OTTO SPRANGER Sprecher der Österreichische Lungenunion (ÖLU), Österreich-Koordinator der europäischen Patientenorganisation European Federation of Allergy and Airway Diseases Patients Association (EFA), Treasurer der Global Allergy and Asthma Patient Platform (GAAPP) Allergien: unterschätzt und untertherapiert Barrieren bis zur optimalen Therapie lassen viele Allergiker resignieren Wien, 14. März 2012 – In wenigen Jahren wird jeder zweite Europäer an einer allergischen Atemwegserkrankung leiden. So die Prognose. Doch Allergien und Asthma sind bereits jetzt die häufigsten chronischen Erkrankungen in Europa. Dennoch werden Allergien und ihre Folgen sowohl von den Patienten selbst als auch von den gesundheitspolitischen Entscheidungsträgern häufig unterschätzt und bleiben damit auch weitgehend unentdeckt und untherapiert. Dazu kommt, dass es Patienten in Österreich nicht leicht haben, überhaupt zu einer angemessenen Versorgung zu kommen. Europaweit leiden rund 113 Millionen Menschen an allergischer Rhinitis (Heuschnupfen) und rund 68 Millionen an allergischem Asthma.1 Eine gewaltige Dimension, wenn man bedenkt, dass diese Menschen meist ein Leben lang zum Teil massiv in ihrer Gesundheit und Lebensqualität beeinträchtigt sind, medizinische Versorgung brauchen und enorme Kosten verursachen. Das bestätigen aktuelle Daten einer Studie der europäischen Patientenorganisation EFA (= European Federation of Allergy and Airway Diseases Patients Association), die in 18 europäischen Ländern durchgeführt wurde - darunter auch Österreich – einmal mehr2. 22 Prozent der österreichischen Gesamtbevölkerung gibt an, schon mindestens 1x an einer Allergie gelitten zu haben oder nach wie vor zu leiden. 3 Zählt man auch allergisches Asthma dazu, ist hierzulande zumindest jede / jeder Vierte betroffen. Frauen deutlich häufiger als Männer. Allergien sind damit die häufigste chronische Erkrankung, erst dann folgen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck (21,3 Prozent). Tendenz weiterhin stetig steigend. Im Gegensatz zu anderen chronischen Krankheiten treten Allergien am häufigsten bei jungen Menschen auf. Laut der aktuellen EFA-Studie sind bereits insgesamt 10-20 Prozent der 13- und 14-jährigen Europäer betroffen.4 In Österreich haben etwa 15 Prozent der Jugendlichen mit einer allergischen Entzündung der Atemwege zu kämpfen.5 Die „Allergiker-Karriere“ kann aber bereits im Babyalter mit einer atopischen Dermatitis (Neurodermitis) und/oder einer Nahrungsmittelallergie beginnen. 1 EFA Book on Respiratory Allergies. Raise Awareness, relief the burden. 2011, S.9 EFA Book on Respiratory Allergies. Raise Awareness, relief the burden. 2011 3 Statistik Austria/Gesundheitsbefragung 2006/2007, Personen ab 15 Jahren 4 EFA Book on Respiratory Allergies. Raise Awareness, relief the burden. 2011 5 ISAAC Untersuchung 1999-2004; in: EFA Book on Respiratory Allergies. Raise Awareness, relief the burden. 2011 2 Bleiben allergische Beschwerden unbehandelt, muss man mit der Entstehung weiterer Allergien und einer Ausweitung der Entzündung zum chronischen Asthma rechnen. Asthma bedeutet eine massive Einschränkung an Lebensqualität und verursacht hohe direkte Kosten durch die medizinische Dauertherapie, Krankenhausaufenthalte etc. in der Höhe von 220 bis 450 Millionen Euro pro Jahr6, aber auch indirekte Kosten durch Krankenstandstage und Arbeitsunfähigkeit. EFA-Initiative soll mehr Bewusstsein schaffen Trotz des epidemischen Ausmaßes herrscht in der breiten Öffentlichkeit und auch bei Patienten selbst oft noch wenig Wissen über Allergien und Bewusstsein über die Wichtigkeit der frühzeitigen Erkennung und Behandlung. Die europäische Initiative EFA, die ihr Know-How schon seit 20 Jahren an die Patienten weitergibt und sie nach außen vertritt, hat sich im Rahmen einer neuen Initiative zum Ziel gesetzt, ein besseres Verständnis für allergische Erkrankungen und deren unzureichende Versorgung zu schaffen. Politische Entscheidungsträger, medizinische Behandler und die Patienten selbst sollen dazu gebracht werden, der Bekämpfung von Allergien oberste Priorität einzuräumen. Als Basis der Aktivitäten, die zurzeit in allen europäischen Ländern geplant werden, dient die Zusammenfassung der aktuellen Situation in Europa, die Epidemiologie, Kosten, Management und Behandlung der Allergie-Patienten sowie bestehende Patienten-Services umfasst. Sie wurde Ende 2011 in Form eines Weißbuches veröffentlicht. Als österreichsche Partnerorganisation ist die Selbsthilfegruppe Österreichische Lungenunion engagiert. Hürden, Umwege,… Patienten, die von allergischen Atemwegserkrankungen betroffen sind und nach Hilfe suchen, müssen jedoch oft viele Hürden überwinden, lange Irr- und Umwege mit oft enormen Weg- und Zeitkosten auf sich nehmen oder aktiven Aufwand betreiben, bis sie an den richtigen Arzt, zu einer richtigen Diagnose und letztlich Behandlung kommen. Das liegt zu einem großen Teil daran, dass es in Österreich an einem Facharzt für Allergologie fehlt. Häufig ist deshalb der Hausarzt der erste Ansprechpartner, der somit eine Schlüsselfunktion in der Früherkennung allergischer Erkrankungen innehat. Das gilt vor allem für ländliche Gebiete, wo es wenige Fachärzte und spezialisierte Zentren gibt. Geschulte Allgemeinmediziner können Anzeichen richtig deuten und bei Verdacht auf eine allergische Ursache zur weiteren Abklärung an den Facharzt für Kinderheilkunde, Haut-, HNO- und Lungenerkrankungen oder an die (wenigen) spezialisierten Einrichtungen verweisen. Doch diese wichtige Schnittstelle zwischen Allgemeinmediziner und Facharzt funktioniert noch nicht ausreichend und flächendeckend. Auch die allergologische Ausbildung entspricht noch nicht der Masse an zu betreuenden Patienten. Viele Allergiker versorgen sich bei leichten bis mittleren Symptomen selbst mit Medizin aus der Apotheke. Diese Mittel können zwar akute Beschwerden meist gut und rasch lindern, können den Krankheitsverlauf aber nicht beeinflussen. Das bedeutet, dass auch der Apotheker stärker in das Management von Allergikern mit einbezogen werden muss. … und verlockende Versprechungen In der kassenmedizinischen Ordination bleibt dazu auch zu wenig Zeit für den informationsbedürftigen Allergiker. Somit sind die Patienten angehalten, sich fehlendes Wissen anderswo zu beschaffen. Immer mehr 6iPAC: An initiative to fight the burden of allergies in children. http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1399-3038.2008.00762.x/full holen es sich bequem aus dem Internet. Das bietet zwar viele Vorteile und hat eine Fülle an Information zum Ergebnis. Doch die Beurteilung was brauchbar, seriös und unabhängig ist, fällt dem medizinischen Laien meist schwer. Die Vielzahl an falschen bzw. halbrichtigen Informationen führen häufig nur zu einer Verunsicherung der Patienten. Die Österreichische Lungenunion bietet daher Schulungen für von Allergie und Asthma Betroffene, aber auch für COPD-Patienten an. Die Österreichische Lungenunion fordert: Information und Aufklärung* Facharzt für Allergologie Patientenschulung Allergie & Asthma Ambulante Rehabilitation für Asthma-Patienten * „Welt-Allergie- und Asthma-Tag“ am 28. April im Wiener Rathaus Dem Thema Aufklärung und Information widmet sich auch der „Welt-Allergie- und Asthma-Tag“ der Österreichischen Lungenunion, der am Samstag, dem 28. April 2012 von 10.00 bis 17.00 Uhr im Wiener Rathaus stattfinden wird (Moderation: Dr. Vera Russwurm angefragt). Dort gibt es Tests, Beratung und Vorträge bekannter Expertinnen und Experten zu einer breiten Palette wichtiger Allergie- und AsthmaThemen. Details dazu werden regelmäßig an die Medien kommuniziert. Kontakt für Journalisten-Rückfragen: Otto Spranger Österreichische Lungenunion T: 01 / 330 42 86 E: [email protected] © privat, Abdruck honorarfrei Download EFA-White-Book on Respiratory Allergies: http://efanet.org/documents/EFABookonRespiratoryAllergiesFINAL.pdf Deutsche Übersetzung ist in Arbeit und wird auf www.allergenvermeidung.org zur Verfügung stehen. Text und Foto in Printqualität gibt’s bei Elisabeth Leeb, T: 0699/1 424 77 79, E: [email protected] und auf www.allergenvermeidung.org (Presse, Downloads).