Erziehungswissenschaft „Wir könnten Menschen sein, einst waren wir schon Kinder.“ Max Frisch Das Fach Erziehungswissenschaft befasst sich mit der Erschließung der Erziehungswirklichkeit, dabei ist es auf Erkenntnisse anderer Wissenschaften, insbesondere der Psychologie, der Soziologie, der Biologie und der Philosophie angewiesen und insofern bereits in sich interdisziplinär. Erziehung wird unter folgenden Schwerpunkten gesehen: Reflexion der selbst erfahrenen Erziehung durch Eltern und Institutionen Analyse der derzeitigen Rolle als Lernende/r und /oder Erziehende/r Vorbereitung auf zukünftige Rolle als Erziehende/r und gesellschaftlich aktive/r Bürger/in Der EW-Unterricht beschäftigt sich mit der Perspektive des erzieherischen Handelns. Einblicke in Abläufe und Bedingungen von Entwicklungs-, Sozialisations-, Bildungs- und Erziehungsprozesse schaffen die Voraussetzungen für verantwortliches Handeln im privaten und öffentlichen Bereich. Grundvoraussetzungen dafür sind die Fähigkeiten zum Perspektivenwechsel, zur Empathie und zum Diskurs. Die eigene Persönlichkeitsentwicklung soll reflektiert und beurteilt werden. Wissenschaftspropädeutisch werden die besondere Sichtweise und Methodik des Faches erfahren, angewendet und reflektiert. Einsichten in die Leistungen und Begrenzungen wissenschaftlicher Erfassung pädagogischer Probleme sollen gewonnen werden. Für die einzelnen Semester ergeben sich folgende Themenbereiche, wobei inhaltliche Schwerpunkte in Absprache mit den Studierenden erfolgen: Lernen und Kommunikation Entwicklung und Sozialisation Gewalt und Medienpädagogik Erziehungsziele und –stile im historischen und kulturellen Vergleich Für die schriftliche zentrale Abiturprüfung 2008 gelten im GK-Bereich folgende Inhaltliche Schwerpunkte • Entwicklung und Sozialisation in der Kindheit - Modelle der Beschreibung psychosexueller und psychosozialer Entwicklung im Kindesalter: Freud, Erikson - Sozialisation als Rollenlernen: Mead, Krappmann • Entwicklung, Sozialisation und Identität im Jugend- und Erwachsenenalter - Entwicklungsaufgaben des Jugend- und Erwachsenenalters - Modell der produktiven Realitätsverarbeitung: Hurrelmann - sozialpsychologische und psychoanalytische Ansätze der Prävention und Intervention bei Jugendkrisen, insbesondere bei „Gewalt“ • Normen und Ziele in der Erziehung - Entwicklung des Schulwesens in Deutschland seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts - Ansatz und Praxis einer pädagogischen Konzeption: Montessoripädagogik In der folgenden Themenübersicht sind diese fett und kursiv markiert. Erziehungswissenschaft - Themenübersicht 3. Semester Lernen und Kommunikation Grundlagen und Aufgaben der Erziehung Erziehung und Lernen neurophysiologische Forschung und ihre Bedeutung für das Lernen und Lehren Gedächtnismodelle und Intelligenzbegriffe Lerntheorien und ihre Anwendungen Behaviorismus klassisches und operantes Konditionieren Kognitivismus Lerntypen nach Vester o Suggestopädie Imitationslernen Lernen durch Einsicht o rezeptives und entdeckendes Lernen Konstruktivismus o Piaget NLP – Neurolinguistisches Programmieren o Erwachsenengemäßes Lernen und Lehren o Werbung o Strafe o Angsttherapien auf lerntheoretischer Grundlage o Legasthenie und Dyskalkulie o Autismus o Hochbegabung o ADS und ADHS Erziehungs- und Schulmodelle PISA – ausländische Schulsysteme o Entwicklung des Schulwesens in Deutschland seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts Montessoripädagogik o Waldorfpädagogik o Freinetpädagogik o Laborschule Kommunikation Kommunikationsstörungen und Kommunikationsmodelle Watzlawick 4 Seiten einer Botschaft Transaktionsanalyse Gordon Symbolisch-sprachliche Kommunikation und Interaktion (Mead) o Körpersprache o Geschlechtsspezifische Kommunikation Pflichtthema o Wahlthema Wesentliche Methoden: Textarbeit Recherche und Verwaltung von Informationen Strukturierung z.B. durch Mind-map, Thesenpapier Präsentation, z.B. Referat Feedback und Selbsteinschätzung Beobachtung und Hospitation Diskussion o Experiment 4. Semester Entwicklung und Sozialisation Anlage-Umwelt-Debatte Schopenhauer-Watson-Jensen Minnesota-Studie o Schachgenies der Familie Polgar o Genforschung und Reproduktionstechniken in ihrer Auswirkung Entwicklung und Sozialisation im Kindes- und Jugendalter Kinderspiel und seine Bedeutung für die Entwicklung des Kindes o Kinderzeichnungen o Märchen Modelle der Beschreibung psychosexueller und psychosozialer Entwicklung im Kindesalter von Freud und Erikson Entwicklungsaufgaben des Jugend- und Erwachsenenalters – Modell der produktiven Realitätsverarbeitung von Hurrelmann o Modell der kognitiven Entwicklung von Piaget o Modell der moralischen Entwicklung von Kohlberg Sozialisation als Rollenlernen nach Parsons, Mead und Krappmann o Geschlechtsspezifische Sozialisation o Familie im gesellschaftlichen Wandel o Scheidungs- und Adoptivkinder o Geschwisterposition o Generationenkonflikt Entwicklungs- und Sozialisationsstörungen Fallbeispiele: Wolfskind in einer Großstadt und/oder Betty o Esssucht und andere Süchte o Kinderängste o sexueller Missbrauch o Kinder im Krieg o unerwünschte Kinder o ADS und ADHS o Pflichtthema Wahlthema zusätzliche Methoden: Filmauswertung 5. Semester Gewalt und Medienpädagogik Gewalt im Jugendalter Identitätskrisen im Jugendalter früher und heute Kriminalstatistik o Auswertung mit Excel (Tabellen und Grafiken) Gewalttheorien und ihre Bedeutungen Sozialpsychologischer Erklärungsansatz Lerntheoretischer Ansatz o Frustrations-Aggressions-Theorie o Anomietheorie o Etikettierungsansatz Psychoanalytischer Erklärungsansatz o Systemischer Ansatz von Schlippe und Stierlin Prävention und Intervention bei Jugendkrisen Alternativen im Strafvollzug o Konzepte interkultureller Erziehung o Individualpsychologie von Adler o Grundformen der Angst nach Riemann o Angsttherapien Fallbeispiele: o Raimond o Persönlichkeit von Affekttätern o Jürgen Bartsch o Skin und Türke o Multiple Persönlichkeiten o Sexueller Missbrauch o Ungewollte Kinder und minderjährige Mütter Medienpädagogik Wahrnehmung und Manipulationsmöglichkeiten o optische Täuschungen Selbstbild – Fremdbild Selektive Wahrnehmung Manipulation von Bildern und Informationen Fernsehgewohnheiten von Kindern und Jugendlichen (Befragung) alters- und geschlechtsspezifisches Fernsehen Analyse von Kindersendungen Wirkung von Gewaltfilmen auf Kinder Katharsistheorie Stimulationstheorie Habitualisierungstheorie Inhibitionstheorie o Computerspiele und Internet o Werbung o Pflichtthema Wahlthema Zusätzliche Methoden: Befragung Tabellen und Grafiken Fallanalyse 6. Semester Erziehungsziele und –stile in verschiedenen Epochen und Ländern im Vergleich o o o o Begriff der Kindheit Rousseau und Pestalozzi Erziehung zum Gehorsam früher und heute o Der Untertan o Frühlingserwachen o Der Schüler Gerber o Die Welle Erziehung im Nationalsozialismus Janusz Korzak – Reformpädagoge Kriegskinder, Konsumkinder, Krisenkinder – Kindheit nach dem 2. Weltkrieg Kinderrechte und Kinderarbeit Antiautoritäre Erziehung – Antipädagogik Erziehung in Japan o Pflichtthema Wahlthema Zusätzliche Methode: Semester- und fachübergreifende Betrachtungsweise