Exzerpt für Musik V1B1 Eva Winklehner Stimmbildung mit Kindern Literatur: Andreas Mohr: Stimmbildung mit Kindern (Vortrag bei der LohmannStiftung, Wiesbaden, 1996) Formatierungen: Paraphrasen „Zitate“ eigene Anmerkungen Seite Paraphrasen und Zitate eigene Anmerkungen 1-2 1. Physiologie der Kinderstimme Verschiedene Wachstumsphänomene haben Auswirkungen auf die Stimme eines Kindes. Das erste Phänomen ist das Größenverhältnis zwischen Kopf und Rumpf. Bei Neugeborenen findet man ein Verhältnis von 1 : 1, da jedoch denn der Rumpf wesentlich schneller wächst, beträgt dieses Verhältnis beim Erwachsenen 1 : 5-1 : 7. Auch die Veränderlichkeit des kindlichen Körpers vor der Pubertät hat Auswirkungen auf die Stimme, weil die notwendigen Organe und Muskulaturen wachsen. Ich finde es beeindruckend, wie viele Faktoren Einfluss auf die Entwicklung der Kinderstimme haben. Auch für meine Tätigkeit als Lehrerin finde ich es gut zu wissen, dass die Stimme des Kindes immer heller ist als jene eines Erwachsenen. „Alle für die Stimme notwendigen Organe und Muskulaturen wachsen relativ synchron.“ Die Größe und Verteilung der Resonanzräume sowie die Stimmfalten prägen die Stimme ebenfalls. In der Literatur wird hierfür häufig der Begriff „Timbre“ benützt. Die Kopfräume sind beim Kind dominant, daher ist die Stimme wesentlich heller als jede eines Erwachsenen. „Bedingt durch die vor der Mutation noch kürzeren und schlankeren Stimmfalten und den kleineren Kehlkopf wirken alle Register wie nach oben versetzt.“ 2-4 2. Umfang der Kinderstimme Es laufen schon lange Zeit Untersuchungen zum Umfang der Kinderstimme. Doch trotzdem findet man nicht wirklich brauchbares Material zu diesem Thema. Auch kompetente Stimmbildner und Wissenschaftler sind nicht einer Meinung. Fest steht, dass vom Geburtsschrei an der gesamte Stimmumfang vorgegeben und durch das Benützen trainiert wird. 1 Da die Kinderstimme durch das Benützen trainiert wird, finde ich es sehr wichtig, dass man auch als Lehrerin genügend Musikerziehung in den Unterricht einbaut. Exzerpt für Musik V1B1 Eva Winklehner Paul Nitsche spricht von einer sinnvoll benutzbaren Lage, die sogenannte „gute Lage“: 1-3 Jahre...............................g1-c2 3-6 Jahre...............................f1-e2 6-10 Jahre.............................c1-f1 ca. 10 Jahre bis Mutation......a-a2 4-6 3. Mutation Mutation der Mädchen: Da kaum Störungen in der Tonproduktion auftreten, wird von Mädchen die Mutation kaum wahrgenommen. Lediglich manchmal werden Phasen bemerkt, in denen sie heiser sind. Diese Phasen werden jedoch meist auf Erkältungskrankheiten zurückgeführt. Die Klangfarbe der Stimme verändert sich allerdings trotzdem. Sie wird körperbetonter und dunkler. Es ist aber nicht notwendig, während dieser Zeit stimmbildnerische Maßnahmen anzuwenden. Mutation der Knabenstimme: Bei den Knaben wächst der Kehlkopf sehr stark und die Stimmorgane wachsen völlig unkoordiniert. Daher ist während der Mutationszeit die Stimmgebung für längere Zeit gestört. „Im Gesamtverlauf der Knabenmutation lassen sich drei Phasen unterscheiden: die Praemutation, die Mutation (der eigentliche Stimmbruch) und die Postmutation. Praemutation: Die Praemutation dauert ca. ½ Jahr. Während dieser Zeit wird der Klang der Stimme dunkler. Mutation („Stimmbruch“): Die Dauer dieser Zeit ist sehr unterschiedlich. Höhere Töne sind dann kaum mehr möglich, nach unten findet man allerdings einen Zuwachs von ca. einer Oktave. Die „neue“ Männerstimme klingt rauer und belegter. Postmutation: „Die neu gewonnene Stimmlage stabilisiert sich langsam und gewinnt an Umfang.“ Bis zum Abschluss der Wachstumszeit vergehen ca. 2 bis 4 Jahre. Stimmbildnerische Maßnahmen während der Knabenmutation: In Knabenchören werden die Mutanten ein oder zwei Jahre vom Singen suspendiert und meist auch stimmbildnerisch nicht betreut. Die Stimme wird zwar auch beim Sprechen ziemlich beansprucht, allerdings gönnt man ihr immer wieder Zeit zur Entspannung. Diese Entspannung fehlt beim Singen. Daher ist diese 2 Mein Bruder befindet sich gerade im Stimmbruch und an diesem Beispiel kann ich live miterleben, wie sehr sich eine Knabenstimme im Vergleich zu einer Mädchenstimme verändert. Ich bin der Meinung, dass man Knaben während dieser Zeit nicht völlig vom Singen fernhalten muss. Alles sollte mit Maß und Ziel betrieben werden. Wenn ich jetzt an meine Mutationsphase zurückdenke, kann ich mich nicht daran erinnern, dass ich bemerkt hätte, dass sich an meiner Stimme etwas verändert. Exzerpt für Musik V1B1 Eva Winklehner Singpause sehr zu empfehlen. In der Postmutationsphase ist es dann an der Zeit, die neue Weite des Instruments kennen zu lernen. Optimal wäre eine Mischung aus Schonung und Forderung, Entspannung und Training. 7-10 4. Fähigkeiten der Kinderstimme Veranlagung: Das Kind beginnt bereits im Bauch der Mutter, die Stimmorgane zu trainieren. Bevor die Organe des Kehlkopfes zur Stimmbildung benützt werden, schützt der Kehlkopfverschluss die Lunge des Fötus vor dem Eindringen des Fruchtwassers. Der Geburtsschrei löst dann diesen Verschluss und die Organe sind zu diesem Zeitpunkt bereits bestens trainiert. Aus dem Lallen und Glucksen des Säuglings wird sich die Sprache entwickeln, aus dem Schreien und Jauchzen die Singstimme. „Mit dem Beginn des Singens wird eine neue Qualität der Anforderung an das Stimmorgan herangetragen: die zeitliche Fixierung von Muskelspannungen.“ Dies wird am besten trainiert durch das kindliche Tun, am Beginn jedoch in einem eingeschränkten Tonraum. Deshalb ist es wichtig, die ersten Singversuche nicht zu verhindern, sondern zu fördern! Zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr kann bereits der gesamte Tonraum der Stimme entdeckt werden. Auch das Singen in der Gemeinschaft ist sehr wichtig, da ansonsten das Zusammenwirken von Gehör, Gehirn und der Stimmfaltentätigkeit nicht genügend ausgeprägt wird, was Defizite in der Intonation nach sich zieht. Defizite: Defizite können sehr vielfältige Ursachen haben. Angeborene Missbildungen und psychische Defekte sind eher selten, chronische Erkrankungen der Atemwege kommen jedoch bei Kindern relativ häufig vor. Mangelnde Übung: „Es muß uns klar sein, daß die Kinderstimme nur in dem Bereich funktioniert, in dem sie erübt wurde.“ Falsche Vorbilder und schlechte Beispiele: Vorbilder, aber auch die Erwartungshaltungen von Erwachsenen haben großen Einfluss auf die Verbildung der Kinderstimme. Weiters darf man die Beeinflussung durch Fernsehsendungen nicht unterschätzen. 3 Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass sie meine ersten Singversuche stets gefördert und nie unterdrückt haben. Sie waren immer dazu bereit, mit mir gemeinsam Lieder zu singen. Auch ich halte es für sehr wichtig, Kinder von Anfang an zu fördern und zu unterstützen. Es ist von Bedeutung für mich zu erfahren, dass man sehr genau darauf achten muss, in welchen Tonlagen man sich mit Kindern bewegt, und welche man vermeiden sollte. Außerdem finde ich es erschreckend, welche Faktoren einen Einfluss auf die Verbildung der Kinderstimme haben. Exzerpt für Musik V1B1 Eva Winklehner „Hier geht der Einfluss auf die Art des Singens ja weit über die mitwirkenden und sogar über die zusauenden Kinder hinaus, indem die Gesangsleistungen solcher Sendungen geradezu zum Standart kindlichen Singvermögens werden.“ Aufgrund dieser Faktoren hat die Beeinflussung schon ein sehr bedenkliches Ausmaß angenommen. Es passiert auch, dass Erwachsene mit Kindern in Lagen singen, die für sie leicht zu erreichen sind, jedoch die Kinder nur mit Schwierigkeiten mithalten können. Außerdem sind nicht alle Instrumente dazu geeignet, Kinder zu begleiten. Besonders das Klavier und die Gitarre klingen oft zu hart, dick, zu tief oder zu grob. 10-11 5. Notwendigkeiten im Anfängerunterricht 6 Arbeitsgebiete: Haltung und Atmung: Es ist wichtig, dass man den Kindern eine aufrechte Haltung und das Erzeugen einer vom Zwerchfell gesteuerten Atmung beibringt. Resonanz: Durch das Fördern der Mundraumklänge und der Nasalresonanz soll die Kinderstimme wieder ihren metallischen Glanz erhalten. Vokalisation: „Alle Vokale sollen präzise geformt aber nicht übertrieben werden.“ Vordersitz und Instrumentweite: Mit den Kindern sollte man an einem möglichst weiten Hals arbeiten, ohne dabei zu verkrampfen, da sie in höheren Lagen dazu neigen, den Kehlkopf zu verengen. Artikulation: Es muss eine präzise Artikulation mit den Kindern erübt werden. Register: Kinder benützen häufig ihre Bruststimme bis zum c2 und wechseln dann schlagartig zur Kopfstimme. Dies ist allerdings sehr schädlich. Die oberste Grenze des Brustregisters ist ca. f1 und vor allem in der Tiefe sollte auf extreme Lautstärke verzichtet werden. Diesen Wechsel erkennt man bei Kindern dadurch, dass sie oberhalb des c2 eine luftige, viel leiser klingende Stimme haben. 4 Dieser Abschnitt des Textes war auch für mich sehr interessant, da ich gerade das Fach „Stimmbildung“ besuche und auf diese Dinge aufmerksam gemacht werde. Somit kann ich an mir selber feststellen, dass es gar nicht einfach ist, auf alle diese Dinge während des Singens zu achten. Exzerpt für Musik 11-12 V1B1 6. Das „Stimmbildungslied“ „Der Kinderstimmbildner steht in einer großen Verantwortung. Die Stimmen der ihm anvertrauten Kinder sollen sich natürlich entwickeln und frei entfalten, ohne Schaden durch falschen Gebrauch zu leiden.“ Doch leider wird das gemeinsame singen immer mehr und mehr zu einer Randerscheinung, obwohl dies so wichtig für die gesunde Entwicklung der Kinderstimme wäre. Auch für Lehrpersonen ist es nicht einfach, das richtige Übungsmaterial zu finden. Es ist oft viel Geschick gefragt, die geeigneten Lieder zu finden. „Lieder mit häufig vorkommenden, immer wiederkehrenden stimmbildnerischen Ansatzmöglichkeiten eigenen sich gut als Ersatz für die entsprechenden technischen Übungen. Diese Übungen haben den Vorteil, dass sie den Kindern Spaß machen und dabei trotzdem etwas lernen. 5 Eva Winklehner Ich hoffe, dass ich während meiner Tätigkeit als Lehrerin die richtigen Lieder für meine Schüler auswähle, sie Spaß am Musikunterricht haben und ich dieser Verantwortung gewachsen bin.