1 1. Arbeitspapier: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft Nach der

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1. Arbeitspapier: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft
Nach der Rechtsprechung handelt es sich um eine formlos begründete Lebensgemeinschaft zwischen Mann und
Frau, die auf unbestimmte Dauer angelegt ist. Sie ist durch eine innere Bindung der Partner zueinander
gekennzeichnet, was dazu führt, dass die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft füreinander
einstehen. Sie lässt neben sich keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zu 1.
1. Welches Recht ist auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft anzuwenden?
a) Keine analoge Anwendung der Regelungen des Familienrechts
Gedacht werden könnte daran, auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft die Regelungen des Familienrechts
analog anzuwenden. Da jedoch der Gesetz- und Verfassungsgeber (vgl. Art. 6 GG) nur die Ehe besonders
schützt, scheidet die Möglichkeit aus, das Familienrecht auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft analog
anzuwenden. Insbesondere ist § 1362 BGB, nach dem für Eheleute vermutet wird, dass eine im Besitz eines
Ehegatten oder beider Ehegatten befindliche bewegliche Sache im Rahmen einer Zwangsvollstreckung dem
schuldenden Ehegatten gehört, nicht analog auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft anwendbar. Es fehlt es
an einer planwidrigen Regelungslücke. Vielmehr hat der Gesetzgeber ganz bewusst auf die Ausdehnung der
Anwendbarkeit des § 1362 BGB verzichtet 2. Durch das Eingehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
ändert sich also weder der Personenstand noch der Güterstand. Es werden durch die Aufnahme einer
nichtehelichen Lebensgemeinschaft keine wechselseitigen Unterhaltsansprüche begründet.
Fall nach BGH NJW 2007, 992: Die F-GmbH hat zwei titulierte Forderungen gegen Michael. Wegen dieser
Forderungen pfändete sie am 11. 4. 2003 einen Pkw der Marke Audi. Zu diesem Zeitpunkt lebte Michael mit
der Klara nichtehelich zusammen. Die F-GmbH und Klara streiten darüber, ob Klara oder der Michael
Eigentümer des Fahrzeugs ist. Am 26. 6. 2003 heirateten die Klara und der Michael . Die Klara hat geltend
gemacht, sie sei Alleineigentümerin des Fahrzeugs, und hat beantragt, die Zwangsvollstreckung für unzulässig
zu erklären. Die F-GmbH. ist dem mit der Behauptung entgegengetreten, der Pkw gehöre allein dem Michael.
Das LG hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Bekl. ist ohne Erfolg geblieben. Die Revision der Bekl.
wurde zurückgewiesen.
Begründung
[5] I. Das BerGer. meint, die Eigentumsvermutung des § 1362 I 1 BGB sei auf die Partner einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft nicht entsprechend anzuwenden. Deshalb sei nach § 1006 I 1 BGB zu vermuten, dass die
(heutigen) Eheleute Miteigentümer des Pkw seien. Der F-GmbH sei es nicht gelungen, diese Vermutung zu
widerlegen.
[6] II. Diese Begründung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Drittwiderspruchsklage ist begründet, weil der
Klara an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung, dem Audi, ein die Veräußerung hinderndes Recht zusteht
(§ 771 I ZPO).
[8] a) Das Miteigentum an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist ein solches Recht (RGZ 144, 236
[241]; BGH, NJW 1993, 335 = WM 1993, 902 [905]; Musielak/Lackmann, ZPO, 5. Aufl. § 771 Rdnr. 15;
Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 771 Rdnr. 19; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 771 Rdnr. 14 Stichwort
Eigentum). Hierzu hat das BerGer. festgestellt, dass der Michael und die Klara an dem im September 2002
erworbenen Fahrzeug von Anfang an Mitbesitz hatten, weil sie damals schon zusammenlebten und das
Fahrzeug gemeinsam nutzten. Hiergegen wendet sich die Revision nicht. Auf dieser tatsächlichen Grundlage
wird nach § 1006 I 1 i.V. mit § 1008 BGB vermutet, dass der Schuldner und die Kl. mit der Erlangung des
Mitbesitzes Eigenbesitzer geworden sind. Zu ihren Gunsten wird weiter vermutet, sie hätten bei Besitzübergabe
unbedingtes Eigentum erlangt und seien während der Dauer ihres Besitzes Miteigentümer geblieben (vgl.
BGHZ 64, 395 [396] = NJW 1975; 1699; BGH, NJW-RR 1989, 1453 = WM 1989, 1292; NJW 1992, 1162 =
WM 1992, 877 [878]).
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2
BVerfG, FamRZ 1993,164; BGH, FamRZ 1993,533; BSG, FamRZ 1993,1315.
BGH NJW 2007, 992= BGHZ 170, 187.
2
[9] b) Das BerGer. hat sich - wie schon das LG - nicht davon überzeugen können, dass der Schuldner im
September 2002 Alleineigentum an dem Fahrzeug erworben hat. Es ist von einem offenen Beweisergebnis
ausgegangen. Die Beweisaufnahme habe weder unmittelbar den von der Bekl. behaupteten Erwerb des
Schuldners zu Alleineigentum bestätigt noch Indizien ergeben, die für einen solchen Eigentumserwerb
sprächen. Die Revision nimmt die Beweiswürdigung des BerGer. hin. Sie erhebt nur die Rüge aus § 286 ZPO,
ohne diese entsprechend §§ 551 III 1 Nr. 2b, 557 III 2 ZPO auszuführen.
[10] 2. Die Vermutung des § 1006 I 1 BGB kommt dem Drittwiderspruchskl. im Anwendungsbereich des §
1362 I 1 BGB allerdings nur eingeschränkt zugute (vgl. Wacke, in: MünchKomm, 4. Aufl., § 1362 Rdnr. 2;
Staudinger/Hübner/Voppel, BGB, 13. Bearb. [2000], § 1362 Rdnr. 6; s. ferner BGH, NJW 1976, 238 [239];
NJW 1992, 1162 = WM 1992, 877 [878]). Nach dieser Bestimmung wird zu Gunsten der Gläubiger des Mannes
und der Frau vermutet, dass die im Besitz beider Ehegatten befindlichen Sachen dem Schuldner (allein)
gehören. Der Gläubiger kann sich auf die Vorschrift nur berufen, wenn die Voraussetzungen der Norm im
Zeitpunkt der Pfändung schon vorlagen (vgl. BGH, NJW 1993, 935 = WM 1993, 902 [904]; Wacke, in:
MünchKomm,
b) Anwendung der Regelungen des allgemeinen Vertrags- und Schuldrechts
Spezielle rechtliche Vorschriften, die sich ausdrücklich mit der Begründung und/oder Auflösung der
nichtehelichen Lebensgemeinschaft befassen, gibt es nicht. Probleme, die im Rahmen einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft auftreten, sind daher über das allgemeine Vertrags- und Schuldrecht zu lösen. Will z.B. ein
Partner durch sein Handeln auch den anderen mit verpflichten, so benötigt er entweder eine Vollmacht oder die
Verpflichtung des anderen Partners ergibt sich durch die Anwendung der Grundsätze der Anscheins- und
Duldungsvollmacht3, soweit die Voraussetzungen hierfür vorliegen.
c) Ordnung des Rechtsverhältnisses durch einen Partnerschaftsvertrag
Um Klarheit zu schaffen, ist es den Parteien einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft unbenommen, ihre
Rechtsverhältnisse im Rahmen eines Partnerschaftsvertrages konkret zu regeln. Streitig ist, ob ein solcher
Vertrag schon konkludent dadurch geschlossen wird, dass die Parteien eine nichteheliche Lebensgemeinschaft
begründen.
d) Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
BGH NJW 2008, 3277: Maria und Marius lernten sich 1990 kennen. 1999 kaufte Maria ein Grundstück,
auf dem dann ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung errichtet wurde. Das Haus sollte von Maria und
Marius bewohnt werden. In die Einliegerwohnung sollte Marias Tochter einziehen, ferner wollte Marius
in dem Haus sein Büro als Versicherungsmakler einrichten. Maria und Marius investierten beide Geld
und Arbeitszeit, um das Haus zu bauen. Im Februar 2000 zog man ein. Nachdem sich Maria und Marius
zerstritten haben, zog Marius 2003 aus dem Haus aus. Er verlangt 90000 €, 70.000 € habe er für den Bau
gezahlt, für 20.000 € habe er Arbeitsleistungen erbracht.
Ansprüche nach Gesellschaftsrecht?
Die GbR ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Gesellschafter wechselseitig verpflichten, einen
gemeinsamen Zweck zu erreichen und die Erreichung dieses Zwecks in bestimmter vertraglich geregelter Weise
zu fördern. Ferner sind die vereinbarten Beiträge zu leisten (§ 705 BGB).
Den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft steht es frei, ausdrücklich einen Gesellschaftsvertrag zu
schließen. Dies ist allerdings in der Praxis selten. Fraglich ist daher, ob und unter welchen Voraussetzungen auf
eine nichteheliche Lebensgemeinschaft auch dann, wenn ausdrücklich kein Gesellschaftsvertrag geschlossen
wurde, die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze des BGB angewendet werden können.
aa. Nach einer Mindermeinung entsteht zwischen den Lebensgefährten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts
entsprechend § 705 BGB, die das „gemeinsame Wirtschaften und Haushalten" als gemeinsamen Zweck
verfolgt4. Bei der Auflösung der Gesellschaft können Ansprüche aus §§ 730ff BGB entstehen. Nach anderer
Ansicht entsteht durch die Begründung des gemeinsamen Hausstandes konkludent ein Zusammenlebensvertrag
mit umfassenden Rechten und Pflichten, die dem Eherecht angepasst sind5.
3
Staudinger-Strätz, (2000) Anh. Zu §§ 1297 ff BGB, Rdnr. 65.
KG, NJW 1982, 1886 (hier allerdings gleichgeschlechtliche Partner).
5
Roth-Stielow, JR 1987, 233 ff.
4
3
bb. Nach der herrschenden Meinung ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft dadurch geprägt, dass die von
den Lebensgefährten zur Verwirklichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft erbrachten Leistungen nicht
gegeneinander abgerechnet werden sollen. Schließen die Partner bewusst keine Ehe und verzichten sie somit
bewusst auf die für eine Ehe gegebenen gesetzlichen Regelungen und schließen sie auch keinen
Partnerschaftsvertrag, um so ihr Zusammenleben auf eine klare rechtliche Basis zu stellen, so werden rechtliche
Bindungen nicht als interessengerecht angesehen. Der Umstand, dass sich zwei Personen zu einer
nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenschließen, ist ein rein tatsächlicher Vorgang, der keine
Gemeinschaft im rechtlichen Sinne begründet6.
Ausnahmsweise werden jedoch gesellschaftrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen den Gefährten einer
nichtehelichen Lebensgemeinschaft angenommen. Voraussetzung dafür ist, dass ausdrücklich oder durch
schlüssiges Verhalten ein entsprechender Gesellschaftsvertrag zustande gekommen ist. Wird während des
Bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Vermögenswert /ein Objekt gemeinsamer Wertschöpfung
erworben und gehen beide davon aus, dass der Vermögensgegenstand nicht nur während des Bestehens der
nichtehelichen Partnerschaft gemeinsam genutzt wird sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam
gehören soll, so liegen diese Voraussetzungen regelmäßig vor, wenn ein Rechtsbindungwille festzustellen ist 7.
Es ist eine Gesamtwürdigung der in Betracht zu ziehenden Umstände vorzunehmen. Dabei ist auf die Art des
geschaffenen Vermögenswertes, auf die von beiden Seiten erbrachten Leistungen und die finanziellen
Verhältnisse der Partner in der Lebensgemeinschaft abzustellen 8. Wollen die Partner der nichtehelichen
Lebensgemeinschaft mit dem Erwerb des Vermögensgegenstandes einen wirtschaftlich gemeinsamen Wert
schaffen, so kann die formal dingliche Zuordnung des Gegenstandes in das Eigentum einer Partei in den
Hintergrund treten9. Der BGH hat ausdrücklich seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, wonach die
Anwendung gesellschaftsrechtlicher Vorschriften auch ohne schlüssig zustande gekommenen
Gesellschaftsvertrag für möglich gehalten worden war 10.
In dem Beispielsfall hat der BGH ausgeführt, dass nicht davon ausgegangen werden könne, die Parteien
hätten konkludent einen Gesellschaftsvertrag im Hinblick auf die Errichtung des Hauses geschlossen. Die
Partner hätten hier lediglich einen Zweck verfolgt, der nicht über die Verwirklichung der nichtehelichen
Lebensgemeinschaft hinausging. In einem solchen Fall beständen Zweifel an dem erforderlichen
Rechtsbindungswillen, da das Objekt letztlich „nur“ zum gemeinsamen Leben und Bewohnern
angeschafft wurde. Hier kam noch hinzu, dass Marius ganz bewusst damit einverstanden war, dass Maria
alleinige Eigentümerin des Hausgrundstücks wurde, um Erbansprüche seiner Kinder aus seiner
geschiedenen Ehe an dem Haus zu verhindern. Marius habe ganz bewusst darauf verzichtet, dass das
Objekt beiden gemeinsam gehöre. Es könne daher trotz des erheblichen Umfangs der von Marius
erbrachten Leistungen nicht von einem konkludent geschlossenen Gesellschaftsvertrag ausgegangen
werden.
2. Welche Rechtswirkungen ergeben sich?
a. Mietrecht
Ein Mieter darf ohne Erlaubnis des Vermieters einen Dritten nicht mit in die Wohnung aufnehmen (§ 540 Abs.
1 S. 1 BGB). Dritter in diesem Sinne ist auch der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, im
Gegensatz zu Ehegatten, Eltern oder Hauspersonal, die nicht Dritte sind und daher ohne Erlaubnis
aufgenommen werden dürfen 11. Der Mieter hat jedoch gegenüber dem Vermieter nach § 553 Abs. 1 S. 1 BGB
einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Aufnahme des Lebensgefährten. Dies ergibt sich daraus, dass
der Wunsch auf Aufnahme oder Fortsetzung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein berechtigtes Interesse
des Mieters an der Aufnahme des Lebensgefährten in die Wohnung begründet12. Die Erlaubnis zur Aufnahme
6
BGHZ 77,55,59; BGH , FamRZ 1984,349; BGH, NJW 1996,2727; BGH, NJW 1997,1371,1371; BGH, Urt. v. 13.04.2005
-XII ZR 296/00; BGH, NJW 2008, 3277, 3278 [18].
7
BGH NJW 2008, 3277, 3278 [18].
8
BGH NJW-RR 2003, 1658; BGH NJW 2008, 3277, 3278.
9
BGH, FamRZ 1993, 940.
10
BGH NJW 2008, 3277, 3278 [30].
11
Palandt-Weidenkaff, BGB, § 540 Rdnr. 5.
12
BGH, NJW 2004, 56.
4
des Lebensgefährten in die Wohnung kann nur dann von dem Vermieter mit Erfolg versagt werden, wenn in der
Person des Dritten ein wichtiger Grund für die Versagung vorliegt. Ein solcher wichtiger Grund könnte z. B.
eine Überbelegung der Wohnung sein. Der Vermieter darf die Erlaubnis auch dann versagen, wenn es ihm
schlichtweg nicht zugemutet werden kann, den Lebensgefährten des Mieters in die Wohnung mit
aufzunehmen13.
BGH NJW 2008, 1959: Maria hatte mit ihrem Vermieter einen Mietvertrag. Sie nimmt Marius, ihren
nichtehelichen Lebensgefährten, mit in die Wohnung auf und gibt ihm einen Schlüssel. Der Vermieter hat
das Mietverhältnis gekündigt und erfolgreich eine Räumungsklage gegen Maria erhoben. Der
Gerichtsvollzieher hat die Räumung der Wohnung abgelehnt, mit dem Hinweis darauf, neben Maria
wohne in der Wohnung auch noch Marius. Der Vermieter hat Erinnerung gegen die Entscheidung der
Gerichtsvollzieherin eingelegt, mit der Begründung, er habe nur einen Mietvertrag mit Maria und Marius
halte sich ohne seine Zustimmung und ohne sein Wissen in der Wohnung auf. Wird die Erinnerung Erfolg
haben?
Erfolg hat die Erinnerung (§ 766 ZPO) nur dann, wenn die Räumungsvollstreckung nach § 885 ZPO
möglich wäre, ohne dass ein Räumungstitel gegen Marius vorliegt. Voraussetzung für eine wirksame
Räumungsvollstreckung ist ein Vollstreckungstitel, in dem das Grundstück beziehungsweise die
Wohnung, die geräumt werden soll, eindeutig bezeichnet ist. Der Titel muss gegen jeden Schuldner
gerichtet sein. Schuldner ist jeder Gewahrsamsinhaber. Gewahrsamsinhaber ist ein Mitbesitzer. Ist der
Marius Mitbesitzer der Wohnung geworden und nicht lediglich als Besucher oder Gast der Maria in der
Wohnung, so ist auch ein Räumungstitel gegen ihn erforderlich. Zur Begründung des Mitbesitzes ist es
nicht erforderlich, dass der Vermieter von der Aufnahme von Marius in die Wohnung Kenntnis erhielt
[13]. Mitbesitz wir zum Beispiel begründet durch die Übergabe eines Schlüssels für die Wohnung 14.
Marius ist Mitbesitzer. Ohne einen Räumungstitel gegen ihn kann die Räumungsvollstreckung nicht
erfolgen. Die Erinnerung wird erfolglos bleiben.
Stirbt der Mieter, so kann der nichteheliche Lebensgefährte des Erblassers nach § 563 Abs. 2 S. 4 BGB in den
Mietvertrag eintreten, wenn nicht der Ehegatte des Erblassers oder sein Lebenspartner eintritt15.
Hat ein Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Wohnungsrecht nach § 1093 BGB, so ist er nach
der Rechtsprechung berechtigt, den Lebensgefährten mit in die Wohnung aufzunehmen. Der Lebensgefährte
wird der Familie und dem Hauspersonal des Inhabers des Wohnungsrechts hier gleichgestellt. Der
Lebensgefährte darf daher ohne Gestattung des Eigentümers, die ansonsten nach § 1092 Abs.1 S.2 BGB
erforderlich wäre, in die Wohnung aufgenommen werden16.
In der Praxis häufig stellt sich die Frage, ob gegen den Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein
Anspruch auf Herausgabe der gemeinsam genutzten –im Eigentum eines Partners stehenden- Wohnung besteht.
BGH NJW 2008, 2333: Maria ist Eigentümerin eines Hauses, das von Marius bewohnt wird. Maria ist an
Demenz erkrankt, sie steht unter Betreuung und lebte in einem Pflegeheim. Marius hatte Maria bis zur
Aufnahme in das Pflegeheim in dem gemeinsam genutzten Haus gepflegt. Nunmehr verlangt die
Betreuerin von Marius die Räumung und Herausgabe des Hauses sowie Nutzungsentschädigung. Zu
Recht?
Es besteht ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB. Maria ist Eigentümerin des Hauses, Marius ist
Besitzer.
Ein Recht zum Besitz nach § 986 BGB hat er nicht. Das Bestehen einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft begründet kein Recht zum Besitz. Die Mitbenutzung der gemeinsamen Wohnung,
die in einem Haus liegt, das im Eigentum eines Lebensgefährten alleine steht, beruht auf der tatsächlichen
Gestattung dieser Mitbenutzung durch den Eigentümer. Die Befugnis zu der Mitbenutzung endet also,
wenn diese tatsächliche Gestattung nicht mehr besteht, also dann, wenn der Eigentümer der Wohnung die
Herausgabe des Mitbesitzes verlangt. Verlangen kann der Eigentümer der Wohnung die Herausgabe des
13
BGH, NJW 2004,56; Mietschulden des Lebensgefährten reichen nicht für Versagung der Erlaubnis: AG Hamburg, WuM
1997, 554.
14
Palandt-Bassenge, § 854 Rn 5.
15
LG München, NZM 2005, 336.
16
BGH NJW 1982, 1868.
5
Mitbesitzes jederzeit, also auch dann, wenn die nichteheliche Lebensgemeinschaft an sich noch besteht
[14].
Ein Recht zum Besitz könnte sich aus einem Leihvertrag ergeben. Dann müsste ein Leihvertrag zwischen
den Partnern der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft zustande gekommen sein. Die Einräumung der
Mitbenutzung an einer gemeinsamen Wohnung ist regelmäßig nur ein Beitrag zur Ausgestaltung der
Lebensgemeinschaft. Sie ist nur eine Leistung von vielen im Rahmen des gegenseitigen Geben des
Nehmens beim gemeinsamen Leben. Sie erfolgt in Zweifel auf tatsächlicher und nicht auf vertraglicher
Grundlage [16]. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass Partner einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft konkludent einen solchen Leihvertrag abschließen. Voraussetzung dafür ist jedoch,
dass erkennbar ist, dass die Partner gerade die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung an der gemeinsamen
Wohnung einer besonderen für beide Partner verbindlichen Regelung zuführen wollen und nicht mehr als
reine Ausgestaltung des gemeinsamen Lebens begreifen. Ein solcher konkludenter Vertragsschluss kann
nicht schon dann angenommen werden, wenn zwei Partner sich zu einer Lebensgemeinschaft
zusammenschließen und einer im Eigentum des anderen mit wohnt. Regeln sie ihre Beziehungen nicht
erkennbar besonders, so handelt es sich bei der gemeinsamen Nutzung um einen rein tatsächlichen
Vorgang ohne rechtliche Bindung. Ein Leihvertrag ist auch konkludent nicht zu Stande gekommen [17].
Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung besteht nach §§ 987, 990 BGB. Die Herausgabeklage wurde
am 8.3.2001 rechtshängig, ab diesem Zeitpunkt sei Nutzungsentschädigung zu zahlen. Der Anspruch
bestehe selbst dann, wenn davon ausgegangen werde, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft von
Maria und Marius durch den Umzug der Maria in das Pflegeheim nicht aufgelöst wurde. Für das Bestehen
einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sei die Nutzung einer gemeinsamen Wohnung nicht zwingend
erforderlich. Im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft seien wirtschaftliche Leistungen, die
ein Partner dem anderen erbringe, ohne besondere Abrede nicht zu vergüten. Wäre dieser Grundsatz hier
noch anzuwenden, so könnte keine Nutzungsentschädigung verlangt werden. Dieser Grundsatz könne
jedoch dann nicht mehr gelten, wenn die nichteheliche Lebensgemeinschaft kein gemeinsames
Wirtschaften mehr einschließe, wenn also letztlich jeder Partner für sich lebe, und die
Lebensgemeinschaft nur noch aufgrund der inneren Bindung der Lebensgefährten und ihres füreinander
einstehen Wollens bestehe [32].
b. Sachenrecht
Die von den Partnern in den gemeinsamen Haushalt eingebrachten Gegenstände bleiben im Eigentum des
bisherigen Eigentümers. Allein durch die Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verändert sich
an den Eigentumsverhältnissen nichts, was im Übrigen auch für die Ehe gilt. Erwirbt ein Lebensgefährte
während des Bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Gegenstände, so wird er auch regelmäßig
Alleineigentümer. Schaffen die Lebensgefährten allerdings aus gemeinsamen Mitteln Gegenstände an, so ist im
Zweifel davon auszugehen, dass beide Miteigentümer nach § 1008 BGB geworden sind.
Zu beachten ist ferner § 1006 BGB. Die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft haben Mitbesitz an
allen Gegenständen, die zum gemeinsamen Haushalt gehören. Der Mitbesitz begründet hier bei beweglichen
Sachen nach §§ 1006, 1008 BGB die Vermutung von Miteigentum. Eine Ausnahme gilt für Gegenstände des
persönlichen Gebrauchs. Bei der Anschaffung solcher Gegenstände ist von Alleinbesitz und auch von
Alleineigentum des Erwerbenden auszugehen.
Beispiel:
Harald und Helene kaufen in der Zeit ihres Zusammenlebens in nichtehelicher Lebensgemeinschaft einen
Teppich. Vor der Trennung wird der Teppich zur Reinigung gebracht. Harald holt den Teppich nach der
Trennung aus der Reinigung ab. Helene verlangt von Harald den Teppich heraus. Sie hatte den Teppich
von ihrem Geld bezahlt. Der Verkäufer hatte den Teppich Harald und Helene zusammen anlässlich des
Kaufs übergeben und hatte den Eindruck, dass beide den Teppich erwerben wollten. Ihm war es egal, wer
Käufer des Teppichs war. Harald behauptet, Helene habe ihm den Teppich nach der Trennung überlassen.
Hat Helene gegen Harald einen Anspruch auf Herausgabe des Teppichs ? (nach OLG Düsseldorf, NJW
1992, 1706)
1. Anspruch aus § 1361a BGB? (-), keine Ehe.
2. Anspruch aus § 985 BGB?
Harald Besitzer ? (+)
Helene Alleineigentümerin?
a. § 1006 Abs. 1 BGB zu Gunsten des Harald? (-), weil mit der bloßen Rückgabe des Teppichs von der
Reinigung an Harald kein Eigentumserwerb verbunden war. Dies setzt § 1006 BGB jedoch voraus, denn
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er ist auf das Zusammentreffen von Besitzerwerb und Eigentumserwerb zugeschnitten (PalandtBassenger, BGB, § 1006 Rdnr. 4).
b. § 1006 Abs. 2 BGB zu Gunsten des Harald? (+), Harald war bis zur Hingabe des Teppichs zur
Reinigung Mitbesitzer. Bei Mitbesitzern wird Miteigentum nach Bruchteilen vermutet (BGH, NJW
1993,935,936).
Widerlegung der Vermutung durch Helene? (-), Voraussetzung wäre, dass Helene beweisen kann, dass
mit der Erlangung des Mitbesitzes von Harald an dem Teppich gerade nicht der Erwerb von Miteigentum
des Harald verbunden ist. Insoweit ist eine Deutung des Gesamtverhaltens beider Parteien vorzunehmen.
Für Helene spricht, dass sie den Teppich allein und aus eigenen Mitteln bezahlt hat. Teilweise wird
allerdings bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften bei Sachen, die für den gemeinsamen Haushalt
angeschafft sind, ungeachtet der Frage, wer bezahlt hat, im Zweifel eine Bruchteilsgemeinschaft
angenommen (vgl. LG Aachen, FamRZ 1983,61). Andere nehmen an, dass immer der Partner, der bezahlt
hat, auch Eigentümer des Gegenstandes sein will (OLG Hamm, NJW 1989,909). Das OLG Düsseldorf
hat differenziert. Danach hängt der Wille zur Gestaltung der dinglichen Rechtslage wesentlich von der
Art, Dauer und dem Zweck der jeweiligen Lebensgemeinschaft ab. Führen die Lebensgefährten einen
gemeinsamen Haushalt, so sei im Zweifel davon auszugehen, dass keine strikte Trennung zwischen
"Mein und Dein“ gewollt sei. Werde zu einer solchen strikten Trennung der wirtschaftlichen Verhältnisse
nichts vorgetragen, so sei von einem Erwerb von Miteigentum auszugehen.
c. Kann Helene beweisen, dass sie Alleineigentümerin geworden ist?
§ 929 S. 1 BGB, Einigung und Übergabe.
Der Verkäufer des Teppichs hat erklärt, dass er den Akt der Bezahlung durch Helene allein gerade nicht
zum Anlass genommen hatte, ihr allein auch den Teppich zu übereignen. Er hatte den Teppich Harald und
Helene übergeben. Es war ihm egal, wer letztlich Eigentümer des Teppichs wurde (Grundsatz des
Geschäfts für den, den es angeht). Aber auch hier kein Eigentumserwerb der Helene. Erforderlich ist
immer, dass der Erklärungsempfänger auf der Erwerberseite den Willen hat, gerade für denjenigen zu
erwerben, den es angeht. Dies ist hier nicht gegeben. Dies mag zwar für die Helene zutreffen, es war aber
auch Harald in den Übereignungsvorgang einbezogen. Dass Harald den Willen hatte, für Helene zu
erwerben, steht gerade nicht fest und kann auch nicht unterstellt werden. Die Miteigentumsvermutung zu
Gunsten des Harald kann nicht von Helene widerlegt werden. Ein Anspruch auf Herausgabe besteht nicht.
c. Erbrecht
Die Lebensgefährten können kein gemeinschaftliches Testament errichten, da diese Testamentsform nach §
2269 BGB nur Ehegatten zur Verfügung steht. Selbstverständlich können sich die Lebensgefährten in einem
Testament oder in einem Erbvertrag jedoch zu Erben einsetzen.
Der Lebensgefährte des Erblassers hat auch keinen Pflichtteilsanspruch. Auch ein solcher steht nur einem
überlebenden Ehegatten, also der Witwe oder dem Witwer des Erblassers zu (§ 2303 Abs. 2 S. 1 BGB). Der
Lebensgefährte des Erblassers wird auch erbschaftssteuerrechtlich nicht privilegiert. Er ist nach § 15 ErbStG in
die Steuerklasse III einzuordnen. Er hat einen steuerlichen Freibetrag nach § 16 I Nr. 7 ErbStG (nicht Nr. 6!!!)
von 20.000 €, während ein Ehegatte einen steuerlichen Freibetrag von 500.000 € hat.
d. Unterhaltsrecht
Die nichteheliche Lebensgemeinschaft begründet keine wechselseitigen Unterhaltsansprüche. § 1360 BGB, der
den Familienunterhalt während einer bestehenden Ehe regelt, ist nicht anwendbar. Die Lebensgefährten
können jedoch vertraglich vereinbaren, dass sie wechselseitig Unterhaltsansprüche haben.
Wird ein Kind geboren, so ergibt sich der Unterhaltsanspruch der Mutter des nichtehelichen Kindes aus § 1615 l
BGB.
Auswirkungen hat das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft jedoch dann, wenn ein
Lebensgefährte noch anderweitig verheiratet ist. Verlangt der noch verheiratete Lebensgefährte von seinem
getrenntlebenden Ehepartner Unterhalt, so muss sich zumindest ein nicht voll Berufstätiger für die
Haushaltsführung in der neuen Beziehung einen bestimmten angemessenen Betrag anrechnen lassen. Dies gilt
jedoch nur dann, wenn der Lebensgefährte in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft auch über ausreichende
Einkünfte verfügt17.
17
BGH, FamRZ 2004,1173; vgl. auch OLG Dresden NJW-RR 2007,1303.
7
Hat sich die Lebensgemeinschaft verfestigt, besteht diese also etwa zwei bis drei Jahre, so kann der Anspruch
auf Trennungsunterhalt (§ 1361 Abs. 3 BGB) und auch auf Unterhalt für die Zeit ab Rechtkraft der Scheidung
nach § 1579 Nr. 2 BGB herabgesetzt, zeitlich begrenzt oder völlig versagt werden18.
Lebt derjenige, der einem getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten und/oder einem Kind Unterhalt
schuldet, in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, so wird vertreten, dass der sogenannte Selbstbehalt aus
den Unterhaltstabellen (770 € /950€ Leitlinien OLG BRB, Stand 1.1.2011) also der Betrag, der dem
Unterhaltspflichtigen in jedem Falle verbleiben muss, zu kürzen ist. Unter dem Gesichtspunkt der
Haushaltsersparnis wird eine Kürzung des Selbstbehalts um 12,5% auch vom BGH durchgeführt 19. Im
Einzelfall kann die Kürzung auch geringer ausfallen oder ganz entfallen, nämlich dann, wenn der
Lebensgefährte nicht über Einkünfte verfügt, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, ihn entsprechend an den
Kosten des gemeinsamen Haushaltes zu beteiligen20.
e. Elterliche Sorge
Die Lebensgefährten können für ein gemeinsames Kind die gemeinsame elterliche Sorge ausüben, wenn sie eine
sogenannte Sorgeerklärung nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB abgegeben haben.
Wird eine solche Sorgeerklärung nicht abgegeben, so steht nach der bisherigen Fassung des Gesetzes allein der
Kindesmutter die elterliche Sorge zu (§ 1626a Abs. 2 BGB). Mit Zustimmung der Mutter konnte auch den Vater
nach § 1672 I BGB die elterliche Sorge übertragen werden, wenn die Übertragung dem Kindeswohl diente.
Gegen den Willen der Mutter war dies nur dann möglich, wenn der Mutter wegen Gefährdung des Kindeswohls
die elterliche Sorge entzogen wurde (§§ 1680 III, II 2,16 166 BGB), die elterliche Sorge dauerhaft ruhte (1678
II BGB) oder wenn die Kindesmutter verstorben war (§§ 1680 II 2, 1681 BGB).
Der Vater eines nichtehelichen Kindes war, von den vorgenannten Ausnahmefällen abgesehen, vom Zugang der
elterlichen Sorge bei fehlender Zustimmung der Mutter ausgeschlossen. Er konnte nicht gerichtlich überprüfen
lassen, ob die Übertragung der elterlichen Sorge auf ihn dem Kindeswohl besser diente oder ob es dem
Kindeswohl dienlich sei, wenn die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam ausgeübten. Dies sah das Gesetz nicht
vor. Das BVerfG hat dies als schwerwiegenden Eingriff in das Elternrecht des Vaters, das verfassungsrechtlich
in Art. 6 II Grundgesetz geschützt ist, angesehen. Dieser Eingriff sei unverhältnismäßig und nicht gerechtfertigt.
§ 1626a I Nr. 1 BGB und § 1672 I BGB sind mit Art. 6 II Grundgesetz unvereinbar.
Normen, die verfassungswidrig sind, sind grundsätzlich für nichtig zu erklären. Dies ergibt sich aus § 95 III 1, 2
BVerfGG. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn durch die Nichtigkeit ein Zustand geschaffen würde, der von
der verfassungsgemäßen Ordnung noch weiter entfernt ist, als der, der bislang mit den verfassungswidrigen
Normen besteht 21. Dies hat das BVerfG hier angenommen. Würden die §§ 1626a I Nr. 1, 1672 I BGB für
nichtig erklärt, so würde dies dazu führen, dass selbst dann, wenn die Eltern eines nichtehelichen Kindes
gemeinsam die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindesvater wünschten und wollten, dies nicht mehr
möglich wäre. Auch eine Unanwendbarkeit der Norm kommt nicht in Betracht, weil auch dies den
verfassungswidrigen Zustand vertiefen würde22. Das BVerfG hat ausgeführt, man könne auch die
verfassungswidrigen Normen hier auch nicht bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber weiterhin für
anwendbar erklären. Dem stehe zum einen entgegen, dass letztlich nicht beurteilt werden könne, wann der
Gesetzgeber eine Neuregelung schaffe. Gerade in kindschaftsrechtlichen Angelegenheiten spiele der Zeitfaktor
eine entscheidende Rolle. Durch fortschreitendem Zeitablauf könne sich hier gegebenenfalls eine bestehende
Situation so verfestigen, dass dann später tatsächlich die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge oder die
Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindesvater nicht mehr dem Kindeswohl entspreche. Darüber hinaus
hätten die Familiengerichte dann mit § 1626a I Nr. 1 BGB eine Vorschrift anzuwenden, die nicht nur dem
Grundgesetz widersprechen sondern auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für unvereinbar
mit Art. 8 EMRK erklärt wurde 23.
Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt, bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, ein Regelungskonzept
angeordnet, das sich daran orientiert, dass Eltern von nichtehelichen Kindern durch Abgabe einer gemeinsamen
Sorgeerklärung die gemeinsame elterliche Sorge für ihr Kind begründen können. Es hat vorläufig angeordnet,
dass die Familiengerichte den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der
18
VgI. Palandt-Brudermüller, BGB, § 1579 Rdnr. 11ff.
BGH, Urt. v. 21.1.2009 – XII ZR 54/06- BeckRS 2009, 09197
20
Schael, FuR 2006, 6ff; vgl. auch BGH, FamRZ 2004, 24; OLG Hamm, FamRZ 2006, 809; a.A. OLG Frankurt, FamRZ
2005,2090; OLG Karlsruhe, FamRZ 2005,2091.
21
BVerfG NJW 2010, 3008 ff [71].
22
BVerfG NJW 2010, 3008 [72].
23
EGMR, NJW 2010, 501 [64].
19
8
elterlichen Sorge gemeinsam übertragen soll, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht. Der
Prüfungsmaßstab ist das Kindeswohl. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Belange des Kindes
maßgebliche Berücksichtigung finden, die Zugangsvoraussetzungen zur gemeinsamen elterlichen Sorge
allerdings auch nicht zu hoch angesetzt werden 24.
f. Prozessrecht
Alle Verfahren sind Zivilsachen und keine Familiensachen. Einem Lebensgefährten steht kein
Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 ZPO zu. Ein solches Zeugnisverweigerungsrecht hat nur der Ehegatte,
der Verlobte und der Lebenspartner (im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes) der Partei25. Gleiches gilt im
Rahmen der Strafprozessordnung. Auch dort steht einem Lebensgefährten, auch dann, wenn es sich um einen
langjährigen Lebensgefährten handelt und aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Kinder hervorgegangen
sind, kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO zu26. Im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe
ist nach allgemeiner Meinung das Einkommen eines Lebensgefährten trotz Bestehens einer häuslichen
Gemeinschaft ohne Bedeutung. Das Einkommen muss also in dem Formular nicht angegeben werden. Dem
Antragsteller werden auch nicht fiktive Einkünfte für die kann Führung des gemeinsamen Haushaltes als
Einkommen zugerechnet27.
3. Welche Ansprüche bestehen bei der Auflösung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft?
a) Grundsatz
Haben die Lebensgefährten keine Vereinbarung getroffen, so sind die persönlichen und/oder wirtschaftlichen
Leistungen, die während des Bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft von jedem Lebensgefährten
erbracht wurden und die das tägliche Zusammenleben erst ermöglichten, nicht auszugleichen28.
b) Herausgabe nach §§ 530 I, 531 II, 812 BGB nach Schenkungswiderruf wegen groben Undanks
Voraussetzung dafür, dass die vorgenannten Vorschriften eingreifen, ist, dass es sich bei der Zuwendung eines
Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft an den anderen um eine Schenkung handelt. Eine Schenkung
ist nur dann anzunehmen, wenn die Zuwendung nach dem Willen der Partner zur freien Verfügung des
Empfängers geleistet wird. Wird die Zuwendung geleistet, mit der Vorstellung oder in der Erwartung, dass die
Lebensgemeinschaft Bestand haben wird und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung der
Lebensgemeinschaft, so liegt keine Schenkung sondern eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung vor. Eine
solche gemeinschaftsbezogene Zuwendung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie der Lebensgemeinschaft und
letztlich auch dem Zuwendenden selbst zu gute kommen soll 29 Solche gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen
sind im Fall der Trennung nicht über die Schenkungsvorschriften auszugleichen 30.
c) Anwendung der Regelungen des Gesellschaftsrechts (§§ 730ff BGB)
Die Regelungen für die Auseinandersetzung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts können nur dann
Anwendung finden, wenn zwischen den Lebensgefährten überhaupt eine Gesellschaft gegründet wurde. Ein
Gesellschaftsvertrag kann auch durch schlüssiges Verhalten geschlossen werden. Dies kommt dann in Betracht,
wenn die Parteien die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb des Vermögensgegenstandes einen, wenn auch
nur wirtschaftlich gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der für die Dauer der Partnerschaft nicht nur von beiden
Partnern gemeinsam benutzt werden soll, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören soll 31.
Insoweit ist eine Gesamtwürdigung der Situation der Parteien vorzunehmen. Von Bedeutung ist hier die
Planung, der Umfang und die Dauer des Zusammenwirkens. Ferner ist bei der Gesamtwürdigung die Art des
geschaffenen Vermögenswertes, die von jeder Partei erbrachte Leistung und die wirtschaftliche Situation jeder
24
BVerfG, NJW 2010, 3008 [75].
Zöller, ZPO, § 383 Rdnr. 9.
26
Senge in Karlsruher Kommentar StPO, 5.Aufl., § 52 Rdnr. 14b.
27
So Zöller, ZPO, § 115 Rdnr. 8 m.w.N.
28
BGH NJW 2008, 2333, 2335 [16]; BGH NJW 2008, 3277, 3280 [33].
29
BGH NJW 2008, 3277, 3278 [16, 17].
30
BGH NJW 2008, 3277, 3278 [15].
31
BGH, FamRZ 2005, 1151, 1152; Oehlmann/Stille, FamRZ 2004. 151ff.
25
9
Partei zu berücksichtigen 32. Bei Vermögenswerten von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung kann ein Indiz
für die Absicht, einen gemeinsamen Wert zu schaffen, in einem wesentlichen wirtschaftlichen Beitrag zur
Anschaffung des Vermögenswertes gesehen werden 33.
d) § 812 BGB und Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB)
Bei Leistungen, die über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht, ist im Einzelfall zu
prüfen, ob ein Ausgleichsverlangen unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten begründet ist. Dies gilt im
Übrigen nicht nur für nichteheliche Lebensgemeinschaften, sondern würde auch für andere Formen des
gemeinschaftlichen Lebens und Wirtschaftens gelten, wie sie etwa unter verwitweten Geschwistern, sonstigen
Verwandten oder Freunden vorstellbar sind; auf einen sexuellen Bezug kommt es insoweit nicht an34.
In einer Ehe stehen die persönlichen Beziehungen ebenfalls im Vordergrund und bestimmen das
vermögensbezogene Handeln der Ehegatten, ohne dass daraus hinsichtlich überobligationsmäßiger Leistungen
auf das Fehlen einer Rechtsgemeinschaft geschlossen würde. Insofern werden ehebezogene Zuwendungen
angenommen, die nach Scheidung der Ehe, insbesondere bei Gütertrennung, zu Ausgleichsansprüchen nach den
Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage führen können. Das Argument, der leistende Partner
einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft habe deren Scheitern bewusst in Kauf genommen, also nicht auf den
Bestand vertrauen dürfen, kann nicht überzeugen. Der Partner weiß zwar, dass die Lebensgemeinschaft jederzeit
beendet werden kann, seiner Zuwendung wird aber regelmäßig die Erwartung zu Grunde liegen, dass die
Gemeinschaft von Bestand sein werde. Soweit er hierauf tatsächlich und für den Empfänger der Leistung
erkennbar vertraut hat, erscheint dies schutzwürdig. Dass nur das Vertrauen von Ehegatten in die lebenslange
Dauer ihrer Verbindung rechtlich geschützt ist (§ 1353 I 1 BGB), vermag mit Hinblick auf die hohe
Scheidungsrate eine unterschiedliche Behandlung nicht zu begründen35.
aa) § 812 BGB
Ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Alternative BGB (Wegfall des rechtlichen Grundes) scheitert daran,
dass die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft rechtlich zu nichts und damit auch zu keinen
konkreten Leistungen verpflichtet sind. Das Zusammenleben ist kein rechtlicher Grund für während des
Bestehens der Lebensgemeinschaft getätigte Zuwendungen. Trennen sich die Lebensgefährten, so fällt dadurch
auch im Nachhinein kein Rechtsgrund für getätigte Zuwendungen weg36.
Ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 S, 2, 2, Alternative BGB, also wegen Wegfalls des mit der Leistung nach dem
Inhalt des Rechtsgeschäft bezweckten Erfolges, scheitert aber nicht. Nach Abs. 1 S, 2, 2, Alternative BGB
besteht für den Empfänger einer Leistung die Pflicht zur Herausgabe der Zuwendung, sofern der mit der
Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist. Ein
Bereicherungsanspruch wegen Fehlschlagens dieser Erwartung setzt voraus, dass darüber mit dem Empfänger
der Leistung eine Willensübereinstimmung erzielt worden ist; einseitige Vorstellungen genügen nicht. Eine
stillschweigende Einigung in diesem Sinne kann aber angenommen werden, wenn der eine Teil mit seiner
Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt und der andere Teil dies erkennt und die Leistung entgegennimmt,
ohne zu widersprechen37. Die danach erforderliche finale Ausrichtung der Leistung auf einen nicht
erzwingbaren Erfolg wird sich innerhalb einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder einer anderen auf Dauer
angelegten Partnerschaft nur bezüglich solcher Zuwendungen oder Arbeitsleistungen feststellen lassen, die
deutlich über das hinausgehen, was die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt. Sie kann auch nicht allgemein in
dem gegenwärtigen Zusammenleben mit dem Partner gesehen werden. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete
Zweckabrede, die z.B. dann vorliegen kann, wenn die Partner zwar keine gemeinsamen Vermögenswerte
schaffen wollten, der eine aber das Vermögen des anderen in der Erwartung vermehrt hat, an dem erworbenen
Gegenstand langfristig partizipieren zu können38.
32
BGH NJW 2008, 3277, 3278 [18].
Lüderitz/Dethloff, FamR, § 8 Rdnr. 25.
34
BGH NJW 2008, 3277.
35
BGH NJW 2008, 3277; BGH NJW 2008, 3282; vgl. auch Hausmann/Hohloch, Kap. 4. Rdnrn. 156f., und Schulz, FamRZ
2007, 593 [595]
36
MüKo-Wacke, BGB, Nach § 1302 Rdnr. 57.
37
BGHZ 115, 261, 263 = NJW 1992, 427 = FamRZ 1992, 160 [161] m.w. Nachw.
38
BGH NJW 2008, 3277; Hausmann/Hohloch, Kap. 4. Rdnrn. 140ff.; Staudinger/Löhnig, Anh. §§ 1297ff. Rnr. 115, 118.
33
10
BGH NJW 2008, 3277 (Fall s.o. S. 1): Maria hatte dem Marius ein lebenslanges Wohnrecht in dem Haus
versprochen, eingetragen im Grundbuch wurde dieses Wohnrecht allerdings nicht. Man hatte es auch
nicht schriftlich festgehalten. Der Marius hatte die erheblichen Eigenleistungen für den Bau des Hauses
und die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt.
Der BGH hält hier ein Anspruch nach § 812 I 2, 2. Alt. BGB wegen des Wegfalls des mit der Leistung
bezweckten Erfolges für möglich. Der Marius habe das Geld und die Arbeitsleistung für den Bau des
Einfamilienhauses zur Verfügung gestellt beziehungsweise erbracht, um dauerhaft aufgrund des ihm
zugesagten Wohnrecht in dem Objekt wohnen zu können. Für die Maria sei dies erkennbar gewesen. Sie
habe die Arbeitsleistungen und das Geld entgegengenommen ohne zu widersprechen. Ein Anspruch sei
gegeben.
§ 815 BGB der regelt, dass die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit der Leistung bezweckten Erfolges
ausgeschlossen ist, wenn der Eintritt des Erfolges von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewusst
hat, führt bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu einem Ausschluss des Anspruchs. Der BGH hat
ausgeführt, die beabsichtigte Dauer der nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf Lebenszeit sei wohl nicht von
Anfang an unmöglich. § 815 BGB greift aber wohl dann, wenn der Leistende selbst die Verbindung wider Treu
und Glauben gelöst hat.
Eine verschärfte Haftung des Leistungsempfängers gem. § 820 I BGB dürfte nicht in Betracht kommen. Der
Bestand der nichtehelichen Lebensgemeinschaft stellt keinen beabsichtigten Erfolg dar, dessen Eintritt ungewiss
war. Die Partner wissen zwar um die jederzeitige Auflösbarkeit ihres Verhältnisses und konnten damit
gegebenenfalls auch die Beendigung der gemeinsamen Nutzung vorhersehen. Das letztlich alles anders kommt,
als erwartet, ist aus Sicht des Empfängers der Leistungen aber nur eine ganz entfernt bestehende Möglichkeit.
Dies ist noch keine Ungewissheit i.S. des § 820 I 1 BGB39.
bb) Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB)
Ein Ausgleichsanspruch kommt nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)
neben dem Anspruch aus § 812 BGB in Betracht, soweit der Zuwendung die Vorstellung oder Erwartung zu
Grunde lag, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient hat, werde Bestand haben. Die
Rückabwicklung über § 313 BGB erfasst z.B. Fälle, in denen es mangels Schaffung eines gemeinschaftlichen
Vermögenswerts nicht zu gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen kommt oder bei denen eine
Zweckabrede i.S. des § 812 I 2 Alt. 2 BGB nicht festzustellen ist. Sie hat allerdings nicht zur Folge, dass
sämtliche Zuwendungen bei Scheitern der Beziehung auszugleichen wären. Auszuscheiden sind Leistungen, die
im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ersatzlos erbrachten wurden. Nicht anders zu beurteilen sind aber
auch einmalige größere Geldzahlungen desjenigen Partners, der sich nicht durch laufende Zahlungen an den
Kosten der Lebensführung beteiligt, sondern größere Einmalzahlungen erbringt. Er kann letztlich nicht besser
gestellt werden als der Partner, dessen laufende Zahlungen den täglichen Bedarf decken 40.
Arbeitsleistungen, die erbracht wurden, besteht das Problem, dass diese nicht als gemeinschaftsbezogene
Zuwendung qualifizierte werden können. Dies liegt daran, dass es hier an einer Übertragung von
Vermögenssubstanz fehlt. Aber auch wegen Arbeitsleistungen kann im Fall des Scheiterns der
Lebensgemeinschaft ein Ausgleichsanspruch bestehen, weil wirtschaftlich betrachtet Arbeitsleistungen ebenso
eine geldwerte Leistung darstellen wie z.B. die Zurverfügungstellung eines Geldbetrages.
Ein Anspruch nach § 313 BGB besteht grundsätzlich nur dann, wenn dem Leistenden die Beibehaltung der
durch die Leistungen geschaffenen Situation nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann, also
unbillig ist. Unbilligkeit liegt aber nur dann vor, wenn Leistungen erbracht wurden, denen nach den jeweiligen
Verhältnissen erhebliche Bedeutung zukommt. Maßgebend ist eine Gesamtabwägung der Umstände des
Einzelfalls, in die auch der Zweck der Zuwendung einzubeziehen ist. Ferner muss berücksichtigt werden,
inwieweit der Zweck erreicht wurde41. Es gelten hier also die Maßstäbe, die für den Ausgleich von
ehebedingten Zuwendungen unter Ehegatten gelten42.
e. Gesamtschuldnerausgleich
39
BGH NJW 2008, 3277
BGH NJW 2008, 443 = FamRZ 2008, 247, 249.
41
BGH NJW 2008, 3277; BGH NJW 2008, 3282.
42
vgl. hierzu BGH, NJW 1997, 2747 = FamRZ 1997, 933 m.w. Nachw.
40
11
Fall nach BGH, urt. v. 3.2.2010 –XII ZR 53/08- DNotZ 2010, 864:
Max und Maria haben in der Zeit von Juni 2009 bis zum 23. Juli 210 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft
zusammengelebt. Sie hatten eine Wohnung gemietet. Die Wohnung kostete monatlich 800 €. Die Miete zahlten
die beiden nicht regelmäßig. Bis Juli 2010 waren Verbindlichkeiten zur Höhe von insgesamt 4000 €
aufgelaufen. Diese hat Max nach Beendigung der Lebensgemeinschaft im Oktober 2010 bezahlt. Er möchte nun
2000 € von Maria zurückhaben. Die tatsächlichen Verhältnisse waren so, dass der Max arbeiten ging und Geld
verdiente, Maria kümmerte sich um das gemeinsame Kind, das im August 2009 geboren wurde. Sie bezog
lediglich Elterngeld.
Lösung:
Die Parteien sind gemeinsam als Gesamtschuldner nach § 427 BGB verpflichtet, die vereinbarte Miete an den
Vermieter zu zahlen. Im Verhältnis zueinander sind sie Gesamtschuldner. Gesamtschuldner sind, soweit nichts
anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen zur Zahlung verpflichtet (§ 426 Absatz 1 S. 1 BGB). Eine anderweitige
Bestimmung kann sich aus dem Gesetz, einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung oder aus der
Natur der Sache ergeben, also insbesondere aus der Gestaltung des tatsächlichen Geschehens.
Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens
zu folgern sein, dass persönliche und wirtschaftliche Leistungen der Lebensgefährten nicht gegeneinander
aufgerechnet werden. Regelmäßig bezahlen beide oder es bezahlt derjenige, der dazu in der Lage ist, auf
laufende Rechnungen. Nach der Rechtsprechung des BGH können zwar nach der Beendigung einer
nichtehelichen Lebensgemeinschaft Ansprüche wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen ein
Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung geschaffen wurde, nach dem Gesellschaftsrecht,
nach § 812 BGB oder nach § 313 BGB ausgeglichen werden, Ausgleichsansprüche scheiden jedoch
grundsätzlich hinsichtlich solcher Leistungen aus, die das Zusammenleben erst ermöglicht haben, die also auf
das gerichtet sind, was in der Lebensgemeinschaft Tag für Tag benötigt wird. Dazu gehören auch beispielsweise
Mietzinszahlungen oder Kosten für Lebensmittel oder Restaurantbesuche.
In dem vom BGH entschiedenen Fall war es so, dass Max das Geld verdiente und die Lebensgemeinschaft
damit wirtschaftlich absicherte. Es lag also eine anderweitige Bestimmung vor, mit der Folge, dass Maria nicht
im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs in Anspruch genommen werden kann. Daran ändert auch nichts,
dass die Lebensgemeinschaft zum Zeitpunkt der Zahlung durch Max schon aufgehoben war. Max konnte
während des Bestehens der Lebensgemeinschaft von Maria über § 426 BGB keinen Ausgleich verlangen, er
kann es auch nicht nach Beendigung der Lebensgemeinschaft.
Dr. T. Große-Boymann
11.04.2011
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