53. Ökologie der Biozönosen 48 im deutschen Buch

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53. Ökologie der Biozönosen 48 im deutschen Buch
Eine Ansammlung von Tieren und Pflanzen, die eng genug zusammenleben um
miteinander interagieren zu können, nennt man eine Lebensgemeinschaft oder
Biozönose.
Die interaktive und die individualistische Hypothese geben
unterschiedliche Erklärungen für die Struktur von
Lebensgemeinschaften
Warum finden sich einzelne Arten in bestimmten Kombinationen zu einer
Lebensgemeinschaft zusammen? Zwei Hypothesen:
- Die individualistische Hypothese (H. A. Gleason): Biozönosen sind zufällige
Ansammlungen von Arten, die lediglich deshalb denselben Lebensraum bewohnen,
weil sie ähnliche abiotische Bedürfnisse haben. -> Hier stehen einzelne Arten im
Mittelpunkt der Untersuchungen.
- Die interaktive Hypothese (F. E. Clements): Biozönosen sind ein enger Verbund
von Arten, die durch biotische Interaktionen zur Assoziation gezwungen werden. ->
Hier wird die Gesamtheit aller beteiligten Arten als Funktions- und
Untersuchungseinheit betrachtet.
Welche Hypothese zutrifft, kann anhand der Gradientenanalyse ermittelt werden.
Dabei werden in einem Graphen die Artenhäufigkeit gegen die abiotischen
Gradienten aufgetragen. (siehe 48.1 bzw. 53.1)
Damit kommt man zum Schluss, dass die räumliche Verteilung der Populationen einer
Lebensgemeinschaft zumindest teilweise sowohl von abiotischen Gradienten als auch
von zwischenartlichen Beziehungen bestimmt wird.
Interaktionen innerhalb von Lebensgemeinschaften können starke
Evolutivkräfte darstellen
Zwischenartliche Beziehungen fördern die Selektion von Anpassungsmechanismen.
Der Begriff Koevolution beschreibt sehr komplexe Wechselbeziehungen, die zu einer
reziproken, evolutionären Anpassung zwischen zwei Arten führen. Durch die
Veränderung einer Art wird ein Selektionsdruck auf eine andere ausgeübt, und diese
Gegenanpassung fördert wiederum die evolutionäre Abwandlung der ersten Art.
Wenn Koevolution vermutet wird, ist es oft schwierig Anpassung und
Gegenanpassung sicher zu erkennen. (siehe auch 48.3 bzw. 53.3)
Trotz dieser Schwierigkeit bei der Beurteilung von Ursache und Wirkung in der
Evolution komplexer ökologischer Beziehungen, sind sich die Biologen über eines
einig: Die Anpassung von Organismen an andere Arten ihrer Biozönose ist ein
grundlegendes Merkmal allen Lebens. Demnach führen Interaktionen im Rahmen der
ökologische Zeit oft zu Anpassungen im evolutionären Zeitraum.
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Interspezifische Wechselbeziehungen können sich positiv, negativ
oder neutral auf die Populationsdichte auswirken
Interspezifische Wechselbeziehungen treten zwischen unterschiedlichen Arten
innerhalb einer Lebensgemeinschaft auf. Diese Interaktionen können positie, negative
oder neutrale Effekte auf eine oder mehrere der beteiligten Populationen haben. Die
möglichen Beziehungen zwischen zwei beliebigen Arten einer Biozönose sind in
Tabelle 48.1 bzw. 53.2 zusammengefasst.
Prädation und Parasitismus sind (+-)-Interaktionen
Prädation
Prädation ist eine sehr leicht erkennbare (+-)-Interaktion, bei der ein Räuber seine
Beute frisst.
Meist sind die für den Beuteerwerb wichtigen räuberischen Strategien für uns leicht
erkennbar und vertraut. Die meisten Prädatoren haben scharfe Sinne und besitzen
Anpassungen wie Krallen, Zähne, Stacheln oder Gift, die beim Fangen und
überwältigen oder beim Kauen der Beute hilfreich sind. Räuber, die ihre Beute
erjagen, sind in der Regel schnell und beweglich, solche die im Hinterhalt lauern,
meist getarnt und ihrer Umgebung optisch angepasst.
Durch das wiederholte Zusammentreffen mit Räubern haben sich bei den
Beuteorganismen verschiedene Abwehr- und Schutzstrategien evolviert.
Pflanzliche Abwehr gegen Herbivore Obwohl Herbivoren, im Gegensatz zu
Prädatorn häufig nur Teile ihrer Futterpflanze fressen, beeinträchtigt der Verlust von
Gewebe die Fitness und Überlebensfähigkeit der Pflanzen. Sie haben darum eine
Reihe von Abwehrstrategien entwickelt. Häufig sind dies mechanische
Schutzvorrichtungen, wie Dornen oder mikroskopisch kleine Kristalle in ihren
Geweben oder Haken und Stacheln an den Blättern. So wird der Verzehr für grosse
Tiere wie für Insekten erschwert. Viele Pflanzen prouzieren chemische
Verbindungen, die unangenehm oder sogar schädlich für Herbivoren sind. Diese
Substanzen fallen als Nebenprodukte normaler Stoffwechselvorgänge an, zum
Beispiel der Glykolyse oder des Citatzyklus, und werden daher als
Sekundärmetabolite oder sekundäre Pflanzenstoffe bezeichnet.
Diese spezifischen pflanzlichen Abwehrmechanismen können zur Evolution von
Gegenanpassungen bei den Herbivoren führen. Die pflanzlichen Schutzmassnahmen
werden dadurch in den nachfolgenden Generationen wirkungslos. Es gibt Tiere, die
die pflanzlichen Sekundärstoffe absorbieren oder entgiften können. Einige können
sogar Pflanzengifte speichern und zur Abwehr ihrer eigenen Räuber einsetzen.
Eine Pflanze kann durch Abwehr- und Schutzvorkehrungen die Artenzahl ihrer
potentiellen Frassfeinde einschränken. Da Herbivore aber fressen müssen um sich zu
reproduzieren, ist bei ihnen der Selektionsdruck auf Mechanismen, diese
Pflanzenabwehr zu überwinden, sehr stark, so dass es wahrscheinlich keine Strategie
gibt, die einer Pflanze einen dauerhaften Schutz vermitteln kann.
Tierische Abwehr gegen Räuber Tiere können sich vor Erbeutung passiv schützen,
zum Beispiel durch Verstecken, oder aktiv, durch Flucht oder Verteidigung. Flucht ist
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eine sehr wirkungsvolle Reaktion auf einen Räuber, kann aber äusserst
ernergieaufwendig sein. Viele Tiere verstecken sich aus diesem Grund und müssen so
die Energiekosten für die Flucht nicht aufbringen. Aktive Selbstverteidigung ist
seltener (Bsp. Löwen). Weitere Schutzmassnahmen sind Ablenkung von einem
schwachen Tier auf potentielle Beuten mit besseren Fluchtchancen (Bsp. Vogeleltern)
oder Alarmsignale um die Artgenossen anzulocken und den Räuber gemeinsam zu
vertreiben.
Viele andere Schuzmassnahmen basieren auf farblichen Anpassungen, die im
Tierreich mehrmals unabhängig voneinander evolvierten. Die kryptische Färbung
(Gestaltauflösung durch eine Tarnfärbung) ist der Inbegriff der passiven
Verteidigung. Durch sie verschmilzt die Beute optisch mit dem Hintergrund. (siehe
auch 48.5 bzw. 53.5)
Auch die Form eines Tieres kann zur Tarnung beitragen. Diese Art der Tarnung wird
als Mimese bezeichnet.
Irreführende Farbmuster sind eine andere Art der optischen Tarnung. Vorgetäuschte
Augen oder falsche Köpfe können Prädatoren offensichtlich für einen Moment
verwirren und der Beute Zeit zur Flucht geben (Abb. 48.6 bzw. 53.6) oder sie veranlassen
den Räuber, auf nicht lebensnotwendige Körperstellen zu zielen.
Einige Tiere besitzen mechanische oder chemische Mechanismen zu Verteidigung
gegen potentielle Feinde. Die meisten Räuber werden durch die bekannten
Abwehrstrategien von Stachelschwein und Stinktier abgeschreckt. Einige Tiere,
darunter giftige Kröten und Frösche, synthetisieren Toxine, andere erwerben passiv
eine chemische Abwehr, indem sie Giftstoffe aus ihren Futterpflanzen akkumulieren.
Tiere mit chemischen Schutzmechanismen sind häufig auffällig gefärbt, vermutlich
um den Prädator zu warnen. Dieses Phänomen wird als Warnfärbung oder
aposematische Färbung bezeichnet. (Abb. 48.7 bzw. 53.7)
Mimikry Sowohl Räuber als auch Beutearten können sich durch Mimikry einen
signifikanten Vorteil verschaffen. Mimikry ist ein Phänomen, bei dem ein “Mime³
eine andere Spezies, das “Modell³ in Form, Farbe oder Verhalten imitiert. Zur
defensiven Mimikry eines Beuteorganismus gehört oft die Nachahmung einer
Warnfärbung. Häufig sind Mime und Modell taxonomisch miteinander verwandt.
Bei der Batesschen Mimikry ahmt eine essbare oder harmlose Art ein
ungeniessbares oder wehrhaftes Modell nach. (Abb.48.8 bzw.53.8)
Bei der Müllerschen Mimikry werden ähnliche Warntrachten von verschiedenen
ungeniessbaren Arten beutzt. Vermutlich hat jede Art dabei einen zusätzlichen
Vorteil, da Räuber umso schneller lernen, Beute mit einem bestimmten Aussehen zu
meiden, je grösser die Zahl so gefärbter Tiere ist.
Parasitismus
Raub und Parasitismus werden gemeinsam betrachtet, da beide (+-)-Beziehungen
darstellen. Beim Parasitismus bezieht der Parasit seine Nahrung von einem anderen
Organismus, seinem Wirt, der dadurch geschädigt, aber in der Regel nicht getötet
wird. Endoparasiten leben innerhalb des Wirtsgewebes (zum Beispiel Bandwürmer
und Malaria-Erreger). Ektoparasiten (wie Moskitos und Läuse) halten sich - oft nur
vorübergehend - an der Oberfläche eines Wirtsorganismus auf. Wie auch bei anderen
(+-)-Beziehungen fördert die natürliche Selektion solche Parasiten, die einen Wirt am
besten finden und ausbeuten können. Natürliche Selektion hat auch zur Evolution von
Abwehrmöglichkeiten bei den potentiellen Wirtsorganismen geführt. Einige der
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sekundären Pflanzenstoffe sind nicht nur für Herbivore giftig, sondern auch für
Parasiten wie Pilze und Bakterien. Manchmal kommt es zu Koevolutionen.
Es gibt auch Fälle in denen eine Lebewesen das Verhalten eines anderen ausnutzt
(nicht den Wirt als Nahrungsquelle). Beispiel dafür ist der Brutparasitismus. Eine
evolutionäre Anpassung die zum Teil auftritt, ist die Fähigkeit, fremde Eier im Nest
zu erkennen und sie hinauszuwerfen.
Interspezifische Konkurrenz ist eine (--)-Interaktion
Sind in einer Lebensgemeinschaft zwei oder mehrere Arten auf dieselben limitierten
Ressourcen angewiesen, kann sich interspezifische Konkurrenz entwickeln, die in
unterschiedlicher Weise ausgeprägt sein kann. Bei der Interferenzkonkurrenz treten
regelrechte Kämpfe um die Ressourcen auf, während bei der
Ausbeutungskonkurrenz lediglich die gleichen Ressourcen konsumiert oder genutzt
werden. Die dichteabhängige Wirkung der zwischenartlichen Konkurrenz ist
vergleichbar mit der in Kapitel 47 bzw. 52 besprochenen intraspezifischen
Konkurrenz, bei der bei zunehmender Dichte die limitierten Ressourcen für ein
Individuum immer knapper werden. Bei der interspezifischen Konkurrenz wird das
Wachstum einer Art nicht nur durch ihre eigene Abundanz, sondern auch durch die
einer konkurrierenden Spezies limitiert.
Das Konkurrenzausschluss-Prinzip
Das logistische Wachstumsmodell (siehe Kap. 47 bzw. 52) wurde so modifiziert, dass die
Effekte der interspezifischen Konkurenz berücksichtigt wurden. Danach können zwei
in ihren Lebenserfordernissen gleichen Arten räumlich nicht koexistieren.Eien Art
würde die Ressourcen besser nutzen können, sich effizienter fortpflanzen und damit
die Auslöschung der anderen Art verursachen. (siehe 48.9 bzw. 53.10)
Ökologische Nischen
Der Begriff ökologische Nische steht für die Nutzung aller biotischen und abiotischen
Ressourcen eines Lebensraums durch einen Organismus.
Die fundamentale Nische bezieht sich auf die Ressourcen, die eine Art theoretisch
unter optimalen Bedingungen nutzen könnte. Die Ressourcen, die eine Population
tatsächlich nutzt wird insgesamt als realisierte Nische bezeichnet.
Das Prinzip des Konkurrenzausschlusses kann damit neu definiert werden:
Koexistenz ist nur möglich, wenn sich die Nischen von zwei Arten in mindestens
einem Aspekt signifikant unterscheiden.
Hinweise auf Konkurenz in der Natur
Der Nachweis von Konkurrenz unter natürlichen Bedingungen ist schwierig. Falls sie
wirklich eine solch treibende Kraft darstellt, wie es das Konkurrezausschlussprinip
fordert, solte sie sehr selten sein. Denn es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie sich
Konkurenz auf Arten mit derselben ökologischen Nische auswirken kann: Entweder
wird der schwächere Konkurrent aussterben, oder eine Art wird sich so evolvieren,
dass sie ein anderes Ressourcenspektrum nutzen kann. Beide Möglichkeiten führen zu
konkurrenzfreien Situationen. Daher ist es schwer, die Existenz und Bedeutung einer
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Kraft (Konkurrenz) nachzuweisen, die nur sehr kurz wirksam ist.
Hinweise auf die Bedeutung von Konkurrenz geben die Ressourcenaufteilung oder
unterschiedliche Ressourcennutzung wie auch die Merkmalsverschiebung oder
Mekmalsdivergenz (siehe 48.11 bzw. 53.12) siehe auch Beispiel für experimentelle Hinwiese für
natürliche Konkurrenz (48.12 bzw. 53.13)
Karpose und Symbiose (Mutualismus) sind (+0)- beziehungsweise
(++)-Beziehungen
Bei der Karpose profitiert ein Partner aus der Beziehung, ohne den anderen
massgeblich zu beeinflussen. Bei der Symbiose ist die Beziehung für beide Partner
von Vorteil. (Im Amerikanischen ist Symbiose der Überbegriff des engen Zusammenlebens von
zwei Spezies. Symbiose im deutschen Sinn bedeutet dort Mutualismus)
Karpose (+0) “einseitiges Nutzniessertum³
Karpose ist nicht (? Bitte im engl. Buch noch kontrollieren) identisch mit Kommensalismus
(“Tischgenosse³). (siehe auch 48.13 bzw. 53.14)
Es gibt verschiedene Formen der Karpose:
- Symphorismus: Der ständige Aufenthalt auf der Oberfläche eines Organismus.
Allerdings können diese Gäste den Fortpflanzungserfolg ihrer Wirte beeinflussen,
indem sie zum Teil deren Beweglichkeit reduzieren und damit die Möglichkeit zur
Nahrungssuche oder Flucht einschränken.
- Phoresie: Aktive, vorübergehende Benutzung eines anderen Organismus für
Transportzwecke. (Bsp. Milben)
- Parökie: Nachbarschaftsverhältnis, das einem der Beteiligten Schutz oder Nahrung
bietet.
- Synökie: Wohnstätte eines anderen Organismus wird mitbenutzt (Bsp.
Ameisennester)
- Entökie: Aufenthalt einer Art in nach aussen offenen Körperhöhlen einer anderen
Art.
Symbiose (Mutualismus) (++)
Symbiontische Beziehungen basieren auf der evolutionären Anpassung beider
Partnerspezies, da Veränderungen in einer Art sehr wahrscheinlich die Überlebensund Fortpflanzungsmöglichkeiten der anderen beeinflussen. Beispiel: Celluloseabbau
durch Mikroorganismen im Darm von Termiten und Wiederkäuern.
Eine Reihe von Symbiosen haben sich möglicherweise aus Räuber-Beute- oder WirtParasit-Beziehungen entwickelt. (siehe auch 48.14 bzw. 53.15)
Die Struktur einer Lebensgemeinschaft wird durch die Aktivität und
Abundanz ihrer Mitglieder bestimmt
Nahrungsbeziehungen innerhalb von Lebensgemeinschaften
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Die Nahrungsbeziehungen oder trophischen Strukturen werden durch RäuberBeute-, Wirt-Parasit-, und Pflanze-Herbivor-Interaktionen bestimmt, aber auch
Nahrungskonkurrenz kann beteiligt sein. Trophische Strukturen lassen sich auf zwei
Arten untersuchen: Durch die Analyse von Nahrungsbeziehungen lassen sich Arten in
funktionelle Gruppen mit vergleichbarer trophischer Stellung einordnen. Die Analyse
von Nahrungsnetzen liefert Informationen auf Speziesebene und betont die
unzähligen Verbindungen zwischen den einzelnen Mitgliedern einer
Lebensgemeinschaft.
Artenreichtum, relative Abundanz und Diversität
Lebensgemeinschaften unterscheiden sich stark in ihrem Artenreichtum. Die
relative Abundanz einer Art hat einen entscheidenden Einfluss auf den
grundsätzlichen Charakter einer Lebensgemeinschaft. Der Begriff Artenvielfalt oder
Artendiversität berücksichtigt beide Komponenten, den Artenreichtum und die
relative Häufigkeit.
Durch den Einfluss des Menschen (Monokulturen) wird in der Regel die Diversität
von Biozönosen reduziert.
Störungen und die Stabilität von Lebensgemeinschaften
Störungen, sowohl natürlicher als auch anthropogener Art, kommen häufig in
ökologischen Gemeinschaften vor und können sich unterschiedlich auswirken.
Stabilität ist die Tendenz einer Lebensgemeinschaft, trotz auftretender Störungen ein
Gleichgewicht oder zumindest einen annähernd konstanten Zustand zu erreichen und
aufrecht zu erhalten.
Die Elastizität einer Lebensgemeinschaft ist ihre Fähigkeit, Störungen zu
überwinden. Sie hängt eng mit der Stabilität zusammen, bezieht sich aber nicht auf
einzelne Populationen, obwohl diese teilweise unterschiedlich auf Störungen
reagieren.
Die strukturbestimmenden Faktoren einer Biozönose sind
Konkurrenz, Raub und die Heterogenität der Umwelt
Der Einfluss der Konkurrenz
Obwohl die Ökologen noch zögern, Konkurrenz als wichtigen Faktor bei der
Strukturierung von Lebensgemeinschaften zu akzeptieren, ist sie doch mit hoher
Wahrscheinlichkeit ein sehr wichtiger Faktor, durch den die relative Artenabundanz
und vielleicht auch der Artenreichtum vieler Lebensgemeinschaften reguliert wird.
Konkurrenz kann aber erst dann bedeutsam werden, wenn sich die Populationsgrösse
ihrer Umweltkapazität nähert und die Ressourcen knapp werden.
Der Einfluss von Prädation
Eigentlich müssten Räuber immer die Artenvielfalt einer Gemeinschaft reduzieren.
Aber dem ist nicht immer so. Der wahrscheinlich wichtigste Effekt eines Räubers auf
die Struktur einer Lebensgemeinschaft ist die Reduktion der Konkurrenz innerhalb
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seiner Beutetiere. Eine starke Prädation kann die Dichte einer besonders
konkurrenzfähigen Beuteart vermindern und einem schwächeren Konkurrenten das
Überleben innerhalb der Gemeinschaft ermöglichen. Die sogenannten
Schlüsselräuber haben einen wichtigen regulierenden und stabilisiernden Effekt auf
die Gemeinschaft. Sie erhalten eine hohe biozönotische Artendiversität, indem sie die
Abundanz starker Konkurrenten so reduzieren, dass kein Konkurrenzausschluss
anderer Arten erfolgen kann.
Der Einfluss der Umweltheterogenität
Im Allgemeinen fördern heterogene Habitate die Vielfalt von Lebensgemeinschaften,
da sie mehr ökologische Nischen zur Verfügung stellen. Dieses Heterogenität kann
sowohl räumlich als auch zeitlich strukturiert sein. Ein wichtiger Aspekt der
räumlichen Heterogenität ist die Vegetation, die sehr unterschiedlich sein kann. Die
Pflanzenvielfalt bestimmt ihrerseits weitgehend die in der Lebensgemeinschaft
vorkommenden Tierarten. In der Regel stellt eine komplex strukturierte Vegetation
mannigfaltige Mikrohabitate zur Verfügung. Eine einfach strukturiete
Pflanzengesellschaft bietet dagegen nur wenige unterschiedliche Raumressourcen.
Ein weiterer wichtiger Faktor für räumliche Heterogenität ist die “Patchiness³, das
heisst die verschiedenen Bodenparameter (Feuchtigkeit, Mineralgehalt,...) variieren
lokal. Wenn verschiedene Arten an diese lokalen Unterschiede optimal angepasst
sind, erhöhen solche Mosaikstrukturen die Diversität einer Lebensgemeinschaft, da
sie die Ressourcenaufteilung unter potentiellen Konkurrenten erleichtert,
Auch die zeitliche Trennung der Habitatnutzung kann sich auf die Diversität einer
Lebensgemeinschaft auswirken. (Jahreszeit, Tageszeit)
Beurteilung der ursächlichen Faktoren
Sowohl interspezifische Beziehungen als auch abiotische Faktoren, die sich auf die
Heterogenität des Lebensraumes auswirken, bestimmen die Charakteristika
verschiedener Lebensgemeinschaften. Häufig beeinflussen sich die Faktoren
gegenseitig, so dass es schwierig ist, ein Prinzip zu definieren, welches die Struktur
und Diversität der Biozönosen bestimmt. Für jede Lebensgemeinschaft ist der
Einfluss der verschiedenen Umweltfaktoren anders.
Sukzession ist die Abfolge biozönotischer Veränderungen nach einer
Störung
Am offensichtlichsten werden Veränderungen in der Zusammensetzung und Struktur
von Lebensgemeinschaften nach einem Ereignis, das die vorhandene Vegetation
zerstört. Dies erfolgt zum Beispiel nach einer Überfllutung, einem Brand , wenn ein
Gletscher zurückweicht oder nach Überweidung. Der Verlust der Vegetation
verändert die Ressourcenverfügbarkeit und ermöglicht die Etablierung neuer Arten.
Verschiedene Organismen können das gestörte Gebiet neu besiedeln und werden nach
und nach durch andere ersetzt. Eine solche Verschiebung der Artenzusammensetzung
in einem ökologischen Zeitrahmen nennt man ökologische Sukzession. Nach der
traditionellen Hypothese durchläuft die Lebensgemeinschaft eine Abfolge
voraussagbarer Übergangsstadien und erreicht schliesslich einen relativ stabilen
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Endzustand, die Klimaxgesellschaft.
Beginnt dieser Prozess in einer unbelebten Region, in der sich noch kein Boden
gebildet hat, spricht man von einer primären Sukzession. Hier kennt man typische
Pionierarten, die den Boden für die nachfolgende Vegetation vorbereiten. Eine
sekundäre Sukzession erfolgt, wenn eine bestehende Gemeinschaft durch eine
Störung, die den Boden intakt lässt, eliminiert wurde. Häufig entwickelt sich dieses
Gebiet wieder in Richtung seines ursprünglichen Zustands zurück.
Die Ursachen der Sukzession
In den meisten Fällen wird der Sukzessionsverlauf von einer Reihe miteinander
wechselwirkender Faktoren bestimmt. Obwohl Sukzession häufig als eine
Aufeinanderfolge von Phasen unterschiedlicher Artenzusammensetzung dargestellt
wird, findet sie eigentlich auf der Ebene einzelner, miteinander konkurrierender Arten
statt. Mit dem Ressourcenangebot verändert sich im Laufe der Sukzession auch die
Konkurrenzfähigkeit einzelner Spezies. Charakteristisch für frühe Sukzessionsstadien
sind r-Strategen, die aufgrund ihrer hohen Fertilität und wegen ihrer exzellenten
Verbreitungsmechanismen gute Erstbesiedler darstellen. Viele von ihnen sind
sogenannte vorübergehende Arten. Sie können sich in etablierten
Lebensgemeinschaften nicht durchsetzen und bleiben nur dadurch erhalten, dass sie
gestörte Flächen sehr rasch besiedeln, bevor sich stärkere Konkurrenten dort
niederlassen.
Auch die Toleranzgrenzen der beteiligten Arten gegenüber abiotischen Faktoren wirkt
sich auf die Zusammensetzung früher Sukzessionsgemeinschaften aus. Viele Kselektionierte Arten können zwar ein gestörtes Gebiet besiedeln, aber sie werden nur
kümmerlich wachsen, wenn die Umweltbedingungen an den Grenzen ihrer
Toleranzfähigkeit liegen. Auch die Wachstumsraten der besiedelnden Arten und die
Dauer bis zur Geschlechtsreife sind von entscheidender Bedeutung.
Vielfach beeinflussen auch die Organismen selbst die im Verlauf der Sukzession
auftretenden Strukturveränderungen. Daran können direkte biotische
Wechselbeziehungen beteiligt sein, zum Beispiel die Unterdrückung einer Art durch
Ausbeutung- und/oder Interferenzkonkurrenz (Inhibierung). Durch ihre Anwesenheit
verändern Organismen aber auch lokale, abiotische Umweltparameter. Dies kann
dazu führen, dass die Arten eines Sukzessionsstadiums den Weg für nachfolgende
Organismengruppen ebnen (Förderung).
Sowohl Inhibierung, als auch Förderung können während des gesamten
Sukzessionsverlaufs wirksam sein.
Natürliche und anthropogene Störungen
Störungen können Lebensgemeinschaften auflösen, indem sie das Ressourcenangebot
verändern und Möglichkeiten für die Etablierung neuer Arten schaffen. Der Grad der
Beeinflussung wird durch Grösse, Häufigkeit und Ausmass des Ereignisses bestimmt.
Wichtige natürliche Ursachen sind Feuer, Trockenheit, Wind und fliessendes Wasser.
Auch viele Tiere stellen Störfaktoren der Wälder dar. Die anthropogene Störung von
Ökosystemen ist die Störung, für die der Mensch verantwortlich ist.
Wird eine Lebensgemeinschaft gestört und und anschliessend sich selbst überlassen,
können sich frühe Sukzessionsstadien, die häufig von Kräutern und Sträuchern
dominiert werden, über viele Jahre hinweg erhalten.
In vielen Fällen sind kleinräumige, natürliche Störungen, die zu einer mosaikartigen
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Verteilung unterschiedlicher Sukzessionsstadien führen, wichtig für die
Aufrechterhaltung der Artendiversität einer Lebensgemeinschaft.
Gleichgewicht, Störung und Artendiversität einer Lebensgemeinschaft
€ Monoklimax-Hypothese: Die Schlussgesellschaft der ökologischen Sukzession stellt
ein dynamisches Gleichgewicht dar. Interspezifische Interaktionen sind hier sehr
wichtig. Sie ermöglichen den Anstieg der Diversität.
€ Polyklimax-Hypothese, Ungleichgewichtshypothese: Lebensgemeinschaften sind
permanente Übergangsstadien. Art und Anzahl der Mitglieder verändern sich während
allen Sukzessionsstadien, sogar im sogenannten Klimaxzustand. Hier beeinflussen in
erster Linie Störungen die Zusammensetzung und Artendiversität eines Ökosystems.
€ intermediäre Störungshypothese: Die Artendiversität ist am grössten, wenn
Störungen eine mittlere Häufigkeit und Stärke aufweisen, da in diesem Fall
Organismen unterschiedlicher Sukzessionstadien vorkommen werden.
Die Biogeographie unterstützt die Biozönologie in der Analyse der
Artenverteilung
Biogeographie ist die Untersuchung der vergangenen und rezenten Verbreitung von
einzelnen Arten und ganzen Biozönosen.
Die Grenzen der Speziesareale (Arealsystemgrenzen)
Für die Begrenzung einer Art auf ein bestimmtes Areal lassen sich heute drei
grundsätzliche Erklärungen formulieren:
1. Die Art breitete sich niemals über ihre jetzigen Raumgrenzen hinaus aus.
2. Pioniere hatten die heutigen Grenzen überschritten, konnten aber nicht überleben.
3. Im Verlaufe der Evolution hat sich die Art aus einem vormals grösseren
Verbreitungsgebiet auf die heutigen Grenzen zurückgezogen.
Globale Gradienten der Artendiversität
Das Phänomen von Artendiversitätsgradienten, das heisst von graduellen
Veränderungen der Artenvielfalt in Abhängigkeit grossräumiger geographischer
Muster, wurde vielfach zu erklären versucht. Einige Hypothesen über die
Artenvielfalt in tropischen Wäldern:
- Tropische Ökosysteme sind sehr alt, kaum Störungen unterworfen und haben darum
eine grössere Diversität an Pflanzen hervorgebracht.
- Sie zeigen Störungen mittleren Ausmasses und haben eine grosse
Umweltheterogenität.
- Klima ist voraussehbar und die Organismen können sich auf einen engen
Ressourcenbereich konzentrieren -> reduzierte Konkurrenz
- Die stärkere Sonneneinstrahlung erhöht die pflanzliche Photosyntheseaktivität und
verbessert so das Ressourcenangebot für andere Organismen.
- Die strukturelle Komplexität erzeugt eine grosse Vielfalt an Mikrohabitaten, die
andere Pflanzen und Tiere besiedeln können.
- Diversität ist in gewisser Weise selbstfördernd, da so eine Dominanz einer Art
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verhindert wird.
Viele dieser Hypothesen treffen sicher auf die eine oder andere Organismengruppe zu,
aber wahrscheinlich wirken meistens mehrere Faktoren in komplexer Weise
zusammen. Welche Faktoren die beobachtbaren breitengradabhängigen
Artendiversitätsgradienten bestimmen ist aber zu komplex, um dies einfach zu
beantworten.
Inselbiographie
Wegen ihrer beschränkten Grösse und ihrer isolierten Lage bieten Inseln (Inseln im
Meer, sowie isolierte terrestrische Habitate) eine ausgezeichnete Gelegenheit, einige
der Faktoren zu untersuchen, die für die Artenvielfalt einer Lebensgemeinschaft
mitverantwortlich sind. Die Betrachtung von Inseln kann dazu beitragen,
Interaktionen in komplexeren Systemen zu verstehen. Die Artenvielfalt nimmt mit der
Inselgrösse zu und der Artenreichtum einer Insel nimmt mit zunehmender Entfernung
vom Festland ab. (Beispiel dazu siehe 48.21 bzw. 53.21 wie auch Text dazu.)
Erkenntnisse aus Biozönologie und Biogeographie können helfen,
Konzepte zur Erhaltung der Biodiversität zu entwickeln
Zusammenfassung, das Bedürfnis nach Umwelt- und Naturschutz, Experimente um
herauszufinden, welche minimale Grösse ein Regenwaldreservat haben muss, um
seinen ursprünglichen Artenreichtum zu erhalten, der optimale Naturschutz und
Naturschutzbiologie
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