1 1. Arbeitspapier: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft Nach der Rechtsprechung handelt es sich um eine formlos begründete Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau, die auf unbestimmte Dauer angelegt ist. Sie ist durch eine innere Bindung der Partner zueinander gekennzeichnet, was dazu führt, dass die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft füreinander einstehen. Sie lässt neben sich keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zu 1. 1. Welches Recht ist auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft anzuwenden? a) Keine analoge Anwendung der Regelungen des Familienrechts Gedacht werden könnte daran, auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft die Regelungen des Familienrechts analog anzuwenden. Da jedoch der Gesetz- und Verfassungsgeber (vgl. Art. 6 GG) nur die Ehe besonders schützt, scheidet die Möglichkeit aus, das Familienrecht auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft analog anzuwenden. Insbesondere ist § 1362 BGB, nach dem für Eheleute vermutet wird, dass eine im Besitz eines Ehegatten oder beider Ehegatten befindliche bewegliche Sache im Rahmen einer Zwangsvollstreckung dem schuldenden Ehegatten gehört, nicht analog auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft anwendbar. Es fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Vielmehr hat der Gesetzgeber ganz bewusst auf die Ausdehnung der Anwendbarkeit des § 1362 BGB verzichtet 2. Durch das Eingehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ändert sich also weder der Personenstand noch der Güterstand. Es werden durch die Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft keine wechselseitigen Unterhaltsansprüche begründet. Fall nach BGH NJW 2007, 992: Die F-GmbH hat zwei titulierte Forderungen gegen Michael. Wegen dieser Forderungen pfändete sie am 11. 4. 2003 einen Pkw der Marke Audi. Zu diesem Zeitpunkt lebte Michael mit der Klara nichtehelich zusammen. Die F-GmbH und Klara streiten darüber, ob Klara oder der Michael Eigentümer des Fahrzeugs ist. Am 26. 6. 2003 heirateten die Klara und der Michael . Die Klara hat geltend gemacht, sie sei Alleineigentümerin des Fahrzeugs, und hat beantragt, die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären. Die F-GmbH. ist dem mit der Behauptung entgegengetreten, der Pkw gehöre allein dem Michael. Das LG hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Bekl. ist ohne Erfolg geblieben. Die Revision der Bekl. wurde zurückgewiesen. Begründung [5] I. Das BerGer. meint, die Eigentumsvermutung des § 1362 I 1 BGB sei auf die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht entsprechend anzuwenden. Deshalb sei nach § 1006 I 1 BGB zu vermuten, dass die (heutigen) Eheleute Miteigentümer des Pkw seien. Der F-GmbH sei es nicht gelungen, diese Vermutung zu widerlegen. [6] II. Diese Begründung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Drittwiderspruchsklage ist begründet, weil der Klara an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung, dem Audi, ein die Veräußerung hinderndes Recht zusteht (§ 771 I ZPO). [8] a) Das Miteigentum an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist ein solches Recht (RGZ 144, 236 [241]; BGH, NJW 1993, 335 = WM 1993, 902 [905]; Musielak/Lackmann, ZPO, 5. Aufl. § 771 Rdnr. 15; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 771 Rdnr. 19; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 771 Rdnr. 14 Stichwort Eigentum). Hierzu hat das BerGer. festgestellt, dass der Michael und die Klara an dem im September 2002 erworbenen Fahrzeug von Anfang an Mitbesitz hatten, weil sie damals schon zusammenlebten und das Fahrzeug gemeinsam nutzten. Hiergegen wendet sich die Revision nicht. Auf dieser tatsächlichen Grundlage wird nach § 1006 I 1 i.V. mit § 1008 BGB vermutet, dass der Schuldner und die Kl. mit der Erlangung des Mitbesitzes Eigenbesitzer geworden sind. Zu ihren Gunsten wird weiter vermutet, sie hätten bei Besitzübergabe unbedingtes Eigentum erlangt und seien während der Dauer ihres Besitzes Miteigentümer geblieben (vgl. BGHZ 64, 395 [396] = NJW 1975; 1699; BGH, NJW-RR 1989, 1453 = WM 1989, 1292; NJW 1992, 1162 = WM 1992, 877 [878]). 1 2 BVerfG, FamRZ 1993,164; BGH, FamRZ 1993,533; BSG, FamRZ 1993,1315. BGH NJW 2007, 992= BGHZ 170, 187. 2 [9] b) Das BerGer. hat sich - wie schon das LG - nicht davon überzeugen können, dass der Schuldner im September 2002 Alleineigentum an dem Fahrzeug erworben hat. Es ist von einem offenen Beweisergebnis ausgegangen. Die Beweisaufnahme habe weder unmittelbar den von der Bekl. behaupteten Erwerb des Schuldners zu Alleineigentum bestätigt noch Indizien ergeben, die für einen solchen Eigentumserwerb sprächen. Die Revision nimmt die Beweiswürdigung des BerGer. hin. Sie erhebt nur die Rüge aus § 286 ZPO, ohne diese entsprechend §§ 551 III 1 Nr. 2b, 557 III 2 ZPO auszuführen. [10] 2. Die Vermutung des § 1006 I 1 BGB kommt dem Drittwiderspruchskl. im Anwendungsbereich des § 1362 I 1 BGB allerdings nur eingeschränkt zugute (vgl. Wacke, in: MünchKomm, 4. Aufl., § 1362 Rdnr. 2; Staudinger/Hübner/Voppel, BGB, 13. Bearb. [2000], § 1362 Rdnr. 6; s. ferner BGH, NJW 1976, 238 [239]; NJW 1992, 1162 = WM 1992, 877 [878]). Nach dieser Bestimmung wird zu Gunsten der Gläubiger des Mannes und der Frau vermutet, dass die im Besitz beider Ehegatten befindlichen Sachen dem Schuldner (allein) gehören. Der Gläubiger kann sich auf die Vorschrift nur berufen, wenn die Voraussetzungen der Norm im Zeitpunkt der Pfändung schon vorlagen (vgl. BGH, NJW 1993, 935 = WM 1993, 902 [904]; Wacke, in: MünchKomm, b) Anwendung der Regelungen des allgemeinen Vertrags- und Schuldrechts Spezielle rechtliche Vorschriften, die sich ausdrücklich mit der Begründung und/oder Auflösung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft befassen, gibt es nicht. Probleme, die im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft auftreten, sind daher über das allgemeine Vertrags- und Schuldrecht zu lösen. Will z.B. ein Partner durch sein Handeln auch den anderen mit verpflichten, so benötigt er entweder eine Vollmacht oder die Verpflichtung des anderen Partners ergibt sich durch die Anwendung der Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht3, soweit die Voraussetzungen hierfür vorliegen. c) Ordnung des Rechtsverhältnisses durch einen Partnerschaftsvertrag Um Klarheit zu schaffen, ist es den Parteien einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft unbenommen, ihre Rechtsverhältnisse im Rahmen eines Partnerschaftsvertrages konkret zu regeln. Streitig ist, ob ein solcher Vertrag schon konkludent dadurch geschlossen wird, dass die Parteien eine nichteheliche Lebensgemeinschaft begründen. d) Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) BGH NJW 2008, 3277: Maria und Marius lernten sich 1990 kennen. 1999 kaufte Maria ein Grundstück, auf dem dann ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung errichtet wurde. Das Haus sollte von Maria und Marius bewohnt werden. In die Einliegerwohnung sollte Marias Tochter einziehen, ferner wollte Marius in dem Haus sein Büro als Versicherungsmakler einrichten. Maria und Marius investierten beide Geld und Arbeitszeit, um das Haus zu bauen. Im Februar 2000 zog man ein. Nachdem sich Maria und Marius zerstritten haben, zog Marius 2003 aus dem Haus aus. Er verlangt 90000 €, 70.000 € habe er für den Bau gezahlt, für 20.000 € habe er Arbeitsleistungen erbracht. Ansprüche nach Gesellschaftsrecht? Die GbR ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Gesellschafter wechselseitig verpflichten, einen gemeinsamen Zweck zu erreichen und die Erreichung dieses Zwecks in bestimmter vertraglich geregelter Weise zu fördern. Ferner sind die vereinbarten Beiträge zu leisten (§ 705 BGB). Den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft steht es frei, ausdrücklich einen Gesellschaftsvertrag zu schließen. Dies ist allerdings in der Praxis selten. Fraglich ist daher, ob und unter welchen Voraussetzungen auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft auch dann, wenn ausdrücklich kein Gesellschaftsvertrag geschlossen wurde, die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze des BGB angewendet werden können. aa. Nach einer Mindermeinung entsteht zwischen den Lebensgefährten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsprechend § 705 BGB, die das „gemeinsame Wirtschaften und Haushalten" als gemeinsamen Zweck verfolgt4. Bei der Auflösung der Gesellschaft können Ansprüche aus §§ 730ff BGB entstehen. Nach anderer Ansicht entsteht durch die Begründung des gemeinsamen Hausstandes konkludent ein Zusammenlebensvertrag mit umfassenden Rechten und Pflichten, die dem Eherecht angepasst sind5. 3 Staudinger-Strätz, (2000) Anh. Zu §§ 1297 ff BGB, Rdnr. 65. KG, NJW 1982, 1886 (hier allerdings gleichgeschlechtliche Partner). 5 Roth-Stielow, JR 1987, 233 ff. 4 3 bb. Nach der herrschenden Meinung ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft dadurch geprägt, dass die von den Lebensgefährten zur Verwirklichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft erbrachten Leistungen nicht gegeneinander abgerechnet werden sollen. Schließen die Partner bewusst keine Ehe und verzichten sie somit bewusst auf die für eine Ehe gegebenen gesetzlichen Regelungen und schließen sie auch keinen Partnerschaftsvertrag, um so ihr Zusammenleben auf eine klare rechtliche Basis zu stellen, so werden rechtliche Bindungen nicht als interessengerecht angesehen. Der Umstand, dass sich zwei Personen zu einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenschließen, ist ein rein tatsächlicher Vorgang, der keine Gemeinschaft im rechtlichen Sinne begründet6. Ausnahmsweise werden jedoch gesellschaftrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen den Gefährten einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft angenommen. Voraussetzung dafür ist, dass ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten ein entsprechender Gesellschaftsvertrag zustande gekommen ist. Wird während des Bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Vermögenswert /ein Objekt gemeinsamer Wertschöpfung erworben und gehen beide davon aus, dass der Vermögensgegenstand nicht nur während des Bestehens der nichtehelichen Partnerschaft gemeinsam genutzt wird sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören soll, so liegen diese Voraussetzungen regelmäßig vor, wenn ein Rechtsbindungwille festzustellen ist 7. Es ist eine Gesamtwürdigung der in Betracht zu ziehenden Umstände vorzunehmen. Dabei ist auf die Art des geschaffenen Vermögenswertes, auf die von beiden Seiten erbrachten Leistungen und die finanziellen Verhältnisse der Partner in der Lebensgemeinschaft abzustellen 8. Wollen die Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Erwerb des Vermögensgegenstandes einen wirtschaftlich gemeinsamen Wert schaffen, so kann die formal dingliche Zuordnung des Gegenstandes in das Eigentum einer Partei in den Hintergrund treten9. Der BGH hat ausdrücklich seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, wonach die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Vorschriften auch ohne schlüssig zustande gekommenen Gesellschaftsvertrag für möglich gehalten worden war 10. In dem Beispielsfall hat der BGH ausgeführt, dass nicht davon ausgegangen werden könne, die Parteien hätten konkludent einen Gesellschaftsvertrag im Hinblick auf die Errichtung des Hauses geschlossen. Die Partner hätten hier lediglich einen Zweck verfolgt, der nicht über die Verwirklichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hinausging. In einem solchen Fall beständen Zweifel an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen, da das Objekt letztlich „nur“ zum gemeinsamen Leben und Bewohnern angeschafft wurde. Hier kam noch hinzu, dass Marius ganz bewusst damit einverstanden war, dass Maria alleinige Eigentümerin des Hausgrundstücks wurde, um Erbansprüche seiner Kinder aus seiner geschiedenen Ehe an dem Haus zu verhindern. Marius habe ganz bewusst darauf verzichtet, dass das Objekt beiden gemeinsam gehöre. Es könne daher trotz des erheblichen Umfangs der von Marius erbrachten Leistungen nicht von einem konkludent geschlossenen Gesellschaftsvertrag ausgegangen werden. 2. Welche Rechtswirkungen ergeben sich? a. Mietrecht Ein Mieter darf ohne Erlaubnis des Vermieters einen Dritten nicht mit in die Wohnung aufnehmen (§ 540 Abs. 1 S. 1 BGB). Dritter in diesem Sinne ist auch der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, im Gegensatz zu Ehegatten, Eltern oder Hauspersonal, die nicht Dritte sind und daher ohne Erlaubnis aufgenommen werden dürfen 11. Der Mieter hat jedoch gegenüber dem Vermieter nach § 553 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Aufnahme des Lebensgefährten. Dies ergibt sich daraus, dass der Wunsch auf Aufnahme oder Fortsetzung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein berechtigtes Interesse des Mieters an der Aufnahme des Lebensgefährten in die Wohnung begründet12. Die Erlaubnis zur Aufnahme 6 BGHZ 77,55,59; BGH , FamRZ 1984,349; BGH, NJW 1996,2727; BGH, NJW 1997,1371,1371; BGH, Urt. v. 13.04.2005 -XII ZR 296/00; BGH, NJW 2008, 3277, 3278 [18]. 7 BGH NJW 2008, 3277, 3278 [18]. 8 BGH NJW-RR 2003, 1658; BGH NJW 2008, 3277, 3278. 9 BGH, FamRZ 1993, 940. 10 BGH NJW 2008, 3277, 3278 [30]. 11 Palandt-Weidenkaff, BGB, § 540 Rdnr. 5. 12 BGH, NJW 2004, 56. 4 des Lebensgefährten in die Wohnung kann nur dann von dem Vermieter mit Erfolg versagt werden, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund für die Versagung vorliegt. Ein solcher wichtiger Grund könnte z. B. eine Überbelegung der Wohnung sein. Der Vermieter darf die Erlaubnis auch dann versagen, wenn es ihm schlichtweg nicht zugemutet werden kann, den Lebensgefährten des Mieters in die Wohnung mit aufzunehmen13. BGH NJW 2008, 1959: Maria hatte mit ihrem Vermieter einen Mietvertrag. Sie nimmt Marius, ihren nichtehelichen Lebensgefährten, mit in die Wohnung auf und gibt ihm einen Schlüssel. Der Vermieter hat das Mietverhältnis gekündigt und erfolgreich eine Räumungsklage gegen Maria erhoben. Der Gerichtsvollzieher hat die Räumung der Wohnung abgelehnt, mit dem Hinweis darauf, neben Maria wohne in der Wohnung auch noch Marius. Der Vermieter hat Erinnerung gegen die Entscheidung der Gerichtsvollzieherin eingelegt, mit der Begründung, er habe nur einen Mietvertrag mit Maria und Marius halte sich ohne seine Zustimmung und ohne sein Wissen in der Wohnung auf. Wird die Erinnerung Erfolg haben? Erfolg hat die Erinnerung (§ 766 ZPO) nur dann, wenn die Räumungsvollstreckung nach § 885 ZPO möglich wäre, ohne dass ein Räumungstitel gegen Marius vorliegt. Voraussetzung für eine wirksame Räumungsvollstreckung ist ein Vollstreckungstitel, in dem das Grundstück beziehungsweise die Wohnung, die geräumt werden soll, eindeutig bezeichnet ist. Der Titel muss gegen jeden Schuldner gerichtet sein. Schuldner ist jeder Gewahrsamsinhaber. Gewahrsamsinhaber ist ein Mitbesitzer. Ist der Marius Mitbesitzer der Wohnung geworden und nicht lediglich als Besucher oder Gast der Maria in der Wohnung, so ist auch ein Räumungstitel gegen ihn erforderlich. Zur Begründung des Mitbesitzes ist es nicht erforderlich, dass der Vermieter von der Aufnahme von Marius in die Wohnung Kenntnis erhielt [13]. Mitbesitz wir zum Beispiel begründet durch die Übergabe eines Schlüssels für die Wohnung 14. Marius ist Mitbesitzer. Ohne einen Räumungstitel gegen ihn kann die Räumungsvollstreckung nicht erfolgen. Die Erinnerung wird erfolglos bleiben. Stirbt der Mieter, so kann der nichteheliche Lebensgefährte des Erblassers nach § 563 Abs. 2 S. 4 BGB in den Mietvertrag eintreten, wenn nicht der Ehegatte des Erblassers oder sein Lebenspartner eintritt15. Hat ein Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Wohnungsrecht nach § 1093 BGB, so ist er nach der Rechtsprechung berechtigt, den Lebensgefährten mit in die Wohnung aufzunehmen. Der Lebensgefährte wird der Familie und dem Hauspersonal des Inhabers des Wohnungsrechts hier gleichgestellt. Der Lebensgefährte darf daher ohne Gestattung des Eigentümers, die ansonsten nach § 1092 Abs.1 S.2 BGB erforderlich wäre, in die Wohnung aufgenommen werden16. In der Praxis häufig stellt sich die Frage, ob gegen den Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Anspruch auf Herausgabe der gemeinsam genutzten –im Eigentum eines Partners stehenden- Wohnung besteht. BGH NJW 2008, 2333: Maria ist Eigentümerin eines Hauses, das von Marius bewohnt wird. Maria ist an Demenz erkrankt, sie steht unter Betreuung und lebte in einem Pflegeheim. Marius hatte Maria bis zur Aufnahme in das Pflegeheim in dem gemeinsam genutzten Haus gepflegt. Nunmehr verlangt die Betreuerin von Marius die Räumung und Herausgabe des Hauses sowie Nutzungsentschädigung. Zu Recht? Es besteht ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB. Maria ist Eigentümerin des Hauses, Marius ist Besitzer. Ein Recht zum Besitz nach § 986 BGB hat er nicht. Das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft begründet kein Recht zum Besitz. Die Mitbenutzung der gemeinsamen Wohnung, die in einem Haus liegt, das im Eigentum eines Lebensgefährten alleine steht, beruht auf der tatsächlichen Gestattung dieser Mitbenutzung durch den Eigentümer. Die Befugnis zu der Mitbenutzung endet also, wenn diese tatsächliche Gestattung nicht mehr besteht, also dann, wenn der Eigentümer der Wohnung die Herausgabe des Mitbesitzes verlangt. Verlangen kann der Eigentümer der Wohnung die Herausgabe des 13 BGH, NJW 2004,56; Mietschulden des Lebensgefährten reichen nicht für Versagung der Erlaubnis: AG Hamburg, WuM 1997, 554. 14 Palandt-Bassenge, § 854 Rn 5. 15 LG München, NZM 2005, 336. 16 BGH NJW 1982, 1868. 5 Mitbesitzes jederzeit, also auch dann, wenn die nichteheliche Lebensgemeinschaft an sich noch besteht [14]. Ein Recht zum Besitz könnte sich aus einem Leihvertrag ergeben. Dann müsste ein Leihvertrag zwischen den Partnern der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft zustande gekommen sein. Die Einräumung der Mitbenutzung an einer gemeinsamen Wohnung ist regelmäßig nur ein Beitrag zur Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft. Sie ist nur eine Leistung von vielen im Rahmen des gegenseitigen Geben des Nehmens beim gemeinsamen Leben. Sie erfolgt in Zweifel auf tatsächlicher und nicht auf vertraglicher Grundlage [16]. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft konkludent einen solchen Leihvertrag abschließen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass erkennbar ist, dass die Partner gerade die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung an der gemeinsamen Wohnung einer besonderen für beide Partner verbindlichen Regelung zuführen wollen und nicht mehr als reine Ausgestaltung des gemeinsamen Lebens begreifen. Ein solcher konkludenter Vertragsschluss kann nicht schon dann angenommen werden, wenn zwei Partner sich zu einer Lebensgemeinschaft zusammenschließen und einer im Eigentum des anderen mit wohnt. Regeln sie ihre Beziehungen nicht erkennbar besonders, so handelt es sich bei der gemeinsamen Nutzung um einen rein tatsächlichen Vorgang ohne rechtliche Bindung. Ein Leihvertrag ist auch konkludent nicht zu Stande gekommen [17]. Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung besteht nach §§ 987, 990 BGB. Die Herausgabeklage wurde am 8.3.2001 rechtshängig, ab diesem Zeitpunkt sei Nutzungsentschädigung zu zahlen. Der Anspruch bestehe selbst dann, wenn davon ausgegangen werde, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft von Maria und Marius durch den Umzug der Maria in das Pflegeheim nicht aufgelöst wurde. Für das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sei die Nutzung einer gemeinsamen Wohnung nicht zwingend erforderlich. Im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft seien wirtschaftliche Leistungen, die ein Partner dem anderen erbringe, ohne besondere Abrede nicht zu vergüten. Wäre dieser Grundsatz hier noch anzuwenden, so könnte keine Nutzungsentschädigung verlangt werden. Dieser Grundsatz könne jedoch dann nicht mehr gelten, wenn die nichteheliche Lebensgemeinschaft kein gemeinsames Wirtschaften mehr einschließe, wenn also letztlich jeder Partner für sich lebe, und die Lebensgemeinschaft nur noch aufgrund der inneren Bindung der Lebensgefährten und ihres füreinander einstehen Wollens bestehe [32]. b. Sachenrecht Die von den Partnern in den gemeinsamen Haushalt eingebrachten Gegenstände bleiben im Eigentum des bisherigen Eigentümers. Allein durch die Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verändert sich an den Eigentumsverhältnissen nichts, was im Übrigen auch für die Ehe gilt. Erwirbt ein Lebensgefährte während des Bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Gegenstände, so wird er auch regelmäßig Alleineigentümer. Schaffen die Lebensgefährten allerdings aus gemeinsamen Mitteln Gegenstände an, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass beide Miteigentümer nach § 1008 BGB geworden sind. Zu beachten ist ferner § 1006 BGB. Die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft haben Mitbesitz an allen Gegenständen, die zum gemeinsamen Haushalt gehören. Der Mitbesitz begründet hier bei beweglichen Sachen nach §§ 1006, 1008 BGB die Vermutung von Miteigentum. Eine Ausnahme gilt für Gegenstände des persönlichen Gebrauchs. Bei der Anschaffung solcher Gegenstände ist von Alleinbesitz und auch von Alleineigentum des Erwerbenden auszugehen. Beispiel: Harald und Helene kaufen in der Zeit ihres Zusammenlebens in nichtehelicher Lebensgemeinschaft einen Teppich. Vor der Trennung wird der Teppich zur Reinigung gebracht. Harald holt den Teppich nach der Trennung aus der Reinigung ab. Helene verlangt von Harald den Teppich heraus. Sie hatte den Teppich von ihrem Geld bezahlt. Der Verkäufer hatte den Teppich Harald und Helene zusammen anlässlich des Kaufs übergeben und hatte den Eindruck, dass beide den Teppich erwerben wollten. Ihm war es egal, wer Käufer des Teppichs war. Harald behauptet, Helene habe ihm den Teppich nach der Trennung überlassen. Hat Helene gegen Harald einen Anspruch auf Herausgabe des Teppichs ? (nach OLG Düsseldorf, NJW 1992, 1706) 1. Anspruch aus § 1361a BGB? (-), keine Ehe. 2. Anspruch aus § 985 BGB? Harald Besitzer ? (+) Helene Alleineigentümerin? a. § 1006 Abs. 1 BGB zu Gunsten des Harald? (-), weil mit der bloßen Rückgabe des Teppichs von der Reinigung an Harald kein Eigentumserwerb verbunden war. Dies setzt § 1006 BGB jedoch voraus, denn 6 er ist auf das Zusammentreffen von Besitzerwerb und Eigentumserwerb zugeschnitten (PalandtBassenger, BGB, § 1006 Rdnr. 4). b. § 1006 Abs. 2 BGB zu Gunsten des Harald? (+), Harald war bis zur Hingabe des Teppichs zur Reinigung Mitbesitzer. Bei Mitbesitzern wird Miteigentum nach Bruchteilen vermutet (BGH, NJW 1993,935,936). Widerlegung der Vermutung durch Helene? (-), Voraussetzung wäre, dass Helene beweisen kann, dass mit der Erlangung des Mitbesitzes von Harald an dem Teppich gerade nicht der Erwerb von Miteigentum des Harald verbunden ist. Insoweit ist eine Deutung des Gesamtverhaltens beider Parteien vorzunehmen. Für Helene spricht, dass sie den Teppich allein und aus eigenen Mitteln bezahlt hat. Teilweise wird allerdings bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften bei Sachen, die für den gemeinsamen Haushalt angeschafft sind, ungeachtet der Frage, wer bezahlt hat, im Zweifel eine Bruchteilsgemeinschaft angenommen (vgl. LG Aachen, FamRZ 1983,61). Andere nehmen an, dass immer der Partner, der bezahlt hat, auch Eigentümer des Gegenstandes sein will (OLG Hamm, NJW 1989,909). Das OLG Düsseldorf hat differenziert. Danach hängt der Wille zur Gestaltung der dinglichen Rechtslage wesentlich von der Art, Dauer und dem Zweck der jeweiligen Lebensgemeinschaft ab. Führen die Lebensgefährten einen gemeinsamen Haushalt, so sei im Zweifel davon auszugehen, dass keine strikte Trennung zwischen "Mein und Dein“ gewollt sei. Werde zu einer solchen strikten Trennung der wirtschaftlichen Verhältnisse nichts vorgetragen, so sei von einem Erwerb von Miteigentum auszugehen. c. Kann Helene beweisen, dass sie Alleineigentümerin geworden ist? § 929 S. 1 BGB, Einigung und Übergabe. Der Verkäufer des Teppichs hat erklärt, dass er den Akt der Bezahlung durch Helene allein gerade nicht zum Anlass genommen hatte, ihr allein auch den Teppich zu übereignen. Er hatte den Teppich Harald und Helene übergeben. Es war ihm egal, wer letztlich Eigentümer des Teppichs wurde (Grundsatz des Geschäfts für den, den es angeht). Aber auch hier kein Eigentumserwerb der Helene. Erforderlich ist immer, dass der Erklärungsempfänger auf der Erwerberseite den Willen hat, gerade für denjenigen zu erwerben, den es angeht. Dies ist hier nicht gegeben. Dies mag zwar für die Helene zutreffen, es war aber auch Harald in den Übereignungsvorgang einbezogen. Dass Harald den Willen hatte, für Helene zu erwerben, steht gerade nicht fest und kann auch nicht unterstellt werden. Die Miteigentumsvermutung zu Gunsten des Harald kann nicht von Helene widerlegt werden. Ein Anspruch auf Herausgabe besteht nicht. c. Erbrecht Die Lebensgefährten können kein gemeinschaftliches Testament errichten, da diese Testamentsform nach § 2269 BGB nur Ehegatten zur Verfügung steht. Selbstverständlich können sich die Lebensgefährten in einem Testament oder in einem Erbvertrag jedoch zu Erben einsetzen. Der Lebensgefährte des Erblassers hat auch keinen Pflichtteilsanspruch. Auch ein solcher steht nur einem überlebenden Ehegatten, also der Witwe oder dem Witwer des Erblassers zu (§ 2303 Abs. 2 S. 1 BGB). Der Lebensgefährte des Erblassers wird auch erbschaftssteuerrechtlich nicht privilegiert. Er ist nach § 15 ErbStG in die Steuerklasse III einzuordnen. Er hat einen steuerlichen Freibetrag nach § 16 I Nr. 7 ErbStG (nicht Nr. 6!!!) von 20.000 €, während ein Ehegatte einen steuerlichen Freibetrag von 500.000 € hat. d. Unterhaltsrecht Die nichteheliche Lebensgemeinschaft begründet keine wechselseitigen Unterhaltsansprüche. § 1360 BGB, der den Familienunterhalt während einer bestehenden Ehe regelt, ist nicht anwendbar. Die Lebensgefährten können jedoch vertraglich vereinbaren, dass sie wechselseitig Unterhaltsansprüche haben. Wird ein Kind geboren, so ergibt sich der Unterhaltsanspruch der Mutter des nichtehelichen Kindes aus § 1615 l BGB. Auswirkungen hat das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft jedoch dann, wenn ein Lebensgefährte noch anderweitig verheiratet ist. Verlangt der noch verheiratete Lebensgefährte von seinem getrenntlebenden Ehepartner Unterhalt, so muss sich zumindest ein nicht voll Berufstätiger für die Haushaltsführung in der neuen Beziehung einen bestimmten angemessenen Betrag anrechnen lassen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Lebensgefährte in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft auch über ausreichende Einkünfte verfügt17. 17 BGH, FamRZ 2004,1173; vgl. auch OLG Dresden NJW-RR 2007,1303. 7 Hat sich die Lebensgemeinschaft verfestigt, besteht diese also etwa zwei bis drei Jahre, so kann der Anspruch auf Trennungsunterhalt (§ 1361 Abs. 3 BGB) und auch auf Unterhalt für die Zeit ab Rechtkraft der Scheidung nach § 1579 Nr. 2 BGB herabgesetzt, zeitlich begrenzt oder völlig versagt werden18. Lebt derjenige, der einem getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten und/oder einem Kind Unterhalt schuldet, in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, so wird vertreten, dass der sogenannte Selbstbehalt aus den Unterhaltstabellen (770 € /950€ Leitlinien OLG BRB, Stand 1.1.2011) also der Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen in jedem Falle verbleiben muss, zu kürzen ist. Unter dem Gesichtspunkt der Haushaltsersparnis wird eine Kürzung des Selbstbehalts um 12,5% auch vom BGH durchgeführt 19. Im Einzelfall kann die Kürzung auch geringer ausfallen oder ganz entfallen, nämlich dann, wenn der Lebensgefährte nicht über Einkünfte verfügt, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, ihn entsprechend an den Kosten des gemeinsamen Haushaltes zu beteiligen20. e. Elterliche Sorge Die Lebensgefährten können für ein gemeinsames Kind die gemeinsame elterliche Sorge ausüben, wenn sie eine sogenannte Sorgeerklärung nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB abgegeben haben. Wird eine solche Sorgeerklärung nicht abgegeben, so steht nach der bisherigen Fassung des Gesetzes allein der Kindesmutter die elterliche Sorge zu (§ 1626a Abs. 2 BGB). Mit Zustimmung der Mutter konnte auch den Vater nach § 1672 I BGB die elterliche Sorge übertragen werden, wenn die Übertragung dem Kindeswohl diente. Gegen den Willen der Mutter war dies nur dann möglich, wenn der Mutter wegen Gefährdung des Kindeswohls die elterliche Sorge entzogen wurde (§§ 1680 III, II 2,16 166 BGB), die elterliche Sorge dauerhaft ruhte (1678 II BGB) oder wenn die Kindesmutter verstorben war (§§ 1680 II 2, 1681 BGB). Der Vater eines nichtehelichen Kindes war, von den vorgenannten Ausnahmefällen abgesehen, vom Zugang der elterlichen Sorge bei fehlender Zustimmung der Mutter ausgeschlossen. Er konnte nicht gerichtlich überprüfen lassen, ob die Übertragung der elterlichen Sorge auf ihn dem Kindeswohl besser diente oder ob es dem Kindeswohl dienlich sei, wenn die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam ausgeübten. Dies sah das Gesetz nicht vor. Das BVerfG hat dies als schwerwiegenden Eingriff in das Elternrecht des Vaters, das verfassungsrechtlich in Art. 6 II Grundgesetz geschützt ist, angesehen. Dieser Eingriff sei unverhältnismäßig und nicht gerechtfertigt. § 1626a I Nr. 1 BGB und § 1672 I BGB sind mit Art. 6 II Grundgesetz unvereinbar. Normen, die verfassungswidrig sind, sind grundsätzlich für nichtig zu erklären. Dies ergibt sich aus § 95 III 1, 2 BVerfGG. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn durch die Nichtigkeit ein Zustand geschaffen würde, der von der verfassungsgemäßen Ordnung noch weiter entfernt ist, als der, der bislang mit den verfassungswidrigen Normen besteht 21. Dies hat das BVerfG hier angenommen. Würden die §§ 1626a I Nr. 1, 1672 I BGB für nichtig erklärt, so würde dies dazu führen, dass selbst dann, wenn die Eltern eines nichtehelichen Kindes gemeinsam die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindesvater wünschten und wollten, dies nicht mehr möglich wäre. Auch eine Unanwendbarkeit der Norm kommt nicht in Betracht, weil auch dies den verfassungswidrigen Zustand vertiefen würde22. Das BVerfG hat ausgeführt, man könne auch die verfassungswidrigen Normen hier auch nicht bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber weiterhin für anwendbar erklären. Dem stehe zum einen entgegen, dass letztlich nicht beurteilt werden könne, wann der Gesetzgeber eine Neuregelung schaffe. Gerade in kindschaftsrechtlichen Angelegenheiten spiele der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle. Durch fortschreitendem Zeitablauf könne sich hier gegebenenfalls eine bestehende Situation so verfestigen, dass dann später tatsächlich die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge oder die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindesvater nicht mehr dem Kindeswohl entspreche. Darüber hinaus hätten die Familiengerichte dann mit § 1626a I Nr. 1 BGB eine Vorschrift anzuwenden, die nicht nur dem Grundgesetz widersprechen sondern auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für unvereinbar mit Art. 8 EMRK erklärt wurde 23. Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt, bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, ein Regelungskonzept angeordnet, das sich daran orientiert, dass Eltern von nichtehelichen Kindern durch Abgabe einer gemeinsamen Sorgeerklärung die gemeinsame elterliche Sorge für ihr Kind begründen können. Es hat vorläufig angeordnet, dass die Familiengerichte den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der 18 VgI. Palandt-Brudermüller, BGB, § 1579 Rdnr. 11ff. BGH, Urt. v. 21.1.2009 – XII ZR 54/06- BeckRS 2009, 09197 20 Schael, FuR 2006, 6ff; vgl. auch BGH, FamRZ 2004, 24; OLG Hamm, FamRZ 2006, 809; a.A. OLG Frankurt, FamRZ 2005,2090; OLG Karlsruhe, FamRZ 2005,2091. 21 BVerfG NJW 2010, 3008 ff [71]. 22 BVerfG NJW 2010, 3008 [72]. 23 EGMR, NJW 2010, 501 [64]. 19 8 elterlichen Sorge gemeinsam übertragen soll, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht. Der Prüfungsmaßstab ist das Kindeswohl. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Belange des Kindes maßgebliche Berücksichtigung finden, die Zugangsvoraussetzungen zur gemeinsamen elterlichen Sorge allerdings auch nicht zu hoch angesetzt werden 24. f. Prozessrecht Alle Verfahren sind Zivilsachen und keine Familiensachen. Einem Lebensgefährten steht kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 ZPO zu. Ein solches Zeugnisverweigerungsrecht hat nur der Ehegatte, der Verlobte und der Lebenspartner (im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes) der Partei25. Gleiches gilt im Rahmen der Strafprozessordnung. Auch dort steht einem Lebensgefährten, auch dann, wenn es sich um einen langjährigen Lebensgefährten handelt und aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Kinder hervorgegangen sind, kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO zu26. Im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach allgemeiner Meinung das Einkommen eines Lebensgefährten trotz Bestehens einer häuslichen Gemeinschaft ohne Bedeutung. Das Einkommen muss also in dem Formular nicht angegeben werden. Dem Antragsteller werden auch nicht fiktive Einkünfte für die kann Führung des gemeinsamen Haushaltes als Einkommen zugerechnet27. 3. Welche Ansprüche bestehen bei der Auflösung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft? a) Grundsatz Haben die Lebensgefährten keine Vereinbarung getroffen, so sind die persönlichen und/oder wirtschaftlichen Leistungen, die während des Bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft von jedem Lebensgefährten erbracht wurden und die das tägliche Zusammenleben erst ermöglichten, nicht auszugleichen28. b) Herausgabe nach §§ 530 I, 531 II, 812 BGB nach Schenkungswiderruf wegen groben Undanks Voraussetzung dafür, dass die vorgenannten Vorschriften eingreifen, ist, dass es sich bei der Zuwendung eines Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft an den anderen um eine Schenkung handelt. Eine Schenkung ist nur dann anzunehmen, wenn die Zuwendung nach dem Willen der Partner zur freien Verfügung des Empfängers geleistet wird. Wird die Zuwendung geleistet, mit der Vorstellung oder in der Erwartung, dass die Lebensgemeinschaft Bestand haben wird und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft, so liegt keine Schenkung sondern eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung vor. Eine solche gemeinschaftsbezogene Zuwendung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie der Lebensgemeinschaft und letztlich auch dem Zuwendenden selbst zu gute kommen soll 29 Solche gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen sind im Fall der Trennung nicht über die Schenkungsvorschriften auszugleichen 30. c) Anwendung der Regelungen des Gesellschaftsrechts (§§ 730ff BGB) Die Regelungen für die Auseinandersetzung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts können nur dann Anwendung finden, wenn zwischen den Lebensgefährten überhaupt eine Gesellschaft gegründet wurde. Ein Gesellschaftsvertrag kann auch durch schlüssiges Verhalten geschlossen werden. Dies kommt dann in Betracht, wenn die Parteien die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb des Vermögensgegenstandes einen, wenn auch nur wirtschaftlich gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der für die Dauer der Partnerschaft nicht nur von beiden Partnern gemeinsam benutzt werden soll, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören soll 31. Insoweit ist eine Gesamtwürdigung der Situation der Parteien vorzunehmen. Von Bedeutung ist hier die Planung, der Umfang und die Dauer des Zusammenwirkens. Ferner ist bei der Gesamtwürdigung die Art des geschaffenen Vermögenswertes, die von jeder Partei erbrachte Leistung und die wirtschaftliche Situation jeder 24 BVerfG, NJW 2010, 3008 [75]. Zöller, ZPO, § 383 Rdnr. 9. 26 Senge in Karlsruher Kommentar StPO, 5.Aufl., § 52 Rdnr. 14b. 27 So Zöller, ZPO, § 115 Rdnr. 8 m.w.N. 28 BGH NJW 2008, 2333, 2335 [16]; BGH NJW 2008, 3277, 3280 [33]. 29 BGH NJW 2008, 3277, 3278 [16, 17]. 30 BGH NJW 2008, 3277, 3278 [15]. 31 BGH, FamRZ 2005, 1151, 1152; Oehlmann/Stille, FamRZ 2004. 151ff. 25 9 Partei zu berücksichtigen 32. Bei Vermögenswerten von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung kann ein Indiz für die Absicht, einen gemeinsamen Wert zu schaffen, in einem wesentlichen wirtschaftlichen Beitrag zur Anschaffung des Vermögenswertes gesehen werden 33. d) § 812 BGB und Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) Bei Leistungen, die über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht, ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein Ausgleichsverlangen unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten begründet ist. Dies gilt im Übrigen nicht nur für nichteheliche Lebensgemeinschaften, sondern würde auch für andere Formen des gemeinschaftlichen Lebens und Wirtschaftens gelten, wie sie etwa unter verwitweten Geschwistern, sonstigen Verwandten oder Freunden vorstellbar sind; auf einen sexuellen Bezug kommt es insoweit nicht an34. In einer Ehe stehen die persönlichen Beziehungen ebenfalls im Vordergrund und bestimmen das vermögensbezogene Handeln der Ehegatten, ohne dass daraus hinsichtlich überobligationsmäßiger Leistungen auf das Fehlen einer Rechtsgemeinschaft geschlossen würde. Insofern werden ehebezogene Zuwendungen angenommen, die nach Scheidung der Ehe, insbesondere bei Gütertrennung, zu Ausgleichsansprüchen nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage führen können. Das Argument, der leistende Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft habe deren Scheitern bewusst in Kauf genommen, also nicht auf den Bestand vertrauen dürfen, kann nicht überzeugen. Der Partner weiß zwar, dass die Lebensgemeinschaft jederzeit beendet werden kann, seiner Zuwendung wird aber regelmäßig die Erwartung zu Grunde liegen, dass die Gemeinschaft von Bestand sein werde. Soweit er hierauf tatsächlich und für den Empfänger der Leistung erkennbar vertraut hat, erscheint dies schutzwürdig. Dass nur das Vertrauen von Ehegatten in die lebenslange Dauer ihrer Verbindung rechtlich geschützt ist (§ 1353 I 1 BGB), vermag mit Hinblick auf die hohe Scheidungsrate eine unterschiedliche Behandlung nicht zu begründen35. aa) § 812 BGB Ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Alternative BGB (Wegfall des rechtlichen Grundes) scheitert daran, dass die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft rechtlich zu nichts und damit auch zu keinen konkreten Leistungen verpflichtet sind. Das Zusammenleben ist kein rechtlicher Grund für während des Bestehens der Lebensgemeinschaft getätigte Zuwendungen. Trennen sich die Lebensgefährten, so fällt dadurch auch im Nachhinein kein Rechtsgrund für getätigte Zuwendungen weg36. Ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 S, 2, 2, Alternative BGB, also wegen Wegfalls des mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäft bezweckten Erfolges, scheitert aber nicht. Nach Abs. 1 S, 2, 2, Alternative BGB besteht für den Empfänger einer Leistung die Pflicht zur Herausgabe der Zuwendung, sofern der mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist. Ein Bereicherungsanspruch wegen Fehlschlagens dieser Erwartung setzt voraus, dass darüber mit dem Empfänger der Leistung eine Willensübereinstimmung erzielt worden ist; einseitige Vorstellungen genügen nicht. Eine stillschweigende Einigung in diesem Sinne kann aber angenommen werden, wenn der eine Teil mit seiner Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt und der andere Teil dies erkennt und die Leistung entgegennimmt, ohne zu widersprechen37. Die danach erforderliche finale Ausrichtung der Leistung auf einen nicht erzwingbaren Erfolg wird sich innerhalb einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder einer anderen auf Dauer angelegten Partnerschaft nur bezüglich solcher Zuwendungen oder Arbeitsleistungen feststellen lassen, die deutlich über das hinausgehen, was die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt. Sie kann auch nicht allgemein in dem gegenwärtigen Zusammenleben mit dem Partner gesehen werden. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete Zweckabrede, die z.B. dann vorliegen kann, wenn die Partner zwar keine gemeinsamen Vermögenswerte schaffen wollten, der eine aber das Vermögen des anderen in der Erwartung vermehrt hat, an dem erworbenen Gegenstand langfristig partizipieren zu können38. 32 BGH NJW 2008, 3277, 3278 [18]. Lüderitz/Dethloff, FamR, § 8 Rdnr. 25. 34 BGH NJW 2008, 3277. 35 BGH NJW 2008, 3277; BGH NJW 2008, 3282; vgl. auch Hausmann/Hohloch, Kap. 4. Rdnrn. 156f., und Schulz, FamRZ 2007, 593 [595] 36 MüKo-Wacke, BGB, Nach § 1302 Rdnr. 57. 37 BGHZ 115, 261, 263 = NJW 1992, 427 = FamRZ 1992, 160 [161] m.w. Nachw. 38 BGH NJW 2008, 3277; Hausmann/Hohloch, Kap. 4. Rdnrn. 140ff.; Staudinger/Löhnig, Anh. §§ 1297ff. Rnr. 115, 118. 33 10 BGH NJW 2008, 3277 (Fall s.o. S. 1): Maria hatte dem Marius ein lebenslanges Wohnrecht in dem Haus versprochen, eingetragen im Grundbuch wurde dieses Wohnrecht allerdings nicht. Man hatte es auch nicht schriftlich festgehalten. Der Marius hatte die erheblichen Eigenleistungen für den Bau des Hauses und die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt. Der BGH hält hier ein Anspruch nach § 812 I 2, 2. Alt. BGB wegen des Wegfalls des mit der Leistung bezweckten Erfolges für möglich. Der Marius habe das Geld und die Arbeitsleistung für den Bau des Einfamilienhauses zur Verfügung gestellt beziehungsweise erbracht, um dauerhaft aufgrund des ihm zugesagten Wohnrecht in dem Objekt wohnen zu können. Für die Maria sei dies erkennbar gewesen. Sie habe die Arbeitsleistungen und das Geld entgegengenommen ohne zu widersprechen. Ein Anspruch sei gegeben. § 815 BGB der regelt, dass die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit der Leistung bezweckten Erfolges ausgeschlossen ist, wenn der Eintritt des Erfolges von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewusst hat, führt bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu einem Ausschluss des Anspruchs. Der BGH hat ausgeführt, die beabsichtigte Dauer der nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf Lebenszeit sei wohl nicht von Anfang an unmöglich. § 815 BGB greift aber wohl dann, wenn der Leistende selbst die Verbindung wider Treu und Glauben gelöst hat. Eine verschärfte Haftung des Leistungsempfängers gem. § 820 I BGB dürfte nicht in Betracht kommen. Der Bestand der nichtehelichen Lebensgemeinschaft stellt keinen beabsichtigten Erfolg dar, dessen Eintritt ungewiss war. Die Partner wissen zwar um die jederzeitige Auflösbarkeit ihres Verhältnisses und konnten damit gegebenenfalls auch die Beendigung der gemeinsamen Nutzung vorhersehen. Das letztlich alles anders kommt, als erwartet, ist aus Sicht des Empfängers der Leistungen aber nur eine ganz entfernt bestehende Möglichkeit. Dies ist noch keine Ungewissheit i.S. des § 820 I 1 BGB39. bb) Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) Ein Ausgleichsanspruch kommt nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) neben dem Anspruch aus § 812 BGB in Betracht, soweit der Zuwendung die Vorstellung oder Erwartung zu Grunde lag, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient hat, werde Bestand haben. Die Rückabwicklung über § 313 BGB erfasst z.B. Fälle, in denen es mangels Schaffung eines gemeinschaftlichen Vermögenswerts nicht zu gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen kommt oder bei denen eine Zweckabrede i.S. des § 812 I 2 Alt. 2 BGB nicht festzustellen ist. Sie hat allerdings nicht zur Folge, dass sämtliche Zuwendungen bei Scheitern der Beziehung auszugleichen wären. Auszuscheiden sind Leistungen, die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ersatzlos erbrachten wurden. Nicht anders zu beurteilen sind aber auch einmalige größere Geldzahlungen desjenigen Partners, der sich nicht durch laufende Zahlungen an den Kosten der Lebensführung beteiligt, sondern größere Einmalzahlungen erbringt. Er kann letztlich nicht besser gestellt werden als der Partner, dessen laufende Zahlungen den täglichen Bedarf decken 40. Arbeitsleistungen, die erbracht wurden, besteht das Problem, dass diese nicht als gemeinschaftsbezogene Zuwendung qualifizierte werden können. Dies liegt daran, dass es hier an einer Übertragung von Vermögenssubstanz fehlt. Aber auch wegen Arbeitsleistungen kann im Fall des Scheiterns der Lebensgemeinschaft ein Ausgleichsanspruch bestehen, weil wirtschaftlich betrachtet Arbeitsleistungen ebenso eine geldwerte Leistung darstellen wie z.B. die Zurverfügungstellung eines Geldbetrages. Ein Anspruch nach § 313 BGB besteht grundsätzlich nur dann, wenn dem Leistenden die Beibehaltung der durch die Leistungen geschaffenen Situation nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann, also unbillig ist. Unbilligkeit liegt aber nur dann vor, wenn Leistungen erbracht wurden, denen nach den jeweiligen Verhältnissen erhebliche Bedeutung zukommt. Maßgebend ist eine Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls, in die auch der Zweck der Zuwendung einzubeziehen ist. Ferner muss berücksichtigt werden, inwieweit der Zweck erreicht wurde41. Es gelten hier also die Maßstäbe, die für den Ausgleich von ehebedingten Zuwendungen unter Ehegatten gelten42. e. Gesamtschuldnerausgleich 39 BGH NJW 2008, 3277 BGH NJW 2008, 443 = FamRZ 2008, 247, 249. 41 BGH NJW 2008, 3277; BGH NJW 2008, 3282. 42 vgl. hierzu BGH, NJW 1997, 2747 = FamRZ 1997, 933 m.w. Nachw. 40 11 Fall nach BGH, urt. v. 3.2.2010 –XII ZR 53/08- DNotZ 2010, 864: Max und Maria haben in der Zeit von Juni 2009 bis zum 23. Juli 210 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Sie hatten eine Wohnung gemietet. Die Wohnung kostete monatlich 800 €. Die Miete zahlten die beiden nicht regelmäßig. Bis Juli 2010 waren Verbindlichkeiten zur Höhe von insgesamt 4000 € aufgelaufen. Diese hat Max nach Beendigung der Lebensgemeinschaft im Oktober 2010 bezahlt. Er möchte nun 2000 € von Maria zurückhaben. Die tatsächlichen Verhältnisse waren so, dass der Max arbeiten ging und Geld verdiente, Maria kümmerte sich um das gemeinsame Kind, das im August 2009 geboren wurde. Sie bezog lediglich Elterngeld. Lösung: Die Parteien sind gemeinsam als Gesamtschuldner nach § 427 BGB verpflichtet, die vereinbarte Miete an den Vermieter zu zahlen. Im Verhältnis zueinander sind sie Gesamtschuldner. Gesamtschuldner sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen zur Zahlung verpflichtet (§ 426 Absatz 1 S. 1 BGB). Eine anderweitige Bestimmung kann sich aus dem Gesetz, einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung oder aus der Natur der Sache ergeben, also insbesondere aus der Gestaltung des tatsächlichen Geschehens. Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens zu folgern sein, dass persönliche und wirtschaftliche Leistungen der Lebensgefährten nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Regelmäßig bezahlen beide oder es bezahlt derjenige, der dazu in der Lage ist, auf laufende Rechnungen. Nach der Rechtsprechung des BGH können zwar nach der Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft Ansprüche wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen ein Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung geschaffen wurde, nach dem Gesellschaftsrecht, nach § 812 BGB oder nach § 313 BGB ausgeglichen werden, Ausgleichsansprüche scheiden jedoch grundsätzlich hinsichtlich solcher Leistungen aus, die das Zusammenleben erst ermöglicht haben, die also auf das gerichtet sind, was in der Lebensgemeinschaft Tag für Tag benötigt wird. Dazu gehören auch beispielsweise Mietzinszahlungen oder Kosten für Lebensmittel oder Restaurantbesuche. In dem vom BGH entschiedenen Fall war es so, dass Max das Geld verdiente und die Lebensgemeinschaft damit wirtschaftlich absicherte. Es lag also eine anderweitige Bestimmung vor, mit der Folge, dass Maria nicht im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs in Anspruch genommen werden kann. Daran ändert auch nichts, dass die Lebensgemeinschaft zum Zeitpunkt der Zahlung durch Max schon aufgehoben war. Max konnte während des Bestehens der Lebensgemeinschaft von Maria über § 426 BGB keinen Ausgleich verlangen, er kann es auch nicht nach Beendigung der Lebensgemeinschaft. Dr. T. Große-Boymann 11.04.2011