Die Reichseinigungskriege - Lehrer

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Etappen zur Gründung des Dt. Reiches – Reichseinigungskriege
Der Deutsch-Dänische Krieg (1864)
Der Deutsch-Dänische Krieg (auch Zweiter Schleswigscher Krieg oder Zweiter Schleswig-Holsteinischer
Krieg in Abgrenzung zum Krieg 1848–1851) war die militärische Auseinandersetzung um SchleswigHolstein und vor allem um das Herzogtum Schleswig zwischen dem Deutschen Bund und dem
Königreich Dänemark vom 1. Februar bis 30. Oktober 1864. Der Krieg gilt auch als der erste der drei
Deutschen Einigungskriege.
Ursachen
Nach dem Ersten Schleswig-Holsteinischen Krieg (1848–1851) behielt die dänische Krone zwar die
Hoheit über Schleswig, Holstein und Lauenburg, verpflichtete sich aber, die Herzogtümer weiterhin
als selbständige Einheiten innerhalb des Gesamtstaates zu behandeln. Zudem sollte nach dem
Londoner Protokoll von 1852 Schleswig verfassungsmäßig nicht enger an Dänemark gebunden werden
als Holstein und Lauenburg.
Die dänische Novemberverfassung von 1863 bezog jedoch Schleswig vertragswidrig mit in den
dänischen Kernstaat ein. Dies wurde aus dänischer Sicht notwendig, um den Staat handlungsfähig zu
erhalten. Unter anderem aufgrund von Konflikten über die Repräsentation der Herzogtümer im neuen
Reichsrat war die vorherige Verfassung des Gesamtstaates von 1855 für Holstein und Lauenburg, die
Mitglieder im Deutschen Bund waren, bereits 1858 vom Deutschen Bund außer Kraft gesetzt worden. Da
die Bundesakte von 1815 für jedes Mitglied eine landständische Verfassung vorschrieb, kam das
dänisch verwaltete Holstein seitdem der Bundesordnung nicht mehr nach.
Da zudem die holsteinischen Stände weiterhin jegliche Zusammenarbeit verweigerten und national
gesinnte Kreise ab 1859 offen die Abspaltung Schleswigs und Holsteins von Dänemark forderten, sah der
dänische König Christian IX. in einer neuen Verfassung die letzte Möglichkeit, den Gesamtstaat vor dem
Zusammenbruch zu bewahren. Daraufhin wurde vom Deutschen Bund die Bundesexekution gegen
Holstein verhängt. Dem preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck gelang es auf dem
beschlussfassenden Bundestag, die Einbeziehung Österreichs in die Bundesexekution zu erwirken.
Ergebnis
Nach dem – aus deutscher Sicht - erfolgreichen Krieg übernahmen die beiden Siegermächte die Besetzung
und Verwaltung gemeinsam. Im Vertrag von Gastein vom 14. August 1865 erhielt Preußen das
Herzogtum Sachsen-Lauenburg und das Herzogtum Schleswig, Holstein fiel an Österreich. 1866
besetzte Preußen Holstein. Dies wurde der formale Grund für den Deutschen Krieg, in dessen Folge
Preußen Holstein annektierte und aus allen drei Gebieten 1867 die preußische Provinz SchleswigHolstein bildete.
Durch den deutsch-dänischen Krieg verkleinerte sich der dänische Herrschaftsbereich zum zweiten Male im
19. Jahrhundert, da die Herzogtümer nicht mehr von Kopenhagen aus regiert wurden, nachdem Dänemark
bereits 1814 im Frieden von Kiel Norwegen an Schweden abtreten musste. Das Königreich
Dänemark selbst blieb − da die Herzogtümern nur durch Personalunion mit ihm verbunden waren − in
seinem Umfang unberührt. Es vergrößerte sich letztlich sogar durch einen Gebietsaustausch mit dem
Herzogtum Schleswig, durch den beispielsweise Ripen zum Königreich kam.
Der Deutsch-Dänische Krieg zeigte, wie auch der zeitgleich stattfindende Bürgerkrieg in
Nordamerika, einige neue Elemente moderner Kriege: Es trat die strategische Bedeutung der Eisenbahn
beim Transport preußischer Truppen hervor, zum Beispiel aus Berlin, was als Fußmarsch sonst Wochen
gedauert hätte. Und zum ersten Mal in der deutschen Kriegsgeschichte spielten Krupp-Geschütze,
Krupp-Hinterlader-Kanonen mit gezogenen Läufen und Dreyse-Hinterlader-Gewehre eine entscheidende
Rolle. Krupp-Kanonen waren in der Lage, über die Sonderburg vorgelagerte Bucht (den Vemmingbund)
hinweg Zerstörungen an den dänischen Schanzen anzurichten.
Der Deutsche Krieg (1866)
Der Deutsche Krieg von 1866, ursprünglich als Preußisch-Deutscher Krieg bezeichnet, war die
kriegerische Auseinandersetzung des Deutschen Bundes unter Führung Österreichs mit Preußen
und dessen Verbündeten.
Der Sieg Preußens und seiner Verbündeten über den Deutschen Bund unter der Führung der Präsidialmacht
Österreich hatte die Auflösung des Deutschen Bundes zur Folge, den Preußen schon im Vorfeld wegen
angeblichen Bruchs der Bundesverfassung durch Österreich offiziell als erloschen betrachtet und
behandelt hatte.
Preußen übernahm die politische Vormachtstellung unter den deutschen Ländern und gründete den
Norddeutschen Bund. Damit entstand die Vorstufe für die 1871 vollendete so genannte
Kleindeutsche Lösung, d. h. ein deutscher Nationalstaat, der zwar den Großteil, aber nicht die
Gesamtheit des deutschen Sprachraums einschloss, also ausschließlich der Deutschösterreicher,
Liechtensteiner und Luxemburger, deren Staaten Mitglieder des Deutschen Bundes gewesen waren,
sowie ohne die Deutschschweizer.
Vorgeschichte
Ursachen für den Krieg lagen in der österreichisch-preußischen Auseinandersetzung um die Führungsrolle
im Deutschen Bund (Deutscher Dualismus). Vor dem Hintergrund der führenden Rolle Preußens im
Deutschen Zollverein unter Ausschluss Österreichs, der wirtschaftlichen Prosperität, aber auch der
in reaktionären Kreisen geschätzten preußischen Militärtradition boten sich Anreize, die endgültige
Entscheidung der Machtfrage zu suchen. Vorwand des Krieges war der Streit um die Verwaltung
Schleswigs und Holsteins nach dem Ende des Deutsch-Dänischen Krieges.
Die Aussichten auf einen Sieg standen 1866 zudem für Preußen sehr günstig, denn Österreich befand sich in
einer schweren Finanzkrise und hatte aufgrund verschiedener Ereignisse ein mittlerweise schwieriges
Verhältnis zu Russland, was ein Eingreifen Russlands zgunsten von Österreich unwahrscheinlich machte.
Bismarck konnte außerdem das mit Frankreich freundschaftlich verbundene Italien für seine Pläne
gewinnen, da dieses Venetien beanspruchte, das zu Österreich gehörte. Ein auf Druck Frankreichs
unterbreitetes Angebot Österreichs, dieses Gebiet freiwillig abzutreten, kam zu spät: Am 8. April 1866
hatten Preußen und Italien bereits ein auf drei Monate befristetes geheimes Angriffsbündnis gegen
Österreich geschlossen, durch das Preußen unter anderem gegen Artikel III in Verbindung mit Art. II der
Deutschen Bundesakte verstieß.
Mit dem Plan einer Bundesreform, die den Gesandtenkongress unter österreichischem Vorsitz durch ein
gewähltes Parlament ersetzen sollte, zielte die preußische Regierung propagandistisch auf die Gewinnung
der Nationalbewegung.
Um die Streitigkeiten auf bundesrechtlicher Basis auszutragen und mehr Rückhalt unter den Bundesstaaten
zu erhalten, wandte sich Österreich am 1. Juni 1866 an den Bundestag des Deutschen Bundes und stellte
ihm im Einklang mit der Bevölkerung die Entscheidung über die Zukunft Holsteins anheim. Das
Herzogtum stand zwar unter österreichischer Verwaltung, Österreich duldete aber zum Verdruss Preußens
die Nebenregierung des Herzogs Friedrich VIII. von Schleswig-Holstein und entschloss sich in
Übereinstimmung mit ihm zur Einberufung der holsteinischen Ständeversammlung. Preußen betrachtete
dieses Vorgehen als Bruch der Gasteiner Konvention, in der Preußen und Österreich 1865 ihre
Einflusssphären im sogenannten Kondominium (gemeinsame Territorialherrschaft) Schleswig-Holstein
aufgeteilt und ihre Politik festgelegt hatten.
Am 9. Juni marschierten preußische Truppen in Holstein ein, worauf Österreich beim Bundestag die
Mobilisierung von Bundestruppen zwecks einer Bundesexekution wegen verbotener Selbsthilfe
Preußens beantragte. Ob Preußen wirklich militärisch zur Einhaltung der Bundesverpflichtungen
gezwungen werden sollte, blieb offen. Am 14. Juni stimmte der Bundestag dem Antrag mehrheitlich zu.
Preußen behauptete, dies sei ein Bruch der Bundesverfassung und erklärte den Bund für aufgelöst. Die
formelle Selbstauflösung folgte nach der Niederlage parallel zum Prager Frieden am 23. August 1866 in
Augsburg.
Die entscheidende Schlacht bei Königgrätz
Unmittelbare Folge dieses Konflikts war Krieg. Die entscheidende Schlacht gegen Österreich gewannen
schließlich die vereinigten preußischen Armeen am 3. Juli 1866 bei Königgrätz in Böhmen unter der
persönlichen Führung König Wilhelms von Preußen. Preußischer Generalstabschef war Helmuth
Graf von Moltke, der geistige Vater des gesamten preußischen Aufmarsches. Auf österreichischer Seite
ruhten die Hoffnungen zum Großteil auf dem als militärisches Genie geltenden Oberbefehlshaber
Ludwig von Benedek, denn Preußen war in der Schlacht bei Königgrätz Österreich nicht nur leicht
zahlenmäßig (221.000 zu 215.000), sondern auch technisch überlegen. Trotz hoher Verluste und einer
Schlacht, die lange Zeit ohne sichtbare erfolge für eine der beiden Seiten verlief, konnte schließlich die
österreichische Armee nahezu vernichtend geschlagen werden. Königgrätz ist seitdem das Synonym für
den Erfolg der Bismarckschen Kleindeutschen Lösung.
Ausgang und Folgen
Um einer französischen oder russischen Intervention zuvorzukommen, drängte Bismarck den
preußischen König dazu, den Sieg nicht voll auszunutzen, sondern einen schnellen Frieden zu schließen.
Der Ministerpräsident benötigte viel Überzeugungskraft, da Wilhelm – trotz seiner nur mühsam
überwundenen ursprünglichen Gegnerschaft zu den Angriffsplänen – Österreich harte Bedingungen
diktieren wollte und den Einmarsch in Wien anstrebte. Nach zähem Konflikt lenkte der König schließlich
resignierend ein.
Der entscheidende Schritt zur Beendigung des Krieges gelang am 26. Juli 1866 im durch den französischen
Kaiser Napoléon III. vermittelten Vorfrieden von Nikolsburg, nachdem Österreich in der Hauptsache
(Austritt aus der gesamtdeutschen Politik) nachgegeben hatte, zumal seine militärische Lage aussichtslos
war. Der Vorfrieden wurde später im Frieden von Prag mit Preußen bestätigt und zudem der Frieden
von Wien mit Italien geschlossen.
Italien gewann Venetien auf indirektem Wege, da Österreich es während des Krieges formell an
Frankreich zur anschließenden Weitergabe an den Gegner abgetreten hatte. Preußen annektierte
Schleswig-Holstein, die souveränen Bundesglieder Hannover (Absetzung König Georgs), Nassau,
Hessen-Kassel und die Freie Stadt Frankfurt (Suizid des Bürgermeisters Fellner) und stellte sie
vorübergehend unter Militärverwaltung. Das Großherzogtum Hessen-Darmstadt trat das Hessische
Hinterland und die ehemalige Landgrafschaft Hessen-Homburg an Preußen ab, Bayern das
Bezirksamt Gersfeld in der Rhön, das Bezirksamt Orb und die Exklave Kaulsdorf in Thüringen.
Dadurch erlangte Preußen die Verbindung zwischen seinen westlichen Gebieten (Rheinprovinz und
Provinz Westfalen) und dem östlich der Elbe gelegenen Kernland Brandenburg. Andere Mitglieder
des Bundes wie Bayern und Sachsen gerieten unter preußische Bevormundung.
Daraufhin löste sich der Deutsche Bund auf und der durch Preußen beherrschte Norddeutsche Bund
wurde am 18. August 1866 gegründet, um Preußens Hegemonie zu festigen und zu legitimieren.
Unabhängig blieben vorerst die süddeutschen Staaten: das Königreich Bayern, das Königreich
Württemberg, das Großherzogtum Baden (auf Drängen Frankreichs anerkannt) und partiell das
Großherzogtum Hessen, das dank russischer Fürsprache mit einigen kleinen Gebietsabtretungen davonkam.
Dessen Provinz Oberhessen wurde wie das Königreich Sachsen in den Norddeutschen Bund integriert und
nicht annektiert. Die Realisierung des im Frieden von Prag vorgesehenen Südbunds vom Main bis zum
Bodensee scheiterte, da Bismarck sie untergrub und die südwestdeutschen Regierungen eine bayerische
Dominanz ablehnten. Die Verdrängung Österreichs aus der gesamtdeutschen Politik erwies sich im
Nachhinein als beständig, auch wenn sich Kaiser Franz Joseph I. einstweilen nicht damit abfand.
Zudem erzielte Otto von Bismarck aufgrund der Euphoriewelle einen großen innenpolitischen Erfolg,
besonders da ihm bezüglich des Regierens ohne gesetzmäßigen Haushalt nachträglich vom preußischen
Abgeordnetenhaus Straffreiheit zugebilligt wurde (Annahme der Indemnitätsvorlage). Der Streit
über diese Frage spaltete die oppositionelle Deutsche Fortschrittspartei.
Die bis dahin guten Beziehungen zwischen Frankreich und Preußen verschlechterten sich durch den Sieg
Preußens nachhaltig. Der französische Kaiser Napoléon III. hatte eigentlich geplant, für seine
Vermittlung territoriale Belohnungen zu bekommen (linkes Rheinufer), wurde aber vom Tempo des Krieges
überrascht und kam mit seinen Forderungen zu spät. In Frankreich entstand daraufhin der Ruf nach
„Rache für Sadowa“ (ein Ort der Schlacht bei Königgrätz). Da die Außenpolitik Napoléons III.
ähnlich wie die preußische auf territoriale Expansion ausgelegt war, bedeutete die Nichterfüllung dieser
(für Frankreichs Einfluss in Deutschland eher kontraproduktiven) Ambitionen eine Enttäuschung, die
letztlich zur Achse Paris–Wien führte.
Im Rahmen der Friedensvertragsverhandlungen verbündeten sich Bayern, Baden und Württemberg (das
südlich der Mainlinie noch unabhängige Hessen-Darmstadt erst im Zuge der Luxemburgkrise) mit
Preußen in Schutz- und Trutzbündnissen – die Basis für den Deutsch-Französischen Krieg
1870/71.
Der Deutsch-Französische Krieg (1870/71)
Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870–1871 (zeitgenössisch auch Siebziger Krieg oder 70/71
genannt) erklärte das Kaiserreich Frankreich dem Königreich Preußen bzw. dem Norddeutschen
Bund den Krieg, worauf sich auch die drei süddeutschen Staaten, die 1866 noch gegen Preußen gekämpft
hatten, auf die preußische Seite stellten. Innerhalb weniger Wochen im Spätsommer 1870 wurden die
französischen Armeen besiegt und Kaiser Napoléon III. gefangen genommen. Frankreich führte jedoch
als Republik den Krieg weiter und war erst nach einer ausgedehnten Belagerung von Paris im Frühjahr
1871 zum Friedensschluss bereit.
Auslöser war die französische Einmischung in Fragen der spanischen Thronfolge sowie die darüber
berichtende Emser Depesche. Der Krieg ist der dritte und letzte der Deutschen Einigungskriege, er
führte zur von Bismarck betriebenen deutschen Reichsgründung. Die Niederlage, die
Kaiserproklamation in Versailles, die Reparationen sowie die Eingliederung von Elsaß-Lothringen ins
Deutsche Reich führten zum französischen Revanchismus.
Ursache und Anlass
1868 hatten spanische Militärs Königin Isabella II. abgesetzt. Seitdem suchten die Spanier in den
europäischen Fürstenhäusern nach einem Anwärter, den das Parlament zum König wählen könnte. Ein
vielversprechender Kandidat war Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, Spross einer
süddeutschen Nebenlinie der Hohenzollern. Er war gemäßigt katholisch, wenig ehrgeizig und entfernt
mit Napoleon III. verwandt. Der Prinz selbst hatte wenig Ambitionen auf den spanischen Thron, lehnte ihn
im April 1870 auch ein erstes Mal ab, ließ sich aber 1870 von Bismarck überreden, die Kandidatur doch
anzunehmen. Auch der preußische König Wilhelm I. gab, wenn auch widerstrebend, seine Zustimmung.
Sowohl Bismarck als auch Napoleon III. spielten mit der Kandidatur, um die jeweils andere Seite zu
provozieren und ihr eine diplomatische Niederlage beizubringen. Napoleon III. war mehr als jeder andere
Monarch in Europa von der Unterstützung des Volks abhängig, und es galt gleichzeitig, gravierende
innenpolitische Mängel zu überdecken. Deshalb suchte Napoleon III. sein Heil in der Außenpolitik, von der
er sich Erfolge erhoffte, um seine Popularität weiterhin zu sichern.
Bismarck wiederum war bestrebt, den französischen Einfluss auf Süddeutschland zu verringern, um
zugleich die Stellung Preußens in Deutschland und in Europa zu stärken. Beide Seiten wussten, dass sie mit
der Kriegsgefahr spielten. Als die Kandidatur offiziell bekannt wurde, reagierte Frankreich empört über
das angebliche Ansinnen, Frankreich mit Hohenzollernkönigen in Preußen und in Spanien einzukreisen. Der
französische Außenminister Herzog von Gramont hielt eine leidenschaftliche Rede im Parlament, die
eine kaum verhüllte Kriegsdrohung enthielt.
Der preußische König Wilhelm I. und Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen zogen daraufhin, zur
Enttäuschung vieler Deutscher, die Kandidatur zurück. Anstatt sich mit diesem diplomatischen Sieg zu
begnügen, verlangte Gramont von König Wilhelm zusätzlich eine Entschuldigung und das Versprechen, nie
wieder einer hohenzollernschen Thronkandidatur in Spanien zuzustimmen. Die Forderungen wurden nicht
nur über normale diplomatische Kanäle gestellt, sondern auf der Kurpromenade in Bad Ems auch direkt
vom französischen Botschafter Vincent Graf Benedetti an Wilhelm selbst.
Der König reagierte auf die an ihn herangetragenen Forderungen höflich und reserviert, er habe noch
keine neuen Nachrichten bekommen, weitere Audienzen seien unnötig; Heinrich Abeken sandte darüber
Berichte nach Berlin an Otto von Bismarck, den preußischen Ministerpräsidenten und Bundeskanzler
des Norddeutschen Bundes. Dieser kürzte die telegrafische Nachricht seines Mitarbeiters über die
Unterredung so, dass sowohl das Auftreten Benedettis als auch die Ablehnung des Königs schroffer
aufgefasst werden konnten. Die Veröffentlichung dieser Emser Depesche am 13. Juli in der
Norddeutschen Allgemeinen Zeitung nahm der französischen Regierung die Möglichkeit, ihren
diplomatischen Misserfolg vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Angesichts der ohnehin angespannten Lage
kam Frankreich nicht umhin, die Vorgänge in Bad Ems als Provokation und Kriegsgrund aufzufassen.
Damit hatte Bismarck die französischen Drohungen, das ungeduldige Vorgehen Benedettis und die
Empfindsamkeiten der Franzosen geschickt ausgenutzt, auch indem er der Diplomatie den Gang in die
Öffentlichkeit vorzog. Am 19. Juli 1870, nachdem schon zuvor die Mobilisierung angelaufen war, beugte
sich Napoleon III. dem Druck der Öffentlichkeit sowie nationaler Kreise und erklärte Preußen den Krieg.
Damit erfüllte die Depesche den von Bismarck beabsichtigten Zweck: Frankreich stand als Aggressor da,
denn in den Augen der Weltöffentlichkeit war der Kriegsanlass nichtig, und Frankreich hatte sich durch
überhöhte Forderungen unnötig in Zugzwang gebracht.
Bismarck hatte diese französische Antwort auf seine Veröffentlichung der geänderten Depesche dagegen
richtig einkalkuliert, denn nur bei einem Angriff von außen konnte er die bestehenden militärischen
Beistandsbündnisse der einzelnen süddeutschen Staaten einfordern und damit die Fortsetzung der Politik
verhindern, die Frankreich jahrhundertelang zu seinem Vorteil geführt hatte, indem es die deutschen
Staaten gegeneinander ausspielte.
Reichsgründung und Kriegsende
Nach dem erfolgreichen Kriegsverlauf konnte Bismarck die süddeutschen Staaten zum Eintritt in den
Bundesstaat Norddeutscher Bund bewegen. Der Bundespräsident, der König von Preußen, nahm den
Kaisertitel an, und der Norddeutsche Bund, nach dem Beitritt der süddeutschen Staaten kurzzeitig auch
„Deutscher Bund“ genannt, vergrößerte sich zum Deutschen Reich. Am 18. Januar 1871 ließ sich
Wilhelm I. auf Betreiben Bismarcks im Spiegelsaal des französischen Schlosses zu Versailles zum Kaiser
proklamieren. Die Proklamation Wilhelms zum Deutschen Kaiser, noch dazu an diesem Ort, wurde in
Frankreich als Demütigung empfunden. Sie war eine Machtdemonstration und somit eine nicht
unerhebliche politische Entscheidung, die die deutsch-französische Feindschaft anheizte. Am 10. Mai 1871
wurde im Frankfurter Hotel zum Schwan, nach langwierigen Verhandlungen in Brüssel und
Frankfurt, der Friede von Frankfurt geschlossen. Diesem vorausgegangen war der Vorfrieden von
Versailles, der am 26. Februar 1871 unterzeichnet wurde.
Der Tag der Schlacht bei Sedan wurde als Sedantag gefeiert. Bald wurde die Schlacht zum Symbol der
Überlegenheit über den Erbfeind hochstilisiert. Militärs und Zivilisten glaubten fest daran, diesen Sieg
jederzeit wiederholen zu können.
Der Aufstand der Pariser Kommune
Am 18. März 1871 versuchte der französische Premierminister Adolphe Thiers, die verteidigungsbereite
Nationalgarde von Paris entwaffnen zu lassen. Dies führte zu einem Aufstand. Am 26. März 1871 übernahm
in Paris eine Revolutionsregierung die Macht, die Commune de Paris. Die republikanische
Übergangsregierung wurde als abgesetzt erklärt. Es kam zu einem der blutigsten Bürgerkriege in der
neueren Geschichte. Erst im Mai 1871 gelang es den neu formierten bürgerlichen Regierungstruppen, die
bewaffneten Milizen der Aufständischen im Straßenkampf zu schlagen. In der Blutigen Woche vom 21. bis
28. Mai wurden ungefähr 25.000 Menschen getötet. Es folgten 38.000 Verhaftungen und 7500
Deportationen.
Kriegsfolgen
Frankreich verzichtete im Vorfrieden von Versailles auf größere, damals überwiegend deutsch- oder
zweisprachig geprägte Gebiete des Elsass und Lothringens. Diese gegen den Willen Bismarcks erfolgten
Abtretungen waren Forderungen des preußischen Militärs geschuldet, denen strategische Erwägungen zu
Grunde lagen. Bei der Grenzziehung spielten Sprachgrenzen daher keine Rolle, auch Gebiete mit
französischsprachiger Bevölkerung in Nordlothringen (mit Metz) wurden vom neuen Deutschen Reich
verlangt. Außerdem musste Frankreich eine Reparation in Höhe von fünf Milliarden Francs leisten. Dieser
Reichskriegsschatz wurde zu einem kleinen Teil (120 Mio.) im Juliusturm der Zitadelle Spandau
eingelagert. Dieser fiel nach Ende des Ersten Weltkrieges zurück an Frankreich.
Der größere Anteil der hohen Kriegsentschädigungen war einer der Auslöser des Booms der Gründerzeit.
Unter anderem wurden mit ihnen Infrastrukturmaßnahmen im ganzen Deutschen Reich finanziert
(Poststationen in Ostpreußen, Kirchen und Schulen in der Pfalz und im Elsass sind heute noch sichtbare
Zeichen). Im Gegenzug wurde die französische Wirtschaft durch die Aufbringung der
Kriegsentschädigungen in ihrer Entwicklung behindert. Das Deutsche Reich wurde in der Folge die größte
Binnenvolkswirtschaft der Welt. Die Wirtschaftskraft ermöglichte dem Reich die Finanzierung einer
hochmodernen und schlagkräftigen Hochseeflotte, die ebenso wie der Anspruch, neben Großbritannien und
Frankreich als weitere Großmacht akzeptiert zu werden, das Misstrauen der bis zu diesem Zeitpunkt
einzigen global agierenden Seemacht Großbritannien erregte.
Bismarck zementierte mit der von ihm betriebenen Kaiserproklamation die Teilung des ehemaligen
Territoriums des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation in ein kleindeutsches Deutsches Reich und
die – mittlerweile durch den Ausgleich von 1867 geschaffene – Doppelmonarchie Österreich-Ungarn,
die als Vielvölkerstaat unter der Herrschaft der Habsburger fortbestand. Die Reichsidee war
gleichwohl ideelle Grundlage des späteren Beistandspaktes zwischen dem Deutschen Reich und der
Österreichisch-Ungarischen Monarchie (gemeinsam mit Italien als Dreibund vertraglich sanktioniert);
dieser Beistandspakt war Teil der Bündnisverflechtungen, die 1914 den Ausbruch des Ersten Weltkrieges
mitverursachten.
Elsaß-Lothringens verstärkte den politischen Gegensatz (Deutsch-französische
Erbfeindschaft) zwischen Frankreich und dem neu gegründeten Deutschen Reich. Während Bismarck
Die Eingliederung
außenpolitisch das Ziel verfolgte, Frankreichs Augenmerk auf die Erweiterung des kolonialen
Überseebesitzes abzulenken, verstärkte Wilhelm II. bewusst den Gegensatz mit Frankreich, indem er das
Deutsche Reich beispielsweise in Marokko (Panthersprung nach Agadir) offen gegen dessen Ziele
positionierte. Innenpolitisch gelang es dem Deutschen Reich jedoch nicht, die abgetretenen Territorien als
gleichberechtigte Teile zu integrieren.
Zwar folgte auf den 1870/71er-Krieg eine der längsten Friedensphasen in Westeuropa, doch ein stabiler
politischer Ausgleich zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich wurde nicht erreicht. Der Kriegsbeginn
1914 emotionalisierte daher Deutsche und Franzosen gleichermaßen: die Deutschen wollten dem
„Erbfeind“ alle Ambitionen auf eine Ostexpansion dauerhaft austreiben, Frankreich motivierte das
revanchistische Ziel, die Deutschen weit hinter den Rhein zurückzudrängen und die „Schmach von
1870/71“ wettzumachen. Nach dem Sieg der Alliierten 1918 legte der dem französischen
Revanchebedürfnis entgegenkommende Versailler Vertrag die Grundlagen für die tiefgreifende
Staatskrise der jungen deutschen Republik und den Aufstieg des Nationalsozialismus.
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