XXX Krankenbericht Signalement Der Patient ist der ca. 8 Jahre alte Marshall-Beagle-Rüde „XXX“. Er hat die Farbe Tricolor, wiegt ca. 10kg. An der linken Halsseite ist er gechipt (Transponder Nr.: xyz). Anamnese Bei dem Marshall-Beagle-Rüde „XXX“ wurde im Rahmen einer Untersuchung, am 16.04.07, eine Zubildung am Hoden festgestellt. Der Hautierarzt hat „XXX“ zur weiteren Abklärung an die Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere mit tierärztlicher Ambulanz in Gießen überwiesen. Weitere Symptome lagen nicht vor. Impfungen: 25.11.06 SHPPi +LT Entwurmung: regelmäßig, letztmalig am 22.02.07 Grunderkrankungen sind vom Haustierarzt nicht diagnostiziert. Dauermedikation liegt nicht vor. Allgemeine klinische Untersuchung Zum Zeitpunkt der Untersuchung waren Haltung und Verhaltung des Patienten unauffällig. Haar, Haut und Unterhaut waren obB. Die Temperatur lag bei der allg. klinischen Untersuchung bei 38,2°C, die Pulsfrequenz lag bei 76/min, die Atmung bei 20/min. Bei der Lungen- und Herzauskultation konnten keine pathologischen Nebengeräusche festgestellt werden. Die Mundschleimhäute waren rosa, feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen. Die kapilläre Rückfüllzeit lag unter zwei Sekunden. Die Palpation der Lnn. mandibulares, Lnn. cervicales craniales, Lnn. retropharyngeales und Lnn. poplitei war unauffällig. Der Ernährungs- und Pflegezustand des Rüden zum Zeitpunkt der Untersuchung war gut. Spezielle andrologische Untersuchung Bei der Adspektion konnten keine sichtbaren Veränderungen festgestellt werden. Der linke Hoden war palpatorisch unauffällig (2 x 2,5 x 5 cm) und prall elastisch. Beide Hoden waren gegeneinander verschieblich und klar vom Skrotum differenzierbar. Bei der Palpation konnte am rechten Hoden eine Zubildung ertastet werden. Rechter Hoden (2,5 x 3,5 x 5,5 cm). Die Konsistenz des rechten Hodens war derb elastisch. Vermehrte Wärme oder andere Auffälligkeiten, im Bereich der Hoden lagen nicht vor. Während der Palpation der Hoden zeigte „XXX“ keine Schmerzäußerungen. Der Penis konnte problemlos vorgelagert werden. Im Bereich des Bulbus Glanis waren einige follikuläre Veränderungen, was aber für einen unkastrierten Hund diesen Alters nicht als pathologisch einzustufen ist. Penis und Präputium zeigten keine äußeren Auffälligkeiten. Durch die Ultraschalluntersuchung konnte eine im Durchmesser 1,2 cm große Zubildung am lateralen Rand des rechten Hodens festgestellt werden. Sowohl Rete testis als auch Nebenhodenschwanz waren klar differenzierbar und schienen weder von der Zubildung infiltriert noch sonst in irgendeiner Form verändert. Der Ultraschall des linken Hodens war obB. Die Prostata zeigte im Ultraschall eine leichte Inhomogenität sowie eine leichte Vergrößerung, zystische Veränderungen wurden nicht gefunden. Da „XXX“ keinerlei weitere klinische Symptome zeigte und die Besitzer die Kastration erst als letzte Möglichkeit in Betracht zogen, wurde zur weiteren Abklärung eine Hodenaspiration empfohlen. Die bei der Hodenaspiration gewonnenen Zellen wurden zytologisch untersucht, um die einzelnen Zellen zu differenzieren, somit konnte auf die Ursache geschlossen werden. Die zytologische Untersuchung zeigte, dass es sich bei „XXX“ Zubildung um einen Sertoli-ZellTumor handelt. Differential Diagnose Seminome, Leydig-Zell-Tumor, Leiomyome, Chondrome,Fibrome, Abszess, Granulom, Infektionen Therapie Kastration Des Weiteren wurden Röntgenbilder von Thorax und Abdomen angefertigt um eventuelle Metastasen auszuschließen. Die Untersuchung der regionalen Lymphknoten mittels Feinnadelbiopsie war ebenfalls obB Prognose Die Prognose für „XXX“ ist günstig, da der Sertoli-Zell-Tumor in einem frühen Stadium diagnostiziert und entfernt wurde. Eine radiologische Untersuchung des Thorax erbrachte auch keinerlei Hinweis auf Metastasierung. Das vor der OP angefertigte Blutbild zeigte keine Auffälligkeiten, somit kann davon ausgegangen werden, dass das Knochenmark noch nicht involviert war. Die histopathologische Untersuchung des entnommenen, entarteten Hodens bestätigte die komplette Entfernung des Sertoli-Zell-Tumors. Für „XXX“ war die Kastration das Mittel der Wahl und er bedarf keinerlei Folgetherapie. Grundsätzlich empfehlen sich, vor allem bei älteren Tieren, in regelmäßigem Abstand Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen. Wie sich bei „XXX“ zeigte kann die frühzeitige Diagnose einer Erkrankung, essentiell für Therapie und Heilung sein. Epikrise Hodentumore Die meist gutartigen Neoplasien der Hoden stellen neben den Hauttumoren die häufigste Tumorart des älteren Rüden dar. Ca 5% aller Rüden erkranken in ihrem Leben an einem Hodentumor. Meist sind Hunde im Alter von ca. 10 Jahren betroffen. Boxer, Deutsche Schäferhunde, Toy- und Zwergpudel scheinen vermehrt betroffen zu sein. Ein weiterer pädispositionierender Faktor stellt der Kryptochismus dar, der die Wahrscheinlichkeit an einem Hodentumor zu erkranken um den Faktor 14 erhöht. Der physiologische Hodenabstieg, Descensus testis, in der Regel bis zum 10 Tag p.p. wobei es rassespezifische Unterschiede gibt, abgeschlossen. Sind beide Hoden mit 8 Wochen noch nicht in den Hodensack abgestiegen spricht man vom Krankheitsbild des Kryptochismus. Er kann sowohl einen Hoden aber auch beide betreffen. Bei fehlen eines Hodens kann es sich auch um Monorchismus handeln. Der Monorchismus stellt eine sehr seltene Form der Fehlentwicklung dar, bei dem es sich um eine angeborene Abwesenheit eines Hodens handelt. Eine genetische Prädisposition für Kryptochismus muss angenommen werden, da die Erkrankung vermehrt bei bestimmten Rassen und Familien diagnostiziert wurde. Von einer Prädisposition für Kryptochismus muss bei Toy- und Miniaturpudeln, Yorkshire Terrier, Chihuahua, Boxer, Pomeraner, Miniaturschnauzer, Pekinese, Malteser Shetland Hütehund und Cairn Terrier ausgegangen werden. Momentan wird diskutiert, dass es sich um einen autosomal rezessiver Vererbungsmodus handelt bei dem sowohl männliche als auch weibliche Tiere Träger des Defekts sind. Allerdings kommt es nur bei Homozygotie zur phänotypischen Merkmalsausprägung des Kryptochismus. Grundsätzlich sollten Kryptochiden aus der Zucht ausgeschlossen werden. Bei dem nicht abgestiegenen Hoden kommt es in der Regel nicht zur Spermatogenese. Grund hierfür ist, die für die Spermatogenese zu hohe Temperatur im Abdomen. Leydig-Zell-Tumore, Seminome und Sertoli-Zell-Tumore sind die am häufigsten diagnostizierten Tumoren. Grundsätzlich können aber alle am Hoden befindliche Zellen entarten. Fibrome, Leiomyome, Chondrome sind beschrieben, aber eher selten. Auch sogenannte Mischtumore mit Beteilung verschiedener Zellarten, meist Sertoli-Zellen und Keimepithelzellen. Die Diagnose Hodentumor wird meist nur zufällig getroffen. Hodentumore können zwischen wenigen mm im Durchmesser bis zu 10 cm groß werden. Je nach Tumorart und Entwicklungszustand des Tumors können aber auch klinische Symptome der Diagnosefindung behilflich sein. So muss auch die endokrinologische Aktivität der verschiedenen Tumorarten berücksichtigt werden. Sertoli-Zell-Tumoren sind zu 25-50 % endokrinologisch aktiv. Seminome zu weniger als 5% und Leydig-Zell-Tumore meist inaktiv. Die Sertoli-Zell-Tumore liegen meist im rechten Hoden. Es handelt sich um langsam wachsende Tumore von fester Konsistenz. Sertoli-Zell-Tumore neigen zur Malignität. Vorwiegend metastasieren Sertoli-Zell-Tumore in regionale Lymphknoten. Beim Sertoli-Zell-Tumor kann es zu einer Hyperöstrogenproduktion kommen, welche ein paraneoplastisches Syndrom zur Folge haben kann. Symptome des paraneoplastischen Syndroms sind: symmetrische Alopezie, vermehrte Pigmentierung in Flanken und Perinealbereich, Feminisierungssyndrom, Knochenmarkssuppression, verminderte Spermatogenese, verminderte Libido und Hodenatrophie des nichtbetroffenen Hodens aufgrund des negativen Feedbacks der Östrogene auf das Hypothalamus-Hypophysen-Systems. Für das Feminisierungssyndrom sind typische Symptome die Gynäkomastie (Vergrößerung von Milchdrüsen und Zitzen), schlaffes ödematisiertes Präputium, metaplastische Verhornung der Prostata, Attraktivität für andere Rüden. In seltenen Fällen kann es zu perianalenen Adenomen kommen Eine weitere Folge kann eine östrogeninduzierte Knochenmarkshypoplasie darstellen. Im Blutbild durch eine nicht regenerative Anämie, Thrombozytopenie und Granulozytopenie darstellbar. Seminome sind im Allgemeinen gutartig, doch können sie gelegentlich metastasieren. Seminome können bis zu einer Größe heranwachsen die sie im Bereich des Skrotums bzw. Inguinalbereichs sichtbar machen. Seminome nehmen ihren Ausgang am Keimepithel. Sie können in Lymph- und Blutgefäße einwachsen. Seminome können ähnliche Symptome aufweisen wie Sertoli-ZellTumore was auf ihre hormonelle Aktivität zurück zuführen ist. Teils kommt es bei Seminomen auch zur Beteiligung von Sertoli-Zellen. Leydig-Zell-Tumore nehmen ihren Ausgang von den zwischen den Tubuli seminiferi liegenden Leydigschen Zwischenzellen. Ihre Größe kann zwischen einigen mm bis zu 4 cm im Durchmesser betragen. Häufig sind sie klein und somit nicht als Umfangsvermehrung palpabel. Die größtenteils benignen, meist hormonal inaktiven Tumore können selten auch Testosteron produzieren. Kommt es zu einer hormonellen Aktivität kann es in der Folge zu Prostatafunktionsstörrungen und perianalen Adenomen kommen. Grundsätzlich ist bei allen Arten von Hodentumoren therapeutisch die Kastration das Mittel der Wahl. Hunde bei denen die Fertilität erhalten bleiben soll besteht die Möglichkeit, nur den betroffenen Hoden zu entfernen, jedoch ist hierzu nicht zu raten, da die Spermaqualität auch nach Entfernung des entarteten Hodens nicht immer als Ideal zu bezeichnen ist. Sollte im Vorfeld keine Hodenaspiration durchgeführt worden sein, empfiehlt sich die histopathologische Untersuchung des entarteten Hodens. Die weiterführende Therapie sollte immer auf die entsprechende Tumorart abgestimmt sein. So ist beim Sertoli-Zell-Tumor darauf zu achten in welchem Stadium sich der Tumor befindet. Sollte es schon zu einer östrogeninduzierte Knochenmarkshypoplasie gekommen sein ist die Prognose vorsichtig bis schlecht. Es empfiehlt sich eine unterstützende Therapie. In Fällen bei denen die Patienten unter einer Anämie oder einer Thrombozytopenie leiden ist zur Bluttransfusion zu raten, bei Granulozytopenie zu einer Antibiotikagabe um Sekundärinfektionen vorzubeugen.