M e d i e n m i t t e i l u n g - Bern, 9. Dezember 2005 Hirnschlagforschung regt zum Umdenken an Vorübergehende Hirnschlag-Anzeichen sind ein Notfall Die Anzeichen dauern meist nur wenige Minuten. Viele Patienten unterschätzen deshalb die Bedeutung der so genannten transitorischen ischämischen Attacke oder «Streifung». In Wirklichkeit muss sie als Notfall gelten, wie neue Daten der Hirnforschung bestätigen. Mit einer sofortigen Behandlung kann unter Umständen einem Hirnschlag mit lebensbedrohlichen Folgen vorgebeugt werden. Ein Gefühl von Schwäche, Gefühlsstörungen auf einer Körperseite, Sprachoder Sehstörungen – nach wenigen Minuten ist der Spuk meist vorbei. Das hat dazu geführt, dass die «transitorische ischämische Attacke TIA» (= vorübergehende Durchblutungsstörung) von vielen Betroffenen und ihrem Umfeld als «nicht so schlimm» empfunden wird. Diese Verharmlosung drückt sich auch in den umgangssprachlichen Umschreibungen «Schlegli» oder «Streifung» aus. Die Schweizerische Herzstiftung ruft dazu auf, das Ereignis ernst zu nehmen: Menschen, die eine TIA erlitten haben, haben ein stark erhöhtes Hirnschlagrisiko. Laut einer britischen Studie hatte mehr als jeder Fünfte von rund 2400 Hirnschlagpatienten vorher eine TIA durchgemacht. Überwachung notwendig Am höchsten ist das Risiko eines folgenschweren Ereignisses kurz nach der TIA: Laut der erwähnten Studie trat der Hirnschlag in 17 Prozent der Fälle noch am gleichen Tag ein, in 9 Prozent einen Tag später. 43 Prozent der Hirnschlagpatienten hatten Vorboten in der Woche davor gehabt. Das bedeutet, dass die Zeit nach Auftreten der Symptome drängt. «Betroffene sollten so rasch wie möglich in einer Klinik mit Akutversorgung untersucht werden», sagt Dr. Roman Sztajzel, leitender Arzt an der Neurologischen Klinik des Universitätsspitals Genf. «Die neuen Studienergebnisse zeigen auch, dass eine Überwachung von mindestens 48 Stunden im Spital wünschbar ist. Dort können die nötigen Massnahmen zur Vorbeugung eines Hirnschlags getroffen werden. Wenn es dennoch dazu kommt, lässt sich ohne Zeitverlust die Notfallbehandlung einleiten». Ein Notfall – auch wenn die Anzeichen vorbei sind Wenn Verdacht auf eine TIA besteht, sollte deshalb der Patient oder jemand aus seiner Umgebung umgehend mit seinem Hausarzt oder seiner Hausärztin Kontakt aufnehmen. Sind diese nicht verfügbar, soll der ärztliche Notfalldienst oder der Notfalldienst 144 benachrichtigt werden – auch wenn die Symptome nur Minuten gedauert haben und sich die Betroffenen kerngesund fühlen. Meist äussert sich eine TIA mit halbseitiger, plötzlich auftretender Schwäche oder Gefühlsstörungen im Kopf- und Oberkörperbereich, Problemen beim Sprechen oder Verstehen, Sehstörungen, Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht oder der Bewegungskoordination (siehe Kastentext). Die Anzeichen treten rasch, ohne Vorwarnung auf und verschwinden in der Regel nach wenigen Minuten. Auch bei jüngeren Menschen In der Schweiz erleiden jährlich mindestens 3000 Personen eine TIA. Die häufigste Ursache ist die arteriosklerotische Verengung oder die Verstopfung der das Hirn versorgenden Halsschlagader (Karotis) oder einer Arterie im Gehirn mit einem Blutgerinnsel. Auch durch Herzkrankheiten, vor allem Vorhofflimmern, können Blutgerinnsel ausgelöst werden. Gefährdet sind meist Menschen über sechzig mit einem oder mehreren Risikofaktoren wie hohem Blutdruck, Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Rauchen oder einer koronaren Herzkrankheit. Doch können auch jüngere Menschen eine TIA erleiden, etwa aufgrund einer Karotis- oder Aortendissektion, das heisst eines Risses in der Gefässwand, oder eines offenen Foramen ovale im Herzen. Diese körperliche Eigenheit kommt bei rund der Hälfte der Hirnschlagpatienten vor, bei denen sonst keine spezielle Hirnschlagursache auffindbar ist. Nicht wehrlos ausgeliefert Die häufigste Behandlung nach einer TIA besteht in einer geeigneten Gerinnungshemmung des Blutes und allenfalls einer Operation der verengten Schlagader. «Jeder Einzelne kann der ersten oder einer weiteren TIA oder 2/4 einem Hirnschlag wesentlich vorbeugen», sagt Dr. Roman Sztajzel und rät: «Halten Sie Blutdruck, Blutfett (Cholesterin) und Blutzucker unter Kontrolle, verzichten Sie auf das Rauchen und bewegen Sie sich regelmässig». Personen, in deren Familie TIAs oder Hirnschläge vorgekommen sind, informieren am besten beim nächsten Praxisbesuch ihren Arzt/ihre Ärztin darüber, da auch genetische Ursachen mitspielen. Die zitierte Studie: Rothwell PM et al. «Timing of TIAs preceding stroke: Time window for prevention is very short». Neurology 2005;64:817-820 Kastentexte: Ein Notfall Bei Verdacht auf eine transitorische ischämische Attacke («Schlegli», oder «Streifung») suchen Sie umgehend Hilfe bei Ihrem Hausarzt/Ihrer Hausärztin oder beim Notfallarzt. Sind sie nicht verfügbar, rufen Sie den Notfalldienst Nummer 144. Warten Sie auf keinen Fall den folgenden Tag ab! Typische Anzeichen einer TIA sind: - flüchtige Schwäche, Gefühlsstörung oder Lähmung eines Armes, einer Hand oder eines Beines, - vorübergehende Störung beim Sprechen oder Verstehen, - vorübergehende Sehstörung wie Doppeltsehen oder kurze Erblindung eines Auges, - ungewöhnlicher Drehschwindel, Unsicherheit beim Gehen. 3/4 Das Hirnschlagprogramm der Schweizerischen Herzstiftung Im Rahmen ihrer Präventionsarbeit gegen Erkrankungen von Herz und Kreislauf setzt sich die Schweizerische Herzstiftung auch dafür ein, dass weniger Menschen einen Hirnschlag erleiden und dadurch behindert bleiben oder vorzeitig sterben, und dass für Betroffene das Leben lebenswert bleibt. Zu diesem Zweck fördert die Schweizerische Herzstiftung Forschungsprojekte, leistet Aufklärungsarbeit und steht Betroffenen beratend zur Seite. Sie bietet kostenlose Informationsmittel an und erteilt Personen, die von einem Hirnschlag betroffen sind, oder ihren Angehörigen Auskunft zur Erkrankung, zu Therapie und Rehabilitation. Fragen können per Brief oder via Internet (www.swissheart.ch->Kontakt->Sprechstunde) eingereicht werden. Bestellungen für Publikationen können Sie per Post oder telefonisch aufgeben. Schweizerische Herzstiftung, Schwarztorstrasse 18, 3000 Bern 14, Telefon 031 388 80 80, Fax 031 388 80 88, [email protected], www.swissheart.ch Publikationen der Schweizerischen Herzstiftung zum Thema Hirnschlag: - Präventionsbroschüre «Hirnschlag: Risiken kennen – Chancen wahrnehmen» - «Leben nach dem Hirnschlag» Die Schweizerische Herzstiftung ist eine unabhängige, von der Stiftung ZEWO anerkannte Organisation. Hinweis für Medienschaffende Dieser Text ist unter www.swissheart.ch/medien abrufbar und kann auch per E-Mail übermittelt werden. Kontaktpersonen: Silvia Aepli, Projektleiterin Hirnschlagprogramm Schweizerische Herzstiftung Schwarztorstrasse 18, 3000 Bern 14 Telefon 031 388 80 95, Fax 031 388 80 88 [email protected] www.swissheart.ch Für medizinische Auskünfte: Dr. Roman Sztajzel Leitender Arzt an der Neurologischen Klinik des Universitätsspitals Genf Telefon 022 372 83 19 [email protected] 4/4