IP/09/424 Brüssel, den 19. März 2009 „Fernsehen ohne Grenzen“: Kommission ermahnt Estland zur Einhaltung der EU-Vorschriften für Fernsehwerbung Die Kommission richtete heute ein Warnung an Estland, weil es die EUBestimmungen über die Fernsehwerbung nicht einhält. Nach einem Bericht unabhängiger Sachverständiger, der im Auftrag der Kommission angefertigt wurde, verstoßen die großen estnischen Fernsehsender häufig gegen die Bestimmungen der EU-Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“, die Werbe- und Teleshopping-Spotsauf höchstens 12 Minuten pro Stunde begrenzen. Der Auffassung Estlands, dass bestimmte Werbespotformen als Sponsorenhinweise zu betrachten seien, stimmt die Kommission nicht zu und verschickte deshalb ein förmliches Aufforderungsschreiben, das die erste der drei Stufen eines Vertragsverletzungsverfahrens gemäß EG-Vertrag darstellt. „In Europa müssen sich alle an die gemeinsamen Spielregeln für die Werbung im europäischen Fernsehen halten. Das ist im Interesse eines fairen Wettbewerbs und stellt sicher, dass die Fernsehprogramme nicht übermäßig unterbrochen werden“, sagte die für die Medien zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding. „Sponsorenhinweise dienen der Information der Zuschauer, nicht aber der Platzierung von mehr Werbung als nach EU-Recht erlaubt ist.“ Im Auftrag der Kommission untersuchten unabhängige Sachverständige, wie Estland die in der EU-Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ enthaltenen Vorschriften anwendet. Dabei stellten sie fest, dass Estland den Begriff „Werbespot“ zu eng auslegt und keine korrekte Definition für „Sponsorenhinweise“ (im Einklang mit Artikel 17 und Artikel 18 Absatz 2 der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“) verwendet. Viele estnische Fernsehveranstalter kombinieren Sponsorenhinweise mit einem Werbespot. Solche kombinierten Werbespots werden aber von den estnischen Behörden bei der Berechnung der EU-Obergrenze von 12 Minuten pro Stunde nicht berücksichtigt. Das bedeutet, dass Estland die EU-Werbevorschriften nicht einhält und folglich im estnischen Fernsehen mehr Werbung gezeigt wird als in anderen EU-Ländern. Die Tatsache, dass ein Werbespot auch Informationen über Sponsoren der Sendung enthält, ändert laut EU-Recht nichts an dessen Werbecharakter. Sponsorenhinweise sollen die Zuschauer lediglich darüber informieren, dass eine SponsoringVereinbarung besteht. Die kombinierten Spots fallen somit unter die nach EU-Recht geltende 12-Minuten-Beschränkung. Die Kommission verschickte daher an Estland ein förmliches Aufforderungsschreiben, in dem das Land aufgefordert wird, seinen Verpflichtungen aus der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ nachzukommen. Die estnische Regierung hat nun zwei Monate Zeit, um sich zu den darin enthaltenen Bedenken der Kommission zu äußern. Das heutige Schreiben der Kommission ergeht zu einem besonders wichtigen Zeitpunkt, denn die Mitgliedstaaten sind gerade dabei, die modernisierten Vorschriften für die audiovisuellen Medien (die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) in nationales Recht umzusetzen. Die für Fernsehwerbe- und Teleshopping-Spots geltende Obergrenze von 12 Minuten pro Stunde wird in der neuen Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste bekräftigt. Hintergrund: Die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ wurde 1989 erlassen (IP/91/898) und im Jahr 1997 zum ersten Mal geändert (IP/97/552). 2005 schlug die Kommission eine zweite Überarbeitung der Richtlinie vor, um der raschen Technologie- und Marktentwicklung bei den audiovisuellen Diensten (Videoabruf, Mobilfernsehen, audiovisuelle Dienste im Digitalfernsehen) Rechnung zu tragen (IP/05/1573 und MEMO/06/208). Die (neue) Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste trat am 19. Dezember 2007 in Kraft (siehe IP/07/1809, MEMO/08/803) und lässt den Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, die Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen. Im vergangenen Dezember rief Kommissarin Reding die Mitgliedstaaten auf, die neuen Vorschriften zügig zu erlassen (siehe IP/08/2032). Es gehört zu den Aufgaben der Europäischen Kommission, die Anwendung des EURechts in allen 27 Mitgliedstaaten zu überwachen. In diesem Rahmen überprüft sie regelmäßig, wie die Werbevorschriften der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ in den einzelnen Ländern eingehalten werden. In der Regel zeichnen dazu unabhängige Sachverständige die Programme der wichtigsten Fernsehkanäle über einen Zeitraum von zwei Monaten auf und analysieren Sekunde für Sekunde alle Formen der Werbung. Wird in den entsprechenden Berichten eine große Anzahl von Verstößen oder ernste Verstöße festgestellt, so leitet die Kommission Vertragsverletzungsverfahren ein (siehe IP/08/1801 über ein Verfahren gegen Spanien, das nun vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt wird). Dadurch werden in ganz Europa gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem audiovisuellen Markt gewährleistet, woran sowohl die Verbraucher als auch die Branche ein Interesse haben. Den Wortlaut der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenze“ und der neuen Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste finden sie unter: http://ec.europa.eu/avpolicy/reg/avms/index_en.htm 2