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Skriptum zur
Ringvorlesung Krieg und Peripherie
SS 07
Erstellt aus den Mitschriften von 8 Vorlesungen
von Benedikt Gamillscheg
Wien, Juni 2007
Im Sinne eines allgemeinen Austauschs von
Mitschriften hier die Emailadresse, wo jede
und jeder bitte Tag und Nacht was hinschicken
kann... [email protected]
Krieg und Peripherie – Mitschrift 1. Woche
Was ist Krieg ?
Sozialwissenschaftliche Definition:
„1: Krieg ist ein gewaltsamer Massenkonflikt mit 2 oder mehr bewaffneten
Streitkräften, mindestens eine Seite ist regulär und gehört zur Regierung (Polizei,
Militär)
2: Beide Seiten operieren mit einem Mindestmaß an zentral gelenkter Organisation
der Kriegsführung und des Kampfes; auch wenn es nicht mehr als organisierte,
bewaffnete Verteidigung ist (oder planmäßige Überfälle umfasst; Guerillas,
Partisanen)
3: Bewaffnete Operationen mit gewisser Kontinuierlichkeit, nicht nur als gelegentliche
spontane Zusammenstöße. Beide Seiten operieren nach planmäßiger Strategie.
Egal ob Kämpfe auf einem – oder mehreren Gebieten von Gesellschaften stattfinden,
wie lange sie dauern.“
(sinngemäß und nicht wörtlich zitiert, Quelle: www.sozialwiss-unihamburg.de/publish/lpw/Akuf/Index )
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Krieg und Peripherie – Mitschrift 2. Woche
Briefe eines traurigen Soldaten – Familiengeschichte in persönlicher Sichtweise.
Allgemeine Schlussfolgerungen:
- Es werden Soldaten einzeln behandelt – und nicht nur große Systeme (wie in
Theorien)
- Entwicklung: Grundausbildung – wehren gegen Druck und Zwang – Einsicht dass
es nicht anders geht – Resignation – mit dem Leben abschließen; jeder Brief ist ein
neuer Abschied.
- Nach 1945 waren die Heimkehrer sehr verschlossen, es kann also auch eine
Aufarbeitung der eigenen Geschichte sein.
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VO Krieg und Peripherie Mitschrift 21.03.2007
Germanisierung – und Sowjetisierung Polens 1939 - 1941
Aufbau:
1: Germanisierung Polens
2: Sowjetisierung des polnischen Ostens
3: Der deutsche Einmarsch in Ostpolen – der NKWD als Helfer der deutschen Propaganda
4: Vergleichende – und unterscheidende Bemerkungen zu beiden Regimen
1: Die Germanisierung Polens
Arisch machen des deutschen Teils. Menschen, die nicht eingedeutscht werden können
werden weggebracht um Platz für deutsche Siedler zu machen. (Grundsätze dazu, schon
vor dem Krieg fix: die polnische Elite muss vernichtet werden, Polen sind eine unbrauchbare
Rasse und ein Sklavenvolk). Es wird eine brutale Umsetzung ohne gesetzlichen Rahmen
empfohlen.
Um den Rassismus gegen Polen zu verschärfen, werden Polen als
Untermenschen mit den Juden gleichgesetzt. Viele Juden lebten in Polen, wurden ins
Ausland vertrieben; erste Vernichtungsaktion schon beim Polenfeldzug. Juden sollen in den
Osten des deutschen Teils Polens getrieben werden und zu den Sowjets abgeschoben
werden.
Die Idee eines Judenreservats in Ostpolen (Generalgouvernement) wurde aufgegeben.
Weitere Idee (nicht realisiert): nachdem Frankreichfeldzug sollen alle Juden auf die
französische Kolonie Madagaskar
deportiert werden.
Ziel dann: Völkermord, mit
Aushungern und erschießen.
Ab Oktober 1939: Zwangsarbeit, ab November: Kennzeichnung der Juden durch den
Davidstern und Einzug ihres Vermögens. Große Deportationen zu den Sowjets, Juden
fliehen teilweise wieder zurück zu den Deutschen; werden entweder von Sowjets – oder
Deutschen erschossen.
Vertreibung
in Viehwaggons, schnell, viele erfrieren.
Zwischenlösungsidee: deportierte Juden sollen sich im Osten selbst ernähren.
Ab 1940: Ghettos statt Deportation (Ghettos lagen jedoch direkt an der Bahn – zum
besseren Weitertransport; kein Konzept). Durch das schlechte Leben in den Ghettos
sterben viele.
Erster Einsatz von Giftgas gegen Behinderte; Gewöhnung an den Massenmord. Polen ist
Experimentierfeld für Terror, Mord und Rassenpolitik. Westpolen = Agrarland für Deutsche,
Ostpolen = Abladeplatz für unerwünschte Menschen.
Ab 1941: Systematische Vernichtung (Vorboten: ab 39 Plünderungen, Bärte abschneiden
etc.), SS : Aufgabe der Liquidation der polnischen Elite.
2: Die Sowjetisierung des Ostens
Die Sowjetisierung mit stalinistischem Terror setzt 1940 ein. Davor herrschte Chaos und
Bürgerkrieg zwischen den Ethnien. Jeder gegen jeden: Nicht – Polen sind froh dass Polen
abgeschafft ist, Juden hoffen ohne Polen auf gleiche Rechte. Danach statt Chaos Sowjet –
Massenmorde. Ziel ist es die russische Bevölkerung Polens zu befreien und die Wirtschaft
in das sowjetische System einzugliedern.
Weißrussen und Ukrainer sind für die Sowjets, bis sie merken, dass ihre Erwartungen nicht
erfüllt werden, dann werden sie zu Gegnern. Juden sind froh dass keine Deutschen da sind.
Werden aber auch von den Sowjets verfolgt (Juden mit hoher Bildung arbeiten in der
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Sowjetbürokratie, dagegen sind die, die Unternehmer oder Kaufleute sind, wirtschaftlich
vernichtet).
Juden erleiden gleiche Repressalien wie alle anderen auch, es gibt keine antisemitischen
Ziele der Sowjets. Durch Enteignungen und die Einführung des Wirtschaftssystems der
Sowjets wird die Lage schlechter, die Arbeitslosigkeit steigt. Wanderbewegungen: Polen
und Juden fliehen zu den Sowjets im Osten, Ukrainer zu den Deutschen im Westen.
Jüdische Familien wollen sich nicht trennen und nehmen keine sowjetische
Staatsbürgerschaft an – müssen zu den Deutschen zurück fliehen.
Polnische Elite wird ausgeschaltet („Klassenfeinde“), es gibt viele politische Gefangene.
(Zeitweise waren 10% der Männer in den Gefängnissen - mit Sowjetstandards =
Überfüllung, Folter etc). Wegen Überfüllung müssen oft viele nach Sibirien zu Zwangsarbeit
deportiert werden. Wellen der Massendeportation: 1940: 1. Welle (Polen und Ukrainer), 2.
Welle (Familien dazu), 3. Welle (alle, die ein „Sicherheitsrisiko“ darstellen). 330 000 wurden
vom Geheimdienst verschleppt.
Drei Systematische Exekutionen (bis 1989 von den Sowjets bestritten). 1941, als die
Deutschen vorrücken, werden die Häftlinge im Gefängnis vom NKWD direkt erschossen.
Das waren Systemverbrechen des NKWD, mit immer gleichen Opfer – und Tätergruppen.
Das Ziel der Sowjets, die Ethnien in Polen zu versöhnen und alle gleich, zu Sowjets, zu
machen, ist gescheitert.
3: Der deutsche Einmarsch in Ostpolen – der NKWD als Helfer der deutschen
Propaganda
Deutsche greifen Russland an und treffen in Ostpolen die letzten Opfer der Sowjets
(Leichenberge in Gefängnissen). Das nutzt die deutsche Propaganda: Juden werden als
jüdischer Bolschewismus zu Kriegsgegnern und als Verursacher der NKWD – Massaker
verantwortlich gemacht. Die Ostarmee sieht die propagierte deutsche Rassenpolitik durch
die handgreiflichen „Beweise“ – die toten Opfer des NKWD – als bestätigt und wahr an.
Die Ukrainer wollen die Unabhängigkeit, auch das fördern die Deutschen. Ukrainer führen
für die Deutschen die „Selbstreinigung“ und Abrechnung mit den Sowjets / Juden durch. Als
die Deutschen ankommen, hatten bereits die Ukrainer oft die Macht übernommen und
begrüßten sie begeistert. Deutschland übernimmt erst die Macht, als die Ukrainer die
blutige Abrechnung mit Juden und Sowjets erledigt haben. Ausschreitungen und Exzesse in
dem Prozess werden von den Deutschen gefördert und nicht behindert. Zuerst werden
Juden und Bolschewisten erledigt, dann die polnische Elite, Intellektuelle.
Deutsche schauen bei Massakern zu, einzelne Beteiligungen. Der Wehrmacht soll für den
Russlandfeldzug gezeigt werden, dass der Krieg gegen den „jüdischen Bolschewismus“
keine Propaganda ist, sondern nötig. Soldaten sollen so durch das Ansehen der
Leichenberge des NKWD zu Vernichtern gemacht werden. Die Maßnahmen wirken Medien verbreiten Bilder aus Ostpolen überall, um damit die Propaganda zu füttern und den
Menschen zu zeigen, was die Bolschewisten anderen Menschen antun. Die Verbindung der
Juden mit dem Bolschewismus wird selbstverständlich. Ab 1940/41
beginnt die
Judenvernichtung auch im Osten Polens, systematisch ab 1941. Für die Bevölkerung sind
durch die Propagandamaßnahmen und die Instrumentalisierung der NKWD – Morde Juden
Kriegsgegner, deren Vernichtung kein Völkermord ist.
4: Vergleichende – und unterscheidende Bemerkungen zu beiden Regimen
Der Vergleich der beiden Systeme ist gut möglich; beide erheben Anspruch auf ein Gebiet
und zerstören dabei aber den Raum, den sie bräuchten um ihre Ziele zu erreichen. Die
Verbrechen auf beiden Seiten sind gleichwertig (gleiches Ziel der Liquidation der polnischen
Elite als Beispiel).
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Beide Systeme produzieren 100 000e Tote. Abweichung: Einsatz von Giftgas bei den
Deutschen.
Ziel der Deutschen: judenfreie Germanisierung, Land für landwirtschaftliche Produktion.
- Rassistischer Hintergrund: die Rasse entscheidet über Tod und Leben
Ziel der Sowjets: Kollektivierung der Wirtschaft, Vernichtung von Klassenfeinden und
politischen
Gegnern, Erweiterung des Herrschaftsgebietes. Ethnien spielen keine
Rolle,
Juden sind theoretisch Sowjetbürger mit allen Rechten und Pflichten.
NKWD – Morde der Sowjets führen bewusst verwertet zu einer Radikalisierung der
deutschen Seite, zu einer Initialzündung für die deutsche Bekämpfung des jüdischen
Bolschewismus.
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VO Krieg und Peripherie Mitschrift 28.03.2007
Historischer Abriss des Krieges (Hödl)
Aufbau:
1: Übersicht
2: In der Feudalgesellschaft (15/16 Jhdt.)
3: 17. und 18. Jahrhundert
4: 19. und 20. Jahrhundert
5: Trends seit 1945
1: Übersicht:
Es soll das Verhältnis vom Staat zum Krieg und ungekehrt betrachtet werden, ausgehend
von Europa. Zusammenfassung : 15/16. Jhdt. (feudal – Kavalerie – Ritterheer, feudale
Monarchie), 16 – 18. Jhdt. (Übergang von feudal – zu Kapital, Kanonen, Infanterie, Söldner,
staatliches Berufsheer, absolutistische Monarchie), 18 – 20. Jhdt (Kapitalistisches System,
totaler Krieg, Automatisierung, Wehrpflicht, Massenvernichtung)
1.1: Einleitung
Krieg ist der Vater aller Dinge (Heraklith, 6. Jhdt. Vor Christus). Krieg ist der Vater des
Staates, da Staaten auf Basis von Krieg und Gewalt entstanden bzw. Kriege praktizieren. Es
gibt 2 Konfliktachsen
im modernen Staatensystem: vertikal (Klassenkampf, Kampf
unterscheidbarer sozialer Gruppen, Bsp.: Kapital vs. Lohnabhängige) und horizontal
(zwischen Regionen, verschiedenen Arbeitergruppen, verschiedenen Kapitalgruppen).
Kriege sind teilweise zuordenbar (wenn sich ethnische Gruppen um Ressourcen schlagen,
dann ist das die horizontale Achse), teilweise nicht. (Bsp.: spanischer Bürgerkrieg, wo
sowohl soziale Schichten – als auch verschiedene Regionen und Gruppen gegeneinander
kämpfen).
2: In der Feudalgesellschaft (15/16. Jhdt.):
2.1: Art und Weise der Konflikte
Vertikale Konflikte: Bauern gegen Feudalherren (Bsp.: Bauernaufstände, Hussiten, Münzer
(D) – Geißmeier (Tirol) – als Bauernführer). Horizontale Konflikte: durch die kleinräumige,
regionale Herrschaftsstruktur mit vielen kleinen Adeligen und Papst und Kaiser die
übergeordnet agieren kracht es dauernd. Es gibt Konflikte zwischen Zentraler Macht und
kleinem Adel, zwischen kleinen Adeligen selber. Der Fürst ist der Herrscher und erobert sich
intern in seinem Bereich das Gewaltmonopol. Er bringt die kleinen Machtzentren unter seine
Kontrolle. Die kleinen Adeligen schließen sich ihm teilweise freiwillig an (bei
Bauernaufständen ist Hilfe von oben immer willkommen), oder werden von bezahlten
Söldnerheeren der Fürsten besiegt. Im 15. Jhdt. Gewinnen Fußsoldaten gegen Ritterheere
auf Pferden (Habsburger werden von Schweizer Bauern mit Armbrüsten aus der Schweiz
vertrieben. Der Ruf der Schweizer als Krieger ist sehr gut, sie werden oft als Söldner
angeworben. Die Schweizer Garde im Vatikan existiert seit damals.
2.2: Technologische Neuerung
Kanonen (schwere Artellerie ) machen Ritterburgen erstmals schneller besiegbar. Kanonen
verbreiten sich schnell bis nach Indien, zu den Osmanen und Mongolen. Kanonen stehen
aufgrund ihres hohen Wertes nur zentralen und reichen Gewalten zur Verfügung.
2.3: Staat und Privat – Rolle der Wirtschaft
Wirtschaftlicher Aufstieg der Städte: Fürsten kooperieren um Kredite für ihre Kriege zu
bekommen (vgl. Fugger), Städte erkaufen sich damit neue Rechte. Beziehung zwischen
Bürgern, die das Kapital haben und Fürsten die um ihre Macht auszuweiten Gläubiger
werden. Staat und privat ? Besonders auf den Meeren ist eine Beteiligung von „privaten
Unternehmern“ sehr wichtig. Piraten sind Staaten unterstellt, ihre Einnahmen sind die
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Kaperungen. Beispiel: spanische Armada vs. Britische Flotte: die Flotte der Briten besteht
zum Großteil aus privaten Handelsschiffen.
2.4: Krieg im Rest der Welt
Außerhalb Europas wird Krieg privat gemacht, im Auftrag der Staaten (Bsp.: Vereinigte
Ostindische Kompanie (Niederlande), East India Company (GB)). Viele koloniale
Eroberungen passieren im Auftrag der Staaten rein privat, auch die Verwaltung der
eroberten Gebiete wird von diesen „Firmen“ gemacht. Heute ist wieder eine Rückkehr zu
Söldnern, „Sicherheitsfirmen“ erkennbar.
3: 17. und 18. Jahrhundert:
Söldnerheere verschwinden langsam aufgrund der Problem, die sie machen. (sie sind für
den Fürsten teuer und plündern wenn sie nicht bezahlt werden nicht nur fremde Städte
sondern auch die des Auftraggebers um sich ihren Sold zu holen). Söldnerheere und deren
Führer
bekommen zuviel Macht und bedrohen die Fürsten (Bsp.: Wallenstein).
Verstaatlichung: Offiziere werden loyal besetzt, oft werden regionale Adelige (die im 15.
Jahrhundert noch Gegner waren) als Offiziere bezahlt; sie sind dem Fürsten untergeordnet.
Sie bleiben sehr lange in Führungspositionen der Armeen.
3.1: Technische Neuerungen und ökonomische Wirkung
Wirtschaft für Technik – Technik und Rüstung sind gut für weiteren Wirtschaftsaufschwung.
Auch heute noch ist Rüstung wichtig für die Wirtschaftspolitik und wirkt als Motor der
Wirtschaft („Rüstungskeynesianismus“, Reagan treibt damit die US – Wirtschaft nach oben;
Eurofighter – Gegengeschäfte). Vor allem Metallindustrie und Textilienproduktion werden
durch Rüstung gefördert. Rüstung bleibt lange staatlich, erst ab 1850 kommt privates
Kapital (Krupp). Rüstungsingineure sind weltweit begehrt.
3.2: 1618 – 48: 30 – jähriger Krieg
Er gilt als brutalst geführter Krieg, der in Europa zum ersten Mal ein Mächtegleichgewicht
herstellt. Ein sich nach außen hin behauptendes Staatensystem entsteht (davor war nur eine
Behauptung innerhalb eigener Grenzen angestrebt). Regeln für multilateralen Umgang
miteinander werden festgelegt, die Freiheit der Meere wird fixiert, Zivilisten sollen geschont
werden; Länder erkennen sich gegenseitig an. In den Kriegen zu dieser Zeit wir keine
Vernichtung des Gegners angestrebt, sondern es wird nur um kleine Ziele/ Gebiete
gekämpft. (Z.B. Krieg Preußen – Österreich um Schlesien). Das Gegenüber wird auch
manchmal geschont. In den Kolonialunternehmen gibt es die andere Sichtweise: hier geht
es um die klare Vernichtung und Beseitigung von vorhandenen Gesellschaften um die
eigene einzuführen (Bsp.: Spanier in Amerika). Keiner wird verschont, der erste Völkermord
im 20. Jahrhundert wird von den Deutschen in Afrika vollzogen (Herero – Aufstand, wo 2/3
des Volkes in der Wüste verdursten, in die sie hineingetrieben wurden.)
Es gibt keinerlei Regeln außerhalb Europas.
3.3: Napoleon
Mit der französischen Revolution ändert sich die Militärgeschichte. Die französische Armee
besteht aus wehrpflichtigen Staatsbürgern, die durch die aufkommende Idee des
Nationalismus motiviert sind, es handelt sich erstmals um eine Volksarmee. Offizier kann
jeder werden, nach den Fähigkeiten und nicht nur der Adel. Im Vergleich dazu sind die
anderen europäischen Heere von Adeligen geführt, und die Soldaten sind bezahlte,
gezwungene Angehörige der Unterschicht. Die Franzosen sind daher durch bessere
Motivation, ihre egalitäre Zusammensetzung – und auch die Masse – siegreich und
überlegen.
4: 19. und 20. Jahrhundert:
4.1: Vom Volksheer zum industrialisierten Krieg
Im 19. Jahrhundert wird ausgehend vom Erfolg der Franzosen das System des Volksheeres
als Prinzip von vielen übernommen (aufstrebender Nationalismus, Wehrpflicht).
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Technologischer Sprung:
Technik und Industrialisierung rufen militärischen Fortschritt
hervor – oder ist militärische Organisation Motor für Technik, Infrastruktur
und
Industrialisierung ?. Durch diese Industrialisierung des Krieges werden so viele Waffen wie
noch nie zuvor hergestellt und es passiert ein neuer Sprung in der Geschichte des Krieges.
(ermöglicht durch Industrie statt Handwerk, Eisenbahnen ermöglichen Mobilität der Truppen,
neue Formen der Kommunikation). Der erste industrialisierte Krieg ist der US – Bürgerkrieg
(wichtige Rolle der Eisenbahn beim Sieg der Nordstaaten, viele neue technologische
Sprünge . z.B.: Produktion von Konserven). Ab dem industrialisierten Krieg gewinnt der
ökonomisch stärkere und größere Staat und nicht der, der besser kämpft. Die Wirtschaft
bekommt so sehr hohe Bedeutung und wird oft auf den Krieg hin strukturiert (Bsp.: 1. WK :
Männer an die Front, Frauen in die Fabriken).
Dadurch werden wieder Kompartanten = Teilnehmer und Zivilisten vermischt. Auch das
Hinterland wird angegriffen, da es für die Front den wirtschaftlichen Motor darstellt. Das führt
auf den Weg zum totalen Krieg (Kennzeichen der Kriege des 20. Jahrhunderts). Ab dem 2.
Weltkrieg gilt die Logik, dass eine Zerstörung der Wirtschaft den Gegner zerstört. Dadurch
sterben viele Zivilisten. Literatur dazu: Karl Kraus, Die letzten Tage der Menschheit und
Remarque.
4.2: Krieg im Rest der Welt - 19/20. Jahrhundert
Große Eroberungen (Spanier in Amerika), danach kleine Eroberungen mit Aufbau von
Handelsstützpunkten. Ende des 19Jahrhunderts erfolgt die Aufteilung der Welt auf
europäische Staaten. Medizinischer Ansatz bis dahin: Afrika ist uninteressant, weil die
Europäer das Klima nicht vertragen und dort schnell sterben. Die britische Hegemonie bricht
zusammen, D und F treten gleichberechtigt mit GB auf und holen sich ihre Kuchenstücke.
Erleichterung durch weitere technische Entwicklung (Zuerst die Expansion und dann die
Technik – oder umgekehrt ? – von beiden Seiten her erklärbar).
Vorteile der Eroberer: Dampfschiffe statt Segelschiffen, Tropenmedizinische Versorgung
(Malaria ist nicht mehr tödlich), Telekommunikationsmittel. Dennoch gibt es nicht nur
europäische Dominanz, es werden auch Kolonialkriege verloren. (Bsp.: Italien gegen
Äthiopien, Äthiopien, von den Briten aufgerüstet, siegt.) Die Flotte Europas ist seit 1600
immer überlegen, am Land sind jedoch viele gleich stark ( – vgl. der Kanonen, die bald
nachdem es sie in Europa gab auch in Indien etc. waren –) und die Europäer durch lange
Transportwege manchmal im Nachteil. Indien wurde vor allem durch Bündnisse mit lokalen
Landherren besiegt und nicht nur durch militärische Überlegenheit.
4.3: Der Rest der Welt als Versuchslabor für neue Kriegstechnik ohne Hemmungen ?
Die Welt außerhalb Europas wurde und wird immer noch als Versuchslabor für neue
Waffentechnik verwendet. (1. Einsatz eines Kampfflugzeugs in Afrika) Generell war die
Luftwaffe für die Kolonialkriege sehr wichtig (Wirkung durch Abschreckung, Bombardierung).
1932 soll auf der Abrüstungskonferenz in Genf ein Verbot der Bombardierung von Städten
durchgesetzt werden - GB verhindert das, weil es Bombardements als letzte Mittel gegen
die Kolonien zur Verfügung haben will. Dum - Dum – Geschoße (abgeflachte Geschoße,
die sehr große Wunden verursachen): sollten bei der Haager Konferenz 1899 verboten
werden. Sie wurden für Kriege zwischen den Teilnehmern verboten, aber für den Einsatz in
Kolonien erlaubt. (GB will sie gegen die „Wilden“ nützen). Doppelstandards und die Rolle als
Versuchslabor gehen auch nach 1945 weiter: Agent Orange in Vietnam, Urangeschoße
1991 im Irak . Dieses Denken, dass man außerhalb Europas weniger/ keine Hemmungen hat
besteht traditionell seit dem 19. Jahrhundert.
5: Trends seit 1945:
5.1: Rückkehr der Söldnerheere
Seit dem Fall des Kommunismus sind viele arbeitslose Militärexperten billig kaufbar,
staatliche Armeen stehen sehr unter Kontrolle des Parlaments – Firmen und Söldner
weniger. Politischer Grund: Statistiken der Gefallenen – es werden (Bsp. Irak) nur die Toten
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der offiziellen Armee gezählt und veröffentlicht, nicht die Toten der Sicherheitsfirmen.
Aufgaben der Söldner: die Schmutzarbeit für die Armeen
erledigen, die Armeen
unterstützen (Irak); Ölfelder bewachen (offiziell) – Aufstände niederschlagen (inoffiziell) –
Bsp. Nigeria. Die Fremdenlegion als weltweit operierendes Beispiel einer Söldnertruppe gibt
es seit dem 19. Jahrhundert.
5.2: Truppen mobil halten
Truppen sollen innerhalb kürzester Zeit überall auf der Erde eingreifen können.
5.3: Neue Technik – der Weltraum
Nutzung des Weltraums für das Militär, automatisiertes Kriegsgeschehen (Es sterben die
eigenen Soldaten nicht mehr,
Beispiel: Drohnen zur Aufklärung im Irak, spätere
Verwendung dieser ferngesteuerten Geräte evtl. auch zur Bombardierung (?).
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VO Krieg und Peripherie Mitschrift 9.5.2007
Jugoslawien – Ethnofalle ? (Mappes - Niedeck)
Aufbau:
1: Einleitung
2: Möglichkeiten im Umgang mit Ethnien
3: Volksgruppenzugehörigkeit in Jugoslawien
4: Die Zeit nachdem Krieg
5: Der runde Tisch mit Schiedsrichter, das Prinzip der Parität unvereinbar mit demokratischen
Werten ?
6: Vergleich vom Vielvölkerstaat Jugoslawien mit der EU:
1: Einleitung:
Die Diskussion ob aus dem Jugoslawienkrieg zu lernen ist, wurde, da sie politisch ungelegen
kam, unterdrückt. Wenn diskutiert worden wäre, dass eine Multikulturelle Gesellschaft sich
so entwickelt, dass am Ende ein Krieg, vergleichbar dem Jugoslawienkrieg, herauskommt,
dann wäre das eine Bestärkung für Europas Nationalisten gewesen; Jugoslawien als
abschreckendes Beispiel von Multikultureller – Gesellschaft.
2: Möglichkeiten im Umgang mit Ethnien:
4 Stufen, in historischer Abfolge, ineinander übergehend.
2.1: 1. Stufe: Der Staat ist blind
Es sind alle gleich. Das geht aber nicht, da so eine Verschärfung herbeigeführt wird. Beispiel
dafür: der französische Staat. Eine diskriminierende Absicht ist sehr gut hinter dem
Gleichheitsprinzip versteckbar. (Beispiel: Wahlrecht in den US – Südstaaten: es darf wählen,
wer lesen kann (Absicht: Ausschluss der Schwarzen). Dann können auch Schwarze lesen,
Änderung: es darf nur mehr wählen, wessen Großvater lesen konnte; Sklaven konnten
offiziell nicht lesen, deswegen kann kein Schwarzer Großvater lesen und kein Schwarzer
wählen. Trotzdem sind alle vor dem Gesetz gleich.))
2.2: 2. Stufe: Affirmative action und Quotierung: Rechte werden nach Bedarf quotiert;
wenn dadurch jemand diskriminiert wird (Männer werden z.B. durch Frauenquoten
diskriminiert) kehrt die Diskussion zu Stufe 1 zurück- alle sollen doch gleich behandelt
werden.
2.3: 3. Stufe: Identität der Gruppen:
Gruppen bleiben – und werden so unterstützt, wie sie sind. In den USA wird z.B. die Identität
eingeschmolzen und eine neue Identität als Nation geboren. Dagegen ist Kanada
mosaikartig, wie ein Vielvölkerstaat. Franzosen sollen um ihre Identität zu wahren
französisch sprechen – Zwang der Franzosen auf französische Schulen zu gehen.
(Auftretender Konflikt von Wahlfreiheit und Identität)
2.4: 4. Stufe: Status der Anerkennung
Und Beteiligung am politischen Leben. Selbstverwaltung wird angestrebt, in verschiedenen
Teilen – das wurde 1990 in Jugoslawien erreicht. Die Frage ist ob Stufe 4 erstrebenswert ist
? Liberale sind dagegen, z.B. sollen Muslime nicht diskriminiert werden, sie sollen sich aber
trotz ihrer anderen Kultur z.B. in öffentliche Schulen einfügen.
3: Volksgruppenzugehörigkeit in Jugoslawien:
Jugoslawien ist ein Negativbeispiel für Stufe 4. Ursachenfrage zum Konflikt: War es
ursprünglicher Hass, kulturelle Differenz, soziales Gefälle, Außeneinfluss oder der
gemeinsame Staat ? Unterschiede führen zu Spannungen, wenn durch sie jemand
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benachteiligt wird. (In Bosnien passiert). Früher war der ethnische Konflikt gelöst – durch
Quotierung im Staat (Nach Volksgruppen). Kluj = der Schlüssel zur Aufteilung.
Gleichberechtigung löst Gegensätze nicht auf, sondern verstärkt die Konkurrenz, durch die
die Gegensätze bleiben. Vergleich mit 3 Bewerbern gleicher Qualifikation. Um in der
Quotierung bestehen zu können, muss man sich zu einer Gruppe bekennen. Jeder muss
den gleichen Zugang haben, keiner mehr – z.B. wenn er zu 2 Gruppen gehören würde.
Jeder kann sich deklarieren wie er will, die Identität (Volksgruppenzugehörigkeit) steht im
Pass wie die Augenfarbe – sie ist nicht sakral; erst nachdem Zerfall. Die Kinder wissen nicht,
was sie sind. Die Volksgruppe spielt im Alltag keine Rolle – außer bei Wohnungsvergaben
etc. Jugoslawen werden als weitere Volksgruppe gesehen, für die, die sich nicht explizit als
Bosnier, Serbe oder Kroate deklarieren. Es gibt keine Unterschiede in der Kultur, da keine
verschiedene Kultur nötig ist um die eigene Identität zu finden. Die Rechtfertigung der
Identitäten geschieht durch gegenseitige Konkurrenz. Volksgruppen agieren wie Parteien;
der Westen bringt Parteien heraus, Jugoslawien Volksgruppen; Volkszählungen haben
Wahlcharakter.
4: Die Zeit nachdem Krieg
Nachdem Krieg werden nur streng nationale Parteien gewählt, was soll eine gemeinsame
Regierung dann bereden ? Nationalitäten können nicht über sich diskutieren, deswegen
geht es nur um die Aufteilung der Macht. Die Unterschiede werden durch Mischehen und
westliche Kultur nivelliert. Doch die Zeit des Jugoslawismus ist zu kurz (vgl. GB, USA) um
eine Identität zu erreichen. Weitere Ansicht: Mischehen nivellieren nur oberflächlich, denn
vergleichend heiraten Frauen und Männer schon immer und haben immer noch große
Unterschiede zwischen sich. Demnach gibt es zwar Nivellierung und Assimilation – aber
dennoch Konkurrenz. Wenn etwas Neues eingeführt wird, wird wegen Benachteiligung
geklagt, Volkszählungen bergen immer noch Konfliktstoff. Es gibt Gefühle der Ausbeutung:
Slowenien mag den Kosovo nicht, weil sie reicher sind und viel Geld von ihnen in den
Kosovo fließt; der Kosovo mag Slowenien nicht, weil sie aus ihm heraus Gewinn machen.
Es wird keine Überlegenheit – sondern Parität angestrebt.
Vor allem im
Kriegsverbrechertribunal: wieso soll Kroatien ausliefern, wenn Serbien das nicht tut ? Das
Gleichgewicht war früher die ganze Politik. Ethisches Gleichgewicht zerstört den Staat, ist
mit Demokratie nicht vereinbar. In Jugoslawiens Kommunismus hat dieses eigene System
der Parität doch kurze Zeit funktioniert.
5: Der runde Tisch mit Schiedsrichter, das Prinzip der Parität unvereinbar mit demokratischen
Werten ?
Parität war überall vorhanden, wenn jemand wegen Nationalismus eingesperrt wurde, wurde
immer von jeder Volksgruppe jemand eingesperrt. Die Problematik ist vor allem in der
Bewältigung der Kriegsvergangenheit vorhanden. Das Tribunal in Den Haag kann sich der
Parität nicht entziehen. Es wird in den Ländern gezählt, wer angeklagt wird, wenn von einer
Volksgruppe mehr angeklagt sind, dann ist man benachteiligt. 70 % der Kriegsverbrechen
wurden von Serben verbrochen, 70 % der Angeklagten sind Serben. Ansicht, dass sie nur
angeklagt sind weil sie Serben sind und damit die Quote gedeckt ist. Es wird alles
gegeneinander aufgerechnet, wer seine Vergangenheit abrechnet hat im Vergleich zu den
anderen einen Minuspunkt in der Konkurrenz. Bewältigung ist nur möglich, wenn man unter
sich ist. Im Westen beziehen sich Parteien auf gemeinsame Fakten, im ethnischen
Gleichgewicht sind die Fakten egal, das Recht wird aus der Existenz – und Größe heraus
gesehen. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Bewältigung der Vergangenheit fallen dem
Gleichgewicht der Ethnien zum Opfer und sind damit nicht vereinbar. Eine Abstimmung 51
% zu 49 % ist nicht optimal, aber im Fall des Falles eine gute Lösung; in der Demokratie. In
Jugoslawien war der runde Tisch mit Schiedsrichter die Dauereinrichtung.
Er war eine Form des Vielvölkerstaates, wo alle gleich waren. Bei Einstimmigkeit war das
gut, bei keiner Übereinstimmung kommt der Schiedsrichter dazu und damit das Problem.
(Der Schiedsrichter gehört zu keiner Gruppe, kommt z.B. von der UNO (im
Jugoslawienkonflikt), Tito war früher ein Schiedsrichter für alle; nach seinem Tod gab es
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keinen mehr). Gerichte, die in der EU die Verfassungen schützen, achten, dass auch
Mehrheiten Grundsätze nicht sofort ändern können. Doch diese Grundsätze sind nur
Grundrechte von Menschen und
behandeln nicht das Gleichgewicht der
Bevölkerungsgruppen. Es wurde versucht den Zwang zum Konsens am runden Tisch auf
Grundlagen zu beschränken. Das war nicht möglich, die Struktur des Gleichgewichts reicht
bis ins kleinste Dorf. Das spielt auch im Krieg eine Rolle: eigene Menschen, die Gebiete am
runden Tisch erhandelt hatten, können nicht dazu gebracht werden, diese wieder zu
verlassen (wenn dies bei Friedensverhandlungen als Tausch nötig wäre). Die Gruppen lösen
sich im Gleichgewicht nicht auf, verschmelzen nicht – das führt zum Weg in den Krieg. Der
Krieg selbst bestand nicht aus großen Schlachten, sondern aus Granaten zwischen den
Hügeln, Vertreibungen und Massakern – ein Krieg hauptsächlich gegen die Zivilbevölkerung.
6:Vergleich vom Vielvölkerstaat Jugoslawien mit der EU:
In der EU sind auch Staaten als Parteien aktiv, im europäischen Rat werden Nationen
überstimmt. Das Problem ist, dass Nationen an sich nicht diskutierbar sind und so aktive
Politik zwischen Nationen eigentlich nur Aufteilung der Macht ist. Die EU milderte viele
europäische Konflikte, überdeckte vieles – deswegen gibt es ein gewisses Gewaltpotential
in Europa; Gefahr des Zerfalls der EU ?
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VO Krieg und Peripherie Mitschrift 16.5.2007
Palästina
(„Bobby“)
Aufbau:
6: Ab 1967:
5: Besonderheit Israels
4: 6 – Tage – Krieg 1967
3: Internationale Faktoren
2: Unterstrategien des Zionismus
1: Palästina – die Entstehung und Übersicht
1: Palästina – die Entstehung und Übersicht:
- Entstehung der Idee eines israelischen Staates, eines zionistischen Staates
- 1. Phase bis 1948 (Gründungsjahr)
- 2. Phase : 6 Tage – Krieg
- 3. Phase: ab 1967
Zu Beginn kommt die Idee aus Europa heraus, wo aufgrund der prekären Situation ein
zionistischer Staat angestrebt wird. Im 19. Jahrhundert leben viele Juden im Osten, vor allem
im zaristischen Russland. Sie haben dort eine eigene Sprache (jiddisch) und eine
abgegrenzte eigene Religion. Im Westen gibt es weniger Juden, sie sind assimiliert und
haben gleiche Rechte, müssen aber mit modernem Antisemitismus kämpfen. Es werden 4
Strategien zur Verbesserung entwickelt. Diese Strategien sind mit vielen anderen Strategien
von heute vergleichbar, auch mit Strategien von muslimischen Minderheiten.
1.1: Wirtschaftliche Strategie: Die Situation ist prekär, die Prognose lautet wirtschaftliche
Not. Daher von den 1880ern bis 1930ern: Massenauswanderungen aus Russland nach
Westeuropa, in die USA. Hier spielen wirtschaftliche – und nicht politische Gründe die
Hauptrolle.
1.2: Sozialistische Strategie: Vertreten vom jüdischen Arbeiterbund, es wird keine
Auswanderung angestrebt, dafür werden genaue Forderungen erhoben. Die jüdischen
Arbeiter spielen eine große Rolle
in den russischen Sozialdemokraten und der
Massenarbeiterbewegung in Polen.
1.3: Religiöse Strategie: Die jüdische Orthodoxie spielt hier eine große Rolle. Die Rabbis
treten gegen Zionismus und Sozialismus auf und vertreten die Ansicht, dass nur ein frommes
Leben alles verbessern kann.
1.4: Zionistische Strategie = Zionismus: Eine besondere Analyse der zerstreuten
jüdischen Minderheiten. Der Grund für die schlechte Lage ist der Mangel an eigenem
Territorium. Daher ist es nötig ein eigenes Territorium zu finden und zu besiedeln. Es ist Ziel
Mehrheit zu sein und Selbstbestimmung zu erreichen. Von Anfang an ist es nicht explizit
Palästina, einige Vertreter wollen jedes Land, das möglich ist. Ab Herzl steigt der Einfluss
der Vertreter aus dem Osten und 1890 fällt die Entscheidung auf Palästina. Dort wird eine
zionistische Besiedelung gewünscht. Das Problem ist, dass Palästina bereits bewohnt ist –
bis zum 1. Weltkrieg war es Teil des osmanischen Reiches.
2: Unterstrategien des Zionismus:
Herzl – Strategie: es wird versucht eine Großmacht mit Einfluss in der Region für sich zu
gewinnen. Das geht nur wenn Gegenleistungen erbracht werden. Diese Einstellung und
Berufung auf eine Großmacht ist bis heute in der Beziehung USA – Israel zu sehen.
Verhandlungen mit dem osmanischen Sultan werden geführt, als Gegenleistung wird
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angeboten mit jüdischem Geld die osmanischen Staatsfinanzen zu finanzieren.
Großbritannien soll mit der Gegenleistung einer durch den Zionismus aufgebauten
Zivilisation im nahen Osten gegen die Barbarei dort gewonnen werden. Der Zar in Russland
soll helfen, wenn dafür alle Juden aus Russland nach Palästina auswandern und er damit
keine Probleme mit Juden mehr in seinem Land hat. 1917 erzielt Herzl Erfolge: in der
Balfour – Erklärung unterstützt
Großbritannien
in Palästina die Errichtung eines
zionistischen Staates.
Praktische Strategie: es soll eine praktische Kolonisierung und Besiedelung Palästinas
geschehen. Schon davor gibt es Juden in Palästina, allerdings ohne politische Ziele und in
Frieden mit den Nachbarn lebend. Teilweise gibt es ökonomische Motive für die
Einwanderung.
2.1: Das Ziel des Zionismus ist es die arabische Gesellschaft auszugrenzen und durch die
zionistische Gesellschaft zu ersetzen. Da es kein Militär gibt geschieht dies nicht als
klassische Militäroffensive, sondern durch Kauf. Es wird Boden käuflich erworben, die
Wirtschaftlichkeit hier ist unwichtig, das politische Zeichen steht im Mittelpunkt: Boden ist die
Grundlage für eigenes Territorium. Wenn bei einem Kauf Verlust gemacht wird, dann wird
das durch die Zionisten ausgeglichen. Bei einem Kauf werden danach sofort die arabischen
Pächter entfernt. Die Politik des Aufkaufens ist bis 1948 nicht so massiv, nur 6 – 7 % des
Landes wurden aufgekauft.
3: Internationale Faktoren:
1933: Nazi – Deutschland führt zu einer Steigerung der jüdischen Einwanderung. Der
jüdische Anteil in Palästina an der Bevölkerung steigt auf 33 %.
Großbritannien: Durch Völkerbund bekommt das Balfour – Abkommen seinen Segen. Im
Balfour – Abkommen fixiert Großbritannien die Rechte der Nichtjuden in Palästina: sie sollen
nicht diskriminiert werden. Politischer Widerstand ist da, um seine Macht in Palästina zu
halten berücksichtigt man arabische Interessen. Außerdem befürchtet man, dass bei keiner
Berücksichtigung eine Verbündung Nazi – Deutschlands mit den Arabern geschehen könnte.
Holocaust: dadurch wird eine Verbindung zum Recht auf einen jüdischen Staat hergestellt.
Nach 1945: Großbritannien ist nicht fähig seine Kontrolle zu halten.
1947: Teilungsplan des Völkerbundes mit Widerstand der Araber: 50 % der Araber in
jüdischen Gebieten wollen nicht unterworfen sein.
1948: Bürgerkrieg mit ethnischen Säuberungen. Das Ziel ist es viel Land für die Juden zu
gewinnen, eine Rückkehr der jüdischen Flüchtlinge weltweit wird angestrebt. Die Zionisten
erzielen militärische Erfolge. Die Bevölkerung um das eroberte und gesäuberte Land zu
besiedeln soll einwandern. Problem: durch die Nazis wurde die Bevölkerung, die zur
Einwanderung vorgesehen war, getötet. Die Einwanderung muss so erweitert werden (KZ –
Überlebende, osteuropäische Juden, Juden aus arabischen jüdischen Gemeinden).
2 Veränderungen 1948:
Totale demografische Transformation Palästinas, es verschwinden 85 % der einheimischen
Araber, durch große Einwanderung entsteht eine neue Gesellschaft.
Bis 1967 ist der Konflikt dann zwischenstaatlich: Israel gegen Ägypten. Die Palästinenser
sind nicht im Blickfeld, aber dennoch oft ein Grund für arabische Länder ihre Konflikte mit
Israel zu rechtfertigen.
4: 6 – Tage – Krieg 1967:
Es geschieht eine qualitative Änderung, Arabien wird besiegt und Palästina bis zum Jordan
besetzt. Es gibt keine großen Vertreibungen wie 1948. Die Westbank, der Gazastreifen und
Ostjerusalem sind intakt. . Es gibt 1967 kein großes Einwanderungspotential, deswegen
auch kein großes Maß an demografischer Veränderung.
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Die Frage wie mit der großen arabischen Bevölkerung und eigenen Interessen umgegangen
wird ist bis heute ungelöst. Es gibt 2 Strömungen: „links“: jüdisch – demokratisch (die
jüdische Mehrheit ist wichtig und die Ausgrenzung der Araber wichtig.
„rechts“: derzeit schwächer (Die absolute Herrschaft über das biblische Gebiet muss
gehalten werden, sie ist religiös legitimiert.
5: Besonderheit Israels:
Es wird nicht nur als Staat mit seiner Bevölkerung gesehen, sondern als Staat des jüdischen
Volkes. Das ist in der ganzen Welt verstreut. Rückkehrgesetz daraus resultierend: jeder
Jude darf sofort nach Israel zurückkommen und wird sofort eingebürgert. Die 1948
vertriebenen Palästinenser haben kein Recht auf eine Rückkehr. Zeichen für den Anspruch
Israels auf die Herrschaft in Palästina. Die Anerkennung der Palästinenser ist schwer: bei
einer Anerkennung müsste Verantwortung für alle Vertreibungen von allen 1948
übernommen werden; deswegen gibt es keine Anerkennung und die Politik geht den Weg
des unmöglich machens einer Anerkennung.
6: Ab 1967:
1977: Krieg mit Ägypten (Ausgelöst durch den Saddat - Besuch 1977, wo Saddat für die
Palästinenser eintreten will)
1982: Feldzug 1982 im Libanon, mit Sharon als Träger der Operation, das Ziel ist die
Vertreibung der PLO aus dem Libanon. Im Zuge des Feldzugs wird von den Israelis Arafat
mit Hitler und Beirut mit Berlin verglichen – radikale Ansichten im Sinne einer fiktiven
Vergeltung für den Holocaust, die nicht real und überhaupt nicht sinnvoll sind.
1987: 1. Intifada, nicht von außen kommend.
1993: Abkommen von Oslo nach dem Golfkrieg. Angeblich unterstützt die PLO Saddam
Hussein, deswegen wird ihr die finanzielle Hilfe der Golfstaaten gestrichen. In Israel führt
Rabin eine Linksregierung. Durch den Fall der Sowjetunion wandern in 10 Jahren 1 Million
Juden von dort nach Israel ein und bekommen sofort das Wahlrecht. Sie brauchen Arbeit
und Wohnraum. Bush Senior will die Siedlungspolitik in besetzten Gebieten begrenzen. Er
gibt Israel nur Kredite, wenn dieses Geld nicht zum Siedlungsbau verwendet wird. Das wird
von Israel natürlich nicht eingehalten. Oslo ist mit vielen Hoffnungen verbunden (es wird
eine gegenseitige Anerkennung erwähnt, aber die Hoffnung wird nicht erfüllt; Palästina
glaubt, dass 22% des Landes wirklich rein palästinensisch wird.) Gegner von Oslo (Hamas)
sind relativ schwach. Durch Ablehnung von Oslo auch durch Israel (aufgrund religiöser
Gründe, 1995 wird zudem Rabin ermordet) werden die Chancen für Oslo noch geringer.
Phase ab 2000: Clinton macht in Camp Davis eine Konferenz, die scheitert, die 2. Intifada
mit den Al – Aksa Brigaden beginnt. Bush Junior will sich von Clinton unterscheiden und
sich möglichst wenig in den Nahostkonflikt einmischen. Afghanistan wird von den Israelis
ausgenützt: palästinensische Gegner werden mit Al Kaida gleichgesetzt, sie wollen
strategischer Partner der USA sein, Bin Laden wird mit Arafat verglichen, Al Kaida mit der
Hisbollah. Das Feindbild Islamismus wird im Westen bewusst propagiert um härter gegen
Palästinenser vorgehen zu können.
Es ist kompliziert wirkliche Gründe für Ursachen für den Konflikt zu diskutieren, das Feindbild
Islamismus ist einfacher zu verbreiten. Träger für die Verbreitung des Feindbilds sind die
protestantischen Fundamentalisten in den USA.
Der aktuelle Krieg im Irak ist erfolglos, deswegen lenkt Bush Junior davon ab und ist zum
Schein am Fortschritt in der Palästinenserfrage interessiert. Erzielt werden soll eine
gesamtarabische Friedensinitiative.
2006: Die Hamas gewinnt die Wahlen, Palästina ist derzeit eine interne Katastrophe und
Erschwernis für den Friedensprozess.
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VO Krieg und Peripherie Mitschrift 23.5.2007
Zukunftsperspektiven für Palästina ? (Raheb)
Aufbau:
1: Geschichte als Grundlage
2: Aktuelle Lage
3: Weitere Aspekte
1. Geschichte als Grundlage:
1947: Teilungsplan:
Zwischen Israel und Palästina, der nie real durchgeführt wurde.
1967: 6 – Tage – Krieg:
Die Westbank, der Golan, Ostjerusalem und Nordlibanon werden besetzt, die grüne Linie ist
die Teilungslinie nach 1967. Im Vergleich zum Teilungsplan 1947 ist das Gebiet der
Palästinenser viel kleiner und nicht mehr zusammenhängend, keine Verbindung des
palästinensischen Bereichs von Nord nach Süd ohne über israelisches Territorium fahren zu
müssen.
1987: 1. Intifada (= Abschütteln):
Die Generation von 1967 – 87 lebte immer unter israelischer Besatzung, für sie ist die
Besatzung die Realität, ihr Leben wird von der israelischen Armee kontrolliert, sie haben im
Ausland keine Staatsbürgerschaft, da es „Palästina“ offiziell nicht gibt. Im Zuge der Intifada
soll auch die alte Führung der Palästinenser abgeschüttelt werden (Arafat und seine Führung
arbeiten von Tunis aus). Es soll die Führung von Tunis nach Palästina gebracht werden, die
jungen wollen mitbestimmen.
1988: 15. November:
in Algerien ruft das Exilparlament der PLO unter Arafat den Staat Palästina aus, die PLO
erkennt die Uno – Resolution von 1948 an und damit ist der palästinensische Staat erstmals
anerkannt.
1990: 2. Golfkrieg:
Besatzung von Kuwait durch den Irak wird als illegal angesehen, es kommt die Frage auf,
dass die Besatzung Palästinas durch Israel genau dasselbe ist und damit auch nicht
akzeptabel ist.
1991: Madrider Friedensverhandlungen:
Multilateral mit allen betroffenen arabischen Staaten. Palästina darf nicht als eigene
Delegation dort sein, sondern versteckt in anderen Delegationen. Die Verhandlungsführung
für die Palästinenser wird von einer 40 – jährigen Frau übernommen, sie ist gebildet und
englischsprachig, das bedeutet im Vergleich zur Erscheinung Arafats davor ein komplett
neues Image für die Palästinenser (sie sind keine Barbaren mehr). In den Verhandlungen
wird aber nichts erreicht – Arafat geht bilaterale Wege.
1993: Oslo 1 – Abkommen:
„Declaration of Principles“, Begegnung von Arafat und Rabin, das bedeutet ein gutes Signal
und Euphorie. Bis 1993 war die Logik auf beiden Seiten ein Verleugnen des jeweils
anderen, das Problem sei der Andere gewesen, und eine Lösung würde schon von selbst
geschehen. Oslo 1 kann als psychologische Sitzung gesehen werden, wo man erstmals
miteinander redet. Allerdings werden von vornherein alle Endstatus – Fragen ausgeklammert
(Grenzen, Flüchtlinge, Jerusalem, Wasser (Grundwasser in der Westbank), Siedlungen).
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Die Welt sieht Oslo als Friedensabkommen, aber das ist falsch – es ist kein Abkommen
sondern nur eine Absicht mit ausgesparten wichtigsten Themen. Der Konflikt im Kern ist
ausgeklammert, daher ist es logisch, dass der Rest einstimmig beschlossen wird. Das Ziel
der Welt: dass beide miteinander reden – nicht eine sofortige Lösung.
1994: Gaza – Jericho – Abkommen:
Erste Autonomieverwaltung in Gaza und Jericho etabliert, die palästinensische Führung aus
Tunis kann zurückkommen; die Palestinian National Authority entsteht.
1995: Oslo 2 – Abkommen:
Die Autonomie soll auf die Westbank erweitert werden, das ist entscheidend für die heutige
Tragik. Die Westbank wird in 3 Zonen eingeteilt:
Zone A: Sowohl Sicherheits – als auch zivile Angelegenheiten werden von den Palästinern
verwaltet, 6,5 ( - siehe 1997) Städte umfassend (Hauptstädte der Westbank: Jericho,
Bethlehem etc.). Auf 2,3 % der Fläche der Westbank leben 60 % der Palästinenser der
Westbank.
Zone B: Dörfer um die Städte der Zone A: Sicherheitsfragen werden von den Israelis
kontrolliert, Ziviles von den Palästinensern. Beispiel: Palästina kontrolliert die Müllabfuhr,
Baugenehmigungen (da Besiedelung in Israel politisch zu sehen ist) werden von den Israelis
ausgestellt, 23 % der Fläche der Westbank.
Zone C: Das Jordantal, die fruchtbarste Zone in der Westbank. Rein israelisch verwaltet, 75
% der Fläche der Westbank. Es gibt Siedlungen und Umgehungsstraßen (das sind Straßen,
die durch palästinensische Gebiete durchgehen und israelische Siedlungen miteinander
verbinden. Sie dürfen nur von Israelis benützt werden.
Schlussfolgerung: die Westbank wurde nicht autonom, es wurden nur 2,3 % der Westbank
wirklich autonom. Es ist für Palästinenser unmöglich von Zone zu Zone B oder C zu gehen
ohne israelische Checkpoints passieren zu müssen.
1997: Hebron – Agreement:
Hebron ist schon in Oslo 2 dabei, vor der Übergabe von Hebron wechselt die israelische
Regierung und es wird neu verhandelt. Hebron ist eine palästinensische Stadt, die einzige
mit israelischen Siedlern, es leben 130 000 Palästinenser und 400 israelische Siedler dort.
Wegen dieser 400 Siedler wird Hebron in Hebron 1 und Hebron 2 geteilt, von der Fläche her
bekommen die Israelis 20 % der Fläche Hebrons. Nach 1997 entstehen viele neue
Dokumente mit ständiger Neuinterpretation.
2000: Letztes Jahr der Ära Clinton:
Er hätte gern den Friedensnobelpreis und will den Frieden in Israel erreichen. Es wird über
einen Endvertrag diskutiert. Sinnbild für die Situation: Arafat und Barak wollen beide höflich
sein und den anderen vor lassen, müssen aber damit sie wirklich ins Haus hineingehen
von Clinton gestupst werden. 4 von 5 früher ausgeklammerten Punkten werden gelöst, nur
die Flüchtlingsfrage nicht. Es gibt 6 Millionen palästinensische Flüchtlinge, die bei
Anerkennung ein Recht auf Rückkehr und Entschädigung laut UN – Resolution hätten.
Israel schlägt vor 150 000 Flüchtlingen die Rechte zurückzugeben, wenn der Rest (über 5
Mio. Flüchtlinge) seine Rechte abgibt. – dem kann Arafat nicht zustimmen, daher: Abbruch
der Verhandlungen. Barak kehrt nach Israel zurück und behauptet die Palästinenser würden
wegen des Abbruchs Krieg wollen und alle zurückkommen lassen wollen. Bei den
Neuwahlen hat er aber Pech: das Volk wählt für einen Krieg eher die Liquud als die
Arbeiterpartei; dadurch ist Barak abgewählt.
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2. Intifada:
Ausgelöst wegen eines Spaziergangs von Sharon auf heiligem arabischen Gebiet. Es
geschieht mehr Leid als davor, es heißt nicht mehr wie 1987 das man studiert und sich
bemüht um dann für Palästina da zu sein – sondern dass man für Palästina sterben soll,
aber „Palästina braucht seine Kinder lebend“. Die Landkarten in Israel sind nie länger fix,
ändern sich dauernd. Problemfall Mauerbau: Palästinensergebiete werden eingemauert,
Fertigstellung fast erreicht.
2. Aktuelle Lage:
- Nach 2000: radikale Verschlechterung
- Regierungswechsel in Israel
- Tod von Arafat (Symbolfigur ist nicht mehr da; Arafat war auch unter den Palästinensern
umstritten, aber als Symbolfigur haben ihn auch seine Gegner gewählt; es gibt keine neuen
Friedensverhandlungen)
- Weltbankbericht 2007: 52 % der Westbank sind für Palästinenser nicht zugänglich.
- In Bethlehem dürfen sich Palästinenser nur 2km weit bewegen bis ein Checkpoint sie
zurückschickt.
- 55% der Palästinenser leben unter der Armutsgrenze.
- die Infrastruktur ist zerstört.
- Wahlen 2006: die Hamas gewinnt, die Regierung ist in der Isolation, es gibt kein Geld mehr
und noch schlimmere Armut.
- 2007 versucht die Einheitsregierung die Isolation zu öffnen, generell ist die Lage
Aussichtslos.
Gründe:
- weil kein internationales politisches Interesse den Konflikt zu lösen da ist. (Besonders von
Seiten der USA)
- weil die israelische Regierung schwach und instabil ist.
- weil die palästinensische Politik verwirrt ist, die Hamas zu wählen bedeutete eine Strafe für
die Menschen.
Die Sicht für die nächsten 10 Jahre ist aussichtslos, es könnte sogar für Jahrzehnte weiter
schlimm bleiben. Das Leben mit dem Konflikt ist wie ein Seiltänzer, der die Hoffnung auf
eine Seite des Seils bringt, nur um dann wegen der Hoffnungslosigkeit dort wieder
zurückzugehen.
3. Weitere Aspekte:
3.1: Brüderstaaten:
Die arabischen Staaten sind im biblischen Sinne Brüder Palästinas, in der Bibel bringen sich
nämlich alle Brüder um.
Durch Einzelfriedensabkommen mit Israel wird die
Palästinenserfrage immer schwieriger.
3.2: Der palästinensische Präsident:
Machmut Abbas hat keine Macht, um sein Land zu bereisen muss er durch israelische
Checkpoints, und er darf auch nur auf bestimmten Straßen fahren – weil der Rest für Israelis
reserviert ist. Palästinenser mit österreichischer Staatsbürgerschaft dürfen nicht in Palästina
einreisen, Israel stempelt sie ab und verlangt Aufenthaltskarten. Wichtig ist nicht wie
Palästina in einer Endlösung heißt – sondern dass dort alle Menschen ihre Grundrechte
haben.
3.3: Waffenhandel:
Ist besonders störend, die USA haben auch 2006 im Libanonkrieg Israel beliefert.
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3.4: Wirtschaft:
Waren aus den israelischen Siedlungen dürfen wegen EU - Protesten gegen die
Palästinenserpolitik Israels nicht in die EU eingeführt werden. Israel tut das trotzdem, die
Waren sind einfach nicht gekennzeichnet – und keiner tut etwas dagegen.
3.5: Wasser:
Israel kontrolliert alle Wasservorräte, vor allem in der Westbank. Palästinenser bekommen
nur alle drei Tage Wasser in ihre Leitungen und müssen es in Tanks speichern, sie zahlen
für ihr Wasser das vierfache, das die Israelis zahlen.
3.6: Internationale Unterstützung:
Wird gebraucht. Grundfrage ist mit welchem Maß der Konflikt gemessen wird. Wann ist eine
Besatzung gerechtfertigt ?. Eine Sonderbehandlung der Palästinafrage ist kontraproduktiv,
man müsste global alle Konflikte laut internationalem Recht gleich behandeln, mit gleichem
Maß messen. Die Welt muss um die Lage zu verbessern in Palästina eingreifen – aber
anders als bisher.
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VO Krieg und Peripherie Mitschrift 30.5.2007
Mit oder gegen China ? – Japan und Südkorea und die Zukunft der regionalen
Sicherheit in Nordostasien (Frank / Manzenreiter)
Aufbau:
1: Theoretische Hintergründe und Einführung in die Fragestellung
2: Interessenslage Japans
3: Interessenslage Südkoreas
4: Synthese und Fazit
1: Theoretische Hintergründe und Einführung in die Fragestellung:
Die Nordkoreafrage ist ein zentrales Problem der Unsicherheit im Nordpazifik (2006:
Atombombentest), es stellt sich die Frage ob die Probleme mit Nordkorea als Land selbst
bestehen – oder ob das Ganze Schauplatz größerer Ereignisse ist. Japan stellt sich als
kleiner Inselstaat da, da seine Nachbarn Russland und China viel größer sind.
1.1: Ansichten des Liberalismus:
- das normative Ziel ist es Kriege zu verhindern.
- Welches politisches System ist dabei am Besten ?
- Demokratie verhindert Kriege besser als Autokratie, Freihandel besser als Autarkie.
Kollektive Sicherheit wird über ein Machtgleichgewicht garantiert.
- Laut Kant ist Frieden der Normalzustand wenn keine Regeln die Natürlichkeit stören;
Kriege sind unnatürlich und künstlich und daher verhinderbar.
- Man muss der Mehrheit die Macht geben um Krieg zu verhindern, da Krieg gegen das
Interesse der Mehrheit steht.
- Kommerz und Krieg sind nicht vereinbar, wer den Handel fördert, fördert auch den Frieden.
1.2: Ansichten des Realismus:
- der Realist ist ein Pessimist und Zyniker. Er sieht alles wie es ist und nicht wie es sein
sollte. – in internationalen Beziehungen steht der Nationalstaat im Mittelpunkt, der durch
seine Macht das Verhalten der anderen Nationalstaaten beeinflusst. Jeder hat seine eigenen
Interessen.
- Liberale Sicht: in internationaler Zusammenarbeit werden absolute Gewinne maximiert,
neorealistische Sicht: die Gewinne sind nur relativ.
- Harmonie der Interessen ist meistens das nationale Interesse eines mächtigen
Einzelstaates.
- Krieg wird in einer anarchistischen Welt ohne übergeordnete Instanz durch das
Gleichgewicht der Kräfte verhindert.
1.3: Asien – Zentrum oder Peripherie, Hintergründe aus der Vergangenheit:
- der vergessene kalte Krieg: in Europa ist die Ära des kalten Krieges nach dem Mauerfall,
Glasnost etc. beendet und ebenso die bipolare Weltordnung. In Asien jedoch besteht die
Teilung von Nord – und Südkorea, es gibt Territorialstreitigkeiten (Kurileninseln zwischen
Russland und Japan, koloniales Erbe von Japan), offene Friedensverträge, US – Präsenz,
die China Frage (ist Taiwan oder Rotchina das offizielle China ?), es existiert atomare
Aufrüstung – als Erbe des kalten Krieges ?. Außerdem gibt es Stellvertreterkriege (Vietnam)
und den Einfluss von Besatzungsmächten.
1.4: Destabilisierungsfaktoren in Ostasien:
Territorialkonflikte:
Inseln sind strategische Punkte, es geht nicht um die Insel selbst sondern um ihre Lage, mit
der man den Zugang zu Ressourcen steuern kann, Öl und Fischerei kontrollieren kann.
Durch diese Konflikte ist die multilaterale Zusammenarbeit sehr schwer.
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Japan vs. Russland: Kunashiri, Shikatun, Habenoi – Inseln
Japan vs. Korea: Takeshimo, Tokato – Inseln
Japan vs. China vs. Taiwan: Senkatu und Diaoyu – Inseln
Korea vs. China: Kando (Nordchina)
China vs. Vietnam: Paracel – Inseln
Brunei vs. China vs. Philipinen vs. Malaysia vs. Vietnam: Spratley – Inseln
Weitere Ereignisse:
- Japan als einziges Atombombenopfer der Welt hat schnell eine Opferrolle
- Japans Kolonialzeit und Kriegsschuld beinhaltet offene Fragen. (Im Gegensatz zu den
europäischen Kolonien lagen Japans Kolonien gleich in seiner Nachbarschaft, Japan
versuchte auch in den Kolonien Industrie aufzubauen und plünderte nicht nur aus)
- Revolution: Rotchina vs. Taiwan – wer repräsentiert China ?
- Stellvertreterkrieg: Teilung Koreas, seit 1990 Annäherungen
- Hegemonialansprüche: China vs. USA
China vs. USA: China strebt nach Amerikas Position:
- Independenzgrad: durch seine hohe Bevölkerung und riesige Wirtschaft ist China vom
Kooperationszwang befreit.
- Selbstbild: der Führungsanspruch ist Teil des nationalen Selbstbildnisses.
- Chinas militärische Macht steigt – China hat das zweithöchste Militärbudget der Welt.
- Ideologie: USA (Demokratie und Kapitalismus) gegen China (Kommunismus,
Planwirtschaft)
- Chinas Einfluss in der Welt: Allianzen mit ASEAN schränken die US – Bedeutung ein.
Offshore Balancing and Containment:
Ist eine Doppelstrategie für US – Interessen
- US – Schutzschild für Taiwan, Japan und Südkorea
- 85 000 US – Soldaten in Ostasien, davon 36 000 in Südkorea und 40 000 in Japan. Es
gibt viele US – Basen in Japan und Guam, dort geschieht Aufrüstung; Bsp.: das Ballistic
Missile Defense Theatre
- Strategie gegen Nordkorea, den chinesischen Hegemonialanspruch und Russland.
- China und Nordkorea setzen auf nukleare Abschreckung.
- Probleme von Japan und Südkorea:
bilaterale Verhältnissen zu übermächtigen
Kontrahenten so zu definieren, dass das nationale eigene Interesse gefördert oder nur
minimal geschädigt wird.
Problembereich des riesigen Ex – Kolonialreiches von Japan:
Viele sind immer noch gegen die Ansprüche Japans.
Streitkräfte – Potential:
Japan spielt eine defensive Rolle und die Streitkräfte bleiben gleich. Jietai = Armee =
Selbstverteidigungsstreitkräfte
China: immer mehr Budget für das Militär, offensive Rolle.
2: Interessenslage Japans:
2.1: Sicherheitspolitischer Kontext:
- Friedensverfassung: Artikel 9 widerruft das Recht auf militärische Gewalt.
- Streitkräfte sind Selbstverteidigungsstreitkräfte, 1950 von den USA als Polizeiersatztruppe
gegründet.
- Yoshida – Doktrin 1954: Handel und Wirtschaft sollen nationale Interessen durchsetzen.
- US – Schutzschirm: Japan zahlt für die US – Truppen, Okinawa trägt die Hauptlast,
defensive Sicht: Japan ist der Schild, die USA der Speer.
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- 3 nicht – nukleare Prinzipien: 1967 von Sato Erisako; Japan ist ein friedensliebendes
Land.
- Macht der Zivilgesellschaft: Aktionismus, Multilateralismus, Wirtschaft, Inderdependenzen.
- Keine Aufrüstung: nur 1 % vom BiP für den Verteidigungsbereich.
- 1980: Normal State: Forderung nach Normalisierung, gleich bedeutend mit einer
Ausdehnung des Handlungsrahmens durch wirtschaftliche Stärke.
- 1993: Änderungen: PKO – Gesetz erlaubt den Einsatz von Truppen im Ausland unter UN –
Mandat; eine neue Politik der kollektiven Selbstverteidigung.
- 2001: Allianz der Willigen: Schiffe im persischen Golf, 2003 bis 2006: Truppen im Südirak,
Ausdehnung des Einsatzrahmens japanischer Truppen in den Strategieplänen.
- 2007: erstmalige Errichtung eines Verteidigungsministeriums als Aufwertung der Behörde
für Verteidigungsangelegenheiten, die dem Amt des Premiers unterstellt war.
2.2: Wirtschaftlich – politischer Kontext:
- der wirtschaftliche Aufstieg Chinas in der Region geht gegen Japan, was auch die
kollektive Identität (Größe ist wirtschaftliche Stärke) untergräbt.
- Offizielle Rhetorik besagt dass die Verbindung zu China wichtig ist.
- Ab 1990 Zunahme der wirtschaftlichen Verflechtung von Japan und China
- China ist Japans wichtigste Importquelle.
- China ist der zweitwichtigste Absatzmarkt für Japan nach den USA.
- Sektorelle Ausprägung spiegelt volkswirtschaftliche Komplementarität wider; Entwicklung
derzeit birgt neues, zukünftiges Konfliktpotential.
- die Wachstumsdynamik ist ungebrochen, die gegenseitige Integration nimmt zu.
- EU und USA verlieren ihre Bedeutung als Import – und Exportländer (relativ aber seit 1990
unverändert), China legt im japanischen Import um 600 % zu, ist maßgeblich verantwortlich
für Japans Exportwachstum nach der Stagnation der 90er Jahre.
- Importierte Deflation: Importe senken das Preisniveau in Japan.
- Aushöhlung der Industrie durch Offshore – Produktion in China, die ausgeweitet wird.
- Chinas Bedeutung für Japans Direktinvestitionen steigt.
- Japan ist in China nach den USA der wichtigste Investor.
- auch KMU (Kleine – und Mittlere Unternehmen) verlegen die Produktion nach China.
- Soziale Probleme in Japan: Angst um die Sicherung der Renten, vor Arbeitslosigkeit
dadurch Sparsamkeit statt Konsumfreude, zudem steigen die Einkommensunterschiede.
2.3: Außenpolitischer Kontext:
- Bilaterale und multilaterale Beziehungen.
- Japan ist ein großer Kreditgeber und gibt China Entwicklungshilfe.
- Entwicklungshilfe ist eine Wiedergutmachung an China für die koloniale Vergangenheit.
- Wirtschaftsförderung für japanische Direktinvestoren
- Reduktion der Entwicklungshilfe seit den A – Bomben – Tests 1995; China sei schon weit
genug entwickelt, die Kritik lautet, dass man mit Entwicklungshilfegeld Chinas Aufrüstung
finanziert.
- Ungelöste Territorialkonflikte:
sind Dauerkonflikte. Es geht um Fischereirechte,
Meeresstrassen,
Ressourcenversorgung und
Erschließungsrechte von Rohstoffen.
Außerdem Protestaktionen von vielen Seiten.
- Die Vergangenheit schränkt Japans Einflussoptionen in China ein.
- Chinas Bedeutung steigt durch Freihandelszonen und Handelsabkommen.
- Japan schottet sich ab – „Festung Japan“
- ökologische Probleme: saurer Regen wird von China hergetrieben.
4: Synthese und Fazit:
- Japan nimmt China als Konkurrent und Gefahr wahr, da das Militärbudget in China immer
steigt; China nimmt im Verteidigungsweißbuch Japans den meisten Platz ein.
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- Statt Autonomie oder Neutralität sucht Japan mehr Zusammenarbeit mit den USA.
(Finanzen: 13 Mrd. $ für den 1. Irakkrieg aus Japan, technische Kooperation mit dem
Raketenabwehrsystem, Lockerung der Waffenexportverbote)
- Abkehr Japans vom Pazifismus: Diskussion um eine Verfassungsänderung, dennoch steigt
bis jetzt das Militärbudget nicht an. Gegen China setzt Japan derzeit auf vertrauensbildende
Maßnahmen.
- Südkorea kann anders interpretiert werden und setzt demnach statt auf Zusammenarbeit
mit den USA auf Integration und Partnerschaft mit China.
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