Genus und seine Spezifikation, Umschreibungen und Gebrauch Neben dem Genus des Substantivs (grammatisches Geschlecht) gibt es noch das Genus des Verbs. Es kennzeichnet die Art des verbalen Geschehens: Aktiv und Passiv. Das Passiv wird aus einem Passiv-Auxiliarverben werden, sein + Partizip II. eines passivfähigen Hauptverbs gebildet. Passivfähige Verben sind die meisten Verben mit Akkusativergänzung. Akkusativergänzung (das Objekt) des Aktivsatzes wird im Passivsatz zum Subjekt. Dem Subjekt des Aktivsatzes entspricht im Passivsatz ein Satzglied mit einer Präposition: - von (Verbindung mit Personen, Abstrakten, manchmal Sachen) - durch (Verbindung mit Sachen, Abstrakten) - mit (z. B. Briefe werden mit der Post befördert.) Die beiden Verbformen stellen ein Geschehen aus zwei verschiedenen „Perspektiven“ dar. Sie drücken eine unterschiedliche Blickrichtung bzw. Handlungsart aus: Im Aktiv wird das Geschehen von seinem Träger (dem Täter) her dargestellt. Der Bundestag verabschiedete das neue Rentengesetz. Im Passiv steht das Geschehen selbst bzw. das Ergebnis der Handlung im Vordergrund; es wird von der betroffenen Person oder Sache aus gesehen; der Täter wird häufig nicht genannt: Das neue Rentengesetz wurde (vom Bundestag) verabschiedet. Das Formensystem von Aktiv und Passiv Präsens Aktiv ich operiere werden-Passiv ich werde operiert sein-Passiv ich bin operiert Präteritum ich operierte ich wurde operiert ich war operiert Perfekt ich habe operiert ich bin operiert worden ich bin operiert gewesen Plusquamperf. ich hatte operiert ich war operiert worden ich war operiert gewesen Futur I. ich werde operieren ich werde operiert werden ich werde operiert sein Futur II. ich werde operiert haben ich werde operiert worden sein ich werde operiert gewesen sein Werden- und sein-Passiv Man unterscheidet nach der Bildungsweise und der Bedeutung zwei Arten des Passivs: das werden- und das sein- Passiv: Das werden-Passiv (Vorgangspassiv) wurde als prozessual beschrieben: Die Stadt wird wiederaufgebaut. Das Buch wird gedruckt. (Vorgang) Das sein-Passiv (Zustandpassiv) hingegen wurde als nicht-prozessual beschrieben: Die Stadt ist wiederaufgebaut. Das Buch ist gedruckt. (Zustand, Ergebnis) . Der Zustand ist dabei das Ergebnis eines vorausgegangenen Vorgans. Die Strasse ist gesperrt worden. Die Strasse ist gesperrt. Gebrauch - die Funktionen von Aktiv und Passiv Wesentlich für die Unterscheidung von Aktiv und Passiv ist der jeweilige Gebrauch. Die alte Regel, das Passiv sei lediglich die Umkehrung des Aktivs ist also nicht aufrechtzuerhalten, da beide Sätze keineswegs identisch sind. Mit dem Aktiv werden ausgedrückt: - Handlung Ich fahre das Auto in die Garage. - Vorgang/Zustand Das Wasser fließt. Der Mond scheint. - unpersönlicher Sachverhalt Es regnet. - reflexive Struktur Er weigert sich zu kommen. Mit dem Passiv werden ausgedrückt: - positives Erlebnis Er wird gelobt. - aktives Verhalten Die ganze Nacht wurde getanzt. - Befehl Jetzt wird gearbeitet! Aktiv und Passiv sind höchst unterschiedlich auf Textsorten verteilt. Sie haben verschiedene Funktionen und sind keineswegs nur die Umkehr der jeweils anderen Struktur. Aktiv und Passiv geben dem Sprecher/Schreiber die Möglichkeit, Sachverhalte – entsprechend dem jeweiligen Ausdruckswillen – unterschiedlich auszudrücken. Beim Aktiv steht der Handelnde, der Täter, der Verursacher im Mittelpunkt, beim Passiv der Vorgang/ das Geschehen bzw. der Zustand. Das Passiv ist also eine Darstellungsform, die der Sprecher gewöhnlich dann wählt, wenn er den Täter der Handlung entweder nicht kennt, für nicht wichtig hält oder ihn bewusst nicht nennen will. Passivstrukturen dominieren also überall dort, wo die Täterangabe nicht möglich, nicht wichtig oder bewusst unterlassen wird: - Beschreibungen historischer Prozesse - Verordnungen und Erlasse - Fachsprachen der Naturwissenschaften und Technik - Kochbücher (Kochrezepte) - Sprache der Medien, insbesondere Zeitung Alle diese Textbeispiele entstammen Textsorten der geschriebenen Sprache: der Passivgebrauch in der geschriebenen Sprache übertrifft bei weitem den in der gesprochenen Sprache. Kein werden-Passiv (Vorgangspassiv) können bilden: - die modalen Hilfsverben (wollen) - Verben mit Infinitiv ohne zu (fühlen, hören, lassen, sehen, spüren) - die reflexive Verben (sich kämmen) - die haben-Relation (bekommen, besitzen, erhalten, haben) - Fügungen mit Maß- und Mengenangaben (wiegen) - die Struktur „es gibt“ Fügungen mit der Angabe von Körperteilen (Er schüttelt den Kopf.) Gefüge mit kennen, wissen, können (Er kennt alle Ausgrabungen in Lykien.) feste Verbindungen wie Mut fassen, Atem holen, Gefahr laufen lexikalisierte Gefüge mit es (Es hangelt Vorwürfe.) Umschreibungen (Passiversatzformen) Texte, in denen zahlreich Passivformen auftreten, wirken schnell hölzern und langatmig, häufig wie Bürokratendeutsch. Dies mag ein wesentlicher Grund für Aktiv-Formen mit passivischer Aussage sein. - man: Man regelte das Problem. /Das Problem wurde geregelt. - bekommen, erhalten, kriegen + Partizip II: Sie bekam ein Auto geschenkt. /Ihr wurde ein A. geschenkt. - erfahren, erhalten, finden, gelangen, kommen + Substantiv (Funktionsverbgefüge): Das Referat fand Zustimmung. /Ihm wurde zugestimmt. - Verben mit reduzierter Valenz: Die Bank öffnet um 9 Uhr. /Die Bank wurde um 9 Uhr geöffnet. - Reflexivkonstruktionen mit unpersönlichem Subjekt: Das Auto fährt sich gut. /Das Auto kann gut gefahren werden. - sich lassen + Infinitiv: Das lässt sich machen. /Das kann gemacht werden. - sein, bleiben, stehen, gehen + zu + Infinitiv Das bleibt abzuwarten. /Das muss abgewartet werden. - es gibt + zu Es gibt viel zu tun. /Viel muss getan werden. - Wortbildungsmittel (-bar, -lich, -fähig) Das ist realisierbar. /Das kann realisiert werden Das Glück war unbeschreiblich./konnte nicht beschrieben werden. Er ist nicht transportfähig. /kann nicht transportiert werden. Genus der Substantive Jedes Substantiv hat ein bestimmtes grammatisches Geschlecht (Genus). - männlich (maskulin, ein Maskulinum) - weiblich (feminin, ein Femininum) - sächlich (neutral, ein Neutrum) Im Deutschen wird das Geschlecht des Substantivs durch den bestimmten oder unbestimmten Artikel angezeigt. Die bei dem Substantiv stehenden Adjektive oder Artikelwörter werden vom Genus des Substantivs bestimmt: der Mann, ein Mann, mein Mann Jedes Substantiv der deutschen Sprache weist normalerweise ein Genus auf. Es gibt jedoch eine reihe von Substantiven, die mehrere Genera aufweisen: r/s Joghurt, r/s Curry, e/s Cola Dem Substantiv selbst kann man in der Regel nicht ansehen, welches Geschlecht es hat. Eine Entsprechung von grammatischem Geschlecht (Genus) und natürlichem Geschlecht (Sexus) gibt es nur im Ausnahmefall. Die Übereinstimmung von Genus und Sexus betrifft die Substantive der Personenbezeichnungen: z. B. der Vater, die Mutter, der Sohn, die Oma (doch bereits hier gibt es Nichtübereinstimmung von Genus und Sexus – s Fräulein, s Mädchen u. a.) und der Tiernamen: z. B. r Bär – e Bärin, r Hund – e Hündin, Jungtiere sind meist Neutrum – s Kalb, s Lamm Weiter gibt es einige Gruppen von Substantiven, die (ziemlich) fest mit einem bestimmten grammatischen Geschlecht verbunden sind, oder Endungen der Namen, die das Genus kennzeichnen: Männlich sind z. B. - Jahreszeiten, Monate, Wochentage - Himmelsrichtungen, Winde, Niederschläge (r Osten, r Monsun, r Schnee) - Autos (r Opel) - Spirituosen (r Wodka) - Namen mit der Endung – ant, -är, -eur, -iker, -or, -ismus Weiblich sind: - Schiffsnamen (e Bremen) - Markennamen von Motorrädern (e Honda) - Markennamen von Zigarren und Zigaretten (e Camel) - Substantivierte Zahlen (e Eins) - Namen mit der Endung – e, -in, heit, -keit, -schaft, -ung, -ei, -ie, -ion Sächlich sind: - Namen von Hotels und Cafés (s Hilton) - Ortsnamen (s alte Berlin) - Die Städten, Länder und Kontinente (das große Asien) - Die Sprachen und Farben (s Arabische, s Grünn) - Namen mit der Endung –chen, -lein, -ment Namen mit dem Präfix Ge-