04+05 Spez Biodid Methodik BU

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Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4&5— 1
4 Grundzüge der Speziellen Biologiedidaktik:
Die didaktische Rekonstruktion
4.1 Grundbegriffe, Aufgaben, Fachliteratur, Lehrpläne
4.1.1 Einführung
Die Entwicklung von Unterrichtseinheiten ist ein Kernstück der Speziellen
Biologiedidaktik. Nun sind hier objektive und eindeutige Lösungen kaum zu erwarten.
Wichtiger als das Ergebnis, also eine Unterrichtseinheit, ist die Diskussion der
Zielsetzungen als Ausgangspunkt und der Kriterien und ihrer Anwendung bei der
Stoffauswahl (im Sinne der Unterrichtsinhalte einschließlich der biologischen
Arbeitsweisen und Medien, ausgespart bleibt hier zunächst die methodische
Umsetzung im Unterricht). Die Begriffe dafür werden unterschiedlich gefaßt und
sollen hier diskutiert werden. Hinzu kommen Grundlagen wie die Definition der
Speziellen Biologiedidaktik durch ihre Aufgaben, die Fachliteratur und die Rolle der
Lehrpläne.
4.1.2 Zum Begriff „Didaktische Rekonstruktion“
Fachdidaktik (i.e.S.) wurde früher schlagwortartig als (Kriterien der) Stoffauswahl
definiert. Das entspricht der Speziellen Fachdidaktik im Sinne der LehramtsPrüfungsordnung (LPO) NRW (vgl. Kap. 1). Diese Stoffauswahl für den Unterricht
umfaßt natürlich nicht nur die Inhalte (kognitive Unterrichtsziele), sondern
maßgeblich auch die Auswahl der Arten und die Möglichkeiten zum praktischen
Arbeiten (psycho-motorische Unterrichtsziele). Die folgenden Begriffe wurden dabei
unterschieden:
Didaktische Reduktion und didaktische Transformation: Das Schulfach Biologie
wurde oft im wesentlichen als Biologie für die Schule gesehen, sie mußte für die
Zielgruppe passend ausgewählt und vereinfacht, und damit für die Zielgruppe (im
Verein mit guten Anschauungsmitteln wie der Bebilderung im Schulbuch)
verständlich gemacht werden. Das wurde „Didaktische Reduktion“ genannt.
STAECK (1995*) unterscheidet dabei:
 die
„sektorale“
didaktische
Reduktion
(inhaltliche
Ausschnittsbildung
[Verringerung der Breite, der Umfanges] mit entsprechender Einschränkung des
Gültigkeitsbereiches der Aussage, z.B. die Reduktion der Säugetier-Monographien
auf 3 Kategorien, die Fleischfresser Hunde und Katzen [Ordnung Raubtiere =
Carnivoren], auf die Pflanzenfresser [Ordnungen Paar-/ Unpaarhufer] Rinder und
Pferde und auf das Schwein als Allesfresser [auch Ordnung Paarhufer], also unter
Verzicht z.B. auf Hasenartige, Nagetiere, Rüsseltiere, Affen [wie in den Richtlinien
SI/Gymnasium NRW von 1993]) und
 die „strukturelle“ didaktische Reduktion (Vereinfachung der Komplexität eines
Systems durch Beschränkung auf Teilaspekte [wie auf eine Nahrungskette statt
eines Nahrungsnetzes oder auf ein Teilsystem wie das Beziehungsgefüge der
Kleintiere/ Makroevertebraten auf dem Stein im Bach], hierher auch
Modellbildungen und Schemata).
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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Oft verzahnen sich die sektorale und die strukturelle didaktische Reduktion, die
Unterscheidung hat also mehr akademischen Wert und ist praktisch ohne Belang.
Dieser Begriff Didaktische Reduktion bezieht sich also darauf, daß die Inhalte des
Faches für den BU (nach Umfang und Vertiefung) zu vereinfachen, zu reduzieren sind.
Dabei muß das Elementare der Biologie (vgl. Kap. 2.9.3) von den für die
Allgemeinbildung unwichtigen Details getrennt und herausgestellt. Das suggeriert,
daß die didaktische Reduktion nur aus dem Fach heraus erfolgen kann, da nur mit
solider Fachkenntnis zu entscheiden ist, was wie wichtig für den Unterricht ist. Einige
Biologie-Professoren an Universitäten begründen damit ihren Anspruch, BiologieDidaktik (im Sinne der Stoffauswahl) kompetenter als Professoren für Biologiedidaktik
vertreten zu können und gestehen den Didaktikern (irrtümlich, aber konsequent in
ihrer eigenen Inkompetenz für die akademische Disziplin Biologiedidaktik) nur
Kompetenz für Unterrichtsmethodik (im Sinne der Schulpraktischen Studien) zu.
Dabei werden der Bildungs- und der Erziehungsauftrag der Schule übersehen.
Bildung heißt eben nicht Verständnis von passend vereinfachten („reduzierten“)
Fakten, sondern Verständnis von elementaren und fundamentalen Zusammenhängen.
Fundamental
sind
die
biologischen
Zusammenhänge,
die
für
das
„naturwissenschaftliche Weltbild“, also für das biologische Selbstverständnis des
Menschen oder für tägliche Entscheidungen oder Urteile (z.B. beim NahrungsmittelEinkauf, beim Lebenswandel, bei politischen Diskussionen zur Umwelt), wichtig sind.
Hier gehen Wertungen der biologischen Fakten ein, die aus der Biologie als
Wissenschaft nicht verständlich sind und damit die Kompetenz des Fachbiologen
überschreiten. Das Lehrgebäude der Biologie muß dementsprechend für den
Biologieunterricht nicht nur (im Sinne der didaktischen Reduktion) nicht nur
vereinfacht, sondern umgestellt werden. Außerdem sind die Begriffe, die sprachliche
Darstellung, die Anordnung auf die Adressatengruppe abzustellen.
Dem wird der Begriff der „Didaktischen Transformation“ besser gerecht. Die
didaktische Reduktion ist nun nur ein selbstverständlicher (trivialer) Teilaspekt der
didaktischen Transformation; der Begriff der didaktischen Reduktion wird damit
nutzlos und überflüssig.
Didaktische Rekonstruktion: Bei der vorstehend erläuterten diaktischen
Transformation werden die biologischen Inhalte vielfach völlig neu zusammengestellt.
Sie ist damit mehr als eine effektive methodische Umsetzung von biologischen
Inhalten. Dazu gehört nicht nur das Herstellen (Konstruieren) pädagogisch
bedeutsamer Zusammenhänge, sondern auch das Wiederherstellen (Rekonstruieren)
von biologischen Primärerfahrungen und Sinnbezügen, die im aktuellen
Wissenschafts- und Lehrbetrieb verloren gegangen sind oder als unwissenschaftliche
Hobby-Biologie (vgl. den Stellenwert der Amateur-Entomologie in der Universität) bzw.
Anwender-Erfahrungen (z.B. die Erfahrung des Anglers: „Hier steht der Hecht“, vgl.
WIEDERHOLZ 1979) als wissenschaftlich irrelevant verworfen werden (dieser
akademische Hochmut ist eine Erklärung für den verbreiteten „Praxis-Schock“ nach
dem Studium!). Für diese didaktische Arbeit hat sich in jüngerer Zeit der Begriff der
didaktischen Rekonstruktion eingebürgert (vgl. EKR 1999, auch BAYRHUBER et al.
1999).
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Biologieunterricht soll nicht einfach Biologie verständlich machen, sondern an
oder mit Biologie bilden und erziehen. Dabei ist die Auswahl von Inhalten (und
Arbeitsweisen) nach den Kriterien des Elementaren und Fundamentalen (s.o.) wohl ein
notwendiges, aber nicht ein hinreichendes Anliegen. Entscheidende Parameter sind
vielmehr die im Kap. 2 diskutierten Leitziele zur Bildung und Erziehung mit
Stichworten wie Verständnis von Zusammenhängen/ inklusives Denken in
Vernetzungen statt enzyklopädisches Anhäufung von Fakten, dynamischer FunktionsZusammenhang am konkreten Beispiel statt statisch-sachlogische Typologien,
ganzheitliche Zusammenschau statt isolierender Reduktionismus, fächerübergreifende
Zusammenhänge
statt
Aufsplitterung
in
biologische
Teildisziplinen,
erkenntnistheoretisches Hinterfragen der Tragfähigkeit statt Zahlenmythos und
vordergründige Methoden-Gläubigkeit, Bezug zur Anwendung im Alltag statt
akademisch/ intellektueller Abgehobenheit in den Elfenbeinturm der Wissenschaft,
Ausgang von der Erfahrungswelt der Adressaten und ihren Interessen statt bloßer
(weltfremder) Nachvollzug der Sachstruktur der Wissenschaft Biologie, Vermittlung
von Wertevorstellungen. Zu beachten sind Vorgaben zur Unterrichtsmethodik (wie
Beginn mit einem „Einstieg“; vgl. Kap. 5, auch 4.6 ff.) und die Forderung nach
fragend-entwickelndem, problemlösenden Zugang in Selbsttätigkeit der Schüler. Das
bedeutet, das Unterrichtsinhalte nicht nur nach den gesetzten Zielen ausgewählt und
vereinfacht, sondern aus den fachlichen Ordnungsprinzipien herausgelöst und nach
den genannten Kriterien völlig neu zusammengesetzt (oder „rekonstruiert“) werden
müssen.
Dem soll der Begriff der „Didaktischen Rekonstruktion“ Rechnung tragen. Er löst
damit die zu eng gefaßten Begriffe der didaktischen Reduktion und didaktischen
Transformation ab.
Der Begriff der didaktischen Rekonstruktion wurde maßgeblich von der
Arbeitsgruppe KATTMANN an der Universität Oldenburg seit Mitte der 80er Jahre in die
Biologiedidaktik eingebracht (z.B. GROPENGIEßER 1997, KATTMANN & GROPENGIEßER
1998) und hat sich inzwischen voll durchgesetzt (vgl. z.B. BAYRHUBER et al. 1998).
Die Auffassungen dazu sind allerdings unterschiedlich. Die Arbeitsgruppe
KATTMANN (vgl. EKR 1998*) ist bei ihrer Definition der „Didaktischen Rekonstruktion“
maßgeblich an der akademischen „Lehr-/ Lernforschung orientiert. Sie unterscheidet
3 Aufgabenfelder (GROPENGIEßER 1997: 15):
(1) Fachliche Klärung der Unterrichtsinhalte.
(2) Erfassung von Schülervorstellungen (durch ausgedehnte Interviews ausgewählter
Personen).
(3) Didaktische Strukturierung (als Synthese der fachlichen Klärung und der
ermittelten Schülervorstellungen).
Dabei geht die Prämisse ein, daß die Umsetzung der Unterrichtsziele maßgeblich von
den Schülervorstellungen abhängt, weniger von den Lehrplänen und der inhaltlichmethodischen Optimierung der didaktischen Rekonstruktion. So ist diese Gliederung
vor allem auf die Legitimierung didaktischer Forschungsvorhaben zur Lehr-/
Lernforschung ausgerichtet.
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Didaktische Rekonstruktion als Alltagsaufgabe der Unterrichts-Planung, -Umsetzung
und -Nachbesinnung, als Optimierungsaufgabe für die Umsetzung der allgemeinen
Leitziele und der konkreten Unterrichtsziele und für eine fachdidaktische Forschung,
die am Berufsfeld Schule orientiert ist, wird besser von der Verbindung der
didaktischen Rekonstruktion mit dem Prinzip des Exemplarischen (im Sinne von
BERCK 1999, vgl. Kap. 2.9) gestützt. Dabei erhalten die Kriterien der Stoffauswahl
(einschließlich der praktischen Arbeit und der Anschaulichkeit) einen besonderen
Stellenwert gegenüber statistischen Erfassungen oder Einzelfall-Analysen von
Schülereinstellungen und ihren Veränderungen durch den Unterricht, denn erstere
lassen sich auf vergleichbare Unterrichtssituationen übertragen, letztere aber nur sehr
bedingt. Dieser Auffassung wird in diesem Skript der Vorzug gegeben.
Fazit: In jedem Falle liefert die Didaktische Rekonstruktion eine tragfähige Theorie für
die Kriterien der Stoffauswahl (etc.) und damit für die Spezielle Biologiedidaktik. Sie
steht daher im Mittelpunkt dieses Kapitels, konkrete Schemata zu ihrer Umsetzung
werden (nach grundsätzlichen Klärungen) hergeleitet und an einigen Beispielen
(Unterrichtsstunde Vogelzug, Verhaltensbiologie, Umwelterziehung, Evolutionsbiologie)
konkretisiert.
Die Umsetzung einzelner Unterrichtsstunden läßt die Problematik nicht
erkennen, sie kommt richtig erst bei Halbjahresthemen zum tragen.
Wissenschaftspropädeutik: Die Orientierung des Schulfaches am Fach wird als
Wissenschafts-Propädeutik bezeichnet. Sie ist das Leitziel für die Gymnasiale
Oberstufe in NRW (vgl. die entspr. Richtlinie von 1999: Vorwort, XI).
Wissenschaftspropädeutik bedeutet dem Wortsinn nach eine Einführung in die
Wissenschaft, damit also in den Denkansatz und die Fachsystematik. Das entspricht
der o.g. „didaktischen Reduktion“ und verfehlt damit den Kern der Speziellen
Biologiedidaktik. Bei EKR (1996, Kap. 3.3, S. 59ff.) wird jedoch (in Anlehnung an
FALKENHAUSEN 1988) das Anliegen der Wissenschaftspropädeutik mehr dem der
didaktischen Rekonstruktion angenähert, wobei das erkenntnistheoretische
Hinterfragen (d.h. die naturphilosophische Komponente) besonders betont wird. Hier
im Skript wird daher der Begriff der Wissenschaftspropädeutik zurückgestellt.
Literatur:
BAYRHUBER, H., K.ETSCHENBERG, U.GEBHARD, K-H.GEHLHAAR, R.HEDEWIG, M.HESSE, S.KLAUTKE, R.KLEE,
J.MAYER, M.PRENZEL, E.G.SCHMIDT (Hrsg.): Biologie und Bildung. 11. Int. Tagung Sektion
Biologiedidaktik im VDBiol Sept. 1997 in Essen. IPN, Kiel 1998 (real Mitte 1999).
BERCK, K-H.: Biologiedidaktik. Grundlagen und Methoden. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 1999.
FALKENHAUSEN, E.V.: Wissenschaftspropädeutik im Unterricht. Aulis, Köln, 2. Aufl. 1988.
GROPENGIEßER, H.: Didaktische Rekonstruktion des „Sehens“. Wissenschaftliche Theorien und die Sicht
der Schüler in der Perspektive der Vermittlung. Zentrum f. pädagogische Berufspraxis, Universität
Oldenburg 1997.
KATTMANN, U. & H.GROPENGIEßER: Schulnahe fachdidaktische Lehr-/Lernforschung: Das Modell der
Didaktischen Rekonstruktion. Oldenburger Vor-Drucke 364. Zentrum f. pädagogische
Berufspraxis, Universität Oldenburg 1998.
WIEDERHOLZ, E.: Hier steht der Fisch. Das Erkennen und Befischen Erfolg versprechender Angelplätze in
fließenden und stehenden Gewässern. Parey, Hamburg, 2. Aufl. 1979
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4&5— 5
4.1.3 Aufgaben der Speziellen Biologiedidaktik
Ein Begriff kann auch durch die Aufzählung seiner Elemente/Funktionen definiert
werden. Der Begriff Biologiedidaktik läßt sich so durch die Auflistung seiner Aufgaben
kennzeichnen. Dabei wird in Wahrheit oft die Biologiedidaktik unausgesprochen auf
die Spezielle Biologiedidaktik (unter Einschluß der Methodik) eingeengt: Spezielle
Biologiedidaktik geht von Unterrichtsthemen aus und fragt funktional, Allgemeine
Biologiedidaktik klassifiziert unterichtsthemen-übergreifend nach logischen oder
Sachgesichtspunkten, oft ohne Bezug zur Relevanz für den Unterricht.
Beispiele für derartige Auflistungen von Aufgaben der (Speziellen)
Biologiedidaktik nach Lehrbüchern zur Biologie-didaktik werden daher hier (und
nicht schon im Kap.1) eingebracht:
A Aufgaben der Speziellen Biologiedidaktik nach KILLERMANN (1991: 12):
 Zieldiskussion für den BU.
 Entwicklung und Erprobung von Unterrichtseinheiten als Umsetzung der
gewählten Ziele in konkrete Unterichtskonzepte:
Auswahl/ didaktische Aufarbeitung der Begriffe/ Unterrichtsinhalte, ihrer
Anordnung, der biologischen Arbeitsweisen und Medien zum Thema.
 Diskussion von biologischer Erziehung
(z.B. zum verantwortlichen Umgang mit dem Körper, der Sexualität, der Umwelt)
im Rahmen allgemein-verbindlicher Normen.
 Fächerübergreifende Aufgaben im Biologieunterricht.
 Lernvoraussetzungen im BU (z.B. Lernpsychologie, Entwicklungspsychologie,
Motivations- und Interessenforschung).
 Optimierung der Lehr- und Lernvorgänge im BU und ihre Erfolgskontrolle.
 Entwicklung von Medien für den Biologieunterricht.
 Untersuchung der Geschichte des BU und der Biologiedidaktik.
 Vergleich mit anderen Ländern und Staaten.
B Aufgaben der Speziellen Biologiedidaktik nach ESCHENHAGEN/KATTMANN/
RODI (1998: 5, umgestellt, Ergänzungen kursiv):
 Formulierung und Auswahl von Unterrichtszielen.
 Berücksichtigung von Lernvoraussetzungen und Schülervorstellungen.
 Bestimmung der Rolle der Lehrpersonen und der zum Biologielehren nötigen
Qualifikationen.
 Bestimmung des Verhältnisses von Biologie zur Schulbiologie: Didaktische
Rekonstruktion als didaktische Auswahl und Anordnung der biologischen
Unterrichtsinhalte.
 Erfüllung fächerübergreifender (Erziehungs-) Aufgaben.
 Bedeutung und Gestaltung der (außerschulischen) Lernorte für den BU.
 Möglichkeiten des Arbeitens vor Ort (z.B. in der Ökologie) und des Einsatzes
biologischer Arbeitsweisen (im Fachraum).
 Beurteilung des Einsatzes von Medien im BU.
 Auswahl und Anwendung verschiedener Unterrichtsmethoden.
 Überprüfung des Unterrichtserfolges bzw. der Lernleistungen der Schüler.
 Historischer Werdegang der didaktischen Paradigmen und ihrer Umsetzung
im BU.
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C Aufgaben der Speziellen Biologiedidaktik nach STAECK
(1995: 11, Ergänzungen kursiv):
















Analyse des Standortes der Biologie und der Biologiedidaktik in der Gesellschaft.
Bestimmung der Interessen für den BU.
Empirische Erforschung zum BU
(z.B. Motivation, Lernerfolge in Abhängigkeit von Geschlecht & Alter der Schüler,
Koedukation, Medieneinsatz, Begriffswahl).
Abbau der Lernunlust der Schüler.
Verfahren zur Reduktion der Stoffülle.
didaktische Umsetzung komplexer aktueller Themen
(wie AIDS, BSE, Waldsterben, Treibhaus-Effekt).
Abstimmung der Biologie in verschiedenen Schulstufen auf einander.
Einigung auf ein tragfähiges Begriffsinventar für den BU.
Überwindung der Lehrplan-Zersplitterung der Bundesländer
durch Suchen nach einer verbindlichen konzeptionellen Klammer
für den BU in den Jahrgangsstufen 1-13.
Entwicklung eines tragfähigen Konzeptes für die biologische Grundbildung
(Inhalte/Begriffe) in der SI & SII (Allgemeinbildende Schulen.
Entwicklung, Erprobung und Lernerfolgskontrolle (Evaluation) von biologischen
Unterrichtseinheiten und Medien für den BU.
Analyse von Schülerinteressen und –qualifikationen im BU.
Zukunftsforschung:
Entwicklung neuer Horizonte und Perspektiven für den BU (z.B. gemäß den
zu erwartenden Herausforderungen und dem Wandel des Menschenbildes).
Entwicklung einer soliden, tragfähigen biologiedidaktischen Theorie.
Ent-Ideologisierung der Biologie
(die für viele Menschen noch immer ein romantisches Fach ist, in dem es
um Streicheltiere, glückliche Kühe und intakte Biotope/Ökosysteme geht).
Kritik an dem Mißbrauch des Begriffs „Bio- in Wirtschaft und Werbung
(die „Bio“ gleichsetzen mit „natürlich“, „gesund“).
Aufgaben der Biologiedidaktik in der Schule formuliert auch die Wirtschaft (z.B.
entsprechend ihren Qualifikationsanforderungen an die Schulabgänger, die als
Lehrlinge eingestellt werden sollen). Die vornehmlichen Aufgaben der Biologiedidaktik
sind nach BIGALKE (1969, stark verändert):
 Aktualisierung: Überprüfen des aktuellen Standes der Biologie auf ihre Relevanz für
den Biologieunterricht entsprechend den Bildungszielen für den Einzelnen und
für die Gesellschaft.
 Förderung der formalen Bildungswerte dieser biologischen Inhalte,
insbesondere der Bereiche mit hoher Transfermöglichkeit
auf andere (nicht biologische) Bereiche.
 Entwicklung optimaler Medien und Erforschung der Einsatzoptimierung.
 Hinterfragen/ Aktualisieren der tradierten Inhalte gemäß den Leitzielen.
 Hinterfragen der Grenzen der Aussagen (Erkenntnistheorie) und der Fachgrenzen
(fächerübergreifende/ interdisziplinäre Aspekte).
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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Bemerkenswert ist es, daß das
Zusammenhänge nicht angeführt wird!
Verständnis
komplexer
biologischer
"WER" WIRD unterrichtet?: Zielgruppe
Didaktik i.e.S.
"WAS"?
"WOZU"?
"WOMIT"?
"WELCHE"
Kontrollen?
"WIE"?
"WER"?
Unterrichtet?
Methodik
"WANN"
und
"WIE LANGE"?
"WO"?
Abb. ##: Beziehungsnetz von 9 für den Unterricht wichtigen Fragengruppen zum
„didaktisches System“ in Form einer Kegelfigur (nach EULEFELD, SCHAEFER & DYLLA 1974:
10). – Diese Figur hebt den Schüler als Kegelspitze besonders heraus. Logisch klarer wäre eine
Pyramide mit einem regelmäßigen Achteck als Grundfläche. Wenn man die Symmetrie der
Fragen betonen, also den Schüler nicht besonders herausheben will, so wären die 9 Fragen an
den Ecken eines regelmäßigen Neunecks anzubringen, die Relationen ergäben sich durch die
Verbindungslinien, d.h. durch die Diagonalen & Seiten. – Eingetragen ist die Zuordnung der
Fragen zur Methodik (unten: Wer, wie, wo, wann und wie lange?) und zur Didaktik i.e.S.
(oben: Was, womit, wozu, welche Kontrollen?). Die Zuordnung ist aber nicht trennscharf.
Kernpunkte der Didaktik i.e.S. sind dabei die Fragen nach den konkreten Zielen, nach der
Auswahl der Inhalte, der Arbeitsweisen (für die keine eigene Frage vorgesehen ist) und der
Medien.
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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Die Aufgaben der Speziellen Biologiedidaktik (wieder unter Einschluß der
Methodik) hat SCHAEFER (1971, nachstehend verändert) in die Form von
9 Schlüsselfragen zum Unterricht (im Sinne von 9 Klassen unterrichts-relevanter
„W“-Fragen) gekleidet:
1)
2)
3)
4)
5)
6)
7)
8)
9)
Adressatenfrage („wer“ wird unterrichtet?);
Zielfrage („wozu“ soll unterrichtet werden?);
Stofffragen („was“ soll unterrichtet werden?);
Medienfragen („womit“ soll unterrichtet werden?);
Methodenfragen ("wie" soll unterrichtet werden?);
Zeitfragen („wann“ und „wie lange“ soll unterrichtet werden?);
Milieufragen („wo“ soll unterrichtet werden?);
Personalfragen („wer“ soll unterrichten?);
Evaluationsfragen („wie effektiv“ ist der Unterricht gewesen?)
Anmerkung: In der Praxis stellen sich die Evalutationsfragen aber als Fragen der
Leistungsmessung (Benotung: „wie gut“ ist der Schüler?).
Eine Umfrage zum Bildungsauftrag des Schulfaches Biologie (und damit zu Aufgaben
der Biologiedidaktik) hat unlängst der VDBiol. durchgeführt (vgl. WEIGELT & GRABINSKI
1992).
Literatur:
BIGALKE, ## : Fachdidaktik und Forschung & Lehre. MNU 22: 257-264 (1969).
ESCHENHAGEN, D., U.KATTMANN & D.RODI (Begründer)/ U.KATTMANN (Hrsg.): Fachdidaktik Biologie.
Aulis/Deubner, Köln, 4. Aufl. 1998.
EULEFELD, G., G.SCHAEFER & K.DYLLA: IPN-Einheitenbank Curriculum Biologie, Biologisches
Gleichgewicht, Lehrerheft, Aulis/Deubner, Köln 1974.
KILLERMANN, W.: Biologieunterricht heute. Auer, Donauwörth, 9. Aufl. 1991.
SCHAEFER, G.: Probleme der Curriculum-Konstruktion. Themenheft „IPN-Curriculum-Entwicklung“. Der
Biologieunterricht 7 (4): 6-17 (1971).
STAECK, L.: Zeitgemäßer BU. Eine Didaktik. Cornelsen, Berlin, 5. Aufl. 1995.
WEIGELT, C. & E.GRABINSKI: Pro Biologie, VDBiol-Schulumfrage: Leistungsfähigkeit & Handlungsbedarf.
Biologie heute 402: 1-4 (1992).
4.1.4 Grundlegende Literatur zur Speziellen Biologiedidaktik
4.1.4.1 Handbücher
Handbücher geben eine zusammenfassende Übersicht (hier zur Speziellen
Biologiedidaktik). Sie brauchen Jahre, manchmal Jahrzehnte bis zur Komplettierung.
Handbücher sollten bei allen Fragen zur Speziellen Biologiedidaktik, insbesondere bei
der Vorbereitung von Unterrichtsstunden, Referaten oder Prüfungsthemen, mit
herangezogen werden!
ESCHENHAGEN, D., U.KATTMANN & D.RODI (Hrsg.): Handbuch des BU S I.
(Aulis/ Deubner, Köln; Band 7 & 8 sind auch eigenständig erschienen).
Band
Band
Band
Band
Band
Band
1:
2:
3:
4:
5:
6:
Phänomen Vielfalt (1989).
Lebensformen und Verwandtschaft (1992).
Stoff- & Energiewechsel (1995).
Sinnesleistungen, Informationsverarbeitung, Verhalten (1996).
Sexualität, Fortpflanzung, Entwicklung (1993).
Vererbung (1999).
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Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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Band 7: Evolution (1998),
Band 8: Umwelt (1991; entspricht „Umwelt im Unterricht“ als Einzelband).
Inhaltsübersicht der Handbuch-Bände siehe Anhang 2.
Der Vorläufer für das Gymnasium:
FALKENHAN, H. (Hrsg.): Handbuch der praktischen und experimentellen
Schulbiologie. 5 Bände. Aulis/ Deubner, Köln 1970-79.
Als Studienausgabe (Paperback) in 8 Bänden (in verkleinertem Format, aber mit
identischem Text; nachstehend mit StA abgekürzt) 1981.
Inhaltsübersicht siehe Anhang 1.
Hinweis: Es werden im Anhang 1/2 die einzelnen Kapitel der beiden Handbücher
spezifiziert. Im Handbuch von FALKENHAN sind viele Daten immer noch aktuell und
anderweitig nicht so einfach zugänglich (wie viele Versuchsanleitungen zur Menschen, Tier- und Pflanzenkunde); es sollte dieses Handbuch also auch heute noch bei
entsprechenden Themen der Speziellen Biologiedidaktik mit herangezogen werden!
4.1.4.2 Fach-Zeitschriften zur Speziellen Biologiedidaktik
Die folgenden Zeitschriften enthalten viele Anregungen zur Planung von
Unterrichtseinheiten auf unterschiedlichen Ebenen (im Sinne der didaktischen
Rekonstruktion, vgl. Kap. ###, insbes. Kap. ###). Das ist die zentrale Aufgabe der
Speziellen Biologiedidaktik. Eine Übersicht von Themenheften ist im Anhang
zusammengestellt.
Diese Übersichten sind für die Referate in Seminaren zur Speziellen
Biologiedidaktik auf das spezielle Thema hin durchzusehen und die relevanten Hefte/
Titel als Literaturgrundlage heranzuziehen! Das gilt auch für das Teilgebiet E2
(Spezielle Biologiedidaktik LPO NRW) im Staatsexamen und für die Schulpraktischen
Studien.
UB Unterricht Biologie. Friedrich-Verlag Seelze. Themenhefte (fortlaufend
nummeriert) mit einem Basisartikel zum Thema und Unterrichtsmodellen für alle
Schulstufen z.B. Lebensraum Vivarium (Heft 248, 23. Jahrg. Okt. 1999). Damit ist
UB vor allem auf die 2. Phase (Referendariat) abgestellt, auch eine gute
Handreichung für die Schulpraktischen Studien.
Übersicht der Themenhefte siehe Anhang 4.
PdB Praxis der Naturwissenschaften, Teil Biologie. Aulis-Verlag Köln.
Ausgerichtet auf die S II; Themenhefte (z.B. Lebensstrategien von Wasserinsekten,
Heft 2/44, 44. Jahrg. 1994) stets auch mit freien Themen.
Übersicht der (älteren) Themenhefte siehe Anhang 5.
Inzwischen ausgelaufen, aber mit zahlreichen immer noch aktuellen Beiträgen
ausgestattet sind:
BU Der Biologieunterricht. 1 (1965) - 20 (1984). Klett, Stuttgart. Jeweils 4 Hefte (oft
unter einem Thema) je Jahrgang, die Zeitschrift wurde leider ein Opfer der
Ökonomie, vieles ist aktuell geblieben.
Themenübersicht siehe Anhang 3.
NiU Naturwissenschaften im Unterricht, Teil B – Biologie. Zeitschrift für die
Unterrichtspraxis in der S I, zahlreiche Themenhefte. Ausgelaufen mit dem
Jahrgang ###/ 19##. Übersicht der Themenhefte siehe Anhang 6.
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Zeitschriften mit Beiträgen zur Speziellen Biologiedidaktik ohne
Themenbindung:
BioSch: Biologie in der Schule. Pädagogischer Zeitschriftenverlag (früher Volk und
Wissen Verlag), Berlin (zum Cornelsen-Verlag); 44. Jahrg. 1995.
MNU: Der mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht. Dümmler
Verlag Köln, 53. Jahrg. 2000.
ZfDN: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, Biologie, Chemie,
Physik. Verlag Schmidt & Klaunig, Kiel (Redaktion IPN Kiel). 1. Jahrg. 1995; ab
6. Jahrg. 2000 als Internet-Zeitschrift.
4.2. Das Verhältnis vom Fach Biologie und Fachdidaktik Biologie
(im Sinne von Spezieller Biologiedidaktik)
4.2.1 Einführung
Spezielle Biologiedidaktik ist auf Unterrichtsthemen bezogen und erscheint damit als
eng mit dem Fach, also der Biologie, verbunden (vgl. SCHAEFER 1971). Dabei liefert
Biologiedidaktik nicht einfach eine Verkürzung oder „Reduktion“ der Biologie für die
Schule (vgl. z.B. WEBER 1976), sondern transformiert (im Sinne einer mathematischen
Abbildung) die Biologie. Das ist objektiv nur nachvollziehbar, wenn eine
Transformations-Norm (oder eine Funktion im Sinne der mathematischen Abbildung)
vorliegt. Sie ist in den Unterrichtszielen zu formulieren. Leitziel ist dabei der
Bildungauftrag des Biologieunterrichts, es geht also um ideelle Ziele (ähnlich wie
beim Naturschutz, vgl. WEISS 1993), nicht um kommerzielle Ziele (wie bei der
Schädlingsbekämpfung). Aus der objektiven, wertfreien reinen Naturwissenschaft
Biologie wird dabei eine auf Optimierung der Zielerfüllung (also auf optimale
Umsetzung des Bildungsauftrages des Schule) ausgerichtete angewandte
Wissenschaft, hier die Spezielle Biologiedidaktik.
4.2.2 Spezielle Biologiedidaktik als eine Form der Angewandten Biologie
Die biologischen Fakten sind also für den jeweiligen Unterricht danach zu gewichten
und auszuwählen, wie gut sie den jeweiligen Bildungs- und Erziehungszielen im
Biologieunterricht entsprechen. Das ist ein Aspekt, der in Lehrbüchern zur
Biologiedidaktik wenig beachtet wird (wohl aber z.B. bei EKR 1996, vgl. S. 49 ff.:
Kap. 3.2.4 Didaktische Rekonstruktion), der aber für die Stellung und für den
Stellenwert der Biologiedidaktik in einem naturwissenschaftlichen Fachbereich
wesentlich ist. Dabei ist zu beachten, daß für die Biologiedidaktik auch Dimensionen
(z.B. aus der affektiven Zielebene oder den Erziehungsaufgaben) hinzukommen, die
der reinen Naturwissenschaft Biologie fremd sind (wie die ethische Komponente in der
Umwelterziehung). Hier besteht wieder eine Parallele zum Naturschutz als
Angewandter Ökologie.
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 11
Biologiedidaktik in diesem Sinne (als eine Form Angewandter Biologie) ist also
gekennzeichnet durch die folgenden Punkte:

Die Spezielle Biologiedidaktik hat (im Gegensatz zur Biologie als reiner
Naturwissenschaft) keine allgemein gültigen, sondern nur relative, d.h. aus den
jeweiligen Zielvorgaben abzuleitende Aussagen; oft gibt es auch keine eindeutigen
Lösungen, sondern verschiedene Alternativen. Die Zielvorgaben sind das Maß für
die fundamentale Entscheidung „besser : schlechter“, die Grundentscheidung
einer reinen Naturwissenschaft (wie der Biologie), nämlich „richtig/wahr : falsch“
wird dagegen als vom Fach abgeklärt vorausgesetzt.

Die Ziele können nicht objektiv hergeleitet werden, sie sind vielmehr gesetzte
Vorgaben (wie die Axiome in der Mathematik: Kap. 2). Die Richtlinien aus dem
zuständigen Ministerium (in NRW bis 1998 das Ministerium für Schule und
Weiterbildung, Minsterin Frau G. BEHLER, SPD, nicht das Ministerium für
Wissenschaft und Forschung, Ministerin Frau A. BRUNN, SPD, die für die
Hochschulen NRW zuständig sind; beide Ministerien sind seit 1998 unter Frau
BEHLER zusammengefaßt) enthalten die politisch gesetzten, für den Unterricht
verbindlichen oder empfohlenen Zielvorgaben, lassen aber auch Freiraum für
individuelle Vorstellungen der Lehrer und damit für Innovationen und für
regionalen Bezug.

Die Fachsystematik und die Inhalte, Arbeits- und Denkweisen (Paradigmen) der
Biologie werden von der Speziellen Biologiedidaktik nach diesen Bildungszielen
(und den Parametern des konkreten Unterrichts) bewertet und transformiert, nicht
einfach auf Schülerniveau reduziert.

Unterricht muß auf den Schüler zentriert sein, an seinen Vorerfahrungen,
Vorstellungen, Interessen und an seinem Umfeld anknüpfen, die biologischen
Fakten am ausgewählten Beispielen veranschaulichen und dabei jeweils von einem
konkreten, passenden biologischen Phänomen ausgehen, daran das Problem als
Frage aufdecken und es praxisnah lösen, wobei exemplarisch der biologische
Denk- und Forschungsansatz deutlich gemacht werden sollte (als formale Bildung
über das konkrete Beispiel hinaus); Beziehungsgefüge und Zusammenhänge
stehen daher im Mittelpunkten, reine Strukturbeschreibungen sind von zu
geringem Bildungswert und daher nicht zulässig; das gleiche gilt für typologische
Konzepte oder enzyklopädische Überblicke. Im Schulfach ändert sich damit die
Schwerpunkt-Setzung und die Anordnung (Sachstruktur) oft grundlegend
gegenüber dem Fach Biologie. Das Schulfach Biologie ist von daher nicht einfach
Einführung in die Naturwissenschaft Biologie, also Wissenschaftspropädeutik,
auch wenn diese (in Verkennung dieser Tatsachen) in Richtlinien (insbesondere in
den Richtlinien für die Gymnasiale Oberstufe NRW) als Ziel besonders
herausgestellt wird.
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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
Das praktische Arbeiten am Naturobjekt (hier als biologische Arbeitsweisen
bezeichnet) hat auch im Biologieunterricht einen hohen Stellenwert als d i e
Methode zur Erkenntnisgewinnung. Es unterliegt aber den gleichen didaktischen
Kriterien wie die biologischen Fakten. Mehr als im Fach müssen dabei die
gesetzlichen Normen (Arten-, Biotopschutz gemäß den Naturschutzgesetzen),
insbesondere auch der pflegliche Umgang mit Tieren (gemäß Tierschutzgesetz)
beachtet werden. Unter dem Aspekt der Umweltethik sind z.B. Kriterien der
Gefährdung („Rote-Liste-Arten“) strikt (und damit mehr als von der Hochschule
gewohnt) zu berücksichtigen, auch sind emotionelle Vorbehalte von Schülern (z.B.
bei Präparationen) ernst zu nehmen. Es lassen sich daher Versuche aus den
Großpraktika der Universität nicht einfach auf den Unterricht übertragen (auch
nicht in der SII).

Die Optimierung von Medien für den Biologieunterricht ist ein spezifisches
Arbeitsgebiet der Speziellen Biologiedidaktik, es hat kein Vorbild in der
Wissenschaft Biologie (wohl aber in der Hochschullehre, die ja ebenfalls Didaktik
für die Studierenden als Zielgruppe im hier aufgezeigten Sinne sein sollte).

Die affektive Zieldimension der Schulbiologie und der Erziehungsauftrag der
Schule im Biologieunterricht sind ebenfalls ein spezifisches Anliegen der Speziellen
Biologiedidaktik (vgl. Kap. 3), auch sie haben kein Vorbild in der reinen
Naturwissenschaft Biologie.

Die Schule hat eine Reihe von Erziehungsaufträgen (z.B. zur politischen Bildung
[Erziehung zum „mündigen Bürger“], in der Umwelt-, Gesundheits,- und
Sexualerziehung, vgl. Kap. 2.11), die aus dem Fachstudium nicht zu verstehen
und umzusetzen sind.
Der Biologiedidaktiker mit der Arbeitsrichtung Spezielle Biologiedidaktik (als eine
Form Angewandter Biologie) muß sowohl mit (dem betreffenden Teilgebiet) der Biologie
als auch mit den Anforderungen an den Biologieunterricht in der Schule in Theorie
und Praxis gut vertraut sein. Das läßt sich vereinen und wird von uns in Essen (mit
den Forschungsgebieten Ökologie-Didaktik und Didaktik der Evolutionsbiologie)
vertreten.
Dieses Modell von Spezieller Biologiedidaktik paßt gut zu dem Schwerpunkt auf
der fachlichen Grundlegung im Studium und ergänzt ihn in der angemessenen Weise.
Zugleich kann die Spezielle Biologiedidaktik im Studium die Augen für (in der Schule
unumgängliche) übergeordnete Aspekte und größere Zusammenhänge öffnen, damit
der heute in manchen (z.B. molekular-biologischen) Disziplinen drohenden Gefahr
extremer Spezialisierung entgegen wirken.
Das Problem „Biologiedidaktik als Wissenschaft" war Tagungsthema in Bad Boll
1979 (RODI & BAUER 1980, vgl. z.B. die Beiträge von BERCK, KATTMANN, WERNER).
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
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Literatur:
RODI, D. & E.BAUER (Hrsg.): Biologiedidaktik als Wissenschaft. Bericht über die Tagung der Sektion
Fachdidaktik im VDBiol in Bad Boll 1979. Aulis/ Deubner, Köln 1980.
SCHAEFER, G.: Fach  Didaktik  Fachdidaktik. MNU 24: 390-396 (1971).
WEBER, H.: Das Problem der didaktischen Reduktion im BU; BU 12 (3): 6-26 (1976).
WEISS, J.: Naturschutz in der Kulturlandschaft - oder: was wollen wir eigentlich schützen? Natur- &
Landschaftskunde 29: 1-6 (1993).
4.2.3 Popularisierung wissenschaftlicher Ergebnisse und didaktische
Rekonstruktion
4.2.3.1 Einführung
Spezielle Biologiedidaktik hat also maßgeblich das Problem zu lösen, die Fakten des
Faches Biologie auf das Schulfach zu übertragen. Es stehen aber auch die
Wissenschaft im allgemeinen und die Biologie im besonderen selbst vor dem Problem,
ihre Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit, also den Laien, bekannt und
verständlich zu machen („Popularisierung“, auch „Laisierung“ genannt; vgl. FRÜHWALD
1993, ### Schriften DFG ###). Diese Popularisierung soll nicht zuletzt die
beachtlichen öffentlichen Mittel für die Forschung rechtfertigen und auch in Zeiten
knapper Mittel erhalten.
An allgemein verständlichen Einführungen in biologische Phänomene besteht ein
großes Interesse in der Bevölkerung, kenntlich an dem breiten Sachbuch-Markt und
den entsprechenden Fernseh-Sendungen. Derartige Popularisierungen hatten einen
ersten Höhepunkt im Zeitalter der Romantik und Industrialisierung (Mitte vorigen
Jahrhunderts bis zum 1. Weltkrieg, vgl. Kap. 6.3, ROßMÄßLER, ff.). Motor waren das
Bildungs-Bürgertum und der Bildungswille weiter Teile der Arbeiterschaft (vgl. DAUM
1998). Bis heute bekannt ist z.B. die Popularisierung der zoologischen Systematik in
„BREHMS Tierleben“ (Neubearbeitung noch 1950: BREHM/ BARDORFF 1950); die
Umstellung von den (für Laien trockenen) morphologischen Artbeschreibungen zur
(für Laien spannenden) Biologie ausgewählter Arten war dabei die didaktische
Leistung von ALFRED BREHM. Namhafte Wissenschaftler haben auch immer wieder
Beiträge zur Popularisierung geliefert, z.T. dabei auch die Grenzen der positivistischen
Naturwissenschaft und die Transzendenz zu einem Weltbild oder zur Religion
aufgezeigt. Beispiele sind die einmalige Verbindung von populär gefaßten
taxonomischen (Erst-) Beschreibungen mit der Ästhetik in den „Kunstformen der
Natur“ des berühmten Jenaer Zoologen ERNST HAECKEL (1904/1998) oder Sachbücher
namhafter Biologen (z.B. BERGMANN 1987, BUDDENBROCK 1953, EIBL-EIBESFELD 1973,
FÜLLER 1995, GESSNER 1957, ILLIES 1955, 1961, 1969, 1973, 1977, 1978, KÜHNELT1950,
LAWICK-GOODALL 1971, LEYHAUSEN 1979, NACHTIGALL 1968, 1979, OSCHE 1966,
PORTMANN 1953, 1956, 1959, 1965, 1967, 1974, 1974, REMANE 1960, REMANE et al.
1973, RENSCH 1959, SCHALLER 1962, SCHUHMACHER & HINTERKIRCHER 1996, THIENEMANN
1955, 1956, TISCHLER 1980, UEXKÜLL [& KRISZAT] 1956, WICKLER 1970, 1973). Mit dem
Nobelpreis ausgezeichnet wurden die 3 Begründer der modernen Ethologie KARL V.
FRISCH (z.B. 1927/1969, 1965, 1974; er hat auch das Oberstufen-Schulbuch BLV
1960 geschrieben), KONRAD LORENZ (z.B. 1949, 1963, 1988) und NIKO TINBERGEN (z.B.
1955, 1973) auch wegen ihrer Meisterschaft in der Popularisierung ihres
Arbeitsgebietes.
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Die Popularisierung ist heute schon ein quantitatives Problem: Die
wissenschaftliche, insbesondere die naturwissenschaftliche Forschung hat sich vom
Volumen her (i.S. der Anzahl der Forscher, der Forschungseinrichtungen, der
Forschungsmittel und der Publikationen) exponentiell vermehrt. So sollen gegenwärtig
neunmal so viele Naturwissenschaftler tätig sein wie im gesamten Zeitraum der
menschlichen Kulturgeschichte zuvor zusammen genommen. Es war noch nie so viel
naturwissenschaftliches Wissen zusammengetragen und gespeichert, also im Prinzip
abrufbar geworden. Zugleich war der Anteil des davon dem Einzelnen tatsächlich
verfügbaren Wissens noch nie so klein, die Kluft zwischen den „Vielwissern“ und den
„Wenigwissern“ noch nie so groß (erstere werden daher oft als „Besserwisser“
verunglimpft). Das erklärt die aktuelle Verbreitung von Unsicherheit gegenüber der
Naturwissenschaft und ihrer Anwendung, der Technik, und manche mystische (auch
politisch geschürte) Abwehrhaltungen (wie gegenüber der Kernenergie oder der
Gentechnologie), die auf den ersten Blick so gar nicht zu einer hoch technisierten
Industriegesellschaft paßt (vgl. den Beitrag des damaligen Präsidenten der DFG, Prof.
Dr. FRÜHWALD, Neuere Deutsche Literaturgeschichte, Universität München, 1993). Die
Publikationsflut bedeutet auch, daß der Wissenschaftler selbst sein Fachgebiet nicht
mehr voll überschauen kann, sich oft in Spezialgebiete flüchtet und die
Nachbardisziplinen nicht mehr voll versteht. Das erschwert gerade das
Biologiestudium sehr, das eigentlich den Überblick und das Verständnis des Faches
vermitteln soll.
Damit ergeben sich die folgenden Probleme (nach FRÜHWALD 1993, im Sinne einer
Kausalkette umgestellt):
(1)
Die Krise der Verständigung zwischen den Wissenschaftlern einer Disziplin,
zwischen den Disziplinen und mit den Laien (Laisierung und Popularisierung des
Wissens); dem entspricht auch eine Krise der Biologiedidaktik bei der
Stoffauswahl für den Unterricht und der Umsetzung im Unterricht, also bei einer
zentralen Aufgabe der Biologiedidaktik.
(2)
Die Bewertung des immensen und rapide immer weiter wachsenden
Wissensstoffes, d.h. einer effektiven Filtermöglichkeit der für den Einzelnen
wichtigen Informationen und Sachzusammenhänge (verbunden mit der
passenden Aufarbeitung).
(3)
Die abnehmende Informationskompetenz der Öffentlichkeit im Sinne des
Verständnisses komplexer Zusammenhänge des täglichen Lebens, die mit einer
Abnahme der Lesekompetenz einhergeht.
Anfügen möchte ich noch:
(4)
Fehlen des (ganzheitlichen) Überblicks über ein Gebiet, in den sich die
unübersehbare Fülle der Einzelfakten als Vertiefungsmöglichkeit einfach einfügen
läßt.
(5) Scheu vor der Integration der komplexen ganzheitlich/ individuell/ synergetisch/
dynamischen Systemsicht nebst dem dazu gehörenden inklusiven Denken in
Vernetzungen und der Beschränkung auf die einfache reduktionistisch/
typologisch/ mechanistisch/ statische Analyse mit dem „Schubladendenken“.
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(6)
Fehlen der Beurteilung der Grenzen naturwissenschaftlicher Aussagen und
Anwendungsmöglichkeiten (mit der Gefahr euphorischer Überschätzung
technischer Möglichkeiten bzw. simpler Steuerungsprinzipien [wie bei der
antiautoritären Erziehung bzw. dem Naturschutz als einfaches Liegenlassen] oder
umgekehrt der Gefahr einer generellen emotional/ mystischen Abwehr).
4.2.3.2 Popularisierung und didaktische Rekonstruktion
Die Biologiedidaktik steht bei der didaktischen Rekonstruktion nur scheinbar in
Konkurrenz mit den außerschulischen Bildungsmöglichkeiten, insbesondere mit dem
Fernsehen und dem Sachbuch- und Videomarkt, denn didaktische Rekonstruktion ist
nicht nur auf verständliche Darstellung biologischer Phänomene für interessierte
Bürger ausgerichtet, sondern soll Bildung vermitteln. Und zwar Bildung für eine ganz
bestimmte
Adressatengruppe
mit
ganz
bestimmten
Zielvorstellungen.
Popularisierungen sind daher ein interessantes Material für die UnterrichtsVorbereitung des Lehrers, sie müssen von ihm aber auf den konkreten Unterricht hin
() transformiert werden.
So ist beispielsweise der Beitrag des Fernsehens (unbeschadet des hohen
Aufwandes für die Fernseh-Poduktionen) meistens geringer als es auf den ersten Blick
(angesichts faszinierender Naturfilme und didaktisch ansprechender Berichte aus der
Forschung) erscheint. Das Ziel einer Bildung tritt nämlich zurück gegenüber einer
Unterhaltung mit dem Gewinn hoher Einschaltquoten; Naturfilme beispielsweise
konzentrieren sich oft auf sensationelle oder attraktive Verhaltensweisen/Situationen
und ethologische oder ökologische Spektakel. Das Fernsehen ist somit eher ein
Beispiel für Unterhaltungsbiologie als für biologische Bildung durch Popularisierung
im obigen Sinne.
Der Sachbuchmarkt ist wesentlich breiter gestreut und geht fließend in das
Angebot beispielsweise von Kursbüchern für die Gymnasiale Oberstufe über (SCHMIDT
1996), die Bestimmungsbücher sind auch ein Beispiel für ein vielfältiges
außerschulisches Angebot an Materialien, die für den Unterricht genutzt werden
können (vgl. SCHUHMACHER & HINTERKIRCHER 1996). So stellt sich für die Studierenden
und für die Lehrer das Problem, den Überblick zu behalten und die passende Auswahl
zu treffen. Der Markt mit Natur-Videos und –CD-Roms entwickelt sich gerade rasant
mit vielfältigen Facetten.
Literatur:
BERGMANN, H.: Die Biologie des Vogels. Eine exemplarische Einführung in Bau, Funktion und
Lebensweise. Aula, Wiesbaden 1987.
BREHM, A. (Begründer)/ W. BARDORFF (Neubearbeitung.): Brehms Tierleben. Volksausgabe in einem
Band, Safari, Berlin, 1950 [nach der zehnbändigen 2. Aufl. von 1876 ff.].
BUDDENBROCK, W.V.: Das Liebesleben der Tiere. Athenäum, Bonn 1953.
DAUM, A.: Wissenschaftspopularisierung im 19. Jahrhundert. Bürgerliche Kultur, naturwissenschaftliche
Bildung und die deutsche Öffentlichkeit, 1848-1914. Oldenbourg, München 1998.
### DFG: SCHRIFTEN ###
EIBL-EIBESFELD, I.: Galapagos. Die Arche Noah im Pazifik. dtv, München, 3.Aufl. 1973.
EIBL-EIBESFELD, I.: Der vorprogrammierte Mensch. Das Ererbte als bestimmender Faktor im menschlichen
Verhalten. Molden, München 3.Aufl. 1973.
FRISCH, K.V.: Aus dem Leben der Bienen. Verständliche Wissenschaft 1. Springer Berlin 1927, 8. Aufl.
1969.
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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FRISCH, K.V.: Biologie. Schulbuch für die Gymnsiale Oberstufe in 2 Bänden. Bayr. Schulbuch-Verlag,
München, 2.Aufl. Bd. I 1960, Bd. II 1961.
FRISCH, K.V.: Tanzsprache und Orientierung der Bienen. Springer, Berlin 1965.
FRISCH, K.V. (mit O.V.FRISCH): Tiere als Baumeister. Ullstein, Berlin 1974.
FRÜHWALD, ###: Das Forscherwissen und die Öffentlichkeit; Überlegungen zur "Laisierung"
wissenschaftlicher Erkenntnisse; Naturw. Rundschau 46: 337-340 (1993).
FÜLLER, H.: Die Schönheit der Tiere. Studien über die tierische Erscheinung. Urania, Leipzig 1995.
GESSNER, F.: Meer und Strand. Deutscher Verlag Wissenschaften, Berlin, 2.Aufl. 1957.
HAECKEL, E. (mit Geleitwort von R.HARTMANN und Beiträgen [u.a. zu den Lebensstationen von E.
HAECKEL] von O.BREIDBACH und I.EIBL-EIBESFELD): Kunstformen der Natur. Die einhundert
Farbtafeln. Prestel, München, 1998 [Neudruck der Farbtafeln der Erstausgabe Kunstformen der
Natur, Bibliograph. Inst, Leipzig 1904]
ILLIES, J.: Wir beobachten und züchten Insekten. Franckh/Kosmos, Stuttgart 1955.
ILLIES, J.: Die Lebensgemeinschaft des Bergbaches. Die Neue Brehmbücherei 289. Ziemsen, Wittenberg
1961.
ILLIES, J.: Noahs Arche. Wege zum biologischen System.. Kosmos-Bibliothek 261. Franckh/Kosmos,
Stuttgart 1969.
ILLIES, J.: Anthropologie des Tieres. Entwurf einer andren Zoologie. Piper, München 1973.
ILLIES, J.: Der Mensch in der Schöpfung. Ein Naturwissenschaftler liest die Bibel. Interfrom, Zürich 1977.
ILLIES; J.: Die andere Seite der Biologie. Ketzerische Fragen am Rande einer Wissenschaft. Herder,
Freiburg 1978.
LAWICK-GOODALL, J.van: Wilde Schimpansen. 10 Jahre Verhaltensforschung am Gombe-Strom. Rowohlt,
Reinbek b. Hamburg 1971.
KÜHNELT, W.: Bodenbiologie mit besonderer Berücksichtigung der Tierwelt. Herold, Wien 1950.
LEYHAUSEN, P.: Katzen, eine Verhaltenskunde. Parey, Berlin 1955, 5. Aufl. 1979.
LORENZ, K.: Er redete mit dem Vieh, den Vögeln und den Fischen (Tiergeschichten). Borotha-Schoeler,
Wien 1949; 6.-8. Aufl. 1952.
LORENZ, K.: Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression. Borotha-Schoeler, Wien 1963; 7.
Aufl. 1965.
LORENZ, K.: Hier bin ich – wo bist du?. Ethologie der Graugans. Piper, München 1988.
NACHTIGALL, W.: Gläserne Schwingen. Aus der Werkstatt biophysikalischer Forschung. Moos, München
1968.
NACHTIGALL, W.: Unbekannte Umwelt. Die Faszination der lebendigen Natur. Hoffmann & Campe,
Hamburg 1979.
OSCHE, G.: Die Welt der Parasiten. Die Naturgeschichte des Schmarotzertums. Verständliche
Wissenschaft 87. Springer, Berlin 1966.
PORTMANN, A.: Das Tier als soziales Wesen. Rhein-Verlag, Zürich 1953.
PORTMANN, A.: Zoologie und das neue Biild des Menschen. Biologische Fragmente zu einer Lehre vom
Menschen. Rororo-TB, Rowohlt, Reinbek b. Hamburg 1956.
PORTMANN, A.: Grenzen des Lebens. Eine biologische Umschau. Reinhardt, Basel, 5.Aufl. 1959.
PORTMANN, A.: Die Tiergestalt. Studien über die Bedeutung der tierischer Erscheinung. Herder-TB,
Freiburg 1965.
PORTMANN, A.: Zoologie aus vier Jahrzehnten. Gesammelte Abhandlungen. Piper, München 1967.
PORTMANN, A.: An den Grenzen des Wissens. Vom Beitrag der Biologie zum neuen Weltbild. Econ,
Düsseldorf 1974.
REMANE, A.: Das soziale Leben der Tiere. Rororo-TB. Rowohlt, Reinbek b. Hamburg 1960.
REMANE, A., V.STORCH & U.WELSCH: Evolution. Tatsachen und Probleme der Abstammungslehre. Dtv,
München 1973.
RENSCH, B.: Homo sapiens. Vom Tier zum Halbgott. Vandenhoeck & Rupprecht, Göttingen 1959.
SCHALLER, F.: Die Unterwelt des Tierreiches. Kleine Biologie der Bodentiere. Verständliche
Wissenschaft 78.Springer, Berlin 1962.
THIENEMANN, A.: Die Binnengewässer in Natur und Kultur. Verständliche Wissenschaft 55. Springer,
Berlin 1955.
THIENEMANN, A.: Leben und Umwelt. Vom Gesamthaushalt der Natur. Rororo-TB. Rowohlt, Reinbek b.
Hamburg 1956.
TINBERGEN, N.: Tiere untereinander. Parey, Berlin 1955.
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TINBERGEN, N.: Tierbeobachtungen zwischen Arktis und Afrika. Forscherfreuden in freier Natur. RororoTB, Rowohlt, Reinbek b. Hamburg 1973.
UEXKÜLL, J.V. (& KRISZAT, G.): Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Menschen; ein Bilderbuch
unsichtbarer Welten. Bedeutungslehre. Rororo-TB, Rowohlt, Reinbek b. Hamburg 1956.
4.2.4 Der fachliche Hintergrund für den Lehrer: Das Fach-/ Sachbuch
Die fachliche Grundlegung durch das Studium reicht in der Regel nicht als fachlicher
Hintergrund für die didaktische Rekonstruktion aus. Das Studium sollte aber die
Fähigkeit vermittelt haben, sich effektiv (d.h. schnell und hinreichend gründlich)
sachkundig zu machen. Das geht üblicherweise nur über eine private Handbibliothek.
Zu unterscheiden sind dabei:

Hochschul-Bücher
Hier werden 3 Typen unterschieden:

Lehrbücher (z.B. zur Zoologie: WEHNER & GEHRING 1995) sind darauf
abgestellt, auf hohem Abstraktionsniveau den Überblick für ein größeres
Fachgebiet zu vermitteln. Voll zu verstehen sind sie nur bei entsprechender
Erfahrung im Detail, die damit in den größeren Zusammenhang gestellt wird.
Ohne diese Erfahrung bleiben die Lehrbuchaussagen leicht Worthülsen ohne
Anschauung und bleiben daher leicht unverstanden. Für die direkte
Übertragung auf die Schule sind die Lehrbücher daher kaum geeignet.

Kurs-/ Praktikumsbücher (z.B. botanisches Praktikum von NULTSCH &
RÜFFER 1993, KÜKENTHALs zoologisches Praktikum [RENNER u.a. 1993] oder
das Praktikum der Protozoologie von RÖTTGER 1995). Hier werden
ausgewählte Objekte detailliert für die praktische Untersuchung
aufgearbeitet. Für die Schule müßte der Zusammenhang von Gestalt und
Funktion unter Bezug auf die Autökologie herausgearbeitet sein. Das
Gewicht der Kursbücher liegt aber typisch auf der Gestalt im systematischen
Kontext und auf der entsprechenden (auf Homologisierung abgestellten)
Nomenklatur und Begriffsbildung. Das erschwert den Transfer auf die
Schule.
Zwischen Abstraktion und konkreten Beispielen vermittelt z.B. das EthologieLehrbuch von FRANCK (1997).

Bestimmungsbücher für Forschung/ Spezialisten (z.B. MATTHES 1988ff.:
Protozoenfauna). Sie sind (vor allem bei „niederen“ Formen) unerläßlich für
die Artbestimmung, erfordern aber Spezialkenntnisse und sind damit nicht
schulrelevant.

Handbücher (wie das Handbuch der Vögel Mitteleuropas von GLUTZ V.
BLOTZHEIM, 1966 ff.) sind enzyklopädische Faktensammlungen und daher als
Nachschlagewerk zu speziellen Fragen (im Beispiel zu Morphologie,
Verbreitung und Biologie der einheimischen Vogelarten) hilfreich.
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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
Sachbücher sind an interessierte Laien gerichtet, nicht speziell für Lehrer
geschrieben, doch für sie gut verständlich und oft nach ähnlichen Kriterien
aufgearbeitet wie die didaktische Rekonstruktion. So bilden sie oft für den Lehrer
eine günstige Nachschlage-/ Informationsquelle zu den Kursthemen.
Zu unterschieden sind wieder Bücher zu übergreifenden Themen (z.B. zu
Evolutionstheorien von WUKETITS 1988 oder zum Ökosystem Teich von THOMPSON
u.a. 1986), Arbeitsbücher (z.B. zur Freilandarbeit am Gewässer: LUDWIG u.a.
1992, MOSER 1983), Bestimmungsbücher (wie die KOSMOS Naturführer, die
Naturführer vom Neumann-Verlag z.B. zu Hummeln [HAGEN 1986], der
Wasserpflanzenatlas von KRAUSCH 1996 oder das Tierbestimmungsbuch für
Schnorchler von SCHUHMACHER & HINTERKIRCHER 1996), auch Handbücher (wie
das
mehrbändige
URANIA-Pflanzenund
Tierreich)/
Enzyklopädien;
hinzukommen Bildbände unterschiedlicher Struktur (wie zum Insektenflug von
NACHTIGALL & NAGEL.1988).
Alle diese Bücher stellen das Fach in der Regel sachlich kompetent, aber aus einer
bestimmten Sicht mit entsprechender Abstraktion und Reduktion dar und sind daher
in der Regel nicht direkt auf den Unterricht zu übertragen. Sie repräsentieren den
fachlichen Hintergrund für den Lehrer, der hier für die didaktische Rekonstruktion
vorausgesetzt wird.
Literatur:
FRANCK, D.: Verhaltensbiologie. Thieme, Stuttgart, 3. Aufl. 1997.
HAGEN, E.v.: Hummeln bestimmen, ansiedeln, vermehren, schützen. Naturführer Neumann-Neudamm,
Melsungen 1986.
KRAUSCH, H.: Farbatlas Wasser- und Uferpflanzen. Ulmer, Stuttgart 1996.
LUDWIG, H., N.BECKER, H.GEBHARDT, F.KÖGEL & K.KREIMES: Erlebnis Gartenteich. Tiere beobachten und
kennenlernen. BLV, München 1992.
MATTHES, D. (Hrsg.): Protozoenfauna. Fischer, Stuttgart 1988ff..
MOSER, A.: Expedition Frosch. Tierbeobachtung an Weiher, Bach und See. Maier, Ravensburg 1983.
NACHTIGALL, W. & R.NAGEL: Im Reich der Tausendstel-Sekunde. Faszination des Insektenfluges.
Gerstenberg, Hildesheim 1988.
NULTSCH, W. & U.RÜFFER: Mikroskopisch-Botanisches Praktikum für Anfänger. Thieme, Stuttgart, 10.
Aufl. 1995.
KÜKENTHAL, W. (Begründer)/ V.STORCH & U.WELSCH (Bearbeiter): KÜKENTHALS Leitfaden für das
Zoologische Praktikum. Fischer, Stuttgart 1898, 23. Aufl. 1999.
RÖTTGER, R. (Hrsg.): Praktikum der Protozoologie. Fischer, Stuttgart 1995.
SCHUHMACHER, H. & J.HINTERKIRCHER: Niedere Meerestiere. Schwämme, Korallen, Krebse, Schnecken,
Seesterne u.a.. Bestimmungsbuch für Taucher und Schnorchler. BLV, München 1996.
THOMPSON, G., J.COLDREY & G.BERNARD: Der Teich. Kosmos/ Franckh, Stuttgart 1986.
TISCHLER, W.: Biologie der Kulturlandschaft. Eine Einführung. Fischer, Stuttgart 1980.
URANIA Pflanzenreich. Die große farbige Enzyklopädie in 4 Bänden. Urania, Leipzig 1991 ff.
WEHNER, R. & W.GEHRING: Zoologie (begründet von A. KÜHN). Thieme, Stuttgart, 23.Aufl. 1995
WICKLER, W.: Das Züchten von Aquarienfischen. Eine Einführung in ihre Fortpflanzungsbiologie. Kosmos/
Franckh, Stuttgart, 5.Aufl. 1970.
WICKLER, W.: Mimikry. Nachahmung und Täuschung in der Natur. Fischer-TBFrankfurt/M. 1973.
WUKETITS, F.: Evolutionstheorien. Historische Voraussetzungen, Positionen, Kritik. Wiss. Buchges.,
Darmstadt, 1988.
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 19
4.2.5 Die Lehrpläne als Ausgangspunkt der didaktischen Rekonstruktion
Die Formulierung des Bildungs- und Erziehungsauftrages der Schule läßt sich nicht
objektivieren, damit auch nicht eindeutig gestalten. Mehrheitsmeinungen werden von
den Lehrerverbänden überregional zusammengestellt. Nun ist Bildung Ländersache.
Die zuständigen Ministerien der Lände geben den Lehrern ihres Landes Richtlinien
und Lehrpläne an die Hand, in denen die Bildungs- und Erziehungsziele nach
Schularten und Schulstufen getrennt spezifiziert und in Stoffplänen konkretisiert
werden (vgl. Kap. 2.3). Für die allgemeinbildenden Schulen sind damit die
Unterrichtsziele politisch bestimmt. Zuständig sind in Deutschland die Bundesländer
mit ihren Kultusministerien, die sich aber in gewissem Rahmen auf Bundesebene
(„Kultusminister-Konferenz“ KMK) abstimmen und zunehmend auch EG-Richtlinien
zu beachten haben.
Diese Zielvorgaben für die Schulen sind in den Richtlinien/ Lehrplänen
(gesondert nach Schulstufen und -arten) als Verordnung festgelegt. Sie enthalten
i.d.R. eine breite Begründung und Spezifizierung der (Leit-) Ziele (sowie ggf. weitere
Hinweise und Erläuterungen) und die Stoffpläne. Diese sind i.d.R. Minimalpläne, die
ein Pflichtpensum ausweisen. Es läßt dem Lehrer noch Freiräume für die Vertiefung
von Pflichtthemen oder für eigene Schwerpunkte (vgl. HEDEWIG 1980, HEDEWIG & RODI
1982).
Die Diskussion der Kriterien für die Stoffauswahl sollte daher pragmatisch mit
den Richtlinien/ Lehrplänen zu dem betreffenden Kursthema beginnen. Damit ist
zugleich die Zielgruppe und ihr Vorwissen konkretisiert. Zu dem Kursthema listen die
Richtlinien Biologie die für das Thema als wichtig erachteten Inhalte in Form von
Stichworten auf, geben oft auch Beispiele und nennen erwünschte biologische
Arbeitsweisen bzw. Möglichkeiten praktischen Arbeitens. In der Regel werden die
Kriterien für die Auswahl in einleitenden Kapiteln dargestellt, die Auswahl damit
begründet.
Die in dem betr. Bundesland zu dem Thema zugelassenen Schulbücher sind vom
zuständigen Ministerium auf Konformität mit den Richtlinien überprüft worden. Sie
können daher das „Skelett“ der Richtlinienvorgaben mit „Fleisch und Blut“ auffüllen
und so als Veranschaulichung der Richtlinien genutzt werden. Als Grundlage für die
Unterrichtsvorbereitung und -durchführung ist der Sachgehalt jedoch zu gering (vgl.
Kap. 5).
In einem zweiten Schritt sollte der Lehrer diese Vorgaben kritisch darauf prüfen,
ob sie auch mit seinem Fachverständnis und mit seinen Vorstellungen vom
Bildungswert und Erziehungsauftrag übereinstimmen, ggf. Alternativen bzw.
Modifikationen herleiten und die Möglichkeiten für ihre Realisierung suchen. Die
Rahmenpläne der Fachverbände können dabei helfen. Zu bedenken sind auch die
Kriterien einer formalen Bildung.
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 20
4.3 Die „Curriculum-Determinaten“, Spiralprinzip und „Einstieg“ als
Kriterien für die Stoffauswahl
(im Sinne der didaktischen Rekonstruktion),
4.3.1 Einführung
Die Umsetzung vom Fach in das Schulfach ist also eine vielschichtige Aufgabe und
nicht einfach in eine lineare Ordnung zu bringen. Die aktuelle „Theorie der
Didaktischen Rekonstruktion“ löste dabei Prinzipien der „Curriculum-Determinaten“
der Curriculum-Theorie der 70er Jahre ab (vgl. Kap. 6), sie bestimmen aber vielfach
noch die Vorstellungen von Fachleitern und anderen Biologiedidaktikern. Sie sollen
daher hier diskutiert werden.
Ausgang dazu waren die (zu einseitigen) Strukturierungsansätze in
Zusammenhang mit der Curriculum-Theorie der 60er/ 70er Jahre (vgl. Kap. 6). Aus
dem gleichen Kontext stammt der Begriff der „Curriculum-Determinanten“.
Hierunter werden die 3 Bereiche verstanden, aus denen sich (nach der Auffassung
dieser Epoche) der Bildungswert des Schulfaches Biologie bestimmt: das Fach Biologie
(Wissenschaftsrelevanz), der Bildungswert für den Schüler als späteren Bürger
(Gesellschaftsrelevanz) und die aktuelle Bedeutung für den Schüler bzw. der aktuelle
Bezug zum Schüler (Schülerrelevanz).
EKR (1996*) heben jedoch hervor, daß die 3 Bereiche mit einander verwoben und
daher für sich allein als Kriterium für die Stoffauswahl nicht hilfreich seien.
Erforderlich seien vielmehr übergeordnete Kriterien.
Die 3 Bereiche stellen die großen Bezugspunkte für die Spezielle Fachdidaktik
dar, haben jeweils einen spezifischen Denkansatz und werden daher hier als
Bezugspunkte (unter veränderter Bezeichnung) fortgeführt:

Bezugspunkt fachlicher Hintergrund

Bezugspunkt Bildungs-/ Erziehungsauftrag der Schule

Bezugspunkt Schüler (Adressatenbezug)
Die anderen Aspekte aus dem „9-Fragen-Katalog" der Aufgaben der Fachdidaktik
werden dann als Nebenbedingungen nachgeordnet (vgl. Kap. ##).
Fazit: Die konkrete Stoffauswahl ist ein Interaktionsfeld der verschiedenen
Bezugspunkte (und der hier nicht genannten Nebenbedingungen: s.o.). Die
Fachstruktur verändert sich bei dieser Umsetzung zum Schulfach oft erheblich. Dieser
Vorgang wird aktuell „didaktische Rekonstruktion“ genannt (vgl. Kap. 4.1).
4.3.2 Bezugspunkt fachlicher Hintergrund:
Spezielle Biologiedidaktik heißt Umsetzung vom Fach in das Schulfach. Das Fach mit
seiner Fachsystematik/ -struktur und seinen Denk- und Arbeitsansätzen
(Paradigmen) ist daher für die Spezielle Biologiedidaktik d e r Hintergrund, aus dem
passend ausgewählt, vereinfacht („didaktische Reduktion“) oder umgeformt
(„didaktische Transformation“  „didaktische Rekonstruktion“) wird. Aus dem
fachlichen Hintergrund der Lehrkraft ist die fachliche Bedeutung der
Unterrichtsinhalte zu beurteilen. Dafür wäre das Fach selbst zum jeweiligen Thema zu
referieren. Das wird vielfach „Sachanalyse“ genannt. Eine derartige „Sachanalyse“
würde aber den verfügbaren zeitlichen Rahmen der Entwicklung einer
Unterrichtseinheit oder einer Unterrichtsvorbereitung sprengen. Eine derartige
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4 & 5 — 21
„Sachanalyse“ als Kurzdarstellung des fachlichen Hintergrunds ist daher nicht
angebracht. Im Mittelpunkt der Auswahl der Unterrichtsinhalte muß vielmehr die
Diskussion der Kriterien und Ergebnisse der Auswahl der Unterrichtsinhalte
stehen. Dabei ist darauf zu achten, daß die fachliche Richtigkeit und Tragfähigkeit
gewahrt bleiben. Diese Diskussion der Kriterien für die Stoffauswahl kann nicht allein
aus dem Fach heraus geführt werden, sondern muß sich maßgeblich auf die beiden
folgenden Bezugspunkte stützen.
4.3.3 Bezugspunkt Bildungs-/ Erziehungsauftrag der Schule im BU:
Das Stichwort Gesellschaftsrelevanz wird hier auf den klassischen Begriff des
Bildungswertes des Schulfaches Biologie zurückgeführt: Welche Kenntnisse/
Qualifikationen (und Einstellungen) bezüglich der Biologie braucht der spätere
Staatsbürger (nicht der künftige Biologiestudent!) gegenwärtig und voraussichtlich in
absehbarer Zeit? Die biologischen Aussagen zum Thema müssen also nach dem
Bildungswert gewichtet und ggf. umgestellt werden. Zum Bildungswert gehört die
Orientierung der Lehrziele und -inhalte an den (künftigen) Erfordernissen des
allgemeinen
Berufsund
Alltagslebens,
insbesondere
für
künftige
Entscheidungsträger (z.B. in Politik und Wirtschaft), soweit sie von Staats wegen in
der Schule zu vermitteln sind.
Die biologischen Disziplinen sind in den Vorlesungen der Universität maßgeblich
auf enzyklopädische Überblicke und auf Vollständigkeit anstrebende typologische
Klassifikationen (z.B. Stämme des Tierreiches) ausgerichtet, weniger auf Verständnis
von Zusammenhängen ausgerichtet. Erstere geben nachlesbare Fakten und sind
daher aus der Sicht des Bildungswertes vordergründig, für letztere fehlt das
Vertrautsein mit der Mannigfaltigkeit der zu klassifizierenden biologischen
Phänomene. Schule muß daher an passend ausgewählten, konkret-anschaulichen
Beispielen das Problembewußtsein und Strategien der Problemlösung, also formale
Bildungswerte über die konkreten Unterrichtsbeispiele hinaus, schulen. Damit
konkretisieren sich die Zielsetzungen für den Unterricht auf der Ebene der Leitziele
(weniger für die Spezifizierung zu Feinzielen). Sie sind die bestimmende Wertungsnorm
für die didaktische Gewichtung der biologischen Fakten (im Sinne von wichtig oder
unwichtig für das jeweilige Unterrichtsvorhaben) und so für ihre Auswahl.
4.3.4 Bezugspunkt Schüler (Adressatenbezug):
Die entwicklungs- und lernpsychologischen Grundlagen werden aus den
Erziehungswissenschaften vorausgesetzt (eine Einführung für die Umwelterziehung
gibt WINKEL 1995, Kap. 5/ S. 78ff.). Das gilt auch für den optimalen Umgang mit den
Schülern. Die Spezifika des BU dabei werden hier der Methodik (s. Kap. ##)
zugerechnet. Hier geht es darum, wie der Bezugspunkt Schüler die
Unterrichtsgegenstände, vor allem ihre Auswahl und Anordnung beeinflußt.
Schülerrelevanz wurde gleichgesetzt mit den Bedürfnissen und Interessen des
Schülers zum Zeitpunkt des Unterrichts: Was möchte und was braucht der Schüler
jetzt? Das hört sich nach dem Wunschbild einer Spaß- und Spielschule an. Bildung
und Erziehung ist aber auf die Zukunft des Schülers ausgerichtet. Bildung und
Erziehung müssen den Schüler gerade zu einem Zeitpunkt, an dem er die
Notwendigkeit, bestimmte Dinge zu lernen, noch nicht voll erfassen kann, erreichen.
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4 & 5 — 22
Ich sehe die Schülerrelevanz daher vornehmlich als Abstimmung von
Stoffauswahl und -darbietung auf die Lernsituation der Schüler der jeweiligen Altersund Leistungsgruppe. Am Schüler muß sich daher die Auswahl, Formulierung und
Vertiefung von Begriffen und Inhalten orientieren. Dazu gehört auch das Anknüpfen
an dem Vorwissen, an der Erfahrungswelt und an besonderen Interessen der Schüler
als Einstieg, insbesondere die Konfrontation mit einem biologischen Phänomen, das
Erarbeiten der jeweiligen Fragestellung und einer Hypothese zu ihrer Lösung, die
experimentelle (zumindest praktische) Verifikation dazu, die die Anschlußproblematik
auslöst. Damit ergibt sich die Anordnung des Stoffes in Form einer schülergerechten
Problem-/ Fragenkette entsprechend den Prinzipien des exemplarischen und
möglichst forschend-entdeckenden Lehrens und Lernens (statt der einfach
sachlogischen Ergebnis-Auflistung wie im Fach). Als Hintergrund werden dazu die
lern- und entwicklungs-psychologischen Grundlagen der Erziehungswissenschaften
gebraucht, eine enge Beziehung besteht zu der affektiven Zieldimension (wie Interesse,
Motivation und Lernbereitschaft).
Eine besondere Rolle spielt der „Einstieg“ in eine Unterrichtsstunde oder –reihe:
Im Fach Biologie wird der Inhalt nach sachlogischen Gesichtspunkten angeordnet. Sie
wendet sich an den Sachkundigen, dem ein logisch klarer Einordnungsrahmen für die
ihm verfügbare Faktenfülle geboten werden soll. Der Schüler hat diesen
Faktenhintergrund nicht, die sachlogische Abhandlung wäre zu abstrakt für ihn und
ginge über seinen Kopf hinweg. Unterricht soll ihn für das anstehende Thema
interessieren und ihn zu eigenen Beiträge anregen. Es muß also nach einem für den
Schüler nahe liegenden oder spannenden Ausgangspunkt (hier Einstieg genannt)
gesucht werden. Das sollte abwechslungsreich geschehen. So kann man am
Vorwissen anknüpfen, ein spannendes, zur Vertiefung anregendes Material bieten
oder einen Bezug zum Alltag des Schülers herstellen. Vom Lehrer sind jeweils
verschiedene Möglichkeiten zu bedenken, aus denen dann für den konkreten Einzelfall
ausgewählt wird. Zur didaktischen Rekonstruktion gehört es gerade beim Einstieg,
aus der Fachstruktur/ -systematik auszubrechen und sich am Schüler zu orientieren.
Die Konfrontation mit einem biologischen Phänomen ist dabei besonders wertvoll!
Beispielsweise wird das Stichwort „Vogelzug“ im Zoologie-Lehrbuch (KÜHN/
WEHNER & GEHRING 1995: 469 ff.) als „langfristiges Verhaltensprogramm“ auf die
Problematik der Steuerung der Wanderbewegungen abgestellt. Didaktisch ist dagegen
zunächst das Phänomen Vogelzug an einem lokal passenden Beispiel vorzustellen, die
Frage nach dem Woher/Wohin führt zu der Frage „wie erfahren wir das“ und damit zu
der Technik von Beringung und Wiederfundauswertung, die schülergerecht praktisch
aufzubereiten ist. Das wird im Kap. 4.6 exemplarisch spezifiziert. Vorangestellt wird
ein Aktionsplan zur Unterrichtsplanung nach dem Prinzip der Didaktischen
Rekonstruktion.
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 23
Literatur:
BERCK, K.: Der Einstieg in eine Biologiestunde. MNU 45: 44-48 (1992).
KÜHN, A. (Begründer)/ WEHNER, R. & W.GEHRING.(Hrsg.): Zoologie. 23. Aufl. Thieme, Stuttgart 1995.
VERFÜRTH, M.: Kompendium Didaktik Biologie. Eine Biologiedidaktik für naturnahen Unterricht von der
Vorschule bis zur Sekundarstufe II. Ehrenwirth, München 1987.
WINKEL, G.: Umwelt und Bildung. Denk- und Praxisanregungen für eine ganzheitliche Natur- und
Umwelterziehung. Kallmeyer, Seelze 1995.
4.3.5 Strukturierungsprinzipien
In den 70ern gab es Bemühungen, die Inhalte es BU nach einem einheitlichen Prinzip
zu strukturieren. Dabei konkurrierten verschiedene Prinzipien (z.B. der Bezug zum
Menschen oder zur Umwelt oder der Aspekt der Geschichtlichkeit des Lebendigen)
miteinander. Doch ist das Phänomen des Lebendigen so vielschichtig
(multidimensional), daß der intellektuell faszinierende Gedanke einer linearen
Anordnung nach einem durchgängigen Prinzip für die Stoffauswahl von der Sache her
zum Scheitern verurteilt ist. Er war also eine Modeerscheinung und wird daher im
Kap. 6 (Geschichte des BU: 6.11.4) ausgeführt.
4.3.6 Spiral-Curriculum
Werden bestimmte Inhalte oder Fragestellungen des BU in späteren Jahrgangsstufen
wieder aufgegriffen und vertieft (ein altbekanntes Phänomen), so spricht man (seit den
70er Jahren: Details im Kap. 4.11.4) vom Spiral-Curriculum (Abb.##).
Moral
2
UE
Ethik
2
Moral
1
Ethik
1
Erleben
2
Wissen
2
Mitwelt
Gewissen
2
Sensibilisierung
Gewissen
1
Umwelt
Erleben
1
Wissen
1
Abb. ##: Schema zum Spiralmodell (nach KLAUTKE 1991)
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4 & 5 — 24
Beispiel für ein Spiral-Curriculum zum Thema Ökologie
(Ökosystem Teich/See):
Grundschule:
Erleben und Be-„Handeln“ von Pflanzen und Tieren im ökologischen Bezug (wie
Schwertlilie und Seerose , Goldfisch und Libelle am Gartenteich)
Orientierungsstufe (Jahrgangsstufe 5/6)
Samenpflanzen und Säugetiere/ Vögel als Organismen,
die an ihre Umwelt besonders angepaßt sind
(z.B. für ein Gewässer die Säugetiere Fischotter; Schermaus/ Biber/ Bisam
und die Vögel Teichrohrsänger + Kuckuck (als Brutparasit),
Teich-/Bleßralle, Schwan/Stock-/Reiherente, Haubentaucher.
Sekundarstufe I:
Jahrgangsstufe 7:
Schmuckschildkröten, d a s Reptil am Wasser im Ballungsraum,
Fische: Karpfen, Bitterling + Moderlieschen (Brutfürsorge/ -pflege), Hecht.
Jahrgangsstufe 8: Ökosystem Stadtparkteich
mit einfachem Beziehungsgefüge (s.o.).
Gymnasiale Oberstufe (SII/ Gymnasium & Gesamtschule):
Vertiefte, systemtheoretisch fundierte Ökosystemanalyse eines komplexen,
schulnahen Systems (z.B. Stadtbach, -teich) und seiner vielfältigen
Veränderungen durch den Menschen.
Literatur:
DYLLA, K.: Ansätze zu einem Spiralcurriculum Verhaltenslehre (Primarstufe - S I), entwickelt im Rahmen
des Modellversuchs Regionale Lehrerfortbildung - Hessen. MNU 30: 15-23 (1977).
KLAUTKE, S.: Didaktisches Konzept zur Umwelterziehung. S. 300-309 in E.ZABEL: Differenzierter BU im
Rahmen der Erneuerung der Schule. 4. Symp. Didaktik BU in Güstrow 1990. Leuchtturm,
Alsbach/ Bergstr. 1991.
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 25
4.4 Prinzipien für eine Unterrichtsplanung und Umsetzung
in einen Aktionsplan im Sinne der didaktischen Rekonstruktion
Vor dem Hintergrund des vorstehenden Beispiels zum Vogelzug sollen hier die
Prinzipien einer Unterrichtsplanung (vertieft in Kap. 5) dargestellt werden:
Spezielle Biologiedidaktik und damit die didaktische Rekonstruktion bedeuten
maßgeblich Diskussion der Zielsetzungen und ihrer Umsetzung, damit Aufdecken der
Kriterien der Stoffauswahl (usw.). Die Schritte dabei werden als Analyse (oder
„Überlegungen“) bezeichnet. Dabei wird zwischen dem Inhalt einer Unterrichtsstunde
und den methodischen Parametern (methodische Analyse/ Überlegungen im Sinne der
Gestaltung der Unterrichtsstunden) unterschieden. Bei der inhaltlichen Aufarbeitung
wird eine „Sachanalyse“ der didaktischen Analyse (= didaktische Überlegungen)
vorangestellt. Diese Begriffe werden im folgenden diskutiert:
Liste der Fach-/ Sachliteratur zum Thema statt einer Sachanalyse: Mit der
Sachanalyse sollen die für den Unterricht relevanten biologischen Fakten dargestellt
werden. Die Sachanalyse wird dabei als „objektiver“ fachlicher Hintergrund
mißverstanden. Schon aus Gründen der Zeitökonomie ist die Sachanalyse angesichts
der Stoffülle der Biologie immer nur als auf den Unterricht bezogener Ausschnitt zu
fassen. Es muß also eine didaktische Reduktion (noch nicht didaktische
Rekonstruktion!) erfolgen, jedoch ohne daß die Reduktionsnorm (s.o.) aufgedeckt wird.
In Wirklichkeit muß eine derartige Stoffauswahl an den Unterrichtszielen ausgerichtet
sein und ist damit mit der didaktischen Analyse verwoben. Eine Sachanalyse im o.g.
Sinne paßt daher nicht in das hier vorgestellte Konzept von Spezieller Biologiedidaktik
und sollte (in Übereinstimmung mit EKR 1996: 154) entfallen bzw. in die didaktische
Analyse integriert werden. – Die biologischen Fakten sind i.a. leicht (an Hand der
Fachliteratur) als richtig oder falsch zu belegen, bedürfen also keiner Analyse.
Hilfreich ist es daher, zum fachlichen Hintergrund statt der dubiosen Sachanalyse
eine Übersicht der zu der jerweiligen fachlichen Unterrichtsvorbereitung passenden
Fach-/ Sachliteraturzu geben.
Didaktische Analyse: Bei der didaktischen Analyse ist von der Zielsetzung für den
Unterricht in der konkreten Zielgruppe und Situation auszugehen. Damit ergeben sich
die Kriterien für die Stoffauswahl für den konkret anstehenden Unterricht. Dabei wird
die Grobplanung von ganzen Themenkreisen im Zeitraum etwa von Schulhalbjahren
(Semester der S II: „Perspektivplanung“) unterschieden von Unterrichtseinheiten im
Umfange von einigen Wochen („Umrißplanung“) und von einer oder wenigen
Unterrichtsstunden („Prozeßplanung“ mit genauer Abfolge der Unterrichtsschritte, der
Kommunikations- und Arbeitsformen: EKR 1985: 60). Letztere wird im folgenden als
methodische Analyse bezeichnet.
Die didaktische Analyse entspricht dabei zunächst der Umsetzung der kognitiven
Ziele (Stoffauswahl einschließlich der didaktischen Reduktion/ Transformation/
Rekonstruktion: EKR 1993:49ff.). Die biologischen Inhalte erhalten ihren Bildungswert
aber erst im Verein mit den Verfahren ihrer Erkenntnisgewinnung, den biologischen
Arbeitsweisen, die in den psycho-motorischen Zielen zum Ausdruck kommen. Beide
Zieldimensionen sind vielfach (z.B. in der Umwelterziehung) eng mit affektiven bzw.
Erziehungszielen verknüpft. Damit umfaßt die didaktische Analyse die didaktische
Aufarbeitung der Unterrichtsinhalte, ihre Strukturierung/ Anordnung für den
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4 & 5 — 26
Unterricht, die Möglichkeiten der Veranschaulichung am Objekt bzw. die
experimentelle Problemklärung mit schulischen Mitteln und/ oder die Unterstützung
durch passende Medien.
Im Sinne einer Objektivierung ist zunächst von den administrativen Zielvorgaben,
also von der passenden Richtlinie/Stoffpläne auszugehen. Dabei sind sowohl die
allgemeinen Zielsetzungen in den einleitenden Kapiteln als auch die speziellen
Ausführungen zu dem betr. Kursthema (Stoffpläne) zu beachten. Die didaktische
Analyse ist also in erster Näherung schon in den Richtlinien, insbesondere in den
Stoffplänen, enthalten. Diese Vorgaben sind unter Berücksichtigung der didaktischen
Literatur zum Thema ggf. zu diskutieren und zu ergänzen oder zu modifizieren.
Wichtig ist die Wahl der Beispiele. Dazu wird nachstehend ein Schema (im Sinne eines
Aktionsplans) gegeben und dieses Schema am Beispiel einer Unterrichtseinheit zum
Vogelzug erläutert.
Methodische Analyse: Bei der methodischen Analyse (Konkretisierung der Prinzipien
im Kap.5) geht es um die Optimierung der konkreten Unterrichtssituation. Dazu
gehören zunächst die konkrete Schülergruppe mit ihren individuellen Gegebenheiten,
dann die Einbettung des Unterrichts in den Lehrplan und die Schulsituation sowie
eventuelle spezielle Bedingungen der konkreten Stunde (z.B. an Weiberfastnacht in
Köln oder nach einer Mathe-Klausur).
Wichtig ist der „Einstieg“, der möglichst innovativ sein muß und nicht zur
Routine erstarren darf, die den Schüler langweilt („schon wieder..“), statt ihn zu
motivieren.
Mit der Auswahl der Unterrichtsinhalte und biologischen Arbeitsweisen ist die
Beschaffung/ Bereitstellung der dabei benötigten Organismen, Materialien und Geräte
rechtzeitig vorzubereiten.
Die Auswahl der Unterrichtsprinzipien, der Unterrichts- und der Sozialformen
sind zu treffen, die Fragen nach der Art der Erarbeitung (insbesondere praktisches
Arbeiten)
und
der
Ergebnissicherung
(Tafelbild,
Merksätze,
Arbeits-/
Auswertungsbögen) und von Hausaufgaben sind zu klären.
Die Kontrolle der Schülerleistungen für die Benotung ist mittel- bis langfristig
einzubeziehen (insbesondere bei der Klausurvorbereitung und -planung in der S II, der
Auswahl z.B. unter Klassenarbeiten, Bewertung von Hausarbeiten, gezieltem
individuellen Abfragen, dem Einbeziehen individueller Sonderleistungen in der S I bei
Sicherung der Objektivität, Vergleichbarkeit und Nachprüfbarkeit).
Das entspricht etwa den methodischen Teilfragen zur Unterrichtsplanung (EKR
1985, S. 72): Methodische Grundform der Unterrichtseinheit, der Gliederung des
Unterrichts, der Sozialformen des Unterrrichts, den biologischen Arbeitsweisen,
Material- & Medieneinsatz/ Tafelbild, Hausaufgaben, Schülerbenotung/ Evaluation,
(rechtliche) Nebenbedingungen.
Es soll noch einmal hervorgehoben werden, daß alle diese methodischen
Teilfragen rein funktional, d.h. nach ihrem Stellenwert für die Realisierung der
Unterrichtsziele, entschieden werden (vgl. Kap. 2). Die systematische Gliederung der
Allgemeinen Biologiedidaktik (Kap. 3) spielt hier keine Rolle.
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 27
Aktionsplan der Umsetzung zu einem konkreten Thema
1. Sicherung des fachlichen Hintergrundes:
„Sachanalyse“: Hier reduziert auf eine Liste passender Fach-/ Sachbücher zum
Thema, die für die Vorbereitung oder zum Nachschlagen verwendet wurden.
2. Didaktische Analyse
a) Auswahl einer passenden Richtlinie zum Thema
Damit Klärung der Jahrgangsstufe
als Spezifizierung der Zielgruppe und der Leitziele,
der Einordnung des Themas in den Lehrkanon
und der Randbedingungen,
der Stichpunkte zur Stoffauswahl, ggf. zum praktischen Arbeiten.
b) Auswahl eines passenden Schulbuches
zur Vertiefung dieser Vorgaben (als Auffüllen des „Skeletts“
der Richtlinien mit „Fleisch“ im Niveau der Texte für Schüler).
c) Analyse der didaktischen Literatur zum Thema
Minimum sind (vgl. die Übersichten im Anhang):
a) Ein Lehrbuch zur Biologiedidaktik (sofern ergiebig),
b) die beiden Handbücher (Falkenhan, EKR: BU SI)
c) die Themenhefte BU, UB, PdB, NiU-B
d) Kritische Diskussion der Vorgaben/ Literatur
(Zielsetzung, Kriterien und Ergebnis der Stoffauswahl)
und Modifikationen/ Alternativen dazu.
e) Spezifizierung
 der Zielvorgaben für die Unterrichtseinheit
 der inhaltlichen Stichpunkte, Begriffe, ihres Vertiefungs-niveaus
 der möglichen Anknüpfungspunkte (Einstieg), z.B.:
 Anknüpfen an das Vorwissen gemäß Richtlinien
 Anknüpfen an das außerschulische Umfeld der Schüler
 Anknüpfen an aktuelle Ereignisse/ Medienberichte
 Einstieg mit interessantem Objekt, Text etc.
 der Möglichkeiten praktischen Arbeitens
 der möglichen Anschauungsmittel
mit Angabe (didaktischer) Literaturvorlagen
f) Entscheidung unter den Möglichkeiten (sub d)
und Spezifizierung der Anordnung zu einer Unterrichtseinheit,
möglichst als Abfolge von Schlüsselfragen/ Problemstellungen und den
erwarteten Ergebnissen/ Lösungen
2. Methodische Analyse (als Umsetzung in eine Stundengliederung)
nach dem folgenden Schema:
0) Besprechung der Hausaufgaben
(sind Hausaufgaben gestellt worden, so ist unbedingt mit dem Besprechen der
Hausaufgaben zu beginnen, sonst wird man unglaubwürdig.
Eventuell statt dessen in der SI Kennübung (5 min)
1) Einstieg: Motivation, Hinführung zum Thema, Problemstellung:
möglichst als Konfrontation mit einem biologischen Phänomen
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4 & 5 — 28
(5 min, max 10 min; zu beachten ist, daß etwa 3 min verloren gehen, bis die
Klasse arbeitsbereit ist).
2) Arbeitsphase(n):
 Meinungsbildung der Schüler, Lösungsvorschläge;
 Erarbeitung des Problems, Vorschläge zur Problemlösung;
 praktisch/experimentelle Überprüfung;
 Herausstellen der Ergebnisse;
 Deutung der Ergebnisse: Einordnen in die Theorie
Nach Möglichkeit sollte die Arbeitsphase in 2-3 Teilbereiche unterteilt werden,die je
etwa 10-15 min (zusammen also etwa 35 min) umfassen und mit dem Wechsel die
Stunde beleben; Filmeinsatz, ein Experiment wären ein solcher Teilbereich;
3) Festigung der Ergebnisse/ Vertiefung (auch als Transferaufgabe)
4) ggf. das Stellen der Hausaufgabe für die nächste Stunde
4.5 Ein Beispiel zur didaktischen Rekonstruktion:
Das Thema Vogelzug in der Jg-Stufe 6 im Gymnasium NRW.
Als Beispiel für eine didaktische Rekonstruktion auf dem Niveau einer einführenden
Stunde wird stichwortartig das Thema Vogelzug in der Jahrgangsstufe 6 des
Gymnasiums in NRW vorgestellt. Auf inhaltliche Details und die Wiedergabe der
Medien wird im Skript verzichtet (vgl. FALKENHAN 1971, SCHMIDT 1970 sowie das
ausführliche Literaturverzeichnis zum Thema Vogelzug).
1. Fachlicher Hintergrund:
Vgl. Z.B. BERGMANN (1987), DIRCKSEN (1952), SCHMIDT-KOENIG (1980).
2. Didaktische Analyse
a) Auswahl einer passenden Richtlinie zum Thema:
Lehrpläne SI/Gymnasium NRW (1993): Jahrgangsstufe 5/6
(Vögel nach den Säugetieren)
2. Ökologische Beziehungen bei Vögeln (S. 68)
(gibt eine beispielhafte Artmonographie mit Jahresgang vor,
spezifiziert 2.4 Mauersegler, S. 165 ff.)
2.2 Angepaßtheit von Vögeln an den Jahresrhythmus (S.70):
Jahresvögel mit den Stichworten
Beobachtungen von Singvogelarten im Wohnumfeld,
Nahrungsumstellung im Jahresgang, z.B. Meisen,
Beobachtungen am Futterhaus,
Für und Wider der Winterfütterung.
Zugvögel mit den Stichworten:
Zugstrecke, Zugvorbereitung, Orientierung und Vogelberingung,
Vergleich von Kartenbildern mit Zugwegen,
Probleme der Vogeljagd und des Vogelfanges,
Verhalten beim Auffinden beringter Vögel.
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b) Auswahl eines passenden Schulbuchs
als Beispiel für die Umsetzung der Richtlinie (hier nicht vertieft)
c) Didaktische Literatur zum Thema (Liste sehr unvollständig!)
Übersicht im Handbuch: FALKENHAN 1971 (Bd. 2),
Arbeitsbogen Wintergäste: DIRCKSEN & BROGMUS 1984.
Suchspiel zu Präparaten im Heimatmuseum nach Zugtyp:
CLAUßEN & SCHMIDT 1978,
Wiederfundauswertung: SCHMIDT 1970,
d) Kritische Diskussion der Vorgaben (Kriterien und Ergebnis der Stoffauswahl) und
möglicher Modifikationen/ Alternativen:
Für das Thema Vogelzug müßte hier in Verbindung mit den Kennübungen eine
Reihe von Standvogelarten bekannt gemacht werden. Wird dem Anhang gefolgt,
ist auch der Mauersegler als Zugvogel bekannt.
Die Auflistung unter dem Stichwort Zugvögel ist recht konfus, besser:
 Phänomene zum Vogelzug, Ankunftstermine, Vogelschwärme zur Zugzeit,
Durchzügler, Wintergäste (regelmäßig/ gelegentlich).
 Vogelzugforschung: Vogelwarten/ Beringung; Wiederfund-Auswertung.
 Winterquartiere Zugvögel: SW-Europa : Tropisch Afrika (S. Sahara).
 Zugwege: SW-Zug [SO-Zug des Pirols??], S-Zug nach Afrika über die Landbrücke
Italien, Storch als Sonderfall des Aufwindseglers um das Mittelmeer herum.
Orientierung auf dem Zug (kurz)
Gefahren auf dem Zug (Singvogelfang/ -jagd in Italien und in N-Afrika).
Aktuelle Ernährungsprobleme auf dem Zug??
Winterfütterung: Beobachtungsaufgaben, Bedeutung für die Vögel und die
Stadtmenschen
 Differenzierung an einem Ort in Standvögel, Strichvögel, Teilzieher, Zugvögel,
Wintergäste/ Invasionsvögel
 die gleiche Differenzierung bei einer Art an verschiedenen Teilen des Brutgebietes
(Beispiel: Star)




e) Spezifizierungen zu d:
 Zielvorgaben (hier nicht ausgeführt).
 Inhaltlichen Stichpunkte, Begriffe, ihres Vertiefungsniveaus (hier ausgespart.
 Diskussion möglicher Anknüpfungspunkte als Einstieg.
Phänomene aus dem Alltagsleben im Herbst
 Wegzug: Starenschwärme (dazu altersgerechter Lesetext
bei KUHLEMANN, 1952, S.19ff), Schwalbenansammlungen;
 Durchzug: Kraniche (Limikolenschwärme an der See);
 Wintergäste: Gänse/Niederrhein, Bergfink/Winterfütterung, Seidenschwanz,
Gänsesäger, Singschwäne, Wasservogelansammlung a.d. Baldeneysee;
 Strichvögel (Wasservögel bei Vereisung);
 Invasionsvögel (Seidenschwanz);
dazu im Frühjahr:
 gestaffelte Ankunft („alle Vögel sind schon da“  Wechsel im Zugverhalten bei
Stadtvögeln wie Amsel, Buchfink, Star)
Anknüpfen an Vorerfahrungen:
 Kennübung (nach Stopfpräparaten oder Bildern) mit Ordnung nach dem
Jahresrhythmus bei uns (als Zusammenhang).
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Anknüpfen an ein besonderes Ereignis:
 Totfund eines beringten Vogels (Achtung: Problem der Aufsammlung wegen des
überzogenen Artenschutzes!!)  Abnahme des Ringes, Erläuterung im Unterricht,
Hinweise zur Vorgehensweise und der bei Einsendung zu erwartenden
Rückmeldung von der Vogelwarte  Vogelzugforschung  Phänomen Vogelzug.
 Möglichkeiten praktischen Arbeitens:
Freilandbeobachtungen zum Vogelzug sind nur in Sonderfällen möglich (vgl. dazu
die Beobachtungen am Futterhaus für Standvögel oder von Waservögeln auf dem
Stadtparkteich bzw. Stadtfluß o.ä.).
Kennübung an Stopfpräparaten oder Bildern mit der Verknüpfung mit dem
Winteraufenthalt oder Zugverhalten (als Vorwissen).
Auswertung von Ringfunden:
1) Prinzip: Vogelzugforschung wird didaktisch oft auf die Beringung mit dem
Ergebnis von Karten der Winterquartiere und (ggf. der Zugwege) reduziert. Das ist
zu eng, denn Vogelzug-Forschung bedeutet vor allem Auswertung von
Ringfunden. Sie sollte also von den Schülern nachvollzogen werden. Dabei ist
eine passend aufgearbeitete Wiederfundliste von Funden aus dem Winterquartier
in ein Kartenbild umzusetzen.
2) Beispielwahl:
Klassisches Schulbeispiel für einen Zugvogel mit Überwinterung in TropischAfrika war der Storch. Er ist nur noch an wenigen Stellen in Deutschland (wie in
der Treene-Niederung von Schleswig-Holstein, in der Elbe-Havel-Niederung oder
der Lausitz) häfiger Brutvogel, er ist aber kein Vogel der Stadt. Als Aufwindsegler
hat er einen ungewöhnlichen Zugweg, er muß das Mittelmeer umfliegen, statt es
zu queren. Der Storch ist also heute nur noch bedingt als Modell-Art für den
Vogelzug geeignet.
Ein großer Teil unserer Zugvögel ist SW-Zieher mit Überwinterung in
W-Europa. Die Wahl einer solchen Art führt zu dem „Aha-Erlebnis“, wenn das
Schema „die Vögel ziehen in den Süden nach Afrika“ relativiert wird.
Ein schulrelevantes Beispiel ist der Star, der überdies im Osten Europas
Zugvogel, bei uns (NRW) Teilzieher, in England Standvogel und in Spanien
Wintergast ist und der so die Relativität des Zugverhaltens belegt. Passende
Ringfunde für die Winterquartiere von in NRW beringten Staren liegen schon
lange vor (VOLLERT 1960). Den Starenzug hatte ich 1964 als Referendar für eine
Lehrprobe an einem Kieler Gymnasium [mit großem Erfolg] aufgearbeitet, später
publiziert (SCHMIDT 1970), er ging auch in das damalige Handbuch ein (FALKENHAN
1971, Bd.2, S.331ff.). Das Beispiel wird hier vorgestellt.
3. Abfolge in der UE:
Einstieg mit Kennübung (unter den Arten der Star): Verschiedene unserer
Vogelarten haben unterschiedliches Zugverhalten.
Ggf. Lesetext zu den herbstlichen Starenschwärmen (z.B. KUHLEMANN 1952: 19).
Problem: Erforschung des Zugweges/ der Überwinterungsgebiete  Vogelberingung
(Ringe, Behandlung von Totfunden, Wiederfundmitteilung)  Vogelwarten als
Zentralen  Wiederfundauswertung als Methode.
Forschungsprojekt Star. Frage: Wo überwintert er? Ausgabe von Listen mit
Winterfunden und Kartenvorlagen, Eintragen der Funde (arbeitsteilig in 2
Gruppen, W & O Längengrad 0)  Star als W-/ SW-Zieher.
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Vertiefung: geographische Differenzierung des Zugverhaltens beim Star.
Transfer: Zugwege und -ziele beim Storch (mit Film vom Storchenzug),
andere Afrika-Zieher, Karte von Überwinterungsgebieten heimischer Vogelarten.
Ankunftstermin als Indikator für die Winterquartiere.
Weitere Stichpunkte: Orientierung beim Zug, Risiken des Zuges, Chancen der
Brut bei uns (lange Tage im Frühjahr im Vergleich zu den Tropen bedeutet
bessere Nutzung des Nahrungsangebotes), Gefahren durch den Menschen
(Fang/Jagd; Verschlechterung des Nahrungsangebotes durch Umstellung der
Landwirtschaft in N-Afrika).
Hilfe für Zugvögel (Nisthilfen bei spät eintreffenden Höhlenbrütern, bei
Mehlschwalbe und Mauersegler, Storch; Nahrungshilfen: Storch);
Steuerung des Tourismus bei den Gänsen am Niederrhein.
4. Gliederung der 1. Stunde (als Muster, die weiteren werden nicht ausgeführt):
1) Einstieg: Kennübung mit Ordnung nach dem Winteraufenthalt:
Etwa 6 Vogelarten (nach Stopfpräparaten oder Bildern) sollen nicht nur als Art
angesprochen, sondern auch nach ihrem Winteraufenthalt (Stand-: Zugvogel)
geordnet werden (z.B. Elster, Kohlmeise, Grünfink als Standvögel, Star,
Singdrossel, Mauersegler als Zugvögel)
 Problem: Wohin ziehen unsere Stare im Winter?
2) Unterrichtsgespräch zur Forschungsmöglichkeit:
Vogelberingung als Möglichkeit individueller Kennzeichnung,
Wiederfunde als Beleg für Wanderungen (z.B. ins Winterquartier).
3) Schülerübung: Auswertung von Ringfunden (Winterfunde Stare NRW)
4) Unterrichtsgespräch: Erweiterung der Aussagen (Zugverhalten des Stares in
verschiedenen Gegenden Europas).
5) Hausaufgabe: Komplettierung der Karteneintragung
Literatur:
Sachbücher zum fachlichen Hintergrund, z.B.:
BAIRLEIN, F.: Ökologie der Vögel. Physiologische Ökologie (der Vogel in seiner Umwelt) –
Populationsbiologie – Vogelgmeinschaften – Naturschutz. {Kap. 1.4: Vogelzug}. Fischer, Stuttgart
1996.
BERGMANN, H.: Die Biologie des Vogels. Eine exemplarische Einführung in Bau, Funktion und
Lebensweise. Aula, Wiesbaden 1987.
{Zum Vogelzug: Kap. 10, S. 135-156: Winter unter südlicher Sonne: Der Vogelzug. Mit dem Beispiel
Mönchsgrasmücke, detaillierte Ausführungen zur Physiologie und Orientierung}.
BERTHOLD, P.: Vogelzug. Eine kurze, aktuelle Gesamtübersicht. Wiss. Buchges. Darmstadt, 3. Aufl. 1996.
BLÜMEL, H.: Im Land der Störche. Vom Leben der Weißstörche in unserer Heimat. Clangula, Mücka, o.J.
[1994 nach der Rezension von G. KUMMER in BioS 43 (6): 468, 1994)].
{Kinderbuch mit kindgerechtem, fundiertem Text und zahlreichen Farbfotos (wohl aus der
Lausitz)}.
CREUTZ, G.: Geheimnisse des Vogelzuges. Die Neue Brehm-Bücherei 75. Ziemsen, Wittenberg, 3.Aufl.
1957.
CURRY-LINDAHL, K.: Das große Buch vom Vogelzug. Parey, Hamburg 1982.
DIRCKSEN, R.: Vogelvolk auf weiter Reise. Das Wunder des Vogelzuges. Bertelsmann, Gütersloh 1952.
HAHN, O.: Der Weißstorch. Schwarze Aussichten für den weißen Storch. Neumann-Neudamm, Melsungen
1984.
{Mit zahlreichen Farbfotos zur Biologie des Storches am Brutort}.
HORNBERGER, F.: Der Weiss-Storch. Die Neue Brehmbücherei 375. Ziemsen, Wittenberg 1967.
KUHLEMANN, P.: Nesthocker – Weltwanderer. Ein Buch von einsamen Inseln, wandernden Vögeln und Flug
und Fahrt über Land und Meer. Neumann, Radebeul 1952.
{S.19ff Lesetext zum Starenzug!}
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NACHTIGALL, W.: Vogelflug und Vogelzug. Rasch & Röhrig, Hamburg 1987.
SCHMIDT-KOENIG, K.: Das Rätsel des Vogelzugs. Faszinierende Erkenntnisse über das
Orientierungsvermögen der Vögel. Hoffmann & Campe, Hamburg 1980.
SCHNEIDER, W.: Der Star. Neue Brehm-Bücherei 248, Ziemsen, Wittenberg 1960.
SCHULZ, H.: Weißstorchenzug. Ökologie, Gefährdung & Schutz des Weißstorches in Afrika & Nahost.
Margraf, Weikersheim 1988.
SCHÜZ, E.: Vom Vogelzug. Grundriß der Vogelzugskunde. Frankfurt/M. 1952.
VOLLERT, I.: Funde in Nordrhein-Westfalen beringter Stare (Sturnus vulgaris). Auspicium (Vogelwarten
Wilhelmshaven/ Radolfzell) 1 (2): 141-195 (1960).
Didaktische Literatur
SCHMIDT, E.: Auswertung von Ringfunden – Eine Schülerübung zur Behandlung des Vogelzuges im 6.
Schuljahr. PdB 19 (3): 45-54 (1970).
Gekürzt auch in:
FALKENHAN, H. (Hrsg.): Handbuch der praktischen und experimentellen Schulbiologie (= Handb.
Schulbiol.), Band 2 (Beitrag H. SCHMIDT: Tierkunde, VIII. Der Vogelzug: 326 ff.), Aulis/ Deubner,
Köln 1971.
BRAUNER, K.: Wo waren Schwalben und Stare im Winter? Unterrichtsanregung für die Orientierungsstufe
(6. Schülerjahrgang). UB 139 (12.Jg.): 20-24 (1988).
CLAUßEN, C. & E.SCHMIDT: Vogelzug. Bemerkungen zum Unterricht im Heimatmuseum. UB 24/25: 41-48
(1978).
DIRCKSEN, R. & H.BROGMUS: Arbeitblätter zum Thema: Die Natur im Wechsel der Jahreszeiten (6): Seltene
Wintergäste. NiU-B 32: 1-5 (1984).
SCHERNER, E. & D.ESCHENHAGEN: Erforschung des Vogelzuges. Sachinformation und Unterrichtsanregung
für die SII. BU 139 (12.Jg.): 36-41 (1988).
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4.6 Eine Unterrichtsreihe in der Gymnasialen Oberstufe:
Verhaltensbiologie
Vorbemerkung: Als Kursbeispiel für die Spezielle Biologiedidaktik wird hier die
Ethologiedidaktik gewählt. Ethologie ist nur noch bedingt Gegenstand der SI, daher
steht ein Kurs in der Gymnasialen Oberstufe im Mittelpunkt. Die Prinzipien lassen
sich aber unschwer auf die SI übertragen. Es werden hier nur die Grundzüge für die
Kursplanung ausgeführt.
I Fachlicher Hintergrund: Nach den Hochschul-Lehrbüchern (vgl. z.B. FRANCK 1997,
IMMELMANN u.a. 1996; im Prinzip ähnlich, aber durch eine Fülle von vertieft
dargestellten Beispielen deutlich anschaulicher ist der klassische Grundriß von
EIBL-EIBELSFELD 1987, einen ausführlichen methodenkritischen Vorspann bietet
LORENZ 1978) gliedert sich die Ethologie in:
1) Verhaltens-Physiologie: Mechanismen der Verhaltenssteuerung
Vor allem Kausalität angeborener Verhaltensweisen/ Neuroethologie; sachlich hier
einzuordnen wäre auch der Punkt Vererbung von Verhaltensweisen/ Einfluß der
Domestifikation, der oft gesondert eingeordnet wird.
2) Verhaltens-Ontogenie und Lernen
Vor allem Typologie/ Kausalität erworbener Verhaltensweisen
3) Sozialverhalten (Typologie/ Verhaltensfunktionen)
vor allem Typologie von Aggressions-, Sexual- & Brutpflege-, Gruppenverhalten)
neuerdings ± vermengt mit Verhaltensökonomie [mit der Fitness als Maß: Öko-Ethologie/
Soziobiologie, vgl. z.B. EIBL-EIBESFELDT 1987, KREBS & DAVIES 1981, 1984] und Evolution
des Verhaltens [vgl. STREIT 1990])
4) Human-Ethologie (vgl. z.B. EIBL-EIBESFELD 1972, 1973, 1986, 1987).
Aktuelle Forschungsrichtungen sind vor allem die Neuroethologie und die
Soziobiologie/ Verhaltensökonomie
Sie werden (irrtümlich) oft in den Kontext Evolution gestellt, dabei handelt es sich um
die innerartliche Dynamik, ein aktuell funktionales Geschehen und nicht um
transspezifische Evolution, also um die Geschichtlichkeit des Lebendigen mit einem
völlig anderen Denk- und Arbeitsansatz (Paradigma).
Unter den Sachbüchern werden hier die enzyklopädischen Einführungen in die
Ethologie für interessierte Laien (wie IMMELMANN 1974, STAMM 1984) dem Lehrer als
fachlichen Hintergrund besonders empfohlen. Die Beiträge sind von anerkannten
Ethologen verfaßt, aber stärker am Bildungswert und am Adressaten orientiert, also
näher zur Schuldidaktik hin gestaltet. Sie beginnen mit einem geschichtlichen Abriß
(auch unter Würdigung von Pionieren der Ethologie) und legen den Schwerpunkt auf
funktionale Aspekte (bei STAMM 1984 unter Einschluß von Verhaltensmonographien,
die Vorbild für die schulische Anwendung sein können; vgl. auch TINBERGEN 1967)
und bringen dabei auch die Forschungsansätze mit ein. Die Human-Ethologie wird
mit berücksichtigt.
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II Didaktische Analyse
A Alte Richtlinie & Lehrpläne Gymnasiale Oberstufe NRW: Die alten Richtlinien
und Lehrpläne (gültig bis 1999) sind zwar überholt, aber als Modell für administrative
Vorgaben noch hilfreich, zumal die Ethologie mit unterschiedlichen Schwerpunkten in
eigene Kursthemen vertreten war. In der Neufassung von 1999 wurde die Ethologie
dagegen auf die Fitness-Theorie reduziert und (irreführend, s.o.) als Grundlage für die
Evolutionsbiologie angesehen, ihre Diskussion wird also im Skript belassen, aber
kursiv markiert.
Die alte Richtlinie/Lehrpläne NRW und die gängigen Schulbücher dazu für die
Gymnasiale Oberstufe folgen etwa dem obigen Schema. Der Halbjahres-Kurs
„Verhaltensbiologie“ in der 12.1 (im Strang D der von den Schulen bestimmbaren
Kurssequenzen A-F; 6. Kursthema S.62ff; die obligaten Inhalte werden
nachstehend in Kursiv subsummiert/ markiert) ist dabei gegliedert in:
1) Verhaltensbeobachtungen oder Vererbung von Verhaltensweisen oder der
inneren Uhr.
2-6) Grundaussagen der Ethologie zum ererbten Verhalten:
Erbkoordination & Taxis, Instinkthandlung;
Handlungskette & Schlüsselreize; Instinktmodelle.
8-11) Lernverhalten bei Tier und Mensch.
Lerndisposition, Lernverhalten.
12) Einsichtiges Verhalten bei Anthropoiden und Mensch.
13) Soziale Verhaltensweisen.
14) Ethologische Aspekte menschlichen Verhaltens
15) Sozialverhalten oder Verhalten unter Bedingungen der Domestifikation.
Kritische Diskussion dieser Richtlinie & Stoffpläne: Diese Stoffgliederung im
Ethologie-Kurs der Gymnasialen Oberstufe NRW (alt) beschränkt sich weitgehend auf
die kausalen Arbeitsrichtungen der Ethologie (klassische Ethologie, „LORENZEthologe“: „Instinktlehre und Lernen“, vgl. LORENZ 1978 sowie TINBERGEN 1956).
Human-Ethologie und Sozialverhalten werden abschließend unkritisch und mit
Mängeln in der Sachstruktur angesprochen; Verhaltensökonomie fehlt; Neuroethologie
hat einen Schwerpunkt in den Alternativkursen „Verhaltensbiologie unter
Berücksichtigung neurophysiologischer Grundlagen“ bzw. „Physiologie, Grundlagen
des Stoffwechsels und der neuralen Informationsverarbeitung“.
B Neue Richtlinie & Lehrpläne Gymnasiale Oberstufe/ Gesamtschule NRW (von
1999): In den neuen Richtlinien wurde die Ethologie auf die Fitness-Theorie
(„Verhalten, Fitness und Anpassung“) als Grundlagen evolutiver Veränderung
verkürzt, ihres Eigenwertes beraubt und praktisch eliminiert. Obligatorisch ist zwar
im Grundkurs ein Beispiel mit verhaltensökologischem Schwerpunkt, im
Leistungskurs dazu ein weiteres Anwendungsbeispiel, als biologische Arbeitsweise ist
das Erstellen eines Ethogramms an einem Beispiel obligatorisch (ohne daß der Begriff
„Ethogramm“ didaktisch spezifiziert worden wäre!). Damit werden die Prinzipien des
Elementaren und Fundamentalen (vgl. die Leitzieldiskussion im Kap. 2) nicht
angemessen berücksichtigt. Die nachstehende Diskussion der Kriterien der
Stoffauswahl gehen daher von weiter gefaßten Möglichkeiten aus.
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Kriterien der Stoffauswahl (didaktische Rekonstruktion): Unter dem Aspekt der
Bildungsziele sollte obligat von Verhaltensbeobachtungen (als Analyse von Ritualen
z.B. zum Fortpflanzungsverhalten) ausgegangen werden (Ausgang vom Phänomen),
dann im erkenntnistheoretischen Sinne der Begriff Ethologie als Wissenschaft
(Verifizierbarkeit der Aussagen  Rituale, funktioneller Zusammenhang), ggf. die
Diskussion des Definitionsbereiches für die Objekte (Fliegenfang bei der
Venusfliegenfalle als Verhalten?) angeschlossen werden (erkenntnis-theoretisches
Hinterfragen). Der Transfer von Ethologie auf den Menschen ist besser abschließend
zu klären.
Von den Verhaltensbeobachtungen im funktionellen Kontext bietet sich die
Verallgemeinerung artübergreifend nach funktionellen Kategorien mit Schwerpunkt
auf
Sozialverhalten
an
(z.B.
Revierverhalten/
innerartliche
Aggression;
Paarfindungsverhalten
und
Balz;
Brutpflegeverhalten,
Gruppenverhalten/
Tierstaaten). Das Sozialverhalten sollte unter didaktischen Aspekten besser
vorgezogen werden, da es aus dem funktionalen Aspekt heraus direkt einsichtig und
sehr anschaulich ist.
‚Danach bietet sich der Paradigmawechsel zur Ökonomie des Verhaltens (ÖkoEthologie) mit Kosten-Nutzen-Rechnung (Maß Fitnes = Reproduktionserfolg in der
nächsten Generation: „Egoismus der Gene“). Die Öko-Ethologie enthält nicht nur
einen fächerübergreifenden, sondern auch einen allgemein interessanten Aspekt
(Verhaltens-Ökonomie: Gesellschaftsrelevanz mit Stichworten wie Kindestötung z.B.
bei Löwen oder Altruismus bei Bruthelfern vieler tropischer Vogelarten) und
repräsentiert überdies eine aktuelle Arbeitsrichtung der Ethologie (Fachrelevanz).
Schulrelevante Beispiele gibt es genug, jedoch ist noch vieles didaktisch aufzuarbeiten
(vgl. LETHMATE & SOMMER 1994).
Dann käme der Paradigma-Wechsel von dem funktionalen zum kausalen Aspekt,
also der Wechsel zur Frage der Verhaltenssteuerung mit den klassischen Themen der
Verhaltensphysiologie (entsprechend 2-12 der alten Richtlinien). Das bedeutet
maßgeblich einen Wechsel von der Beobachtung/ Untersuchung zum Experiment.
Stärker einzubringen ist die Frage nach den Grenzen des Ansatzes, insbesondere der
begrifflich strikten Trennung von Angeboren und Erworben. Die aktuelle Diskussion
(Literatur ist gesondert zusammengestellt) um die Versuchsansätze zum Picken nach
dem roten Schnabelfleck der Altvögel bei Silbermöwen als Futterbetteln (ausgelöst
durch die überzogene Methodenkritik von ZIPPELIUS 1992, vgl. NEUMANN & SCHARF
1994) wird dann nicht irritieren, sondern zum Beispiel für (für den wissenschafltichen
Experimentalansatz) zu hohe Komplexität der Verhaltenssteuerung. Dieser
erkenntnistheoretische Aspekt fehlt leider in der genannten Diskussion, das hat die
Lehrerschaft verunsichert und führte wohl zu der faktischen Eliminierung der
Ethologie in den neuen Richtlinien/ Lehrplänen.
Dann bliebe die Frage nach dem Einbeziehen des Menschen in die Ethologie (statt
in das wissenschaftliche Bezugsfach Psychologie). Human-Ethologie ist nämlich aus
erkenntnistheoretischen Gründen prinzipell kritisch zu sehen, da ein völlig anderer
Arbeitsansatz besteht: Kein Experimentieren am Menschen [Kaspar-Hauser], dafür
Kommunizieren [Couch der Psychotherapeuten, Tests] mit Zulässigkeit des Transfers
von Eigenerfahrungen!. Auch sind Lehrer nicht hinreichend psychologisch geschult,
also eher Dilettanten. Die schulisch übliche Reduktion von Humanethologie auf einige
Reflexe ist überdies sachlich unangemessen. Zu bedenken ist auch, daß Verhalten
prinzipiell artspezifisch ist und bei nahe verwandten Arten völlig verschieden sein
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kann (vgl. Sozialverhalten bei Löwe und Tiger), der Vergleich mit Menschenaffen kann
also nur rückblickend angelegt werden (vgl. hierzu die Vielzahl an ethologischen
Monographien, einige Beispiele gesondert im Anhang).
Bei der Diskussion der Evolution von Verhalten („Homologien“) sollte stärker das
Risiko
der
Spekulation
bedacht
werden
(keine
Belege,
damit
keine
Rekonstruktionssicherheit für Verhalten). Wenn eine Art als Stammform von
Haustieren ausgestorben ist, sind mit deren spezifischen Anlagen auch bestimmte
Verhaltensweisen definitiv untergegangen und nicht durch Rückkreuzungen
ursprünglicher Rassen wieder zu gewinnen [wie beim Auerochsen, er überlebt in den
Hausrind-Rassen mit abweichendem Verhalten]. Zu bedenken ist auch die Plastizität
vieler Verhaltensweisen oder das Überbrücken des Fehlens artspezifischer
Schlüsselreize (z.B. des Erpel-Prachtkleides bei Hausenten). Sinnvoll ist es wohl,
taxonomische Einheiten auf Übereinstimmungen im Verhalten zu überprüfen, ein
Umkehrschluß von Verhaltensähnlichkeit auf natürliche Verwandtschaft ist aber
prinzipiell unzulässig. Er wird oft leichtfertig vorgenommen („Homologisieren“ von
Verhaltensweisen). Ich schlage daher vor, die Evolution von Verhaltensweisen eher
kritisch zu diskutieren (mit Beispielen; z.B. Führen von Küken bei Hühner- und
Entenvögeln, Füttern bei Kranichartigen, zu beobachten am Stadtteich bei Teich-/
Bleßhuhn; aber völlig verschiedenes Sozialverhalten bei Löwe und Tiger [s.o.] oder
mehrfache Konvergenz hoch komplexer Verhaltensweisen wie die „Sklavenhaltung“ bei
Ameisen).
Eine didaktisch interessante Vorgehensweise ist es, die Probleme exemplarisch
mit
Forscherpersönlichkeiten
zu
verbinden
(Zitate
dazu
gesondert
im
Literaturverzeichnis), z.B. HEINROTH mit Entenstudien im Zoo Berlin Anfang des
Jahrhunderts, V.FRISCH mit der Sinnesphysiologie der Fische und der
"Bienensprache", TINBERGEN mit der Orientierung bei Grabwespen oder Gelbrandkäfer,
der Handlungskette beim Stichling und dem Sozialverhalten in Seemöwenkolonien,
LORENZ z.B. mit der Nachlaufprägung und dem Sozialverhalten der Graugans, EIBLEIBESFELD mit Beispielen zur Humanethologie (gegenläufiges Menschenbild bei
PORTMANN); als Beitrag zur Friedenserziehung (s. Kap. 2.11.3) in der Biologie
(Stichwort: Aggresion) wurde in den 60ern gern das Sachbuch von LORENZ (1963)
herangezogen.
Fazit: Es wird die folgende Strukturierung für den Kurs vorgeschlagen:
1) Verhaltensbeobachtungen (abgestuft fixierte Rituale [z.B. von Enten am Park-/
Zooteich: SCHMIDT 1990, 1991]) als praktische Anschauung und als
erkenntnistheoretisches Hinterfragen des Begriffs „Verhalten“.
2) Erweiterung zur funktionalen Theorie des Sozialverhaltens
(an ausgewählten Stichpunkten, z.B. Aggression, Territorialität, Balzverhalten).
3) Paradigmawechsel zur Ökonomie des Verhaltens (Öko-Ethologie) mit KostenNutzen-Rechnung (Maß Fitnes = Reproduktionserfolg in der nächsten Generation:
"Egoismus der Gene"). Schulrelevante Beispiele (wie Kindstötung durch die neue
Rudelführung bei Löwen, Brutpflegehelfer bei tropischen Helfern wie Graufischer), sind
aber jedoch noch didaktisch aufzuarbeiten.
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4) Paradigmawechsel zur kausalen (kybernetischen) Ethologie
(im schulisch tradierten Sinne).
Der neuerliche Streit um das Schnabelfleck-Picken als Auslöser für das Füttern der
Dunenjungen bei Silbermöwen (vgl. NEUMANN & SCHARF 1994) sollte allerdings nicht zur
Abwertung dieser Arbeitsrichtung, sondern zur Diskussion ihrer erkenntnistheoretischen Grenzen führen.
Aktueller Arbeitssschwerpunkt ist die Neurophysiologie des Verhaltens, der jedoch in der
Schule praktisch kaum umsetzbar und damit nicht so relevant ist.
5) Humanethologie, die in den Mittelpunkt der Ethologie in der Realschule gestellt worden
ist, müßte stärker erkenntnistheoretisch hinterfragt, das Problem des Dilettantismus des
Lehrers mehr bedacht werden: Lieber weglassen!.
6) Bei der Diskussion der Evolution von Verhalten („Homologien“) sollte stärker das Risiko
der Spekulation bedacht werden.
Vorstehend zitierte Literatur:
(Beiträge in den Handbüchern und in den Themenheften vgl. Anhang, sonstige Lit. gesondert).
EIBL-EIBESFELDT, I.: Die !Ko-Buschmann-Gesellschaft. Gruppenbindung und Aggressionskontrolle bei
einem Jäger- und Sammlervolk. Piper, München 1972.
EIBL-EIBESFELDT, I.: Der vorprogrammierte Mensch. Das Ererbte als bestimmender Faktor im
menschlichen Verhalten. Molden, Wien, 3.Aufl. 1973.
EIBL-EIBESFELDT, I.: Die Biologie des menschlichen Verhaltens. Grundriß der Humanethologie. Piper,
München, 2.Aufl.1986.
EIBL-EIBESFELDT, I.: Grundriß der vergleichenden Verhaltensforschung. Ethologie. Piper, München,
7.Aufl. 1987.
FRANCK, D.: Verhaltensbiologie. Thieme, Stuttgart, 3.Aufl. 1997.
{Mit Forschungsbeispielen diverser Autoren (u.a. H.BURDA: Inzesthemmung bewirkt die Sterilität
der "Arbeiterinnen" von Graumullen, S.165 ff.)}.
IMMELMANN, K. (Hrsg.): Verhaltensforschung. Sonderband von GRZIMEKs Tierleben. Enzyklopädie des
Tierreiches. Kindler, Zürich 1974.
IMMELMANN, K. , E.PRÖVE & R.SOSSINKA: Einführung in die Verhaltensforschung. Blackwell, Berlin,
4.Aufl. 1996.
{Das Standardwerk von IMMELMANN [†, 1. Aufl. 1976] wurde wohl überarbeitet, aber nicht
befriedigend auf den aktuellen Stand gebracht; die Druckqualität der alten Abb. ist jetzt
miserabel}.
KREBS, J. & N.DAVIES: Einführung in die Verhaltensökologie. Thieme, Stuttgart 1984.
KREBS, J. & N.DAVIES: Öko-Ethologie. Parey, Berlin 1981.
LETHMATE, J. & V.SOMMER: Von der Ethologie zur Soziobiologie. Zur didaktischen Notwendigkeit eines
Paradigmawechsels. Ber. Inst. Didaktik Biologie (Univ. Münster) 3: 25-41 (1994).
LORENZ, K.: Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression. Borotha-Schoeler, Wien 1963.
LORENZ, K.: Vergleichende Verhaltensforschung. Grundlagen der Ethologie. Springer, Wien 1978.
NEUMANN, G. & K.SCHARF (Hrsg.): Verhaltensbiologie in Forschung & Unterricht. Ethologie, Soziobiologie,
Verhaltensökologie. Aulis/ Deubner, Köln 1994.
SCHMIDT, E.: Ethologische Feldstudien mit Schülern: Analyse des Balzverhaltens von Wasservögeln auf
Park- Und Zooteichen am Beispiel der Schellente. S. 176-183 in KILLERMANN & STAECK (Hrsg.):
Methoden des BU. Aulis/ Deubner, Köln 1990.
SCHMIDT, E.: Ethologie am Stadtparkteich: Die Stockentenbalz. Biologie in der Schule 40 (11): 409-417,
Bildbeilage Tf.1-8 (1991).
STAMM, R. (Hrsg.): Tierpsychologie. Die biologische Erforschung tierischen und menschlichen Verhaltens.
Kindlers "Psychologie des 20. Jahrhunderts" (15 Bde.). Einzelband bei Beltz, Weinheim 1984.
STREIT; B. (Hrsg.): Evolutionsprozesse im Tierreich. Birkhäuser, Basel 1990.
TINBERGEN, N.: Instinktlehre. Vergleichende Erforschung angeborenen Verhaltens. Parey, Berlin 2.Aufl.
1956.
TINBERGEN, N.: Tiere untereinander. Formen sozialen Verhaltens. Parey, Berlin 1967.
ZIPPELIUS, H.: Die vermessene Theorie. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Instinkttheorie von
KONRAD LORENZ und verhaltenskundlicher Forschungspraxis. Vieweg, Braunschweig 1992.
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 38
Ergänzende Literatur zur Ethologiedidaktik:
Empfohlen werden als Sachgrundlage zur Ethologiedidaktik (neben den Handbüchern):
Schulbücher (zufällige Auswahl, z.B. alt)
BICKEL, H. u.a.: Natura 3. Klett, Stuttgart 1995.
KNODEL, H. u.a.: Linder Biologie. - Metzler, Stuttgart 1971.
MIRAM, W. & K.SCHARF (Hrsg.): Biologie heute (SII). Schroedel Hannover, 1988.
Kursbücher/ Lehrerhandreichungen zur Ethologie im BU der SII:
Bücher:
BERCK, K.: Tier- & Humanpsychologie. Eine methodische Anleitung für den Unterricht. Das
Wahlpflichtfach im Unterricht der Gymnasien. Quelle & Meyer, Heidelberg 1968.
DYLLA, K. & G.KRÄTZNER: Verhaltensforschung. Biologisches Arbeitsbuch 5. Quelle & Meyer, Heidelberg,
6. Aufl. 1990.
DAUMER; K. & R.HAINZ: Verhaltensbiologie. Ethologie, Kybernetik & Neurobiologie. BSV Biologie für die S
II. Bayrischer Schulbuchverlag, München, 1979; x. Aufl. 1984.
HORNUNG, G. & W.MIRAM (Hrsg.): Verhaltenslehre. Schroedel Hannover, 1980.
KÄHLER, H. & E.WIMMEL-STEGER: Grundlagen zur Verhaltenslehre. Unterrichtspraxis Biologie.
Strukturierung, Materialien, Informationen. (Hrsg. J.JAENICKE & H.KÄHLER). Bd. 16: Grundlagen
zur Verhaltenslehre. Aulis/ Deubner, Köln 1994.
LÖWE, B. (Hrsg.): Neurobiologie - Ethologie. Buchner, Bamberg 1987.
Zeitschriftenaufsätze
LETHMATE, J. &V.SOMMER: Von der Ethologie zur Soziobiologie. Zur didaktischen Notwendigkeit eines
Paradigmawechsels. Ber. Inst. Didaktik Biologie (Univ. Münster) 3: 25-41 (1994).
Praktikumsbücher
BUNCK, B. & J.TAUSCH: Verhaltenslehre. Handbuch der Unterrichtsversuche. Westermann, Braunschweig
1980.
STOKES, A.: Praktikum der Verhaltensforschung. Fischer, Stuttgart 1971.
TEMBROCK, G.: Grundriß der Verhaltenswissenschaften. Fischer, Jena 1968.
(Handlungskette Kampf S.27ff.)
ZUPANC, G. (Hrsg.): Praktische Verhaltensbiologie. Parey, Berlin 1988.
Weiter führende Literatur zu ausgewählten Themen:
a) Forscherpersönlichkeiten und (originäre) Textstellen
BARASH, D.: Soziobiologie und Verhalten. Parey, Berlin 1980.
FESTETICS, A.: KONRAD LORENZ. Aus der Welt des großen Naturforschers. Piper, München 1983.
GEORGI, R: (Hrsg.): Ethologie. Vergleichende Verhaltensforschung. Parey, Hamburg 1989.
(Verlagsdarstellung mit Literaturübersicht des Verlages und Nachrufen auf LORENZ, TINBERGEN).
HEINROTH, K. (Geleitwort: K.LORENZ): OSKAR HEINROTH. Vater der Verhaltensforschung. 1871-1945. Wiss.
Verlagsges., Stuttgart 1971.
LORENZ, K.: Er redete mit dem Vieh, den Vögeln und den Fischen. Borotha-Schoeler, Wien 1949,
6.-8.Aufl. 1952.
LORENZ, K.: Über tierisches und menschliches Verhalten. Aus dem Werdegang der Verhaltenslehre.
Gesammelte Abhandlungen Bd. II. Piper, München 1965.
(Auszüge aus verschiedenen Originalarbeiten als Taschenbuch; enthält die grundlegende Arbeit
zum Verhalten von Enten: Vergleichende Studien an Anatiden, 1941).
LORENZ, K. (& B.LORENZ: Hrsg.): Denkwege. Ein Lesebuch. Piper, München 1992.
(Ausschnitte aus verschiedenen Arbeiten von K. LORENZ [† 1989], herausgegeben von seiner
früheren Mitarbeiterin {seit 1952, zunächst in Dülmen-Buldern bei Münster/Westf., später in
Seewiesen/ Gruppe Humanethologie unter I. EIBL-EIBESFELDT} und späteren Schwiegertochter {ab
1957}).
PORTMANN, A.: An den Grenzen des Wissens. Mit einem Beitrag der Biologie zu einem neuen Weltbild.
Econ, Düsseldorf 1974.
[Eine wissenschaftliche Autobiographie des großen Zoologen, der mit vergleichend/ ethologischen
Studien an Libellen promoviert worden war; vgl. PORTMANN, A.: Zoologie aus vier Jahrzehnten.
Piper, München 1967; PORTMANN, A.: Das Tier als soziales Wesen. Rhein-Verlag, Zürich 1953].
STAMM, R. (Hrsg.): Tierpsychologie. Die biologische Erforschung tierischen und menschlichen Verhaltens.
Kindlers "Psychologie des 20. Jahrhunderts" (15 Bde.). Einzelband bei Beltz, Weinheim 1984.
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 39
(Unter "Pioniere ethologischen Arbeitens" [S. 37ff.] u.a. Biographien von K.v.FRISCH [S.53ff.],
K.LORENZ [S.66ff.], N.TINBERGEN [S.83ff.]).
TINBERGEN, N.: Tierbeobachtungen zwischen Arktis und Afrika. Forscherfreuden in freier Natur. rororoTB. Rowohlt, Reinbek b. Hamburg 1973.
TINBERGEN, N.(& K. LORENZ:Geleitwort): Das Tier in seiner Welt. Bd. 1: Freilandstudien. Piper, München
1977.
(Auszüge aus verschiedenen Originalarbeiten als Taschenbuch, enthält die grundlegende Arbeit
zum Verhalten von Möwen in den Brutkolonien: Vergleichende Verhaltensbeobachtungen an
Möwen (Laridae), 1959).
b) Zur Diskussion um das Futterbetteln bei Silbermöwen (Picken nach dem Schnabelfleck)
ZIPPELIUS, H.: Die vermessene Theorie. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Instinkttheorie von
KONRAD LORENZ und verhaltenskundlicher Forschungspraxis. Vieweg, Braunschweig 1992.
TINBERGEN, N.: Instinktlehre. Vergleichende Erforschung angeborenen Verhaltens. Parey, Berlin 2.Aufl.
1956
(zum Futterbetteln vgl. S. 28ff., 72ff., 76ff.)
Sowie:
FRANCK, D.: Kontroverse: Schlüsselreize  ja oder nein? (zu Nr. 397, Mai 1992). Schlüsselreize  ein
überholter Begriff der Ethologie? Biologie heute (VDBiol) Nr. 402: 5-6 (1992).
FALKENHAUSEN, E.v.: Stellungsnahme. Dito, Nr. 402: 6 (1992).
ZIPPELIUS, H.: Stellungnahme. Dito, Nr. 403: 8-9 (1992).
FALKENHAUSEN, E.v.: Ethologie auf dem Prüfstand. Dito, Nr. 403: 9-10 (1992).
NEUMANN, G.: Zum Problem der Schlüsselreize. Wurden die allgemein anerkannten Forschungsergebnisse
von TINBERGEN & PERDICK (1950) zur Auslösung des Bettelverhaltens junger Silbermöwen durch
neuere Untersuchungen von U. EYPASCH (1989) widerlegt?. Praxis-Magazin. PdN-B 42 (1): 30-35
(1993).
NEUMANN, G.: Zur Diskussion gestellt: Die Radikalkritik an der klassischen Ethologie und deren
Bedeutung für die Behandlung der Verhaltensbiologie im Unterricht. MNU 50 (2): 109-115 (1997).
c) Ethologische Beobachtungen an Haustieren (Säuger/ Vögel) und Stadtamseln/-tauben sowie in
Wildgehegen
BÜTZLER, W.: Rotwild. BLV Wildbiologie. BLV, München, 2.Aufl. 1977.
EWER, R.: Ethologie der Säugertiere. Parey, Berlin 1976.
GOODALL, D.: Das Pferd in seiner Welt. Hoffmann, Heidenheim/ Brenz 1977.
GRATOPP, W.: Das Fohlen. Zeugung und Geburt. Nymphenburger Verlagshandlg., München 1975.
HAßENBERG, L.: Verhalten bei Einhufern. Beiträge zu einem Ethogramm für Equiden. Die Neue
Brehmbücherei 427. Ziemsen, Wittenberg 1971.
LEYHAUSEN, P.: Katzen, eine Verhaltensstudie. Parey, Berlin, 5.Aufl. 1979.
REUTER, W.: Von Lipizzanern und der Spanischen Reitschule. Pinguin, Innsbruck 1969.
SCHÄFER, M. Die Sprache des Pferdes. Lebensweise, Ausdrucksformen. Nymphenburger Verlagshandlg.,
München, 2.Aufl. 1976.
SCHULZE, H.: Jäger, Jagd und Wild. Bd. 1: Haarwild. Landbuch, Hannover, 2.Aufl. 1976.
(enthält u.a. Details zur Brunft des Rothirsches).
TRUMLER, E. (Vorwort K.LORENZ): Mit dem Hund auf du. Zum Verständnis seines Wesens und Verhaltens.
Piper, München, 10.Aufl. 1980.
VOGEL, K., C.ENGELMANN & E.WEISS: Die Taube. Biologie, Haltung , Fütterung. Neumann-Neudamm,
Melsungen 1980.
ZEEB, K.: Pferde, dressiert von FREDY KNIE. Hallwag, Bern, 2.Aufl. 1974.
ZIMEN, E.: Der Wolf. Mythos und Verhalten. Meyster, Wien, 2.Aufl. 1979.
d1) Ethologie von Säugetieren im Zoo (insbesondere am Pavianfelsen):
NITTINGER, H., H.KRULL & W.RÜDIGER: Biologie im Zoo. Metzler Schulbuchverlag, Hannover 1992.
STAMM, R. (Hrsg.): Tierpsychologie. Die biologische Erforschung tierischen und menschlichen Verhaltens.
Kindlers "Psychologie des 20. Jahrhunderts" (15 Bde.). Einzelband bei Beltz, Weinheim 1984.
(u.a. Beitrag von H.KUMMER & J.ABEGGLEN: Gesellschaftsordnung von Mantelpavianen).
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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TEMBROCK, G.: Grundriß der Verhaltenswissenschaften. Fischer, Jena 1968, 2. Aufl. 1992.
(Schemata zum Aggressions/ Paarungsverhalten, z.B. von Riesenkänguruh S.13, Zebra S.14,
Zebu S.15, Drohen Paarhufer S.59, Ausdruckverhalten [Rüssel] Afrik. Elefant S.60, Markieren
Wisent S.76, dito Hirschziegenantilope S.77, Aggression div. Säuger S. 180/181, Kampfritual
Giraffen/ Antilopen S.183-186).
d2) Versuche zum Lernen bei Menschenaffen und ethologische Monographien von Menschenaffen
ALBRECHT, H. & S.DUNNETT: Chimpanzees in Western Africa. Reihe "Ethologische Studien" (Hrsg. W.
WICKLER). Piper, München 1971.
BOURNE, G. & M.COHEN: Die sanften Riesen. Gorillas – Legende uind Wirklichkeit. Ergebnisse der
Verhaltensforschung. Kindler, München 1977.
DEMBROWSKI, J.: Psychologie der Affen. Akademie-Verlag, Berlin 1956.
FOSSEY, D.: Gorillas im Nebel. Mein Leben mit den sanften Riesen. Taschenbuch. Knaur, München 1991
(als Buch bei Kindler, München 1989).
LAWICK-GOODALL, J.VAN (Text) & H.V.LAWICK (Fotos): Wilde Schimpansen. 10 Jahre Verhaltensforschung
am Gombe-Strom. Rowohlt, Reinbek b. Hamburg 1971.
SCHALLER, G.: Unsere nächsten Verwandten. (Im Original: The Year of the Gorilla). Scherz, München
1965.
WAAL, F.DE (Vorwort D.MORRIS): Unsere haarigen Vettern. Neueste Erfahrungen mit Schimpansen.
Harnack, München 1983.
[Ethologische Analyse einer Schimpansengruppe in einem weiträumigen Gehege vom Zoo
Arnheim/ NL].
e) Ethologische Beobachtungen an Wasservögeln an Stadt- & Zooteichen
(z.T. mit für Freilandstudien an Wasservögeln hilfreichen Ablaufschemata):
[BAUER, K. &] U.GLUTZ V.BLOTZHEIM (Hrsg.): Handbuch der Vögel Mitteleuropas.
Aula, Wiesbaden (bzw. [ursprünglich] Akad. Verlagsges. Frankfurt/ M.).
Band 1: Gaviiformes bis Phoenicopteriformes [Haubentaucher (Podiceps cristatus): 92-117, Kormoran
(Phalacrocorax carbo): 238-261, Graureiher (Ardea cinerea): 298-322, Weißstorch (Ciconia ciconia):
387-415, Waldrapp (Geronticus eremita): 448-454, Flamingo (Phoenicopterus ruber u.a.):455-472].
2. Aufl. 1987.
Band 2: Anseriformes 1. Teil [Höckerschwan (Cygnus olor): 27-46, Stockente (Anas platyrhynchos):
373 - 448].1968, Nachdruck 1979.
Band 3: Anseriformes. 2. Teil [Eiderente (Somateria mollissima): 167-205, Schellente (Bucephala
clangula): 367-406]. 1969, Nachdruck 1980.
Band 5: Galliformes u. Gruiformes. [Teichhuhn (Gallinula chloropus): 469-495, Bläßhuhn (Fulica
atra): 519-566, Kranich (Grus grus) & Jungfernkranich (Anthropoides virgo): 566-616]. 1973,
Nachdruck 1981.
Band 7: Charadriiformes (2.Teil). [Säbelschnäbler (Recurvirostra avosetta): 731-774). 2. Aufl. 1986.
BIRKHEAD, M. & C.PERRINS: The Mute Swan. Croom Helm, London 1986.
BLUME, D.: Ausdruckformen unserer Vögel. Ein ethologischer Leitfaden. Mit 500 Skizzen &
50 Klangspektrogrammen. Die Neue Brehmbücherei 342. Ziemsen, Wittenberg, 3.Aufl. 1973.
BOPP, P.: Das Blesshuhn. (Fulica atra). Die Neue Brehmbücherei 238. Ziemsen, Wittenberg 1959.
CREUTZ, G.: Der Graureiher. Ardea cinerea. Die Neue Brehmbücherei 530. Ziemsen, Wittenberg 1981.
ENGLER, H.: Die Teichralle. . Gallinula chloropus. Die Neue Brehmbücherei 536. Ziemsen, Wittenberg,
2.Aufl. 1983.
FRANCK, D.: Verhaltensbiologie. Thieme, Stuttgart, 3.Aufl. 1997.
Mit Forschungsbeispielen div. Autoren (u.a. J.LAMPRECHT: Warum sind Gänse monogam? S.184
ff.).
GENTZ, K.: Im Reiche der Fischreiher. Heimatliche Vogelwelt erlebt und photographiert. Sachsenverlag,
Dresden 1952.
LORENZ, H.: Ein Herz für Schwäne. Erlebnisbericht. Buchverlag Verbandsdruckerei, Bern 1973.
(sw-Fotobuch mit ethologisch wertvollem Bildmaterial, auf der Grenzen von Kinder- und
Sachbuch).
LORENZ, K.: Über tierisches und menschliches Verhalten. Aus dem Werdegang der Verhaltenslehre.
Gesammelte Abhandlungen Bd. II. Piper, München 1965.
(Auszüge aus verschiedenen Originalarbeiten als Taschenbuch; enthält die grundlegende Arbeit
zum Verhalten von Enten: Vergleichende Studien an Anatiden, 1941).
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 41
LORENZ, K. (Fotos S.& K.KALAS): Das Jahr der Graugans. Piper, München 1979.
LORENZ, K. (unter Mitarbeit von M.MARTYS & A.TIPLER): Hier bin ich – wo bist du?. Ethologie der
Graugans. Piper, München 1988.
RUITENBEEK, W. & P.ANDERSEN-HARILD: De Knobbelzwan. Kosmos, Amsterdam 1979.
RUTSCHKE, E.: Die Wildschwäne Europas. Biologie, Ökologie, Verhalten. Deutscher
Landwirtschaftsverlag, Berlin 1992
SCHEUFLER, H. & A.STIEFEL: Der Kampfläufer (Philomachus pugnax). Die Neue Brehmbücherei 574.
Ziemsen, Wittenberg 1985.
SCHMIDT, E.: Entenprobleme am Stadtparkteich. UB 12, H. 135: 43 – 45 (1988).
SCHMIDT, E.: Ethologische Feldstudien mit Schülern: Analyse des Balzverhaltens von Wasservögeln auf
Park- Und Zooteichen am Beispiel der Schellente. S. 176-183 in KILLERMANN & STAECK (Hrsg.):
Methoden des BU. Aulis/ Deubner, Köln 1990.
SCHMIDT, E.: Ethologie am Stadtparkteich: Die Stockentenbalz. Biologie in der Schule 40 (11): 409-417,
Bildbeilage Tf.1-8 (1991).
SCHMIDT, E. (Buch, Begleitkarte & Fachberatung) & R. RUDOLPH (Realisation, Kamera) & M. BERTHOLD
(Pädagogische Referentin im FWU): Paarungsverhalten der Stockenten. Film 16 mm, Lichtton,
FWU 32 03988. FWU (Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht), Grünwald (b.
München) 1989.
STAMM, R. (Hrsg.): Tierpsychologie. Die biologische Erforschung tierischen und menschlichen Verhaltens.
Kindlers "Psychologie des 20. Jahrhunderts" (15 Bde.). Einzelband bei Beltz, Weinheim 1984.
(u.a. Kurzmonographien von Lachmöwe [S.129ff.], Graugans [S.141ff.]).
STREIT, B. (Hrsg.): Evolutionsprozesse im Tierreich. Birkhäuser, Basel 1990.
(u.a. mit REYER, H.: Die Evolution von kooperativer Jungenaufzucht. S.125ff.)
STÜLCKEN, K.: Beizwild der Könige. Eine Reiherbiologie. Alsterverlag Brauns, Hamburg 1943.
UTSCHICK, H.: Der Graureiher. Eine diebische Schönheit zwischen Wissenschaft und Praxis. Mit der
Kindergeschichte von „Zacharias“. Petri, Gmund/ Tegernsee 1992.
f) Ethologie von Reptilien, Amphibien & Fischen
(ohne Kampffisch/ Labyrinthfische: s.u.; ohne einheimische Arten
und Schmuckschildkröten, diese sub Ökologiedidaktik)
g) Kampffisch/ Labyrinthfische
BERCK, K.: Tier- & Humanpsychologie. Eine methodische Anleitung für den Unterricht. Das
Wahlpflichtfach im Unterricht der Gymnasien. Quelle & Meyer, Heidelberg 1968.
(Attrappenversuche Kampffisch S. 33ff.)
BERGMANN, H.: Über die Verwendung des Kampffisches Betta splendens im ethologischen Unterricht. BU
20 (2): 42-61 (1984).
(Abgerundete, ausgewogene Grundlage!)
BUNCK, B. & J.TAUSCH: Verhaltenslehre. Handbuch der Unterrichtsversuche. Westermann, Braunschweig
1980.
S.139-150: Beobachtungen und Experimente zum Verhalten von Kampffischen und Paradiesfischen.
GANZER, J., J.SCHMIDTMAYER & H.LAUDIEN: Das Kampfverhalten der Männchen von Betta splendens
(Pisces, Belontiidae) – eine etho-physiologische Studie. Parey, Berlin 1984.
KUHN, K. & W.PROBST: Biologisches Grundpraktikum, Bd. II. Fischer, Stuttgart 1980.
(Verhalten der Kampffisch Männchen am Spiegel: S. 116 ff.)
g) Ethologie von terrestrischen oder marinen Wirbellosen
(aquatischen Wirbellose sub Ökologiedidaktik): ###### wird nachgetragen ######
4.7 Das Konzept „Evolutionsbiologie“
s. Anhang 8
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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4.8 Das Konzept „Umwelterziehung“
4.8.1 Einführung
Der Begriff Umwelterziehung steht hier stets für Umwelterziehung und
Umweltbildung. Sie ist die fächerübergreifende Erziehungsaufgaben der Schule mit
besonderer Aktualität und Brisanz. Aktuelle Ereignisse (vor allem sensationelle
Störfälle [wie Tankerunfälle]) und Geschehnisse aus dem Alltagsleben (wie
Trinkwasser-Kontaminierungen oder Probleme beim Müllsortieren) werden vielfach
von den Massenmedien aufgegriffen und dabei auch bewertet. Die Diskussion ist aber
oft abgehoben von Umweltkenntnis und Verständnis der Beziehungsgefüge und damit
entfernt von einem rationalen Ansatz zur Problemlösung bzw. Kompromiß-Findung.
Damit ergibt sich eine Herausforderung gerade für den BU hinsichtlich der
ökologischen Basis der Umwelterziehung. Umwelterziehung im BU wird daher in
dieser Vorlesung ausführlicher behandelt (vgl. dazu SCHMIDT 1995, sowie
SCHMIDT 1997 und das Vorwort bei SCHMIDT 1996) und auf die Freilandarbeit auch im
Ballungsraum bezogen (div. Beiträge in BAYRHUBER et al. 1998).
4.8.2 Fachlicher und gesellschaftlicher Hintergrund der Umwelterziehung
Wir stecken in einer ökologischen Krise, die sich ### oft verdeckt ### zuspitzt. Das
Bewußtsein dafür wächst, Anstöße zum Umdenken werden laut (z.B. MARKL 1986,
MEYER-ABICH 1990, WEIZSÄCKER 1994), der Aspekt der Nachhaltigkeit beim Umgang
mit der Natur gewinnt an Gewicht (IUCN/UNEP/WWF 1991, BAYRHUBER et al. 1998)
und ergänzt den klassischen Naturschutz (KNAUT 1993).
Bei dieser außerschulischen Diskussion bleibt der fachliche Hintergrund oft vage
oder wird grob pauschalisiert, die Massenmedien sind dabei eher an Sensationen
interessiert. Die Diskussion wird dann leicht affekt-orientiert und -geladen bis hin zu
einer Ideologisierung (z.B. als Ökologiebewegung: "Ökologie als neues „Fahnenwort“,
als „oberster utopisch-normativer Begriff“: TREPL 1987, S.12; vgl. auch Umweltmystik
bis hin zu religiösem Sektierertum und Okkultismus). Das kann dann zu einem
wilden Aktionismus am Rande oder außerhalb der Legalität führen (vgl. GreenpeaceBesetzungen auf See [z.B. als die ausgediente Brent-Spar Ölplattform im Atlantik
versenkt statt an Land entsorgt werden sollte], Anschläge auf den Schienenverkehr bei
Gorleben [Raum Lüneburg] und jetzt (1997) bei Ahaus [Westmünsterland] als Fanal
gegen die Lagerung von radioaktiven Abfällen der Kernenergiegewinnung). Hinzu
kommt, daß Umweltschutzverbände (wie Greenpeace) zu Wirtschaftsunternehmen
geworden sind, bei denen ein medienwirksamer, spektakulärer Aktionismus das
Spendenaufkommen und damit den Etat erhöht, was aber nach außen hin kaschiert
werden soll.
Der „Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie“ entsteht nicht zwangsläufig
aus dem Begriff (Ökologie und Ökonomie sind ja Worte mit gleichem Wortsinn,
nämlich Haushaltslehre, einmal von Betrieben oder Gemeinwesen, zum anderen von
der Natur; vgl. auch GRAF 1996), sondern in der Regel dadurch, daß
Wirtschaftsunternehmen Teile ihrer Kosten der Umwelt oder dem Gemeinwesen
aufhalsen können („externe Kosten“, d.h. eigenen Gewinne durch Subventionen oder
durch Umweltbelastungen) und damit egoistisch richtige, aber volkswirtschaftlich
falsche Entscheidungen treffen. Dem müßte die Politik gegensteuern, was von den
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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Begünstigten oft (z.B. durch politische Pressionen) abgewendet wird. Einige Beispiele
werden in der Vorlesung erläutert.
Besonders problematisch wird es für die Umwelterziehung, wenn aus einem zu vagen,
nicht tragfähigem Sachstand politische Konsequenzen gezogen werden, die dennoch
richtig sein können, aber an Glaubwürdigkeit verlieren, wenn (später) die fachlichen
Schwächen aufgedeckt werden. Das wird an den Beispielen Straßenverkehr und
Zierrasen oder Blumenwiese erläutert (hier im Skript weggelassen).
Fazit: So ergibt sich ein Dilemma: Ist der Sachstand unsicher, führt aber zu der
plausiblen Vermutung, daß es zum Handeln spät sein wird, wenn Gewißheit erlangt
sein wird, so muß man sich entscheiden, vorsorglich schon jetzt "die Notbremse zu
ziehen", damit sie noch rechtzeitig faßt, auch wenn das Risiko besteht, daß es Ärger
gibt, wenn die Annahme sich als nicht so dramatisch erweist.
4.8.3 Normative Vorgaben
Die Problematik der Umweltethik/-moral stellt sich dort nicht für die
Umwelterziehung, wo vom Gesetzgeber schon Normen festgelegt worden sind. Bekannt
sind Grenzwerte für Emissionen (vgl. die Abgasuntersuchung bei Pkws durch den TÜV
oder bei Öfen im Haus durch den Schornsteinfeger) oder für das Trinkwasser (vgl.
MANTAU 1997, MÜLLER-WEGENER u.a. 1994 für die Trinkwasser-Talsperren/ gewinnung von Gelsenwasser bei Haltern).
Der Biologieunterricht ist direkt betroffen vom Tierschutzgesetz (regelt den
pfleglichen Umgang mit Tieren und ist für das Experimentieren im BU mit lebenden
Tieren von Belang) und vom (Bundes-) Naturschutzgesetz (als Rahmen für die
entsprechenden Gesetze der Länder, in NRW das Landschaftsgesetz, vgl. EBERT &
BRAUER 1993). Letzteres erklärt zahlreiche Taxa (wie alle einheimischen Reptilien,
Amphibien, Libellen, Großlaufkäfer, Wildbienen/ Hummeln, fast alle Tagfalter) zu
besonders geschützten Arten, von denen nicht einmal Totfunde aufgenommen werden
dürfen. Damit entfällt u.a. die Möglichkeit, die Entwicklung von Grasfroscheiern im
Klassenraum zu erleben und zu untersuchen (selbst wenn diese Entwicklung im
Freiland z.B. durch Enten oder Austrocknung des Biotops gefährdet ist).
Besonders geschützt sind auch die naturnahen Ufer von Gewässern und Moore.
Das erschwert die Freilandarbeit mit Schülern außerordentlich.
Die nach den „Roten Listen“ gefährdeten Arten stehen zwar dadurch nicht unter
dem Schutz des Gesetzes, ihr Fang ist auf Grund der Roten Listen nicht strafbar, doch
verlangt die Umweltethetik ebenfalls die völlig Schonung.
4.8.4 Die Vorgabe von Richtlinien/ Lehrplänen
am Beispiel Realschule NRW 1993
Umwelterziehung ist ein zentrales Anliegen der Schule und daher in den Richtlinien
gut etabliert. Der fächerübergreifende Aspekt kommt dabei nicht immer gut zum
Tragen. Besonders deutlich wird die Koordinierung der verschiedenen Fächer in den
einzelnen Jahrgangsstufen in den Richtlinien Biologie für die Realschule in NRW. Der
Umwelterziehung ist ein eigenes Kapitel (1993: Kap. 3.3, S. 112 ff.) gewidmet.
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 44
Vorgeschlagene Themen sind:
 Jahrgangsstufe 5/6:
Tier- & Pflanzenschutz, Tierhaltung, Tiere & Pflanzen im Schulumfeld,
Lebensräume.
 Jahrgangsstufe 7/8:
Ökosysteme: Wald (Stoffkreisläufe, Energiefluß, Nahrungsnetze; Bedeutung,
Gefährdung)  See  Küstenregion  Folgen von Eingriffen des Menschen.
 Jahrgangsstufe 9/10:
Ökosystem Acker, Ökosystem Stadt, Biotechnologie, Ernährung, Landbau &
Pflanzenschutz, Düngung, Herbizide, Pestizide, biologische
Schädlingsbekämpfung.
Diskussion dieser Richtlinien:
Zu begrüßen ist die Vorgabe, zunächst ein „intaktes“ Ökosystem und dann die
Veränderung durch menschliche Einwirkungen zu behandeln. Im Wabenmuster
„Ursachen und Auswirkungen von Waldschäden“ sind unter Biologie allerdings nur
Symptome aufgeführt, der ökosystemare Zusammenhang bleibt offen, ebenso die
langfristigen Auswirkung von früheren und heutigen forstlichen Fehlnutzungen oder
von Eingriffen in den Wasserhaushalt. Die ökologischen Grundlagen bleiben damit
hier defizitär, sind jedoch im Themenkreis 1 der Jahrgangssstufe 7/8 „Leben in
Ökosystemen“ breiter vorgeschrieben. Die Freilandarbeit wird dabei ausdrücklich
gefordert.
4.8.5 Didaktische Diskussion
4.8.5.1 Anmerkungen zur Geschichte der Umwelterziehung
Umwelterziehung begann als Erziehung zum Naturschutz schon vor langer Zeit (vgl.
PREUß 1966, ENGELHARDT 1977, historischer Überblick bei TROMMER 1993). Sie war (vor
allem außerschulisch) schon früh als Ökologiebewegung ideologisch beeinflußt (vgl.
KNAUT 1993, TREPL 1987). Ein praktisch fundiertes, ganzheitliches Modell für die
Konzeption einer Umwelterziehung, die auch den musisch/ religiösen Hintergrund
einschließt, hat unlängst WINKEL (1995) vorgelegt, es ist das (oft persönliche) Resumé
eines erfüllten Lebens als Gründer und (inzwischen pensionierter) Leiter des
Schulbiologiezentrums Hannover. Eine aktuelle, praxisorientierte Gesamtkonzeption
legte WILHELMI (1993) vor.
4.8.5.2 Die „Katastrophen-Pädagogik“
Die Umweltkrise ergibt sich vor allem aus dem extrem gewachsenen Ausmaß von
Fehl- bzw. Übernutzungen der Natur, von Vorteilnahmen von Individuen oder
Gruppen zu Lasten der Natur (wie dem Einsparen "externer" Kosten in der Wirtschaft,
einem momentanen Komfortgewinn oder einer momentanen Bereicherung durch
Raubbau) oder von industriellen Störfällen (wie beim Kernreaktorunfall in Tschernobyl
oder bei Großtankerunfällen). Diese katastrophalen Umweltbelastungen sind
offensichtlich und auch ohne Einblick in ökologische Zusammenhänge einfach zu
thematisieren (viele Materialien und Anregungen bei WINKEL u.a. 1978). Beispielhaft
ist dafür DRUTJONS (1975) mit folgenden Kapiteln:
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Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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










Schädlingsbekämpfung und Giftrückstände in der Nahrung
Gesundheitsgefährdung durch Müll
Verunreinigung der Binnengewässer durch Haushaltsabwässer
Verschmutzung der Binnengewässer durch gewerbliche Abwässer
Verschmutzung der Meere durch Abwässer und Abfälle
Gefährdung der Umwelt durch radioaktive Strahlung
Luftverunreinigung
Umweltbelastung durch Lärm
Biologie des Wohnens und der Siedlungsweise
Arbeitsbiologie
Mündigkeit im Umgang mit Medikamenten
Die Kapitel sind jeweils sachgerecht untergliedert in:
 Dokumentation
 Lernziele
 Stellung des Themas im Lehrplan
 Hinweise für unterrichtliche Ansätze
 Quellenangaben und Literaturhinweise
Bei diesen Themen sind die Schüler zwar von den Folgen der Umweltbelastungen
betroffen, aber nicht direkt verantwortlich. So besteht die Gefahr der
Schuldzuweisung an (ferne) Dritte (Industrie, Kommunen, Staat), die das Problem
nicht löst. Überdies gehen Bilder von offenkundigen Mißständen regelmäßig durch die
Medien. Das führt zu einer Abstumpfung. So ist eine solche „Katastrophen“-Pädagogik
auch wenig effektiv (vgl. z.B. ESCHENHAGEN 1989, WILHELMI 1993).
4.8.5.3 Umweltkriminalität und Störfälle
Bei offensichtlich vorsätzlichen Verstößen gegen Umwelt-/Naturschutzgesetze (wie
beim Spülen von Spritzmittelbehältern im Bach oder bei einer wilden Mülldeponie) ist
die Sachlage didaktisch noch einfacher: Es braucht nur der Rechtstatbestand
ermittelt zu werden, der Rest ist Sache der Strafverfolgungsbehörden. Die Be/Verurteilung dieses Umweltvergehens erfordert dann weder ökologischen
Sachverstand noch die Umsetzung einer Ethik in Moral. Diese Fälle sind also nicht
besonders ergiebig für die Umwelterziehung.
Schwierig zu beurteilen sind dagegen Umweltbelastungen bei (großtechnischen)
Störfällen infolge von Nachlässigkeit oder menschlichen bzw. technischen Fehler oder
von mangelnder Vorsorge, die katastrophale Ausmaße annehmen können (z.B. GAU
[größtmöglicher Atomkraft-Unfall] beim Kernkraftwerk Tschernobyl/ Ukraine oder bei
den Unfällen von Großtankern). Das gilt noch mehr für entsprechende, aber
vorsätzliche Fälle in Kriegen (wie die Ölbelastung des Persischen Golfs von Irak aus im
Golfkrieg), da im Krieg die rechtsstaatlichen Normen und Verantwortlichkeiten
ausgesetzt werden.
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Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 46
4.8.5.4 Konflikte aus dem Alltag der Schüler
Der Konflikt zwischen Umweltethik und Umweltmoral gehört zum Alltag der Schüler.
Er ist daher ein guter Anknüpfungspunkt für die Umwelterziehung. Einige Beispiele in
der Person des Schülers (wie Tierhaltung, Abfalltrennung, Wasserverschwendung
beim Duschen), zwischen Personen (z.B. in der Famlie zur Ernährung), zu
Organisationen (wie Bauen im Landschaftsschutzgebiet) und zwischen Gruppen/
Organisationen (z.B. Raucherecke) werden bei WINKEL (1995, S.403ff.) als Modelle für
eine rational/ soziale Problemlösungsstrategie dargestellt.
Diese Konflikte belegen, daß Umwelterziehung bemüht sein muß, den
Umweltschutz wirklich zu verinnerlichen und nicht nur zum Lippenbekenntnis
verkommen zu lassen.
4.8.5.5 Didaktische Konsequenzen für die Umwelterziehung
Grundsätze: Umweltbildung muß also die Bereitschaft zum Verzicht jetzt zugunsten
der Zukunft wecken und stärken. Die Verzicht-Bereitschaft muß bei sich selbst
beginnen, man darf nicht auf einfache Schuld- und Handlungszuweisungen an andere
ausweichen (wie bei DRUTJONS 1975). Das setzt eine hohe Wertschätzung einer als
intakt und beständig empfundenen Natur voraus. Umweltbildung beginnt daher zu
Recht bei (ganzheitlicher) Umweltwahrnehmung, beim Erleben der Natur mit allen
Sinnen (SCHAAR 1994), bei der Faszination der Begegnung mit der „Wildnis“ (TROMMER
1992 und in WEIGMANN u.a. 1995; vgl. auch die Wandervogelbewegung der
Jahrhundertwende und die Campingbewegung nach dem 2. Weltkrieg) und will den
Sinn für die Ästhetik von Natur und den Organismen fördern (vgl. HAECKEL 1974,
WINKEL 1995). Die Schulfächer Kunst, Musik, Deutsch wären dabei von ihrer
Kompetenz her besonders einzubeziehen. Die Vertiefung dieser subjektiv-/intuitiven
Naturwahrnehmung (vgl. z.B. CORNELL & HENDRICKSON 1991; PROBST & SCHILKE 1994)
soll also den Adressaten für eine Umweltethik und -moral, die auf den Erhalt der
natürlichen Vielfalt und Nachhaltigkeit der Nutzungsmöglichkeiten und damit letztlich
auch auf Sicherung des Überlebens der Menschheit gerichtet und die Bereitschaft
zum Handeln einschließt (HEDEWIG & STICHMANN 1988. TROMMER 1993), empfänglich
machen.
Umwelterziehung in der Schule muß aber rational, in fundiertem Umweltwissen
begründet sein (z.B. DRATHS & ERDMANN 1993 sowie GÄRTNER & HOEBEL-MÄVERS 1991,
HAß in BERTLEFF & EULEFELD 1989, KLEIN 1991, KILLERMANN 1991); das entspricht auch
dem Leitziel „Verständnis der Komplexität der natürlichen und gebauten Umwelt und
der Auswirkungen von Eingriffen des Menschen auf die natürliche Umwelt“ im Sinne
der Empfehlung Nr. 1 der Tiflis-Konferenz der UNESCO (vgl. BOLSCHO et al. 1994,
EULEFELD & KAPAUNE 1978).
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Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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Schema zur Umwelterziehung: Für die Umwelterziehung hat sich das folgende
Stufen-Schema eingebürgert (verändert nach KÖHLER & KLAUTKE 1990 bzw. KLAUTKE &
KÖHLER 1991, vgl. Abb.##; vgl. auch die Abwandlung im Kap. 2.5.6!):
1. Umwelt-Erlebnis & Erfahrung (Begegnung mit der Umwelt).
2. Umwelt-Wissen (Kenntnisse über Arten, Biotope, Phänomene, Belastungen).
3. Umwelt-Verständnis (Reflexion und Verständnis der Zusammenhänge und der 
naturnahen Beziehungsgefüge und ihrer Veränderungen durch den Menschen,
also der direkten und indirekten Auswirkungen von Eingriffen).
4. Umwelt-Ethik als Umweltverantwortung (als Betroffensein von Eingriffen in
die Umwelt, damit die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen).
5. Umwelt-Moral mit Bereitschaft zum Handeln (also der Bereitschaft nach
Wegen zu suchen, um die Eingriffe abzustellen oder wenigstens zu mindern;
dabei ist die Konsensfindung und dessen Umsetzung nach den Normen einer
demokratischen, rechtsstaatlichen Gesellschaft zu beachten).
Die affektive Komponenten in diesem Schema hat WILHELMI (1993) umformuliert in:
Wertschätzung  Betroffenheit
  Verantwortung  Handlungsbereitschaft.
Moral
Mitwelt
SensiEthik
bilisierung
Gewissen
für
Umwelt-
Verstehen:
Wissen
Umwelt
schutz
Erfahren
Abb. ##: Stufenkonzept für die schulische Umwelterziehung (nach KÖHLER & KLAUTKE
1990).
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
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Zum Anteil von Naturerleben im BU: In der fächerübergreifenden Umwelterziehung
wird derzeit die sinnlich/ spielerische Naturbegegnung besonders herausgestellt (vgl.
die vielfältigen Beispiele bei WINKEL 1995). Wichtig ist dabei das Erleben der Natur mit
allen Sinnen (als „ganzheitliches“ Lernen bzw. Coenästhetik: SCHAAR 1994). Der
rationale Zugang (Diakritik: SCHAAR 1994) bleibt dabei eher vordergründig (vgl.
hinsichtlich einer Bachuntersuchung die typologische Gütebestimmung bei
WINKEL 1995, S.386, mit dem systemischen Kompartiment-Ansatz „der Stein im Bach“
bei FEY 1996).
Ein Übergewicht der affektiven Zieldimension birgt auch die Gefahr der
Anfälligkeit für vordergründige Schematismen, Mystifizierung/ Naturschwärmerei und
damit für eine Ideologisierung (im Sinne einer Ökologiebewegung: "Ökologie als neues
'Fahnenwort", als "oberster utopisch-normativer Begriff": TREPL 1987, S.12; vgl. auch
religiöses Sektierertum und Okkultismus) in sich; diese entwertet die
Umwelterziehung, auch den Begriff Ökologie bei Pragmatikern.
Schule sollte daher in den Naturwissenschaften (insbesondere in der SII mit dem
Leitziel Wissenschaftspropädeutik für die gymnasiale Oberstufe) maßgeblich ein
rational/ kognitives Umweltwissen und (Um-) Weltverständnis durch wissenschaftlich
geschulte Pädagogen vermitteln, insbesondere das rational/ kognitive Erfassen und
Verstehen der Komplexität der Natur mit ihren diffizilen Beziehungsgeflechten fördern,
direkte oder indirekte Auswirkungen menschlicher Eingriffe auf das Beziehungsgefüge
rational aufdecken, rationale Lösungstrategien bei Konflikten entwickeln helfen und
den Sinn für ihre Realisierung in einer pluralistischen, demokratischen Gesellschaft
wecken, kurz gesagt den rationalen Umgang des Sozialwesens Mensch mit unserer
Welt fördern.
Hier sehe ich Defizite in der aktuellen Diskussion zur Umweltbildung, die mir ein
deutliches Übergewicht der affektiven Lernzielkategorien (vgl. z.B. BOLSCHO u.a. 1980,
1994, EULEFELD u.a. 1991, 1993, TROMMER 1993, WINKEL 1995) bis hin zu Vorbehalten
gegenüber der vertieften Beschäftigung mit konkreten ökologischen Fakten als
Bildungsinhalten zu haben scheint.
Derartige Zieldiskussionen lassen sich jedoch erst mit der Differenzierung der
Aussagen nach den jeweiligen Adressatengruppen, insbesondere nach den
Jahrgangsstufen, konkretisieren [was in den Biologiedidaktiken nicht immer
hinreichend beachtet wird (vgl. z.B. EKR 1985)]. Die affektiven Anteile an der
Umweltbildung haben daher in der Primarstufe ein anderes Gewicht als in der SII.
Umweltbildung in der Schule sollte dabei auch die außerschulischen (Umwelt-)
Bildungsmöglichkeiten mit berücksichtigen und sich vorrangig auf die anderweitig
nicht gesicherten, aber als unerläßlich erachteten Anteile der Allgemeinbildung (hier
zur Umwelt) konzentrieren.
Grundeinstellungen (Paradigmen) zur Ökologie im BU als Grundlage für die
Umwelterziehung: Umweltbildung muß auch Position beziehen zu gegensätzlichen
Grundeinstellungen (als dialektischen Paradigmen) zur Weltsicht, die als Dialektik
vom Ursache  Wirkung -Modell und vom Relationsmodell (SCHLEICHER in GÄRTNER &
HOEBEL-MÄVERS 1991, S.113), vom deterministischen und vom synergetischen
Systemansatz (SCHMIDT in ENTRICH & STAECK 1992) oder vom analytischen und vom
systemischen Ansatz (ELLENBERGER 1993) charakterisiert werden können (vgl. auch
EKR 1993: 71ff sowie EKR 1985: 182 ff.).
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4 & 5 — 49
Dazu gehört die Blickwendung vom anthropozentrischen Denken zum Denken in
den systemgerechten Gewichtungen (wie vom Weltbild des PTOLOMÄUS zu GALILEI), vom
statisch/ reduktionistisch/ typologischem Ansatz (klassischer Naturwissenschaft) zum
holistischen Erfassen dynamisch/ individuell/ synergetischer Konstellationen (im
Sinne der Chaos-Theorie von Ökosystemen), vom deskriptiven Erfassen (z.B. von
analytischen Meßwerten) mit maximaler Genauigkeit ohne Kontextbezug zum nur
grob quantitativen, aber differenziert qualitativen Erfassen mit Bewertung nach der
Bedeutung (Denken in Vernetzungen).
Dabei stellt sich die Problematik abstrakter universell/ typologischer Schemata,
wie sie in der reinen Ökologie angestrebt werden, für die praktische Anwendung und
damit für die Umwelterziehung im BU („Kopflastigkeit“ der Schulökologie). Gerade der
am Prinzip „Wissenschaftspropädeutik“ ausgerichtete Unterricht in der SII ist damit
der Dialektik von Individualität eines jeden Ökosystems und von dem Prinzip des
Allgemeingültigen der Naturwissenschaft ausgesetzt. Typen von Ökosystemen, die
Kreislauf- und Energiefluß-Schemata erscheinen als wissenschaftlich, die für das
Orientierungswissen erforderlichen individuellen Eigenschaften des untersuchten
Ökosystems sind jedoch weg abstrahiert. Eine Lösung liegt darin, an dem
untersuchten Beispiel ein allgemein gültiges Frageschema zu erlernen. Dazu gehört
der Wechsel vom exklusiven zum inklusiven Denken (im Sinne von SCHAEFER 1978,
vgl. EKR; Denken in Vernetzungen bei VESTER 1991), vom analytischen zum
systemischen Ansatz (im Sinne von ELLENBERGER 1993; system-/ chaostheoretische
Methode bei KUHLMANN in PEUKERT & MANK 1993), vom darstellenden zum genetisch/
forschenden Unterricht nach dem Prinzip des exemplarischen Unterrichts (im Sinne
WAGENSCHEINS, vgl. EKR, KILLERMANN 1991, SCHMIDT in ENTRICH & STAECK 1992) bzw.
zum Lernen durch Handeln (ELLENBERGER 1993).
4.8.5.6 Konkretisierung für das Gymnasium NRW
Die SI im Gymnasium: Zur Umwelterziehung in der Unter- und Mittelstufe der
Gymnasien in NRW wird (im Kap. 3.5.3, S.142ff., 1993) vorgeschlagen, daß die
einzelnen Schulen ein fächerübergreifendes Curriculum zu einem Themenbereich mit
lokalem Kontext ausarbeiten. Der Themenbereich Wasser wird als besonders günstig
begründet (S.143). Im BU liegt dabei der Schwerpunkt auf „Wasser als Lebensraum“.
Dazu werden Inhalte spezifiziert (S.143/144).
Die schulische Umwelterziehung verfolgt nach diesen Richtlinien (S.142) die
folgenden Intentionen:

Sensibilisieren für Umweltgefährdungen.

Vermitteln wichtiger Kenntnisse über natürliche und gestaltete Lebensgrundlagen
und Entwickeln von Verständnis für deren Zusammenhänge.

Vermitteln der Einsicht, daß für die Beurteilung von Umweltkonflikten die
zugrundeliegende Werthaltung und Interessen der beteiligten von Bedeutung
sind.

Anleitung zu umweltgerechtem Handeln im Blick auf lokale und regionale
Problemsituationen.

Erörtern von Handlungskonzepten zur Bearbeitung globaler Umweltprobleme.
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4 & 5 — 50
Dem Unterrichtsfach Biologie kommt bei der Umwelterziehung in der SI des
Gymnasiums nach den Richtlinien/ Lehrplänen NRW (1993: 142) eine fundamentale
Bedeutung zu. Es vermittelt dazu:

Unmittelbare Begegenung mit der belebten Natur bei Unterrichtsgängen,
Exkursionen und Klassenfahrten.

Wissen um die Einbindung der Arten in ihre spezifische Umwelt.

Kenntnisse der wechselseitigen Abhängigkeiten innerhalb von Ökosystemen.

Sensibilisierung für die Tatsache der grundsätzlichen Labilität lebender System
und der aktuellen betroffenheit verschiedener Lebensformen.

Möglichkeiten zum Einüben des praktischen Artenschutzes.
Pflanzenkunde in der Jahrgangsstufe 5/6 (Samenpflanzen):
Vorgesehen ist (S.58) unter dem Stichwort Schutz:

Erhaltung naturnaher Flächen (NSG der Heimatregion)

Parks und Gärten als Lebensraum für einheimische Pflanzen
(Naturverträglicher Gartenbau und Anlage naturnaher Kleinflächen 
Umwelterziehung)
Beispiele:

Die Seerose, eine besonders geschützte Pflanzenart, als Zuchtform im
Gartenteich (Zierformen mit  roten Blüten), die Teichrose als Charakterart der
Ruhr und der Auenteiche mit besonders großen Beständen im Vogelschutzgebiet
Essen-Heisingen und im NSG Kocks/ Kellermans Loch in Mülheim.

Rasen oder Blumenwiese im Park und Hausgarten (s.o.)

Förderung der besonders geschützten Hummeln/ Wildbienen, Schwebfliegen
und Tagfalter im Garten durch Anbau von Insektenblumen (wie Krokus,
Lungenkraut,
Obstbäumen
im
Frühjahr),
Schaffung
besonnter
Gebüschgruppen (Sonnenplätze; möglichst Insektenblütler und/ oder mit
Vogelbeeren; auch Immergrüne dazwischen als Schutzraum) und Nisthilfen (z.B.
für Hummeln oder Grabwespen).
Tierkunde in der Jahrgangsstufe 5/6 (Säugetiere und Vögel)
Ergänzungen:
Zu Hund und Katze:

Feindbild Hund auf Wasservögel am Parkteich  Anleinen von Hunden auch
im Park. Hinzu kommen z.B. das "Tretminen"-Problem auf Wegen und
Liegeflächen im Park und auf Straßen oder das Problem der aggressiven Hunde in
der Stadt.
An
einem
zufällig
herausgegriffenen
Zeitungsbericht
zu
den
„Hinterlassenschaften“ unverantwortlicher Hundehalter wird der Umweltkonflikt
in der Vorlesung illustriert.

Katzen als Vogelfeinde im Garten: Die Brutvögel im Garten kennen und
"vermelden"die Katze, sobald sie im Garten auftaucht und werden daher kaum
einmal ein Opfer. In dieser Zeit können die Altvögel aber kein Futter für ihre
Jungen suchen, so kommt es (gerade in Schlechtwetterperioden) zu Verlusten,
wenn die Katze lange draußen ist. Die Katze räubert auch die zugänglichen
Nester aus, die noch unbeholfenen und unerfahrenen Jungvögel und
Durchzügler werden eher ihre Beute. Damit setzen Katzen, die lange
unbeaufsichtigt im Garten sein dürfen, der Vogelwelt mehr zu als nötig ist und
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




als den Katzenhaltern bewußt ist. Diese Katzenhalter sind aber selten einsichtig
für ihre Umweltstörung.
Rind: Das Rind ist ein Beispiel für eine Art, die nur noch als Haustier
überlebt, die Stammform (Ur = Auerochse) wurde im Mittelalter ausgerottet
und ist aus den Haustierrassen nicht wieder zu züchten. Beim Pferd ist es
hinsichtlich der europäischen Wildform ähnlich, auch im Meerfelder Bruch in
Dülmen leben Hauspferde, jedoch unter naturnahen Bedingungen.
(Wander-) Ratten als Kommensalen des Menschen und hygienisches
Problem.
Wassernager als zusätzliches Beispiel: Wasserratte (Schermaus), Bisam,
Nutria, Biber: Die 4 Arten sind ähnlich angepaßt an das Wasserleben und
Pflanzenfresser. Sie unterscheiden sich in der Größe. Für die Umweltwirkung
wichtig ist die Winternahrung. Die heimische Wasserratte ist klein und frißt im
Sommer Pflanzenteile oberhalb vom Wasserspiegel, die nachwachsen; im Winter
lebt sie abseits vom Wasser unterirdisch mit Gängen ähnlich einem Maulwurf
und schädigt dann durch Wurzelfraß (besonders bei Apfelbäumen, die dann
eingehen). Der nordamerikanische Bisam geht auf ausgesetzte Pelzfarmtiere
zurück, er frißt Unterwasserpflanzen, die im Sommer  nachwachsen; im Winter
taucht er nach den nährstoffreichen Triebspitzen, so daß diese Pflanzen
absterben, außerdem sammelt er Großmuscheln (Ansammlung der Schalen an
den Fraßplätzen am Ufer. Der Bisam vernichtet damit Röhrichte (Teichrose wird
verschmäht: vgl. die Ruhr: FEY & MÜLLER 1998) und Muscheln. Mit seinen
Erdbauten unterhöhlt er Uferdämme und richtet so großen Schaden an. Seine
geringe Größe und die hohe Fortpflanzungsrate (bis 50 Junge je Jahr, die im
Herbst aus dem elterlichen Revier abwandern und sich ausbreiten) machen die
Verfolgung durch den Menschen wenig effektiv. Natürliche Feinde (wie Fischotter)
hat er praktische nicht. So ist er zu einer Plage geworden, Beispiel für die
Problematik von Aussetzungen fremder Arten. Der Südamerikanische Nutria ist
größer, frißt im Sommer vorwiegend an Land und verändert daher die
Ufervegetation nicht sehr, im Winter ist er auf Zufütterungen der Bevölkerung
angewiesen (Beispiel Ruhraue bei Mülheim). Bisam weicht dem Nutria aus, hier
können daher Tauchblattpflanzen zwischen den Teichrosen aufkommen. Der
stattliche Biber hat paarweise relativ große Reviere, so daß die Sommernahrung
(Wasserpflanzen) regenerieren kann. Im Winter lebt er von der Rinde von
Weidenästen, die er unter Wasser vor seinem Bau frischhält. Diese Zweige
wachsen im nächsten Jahr nach (nachhaltige Nutzung im Gegensatz zum Bisam).
Wenn er Waldbäche mit Dämmen anstaut, schafft er sich seinen Lebensraum
selbst. Bei seiner Größe, dem attraktiven Pelz u.a. kann er (anders als der Bisam)
dem Menschen nicht ausweichen und ist auf den Artenschutz angewiesen. Dank
dieses Schutzes hat er neuerdings viele Gegenden in Deutschland (Bayern,
Brandenburg) wieder besiedeln können.
Vögel am Parkteich etc. und die Auswirkung von Brotfütterungen.
Förderung von Fischfressern an der Ruhr (FEY & MÜLLER 1998) durch
Artenschutz
und
Fischbesatz
(Nahrungsangebot:
Kormoran)
und
Vogelschutzgebiete
(Brutraum:
Graureiherkolonie
bei
Essen-Heisingen,
Haubentaucher), damit gute Beobachtungsmöglichkeiten zum Nahrungs-,
Brutverhalten.
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 52
Tierkunde in der Jahrgangsstufe 7.1 (Reptilien, Amphibien, Fische)
 Schmuckschildkröte als Beispiel für ein Reptil: häuiger im Ballungsraum als
Eidechsen, beim Sonnen gut zu beobachten, im Aquarium ist die Angepaßtheit an
das Wasserleben (bei einem evolutiv alten Bauplan) gut zu studieren, Haltung als
pflegerische Aufgabe, Problem der Aussetzung bei einer langlebigen Art, die sich
aber nicht vermehrt und in ihren ökologischen Auswirkungen nicht zu beurteilen
ist; Steuerung durch Ausfuhrverbote, Ausweichen auf ähnliche Arten, jetzt aber
teuer: Die Entwicklung bleibt abzuwarten (vgl. SCHMIDT et al. 1999).
 Karpfen als Analogon mit Vermehrung in speziellen Zuchtteichen seit dem
Mittelalter.
 Hecht als Art, die an eine Unterwasserstruktur gebunden ist, die vielfach der
Gewässereutrophierung zum Opfer gefallen ist. Der Hecht ist die einzige Fischart,
die sich selbst reguliert (größere Hechte fressen die kleineren, wenn sie ihnen vor
das Maul schwimmen), so daß Besatz den Strukturmangel nicht ausgleichen
kann.
Ökologie in der Jahrgangsstufe 8
ÖKOSYSTEM STADTPARKTEICH
_
Vertritt
Ufervegetation
Kleintierwelt
Bootfahren u.ä.
Entenfüttern
+
Stockentenmassierung
+
Fischschwärme
hoher sozialer Streß,
geringer Bruterfolg
wie Frösche, Libellen
_
_
Fischbesatz
Schmutzwassereinleitung *
Düngung
Keimbelastung *
Faulstoffe
Fontäne
Frischwassereinspeisung
Belüftung Tiefe
Pflanzenaufwuchs
mit hoher Filtrierleistung
große Planktontiere
wie Wasserflöhe (Daphnia),
die Hochleistungsfiltrierer
+
+
"WASSERBLÜTEN"
Sichttiefe nur 20-50 cm
Massierung Cyanobakterien
mit Wasservergiftung
Verarmung des Planktons
Hypolimnion
Wasserfall
Gefahr von
Fischsterben
_
oft schon ab 1-2 m,
Abbauüberlast
Faulschlamm
O²-Schwund
_
Bodentiere
Epilimnion
tags:
Überproduktion
pH 8
10-11
O²-Übersättigung
Aufwuchsschmier
im Flachwasserbereich
Abb. ##: Beziehungsgefüge im Ökosystem Stadtparkteich
: unterdrückte Organismengruppen; fett umrahmt: begünstigte Phänomene
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Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 53

Ökosystem Stadtparkteich. Einstieg z.B. mit den Entenmassierungen durch
Fütterungen, mit dem hohen Fischbestand oder mit dem Fehlen von Röhrichten
bei anhaltenden Wasserblüten. Ein Ziel ist es, den Zusammenhang von
Entenfüttern (und Fischbesatz) mit den anhaltenden Wasserblüten verständlich
zu machen, so daß z.B. Fütterungsverbote am Stadtparkteich rational begründet
und in Handeln umgesetzt werden können.
Ein detailliertes Kurskonzept für die SI ist dem Handbuch BU SI zu entnehmen
(SCHMIDT mit ESCHENHAGEN 1991, vgl. Abb. ## sowie SCHMIDT 1991, 1992, 1995,
SCHMIDT & BARTHOLD 1989, SCHMIDT & RUDOLPH 1989, SCHUHMACHER & THIESMEIER
1991) Es gliedert sich in:
1. Einführung und Biotoperkundung
2. Ufervegetation, Schlüsselfaktoren: Vertritt (z.B. Hunde);
Verbiß durch Enten (maßgeblich bei Enten-Massierungen durch Fütterungen)
3. Ökologische Nische bei Wasserinsekten (dazu Metamorphose und Bezug zum
Menschen am Beispiel der Stechmücke, auch Bekämpfung in der Gießtonne)
4. Biologische Abfallverwertung im Ökosystem und Kreislauf der Stoffe
5. Plankton und der Lebensbereich des freien Wassers
6. Ökosystemanalyse: Die Rolle der Fische und Wasserblüten (Eutrophierung durch
kurzgeschlossenen Kreislauf, Nährstofflift, Vernichtung der effektiven Filtrierer),
der Stadtparkteich als urbanes Ökosystem, Möglichkeiten und Grenzen der
Sanierung.
Umwelterziehung im Ökologiekurs der Gymnasialen Oberstufe: Sie sollte von einer
ganzheitlichen Ökosystemanalyse am praktischen Beispiel ausgehen. Der angestrebte
Alltags- und Praxisbezug erfordert dabei ein ökologisches Art- und Ökosystemkonzept
(Nischenkonzept), das Einwirkungen des Menschen integriert, damit Alternativen wie
Natur : Kultur auflöst (vgl. GÄRTNER & HOEBEL-MÄVERS 1991, GERHARDT-DIRCKSEN &
FEY 1994, GERHARDT-DIRCKSEN & SCHMIDT 1991), sich der Dialektik von Individualität
eines jeden Ökosystems und dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit der
Naturwissenschaft stellt und so den Belangen der Anwender (im Naturschutz) näher
steht als den gängigen Theoriemodellen der "reinen" Ökologie. Didaktisch stellt sich
die Frage nach der Wahl des praktischen Beispiels (Kompartimentkonzept) und der
Methodik der Erarbeitung. Dieses konkrete, lokale Beispiel sollte exemplarisch zu
regionalen und globalen Problemen (wie Belastungen durch Emissionen, Abwasser,
Gewinnung von Trinkwasser und Energie, Gewässerverschmutzung/ -eutrophierung
und Waldsterben bzw. Ozonloch/ UV-Belastung und Treibhauseffekt) überleiten. Zur
Konkretisierung am Beispiel „Ökosystem Stadtbach“ vgl. FEY (1996), zu weiteren
Möglichkeiten, auch im Ballungsraum praktisch anschaulich zu arbeiten vgl. z.B.
BAYRHUBER et al. (1998), FEY & MÜLLER (1998), SCHMIDT (1996).
4.8.5.7 Arbeitsweisen im BU zur Umwelterziehung
Umwelterziehung in diesem Sinne muß also im Freiland beginnen (BAYRHUBER et al.
1998, BECK 1984, ENTRICH & STAECK 1988, HEDEWIG & KNOLL 1986), an Biotopen im
Freilandlabor oder auf dem Schulgelände vertiefen (KLOEHN & ZACHARIAS 1984, PROBST
& SCHAUSER 1994) und mit dem praktischen Arbeiten im Kursraum (einschließlich der
Systemsimulation z.B. in passend eingestellten Aquarien) anschließen (z.B. FEY 1996).
Bei der Geländearbeit kann der Lehrer selbst schnell in Konflikt mit den Gesetzen
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Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 54
geraten, sind doch inzwischen Röhrichte und Verlandungsbereiche generell geschütze
Biotope, viele Tierarten (wie die meisten Tagfalter, die Wildbienen, die Großlaufkäfer
alle Libellen) besonders geschützt und dürfen nicht gefangen oder gestört werden (vgl.
SCHMIDT in BAYRHUBER u.a. 1994). Das stille Beobachten (mit passender optischer
Ausstattung) erhält damit wieder einen hohen Stellenwert (vgl. WESENBERG-LUND 1943,
Einleitung), die Fähigkeit dafür ist aber vielfach verloren gegangen (vgl. JUNGE 1885,
SCHMITT o.J.). Das Beachten auch nur gelegentlicher Eingriffe des Menschen und
seiner Folgen und die Bioindikation dafür müssen entwickelt werden (SCHMIDT, 1996,
im Druck). Die Ökologiedidaktik hat hier ein weites, dringliches Arbeitsfeld, wir in
Essen sind dabei!
4.8.5.8 Konsequenzen für die Lehramtsausbildung
Eine derartige praktische Kursarbeit erfordert jedoch ein fundiertes Wissen, vertieftes
ökologisches Verständnis und breite Felderfahrung des Lehrers, sie leidet daher unter
Defiziten in der Lehreraus- und -fortbildung (z.B. zur Ökologie im Fach Biologie, die
Pflichtbereich im Hauptstudium sein müßte). Das kann am Beispiel der
Lehrerausbildung in der Ökologie in Essen dargestellt werden (zu Fallbeispielen der
universitären Umweltbildung/ -erziehung in Bremen, Kassel, Halle-Wittenberg, ErfurtMülhausen, Dortmund, Potsdam, Rostock und am Zentrum für Umweltstudien in Kiel
vgl. ENTRICH u.a. 1995 sowie HEDEWIG 1985).
Damit stellt sich die dringliche Forderung, daß Ökologie als Pflichtbereich
im Fach Biologie für alle Lehramtsstudiengänge in allen Bundesländern (auch in
Nordrhein-Westfalen) zu sichern ist. Verbände (wie die Deutsche Gesellschaft für
Umwelterziehung e.V., DGU, oder der Verband Deutscher Biologen, VDBiol) sollten
dazu ihren Einfluß nutzen.
4.8.5.9 Fazit:
Die Grundsätze zur Umweltbildung sind angemessen diskutiert. Es gilt, nicht nur die
Bereitschaft der Menschen zum vernünftigen Umgang mit unserer Welt zu wecken
und zu stärken, sondern ein breiteres Umweltwissen als rationale Grundlage für die
Realisierung bereitzustellen. Schule muß (gerade auch in der gymnasialen Oberstufe)
die natürliche Ordnung im Ökosystem und die Reaktion auf typische menschliche
Einwirkungen an einem passenden, konkreten Beispiel praktisch erarbeiten, dann
erst die regionalen und globalen Probleme herleiten. Ein derartiges ÖkosystemVerständnis erfordert ein Umdenken in der Theorie vom Ökosystem und die
Verbindung zur angewandten Ökologie (insbesondere im Naturschutz). Die Beispiele
sind so zu wählen, daß über die praktische Arbeit auch das Erleben (eher nebenbei)
mit eingebracht ist und daß aus der Fragestellung und aus der Arbeit heraus
Verantwortungsbewußtsein (Umweltethik) und die Umsetzung zum Besseren
(Umweltmoral) gefördert werden. Optimierung der Umweltbildung bedeutet so eine
Herausforderung an die Fachdidaktik, aber auch an die Lehreraus- und Fortbildung.
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
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4.8.6 Didaktische Nachbesinnung
Die vorangehende Diskussion wurde aus der Sicht des Biologiedidaktikers, speziell
des Ökologiedidaktikers geführt, also aus der Frage heraus: Wie können wir die Natur
vor dem ungezügelten Zugriff mancher Menschen retten und damit zugleich unsere
Lebensqualität erhalten. Spezifisch biologisch ist dabei die Frage nach den
Schlüsselfaktoren der ökologischen Nische von Arten und damit nach ihrer
Betroffenheit von Eingriffen des Menschen, aber auch nach Ansatzmöglichkeiten für
ihre Erhaltung. Das führt zu der Einbettung in ihren Lebensraum, also der
Vernetzung im Ökosystem und damit zu den entsprechenden Fragen auf der
systemaren Ebene. Das ist die rationale Ebene der Umweltschutzdiskussion
(Diakritik).
Umweltschutzmaßnahmen bedeuten Verzicht auf Nutzungen (einschließlich der
billigen Entsorgung) oder auf Bequemlichkeit/ Annehmlichkeiten. Dazu müssen die
Begünstigten bewegt werden.
Damit ergab sich für die Umwelterziehung zwangläufig die Schrittfolge "Natur/
Umwelt erleben/ erfahren"  "Natur/ Umwelt erkennen" (Wissen über Elemente)
 "Natur/ Umwelt verstehen" (als Verstehen von Zusammenhängen/
Vernetzungen/ Verletzlichkeiten; für die Praxis reichen dabei gesicherte "Wenn 
Dann"-Beziehungen der Anwender)"  "Wertschätzung" einer intakten Natur/
Umwelt
(Umweltethik)

"Entrüstung/
Betroffenheit
bei
Verletzung
(Umweltmoral)"  "Handlungsbereitschaft".
Zu bedenken ist bei dieser Schrittfolge, daß Natur-Erleben, -Erkennen und
- Verstehen in der Praxis selbst Umweltnutzungen sind, die mit den Zielen kollidieren
können (z.B. beim Spielen auf der Wiese, beim Lagerfeuer im Wald oder am See; bei
Vegetationsaufnahmen mit Vertrittschäden oder beim Fang von Wassertieren) und
dementsprechend auf Umweltverträglichkeit überprüft werden müssen. Das gilt auch
für Aktionismus bei der Jugendarbeit von Naturschutzverbänden (z.B. bei der
Erlebnisbiologie am Bach, wenn ein Kindertrupp mit Küchensieben in den Bach
geschickt wird, um – ohne Rücksicht z.B. auf Artenschutz- oder Fischereirecht – alles
zu fangen, dessen sie habhaft werden können, oder beim Umgang mit den
Naturobjekten auf manchen Hochschulexkursionen.
Mit dem Problem der Nutzung von Natur als Abenteuer-Spielplatz waren wir auch
am Uniteich Essen konfrontiert. Kinder aus der Umgebung wollten hier Fische oder
Molchlarven fangen, Rabauken auch Frösche speeren. Gutes Zureden half nichts,
Verscheuchen auch nicht. So wurde (von cand.paed. Anke JÜRGENS in Kooperation mit
der Wiss. Mitarbeiterin Karin BLOMENKAMP) versucht, die Kinder durch Faszination des
Lebendigen zum pfleglichen Umgang mit dem Teich zu bekehren. Wöchentlich wurde
eine praktische Einführung in Organismen am Teich (von Wasserasseln bis zu
Eintagsfliegenlarven) angeboten und von den Kindern gern angenommen: Der Teich
blieb nun von den Belastungen verschont. Die Stadt Essen honorierte das Projekt mit
dem Umweltpreis 1997. Erfahren schließt ja auch immer Erleben mit ein und bringt
daher mehr.
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Zu bedenken ist auch, daß Kultur immer auch auf den Sachverstand und seine
Umsetzung zu einer nachhaltigen Nutzung begründet ist (Ackerbau-, Forst-,
Siedlungs-, Wohn-, Gartenbau-Kultur). Auch Kinder haben in diesem Sinne in der
Regel zu Hause ihre Verantwortungsbereiche in ihrem Umfeld, die sie "in Ordnung
halten" müssen. Das Prinzip ist also nicht neu für die Umwelterziehung. Es werden
jedoch in der Praxis heute die Verantwortungsbereiche oft extrem eingeengt (bei dem
o.g. Rasenbeispiel z.B. auf den Pflegeaufwand).
Bei den Entenfütterungen am Stadtparkteich (oder den Taubenfütterunngen in
der Innenstadt) hängen die Massierungen von dem beständigen Mindestangebot ab.
Dieses sichern Menschen, die aus freien Stücken Verantwortung für "ihre" Enten
übernommen haben, die extra für die Enten Toastbrot kaufen und Tag für Tag bei
Wind und Wetter ihre Enten füttern (und von deren Zuwendung "belohnt" werden).
Die Massenfütterungen bei schönem Wetter am Wochenende sind dagegen für die
Entenmassierung unerheblich und eher eine mißliche Altbrotentsorgung im Park. Das
Verantwortungsbewußtsein der Entenfütterer ist aber auf die Enten focussiert, die
Auswirkungen schon auf das Sozialverhalten ("Massenvergewaltigungen") oder auf den
Teich (Wasserblüten mit Ausfall der Ufervegetation und ihrer artenreichen Tierwelt,
z.B. der Frösche und Libellen) werden nicht gesehen oder einfach verdrängt. Das
erinnert an einen Zoologischen Garten, der auch allein auf die Haltung (heute auch
auf „Nachzucht“) von attraktiven Großtieren optimiert wird und als Biotop ruiniert ist
(vgl. die Menschenaffenkäfige mit mechanisch hoch belastbarer „Möblierung“ aus
Stahl und Kunststoff als Habitatstruktur). Parkteiche locken denn auch Zooflüchtlinge
(z.B. exotische Entenarten) an.
Umwelterziehung
muß
also
Verantwortungsbewußsein
mit
Handlungsbereitschaft nicht erst wecken, sondern den Verantwortungsbereich aus
dem zivilisatorischen Umfeld auf das  natürliche ausweiten. Das erfordert beim
Umweltschutz das Bewußtsein für die Notwendigkeit stark von Nutzungen veränderter
Bereiche (wie die Innenstadt), den Sinn für praktikable Kompromisse und die
Anstrengungen, den anderen Nutzern die Notwendigkeit von Einschränkungen für den
Umweltschutz plausibel zu machen. Das gilt nicht nur für Umweltschäden, die direkt
auf den Menschen zurückfallen (wie Gifte im Abgas oder im Abwasser), sondern auch
für die „intakte“ Natur.
Sie muß aber (zumindest an ausgewählten Stellen) erfahrbar bleiben, denn
Naturerlebnis gehört sehr wohl zu den Grundbedürfnissen vieler Menschen, wie
unschwer in den Naherholungsgebieten der Ballungsräume oder in den
Urlaubsgebieten an der See oder in den Bergen zu sehen ist (vgl. BAYRHUBER et al.
1998). Das Naturerlebnis ist aber von Mensch zu Mensch unterschiedlich zu
befriedigen. Wie haben sehr wohl die Naturfreunde, die dabei Natur
verantwortungsvoll verstehen wollen, aber auch ein breites Spektrum bis hin zum
selbstbezogenen Körpererlebnis in der Naturkulisse (wie beim Rollschuhläufer oder
Jogger am Baldeneysee, die beim Laufen ganz der Ohrstöpsel-Beschallung hingegeben
sind, oder bei den Surfern am Seeufer, die sich ganz auf die Beherrschung ihres
Geräts konzentrieren und nicht spüren, wann sie die Ufervegetation erschlagen oder
zerfahren oder Wasservögel verscheuchen).
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Umwelterziehung ist also maßgeblich ein soziologisches Phänomen, es verlangt
von den Biologen/ Ökologen daher vertieft Einsicht in politische (i.w.S., nicht verkürzt
auf parteipolitische) Beziehungsgefüge, sie müssen ihrerseits vertieft die betroffenen
biologisch/ ökologischen Beziehungsgefüge verständlich machen. Hier ist noch viel zu
tun.
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auch als „Umwelt im Unterricht“). Aulis/ Deubner, Köln 1991.
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 60
SCHMIDT, E. & R.RUDOLPH: Paarungsverhalten der Stockenten. 16 mm Farbtonfilm 32 03988. FWU,
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(Hrsg. C. SCHMITT). Gartenverlag, Berlin-Kleinmachnow, 2. Aufl. 1952.
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C. SCHMITT). ###
SCHUHMACHER, H. & B.THIESMEIER (Hrsg.): Urbane Gewässer. Westarp, Essen 1991.
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München, 2. Aufl. 1991.
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ZABEL, E. (Leiter Autorenkollektiv): Nutzung und Schutz der Umwelt. Volk & Wissen, Berlin, 4.Aufl.
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Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 61
5. Methodik des Biologieunterrichts:
Die Unterrichts-Planung, Vor- und Nachbereitung
für die Schulpraktischen Studien
5.1 Der Schüler als pädagogischer Faktor im BU
5.1.1 Allgemeine didaktische Grundlagen
Schule dient vordergründig der Vermittlung von (abprüfbarem) Wissen und von
Fertigkeiten (im Sinne der biologischen Arbeitsweisen), eigentlich aber der Bildung,
indem nach dem Prinzip des Exemplarischen elementare und fundamentale
Zusammenhänge anschauungsorientiert verständlich zu machen sind (Kap. 2, 4).
Hinzu kommen Erziehungsaufgaben (Kap. 2).
Allgemeiner didaktischer Hintergrund: Für die konkrete Gestaltung des Unterrichts,
der diese Ziele erfüllen soll, muß zunächst allgemein die entwicklungs-, lern- und
bildungspsychologische Grundsituation berücksichtigt werden. Bezugswissenschaften
für allgemeine Kriterien der Altersgruppe sind die Entwicklungs- und
Jugendpsychologie, für die pädagogische Grundsituation ist es die Schulpädagogik,
für die besonderen Bedingungen des Schülerkollektivs (z.B. nach dem Einzugsgebiet)
ist es die Soziologie. Die Grundlagen dafür sollte der erziehungswissenschaftliche
Studienanteil vermitteln. Er wird durch den pädagogischen Teil der Ausbildung am
Studienseminar ergänzt.
Hinzu kommen für das jeweilige Schulfach die Aussagen der Allgemeinen
Biologiedidaktik (Kap. 2/3) und der empirischen Lehr-/ Lernforschung (Kap.##) sowie
die Prinzipien der Speziellen Biologiedidaktik, insbesondere die Theorie der
Didaktischen Rekonstruktion (Kap. 4).
Zu bedenken ist dabei jedoch, daß in manche Aussagen dieser akademischen
Grundlagen-Disziplinen die Zeitströmung und das entsprechende Menschenbild
eingehen, so daß die Allgemeingültigkeit eingeschränkt ist und Alternativen
gleichwertig sein können. Ein Beispiel dafür sind die unterschiedlichen Auffassungen
über den Anteil der genetischen Fixierung des Menschen und damit über die Felder
und Bandbreite pädagogischer Einwirkungsmöglichkeiten (Behaviorismus als Beispiel
für die Annahme einer geringen genetischen Fixierung, also einer überragenden
Bedeutung der Erziehung und Schulung).
Allgemeine Pädagogische Grundfragen für das Unterrichten. Für die
Unterrichtsgestaltung sind die folgenden pädagogischen Grundfragen zu klären (nach
ELLENBERGER 1993):
 Disziplin: Wie bringe ich die Schüler zur Aufmerksamkeit für den Unterricht?
 Motivation: Wie interessiere ich den Schüler für den Unterricht und für das
konkrete Thema?
 Wie erfahre ich die Schülerinteressen, ihr Vor-Wissen und ihre Vor-Urteile?
(Vgl. Kap. 1.5).
 Stimulation/ Faszination: Wie bringe ich die Schüler zur aktiven und möglichst
kreativen Mitarbeit?
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 62
 Lehr-Ökonomie/ Effektivität: Wie ist mit angemessenem Aufwand ein nachhaltiger
Lernerfolg, das angestrebte Verständnis von Zusammenhängen bzw. die
Änderung von Einstellungen zu erreichen?
 Benotung: Wie erkenne und bewerte ich individuell die so geförderten Fähigkeiten
und Leistungen (im Einklang mit den vorstehenden Fragen)?
5.1.2 Konkretisierung für die individuelle Unterrichtssituation:
Diese Kollektivaussagen zur allgemeinen pädagogischen Situation für den Lehrer und
Erzieher müssen aber auf die konkrete und individuelle Unterrichtssituation, auf den
konkreten Einzelfall bezogen werden. Dafür helfen die allgemeinen oder statistischen
Aussagen der Erziehungswissenschaften und der empirischen Lehr-/ Lernforschung
mit ihren Kollektivaussagen wenig, der konkrete Einzelfall kann völlig anders
aussehen.
Es müssen also die Bedingungen der konkreten Lernsituation einbezogen
werden. Dazu gehören die Art, die Ausstattung, das Klima der betreffenden Schule.
Das Schulumfeld ist hinsichtlich der außerschulischen Lernorte, der Möglichkeiten
für individuelle Schülerarbeiten (innere Differenzierung) und der Materialbeschaffung
ständig zu erkunden (vgl. JUNGE 1885).
Besonders wichtig für die Effektivität des Unterrichts ist die Erkundung und
Berücksichtigung der individuellen Situation der Schüler, das Milieu, aus dem sie
kommen, ihre Charaktere, ihre Position in der Hierachie der Klasse, das
Beziehungsgeflecht in der Klasse, die Gruppenstruktur und Dynamik der Klasse.
Dabei steht der (Biologie-) Lehrer vor dem Problem, daß er den einzelnen Schüler aus
dem Unterricht kaum als Person/ Individuum gut genug kennen lernen kann. Im
Einzelnen verweise ich auf die erziehungswissenschaftliche Ausbildung im
schulpraktischen Kontext, also im Studienseminar während des Referendariats.
In diese Analysen muß aber auch die ganz persönliche Konstellation des Lehrers
selbst eingehen, er ist eng verwoben mit dem Beziehungsgeflecht unter den Schülern.
Die persönliche Ausstrahlung des Lehrers kann wesentlich die Motivation und das
Interesse am Unterricht beeinflussen, durchaus methodische Stärken oder Schwächen
kompensieren oder kumulieren. Besondere Zuwendung (oder sogar Sympathie) zu
einzelnen Schülern bzw. Benacheiligung (bis Antipathie) einzelner Schüler sind
dagegen schädlich für die Lernsituation. Objektivität (im Sinne von „jeden Schüler
gleichermaßen als Persönlichkeit achten“) und klare Grenzen für nach außen hin
erkennbare persönliche Zu- oder Abwendung sind strikt zu beachten. In jedem Falle
muß der Lehrer dabei zu einem ganz persönlichen, auf die eigenen Stärken und
Schwächen abgestimmten Profil kommen; von einer vorbehaltlosen Anpassung an
gängige Schemata und Normvorstellungen ist abzuraten. Zu Details wird hier wieder
auf das erziehungswissenschaftliche Studium und auf die entsprechenden Anteile in
der 2. Phase (Referendariat) verwiesen. Die Schulpraktischen Studien sollten auch als
Gelegenheit zu einer kritischen Selbstprüfung genutzt werden.
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 63
Literatur:
ELLENBERGER, W. (Hrsg.): Ganzheitlich-kritischer Biologieunterricht. Für das Leben lernen. Cornelsen,
Berlin 1993.
JUNGE, F.: Der Dorfteich als Lebensgemeinschaft. Lipsius & Tischer, Kiel 1885. Nachdruck der 3.Aufl.
von 1907 [m. Einf. d. Hrsg. W.RIEDEL & G.TROMMER u. Vorwort v. W.JANßEN] bei Lühr & Dircks,
St. Peter-Ording 1985)
5.2 Die Unterrichtsvorbereitung
Bei der Planung von Unterrichtseinheiten wird zwischen dem Inhalt einer
Unterrichtsstunde (vgl. Kap. 4##: didaktische Rekonstruktion) und den
methodischen Parametern (methodische Analyse im Sinne der Gestaltung der
Unterrichtsstunden) unterschieden. Die Grundsätze dazu sind bereits im Kap. ##
geklärt worden. Dazu gehört auch das Schema einer Stundengliederung.
Das Schema für Lehrproben-Stunden während der Schulpraktischen Studien
und des Referendariats variiert von Hochschule zu Hochschule bzw. von (Studien-)
Seminar zu (Studien-) Seminar. Zu beachten ist dabei, daß der Lehrproben-Entwurf
primär der Information des Fachleiters und der anderen Gäste (andere Kommilitonen/
Referendare) dient und vor allem die didaktische Reflexion und Intention deutlich
machen soll. Dann ist er aber nicht gut als Grundlage für das Unterrichten selbst
geeignet!
Wichtige Stichpunkte eines Lehrproben-Entwurfes sind:
. Kopf mit Angabe der Schule und Klasse, des Fachlehrers und Fachleiters, der
Uhrzeit und des Themas der Lehrprobenstunde,
 Stellung in der Klasse (wie gut ist sie bekannt, Umfang eigenen Unterrichts in der
Klasse, ggf. Mentor/in),
 Anmerkungen „zur Klasse“ (z.B. Einzugsgebiet, ggf. besondere soziale Struktur,
Charakteristik einiger bestimmender Schüler/ -gruppierungen, Leistungsprofil),
 Anmerkungen „zum Thema“ mit Einbettung der Lehrprobe in die
Unterrichtseinheit, Vorwissen, ggf. Lücken.
 Zielsetzung, Richtlinienbezug.
 Didaktische Rekonstruktion (gesondert Sachanalyse, falls üblich).
 Literatur dazu.
 Methodische Analyse, insbesondere
 Gliederung/ Verlaufsplan der Stunde (z.B. in Tabellenform)
mit Zeitstaffel: reale Uhrzeit des Tages
und dazu relativer Zeitanteil der Unterrichtsstunde (Zählung von 0 bis 45 min),
 Unterrichtsphasen, dazu die jeweilige
Unterrichtsform/ Arbeitsweise/Medieneinsatz/ Zielbezug,
 zumindest im Plan für das eigene Unterrichten sollten die Schlüsselfragen/
Arbeitsaufträge für die einzelnen Unterrichtsphasen wörtlich formuliert sein:
nur so braucht man nicht um Worte in der Belastungssituation zu ringen!
 geplante Biologische Arbeitsweisen mit genauer Spezifizierung (entsprechend
dem Schema für Schulversuche auf gesonderten, immer wieder verwendbaren
Bögen: Kap. 3),
 geplanter Medieneinsatz (mit genauer Liste),
 geplante(s) Tafelbild(er),
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Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 64
 geplante Hausaufgaben
 Auflistung der Arbeits-/ Anschauungsmittel, Geräte etc.
Es ist unbedingt anzuraten, gegen Ende der Unterrichtsstunde noch einen
fakultativen „Posten“ einzusetzen, der je nach der noch verfügbaren Zeit angefügt oder
auch ohne Problem weggelassen werden kann. So befreit man sich von übermäßigem
Zeitdruck und kann flexibel auf Schülereingaben reagieren.
Unterrichtsplan: Der Unterrichtsplan ist das Gerüst für das Unterrichten selbst. Er
unterscheidet sich vom o.g. (eher schematischen) Verlaufsplan dadurch, daß er (wie
ein Souffleur) eine Stütze beim Unterrichten selbst sein soll, ohne daß sie vom Schüler
bemerkt wird. Er muß also übersichtlich und so geschrieben sein, daß er im
Vorübergehen kontrolliert werden kann. Die Tabellenform (Tab. ##) ist dafür wegen
der Leerspalten ungünstig.
Tab. ## a: Gliederung des Stundenverlaufsplans in Tabellenform
Datum:................Stunde:................... Anwesende Schüler: ... Jungen ... Mädchen ..
Stundenthema: ................................................................................................................
Uhr- min Unterthema Form der
Lehrer- Geräte & Tafelbild/ Schüler- Bemerkg.
zeit relativ
Darbietung/ aktivität Medien
-arbeit aktivität
real T t
Arbeitsweise
Tab. ## b: Vereinfachte Gliederung des Stundenverlaufsplans in Tabellenform
(EKR 1993: 165)
1
2
3
4
5
Zeit
Unterrichtsgeplantes
geplantes
Methoden
phasen
Lehrerverhalten Schülerverhalten
& Medien
Das Zeitraster gibt eine lineare Anordnung für den Unterrichtsplan vor. Die
verschiedenen Dimensionen können durch Einrücken bzw. farbige Markierung
abgehoben werden. Der Unterrichtsplan kann dann als „Souffleur“ dienen, indem er
(vorn abgelegt) beim Vorbeigehen unauffällig für die Schüler auf die aktuellen
Stichworte hin überprüft werden kann oder ob etwa etwas vergessen worden ist und
wie man jeweils im Zeitplan liegt.
Schlüsselsätze (Einleitung neuer Unterrichtsabschnitte) und Tafelbild sind
sorgfältig wörtlich vorzuformulieren und gut lesbar gesondert zu notieren.
Benötigte Materialien sind gesondert aufzulisten und an Hand dieser Liste vor
Stundenbeginn auf Verfügbarkeit sorgfältig zu kontrollieren (es ist äußerst peinlich,
wenn bei einem Versuch eine Verzögerung auftritt, weil man z.B. vergessen hat, die
Wasserstrahlpumpe bereitzustellen, sie erst im Labor suchen muß, eventuell sogar
vergeblich, weil sie gerade ein anderer Kollege benutzt).
Bei der Stundenplanung ist ein Kompromiß zwischen starrer Planvorgabe, die
abzuarbeiten ist, und Freiheit für Schüleranregungen zu suchen. Am besten fährt
man, wenn man einige Fixpunkte setzt, für den Weg dahin eine Lösung plant, aber
offen ist für eine sich spontan aus der Klasse heraus ergebenden Alternative.
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 65
Stundenbeispiele:
Die didaktischen Überlegungen zu einer Stunde „Einführung Vogelzug
Jahrgangsstufe 6 wurden in Kap. ## gegeben. Hier werden sie in das Schema einer
Einzelstunde umgesetzt:
######## ist noch nachzutragen ######
Wichtig ist das Stichwort Langzeit-Vorbereitung. Von langer Hand vorzubereiten
sind:
 Ausbau der Schulsammlung (einschließlich Film-, Diaarchiv),
 Aufbau einer privaten Handbibliothek, insbesondere von Loseblattsammlungen (z.B.
als Experimentalkartei), da die in der Schule bereitstehenden oft in der
Anordnung vertauscht sind und auch Lücken aufweisen,
 Anlage einer Sammlung von Folien und Arbeitsbögen (käufliche teuer und meistens
unzureichend)
 Aufbau einer privaten Bildsammlung (z.B. Bilder aus Zeitschriften, Postkarten,
Kalenderbilder), ggf. auch als Archiv von Dias speziell für die eigenen
Unterrichtsreihen (insbesondere zu Freilandanteilen, z.B. von dem
Stadtparkteich, der im Ökologiekurs bearbeitet wird),
 Anlage einer Versuchs- und Arbeitskartei (ggf: in Verbindung mit käuflichen),
 Anlage einer Klausuraufgabensammlung (ggf: in Verbindung mit käuflichen),
 Vorbereitung der Einrichtungen für die Haltung von Versuchspflanzen und -tieren,
 ständige Kontrolle der Gebiete für die Geländearbeit mit Schülern.
Literatur:
WAGENER, A.: Biologie unterrichten. Ein fachdidaktisches Arbeitsbuch. Quelle & Meyer, Heidelberg 1992.
5.3 Die Unterrichtsdurchführung
Hinweise zur Unterrichtsdurchführung werden hier nicht spezifiziert (vgl. z.B.
WAGENER 1992). Hilfen dazu werden im B egleitseminar der Schulpraktischen Studien
und bei der Nachbesinnung dazu gegeben. Ansonsten sind sie Gegenstand der 2.
Ausbildungsphase (Referendariat). Die bestimmende Unterrichtsform ist das
entwickelnde Unterrichtsgespräch. Der Lehrer muß dabei Impulse setzen. Nur dazu
sollen Anregungen gegeben werden:
 „W-Fragen“: Impulse setzen heißt naiv Fragen-Stellen. Typisch sind es „W-Fragen“
(z.B. „Was“ frißt ..?, „W“arum verhält sich ..?, „Wie“ heißt ..?, „Wo“ lebt ..?, „Womit“
bewegt sich ..?). Diese Fragen sind keine intensive Aufforderung zur Mitarbeit und
daher zu vermeiden!
 „Aufträge statt W-Fragen“: Unbedingt zu bevorzugen ist daher die Formulierung als
Auftrag mit Aufforderungscharakter (z.B. „Nennt die Nahrung..!“, „Beschreibt das
Verhalten ..!“, ...). Die Aufträge müssen klar und eindeutig formuliert sein
(Vorformulierung im Stundenentwurf!) ist unerläßlich, sollen nicht trivial, nicht zu
einfach, nicht zu komplex sein.
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 66




Völlig verwerflich sind Fragen, die logisch mit z.B. „Ich“ oder „Ich nicht“ statt mit
der gewünschten Sachauskunft zu beantworten sind, z.B. „Wer kann eine Vogelart
benennen, die bei uns nur Wintergast ist?“ Schüler wissen zwar, was der Lehrer
gemeint hat, und antworten üblicherweise dementsprechend. Oft aber auch nur,
weil sie befürchten, daß bei sachlogisch richtiger Antwort des Schülers „ich“ viele
der Lehrer, die sich mit ihrer lässigen Sprache ertappt fühlen, sich am Schüler für
ihren eigenen Fehler rächen, nur weil sie zu Recht meinen, daß der Schüler ja in
Wahrheit weiß, was mit der sachlogisch falschen Frage in Wirklichkeit gemeint war,
der Schüler also mit der formal richtigen ( aber nicht hilfreichen) Antwort den
Lehrer nur provozieren will und das „bestraft“ werden sollte. Die Folge ist eine
Häufung sprachlicher Mängel beim Lehrer und damit auch bei den Schülern. Zu
einem derartigen Fehlverhalten sollte der Lehrer keinen Anlaß geben, und wenn es
ihm doch unterläuft, sollte er es gelassen korrigieren („Du hast formal recht mit
Deiner Antwort, nun nenne einen Wintergast!).
Sachlich verwerflich sind finale Fragen/ Aufträge, die nicht objektiv, sondern nur
intuitiv/ spekulativ (nicht naturwissenschaftlich) zu beantworten sind.
Aufträge sind stets an die ganze Klasse, nicht an einzelne Schüler zu richten (sonst
fühlen sich die anderen nicht angesprochen)!
Es ist auch darauf zu achten, daß die Lehrkraft nicht (ständig) Schülerantworten
wiederholt („Lehrer-Echo“), da die Schüler sonst darin die Bestätigung für richtige
Antworten sehen und nicht mehr selbst mit entscheiden.
Literatur:
WAGENER, A.: Biologie unterrichten. Ein fachdidaktisches Arbeitsbuch. Quelle & Meyer, Heidelberg 1992.
5.4 Nachbereitung/ Nachbesinnung
Wichtig ist es selbst für den erfahrenen Lehrer, jede Stunde zumindest kurz
nachzubereiten, darüber zu reflektieren. Am einfachsten ist es, in der
Vorbereitungsskizze zum geplanten Stundenverlauf anzumerken:
 Fehler, Versehen etc., die unbedingt abgestellt werden müssen,
 besondere Vorkommnisse, die eine (voraussichtlich einmalige) Änderung erforderten,
 unerwartete, wertvolle Anregungen von den Schülern, insbesondere solche, die auch
in Zukunft vorkommen können und daher als Planungsalternative vorgemerkt
werden sollten,
 Überlegungen zu einer Modifikation oder einer Alternative zu Stundengliederung,
Einstieg, Ablauf, die beim nächsten Durchgang erprobt werden sollte,
 Überlegungen zur Berücksichtigung anderer Objekte/ Medien, Arbeitsweisen,
Versuche etc.,
 Stichworte zu Punkten, die bei der nächsten Klausur berücksichtigt werden sollten.
Änderungen, die Standard-Elemente (wie Versuchsanleitung, Medien, Arbeitsbögen)
betreffen, sind dort zu vermerken, ggf. sind sie nach den Erfahrungen neu zu fassen.
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
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5.5 Benotung (statt Evaluation) als Lernerfolgskontrolle
Eine statistisch gesicherte Lernerfolgskontrolle (im Sinne der Test- und CurriculumTheorie ist im Schulalltag unbedeutend. Hier geht es um die Benotung der
individuellen Schülerleistung. Die Grenze zum Mangelhaften ist für die Versetzung
von besonderer Bedeutung und muß daher besonders gut begründet, sogar justitiabel
gesichert werden. Einen hohen Stellenwert hat auch die Notendifferenzierung von
"Gut" und "Sehr gut", die durch abgestuft anspruchsvolle Leistungsanforderungen zu
ermitteln ist.
Die Notenbestimmung kann vielfältig vorgenommen werden. Die Bewertung der
Mitarbeit im Unterricht läßt viele Zweifelsfälle (z.B. bei „stillen“ Schülern) offen, gerade
wenn der Lehrer die Klasse in der S I nur aus 2 Wochenstunden kennt (hilfreich ist
ein 2. Fach in der Klasse, möglichst ein Korrekturfach mit hoher Stundenzahl wie
Mathematik). Das punktuelle Abfragen von Wissen ist bei Lehrern beliebt, kostet aber
relativ viel Unterrichtszeit und ist mit Zufällen behaftet. Klausuren mit  freien
Antworten und Darstellungen ( informellen Tests, vgl. ZÖLLER 1973), experimentelle
oder Untersuchungsaufgaben, Sonderleistungen sichern die Benotungsbasis, machen
aber mehr Arbeit.
Einen Vorschlag zur Objektivierung durch ein Punkteverfahren lieferte HEMMER
(1979):
 Schriftliche Tests von etwa 20 min mit je 6 Punkten;
 zusammenhängende mündliche Reproduktions- und
Reorganisationsleistung:
zu unmittelbar vorausgegangenem Unterricht („Abhören“)
mit 1 Punkt bei zufriedenstellender, 0,5 Punkt bei mäßiger und
0 Punkten bei nicht ausreichender Leistung;
 besondere Leistungen im Unterrichtsgespräch:
(wesentliche weiterführende Impulse, gute
Transferleistungen,
problemlösendes Denken
mit 1 Punkt je Beitrag;
 freiwillige Hausarbeiten mit abgestuftem Punkteschlüssel;
 freiwillige Referate mit abgestuftem Punkteschlüssel;
 sonstige für den Unterricht wertvolle Leistungen
(wie Materialbeschaffung, Aquarienpflege);
Die Noten werden nach nach einem besonderen (z.B. geometrischen) Punkteschlüssel
ermittelt. Diese Punkteschlüssel lassen sich auch nach Binomial-Verteilungen
normieren (vgl. HÄFNER 1977). Punkteschlüssel und Noten sollten mit den Schülern
besprochen werden.
Beispiele für Bildtests zu morphologischen Kursthemen (wie Pflanzenanatomie,
abgestuft nach Realität wie bei Mikrofotos bzw. Abstraktion wie bei Schemata) mit
Formblättern für Auswertungsbögen, die die Vergleichbarkeit der Punktevergabe
sichern und zugleich den Lernerfolg mit erkennen lassen (vgl. SCHMIDT 1974) wurden
in der Vorlesung demonstriert. Muster für Abituraufgaben sind im Handel erhältlich,
den Richtlinien (wie bei denen für die gymnasiale Oberstufe NRW, vgl. auch die
Lehrstuhl Prof.em. Dr. rer. nat. Eberhard G. SCHMIDT Universität Essen, FB 9:
Grundvorlesung BIOLOGIEDIDAKTIK, Bearbeitungsstand vom 20.1.2001
Kap.4: Grundzüge Spezielle Biodid., Kap.5 Methodik BU: Schulpr.Studien
4 & 5 — 68
Materialien zur Leistungsbewertung dazu: Kap. ##), können Beispiele beigefügt sein
(vgl. auch LIEB 1981).
Literatur
HÄFNER, P.: Testmodelle zur objektivierten Leistungsmessung; MNU 30: 460-464 (1977).
HEMMER, H.: Ein Punktsystem zur Leistungsbewertung im Biologieunterricht der S I; MNU 32: 173-176
(1979).
KULTUSMINISTERIUM SH (Hrsg.): Lehrer messen Leistung. Möglichkeiten, Grenzen, Entwicklungen.
Kultusministerium, Kiel 1971.
LEICHT, W.: Lebende Objekte (Tiere) und Tonbildreihen im BU. Biol.didact. 6 (2): 5-37 (###).
LIEB, E.: BU & formale Bildung. Lassen sich die Anforderungen von Klausuraufgaben aus dem BU der
Leistungskurse mit den Anforderungen anderer Fächer vergleichen? PdB 30: 129-134, 224 (1981).
SCHMIDT, E.: Bilddeutungen als informelle Tests zu morphologisch/anatomischen Übungen. NiU 22 (2):
80-87 (1974).
TROST, G.: Als Meßinstrument unverzichtbar; „Multiple-Choice“ gewährleistet hohes Leistungsniveau.
Forschung & Lehre (Hochschulverband) 1995 (3): 153-155 (1995).
WUNDERLICH, P.: Non vitae sed scholae discimus; Faktenwissen und Denkvermögen. Forschung & Lehre
(Hochschulverband) 1995 (3): 156-157 (1995).
ZÖLLER, W.: Testähnliche Verfahren zur Ermittlung des Lehr- & Lernerfolges im BU. MNU 26: 501-506
(1973).
5.6 Unterricht außerhalb des Schulgebäudes (Exkursionen etc)
Der Unterricht außerhalb des Schulgebäudes erfordert besondere methodische
Vorkehrungen (vgl. z.B. FEY 1996 sowie KUHN 1975, HUNDT & KREßE 1969; vgl. auch
Kap. ## zum Arbeiten an außerschulischen Lernorten).
Sie fallen beim Unterrichtsgang in die nähere Umgebung innerhalb einer Stunde
oder Doppelstunde nicht besonders ins Gewicht, sie sind beachtlich schon bei einer
Tagesfahrt in einen Zoo oder ein Museum bzw. in eine entlegenere Landschaft
(Lehrwanderung in die Schulumgebung bzw. Lehrfahrt mit Anreise mit
Verkehrsmitteln bei ESSER 1969: 65 ff.). Bei auswärtiger Übernachtung und längerer
Dauer (Schullandheimaufenthalt, Klassenfahrt) ist eine besondere Vorbereitung
erforderlich (wie Absprache mit den Eltern, zwei Begleitpersonen unterschiedlichen
Geschlechts in der S I).
Literatur
ENTRICH, H. & STAECK, L. (Hrsg.): Außerschulisches biologisches Arbeiten im Brennpunkt der
fachdidaktischen Diskussion. Univ. Bremen, 1988.
ESSER, H.: Der Biologieunterricht. Handbuch der Realschulpädagogik. Schroedel, Hannover, 1969,
3.Aufl. 1978.
FEY, M.: Biologie am Bach. Praktische Limnologie für Schule und Naturschutz. Biologische Arbeitsbücher
48, Quelle & Meyer, Wiesbaden, 1996.
HUNDT, R. & E. KREßE: Biologie. Arbeitsgemeinschaften – Exkursionen. Anleitung zur inhaltlichen und
methodischen Gestaltung. Volk & Wissen, Berlin, 1969.
KUHN, W.: Methodik und Didaktik des Biologieunterrichts. List, München, 5. Aufl. 1975.
PAECH, A. & PETRI, R. (unter Mitarbeit von Bouchon, K., Kerl, H., Merkel, H. & Quack, H.):
Schulwanderungen im Oberharz. Ergebnisse aus der Arbeit der Niedersächsischen
Lehrerfortbildung Bd. 3. Schroedel, Hannover, 1965.
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