IP/08/1801 Brüssel, den 27. November 2008 Übermäßige Fernsehwerbung: Kommission klagt gegen Spanien Die Europäische Kommission beschloss heute, Spanien wegen Nichteinhaltung der Vorschriften für Werbung der EU-Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen. Es handelt sich um die letzte Stufe eines im Juli 2007 eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens (IP/07/1062). Die wichtigsten öffentlich finanzierten und kommerziellen Fernsehsender in Spanien überschreiten regelmäßig und häufig um mehrere Minuten die maximale Dauer für Werbeund Teleshoppingspots von 12 Minuten pro Stunde. Die EU erkennt zwar an, dass kommerzielle Programme sich durch Werbung finanzieren müssen, legte jedoch die „12-Minuten-Regel“ zum Schutz der Zuschauer vor einem Übermaß an Werbespots im Fernsehen fest. Das Europäische Parlament und der Ministerrat bestätigten diese 12-Minuten-Regel anlässlich der jüngsten Überarbeitung der Richtlinie (IP/07/1809). Viviane Reding, EU-Kommissarin für die Informationsgesellschaft und Medien, erklärte hierzu: „Trotz unserer Aufforderungen hat Spanien die EU-Beschränkung für Werbespots von 12 Minuten pro voller Stunde nicht umgesetzt. Durch die Nichtberücksichtigung kurzer Telepromotion-Spots und Werbereportagen im Rahmen dieser EU-Höchstgrenze tragen die spanischen Behörden zu einer Überfrachtung der Sendezeit mit Werbespots nach der Definition des EU-Rechts bei. Abgesehen von den wahrscheinlichen negativen Auswirkungen auf die Werbeausgaben – eine wichtige Einnahmequelle der frei empfangbaren Sender – ist diese fortlaufende „Bombardierung“ mit Werbung nicht im Interesse der Zuschauer. Daher bittet die Kommission den Europäischen Gerichtshof, Spanien zur Ergreifung von Maßnahmen zu verpflichten, die sicherstellen, dass die spanischen Bürger von den EU-weiten Vorschriften profitieren und ihren Fernsehabend ebenso wie die Bürger der anderen EU-Mitgliedstaaten genießen können. Nach Ansicht der Europäischen Kommission hat Spanien den Begriff des Werbespots zu eng ausgelegt und damit die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ falsch interpretiert. Dies hat zur Folge, das verschiedene Formen der Werbung wie Mikro-Werbeflächen, kurze Telepromotion-Spots und Werbereportagen bei der Höchstgrenze von 12 Minuten pro Stunde nicht berücksichtigt werden. Diese in den spanischen audiovisuellen Medien üblichen Werbeformen fallen unter eine andere Beschränkung (17 Minuten pro Stunde), obwohl sie sämtliche Merkmale von Werbspots aufweisen. Die Kommission kontrollierte die Einhaltung der EU-Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ in Spanien zwischen Mai 2005 und Juli 2006. Dabei wurden regelmäßige schwere Verstöße gegen die 12-Minuten-Beschränkung festgestellt. Die Kommission übermittelte Spanien am 11. Juli 2007 ein Mahnschreiben (IP/07/1062) und am 6. Mai 2008 eine mit Gründen versehene Stellungnahme (IP/08/700). Die spanische Regierung antwortete darauf am 8. und am 16. September 2008, war jedoch mit der Analyse der Kommission nicht einverstanden. Die heutige Entscheidung der Kommission ergeht fast ein Jahr nach dem Inkrafttreten der neuen „Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“ (19. Dezember 2007), in der die „12-Minuten-Regel“ aufrechterhalten wird. Die Kommission und die Mitgliedstaaten arbeiten aktiv zusammen, um eine zügige und einheitliche Umsetzung der neuen Richtlinie in nationales Recht vorzubereiten. Im Dezember wird die Kommission zum Jahrestag des Inkrafttretens aktualisierte Daten zur Umsetzung in der gesamten EU vorlegen. Hintergrund Die EU-Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ wurde 1989 erlassen (IP/91/898) und im 1997 zum ersten Mal geändert (IP/97/552). Am 13. Dezember 2005 schlug die Kommission eine weitere Überarbeitung der Richtlinie vor, um der raschen Technologie- und Marktentwicklung bei den audiovisuellen Diensten (Videoabruf, Mobilfernsehen, audiovisuelle Dienste im Digitalfernsehen) Rechnung zu tragen (IP/05/1573 und MEMO/06/208). Am 24. Mai 2007 einigten sich Parlament und Rat über den Vorschlag (MEMO/07/206). Die neue Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste trat am 19. Dezember 2007 in Kraft (IP/07/1809). Die Mitgliedstaaten haben nun bis zum 19. Dezember 2009 Zeit, um die neuen Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen. In der neuen Richtlinie wird die Beschränkung der Fernsehwerbung auf 12 Minuten pro Stunde aufrechterhalten. Weitere Informationen: Pressemappe zur neuen Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste: http://ec.europa.eu/information_society/newsroom/cf/itemlongdetail.cfm?item_id=3430 2