigemessen werden dürfen, und diejenigen, welche nicht lesen können, werden gar nichts
merken.“
Seine Intention bei der Veröffentlichung dieser Artikelsammlung, die er für obige
Tageszeitung verfasst und die anonym publiziert worden war, beruht auf dem Willen, seine
zu Papier gebrachten Impressionen nicht mit der Unterschrift eines Anderen, als Plagiat
irgendwo wieder zu entdecken, oder gar in veränderter Weise lesen zu müssen. Heine
beteuert die Liebe zu Deutschland, seinem Vaterland und seinen Kampf gegen die
Lohnschreiber der Aristokratie, die gegen Frieden, Wohlstand und Freiheit seiner
deutschen Landsleute agierten und das Vaterland an Preußen und Österreich verkauft
hätten. Er selbst würde so lange im Exil bleiben und für die „Allgemeine Zeitung von
Europa“, als die er die Augsburger Allgemeine Zeitung versteht, schreiben, bis sich die
Zustände in seiner geliebten Heimat wieder normalisiert hätten.
Die starken schmerzhaften Empfindungen Heines gehen auf die sechs Artikel des
„Bundesbeschlusses über Maßregeln zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung und
Ruhe in Deutschland“ der Wiener Bundesakte vom 28. Juni 1832 zurück14, die ihrerseits
10
Vgl. Hauschild (1999), S. 220f
Vgl. Hauschild (1999), S. 223f
12
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997.
13
Geschrieben, zu Paris, den 18. Oktober 1832
14
vgl. http://www.heinrich-heine-denkmal.de/dokumente/sechs-art.shtml (Link Datum: 6.4.2008)
11
7
eine Folge des österreichischen und preußischen Kampfes um die Neuordnung Europas
waren. In den sechs Artikeln wird klar festgelegt, dass die Staatsgewalt im Oberhaupt des
Staates vereinigt bleiben müsse und den Landständen lediglich bestimmte Rechte
zukommen würden. Freiheiten wurden eingeschränkt, das Volk letztendlich unterdrückt.
Heine sieht in diesen Beschlüssen nicht die ursprünglich propagierte Freiheit des deutschen
Volkes, sondern dessen Verknechtung. Er erklärt die ausgefertigten Urkunden aus
rechtlicher Sicht für null und nichtig und klagt (moralisch) die Aussteller des Hochverrats
am deutschen Volke an.15
„Armes Volk der Deutschen! Damals, während Ihr Euch ausruhtet von dem Kampfe für Eure
Fürsten, und die Brüder begrubet, die in diesem Kampfe gefallen, und Euch einander die treuen
Wunden verbandet, und lächelnd Euer Blut noch rinnen saht aus der vollen Brust, die so voll Freude
und Vertrauen war, so voll Freude wegen der Rettung der geliebten Fürsten, so voll Vertrauen auf
die menschlich heiligsten Gefühle der Dankbarkeit: damals, dort unten zu Wien, in den alten
Werkstätten der Aristokratie, schmiedete man die Bundesakte“ 16
Heinrich Heine bekräftigt in der Vorrede seiner Artikelsammlung, dass er sich von
Metternich und Österreich niemals eine glimpfliche Vorgehensweise erwartet hätte. Zu oft
hätte dieses Haus seine gnadenlose Unterdrückung der Freiheit dargelegt. Preußen sah er
aber um nichts friedvoller. Im Machtkampf entpuppte sich dieses nämlich als
scheinheiliger Wolf im Schafspelz, als einen Kämpfer, der seinen Korporalstock zuerst in
Weihwasser tauchte und dann gnadenlos zuschlug, gleichzeitig aber von Liberalismus
sprach. Heines Hass bezog sich also nicht auf die Stände seines Vaterlandes, sondern auf
Österreich und Preußen, die sein Vaterland in die Knie gezwungen hatten.17
Entsetzten zeigt Heinrich Heine über die Vorgehensweise Preußens, das selbst Philosophen
und Theologen missbrauchte, um das Volk von seinen Vorstellungen und Idealen zu
überzeugen. So wurde Hegel genötigt die herrschende Unterdrückung als vernünftig zu
rechtfertigen und Schleiermacher musste wider der Freiheit argumentieren und die
christliche Unterwerfung unter die staatliche Obrigkeit propagieren. 18 Enttäuscht über
Seine Majestät, Friedrich Wilhem III, König von Preußen äußert sich Heine auch wegen
15
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 99.
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 99.
17 vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997, S. 94 ff
18
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997, S. 97
16
8
dessen Bruch des Versprechens „seinem Volke eine repräsentative Verfassung, eine
volkstümliche Konstitution, wie andere freie Volker sie besitzen, in jener Zeit der Not […]
schwarz auf weiß versprochen“ zu haben.19
Heinrich Heine gibt sich in seiner Vorrede als Monarchist zu erkennen und bekundet seine
maßlose Verehrung Wilhelm III. Andererseits sieht er es aufgrund der Umstände aber als
unumgänglich an, Kritik am Fürsten zu üben. Innerlich scheint er zerrissen zu sein.
„Ich rühme daher gerne die persönlichen Tugenden des Monarchen, dessen Regierungssystem, […]
Ich bestätige mit Vergnügen, daß Friedrich Wilhelm III. als Mensch die hohe Verehrung und Liebe
verdient, die ihm der größte Teil des preußischen Volkes so reichlich spendet. Er ist gut und tapfer.
Er hat sich standhaft im Unglück, und was viel seltener ist, milde im Glück gezeigt. Er ist von
keuschem Herzen, rührend bescheidenem Wesen, bürgerlicher Prunklosigkeit, häuslich guten Sitten,
ein zärtlicher Vater, […] Außerdem ist der König von Preußen ein sehr religiöser Mann, er hält
streng auf Religion, er ist ein guter Christ, er hängt fest am evangelischen Bekenntnis, er hat selbst
eine Liturgie geschrieben, er glaubt an die Symbole, ach! […] Solange der König von Preußen diese
heiligste Obligatio nicht erfüllt, solange er die wohlverdiente, freie Verfassung seinem Volke
vorenthält, kann ich ihn nicht gerecht nennen. 20
Heine warnt Wilhelm III. in seiner Vorrede vor der Rache der Enttäuschten und der
Belogenen. Er formuliert dies allerdings in einer Art und Weise, in der er seine Warnung
als scherzhaft formuliert vermittelt und schließt mit den Worten: „Fürchtet Euch nicht, ich
scherze nur. Der große Narr bleibt Euch untertänigst gehorsam, und wollen Euch die
kleinen Narren ein Leid zufügen, der große schlägt sie tot.“21
3.1. Artikel I
Paris, 28. Dezember 1831
Heinrich Heine berichtet in diesem Artikel von angespannten Verhältnissen in Paris. Das
niedrige Volk sei knapp an der Revolte und es würden Kleinigkeiten genügen, um eine
„Emeute“ (Meuterei, Aufstand, Revolution) auszulösen. Hier würde aber auch das Wetter
eine Rolle spielen. Kälte, Regen und Nebel seinen eben keine guten Bedingungen, eine
19
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 99.
20
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 100 f
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 102 ff
21
9
Emeute würde Schönwetter bedürfen und deshalb sei der Sommer dafür prädestiniert. Dass
das Wetter für Ausschreitungen mitverantwortlich ist, würde daran liegen, dass sich die
Menschen nur bei schönem Wetter treffen und sich, angestachelt von aktuellen Themen, zu
einem wütenden Mob zusammenschließen würden. Auch würde man im Palais Royal bei
kaltem Wetter keine Zeitung lesen können und dieser Ort sei von jeher der
Versammlungsort aller unruhigen Köpfe und Unzufriedenen, die als Initialzündung eines
Aufruhrs agieren könnten. Interessant ist, dass der ehemalige Eigentümer des Palais Royal,
Ludwig Philipp, König geworden war. Genauer gesagt ein Bürgerkönig, der durch den
Grundsatz der Volkssouveränität legitimiert wurde und sich
anfänglich bei Spaziergängen durch die Stadt nicht zu gut war,
Leuten aus dem Volk die Hand zu reichen. Allmählich veränderte
er sich aber und wandte sich alten Strukturen zu, indem er sich
absolutistischen Fürsten zuwandte und seine Legitimation durch
eine Fortsetzung der Restaurationsperiode zu erklären trachtete.
Mit dieser Verhaltensweise und der damit einhergehenden
Verleugnung des einstigen Revolutionsgedankens, zog er sich
jedoch vermehr den Unmut der einstigen Mitstreiter zu.
Schließlich verdanke König Ludwig Philipp (siehe Bild) seine Krone „dem Volke und
den Pflastersteinen.“
Resultierend aus den ideologischen Veränderungen des Königs begannen Gerüchte die
Runde zu machen. Eines besagt, dass Ludwig Philipp gar nicht selbst Interesse an der
Krone hätte und diese nur zum Schein angenommen hätte. In Wirklichkeit hätte er sie nur
für Karl X. angenommen, dessen Rückkehr er vorbereitete. Dieses, so wie auch das
folgende Gerücht erwiesen sich als Ammenmärchen.
Eines Tages ließ Ludwig Philipp vor der Gartenfassade der Tuilerien eine hohe
Bretterwand aufstellen. Gerüchten zufolge baute er dahinter eine Befestigung, um sich vor
dem Volk besser schützen zu können. Letztendlich stellte sich aber heraus, dass er
lediglich einen neuen Garten errichten bzw. gestalten ließ. Abermals musste ein neues
Gerücht her: Der Garten sei eine Art Pufferzone zwischen ihm und dem Volk.
10
3.2. Artikel II
Paris, 19. Jänner 1832
Die „Temps“ publiziert, dass die Augsburger „Allgemeine Zeitung“, in der Kritik gegen
absolutistische Könige unmöglich ist, selbige aber gegen einen (den französischen)
Bürgerkönig veröffentliche und ihn dadurch in ein minderes, durch Feindseligkeit
geprägtes Licht rücke. In Frankreich selbst sieht man das relativ gelassen. Zwar ist man mit
dem einstigen „Revolutionskönig“ nicht mehr sonderlich zufrieden, weil er selbst in
Richtung Absolutismus tendiere, aber auf der anderen Seite sei er wenigstens ein
Bürgerkönig – obgleich an Stärke einbüßend.
In weiterer Folge schreibt Heinrich Heine über innerstaatliche Diskussionen und eventuelle
französische Regierungsformen. Den „glänzenden Wahn der Franzosen“, von der
Möglichkeit einer Republik in Frankreich, will er nicht bekämpfen, aber er als quasigeborener Royalist und in Frankreich auch durch Erfahrung genährter Royalist, kann sich
für die Franzosen eine Republik nicht vorstellen. Europa sei ihm zufolge zu „greise“ für
solch eine Staatsform und gerade Frankreich sei die Heimat der Schaulust und der
Eitelkeit, in der selbst Männer eitler wären, als jede Frau in Deutschland, die ja selbst auch
ziemlich eitel seien. Die französische Gesinnung ließe sich mit republikanischen Ansichten
und auch mit amerikanisch anmutenden Lebensmonotonien einer Republik einfach nicht in
Einklang bringen.
Heinrich Heine ist Sympathisant von Lafayette (siehe Bild), der
über Jahrzehnte hinweg einseitig und geradlinig war – wie ein
Kompass, der stets nach Norden zeigt. Mit dem Unterschied,
dass Lafayette gegen Amerika zeigte und mit der Erklärung der
Menschenrechte die Revolution eröffnet hatte. Er war stets
Beschützer des Volkes gegen die List des Großen und
gleichzeitig ein Beschützer des Großen, gegen die Wut des
Volkes.22 Im Volk gilt er als sehr angesehen und steht in der
Hierarchie nicht weit hinter dem verstorbenen Napoleon. Den Unterschied bezeichnet
Heinrich Heine wie folgt. „Napoleon ist ein Gott, ein Kult, eine Religion und diese
22
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 118 f
11
Religion wird am Ende langweilig, wie jede andere. Dagegen wird Lafayette mehr als
Mensch verehrt, oder als Schutzengel.“23
3.3. Artikel III
Paris, 10. Februar 1832
In diesem Artikel berichtet Heinrich Heine von einem männlichen Deutschen, der eitler als
deutsche Frauen sei. Es handelt sich um einen Schriftsteller und Kunstkritiker, der der
deutschen Unruhen wegen vor einem Jahr nach Frankreich emigriert sei, von König
Ludwig Philipp I. einer Vermittlung wegen den Orden der Ehrenlegion verliehen
bekommen hatte und mit seiner Dekoration prahle. Zu seinem Leidwesen berichteten die
französischen Journale nicht von seiner Auszeichnung, seiner neu erworbenen Ritterwürde,
die ohne entsprechende Publikation im „Moniteur“ für viele Franzosen nichts Wert war.
Dennoch munkelte man in Frankreich spöttisch über den neuen Würdenträger, dessen
Versuche seinen Orden durch entsprechende Publikation an „Wert“ zu steigern dadurch
beantwortet wurde, dass ein, vom König verliehener Orden nur dann Gültigkeit besäße,
wenn seine Verleihung von einem Minister gegengezeichnet werden würde. Tatsächlich
dürfte es sich bei der Angelegenheit darum gehandelt haben, dass es doch nicht sein könne,
dass ein Deutscher einen Orden in Frankreich erhält.
Heinrich Heine wechselt das Thema seines Artikels und widmet sich wieder der
republikanischen Bewegung, die er als genauso plagiatorisch ansieht, wie die Karlisten
(Anm.: Anhänger König Karl X., der 1830 durch die Julirevolution gestürzt wurde.
Nachfolger wurde König Ludwig Philipp). Beide Strömungen seien Heine zufolge nicht
zeitgemäß und obwohl sie zueinender in einem heterogenen Verhältnis stehen, wie es nicht
unterschiedlicher sein könnte, bildeten sie für manche Angelegenheiten Bündnisse. Heine,
der definitiv kein Republikaner war, verstand solche Anwandlungen überhaupt nicht. Wie
konnte man sich nur mit Karlisten auf eine Ebene stellen?
Die „Verbrüderung“ der Republikaner und der Karlisten konnte eher als Gegenwehr und
nicht als Angriff auf das herrschende System gesehen werden. Heinrich Heine begab sich
zu einer der Veranstaltungen des Bündnisses, in der es grundsätzlich um Freiheit gehen
23
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 120
12
sollte. Der Freiheit fehlte aber offensichtlich der freie Vortrag und auch von der
dargelegten mittelbaren Zensur in der Schriftstellerei hatte er bis dato nichts
mitbekommen. Und wie sehr konnte denn die angebliche Einschränkung der
Meinungsfreiheit real sein, wenn es dem Bündnis erlaubt war diese Veranstaltung
überhaupt abzuhalten? Worin sahen diese Leute eine Unterdrückung des Volkes? Heinrich
Heine verließ die Veranstaltung, ohne das Ende abzuwarten.
Am nächsten Tag waren zahlreiche, Gerüchte im Umlauf. So hätte man in der Nacht
versucht die königliche Familie zu ermorden und so einen Putsch herbeizuführen.
Angeblich hätte man sogar den Concierge des Louvres auf seine Seite (die Seite der
Opposition) gebracht. Wie wahr diese Geschichte war, ist ungewiss. Gewiss ist auf jeden
Fall, dass die Ereignisse dazu führten, dass die bisher legeren Sicherheitsmaßnahmen
verstärkt wurden und die Fenster des Palastes und der Museen zum Teil vergittert wurden.
3.4. Artikel IV
Paris, 1. März 1832
Heine thematisiert in diesem Artikel das Verhältnis zwischen Frankreich und England. Er
meint, dass die offene Feindschaft der beiden absoluten Könige weniger gefährlich sei, als
das Verhältnis zwischen der englischen Aristokratie und den französischen Republikanern.
Die Franzosen würden England mit ihren eigenen Vorstellungen, ohne Bedachtnahme auf
unterschiedliche Lebensumstände und Ansichten zu verstehen versuchen und würden dabei
einem Irrtum unterliegen, weil sie glaubten, dass das Volk in beiden Ländern nach Freiheit
trachtete. Die Charaktere der beiden Länder seien aber von Grund auf zu verschieden um
sich miteinander vergleichen zu können. England sei mechanisch zu verstehen und wäre
übertragen auf den menschlichen Körper die ausführende Hand. Frankreich hingegen sei
das Herz, das zentrale Organ, das notwendig ist um zu funktionieren.
Man könne die Nobility Englands nicht mit der französischen Noblesse vergleichen. Der
englische Adel stelle sich stets gemeinsam mit dem Volk dem absolutistischen König
entgegen, um seine Rechte zu wahren. In Frankreich wäre das ganz anders. Hier würde
sich der Adel dem König in Gnade und Ungnade unterwerfen und gemeinsam das Volk
unterwerfen. Der Wunsch des Volkes nach Freiheit wäre daher ein ganz anderer.
13
Unterschiede im Adel gäbe es auch beim Verhältnis zum Volke. Der Adel des Kontinents
würde mit seinem Reichtum protzen und prahlen, in besonderem Gewande umherlaufen
und seinen Besitz zur Schau stellen. Anders sei das in England. Dort würden die Adeligen
bürgerlich gekleidet erscheinen und lediglich bei entsprechenden Anlässen ihr besonderes
Gewand zur Schau stellen. Der englische Adel würde sich schon alleine aus dieser Geste
heraus wesentlich näher beim Volk befinden, als es der französische Adel je tun würde.
Der englische Adel habe dem König das Schwert als Symbol der Macht lediglich
„geliehen“. Am Kontinent sei das nicht so gewesen.
Innerhalb des vorliegenden Artikels wechselt Heinrich Heine das Thema und bekrittelt
über mehrere Seiten hinweg einen gewissen Casimir Périer:
„Wenn dieser Mann fällt, dachte ich, hat die große Sonnenfinsternis ein Ende, und die dreifarbige
Fahne auf dem Pantheon erglänzt wieder begeistert, und die Freiheitsbäume erblühen wieder! Dieser
Mann ist der Atlas, der die Börse und das Haus Orléans und das ganze europäische Staatengebäude
auf seinen Schultern trägt, und wenn er fällt, so fällt die ganze Bude, worin man die edelsten
Hoffnungen der Menschheit verschachert, und es fallen die Wechseltische, und die Kurse, und die
Eigensucht und die Gemeinheit!“24
Bei besagtem Casimir Périer (siehe Bild) dürfte es sich um
den 1977 geborenen Sohn eines Kaufmanns handeln, der
Bankier und ab 1817 Mitglied der Nationalversammlung
war. Er war gegen die Versuche König Karls X., die
Monarchie zu stärken, wandte sich 1930 aber auch gegen
die Julirevolution. Unter Ludwig Philipp avancierte er zum
Präsidenten der französischen Abgeordnetenkammer und
letztendlich wurde er auch französischer Innenminister.25
Der Vorwurf Heinrich Heines an Casimir Périer ist jener, dass dieser aus reichem Hause
stammend, niemals materielle Sorgen verspürend und dadurch seine Freiheit leben
24
25
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 141
http://de.wikipedia.org/wiki/Casimir_Pierre_P%C3%A9rier (Linkdatum: 8. April 2008)
14
könnend, sich an der Spitze seiner Macht, den noch Mächtigeren beugte, obwohl er diese
vernichten hätte können. Was er damit meint, bleibt er dem Leser seines Artikels schuldig.
3.5. Artikel V
Paris, 25. März 1832
Zu Beginn dieses Artikels lässt sich Heine über das Justemilieu (ist ein politisches
Schlagwort, das nach der franz. Revolution von 1830 entstand und die politische
Leitkategorie des Bürgerkönigs Louis Philippe sowie die tonangebende bürgerliche
Gesellschaft charakterisierte) aus. Durch die Geschehnisse dieser Zeit sieht Heine
Frankreich an seinem Tiefpunkt und setzt die Franzosen gleich mit den Verdammten in
Dantes Hölle.26 Republikaner und Legitimisten wirft er in einen Topf zusammen und den
„hohen“ Angestalten wirft er Heuchelei und Hochstapelei vor.
Ganz Paris befindet sich in Karnevall-Laune, doch Heine entdeckt die Scheinheiligkeit und
die Doppelbödigkeit der ganzen Veranstaltungen. Er wirft den Parisern vor, dass Sie sich
scheinbar köstlich amüsieren und das frivole Leben fortführen – zum Tanze gehen und in
die Oper. Doch dahinter steckt reine Berechnung und Korruption. Denn die Opern wurden
gut gewählt, die zu dieser Zeit vorgetragen wurden. Gelacht wird nur oberflächlich, denn
wer hinter die Masken schaut, erkennt politische Machenschaften und die Fädenzieher
dahinter. Alle Parteien versuchen zu täuschen, und selbst den eigenen Augen kann man
nicht mehr trauen. Überall findet man Lügen, Bespitzelung und Scheinheiligkeiten. Es
wird aber nur vorgegaukelt wie glücklich das Volk nicht sei. Aber in Wirklichkeit
verstecken sich hinter den lustigsten Masken die traurigsten Menschen, die oft von der
Polizei bezahlt wurde um Heiterkeit und gute Laune vorzutäuschen.
Zwischendurch schweift Heine etwas ab und berichtet über belanglose Markt- und
Karnevallsgeschichten aus seiner Heimat. Weiters beschreibt er einige Kostüme und auch
den volksnahen Ludwig Philipp. Dieser mischt sich ja gerne unters Volk und das auch in
passendem bürgerlichem Gewande.
26
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 149
15
In Folge stellt er die Juliusrevolution in Frage (Durch die Juliusrevolution wurde die
Souverainität des Volkes deutlich ausgesprochen, durch die Gesetze jedoch eingeschränkt;
dasselbe ist mit der Presse geschehen, die durch jene Revolution für frei erklärt, durch
spätere Gesetze aber wieder einigermaßen beschränkt wurde.)27 und ebenso die
Philippisten und auch die Karlisten. Danach beklagt er sich über die Rückschritte die
Frankreich seines Erachtens macht. Es entwickelt sich nicht nach Vorne sondern geht
große Schritte wieder zurück. Ebenso sitz der Schock vom Tode Ludwig XVI den
Franzosen noch immer in den Gliedern, so dass sie sich kaum weiterentwickeln könnten.
Gegen Ende des Artikels geht es nur noch um Witze, Spötteleien und Karikaturen des
„jungen Heinrichs“, Ludwig Philipps, des jungen Napoleons und des jungen Herzogs von
Orléans. Er beschreibt alle des Aussehens- und Kleidungs- Willens. Welcher
aristokratischere und bürgerliche Gesichtszüge hätte und verstrickt sich schlussendlich
komplett in Oberflächlichkeiten, die z.B. den Gang der Männer beschreiben.
3.6 Artikel VI
Paris, 19.April 1832
Dieser Artikel Heinrich Heines entstand am 19. April 1832 und beschäftigt sich mit der
Cholera und deren Ankunft in Paris am 29. März 1832. Doch bevor Heine die
schrecklichen Umstände dieser Katastrophe schildert widmet er sich in seiner Einleitung
dem Erkenntnisinteresse aus dem heraus er diesen Artikel schreibt.
„Nicht den Werkstätten der Parteien will ich ihren banalen Maßstab entborgen, um Menschen und
Dinge damit zu messen, noch viel weniger will ich den Wert und Große der derselben nach
träumenden Privatgefühlen bestimmen, sondern ich will so viel als möglich parteilos das Verhältnis
der Gegenwart befördern und den Schlüssel der lärmenden Tagesrätsel zunächst in der
Vergangenheit suchen.“28
Diese Aussage kann wohl durchaus als Erkenntnisinteresse im journalistischen Sinne
gewertet werden.
27
28
http://www.zeno.org/Brockhaus-1837/A/Frankreich (Linkdatum: 8. April 2008)
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 164
16
Weitere interessant an der Einleitung dieses Artikels ist eine zur Veröffentlichung des
Buches in Klammern hinzugefügte Anmerkung. Hier spricht Heine über die Umstände in
denen er den Artikel verfasst hat und wie sie ihn negativ beeinflussten. 29 Weiters erwähnt
er einen Grundsatz dem er das ganze Buch hindurch treu bleibt:
„[...] nämlich, dass ich nichts an diesen Artikeln ändere, dass ich sie ganz so abdrucken lasse, wie
ich sie ursprünglich geschrieben, dass ich nur hie und da irgend ein Wort einschalte oder ausmerze,
wenn dergleichen, in meiner Erinnerung, dem ursprünglichen Manuskript entspricht. Solche kleinen
Reminiszenzen kann ich nicht abweisen, aber sie sind sehr selten, sehr geringfügig, und betreffen
nie eigentliche Irrtümer, falsche Prophezeiungen
und schiefe Ansichten, die hier nicht fehlen
dürfen, da sie zur Geschichte der Zeit gehören.“30
Im weiteren Verlauf des Artikels beschreibt Heine die schrecklichen Vorkommnisse in
Paris als es von der Cholera heimgesucht wurde. Dabei verliert er jedoch nicht seinen
scharfsinnigen Unterton. Als die Cholera nach Paris kam wurde sie nicht wirklich ernst
genommen und es wurden keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen um die Seuche
schnell in Griff zu bekommen. Heine vergleicht die Cholera mit Robespierre und
Napoleon. Auch sie griffen zum selben Mittel um sich Respekt zu verschaffen, sie
dezimierten das Volk.31
Zu dieser Zeit herrschten in Paris nicht nur unter der armen Bevölkerung verheerende
hygienische Zustände. Bald forderte die Cholera so viele Opfer, dass die Särge ausgingen
und die Leichen zu Hauf in Säcken begraben werden mussten. 32 Weiters folgen Berichte
darüber wie die Ärmsten der Armen, die Chiffonniers. Sie verloren ihre Lebensgrundlage,
den Dreck, den die Stadt produzierte, als aus hygienischen Gründen beschlossen wurde,
den Mist vor die Stadt zu bringen. Die Chhiffonniers schlossen sich jedoch mit
Revendueses zusammen, die die Fundstücke aus den Abfällen der Stadt wieder verkauften.
Es kam zu einem Aufstand und die neuen Reinigungswagen, die die Abfälle aus der Stadt
brachten wurden zerschlagen und in die Seine geworfen.33
29
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 167 ff.
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 169
31 vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 169 f.
32 vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 168
33 vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 174 f.
30
17
Als die Cholera die Gesellschaft nicht so beutelte wie es einige Mächtige gerne gehabt
hätten, Heine nennt hier keine Namen, wurde das Gerücht verbreitet, es handle sich nicht
um eine Seuche , sondern um Gift. Darauf hin brach Panik unter der Bevölkerung aus und
unschuldige Menschen wurden auf offener Straße zu Tode geprügelt.
Diese Bilder scheinen Heine sehr berührt zu haben. Was auf ihn allerdings noch stärker
gewirkt hat, ist die Tatsache, dass Angehörige der oberen Schichten die Vergiftungen den
Karlisten in die Schuhe schiebe wollten. Hierrauf reagiert Heine ganz entschieden 34: „So
weit darf die Leidenschaft uns nie führen; wahrlich ich würde mich sehr lange bedenken,
ehe ich gegen meine giftigsten Feinde solche grässlichen Beschuldigungen aussprächen.“35
Auch über die Tatsache, dass die Stadt von allen verlassen wird, die es sich leiten können
berichtet er. 120000 Pässe wurden ausgegeben.36 Einzig einige unerschrockene bleiben.
Manche von ihnen versuchen ideologischen Nutzen aus der Krankheit zu schlagen und
versuchen Anhänger zu gewinnen ,in dem sie ihnen Gesundheit versprechen. 37 Darauf
entgegnet Heine zynisch:
“ So hat jeder seinen Glauben in dieser Zeit der Not. Was mich betrifft, ich glaube an Flanell. Gute
Diät kann auch nicht schaden, nur Mus man wieder nicht zu wenig essen, wie gewisse Leute, die des
Nachts die Leibschmerzen der Hungers für Cholera halten.“38
3.7. Artikel VII
Paris, 12.Mai 1832
Kernaussage dieses Artikel ist es, dass der Minister Casimir Périer
(siehe Bild)
außer Amt getreten ist da auch er an der Cholera
erkrankt ist. Um diesen Misstand zu beheben hat König Ludwig
Philipp eine Interimspräsentatur gestiftet und wie Heine sie nennt:“
kontasignierte Hampelmänner“39 eingesetzt.40
34
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 173 f.
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 174
36 vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 175
37 vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 176 ff.
38 Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 178
39 Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 189
40 http://en.wikipedia.org/wiki/Casimir_Pierre_Perier
35
18
Der Rest des Artikel besteht aus Überlegungen und Definitionen von Regierungsformen.
Er vergleicht frühere und jetzige Systeme und vergleicht das französische System der
konstitutionellen Monarchie mit anderen Systemen. Die konstitutionelle Monarchie
definiert er wie folgt:
“Der König ist hier eine Art moralischer Person, im juristischen Sinne, und er gehorcht jetzt weniger
den Leidenschaften seiner physischen Umgebung, als vielmehr den Bedürfnissen seines Volks, er
handelt nicht mehr nach den losen Wünsche des Hofes, sondern nach festen Gesetzten.“41
3.8. Artikel VIII
Paris, 24. Mai 1832
In Artikel VIII stirbt Minister Périer. Heine findet nur wenige gute Worte um seine Taten
zu beschreiben. Er nennt ihn jedoch einen großen Mann, da er das, was er getan hat mit
großer Aufopferung getan hat.
„Das ist es eben, nicht für den Nutzen und den Erfolg ihrer Taten muß das Vaterland seinen großen
Männern danken, sondern für den Willen und die Aufopferung, die sie dabei bekundet.“ 42
In weitere Folge wird Périers Begräbnis ausführlichst geschildert und über einen Schwenk
in die Börse, in der „die Interessen der Zeit wohnen“43, landet Heine bei den Engländern,
die er offenbar nicht ausstehen kann.
„Es sind wunderliche Käuze, diese Engländer,. Ich kann sie nicht leiden. Sie sind erstens langweilig,
und dann sind sie ungesellig, eigensüchtig, sie quäken wie die Frösche, sie sind geborene Feinde
aller guten Musik, sie gehen in die Kirche mit vergoldeten Gebetbüchern, und sie verachten uns
deutsche , weil wir Sauerkraut essen.“44
41
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 186
42
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 191
43
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 193
44
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 201 f.
19
3.9. Artikel IX
Paris, 16. Junius 1832
Heinrich Heine bearbeitet zu Beginn des Kapitels die aktuellen Veränderungen in England
und das Zusammenspiel des Adels und des Pöbels. Diese beiden Gruppen lägen dicht
beieinander. Die Aristokraten möchten mit der Erhebung der Reformbill zum Gesetz lieber
vom Pöbel abhängig sein, als vom wohlhabenden Mittelstand, der sich nicht leicht
bestechen ließe. Ebenso hebt er die Gemeinsamkeiten der an sich komplett verschiedenen
Gesellschaftsschichten heraus.
„[…] sie haben beide, der Adel und der Pöbel, den größten Abscheu vor gewerbfleißiger Tätigkeit; sie
streben vielmehr nach Eroberung des fremden Eigentums, oder nach Geschenken und Trinkgeldern für
gelegentliche Lohndienerei; Schuldenmachen ist durchaus nicht unter ihrer Würde; der Bettler und der
Lord verachten die bürgerliche Ehre; sie haben eine gleiche Unverschämtheit, wenn sie hungrig sind,
und sie stimmen ganz überein in ihrem Hasse gegen den wohlhabenden Mittelstand.“ 45
Dem deutschen Literaten zufolge habe sich die Aristokratie verbessert, dahingehend, dass
sie jetzt eine Vorbildfunktion dem Volk gegenüber einnimmt. Heinrich Heine führt diese
Erläuterungen nicht weiter aus, da seine Anmerkungen an dieser Stelle und zu dieser Zeit
unpassend wären.
Der Autor wechselt an dieser Stelle das Thema seines Artikels und bearbeitet einmal mehr
seine Meinung zur republikanischen Bewegung. Er meint, dass es keine Inkonsequenz sei,
dass er die Republik enthusiastisch liebe, gleichsam aber nicht deren Wiedereinführung in
Frankreich und schon gar nicht deren Entstehung in Deutschland wünsche. Heinrich Heine
erläutert die Gründe, weshalb viele „Freunde der Freiheit“ noch der Regierung anhängen,
und andere deren Umsturz und die Wiedereinführung der Republik verlangen.
Die Philippisten sagen, dass Frankreich nur monarchisch regiert werden könne. Das Land
habe an Ludwig Philipp den geeignetsten König, da er ein Schützer der erlangten Freiheit
und Gleichheit sei. Er selbst sei in seinen Gesinnungen und Sitten vernünftig und
bürgerlich. Außerdem könne er keinen Groll gegen die Revolution hegen, da sein Vater
und er selber daran teilgenommen haben
45
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 205.
20
Die Republikaner hingegen behaupten, dass das der Frieden zwar ein schönes Gut sei, aber
ohne die Freiheit keinen Wert habe. Ihre Väter hätten aus eben diesem Grund die Bastille
gestürmt und mit der gesamten europäischen Aristokratie Krieg geführt, aus dem nun ein
Waffenstillstand geworden war. Sie werfen Ludwig Philipp vor, dass er lediglich an der
Erhaltung der Krone interessiert sei und sich anschließend mit der verhassten europäischen
Aristokratie verbünden werde.
Der Autor meint, dass aufgrund dieser Stellungnahmen, jene Bürger, die keine wertvollen
Güter in Frankreich besäßen, Sympathien für die Kampflustigen empfänden. Viele
Deutsche hegen ebenfalls jene Sympathie für die französischen Republikaner. Diese
Tatsache schockiert Heinrich Heine, der von seinem Heimatland andere Gedanken erwartet
hatte. Er meint, dass Deutschland von unterschiedlichen philosophischen und literarischen
Strömungen eingeschläfert worden war. „Aber nur die Leiber waren schlafgebunden; die
Seelen, die darin eingekerkert, behielten ein sonderbares Bewußtsein“46
Heinrich Heine kritisiert in erster Linie Dr. Johann Georg
August Wirth (siehe Bild), der den republikanischen
Gedanken in Deutschland nährt. Gemeinsam mit Dr. Jakob
Siebenpfeiffer,
demokratisch
Friedrich
denkenden
Schüler
Bürgern
und
und
anderen
Journalisten
gründete Dr. Wirth zur Abwehr der Pressezensur den
„Deutschen Preß- und Vaterlandsverein“.47 Man könne die
Beteiligten einfach einsperren, aber ihre Gedanken blieben
frei und Jahre oder sogar Jahrzehnte später können sie
wieder hervortreten und die Ideen weiter verbreiten. „Die
Völker haben Zeit genug, sie sind ewig; nur die Könige sind sterblich.“48
46
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 209.
47
vgl. Schneider, Gustav Heinrich: Der Preß- und Vaterlandsverein 1832/33. Ein Beitrag zur Geschichte des
Frankfurter Attentats, Heft 4, Seite 183f.
48
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 210.
21
Franzosen und Deutsche hätten in jüngster Zeit einiges voneinander gelernt, erstere hätten
die deutsche Philosophie und Poesie angenommen, während letztere die politischen
Erfahrungen und den praktischen Sinn akzeptieren.
„Im poetischen Deutschland blieb das Volk von der plumpsten Denkweise befangen, und wenn es etwa
einmal mit seinen Obrigkeiten haderte, so war nur die Rede von rohen Tatsächlichkeiten, materiellen
Nöten, Steuerlast, Maut, Wildschaden, Torsperre usw.; - während im praktischen Frankreich das Volk,
welches von den Schriftstellern erzogen und geleitet wurde, viel mehr um ideelle Interessen, um
philosophische Grundsätze, stritt.“49
Heinrich Heine kritisiert die deutschen Republikaner, dass ihr Hauptirrtum in erster Linie
darin besteht, dass sie die Unterschiede der beiden Länder übergehen. Er behauptet, dass
Deutschland in seinem Wesen royalistisch ist. Dieser Royalismus zeigt sich durch die
Akzeptanz der Autoritäten. Republikaner glauben nicht an Autoritäten, sie achten nur die
Gesetze, verlangen von deren Vertretern Rechenschaft, misstrauen, beobachten und
kontrollieren. Ein charakteristisches Zeichen ist das Misstrauen gegen die Person, der Hass
gegen die Autorität eines Namens. Teilweise behaupten Anhänger der republikanischen
Lehre, dass alle liberalen Reputationen abgeschafft werden sollen, damit keine
Machtausübung in diesem Bereich bestünde.50
In Frankreich gäbe es, laut dem Autor, keine Autoritäten mehr. Nicht nur der Glaube an
Personen sei vernichtet, sondern auch der Glaube an alles, was existiert. Heinrich Heine
behauptet, die Religion sei tot, ebenso die Moral. Wenn er das französische Volk
betrachtet, das hervor stürmt, so könnte er meinen, dass das Volk nicht einmal mehr an den
Tod glaube.51 Die Deutschen hingegen „glauben noch an Autoritäten, an eine hohe
Obrigkeit, an die Polizei, an die heilige Dreifaltigkeit, […]“.52
49
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 211.
50
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 213.
51
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 214.
52
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 215.
22
Abschließend kommt er in diesem Artikel auf die
Geschehnisse des 5. und 6. Juni 1832 zu sprechen. An
diesen Tagen spielten sich in Paris dramatische Szenen
beim Begräbnis von Jean Maximilien Lamarque
(siehe Bild). Er war ein französischer General während
der Napoleonischen Kriege und später ein Mitglied des
französischen Parlaments. Sein Begräbnis wurde zu
einer Demonstration der demokratischen Opposition
genutzt, die in blutige und kurzlebige Aufstände ausuferte. Genaue Informationen wurden
zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt gegeben, weshalb eine Rekonstruktion der
Geschehnisse beinahe unmöglich war. Die Meinungen wie sich die Szenerie abgespielt
haben soll gehen je nach Parteizugehörigkeit auseinander. Die Philippisten stellen die
Sache als eine lang vorbereitete Verschwörung dar und übertreiben die Zahl der Feinde,
womit sie das gewaltsame Eingreifen begründen. Die Opposition hingegen behauptet, dass
keinerlei Vorbereitungen getroffen wurden, dass die Republikaner ohne Führung
reagierten und in geringer Zahl gewesen zu sein.53
3.10. Tagesberichte
Heinrich Heine, der in seinem Artikel IX seine Bewunderung für die Tapferkeit der
Republikaner beim Aufstand am 5. Juni 1832 ausdrückt, beschreibt den Ablauf der
Geschehnisse in seinem Tagesbericht trocken und objektiv.
In seinen Berichten schreibt Heine über die gescheiterte Revolution. Er berichtet über die
Zustände danach. Am 8. Juni etwa, wurde der „Belagerungszustand“54 ausgerufen. Leute
wurden festgenommen, Hausdurchsuchungen folgten. Dennoch sei es in Paris ruhig
gewesen. Ebenso schreibt er über das Ansehen des Königs Ludwig Philipp. Dieser sei der
Mann der Notwendigkeit. In der Normandie, in seinem Bericht vom 1. August, ging er der
Frage, ob Ludwig Philipp stark oder schwach sei, nach. Dabei kam heraus, dass er weder
53
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 215 f.
54
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 246.
23
geliebt noch gehasst wurde. Seine Herrschaft wurde als Notwendigkeit für das Glück
Frankreichs gesehen. 55
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Berichte relativ trocken geschrieben wurden.
Oftmals sogar sehr verwirrend. Heine hat in langen Sätzen geschrieben und dabei auch
einige Fremdwörter benutzt bzw. Wörter die früher gängig waren. Er schrieb alles in
Deutsch, verwendete aber auch zwischendurch französische Wörter oder Sätze. Etwa wenn
er jemanden zitiert hat. „Vive la liberite“ oder ähnliche Aussagen hat er dann nicht
übersetzt. Vom Aufbau her wirkte es oft verwirrend. Er kommt vom „100sten ins 1000ste“.
Die Zusammenhänge sind daher manchmal schwer zu verstehen.
Was er jedoch ganz gut beherrscht, ist das Beschreiben von der Umgebung, den Menschen,
den damaligen Zuständen. Als Quelle nimmt er andere Journale zur Hand oder
Augenzeugenberichte. Er liefert also Information direkt vom Volk/vor Ort.
4. Quellen
4.1. Literatur
Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997
Schneider, Gustav Heinrich: Der Preß- und Vaterlandsverein 1832/33. Ein Beitrag zur
Geschichte des Frankfurter Attentats, Berlin 1896/97.
Benbassa, Esther (2000): Geschichte der Juden in Frankreich. Berlin / Wien: Philo.
Brandt, Hartwig (2002): Europa 1815 – 1850. Reaktion – Konstitution – Revolution.
Stuttgart: Kohlhammer.
Heid, Ludger /Jüdisches Museum der Stadt Wien (Hg): Die Macht der Bilder.
Antisemitische Vorurteile und Mythen. Wien. 1995
55
vgl. Heine, Heinrich: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Klaus Briegleb. Bd. 3. München: dtv. 1997. S. 271f.
24
Hartmann, Peter: Geschichte Frankreichs. München: C.H.Beck. 1999
Hauschild, Jan-Christoph / Werner, Michael: Heinrich Heine. Der Zweck des Lebens ist
das Leben selbst. Berlin: Ullstein. 1999
Liedtke, Christian: Heinrich Heine. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt. 1997
4.2. Bilder
König Ludwig Philipp: http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Philipp_(Frankreich)
Marquis de La Fayette: http://de.wikipedia.org/wiki/Marquis_de_Lafayette
Casimir (Pierre) Périer: http://de.wikipedia.org/wiki/Casimir_Pierre_P%C3%A9rier
Dr. Johann Georg August Wirth:
http://www.marlesreuth.de/buerg_wirth_johann_georg_august1.jpg
Jean Maximilien Lamarque: http://napoleonbonaparte.files.wordpress.com/2007/12/blogportrait-general-lamarque.jpg
Casimir Périer: http://en.wikipedia.org/wiki/Casimir_Pierre_Perier
25
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