Anwendungen der Analysis Vorbemerkungen zur Konzeption Der Begriff „Anwendungen“ wird in der Mathematik sehr vielschichtig benutzt. Er reicht von der rein innermathematischen Nutzung von Erkenntnissen bis hin zu Anwendungen auf außermathematische Problemstellungen. Eine scharfe Trennlinie lässt sich hier allerdings nicht ziehen. Das vorliegende Programm gliedert sich in 5 Kapitel. Während in den ersten 3 Kapiteln die innermathematischen Anwendungen im Vordergrund stehen, behandeln die beiden letzten Kapitel mit deutlicher Akzentuierung außermathematische Probleme, die im Wesentlichen dem physikalisch - technischen Aufgabenfeld entnommen wurden. Um „Nichtphysiker“ einzubeziehen, wurde vor allem im letzten Kapitel die Beispielwahl so getroffen, dass sich auch ohne besondere physikalische Kenntnisse ein Zugang finden lässt. Die Lerntexte dürften dafür eine ausreichende Basis liefern. Das vorliegende Programm ist nicht als eine Art „Schlusskapitel“ zur Analysis gedacht. Es eignet sich vielmehr ausgezeichnet zur Integration. Die nachfolgenden Ausführungen machen das an vielen Stellen deutlich. Diskussion der Inhalte auf dem Hintergrund der Schulcurricula Etwas ungewöhnlich mögen auf dem Hintergrund der Schulcurricula die Kapitel 4 und 5 erscheinen. Aber gerade sie liefern realitätsnahe Anwendungen! Bei genauer Betrachtung erscheint die mangelnde Berücksichtigung etwas unbegründet. 1. Parameterkurven Eigentlich ist der Begriff der Parameterkurve sehr anschaulich und naheliegend: Jedem Zeitpunkt t wird ein Ort im Rn (beispielsweise n = 2 oder n = 3) zugeordnet. In der vorliegenden Programmreihe wurde diese Sichtweise bereits bei der Einführung von sin und cos genutzt: Die beiden Funktionen eignen sich hervorragend zur Beschreibung von Kreisbewegungen. Durch ihre Verfügbarkeit ist es möglich, die „natürlichen“ Koordinaten (ebene Polarkoordinaten) in kartesische Koordinaten umzurechnen (vgl. diesbezüglich Klasse 10, Kapitel 4). Auch neue Ansätze im Physikunterricht, die den Rechner zur iterativen Berechnung von Flugbahnen usw. benutzen, arbeiten im Grunde mit dem Begriff der Parameterkurve. Schließlich sei die analytische Geometrie erwähnt: Die Parameterdarstellung einer Geraden mit dem Parameter t lässt sich sehr natürlich als (geradlinige) Parameterkurve interpretieren (vgl. lineare Algebra & analytische Geometrie, Kapitel 2). 2. Differenzialgleichungen Wissenschaftliche Einordnung Auch Differenzialgleichungen bilden curricular gesehen eher ein Randgebiet des Mathematikunterrichts. Vielfach wird das Lösen von Differenzialgleichungen als Ansammlung von „Tricks“ gesehen. Tatsächlich haben sich hier in der Wissenschaft deutliche Akzentverschiebungen ergeben, die auch auf den Schulunterricht befruchtend ausstrahlen können. Differenzialgleichungssysteme werden als Vektorfelder interpretiert, Lösungen sind sog. (lokale) Flüsse (vgl. etwa Bröcker: Analysis III, Vieweg oder Storch, Wiebe: Lehrbuch der Mathematik , Bd III, BI). Kurz gesagt bedeuten diese Interpretationen vor allem eine Geometrisierung der Theorie der Differenzialgleichungen. Die Lösungen zu einem Anfangswertproblem lassen sich prinzipiell iterativ durch Rechnereinsatz ermitteln. Auf spezielle Probleme wie Singularitäten und Fehlerabschätzungen soll hier nicht eingegangen werden. Die Bedeutung des Rechnereinsatzes wird dadurch unterstrichen, dass Differenzialgleichungssysteme nur in Ausnahmefällen vollständig integrabel sind. 1 Konsequenzen für den Mathematikunterricht Diesen allgemeinen Vorbemerkungen entsprechend ist Kapitel 5 aufgebaut worden. Im Vordergrund stehen zunächst numerische Verfahren zusammen mit ihrer geometrischen Interpretation. Dieser Ansatz ermöglicht sogar prinzipiell bereits zu dem Zeitpunkt eine erste Behandlung von Differenzialgleichungen, zu dem eine geometrische Vorstellung vom Ableitungsbegriff im Sinne einer „optimal“ linear Approximierenden vorliegt, und das wird im Grunde bereits bei einer Einführung des Ableitungsbegriffs erreicht. Einzelheiten dazu finden sich in den Ausführungen zu Kapitel 5. 3. Folgen und ihre Grenzwerte Es hat im Rahmen der Diskussion um den Analysisunterricht immer wieder Bestrebungen gegeben, Folgen und ihre Grenzwerte zurück zu drängen. Auf dem Hintergrund einer stärkeren Rechnernutzung verdient es auch diese Diskussion, erneut aufgenommen zu werden. Rechnernutzung im Mathematikunterricht bedeutet in vielen Bereichen die Arbeit mit Folgen. In der vorliegenden Programmreihe finden sich die wichtigsten Kenntnisse über Folgen auf der CD „Differenzialrechnung“ in Abschnitt 1.5. Weiterführung Wohl an jeder Schule finden sich einzelne Schülerinnen oder Schüler, die sich intensiv und selbstständig mit Fragen der Mathematik auseinandersetzen. Diesen gibt das vorliegende Programm an zahlreichen Stellen Anregungen zur Weiterarbeit. Einige der weiterführenden und vertiefenden Fragen bieten sich auch für die Anfertigung von Facharbeiten an. Kapitel 1: Approximation von Funktionen Kapitel 1 behandelt zwei grundlegende Verfahren, nach denen man komplizierte (in der Regel transzendente) Funktionen durch einfache Funktionen, hier Polynomfunktionen, annähert. 1. Taylorapproximation Eine naheliegende Frage ist die Berechnung der Funktionswerte von sin, cos, exp, ln usw. Durch sie kann die Taylorapproximation motiviert werden. Unterrichtlich ist es denkbar, direkt die Idee herauszuarbeiten und erst danach mit den Übungen zu beginnen. Die Übungen 1 und 2 in Abschnitt 1.1.1 haben dann die Aufgabe, in das Berechnungsverfahren der Taylorpolynome einzuführen, welches schließlich durch die Übungen 3 und 4 in Abschnitt 1.1.2 für die Entwicklungsstelle 0 in Allgemeinheit erarbeitet wird. Es wird dabei die Erfahrung gewonnen, dass sich zumindest für die wichtigen dort betrachteten Funktionen eine umso bessere Approximation ergibt, je höher die Ordnung des Taylorpolynoms gewählt wird. Dies gilt insbesondere nahe der Entwicklungsstelle 0. Ob die Genauigkeit beliebig gesteigert werden kann, kann erst nach dem Beweis des Satzes von Taylor entschieden werden. Abschnitt 1.1 Übung 1 Abschnitt 1.1 Übung 2 2 Abschnitt 1.1 Übung 3 Abschnitt 1.1 Übung 4 Die Bedeutung der Entwicklungsstelle wird insbesondere durch Übung 7 in Abschnitt 1.1.4 verdeutlicht. Mit den Pfeiltasten kann man die Entwicklungsstelle stetig verändern. Es zeigt sich dabei, wie der Graph des jeweiligen Taylorpolynoms am Graphen der vorgegebenen Funktion f entlang gleitet und sich dabei nahe der Entwicklungsstelle besonders gut an den Graphen von f anschmiegt. Abschnitt 1.1 Übung 7 Grundsätzlich erscheint es vertretbar, es bei den bisher gewonnenen Erfahrungen bewenden zu lassen und die Konvergenzproblematik auszuklammern. Im Falle einer solchen Entscheidung kann man durchaus zu einem frühen Zeitpunkt im Analysisunterricht an eine Integration der Taylorapproximation denken. Die Abschnitte 1.1.5 und 1.1.6 bearbeiten die Konvergenzfrage. Übung 8 in Abschnitt 1.1.5 ist lediglich geeignet, die Konvergenzfrage zu problematisieren. Die diesbezüglichen Ausführungen in Abschnitt 1.1.5 sind daher im Wesentlichen informell. Ein Beweis des Satzes von Taylor findet sich in Abschnitt 1.1. Leider gibt es keinen einfachen Beweis des Satzes. Der auf der Lernseite dargestellte zeichnet sich durch seine Kompaktheit aus, ist jedoch in seiner Grundidee nicht ganz einfach zu verstehen. Er hat darüber hinaus den Vorteil, dass keine Hilfsmittel aus der Integralrechnung benötigt werden. 3 Abschnitt 1.5 Übung 8 Zusatzprogramm: Funktionszeichenprogramm Schöne Möglichkeiten zum eigenständigen Experimentieren liefert das Funktionszeichenprogramm: Gibt man etwa eine Funktion f und das zugehörige Taylorpolynom irgendeines Grades mit einer Entwicklungsstelle a ein, so kann man durch stetige Änderung von a mithilfe der zugehörigen Pfeiltasten den Graphen eines den Graphen von f entlanggleitenden Taylorpolynoms erhalten. 2. Interpolation Die Interpolation bildet gewissermaßen ein Gegenstück zur Taylorapproximation: Statt die Übereinstimmung von immer mehr Ableitungen einer Funktion f mit den Ableitungen einer Polynomfunktion minimalen Grades bezüglich einer Stelle zu fordern, versucht man jetzt höhere Genauigkeit durch Erhöhung der Zahl der Stützpunkte zu erzielen. Die naheliegendste Idee zur Lösung des Interpolationsproblems wird in Übung 1 von Abschnitt 1.2.1 umgesetzt: Die Stützpunkte liefern ein lineares Gleichungssystem für die Koeffizienten eines Interpolationspolynoms. Fordert man Minimalität des Grades, so kann man erhoffen, dass sich für n + 1 Stützpunkte ein Interpolationspolynom vom Grade n ergibt. Abschnitt 1.2 Übung 1 Die Umsetzung wird in der Übung allerdings nur für den Fall n = 3 vorgenommen, da das Verfahren schnell mühsam wird. Man wird daher nach geschickteren Wegen suchen. Außerdem stellt sich die Frage nach der allgemeinen Lösbarkeit. Beides wird in Abschnitt 1.2.2 geklärt. Die Existenz wird konstruktiv nach dem Verfahren von Lagrange erarbeitet. Es besticht vor allem durch die einfache und geometrisch gut vermittelbare Idee. Insbesondere der Gebrauch des Buttons mit der Aufschrift Animation ist geeignet, diese dynamisch transparent zu machen (Deformation der Graphen der Lagrangepolynome mit anschließender Überlagerung). 4 Auch das Verfahren von Lagrange wird nur für den Fall n = 3 in Übung 2 eingeübt. Es besticht zwar durch seine Transparenz, hat aber einen entscheidenden Nachteil: Nimmt man einen Stützpunkt hinzu, muss man mit der Rechnung von vorn beginnen. Das Verfahren von Newton vermeidet diesen Nachteil durch einen sehr geschickten Ansatz. Hier bedeutet die Hinzunahme eines weiteren Stützpunktes lediglich die Berechnung eines weiteren Koeffizienten im Interpolationspolynom. Übung 3 in Abschnitt 1.2.3 erlaubt die freie Eingabe beliebig vieler Stützpunkte. Unabhängig von der Berechnung des Interpolationspolynoms wird dessen Graph jeweils unmittelbar gezeichnet. Abschnitt 1.2 Übung 2 Abschnitt 1.2 Übung 3 Kapitel 2: Iterative Lösung von Gleichungen Gleichungen lassen sich nur in Ausnahmefällen auflösen. Für quadratische Gleichungen existiert die sog. p-qFormel. Auch für Gleichungen 3. und 4. Grades gibt es allgemeine Auflöseverfahren, die jedoch in der Schule nicht behandelt werden. Für Polynomgleichungen höheren Grades dagegen existiert kein allgemeines Auflöseverfahren mehr. Gleichungen, in denen transzendente Funktionen auftreten, sind nur in Ausnahmefällen auflösbar. Als einfaches Beispiel einer nicht nach x auflösbaren Gleichung kann x + 10 sin x = 0 genannt werden. In Anwendungen sind nicht elementar auflösbare Gleichungen eher die Regel als die Ausnahme. Für physikalisch Interessierte wird in Abschnitt 2.1.1 (Lernseite) ein Beispiel angeboten. Jedes Gleichungslösen lässt sich als Nullstellensuche einer Funktion interpretieren. Auf dieser Idee beruhen die nachfolgend dargestellten Verfahren. 1. Lösung einer Gleichung nach dem Intervallhabierungsverfahren Übung 1 in Abschnitt 2.1.1 ist ein Demonstrationsprogramm für ein sehr einfaches Verfahren, welches letztlich auf dem Nullstellensatz für stetige Funktionen (Spezialfall des Zwischenwertsatzes) beruht. Es eignet sich, in irgendeiner (unter Umständen auch sehr einfachen) Programmiersprache dazu ein Programm zu schreiben. 5 Abschnitt 2.1 Übung 1 Im Vergleich zu dem in Abschnitt 2.3 ausführlich behandelten Newton-Verfahren konvergiert das Intervallhalbierungsverfahren zwar recht langsam, solange es jedoch nur darum geht, eine einzelne Gleichung zu lösen, fällt dieser Nachteil kaum ins Gewicht. Die Intervallhalbierungsmethode hat außerdem den Vorteil, im Gegensatz zu den im Folgenden behandelten Methoden unter sehr allgemeinen Voraussetzungen zu konvergieren und einfache Fehlerabschätzungen zu ermöglichen. 2. Iterative Lösung nach dem Fixpunktsatz Der Fixpunktsatz (in seiner Formulierung für Banachräume) ist ein mathematisch sehr wichtiger Satz, aus dem sich in der Hochschulmathematik wichtige Erkenntnisse (Stichworte: Lokaler Umkehrsatz bzw. Satz über implizite Funktionen; Konvergenz des Verfahrens von Picard - Lindelöf) gewinnen lassen. Das liefert jedoch noch keine Begründung für eine Behandlung im Rahmen der Schulmathematik, zumal er dort unter sehr viel einfacheren Bedingungen formuliert wird. Eine Begründung für die Behandlung des Gleichungslösens nach dem Fixpunktsatz kann innermathematisch durch das hohe Maß an Anschaulichkeit und die einfachen Möglichkeiten, sich im Beweisen zu üben, erfolgen. Am Schluss von Abschnitt 2.2.1 finden sich dazu neben den im Lerntext behandelten Problemen weiterführende Anregungen. Ein weiterer Grund für eine Behandlung kann darin liegen, dass er die hohe Konvergenzgeschwindigkeit des in Abschnitt 2.3 behandelten Newton-Verfahrens verdeutlicht (vgl. diesbezüglich die Ausführungen in Abschnitt 2.3.4). Übung 1 dient lediglich dem Zweck, geometrisch-dynamisch die Konvergenzfrage zu problematisieren. Übung 2 übt und veranschaulicht das Verfahren für einige typische Beispiele. 3. Das Newtonverfahren Das Newtonverfahren zeichnet sich durch eine besonders hohe Konvergenzgeschwindigkeit aus und erfährt u. a. dadurch seine Begründung. Die hohe Konvergenzgeschwindigkeit wird bereits in Übung 1 von Abschnitt 2.3.1 deutlich. Darüber hinaus dient die Übung der Erarbeitung einer Rekursionsformel für das Verfahren. Die Einführung des Newtonverfahrens lässt sich kaum überzeugend motivieren, wenn es nur darum geht, eine einzelne Gleichung zu lösen (vgl. die Ausführungen unter 1.). Für Taschenrechner und noch mehr für Computer ist schnelle Berechnung dagegen durchaus wichtig. Diese Motivation wird in Übung 2 von Abschnitt 2.3.2 aufgegriffen. 6 Abschnitt 2.3 Übung 1 Abschnitt 2.3 Übung 2 Innermathematisch interessant sind Konvergenzfragen. Einige typische Beispiele, in denen die Konvergenz scheitert, werden in Übung 5 in Abschnitt 2.3.4 demonstriert. Abschnitt 2.3 Übung 5 Kapitel 3: Numerische Integration 1. Grundsätzliches und Motivation Legt man die üblichen Taschenrechnerfunktionen , sin, cos, tan, exp, ln, arcsin, arccos, arctan zugrunde, so lassen sich mit ihrer Hilfe durch algebraische Operationen und Verkettungen zu vielen wichtigen Funktionen keine Stammfunktionen angeben. Bekannte Beispiele dieser Art sind die Funktionen exp(-x 2 / 2) und sin(x 2). Die Integrale beider Funktionen treten in wichtigen Anwendungen auf, ersteres im Zusammenhang mit der Normalverteilung, letzteres bei der Berechnung von Straßenbauerkurven (vgl. Kapitel 4). Häufig findet man im Zusammenhang mit dem angesprochenen Problem die Formulierung, zu den beiden genannten Funktionen und vielen weiteren fände man keine elementare Stammfunktion. Eine solche Formulierung ist allerdings recht problematisch! Zunächst einmal ist nach dem Hauptsatz der Differenzialund Integralrechnung x F ( x) exp(t 2 / 2)dt 0 eine Stammfunktion von exp(x 2 / 2). Das vorliegende Kapitel zeigt, dass die Funktionswerte F(x) mithilfe der numerischen Integrationsverfahren zusammen mit einer Fehlerabschätzung berechnet werden können. Mehr 7 kann man bei sin usw. auch nicht. Wenn man also F(x) zu den üblichen Taschenrechnerfunktionen hinzunimmt (ob man so etwas tut oder nicht, ist eine reine Frage der Willkür), existiert zu exp(x 2 / 2) doch eine „elementare“ Stammfunktion. 2. Grad der mathematischen Vertiefung Nach einer kurzen Einführung der numerischen Integration durch Riemannsummen werden das Sehnentrapezverfahren, das Tangententrapezverfahren und das Simpsonverfahren erarbeitet. Die Verfahren zeigen sehr unterschiedliche Konvergenzgeschwindigkeiten. Ein korrekter Beweis der Fehlerabschätzungsformeln, welche die Konvergenzgeschwindigkeiten charakterisieren, ist nicht ganz einfach, sofern nicht Fehlerabschätzungen zur Interpolation bzw. bei der Tangententrapezregel zur Taylorapproximation bekannt sind. Die Beweise sind daher in einen Anhang zu Kapitel 3 verlegt worden. Ein Verzicht auf die Beweise bedeutet allerdings nicht notwendig einen Verzicht auf mathematische Vertiefung. Möglichkeiten dazu sind auf den Lernseiten dargestellt. Insbesondere lässt sich die auf dem ersten Blick überraschende Tatsache, dass die Simpsonregel Polynomfunktionen 3. Grades immer exakt integriert, recht leicht begründen (vgl. diesbezüglich die Ausführungen „Anregungen zur Weiterarbeit“ in Abschnitt 3.2.3). 3. Die Trapezregeln Übung 1 in Abschnitt 3.2.1 erarbeitet zunächst auf einer geometrischen Basis eine Berechnungsvorschrift für die Sehnentrapezregel. Übung 2 in Abschnitt 3.2.1 dient dem konkreten Einüben. Abschnitt 3.2 Übung 1 Abschnitt 3.2 Übung 2 Die beiden Übungen in Abschnitt 3.2.2 sind entsprechend aufgebaut. In Übung 3 ist die Benutzung der Pfeiltasten lehrreich: Sie zeigen, dass das Tangententrapezverfahren darauf hinausläuft, mit den Funktionswerten in den Mitten der Teilintervalle zu rechnen. Diese Interpretation liefert zugleich eine Berechnungsvorschrift. 8 Abschnitt 3.2 Übung 3 4. Die Simpsonregel Die Simpsonregel beruht auf der naheliegenden Idee, das Integral einer Funktion f durch das Integral eines geeigneten Interpolationspolynoms höchstens 2. Grades zu approximieren. Die Buttons mit der Möglichkeit der Verfeinerung der Intervalleinteilung in Übung 5 von Abschnitt 3.2.3 vermitteln ein beeindruckendes Bild von der Konvergenzgeschwindigkeit. Die formelmäßige Fassung wird im Anhang zu Kapitel 3 genannt und bewiesen. Abschnitt 3.2 Übung 5 Die etwas überraschende Tatsache, dass Polynomfunktionen 3. Grades auch bei einer Intervalleinteilung n = 1 exakt integriert werden, lässt sich gemäß den Anregungen in Abschnitt 3.2.3 recht einfach beweisen. Kapitel 4: Parameterkurven 1. Grundsätzliches und Konzeptionelles Parameterkurven begegnen Schülern zumindest im Bereich der analytischen Geometrie als Parametergeraden: r t p t v beschreibt eine gleichförmige Bewegung mit dem Aufpunkt(-vektor) p und dem Geschwindigkeitsvektor v . Der Begriff Parameterkurve verallgemeinert diese Begriffsbildung in Abschnitt 4.1.1. 9 Punkte und Ortsvektoren können im Bereich der Parameterkurven problemlos identifiziert werden. Welche Darstellung zu bevorzugen ist, hängt vom Problem ab und sollte flexibel gehandhabt werden. Das Programm trägt diesem Umstand dadurch Rechnung, dass es zumindest in einigen Übungen dem Benutzer überlassen bleibt, welche Sichtweise er bevorzugt. Aus Gründen der Vereinheitlichung mit der analytischen Geometrie wird allerdings durchgängig die Spaltenschreibweise benutzt. Das Kapitel gliedert sich in zwei Abschnitte. Der erste Abschnitt ist im wesentlichen der Geometrie gewidmet. Der zweite Abschnitt behandelt demgegenüber Anwendungen in der Dynamik. Besonders interessant, aber auch anspruchvoll, ist die Behandlung der Straßenbauerkurve in Abschnitt 4.2. 2. Geometrie der ebenen Parameterkurven Die Übungen 1 und 2 in Abschnitt 4.1.1 sollen mit dem Begriff der Parameterkurve vertraut machen. Aus den bereits erwähnten Gründen bleibt es dem Benutzer überlassen, ob er zu den bewegten Bahnpunkten den Ortvektor zeichnen lassen will oder nicht. Zumindest für die in Übung 3 vorgesehene dynamische Erarbeitung des Begriffs „Geschwindigkeitsvektor“ ist die vektorielle Sicht praktisch unverzichtbar. Abschnitt 4.1 Übung 1 Abschnitt 4.1 Übung 2 Abschnitt 4.1 Übung 3 Abschnitt 4.1 Übung 5 Übung 2 ermöglicht die freie Eingabe von Parameterdarstellungen und eröffnet damit umfangreiche Experimentiermöglichkeiten. Übung 5 in Abschnitt 4.1.3 erarbeitet schließlich den Begriff der Beschleunigung. Er ist ein Stück „abstrakter“ als der Geschwindigkeitsbegriff, aber er ist für die in Abschnitt 4.2 behandelten Anwendungen unverzichtbar. 3. Anwendungen 10 Kraftwirkungen sind wegen der newtonschen Grundgleichung bis auf einen Proportionalitätsfaktor m (Masse) durch den Beschleunigungsvektor gegeben. Unstetigkeiten des Beschleunigungsvektors bewirken unstetige (d.h. momentan veränderliche) Kräfte, die physikalisch unbedingt vermieden werden müssen. Für solche Unstetigkeiten haben wir keinen zuverlässigen Blick. Dies zu verdeutlichen ist u.a. das Ziel von Übung 1 in Abschnitt 4.2.1. So erscheint die an die negative x-Achse angeschlossene Parameterkurve t t 2 t t0 recht harmlos, ist aber für die Bewegung eines Schienenfahrzeugs absolut ungeeignet. Entsprechend ist der tangentielle Anschluss eines Kreises an eine Gerade zum Durchfahren mit einer vom Nullvektor verschiedenen Geschwindigkeit ungeeignet. Besondere Sorgfalt verlangt die Konstruktion von Straßen, da ein Ausbrechen der Fahrzeuge möglichst unwahrscheinlich gemacht werden muss. Die Klothoidenkonstruktion ist hier zumindest bei größeren Straßen eine gesetzliche Vorschrift. Abschnitt 4.2 Übung 1 Abschnitt 4.2 Übung 2 Die Konstruktion von Klothoiden (Straßenbauerkurven) ist das Thema von Übung 2 in Abschnitt 4.2.2. In der Übung können Geschwindigkeitsbetrag und Wachtumsfaktor für die Beschleunigung frei eingegeben werden. Es ist besonders informativ, den im Betrag linear anwachsenden Beschleunigungsvektor bei der Simulation der Bewegung zeichnen zu lassen. Die nicht ganz einfache Theorie ist auf der Lernseite ausführlich dargestellt. Kapitel 5: Differenzialgleichungen 1. Konzeptionelle Bemerkungen Differenzialgleichungen eignen sich wie wohl kein zweiter Gegenstand der Mathematik zur Modellbildung. Der Grund liegt darin, dass manches „im Kleinen“, also z.B. für sehr kurze Zeitabschnitte, gut überschaubar ist. Die Integrationsmethoden für Differenzialgleichungen eröffnen dann die Möglichkeit, die Prozesse in einem größeren Rahmen, also z.B. für größere Zeitintervalle, zu erfassen. Die Beispiele im 5. Kapitel beziehen sich durchweg auf zeitlich veränderliche Vorgänge (Abkühlung eines Wasserbeckens, Zerfall einer radioaktiven Substanz, Änderung des Wasserstands in einem Vorratsbecken mit Auslauf). Für die Funktionsvariable wurde daher durchgängig die Bezeichnung t gewählt. 2. Curriculare Integration 11 Die in Abschnitt 5.1 behandelten numerischen Verfahren folgen der sog. eulerschen Methode. Grundlage ist die für kleine t „richtige“ Näherungsbeziehung f (t t ) f (t ) f (t ) t Ist also eine Differenzialgleichung y’(t) = g(y) mit dem Anfangswert y(a) =b gegeben, so ist y(a t ) b t g (a), y(a 2 t ) y(a t ) t g ( y(a t )), ... Natürlich ist mit jedem Schritt ein Fehler verbunden und im Laufe der Zeit können die Fehler sehr groß werden. Es ist jedoch ein durchaus akzeptables und in der Praxis häufig genutztes Vorgehen, die Näherungslösungen als hinreichend genau zu betrachten, wenn eine Verkleinerung von t keine wesentliche Änderung der Funktionswerte bewirkt. Bisweilen kann jedoch noch ein Schritt weiter gegangen werden: Die zeichnerische Darstellung der Näherungslösung (kartesischer Graph) legt eine Vermutung über den richtigen Funktionstyp nahe. Dann kann man oft mit einem allgemeinen Lösungsansatz eine exakte Lösung finden. Das hiermit skizzierte Konzept zeigt, dass im Grunde eine sehr frühe Integration von Differenzialgleichungen in den Analysisunterricht möglich ist. Entscheidende Grundlage ist ein geometrisches Verständnis des Ableitungsbegriffs. Einzelheiten finden sich in den nachfolgenden Ausführungen. 3. Behandlung von Differentialgleichungen 1. Ordnung Das Programm beginnt mit der numerischen Lösung der für viele Wachstumsprozesse typischen Differenzialgleichung y’ = ky. Unter Umständen gelingt es Schülern recht schnell, zu einem Anfangswertproblem eine Lösung anzugeben. Das macht jedoch das numerische Verfahren nicht überflüssig, denn woher weiß man, dass man die richtige Lösung gefunden hat? In gewisser Weise ersetzt das numerische Verfahren durch seine Konstruktivität die Frage nach einem Existenz- und Eindeutigkeitssatz, natürlich nicht in einem strengen Sinne, solange man auf einer naiven Ebene verbleibt (zu einer mathematischen Vertiefung vgl. Brüning, A.; Spallek, K: Operative Schul-Analysis als näherungsweises Berechnen mit Fehlerabschätzungen; MNU, Heft 8, 1989). Wenn also durch Erraten eine exakte Lösung gefunden wird, kann man davon ausgehen, dass die richtige Lösung ermittelt wurde. Die nachfolgenden Übungen 2, 3 und 4 arbeiten weiter nach dem skizzierten numerischen Verfahren. Natürlich lässt sich auch hier die Frage nach einer exakten Lösung integrieren. Besonders interessant kann dies im Falle von Übung 3 sein: Verkleinert man das Zeitintervall, so scheint sich der Graph einem Parabelast mit einer Nullstelle b anzunähern. Das legt einen Lösungsansatz y(t) = k(t-b)2 nahe. Einsetzen von y’ und y in die Differenzialgleichung liefert unter Beachtung der jeweiligen Anfangsbedingung die exakte Lösung. Es ist interessant, deren Nullstelle wiederum mit der numerisch für kleine Schrittweiten bestimmten zu vergleichen. Ein wichtiges Verfahren zur exakten Lösung von Differenzialgleichungen ist die Methode der Trennung von Variablen, die in Übung 7 von Abschnitt 5.1.6 eingeführt und in den Übungen 8 und 9 in zwei Anwendungssituationen benutzt wird. 12 Abschnitt 5.1 Übung 7 Abschnitt 5.1 Übung 8 4. Differenzialgleichungen 2. Ordnung Das Kapitel ist relativ kurz gefasst: Es besteht nur aus zwei Übungseinheiten. Beide Übungen (siehe etwa Übung 1) arbeiten mit physikalischen Erkenntnissen, die auf den Lernseiten dargestellt werden. 13