xxxxx cand. med. vet. 9. Semester Gießen, xxxxx Obduktionsbericht Das Ferkel, das obduziert werden soll, ist 3 Wochen alt, männlich, kastriert, und wiegt 6 kg. Der Besitzer ist Herr x aus y. Die Obduktion findet am xxxx von 9.15 Uhr bis 11.00 Uhr in der Sektionshalle des Instituts für VeterinärPathologie der Universität Gießen unter der Leitung von xxxx statt. Anwesend sind: xxxx. Auftraggeber für die Obduktion ist die MVK 2, Professur für Chirurgie und Innere Krankheiten der Schweine. Vorbericht: Es handelt sich um ein Bestandsproblem bei Absatzferkeln, bei dem nach Eiseninjektion und Mykoplasmenimpfung eine Kopfschiefhaltung und der Tod eintritt. 1 Äußere Besichtigung Das Ferkel ist vollständig und liegt auf der linken Seite. Es sind Totenflecken ventral rechts und am Rücken zu sehen. Das Tier ist gleichmäßig kalt, die Totenstarre ist aufgehoben. Die Cornea ist getrübt und die Bulbi sind eingesunken. Der Ernährungszustand ist gut bis mäßig. Dorsal findet sich ein grüner und in das Gewebe ziehender, 5- DM- Stück großer Fleck. Aus der Nase kommt rote, deckfarbene Flüssigkeit. Im rechten Ohr befindet sich ein Loch mit einem Durchmesser von ca einem Zentimeter. In der Leistengegend sind 2 Hautschnitte zu sehen. An der Innenseite des rechten Oberschenkels ist eine Rötung und eine Einstichstelle zu sehen. Während der Sektion liegt das Tier auf dem Rücken. 2 Innere Besichtigung 2.1 Bauchhöhle In der Bauchhöhle befindet sich rötliche, lackfarbene, freie Flüssigkeit. Auf der Serosa der Colonscheibe sind fädige Beläge. Die Schleimhaut des Duodenums ist gerötet, der Inhalt schleimig, dünnbreiig und rötlich- braun. Die Darmlymphknoten sind vergrößert und geschwollen. Im Anschnitt zeigt sich die Rinde dunkelrot, das Mark weiß. Auf der Dickdarmserosa befindet sich ein roter Fleck, der ins Gewebe zieht. Der Dickdarminhalt ist zementfarbig und breiig. Die Leber ist rotbraun, die Ränder sind scharf und dunkel verfärbt. Beim Anschnitt quillt etwas rote Flüssigkeit heraus. Das Bett der Gallenblase zeigt sich im Anschnitt etwas verdickt. Beim Anschneiden der Milz tritt etwas rötliche Flüssigkeit aus. 2.2 Brusthöhle Im Thorax befinden sich ca 20 ml seröse, lackfarbene, freie Flüssigkeit. An der Bifurcation der Trachea ist weißlicher Schaum im Anschnitt sichtbar. 2.3 Kopf Am Auge sind die Wimpern mit Haut und Lidern verklebt. Die gelblichen Beläge sind ohne Substanzverlust ablösbar. Die Augenlider und der Nasenrücken sind geschwollen; im Anschnitt zeigt sich die Unterhaut an diesen Stellen feucht. In der Unterhaut der Nasenwurzel zieht ein rötlich- brauner Fleck mit einem Durchmesser von ca einem Zentimeter auf der linken Seite in die Tiefe. Die Dura mater des Gehirns ist sulzig und rot, die Hirnkonturen sind verwaschen. 2.4 Beckenhöhle Die Niere ist im Anschnitt sehr feucht. Die Lumballymphknoten sind schwarz verfärbt. 3 Pathologisch- anatomische Diagnose diffuse, akute, katarrhalische Enteritis Lymphadenitis simplex Stauungsorgane (Leber, Milz, Nieren) Gallenblasenbettödem Aszites Hydrothorax akutes, diffuses, alveoläres Lungenödem eitrige Konjunktivitis Unterhautödeme am Kopf Hämatom an der Nasenwurzel evtl. akute, eitrige, diffuse Leptomeningitis 4 Epikrise Die Hautschnitte in der Leistengegend stammen von der Kastration. Das Hämatom an der Nasenwurzel war folgenlos. Eine verminderte Plasmakonzentration von Proteinen, vor allem von Albumin, läßt den onkotischen Druckunterschied zwischen Blutgefäßsystem und Gewebe überproportional sinken, was daran liegen kann, daß Proteine renal verlorengehen durch Proteinurie bei Schädigungen der Nieren, daß die Leber zu wenig Plasmaproteine synthetisiert, z. B. bei Leberzirrhose, oder daß bei Eiweißmangel die Plasmaproteine zur Deckung des Aminosäurebedarfs vermehrt abgebaut werden, wie dies bei längerem Hungerzustand der Fall sein kann. Bei der Ödemkrankheit der Schweine vermehren sich massiv Shiga- Toxin- bildende E. coli im Dünndarm. Meistens tritt sie einige Wochen nach dem Absetzen auf, wenn Fütterung und Haltung umgestellt werden. Die Ödemkrankheit kann zu zentralnervösen Störungen führen, wenn sie länger andauert. Meistens sterben die Tiere jedoch vorher. Die ZNS- Störungen sind Folge von Hirnödemen und Enzephalo- und Myomkalazien, welche aufgrund von Permeabilitätsstörungen an den Blutgefäßen, verursacht durch Toxine, entstehen. Die Ödemkrankheit zeigt sich durch Ödeme in Unterhaut (Nasenrücken und Augenlider), Magenwand, Dickdarmgekröse, Mesenteriallymphknoten ( auch Lymphadenitis simplex und Blutungen) und Lunge. Seröse bis fibrinöse Ergüsse finden sich in Bauchhöhle, Brusthöhle und Herzbeutel. Auch eine katarrhalische Gastroenteritis kann vorhanden sein. Die Mikroangiopathie des Schweines tritt durch Vitamin- E- und Selenmangel auf. Es kann ein Gallenblasenbettödem vorliegen. Die Leberläppchen sind unterschiedlich gefärbt (grau- rot, gelblich- weiß, dunkelrot), es besteht eine Hepatosis diaetetica. Von der Maulbeerherzkrankheit, wie die Mikroangiopathie des Schweines auch genannt wird, sind hauptsächlich 8 bis 20 Wochen alte, meist kräftige Tiere betroffen. Die Leptomeningitis ist eine Entzündung der weichen Hirnhäute. Sie entsteht durch Infektion mit Erregern, entweder über den Blutweg oder durch Verletzungen, z.B. der Nasenwege, über die die Erreger in das Gehirn aufsteigen. Sie kann in nur wenigen Bezirken auftreten oder diffus verteilt sein über das ganze Gehirn. Die akute, eitrige Meningitis tritt nach Streptokokken-, E. coli- und anderen bakteriellen Infektionen auf. Hier muß zur Abklärung eine bakteriologische Untersuchung gemacht werden. Hydrothorax und Aszites können verschiedene Ursachen haben. Als mögliche Ursachen kommen in Frage: Herzinsuffizienz, chronische Pleuritis, chron. Peritonitis, Nierenkrankheiten, tumuröse Geschehen, Kachexie oder Hypalbuminämie. Ein Aszites kann auch durch Stoffwechselschwächen der Leber verursacht werden. Bei diesem Ferkel hier könnten die Ergüsse auch postmortale Veränderungen sein, weil es eingefroren war. Die diffuse, akute katarrhalische Enteritis ist durch ödematöse Schwellung der Schleimhäute sowie dünnflüssigen ungeformten Darminhalt gekennzeichnet. Die Pathomechanismen der bei einer Enteritis vorkommenden Diarrhoe sind die Malabsorption, Maldigestion, Hypersekretion und Motilitätsstörungen. Die beiden erstgenannten Funktionsstörungen entstehen durch das Eindringen des Erregers in das Darmepithel und dessen Vermehrung. Eine Maldigestion ist die Folge des Fehlens der für die Verdauung notwendigen Enzyme und Hilfsstoffe. Durch den osmotischen Druck des unverdauten Futters wird passiv Wasser in den Darm gezogen, wodurch der Inhalt seine flüssige Konsistenz erhält. Durch die Zerstörung der Zotten ist der Darm nicht mehr in der Lage, aufgeschlossenes Futter aus dem Darm zu resorbieren. Man spricht dann von einer Malabsorption. Eine der häufigsten Ursachen einer katarrhalischen Enteritis ist die Infektion mit Erregern der Gattung Escherichia coli. Sie sind gram negative Erreger der Familie der Enterobacteriaceae. Sie rufen insbesondere bei Ferkeln und Kälbern in den ersten Lebenswoche sowie bei Absatzferkeln die sogenannte Colidiarrhoe hervor. Die Infektionen sind meist bedingt durch Haltungs- und Fütterungsfehler oder auch durch eine Resistenzminderung durch den Vorgang des Umstellens prädispositioniert. Die Colibakterien sind fähig, sich mittels Pili (Haftantigene) am Dünndarmepithel anzuhaften. Somit ist es den Bakterien möglich, sich an Ort und Stelle zu vermehren und Enterotoxine zu bilden. Die Toxine werden dann über den Darm resorbiert. Sie greifen in den aktiven Natrium-, Kalium- und Chlorid- Ionentransport durch die Zellmembran ein. Den durch aktiven Transport abgegebenen Elektrolyten folgt passiv Wasser nach. Weiterhin bewirken Enterotoxine eine Erhöhung der cAMP- und cGMP- Konzentration. Diese Erhöhung ist für eine verminderte Resorption und eine vermehrte Abgabe von Elektrolyten über die Enterozyten verantwortlich. Unter physiologischen Bedingungen sind Enterozyten nur resorptiv tätig. Unter dem Einfluß von Enterotoxinen kommt es jedoch zur Sekretion. Man nennt dies eine Hypersekretion, die eine sekretorische Diarrhoe nach sich zieht. Eine der wichtigsten Aufgaben des Dickdarmes ist es, den wasserreichen Inhalt des Dünndarms einzudicken. Er ist in der Lage, eine Hypersekretion im Dünndarm über eine vermehrte Rückresorption auszugleichen. Überschreitet die sekretierte Flüssigkeitsmenge jedoch eine bestimmte Schwelle, ist der Flüssigkeitsverlust über den Dickdarm nicht mehr auszugleichen. Es kommt somit zu einer Diarrhoe. Escherichia coli kann aber auch im Dickdarm selbst zu Veränderungen des Epithels führen, so daß eine Resorption über den Dickdarm ebenfalls eingeschränkt wird. Durch den Verlust an Elektrolyten, besonders an Kalium, kann es am Herzen zu Reizleitungsstörungen kommen, die im schlimmsten Fall ein Herz - Kreislaufversagen hervorrufen können. Ebenso ist die Barriere zwischen Darm und Kreislaufsystem gestört, wodurch toxische Stoffe aus dem Darm in das Blut übertreten können. Dies führt unter anderem zu einer erhöhten Permeablität der Gefäße, so daß Blutungen an anderen Organen auftreten können. Weiterhin können Colienterotoxämien zu Mikrozirkulationsstörungen und damit zu Ödemen, besonders in der Unterhaut, Magenschleimhaut und den Gefäßen des ZNS, führen (Ödemkrankheit). Coliseptikämien treten vor allem bei Saugferkeln auf und führen meist zum Tod der Tiere. Erklärt wird dies durch eine Immunsuppression aufgrund ungenügender oder verspäteter Aufnahme von Kolostrum. Nachzuweisen ist die Infektion im Escherichia coli durch eine bakterielle Untersuchung. Die gestauten Organe sind auf die prämortale Beeinträchtigung der Herzfunktion zurückzuführen. Ebenso wie das Lungenödem, was durch Flüssigkeitsaustritt aus dem Blutgefäßsystem in die Alveolen aufgrund der gestauten Lunge entsteht. 4.1 Postmortale Veränderungen Die Totenstarre ist durch autolytische Vorgänge bereits aufgehoben. Festzuhalten sind die gleichmäßige Leichenkälte, die getrübte Cornea und der verminderte Augenturgor. Der sich dorsal befindende grüne Fleck ist durch Sulfmethämoglobinbildung entstanden, der, ebenso wie die Totenflecken, auf Permeabiltitätsänderungen und anschließende Fäulnis zurückzuführen sind. Die Flüssigkeit in der Nase ist durch Epistaxis entstanden. Der rote Fleck auf der Dickdarmserosa ist eine blutige Imbibition, ebenfalls aufgrund postmortaler Permeabilitätsänderungen entstanden. Da das Ferkel eingefroren war, ist durch eine bakteriologische Untersuchung festzustellen, ob das sulzige Gehirn ein Artefakt durch das Auftauen ist oder eine Meningitis. Auch die gestauten Organe und die Ergüsse in den Körperhöhlen könnten durch das Auftauen entstanden sein, was bei dem Hydrothorax aufgrund der zu großen Menge an Flüssigkeit aber eher unwahrscheinlich ist. 5 Todesursache Die Todesursach ist akutes Herz- Kreislaufversagen, wobei unklar ist, ob das Tier euthanasiert wurde oder natürlich gestorben ist. Gießen, den xxxxx_____________________________