3/99 Schön war’s in Lignano Informationsblatt des Bundes-Blindenerziehungsinstitutes Liebe LeserInnen! Rasch sind die Ferien vergangen und wir stehen schon mitten im Schulalltag. Ich hoffe, dass Sie schöne, erholsame Urlaubstage verbracht und wieder voll motiviert Ihre Arbeit aufgenommen haben. Sie halten die 1. Nummer unseres Informationsblattes im Schuljahr 1999/2000 in Händen und werden hoffentlich wieder viel Neues aus dem Schulgeschehen erfahren. Eine Reihe von Schülern hat die Berufsausbildung abgeschlossen und ist ins Berufsleben eingetreten, andere wieder besuchen die AHS. In unserem Haus führen wir erstmals eine Integrationsklasse in Kooperation mit der VS Wittelsbachstraße. Sehende und blinde Kinder werden dabei in einem Klassenverband von den Kolleginnen Helgard ODELGA und Christa EMICH unterrichtet. Alle Beteiligten sind voller Tatendrang und so hoffen wir, dass dieses Pilotprojekt einen erfolgreichen Verlauf nimmt. In einer der nächsten Nummern von BBInfo werden wir über die I-Klasse ausführlicher berichten. OStR Prof. Franz Haslinger Direktor BBI intern Personelles Auf Wiedersehen! Mit 31. August d. J. trat Frau Sonderkindergärtnerin Viktoria ZLABINGER in den Ruhestand; wir wünschen ihr viele schöne, vor allem gesunde Jahre. Frau Daniela WIMMER ist aus der Nachmittagsbetreuung des Internates ausgeschieden und als Lehrerin in eine I-Klasse eingestiegen. Viel Erfolg bei der Arbeit! Herzlich willkommen! Seit September arbeitet Nachmittagsbetreuung. Frau Maria FÜRSTALLER in der Seit Beginn dieses Schuljahres hat Frau Heidelinde DANIEL die Betreuung des Kindergartens übernommen. Frau Astrid SCHOPF betreut seit 6. September 1999 am Nachmittag die Integrationsklasse. 2 Wir wünschen den NEUEN einen guten Beginn und ein erfolgreiches Wirken am BBI. Am 30. Juli d. J. hat Frau Prof. Brigitte ANDRE-SCHELLNER einem gesunden Mädchen namens Astrid das Leben geschenkt. Wir gratulieren den Eltern und Brüderchen Fabian herzlich. In den Ferien hat die Sozialpädagogin Christine KLAFFENBÖCK geheiratet. Dem Ehepaar EICHINGER dürfen wir an dieser Stelle für die Zukunft alles Gute wünschen. Leider musste Frau prov. Erziehungsleiterin Anneliese HÖLLERSBERGER in den Ferien einen längerfristigen Krankenstand antreten. Die Kollegin befindet sich wieder auf dem Weg der Besserung und wir wünschen ihr alles Gute! HURRA, das Bad ist fertig! Am 31. August 1999 wurde das Schwimmbad nach einer längeren Umbauphase übergeben. In der nächsten Ausgabe mehr darüber. OStR Prof. Franz Haslinger Direktor Eine Abteilung stellt sich vor Blindenschriftdruckerei, -bibliothek und Hilfsmittelverkauf (2. Teil) Wir sind eine der wenigen Punktschriftdruckereien im gesamten deutschsprachigen Raum, die noch eine eigene Buchbinderei hat. Hier sind zwei Fachkräfte beschäftigt, die einerseits unsere Bücher binden oder reparieren, andererseits aber auch eine Reihe weiterer Arbeiten für das BBI und oft weit darüber hinaus erledigen. Hier geschieht noch echte "Handarbeit", Kreativität und Flexibilität sind gefragt, das macht aber auch den Reiz der Arbeit aus. Franz SELBERHERR Buchbinder "Nach Beendigung der Ausbildung zum Buchbinder im Missionshaus St. Gabriel und Ablegung der Gesellenprüfung arbeitete ich 13 Jahre in der dortigen Buchbinderei. Seit 2. Juli 1980 bin ich als Buchbinder im BBI tätig. 3 Anfangs war eine gewisse Umstellung bei der Bearbeitung der Blindendruckbücher notwendig, weil sowohl die Materialien (zB stärkeres Papier) als auch die Formate der Bücher anders sind. Ich hoffe, den LeserInnen mit den fertigen Büchern Freude bereiten zu können." Herr Selberherr war lange der einzige Buchbinder und stark überlastet. Wir sind deshalb sehr froh, dass wir im Jahre 1995 endlich eine zweite Fachkraft zugeteilt bekommen haben. Uschi SZTUPARITS - Buchbinderin "Im Frühling 1995 bekam ich den erlösenden Anruf vom Arbeitsamt, dass im BBI eine Buchbinderstelle frei wäre. Freude! Nach langer Suche endlich ein Job in meinem Beruf und vor allem keine Maschinenarbeit. Nach dem Vorstellungsgespräch mit Herrn Direktor Kölpl und Frau Papst war klar: Das ist es! So fing ich kurze Zeit später hier an und gewöhnte mich sehr schnell ein. Meine Hauptarbeit besteht darin neue Bücher anzufertigen und kaputt gegangene Bücher wieder ansehnlich zu machen. Vor allem bei Reparaturen seufze ich schon öfters und ärgere mich, da manche Leser die Bücher leider nicht besonders sorgfältig behandeln. Aber auch für den Schulbereich erledige ich manche Arbeiten, zum Beispiel Plakate kaschieren und bei Bastelarbeiten helfe ich auch gern mit. Am Arbeitsplatz BBI freut mich am meisten, dass meine Arbeit so vielfältig ist und vor allem, dass ich nicht acht Stunden bei einer Maschine stehen muss, wie es leider mittlerweile in den meisten Druckereien gang und gäbe ist." Ein Arbeitsplatz mit viel Außenwirkung ist die Bibliothek mit derzeit 8217 Werken aus allen Wissensgebieten. Mag sein, dass gerade das Lieblingsbuch nicht dabei ist; trotzdem sind wir stolz auf unseren Bücherbestand. 4 Magda PINTERITS - Bibliothekarin "Nach Beendigung meiner Schulzeit am BBI (Pflichtschule, Telefonie und Stenotypie) begann ich meine berufliche Tätigkeit im Mai 1969 als Schreibkraft im chirurgischen Sekretariat der Krankenanstalt Rudolfstiftung. Als Herr Hartig 1973 die Leitung der Druckerei und Bibliothek am BBI übernahm, wurde der Bibliothekarposten frei und Herr Hartig fragte mich, ob mich diese Arbeit interessieren könnte. Und weil das Lesen schon immer eine meiner liebsten Freizeitbeschäftigungen war bzw. ist, entschloss ich mich diesen Posten anzunehmen und trat meinen Dienst am 1. Mai 1975 an. Mein vorrangiger Aufgabenbereich ist die Beratung unserer LeserInnen eine Arbeit, die ich besonders gerne mache, bedarf es doch oft nahezu 'kriminalistischer Recherchen' um herauszufinden, welche Art von Literatur gerade gewünscht wird. Denn anders als in üblichen Bibliotheken suchen sich unsere Leser nur selten die Bücher anhand eines Katalogs aus, sondern wollen individuell beraten werden. Und wenn man einen Brief etwa mit dem Inhalt erhält: 'Bitte schicken Sie mir wieder Lesestoff ...', ist es erforderlich den Geschmack der LeserInnen genau zu kennen. Natürlich gehören auch die Führung der Ausleihkartei, die Katalogisierung neuer Werke und die Erstellung von Statistiken zu meinem Aufgabengebiet." Und nun sind die Zeitschriften und Bücher gedruckt und warten darauf, verpackt, adressiert und versandt zu werden, soferne sie nicht im Haus (Bibliothek oder Schule) benötigt werden. 5 Friedrich KARASZEK (geb. 1964) - Manipulant "Durch ein Gespräch erfuhr ich zufällig, dass im Blindeninstitut eine Stelle als Manipulant im Blindendruckverlag frei würde. Ich bewarb mich um diesen Posten und bekam ihn zu meiner großen Überraschung. Am 2. Februar 1998 trat ich meinen Dienst als Manipulant und Hausarbeiter an. Mein Aufgabenbereich besteht hauptsächlich darin, Bücher und Papier zu verpacken sowie Zeitschriften und andere Blindensendungen versandfertig zu machen. Vor allem für die Bibliothek sind es Woche für Woche eine Reihe von Versandkartons. Zusätzlich zu meiner Tätigkeit in der Druckerei erledige ich noch verschiedene Aufgaben im Haus, zB mache ich Besorgungsfahrten und Schülertransporte. So fahre ich mit den mehrfachbehinderten Kindern zur Reittherapie oder begleite verschiedene Klassen auf Ausflüge. Unter anderem bin ich noch für Hilfstätigkeiten und für die Instandhaltung und Pflege unserer beiden Busse zuständig. Ich bin froh diese Stelle im BBI erhalten zu haben, da der Umgang mit blinden und sehbehinderten Menschen für mich sehr lehrreich ist." 6 Ich bin mit meinem Rundgang am Ende angelangt; bleibt nur noch, mich selbst vorzustellen. Eva PAPST - Leiterin "Ich habe die traditionelle Ausbildung am BBI zur Stenotypistin durchlaufen und das Haus 1973 verlassen, danach sieben Jahre lang im Landesgericht für Strafsachen Wien als Schriftführerin gearbeitet und 1980 als Halbtagsbeschäftigte zur Bank Austria gewechselt. Gleichzeitig habe ich mich bei der Maturaschule Roland eingeschrieben und nach zwei Jahren die Reifeprüfung abgelegt - was der eigentliche Grund für meinen Arbeitsplatzwechsel war. In der Bank war ich zuerst in der Ausbildung der Mitarbeiter, später im Bereich Personal/Verwaltung tätig und schließlich am Aufbau der EDV-gesteuerten Erfassung und Berechnung der variablen Arbeitszeit im Rahmen eines Projektes beschäftigt - also in einer sehr computernahen Aufgabenstellung. Neben Reisen und Tandemfahren waren und sind es vor allem Bücher, denen meine Leidenschaft gehört. Deshalb habe ich 1990 auch die Gelegenheit wahrgenommen, mit einem Assistenten der Technischen Universität Wien eine Studienreise nach Japan zu unternehmen um das dortige Blinden- und Sozialwesen näher kennen zu lernen. Die gewonnenen Eindrücke hinsichtlich der Literaturübertragung in Blindenschrift sowie einige Besuche bei Druckereien und Bibliotheken im benachbarten Ausland sind wohl die Ursachen dafür, dass ich mich, als Herr Hartig 1993 seinen wohlverdienten Ruhestand antrat, als dessen Nachfolgerin beworben habe. Im September 1993 habe ich dann meinen Dienst als Druckereileiterin am BBI angetreten und nun eines meiner Hobbys, nämlich die Arbeit mit Büchern, zum Beruf gemacht - und das ist mehr, als die meisten berufstätigen Menschen von sich behaupten können. 7 Eine meiner Hauptaufgaben ist die Arbeitseinteilung, ich sorge für die Einhaltung von Terminen und den allgemeinen organisatorischen Ablauf. Möchte beispielsweise irgendjemand ein Werk in Blindenschrift übertragen, so gilt es zu bedenken, ob dafür die Kapazität vorhanden ist, sich das Druckwerk überhaupt zur Übertragung eignet (was zB bei Ausstellungskatalogen wegen der vielen Bilder nicht der Fall ist), was die Übertragung kostet und wann sie fertig sein wird. Und da wir ja sowohl eine Rechtschreib- als auch eine Kurzschriftreform gehabt haben, müssen dafür auch die nötigen Unterlagen erstellt, Schulungsmaßnahmen gesichert und die Umstellung der Programme organisiert werden. Mein Tagesablauf ist meist von vielen Telefonaten, Recherchen, Auskunftserteilungen und mancherlei Kleinkram geprägt, sodass ich oft die Frage, was ich heute wohl erledigt hätte, nicht zufrieden stellend beantworten könnte. Dann bin ich oft froh, wenn ich beim Korrigieren, Drucken oder Verpacken unserer Erzeugnisse mithelfen kann - da weiß man nämlich, was erledigt worden ist. Und dieses Wissen, gemeinsam mit anderen und mit deren Hilfe zu einer besseren Versorgung blinder Menschen mit gedruckter Information beizutragen, ist Motivation genug, in einer Zeit, wo viele die Notwendigkeit der Blindenschrift anzweifeln, beharrlich an diesem Kulturgut festzuhalten." Möchten Sie gerne noch mehr über unsere Arbeit wissen? Sie sind herzlich eingeladen, uns zu besuchen (Terminvereinbarung unbedingt erforderlich!) oder uns zu schreiben. Natürlich erfahren Sie auch einiges über uns im Internet. Eva Papst E-Mail: [email protected] Internet: http://www.bbi.asn-wien.ac.at/deutsch/verlag.htm Öffentlichkeitsarbeit Dienstprojekt zugunsten der Blindenerziehungsinstitutes Kinder des Bundes- Im Rahmen des alljährlich am Christi Himmelsfahrtstag stattfindenden "Frauentages" der KIRCHE JESU CHRISTI der Heiligen der Letzten Tage (seit 1955 staatlich anerkannt), hatten sich die Leiterinnen der Frauenorganisation dieser Kirche etwas ganz Besonderes für dieses Jahr vorgenommen. 8 Nach entsprechenden Vorgesprächen mit den Verantwortlichen des Bundes-Blindenerziehungsinstitutes wurde festgestellt, dass für die Vorschul- und jüngeren Volksschulkinder "Tastbilderbücher" gebraucht wurden und auch weiter gebraucht werden. Für die größeren Kinder gab und gibt es großen Bedarf an Modellen (zB Dörfer, Häuser), wodurch diesen Kindern die Möglichkeit geboten werden kann, ertastend zu erfahren, wie Menschen in anderen Teilen der Welt leben. Die Leiterinnen entschieden einstimmig, an diesem Frauentag ein paar der für diese blinden Kinder dringend benötigten Utensilien selbst herzustellen, wobei die entsprechenden Vorbereitungen (unter anderem: Ideenumsetzung, Materialbeschaffung, Mitarbeiteranzahl - um effizient arbeiten zu können) große Anforderungen an die Verantwortlichen stellten. So fanden sich an diesem Frauentag ca. 80 Frauen ein, um voller Tatendrang und mit großer Begeisterung an diesem ehrgeizigen Projekt mitzuarbeiten. Vier anspruchsvolle Tastbilderbücher mit verschiedensten Geschichten wurden hergestellt, die von den blinden und sehbehinderten Kindern ertastet werden können. Die Herstellung eines sehr orginalgetreu nachgebildeten philippinischen Pfahldorfes und eines indianischen Pueblos gelang ausgezeichnet. Zusätzlich zu diesen Arbeiten wurde an diesem Tag durch einige Tagungsteilnehmerinnen auch eine Gruppe von Behinderten der Lebenshilfe auf eine für alle Beteiligten äußerst interessante Sagenreise durch die Innenstadt eingeladen, wobei Dinge in Erfahrung gebracht wurden, die selbst alteingesessenen Wienern nicht bekannt waren, 9 sodass dieser Tag, obwohl morgens ein paar Regenwolken über der Stadt schwebten, für alle noch lange in Erinnerung bleiben wird. Die Übergabe der mit viel Mühe und Liebe hergestellten Bücher und Modelle erfolgte am 10. 6. 1999 im Institut im Rahmen einer Feierstunde, die unter der Leitung von Frau Prof. Jutta Wiesenhofer (in Vertretung Dir. Franz Haslingers) stand. Anwesend waren neben den erwartungsfrohen Kindern und einem Teil des Lehrkörpers auch Frau Bezirksrätin Cornelia Schaabl (in Vertretung des verhinderten Bezirksvorstandes Herrn Weißmann) und die Initiatorinnen des Projektes, Frau Christine Plattner (Leiterin der Frauenorganisation) und ihre Mitarbeiterinnen Frau Kerstin Kicsina und Frau Theresia Andruchowitz. Leider konnten zwei weitere maßgeblich am Zustandekommen dieses Projektes beteiligte Mitarbeiterinnen (Frau Anita Cunia und Frau Jeanette Owusu) an dieser Feier aus beruflichen Gründen nicht teilnehmen. Der Chor der Unterstufe sang ein paar Lieder, danach wurden durch andere Kinder Klavier- und Flötenmusikstücke dargeboten. Frau Prof. Wiesenhofer bedankte sich sehr, sehr herzlich im Namen der Kinder und des Lehrkörpers bei Frau Plattner und Frau Kicsina als den Initiatorinnen dieses gelungenen Projektes für die wunderschönen Bücher und Modelle. Danach überbrachte Frau Bezirksrätin Schaabl eine Grußbotschaft des Bezirksvorstandes, bedankte sich ebenfalls sehr herzlich und drückte ihre Freude darüber aus, dass es im 2. Bezirk eine gute und gedeihliche Zusammenarbeit der verschiedensten Organisationen gibt. Nunmehr war es so weit, dass die Kinder endlich ihre Bücher und Modelle in Empfang nehmen konnten: Jedes Kind wollte dabei sein und auch schon einmal fühlen dürfen, was alles für sie gebastelt wurde. Die glücklichen Gesichter der Kinder erfreuten und berührten die Herzen aller Anwesenden und allen wurde klar, dass es solche Initiativen öfter geben sollte! Bericht: Christine Plattner Fotos: Theresia Andruchowitz Ein Brief aus Japan (Im September besuchte eine Gruppe von Angestellten einer regierungsnahen Organisation aus Japan unser Institut. Ich hatte die Ehre die sehr interessierten Gäste durch unser Haus zu führen. In der Gruppe waren auch zwei Personen mit Sehbehinderung. Eine davon schrieb mir die folgende E-Mail.) 10 From [email protected] Wed Sep 29 13:59:15 1999 Subject: from Japan To: [email protected] Dear Mr. Erich Schmid Hello Erich. I'm sorry not to send a mail as soon as we returned to Japan. After coming back Japan, I caught a cold and had high fever. Maybe from exhausting. But now I'm fine. By the way, thank you very much for your help when we visited your school. We had a good time to see and feel what was going on there. Some is same as Japan and others are different. But I am very impressed. Anyway, we really appreciate you. And I would like to keep in touch with you through E-mail. ... So this time I will say good bye. But I'm sure to write a mail again. Take care and one more time I will say thank you very much. Sincerely yours, Yayoi Ishihara Erleben - begreifen Projektwoche 27. 9. 1999 - 1. 10. 1999 Urlaub am Bauernhof in St. Lorenzen am Wechsel Montag, 27. 9. 1999 In der Früh fuhren wir mit zwei Bussen von der Schule los. Im Bus hatten wir viel Spaß. Nach zwei Stunden kamen wir in St. Lorenzen auf dem Bauernhof an. Dort war es schön. Frau Binder begrüßte uns herzlich. Wir packten unsere Taschen aus und liefen auf die Wiese spielen. Nach der Mittagspause erkundeten wir den Hof. Hinter dem Haus lag gepresstes Heu, Silofutter genannt. Es begann zu regnen. Wir flüchteten in einen Schuppen. Dort schauten wir uns einen Heuwagen und einen schön aufgestapelten Holzstoß an. An diesem Tag machten wir noch eine Lesestunde und einen Spaziergang. Abends gingen wir in unsere Zimmer und hörten Geschichten. 11 Speiseplan: Mittagessen: Schnitzel mit Reis und Salat Abendessen: Kaiserschmarren mit Kompott Dienstag, 28. 9. 1999 In der Früh gingen einige der Kinder mit Frau Ettl in den Wald. Dort entdeckten sie eine Futterkrippe und einen Bach. Eine zweite Gruppe war mit der Turnlehrerin, Frau Esterer, unterwegs. Sie machten ein Morgentraining und kamen dabei ganz schön ins Schwitzen. Die restlichen Kinder schrieben ihre ersten Eintragungen in das Tagebuch. Am Nachmittag wurden leider Tomi und Slavica krank und mussten das Bett hüten. Herr Binder zeigte den anderen den Bauernhof. Zuerst besuchten wir den Hühnerstall. Wir hielten eine Henne in der Hand. Danach gingen wir zu den kleinen Kälbern in den Kuhstall. Dort lernten wir eine Tränke, die Futterrinne und das Mistförderband kennen. Der Bauer erklärte uns auch den Milchkühler. Dann führte er uns eine Runde mit dem Traktor. Wir standen auf dem Anhänger. Dieser wurde gekippt - immer höher und höher. Das war aufregend, wir schrien laut. Zum Schluss waren wir auf dem Heuboden. Wir ließen uns in das weiche Heu fallen. Abends spielten wir noch das Würfelspiel. Mittwoch, 29. 9. 1999 Wir spazierten mit Frau Ettl zum Bach und nahmen das Plätschern des Wassers auf dem Kassettenrekorder auf. Das machte viel Spaß. Wir schrieben auch wieder ins Tagebuch und liefen dann mit Magda eine längere Strecke. In der Mittagspause erholten wir uns. Am Nachmittag waren wir mit Oma Binder in der Backstube. Dort formten wir den Teig. Dann schob Frau Binder unser Brot in den Ofen. Wir marschierten inzwischen mit leeren Kübeln und einer Harke auf das Kartoffelfeld. Wir gruben eifrig in der Erde und fanden viele Erdäpfel. Anschließend wuschen wir die Kartoffeln und wickelten sie in Folie. Im nahen Wald sammelten wir Äste und Holzstöcke für das Lagerfeuer. Herr Binder hängte den Rost für die Würstchen auf. Die Kartoffeln wurden in die Glut geworfen. Bald war unser Essen fertig. Wir ließen es uns gut schmecken. 12 Donnerstag, 30. 9. 1999 An diesem Nachmittag machten wir einen Besuch in einer Mühle. Auf einer Wiese, an der ein Bach vorbeifließt, steht ein kleines Häuschen. Das Wasser wird in Holztrögen an die Mühle herangeführt, es füllt die Kammern des Rades, das sich dadurch bewegt. Die Achse des Mühlrades ist mit dem Mahlwerk im Innern der Mühle verbunden. Wir kletterten einen Abhang hinunter, so dass wir in die Nähe des Rades kamen, das wir dann auch bewegen konnten. Unser Rückweg führte uns durch einen Wald, in dem wir Moos, kleine Fichten, Föhren und Lärchen abtasten konnten. Auf der angrenzenden, etwas abfallenden Wiese hielten wir kurz Rast. Manche ließen sich einfach nur ins Gras fallen, während die Sonne auf ihre Nasenspitze schien. Andere fanden Spaß daran, sich den Hang hinunterrollen zu lassen. Nach dem Abendessen wartete noch eine große Überraschung auf uns. Der Bauer brachte uns mit dem Traktor zu einem Imker. Dieser erklärte uns vieles über das Leben der Bienen und die Gewinnung von Honig. Die Traktorfahrt zurück in der Abenddämmerung war sehr spannend, vor allem auch deshalb, weil wir am Schluss der Fahrt wieder das Kippen miterleben durften. Freitag, 1. 10. 1999 Ein aufregender Morgen begann, der Tag unserer Abreise. Jeder versuchte all seine Sachen zu finden und einzupacken. Um 8 Uhr frühstückten wir leckere Honigbrote. Im Aufenthaltsraum hatte Frau Panzer inzwischen die Elektronenorgel aufgestellt und wir sangen in ausgelassener Stimmung Lieder. Dann holte sich jedes Kind ein Schlaginstrument und wir marschierten, tanzten und hopsten zum Rhythmus der Musik. Um ca. 9:30 Uhr kamen die Busse und wir fuhren zum Institut zurück. Eine ereignisreiche Projektwoche war damit zu Ende gegangen. 3./4. VS Eva Hannemann, Edith Panzer 13 Spezialbeiträge Überall und jederzeit - weltweit Wertschätzung und Dankbarkeit für Louis Braille! Gerne habe ich das Ersuchen von Direktor OStR Prof. Haslinger für diesen Beitrag aufgegriffen, war ich doch 56 Jahre mit dem BBI engstens verbunden - schulisch und 45 Jahre beruflich, und zwar in der Blindenbücherei und -druckerei, also in einem Beruf, dessen Voraussetzung überwiegend die Kenntnis der Brailleschrift bedingt und zudem ein Beruf, der blinden Menschen ein hohes Maß an selbstständiger Entfaltungsmöglichkeit bietet. Ich bin Louis Braille besonders dankbar und hoffe, dass sich nie die immer wiederkehrenden Absichten durchsetzen die Blindenschrift abzuschaffen und sich nur auf Akustik zu beschränken. Dem Leserkreis dieser seit einigen Jahren stetig "sprudelnden" Informationsquelle über Unterricht von sehbehinderten und blinden Schülerinnen und Schülern ist Louis Braille am BBI als Schöpfer der Blindenschrift sicher hinlänglich bekannt. Die Geburt des selbst von Blindheit betroffenen bedeutendsten Pioniers für die Bildung der blinden Menschen der ganzen Welt vor 190 Jahren ist ein freudig und dankbar wahrgenommener Anlass sich sein Leben, Werk und Wirken in Erinnerung zu rufen. Welche Bildungsmöglichkeit blinder Menschen war zur Zeit Brailles erreicht und welche Wende hat er bewirkt? Durch Jahrtausende war der behinderte Mensch einem kargen, ja elendsvollen Dasein ausgesetzt. Seine Stellung in der Gesellschaft wandelte sich - in großen Zügen skizziert - von der Ächtung über Duldung und dem Zugeständnis der Öffentlichkeit auf das Recht, insbesondere des Blinden, für Bettel- und Almosenempfang bis zur Befürsorgung. Erst die etwa um die Mitte des 18. Jahrhunderts, dem Jahrhundert der Aufklärung, aus christlicher Erziehung, Humanismus und Aufklärung resultierende allgemein Platz greifende Bildungstendenz bezog das behinderte Kind in diesen Prozess ein. "Die gezielte Hilfe zur Selbsthilfe entwickelte sich erst allmählich danach." Für das blinde Kind wurde der Weg der schulischen Bildung 1784 eröffnet. Mit der Begründung der weltweit ersten Blindenschule in Paris hatte Valentin Haüy diese epochale Wende herbeigeführt. Um den blinden Schülern das Lesen zu ermöglichen, ersann er den Reliefdruck. Der Unterricht bedingte aber auch die Fähigkeit des Schreibens. Hiefür die Praktiken der Sehenden anzuwenden, stieß auf viel größere Schwierigkeiten. Die diesbezüglichen Versuche brachten auch tatsächlich keine voll zufrieden stellende Lösung. Eine Schrift für Blinde sollte nämlich denselben Kriterien gerecht werden wie die Schrift der Sehenden: sie musste schnell und deutlich geschrieben und auch wieder gelesen werden können. Neben 14 dem Unterrichtszweck sollte sie auch persönliche Aufzeichnungen und den Briefwechsel Blinder untereinander ermöglichen. Vor allem aber musste der Tastsinn für das Erschließen der literarischen Schätze bestens eingesetzt werden können. Interessanterweise erkannten besonders intuitive Menschen eine totale Abweichung von der Schrift der Sehenden als einen geeigneten Weg. Es fügte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts, dass man im französischen Heer um eine geheime Nachrichtenübermittlung, die auch in der Dunkelheit möglich sein sollte, sehr ehrgeizig bemüht war. Um 1820 hatte der französische Artillerieoffizier Barbier De La Serre (1767-1841) ein System mit 6 Punkten in der Höhe und 2 Punkte in der Breite zur Darstellung der 36 Grundlaute der französischen Sprache erarbeitet. Diese Schrift wollte er auch von Blinden genützt wissen und stellte sie am 11. April 1821 im Nationalinstitut für junge Blinde in Paris vor. Zwar wurde auch dieses Schriftsystem den Bedürfnissen der blinden Anwender nicht voll gerecht, erwies sich aber durch die geradlinig punktierten Zeichen allen bisherigen Verfahren gegenüber als wesentlich geeigneter. Die 1784 in Paris begonnene Blindenbildung setzte Johann Wilhelm Klein 1804 mit der Aufnahme des Unterrichts blinder Kinder im deutschen Sprachraum sehr bedeutsam und vielfach anregend fort. Dem Idealismus starker Persönlichkeiten ist es zu danken, dass in rascher Folge vielerorts Blindenschulen und Blindenheime entstanden. Ein Ereignis in dieser Zeit und wieder in Frankreich - sollte sich jedoch als noch viel wichtiger für die fundierte Blindenbildung erweisen: Am 4. Jänner 1809 erblickte in Coupvray, einem etwa 35 km östlich von Paris gelegenen Ort, elf Jahre nach dem dritten Kind der Eltern Monique und Simon Braille, Louis Braille das Licht der Welt. Heiter, aufgeweckt und wissbegierig wächst der gesunde Knabe heran. Gerne hält er sich bei seinem Vater in der Sattlerwerkstätte auf. Hier sieht er nicht nur interessiert beim Arbeiten zu, sondern will auch alles nachmachen. Doch dieser wichtige natürliche Nachahmungstrieb wird ihm zum Verhängnis! Im vierten Lebensjahr verletzt er sich mit einem scharfen Werkzeug ein Auge. Die verursachte Entzündung befällt auch das andere Auge und innerhalb von zwei Jahren ist er völlig erblindet. Durch ein tragisches Schicksal wird Louis Braille seinem künftigen wertvollen Werk und seinem beglückenden Wirken für blinde Menschen als einer der Ihren zugeführt! Seine guten Anlagen und sein Wissensdrang erleiden durch den harten Schicksalsschlag keine Beeinträchtigung. Er besucht die Dorfschule und ist ein aufmerksamer und fleißiger Schüler. Beeinträchtigt bleibt jedoch seine Bildungsentfaltung, weil ihm die optischen Eindrücke und vor allem der uneingeschränkte Zugriff auf die Schrift fehlen. Gegen letzteres weiß sein Vater erstaunlich wunderbare Abhilfe: Er schlägt in eine Holzplatte Tapezierernägel in der Form der lateinischen Großbuchstaben und macht 15 Louis so mit der Schrift der Sehenden vertraut. Gleichzeitig lernt dieser auch den Tasteindruck von erhabenen runden Punkten kennen, was sich bei der Schaffung der Blindenschrift als sehr dienlich herausstellt. Trotz dieses nützlichen Hilfsmittels erkennt der Dorfpfarrer, der Louis Vorschulunterricht erteilt hat, dass dessen hervorragende Begabungen im Nationalinstitut für junge Blinde in Paris besser entfaltet würden. Am 15. Februar 1819 tritt Louis Braille in das Institut ein, wo er mit erst 16 Jahren sein weltumspannendes Lebenswerk vollbringen soll. Im Unterricht fällt er durch leichtes Lernen und besonderen Fleiß auf, was ihm viele Auszeichnungen einträgt. Zusätzlich besucht Braille auch Veranstaltungen an etlichen Schulen. Unterricht in Klavier, Generalbass und Orgel erhält er kostenlos am Konservatorium. Direktor Pignier trifft folgende Beurteilung: "... begabt mit leichter Auffassungskraft und einem lebhaften Geiste von wunderbarem Scharfsinn, macht er sich bald durch Fortschritte und Erfolge bemerkbar." Die musikalische Ausbildung gipfelt in der Organistenstelle von St.-Nicolas-Des-Champs ab 1828. Neben seiner schulischen Betätigung fühlt sich Louis Braille immer leidenschaftlicher in den Bann der Idee gezogen, möglichst bald eine geeignete Schrift für Blinde zu ersinnen, nicht zuletzt besonders forciert durch die von Barbier 1821 vorgelegte 12-Punkteschrift. Wie den Quellen zu entnehmen ist, unterzogen die Schüler dieses neue System einer kritischen Prüfung, wurden andererseits aber auch angeregt, Musiknoten mit punktierten Zeichen wiederzugeben. Die von den Schülern Barbiers aufgezeigten Mängel ließ dieser jedoch nicht gelten. Umso eifriger widmet sich Louis Braille der Beseitigung derselben. Als Blinder, der auf den Tastsinn angewiesen ist, ist ihm bald klar, dass Buchstaben mit bis zu sechs Punkten am besten erfassbar sind. "Wer denkt beim Würfeln eines Sechsers, dass es sich da um das Grundzeichen des Brailleschen Blindenschriftalphabets handelt?" In vier Jahren hat es Louis Braille geschafft: Ein ganz einfaches System ist ersonnen, in welchem aus bis zu sechs Punkten alle Buchstaben, Satzzeichen, Ziffern, Musiknoten weltweit einheitlich wiedergegeben werden können. 1825 erschien die erste ausführliche Beschreibung der "Braille-Schrift"! Diese Schrift deckte die weiter vorne aufgeführten Anforderungen der blinden Benützer in bester Weise ab. Verschiedene Schreibtafeln wurden konstruiert und 1829 erschien das erste mit Brailletypen gedruckte Buch. In der 1837 erschienenen neuen Auflage war bereits die Musiknotation enthalten. Heute wissen wir, dass sich Braille-Schrift auch bestens für die Nutzung der elektronischen Notationsgeräte einsetzen lässt, als wäre sie geradezu dafür bewusst geschaffen worden! - Doch bis zur Durchsetzung und allgemeinen Anerkennung dieser genialen Schöpfung und bahnbrechenden Neuerung zum Nutzen der Blindenbildung war noch ein 16 hürdenreicher Weg zurückzulegen, entgegen der augenblicklich zuteil gewordenen Förderung. 1828 setzte die Institutsleitung Braille als Hilfslehrer ein. Dadurch war zwar kein finanzieller Vorteil gegeben; immerhin erhielt er ein eigenes Zimmer. Ansonsten trug er nach wie vor die Schüleruniform - Rock und Hose aus schwarzem Tuch -, die lediglich durch eine unauffällig aufgenähte Stickerei am Rock den Lehrer erkennen ließ. Wenige Jahre später ernannte man ihn zum Lehrer. Dieser verdiente berufliche Aufstieg wurde jedoch bedrohlich getrübt. 1829 machten sich erste Anzeichen eines Lungenleidens bemerkbar! 1835 wird Tuberkulose zur traurigen Gewissheit. Immer häufiger muss Braille seine Unterrichtstätigkeit unterbrechen. Die Ursache der Erkrankung ist in den ungesunden Unterkunftsverhältnissen im Institutsgebäude anzunehmen. 1838 schrieb der Dichter Lamartine (1790-1869) nach einem Besuch des Blindeninstitutes an die Deputiertenkammer: "Jede Beschreibung der Baulichkeiten kann ihnen kein Bild geben von den engen Räumen. Ekelhaft und finster sind diese kleinen Kammern, die man Unterrichtsräume nennt. Diese krummen, wurmstichigen Treppen! Ich begnüge mich, meine Herren, der Kammer zu versichern, dass das Geld des Haushalts niemals besser angewandt wird, als den Geist derer zu fördern, denen die Natur den kostbarsten unserer Sinne geraubt hat." Dieser eindringliche Appell bewirkte einen Neubau, der am 11. November 1843 bezogen werden konnte. Für Braille leider zu spät! Seine Gesundheit schien zunächst zwar gebessert, doch ließen seine Kräfte dann rapide nach, sodass er 1851 um seine Entlassung bat. Im Dezember desselben Jahres erfolgte die Verlegung Brailles ins Krankenzimmer. Und gerade in dieser Zeit der lebensbedrohenden Erkrankung wurde Braille ein schmerzlicher Rückschlag bei der Durchsetzung seines Lebenswerkes zugefügt. Seiner Schrift wurde die weitere Zustimmung und Förderung verweigert, weil man fürchtete - so die Argumentation -, die blinden Menschen in ein Getto zu drängen. Abgesehen von einem kleinen Freundeskreis hatte niemand die weltumspannende Bedeutung seiner Schöpfung erkannt. Demgegenüber hier die Beurteilung des Experten Rackwitz: "Bei Ihrer leichten Erlernbarkeit, Ihrer großen Tastbarkeit, bei der Schnelligkeit und Sicherheit in der Darstellung und der Leichtigkeit, etwaige Schreibfehler zu verbessern, bei der Einfachheit und geringen Anzahl ihrer Zeichen, bei Ihrer Anwendbarkeit auf alle alphabetischen Sprachen ist sie die verbreitetste Reliefschrift für Blinde geworden." Den triumphalen Siegeszug seines Werkes um die Welt erlebte Louis Braille nicht. Er starb zwei Tage nach Vollendung seines 43. Lebensjahres am 6. Jänner 1852. Erst 1878 wurde die Brailleschrift auf einem Kongress in Paris offiziell zur internationalen Methode für den Unterricht in Blindenschulen erklärt. Auch das Punktdruckverfahren war jetzt technisch gelöst. In vielen Blindenschulen wurden Blindenschriftdruckereien 17 eingerichtet. In Wien geschah dies 1889. Um den blinden Lesern rasch möglichst viel Literatur zugänglich zu machen, stellten sich viele sehende ehrenamtlich in den Dienst dieser edlen Sache. Beim Übersiedeln der Wiener Blindenschule 1898 in das neue Gebäude in der Wittelsbachstraße standen schon hundert Bände zur Verfügung. 1910 hatte sich die Bändezahl der Leihbücherei bereits auf 7.000 erhöht! Derzeit beträgt der Buchbestand rund 21.000 und die Druckerei kann mit modernster technischer Ausstattung die literarischen Erfordernisse der Schule und die Wünsche der erwachsenen Büchereibenützer zufrieden stellend abdecken. Diesen Zutritt und Zugriff auf reichhaltiges Literaturgut durch selbstständiges Lesen danken wir dem Schöpfer der Blindenschrift - Louis Braille! "Haüy hatte die erste Epoche der Blindenbildung eingeleitet; mit Brailles Punktschrift begann eine zweite. Millionen von Menschen, die ehemals der Unwissenheit ausgeliefert waren, wurden dem Dunkel der Nacht entrissen." Spät, aber doch, wurde dem bedeutendsten blinden Menschen der ihm gebührende Ruhm zuteil: 1887, als sich sein Todestag zum fünfundzwanzigsten Mal jährte, wurde im Beisein von tausenden Menschen in Coupvray, dem Geburtsort Louis Brailles, das von blinden Freunden gestiftete Denkmal am Dorfplatz enthüllt. Und 1952, 100 Jahre nach Brailles Tod, lud die französische Regierung blinde Menschen aus allen Ländern der Erde zu einer Gedenk- und Festwoche nach Paris ein. Der Erzbischof zelebrierte die Gedenkmesse in der Kathedrale NotreDame in Paris. Die Beisetzung der auf dem Friedhof von Coupvray ausgegrabenen Gebeine im Pantheon geschah mit dem großen Staatsritual Frankreichs. Nur die Hände des Erfinders wurden auf Wunsch des Bürgermeisters von Coupvray in einer Urne aus weißem Marmor wieder in seinem Grab bei der Dorfkirche bestattet. In der Grabkammer Nummer 25 wurde als einziger Schmuck ein Lorbeerkranz aufgehängt, dessen Schleife die Aufschrift trägt: LOUIS BRAILLE - LES AVEUGLES DU MONDE - LOUIS BRAILLE - DIE BLINDEN DER WELT Regierungsrat iR Anton Hartig Resolution zur Bedeutung der Brailleschrift I. Thesen und Forderungen Die Brailleschrift stellt ein Kulturgut dar, das nicht leichtfertig aufgegeben werden darf. 18 Wer die Brailleschrift nicht als Medium der Kommunikation benutzt, übt den Umgang mit dieser Schrift nicht. Seine Möglichkeiten zur Kommunikation reduzieren sich auf die Nutzung der Sprache. Er wird zum Analphabeten. Wer Namen und Wörter nicht korrekt schreiben kann, wird für weniger gebildet gehalten. Lernen nach schriftlichen Unterlagen (einschließlich Tabellen, Diagrammen und Skizzen) unterscheidet sich gravierend vom Lernen akustischer Inhalte. Wer keine Schrift hat, dem fehlt der optisch-taktile Zugang zu Informationen. Informationen auf Datenträgern sind eine wichtige Informationsquelle für blinde Menschen. Erst die Anpassung des Text-Layouts an die Erfordernisse des taktilen Lesens ermöglicht in vielen Fällen die vollständige Aufnahme und Verarbeitung der vorhandenen Informationen (Überblick gewinnen, rasches Bewegen im Text, ...). Das 8-Punkte-Computerbraille ist kein Ersatz für, sondern eine Ergänzung zum 6-Punkte-Literaturbraille. Die Brailleschrift muss als Grundlage jeder schulischen und beruflichen Ausbildung anerkannt und vermittelt werden. Die Blindenvollschrift muss in den ersten Jahren der Grundschule allen blinden Kindern gelehrt werden. Mit Rücksicht auf die Form eines Textes soll das Schreiben der Brailleschrift von Schulanfängern nicht sofort am Computer erlernt werden, sondern zunächst mit Punktschriftmaschine und Schreibtafel. Spätestens ab der fünften Schulstufe der Pflichtschule muss blinden Schülern die Kurzschrift als Lehrinhalt angeboten werden, besonders jenen an Regelschulen. Pädagogisches Personal muss zumindest über Grundkenntnisse in Braille verfügen, noch besser darüber hinausgehend. Alle in Ausbildung stehenden Blindenlehrer müssen über den Umgang mit Blindenvollund Blindenkurzschrift entsprechende Qualifikationsprüfungen ablegen. Grundkenntnisse in Mathematik- und Musiknotenschrift müssen im Rahmen der Ausbildung ebenfalls vermittelt werden. Blinden Schülerinnen und Schülern muss im Informatikunterricht die Möglichkeit geboten werden, das 8-Punkte-Computerbraille zu erlernen. Die Vermittlung der Brailleschrift muss als fixer Bestandteil in jeder Rehabilitationsmaßnahme enthalten sein. 19 In regelmäßigen Abständen müssen Fortbildungsseminare für Menschen, die mit der Bildung Blinder zu tun haben, angeboten werden. Die Blindenschulen sollen für alle Blinden- und Sehbehindertenlehrer in Österreich eine zentrale Informationsstelle für Fragen im Zusammenhang mit der Brailleschrift werden. II. Zur Bedeutung der Brailleschrift und ihrer Spezialsysteme für blinde Menschen in Schule, Ausbildung und Beruf sowie für die Rehabilitation Erwachsener 1. Anlässe: Immer wieder wird in den Kreisen jener, die sich als Spezialisten für die Bildung blinder Menschen betrachten, Zweifel an der Notwendigkeit geäußert, die bestehenden Schriftsysteme in Braille beizubehalten. Insbesondere wird die Notwendigkeit der Blindenkurzschrift angezweifelt, die man heutzutage im Zeitalter des Computers für veraltet, für zu aufwendig und zu kompliziert hält. Ein Gutachten, das 1991 im Fachbereich Pädagogik der Universität Innsbruck erstellt wurde, bezeichnet die Blindenkurzschrift als "unnützen Ballast". Vorgeschlagen wird hingegen, dass blinde Menschen bereits in der Grundschule statt der bisherigen 6-Punkte-Brailleschrift das 8-Punkte-Computerbraille lernen, wodurch das Arbeiten am Computer für den Schüler wesentlich erleichtert wird. Solche Anschauungen - vertreten vor allem von Pädagogen, die im Computer ein Allheilmittel für sehgeschädigte Schüler erblicken - führen in letzter Konsequenz zur Abschaffung der Blindenkurzschrift, ja sogar zur Abschaffung der Blindenvollschrift. Das Bildungskomitee des Österreichischen Blindenund Sehbehindertenverbandes muss solchen Tendenzen im Schulwesen mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Im Folgenden möchten wir nochmals die Wichtigkeit der bestehenden Braillesysteme darlegen: 2. Brailleschrift als Basis für Kommunikation und Lernen: Nach wie vor bildet die 6-Punkte-Schrift von Louis Braille die elementare Grundlage in der schulischen und beruflichen Ausbildung Blinder. Zu dieser 6-Punkte-Schrift gibt es noch keine gleichwertigen Alternativen. Dieser Schrift ist es vornehmlich zu verdanken, dass blinde Menschen höhere Schulen besuchen und studieren können und dass sie heute Berufe ausüben, die früher undenkbar waren. Wir fordern daher mit allem Nachdruck, dass die Brailleschrift als Grundlage jeder schulischen und beruflichen Ausbildung auch weiterhin anerkannt und vermittelt wird. Eigenwillige Experimente mit anderen Schriftsystemen halten wir für nicht zielführend, ja sogar für unverantwortlich gegenüber den Schülern. 20 3. Die Brailleschrift ist leicht erlernbar und leicht lesbar: Die 6-Punkte-Schrift von Louis Braille konnte sich vor allem deshalb weltweit durchsetzen, weil sie leicht erlernbar ist und weil sie insbesondere leicht lesbar ist. Dank dieser Schrift können blinde Kinder die Elementartechniken des Lesens und Schreibens relativ schnell erlernen. Um das Lesen dieser Schrift zu erleichtern, wurden für häufig auftretende Laute und Konsonantenverbindungen Kürzungen eingeführt. Damit war die so genannte Blindenvollschrift entstanden. Wir fordern, dass diese Blindenvollschrift in den ersten Jahren der Grundschule allen blinden Kindern gelehrt wird. Sie bildet die Basis, auf der weiter aufgebaut werden kann. Das Schreiben der Brailleschrift sollte von Schulanfängern nicht sogleich am Computer erfolgen, wie manche angeblichen Fachleute vorschlagen, sondern zunächst mit den altbewährten Hilfsmitteln: Punktschriftmaschine und Schreibtafel. Nur so kann der blinde Schüler ein Gefühl für die Formgestaltung eines Blattes bekommen. 4. Optimierung der Brailleschrift durch die Kurzschrift: Um die Lesbarkeit der Brailleschrift zu optimieren, wurde die Blindenkurzschrift eingeführt. In der Tat können Blinde einen in Kurzschrift verfassten Text mit derselben Geschwindigkeit lesen wie Sehende den Normaldruck. Durch die Kurzschrift konnte auch der Umfang der Braillebücher wesentlich reduziert werden. Fast alle Bücher in den Braillebüchereien sowie zahlreiche Zeitungen und Fachzeitschriften sind in Kurzschrift gedruckt. Wer also die Kurzschrift nicht lesen kann, hat keinen Zugang zu dieser vorhandenen Literatur und damit keine Möglichkeit sich auf diesem Weg weiterzubilden. Es wäre unverantwortlich, wenn blinde Schüler keinen oder nur einen unzureichenden Kurzschriftunterricht erhielten. Mit allem Nachdruck fordern wir daher, dass ab der fünften Schulstufe blinde Schüler, die dazu in der Lage sind, die Kurzschrift lernen müssen. Im Besonderen denken wir dabei an die zahlreichen blinden Schülerinnen und Schüler, die an Regelschulen integriert sind. In diesem Zusammenhang fordern wir auch, dass alle Schüler, die eine weiterführende Schule besuchen, zumindest die englische Kurzschrift lernen, da auch ein Großteil der Braillebücher und Zeitschriften in englischer Kurzschrift gedruckt sind. 5. Flexibilität durch Vielzahl der Schriftsysteme: Ein großer Vorzug der 6-Punkte-Schrift liegt in ihrer Flexibilität und vielseitigen Anwendbarkeit. So gibt es in Braille eine eigene Musiknotenschrift, ein eigenes Mathematikschriftsystem, das selbst für Hochschulmathematik ausreichend ist. Ferner lassen sich in Braille auch physikalische und chemische Symbole darstellen. Wer blinde Schüler betreut, insbesondere an Haupt- und allgemein bildenden höheren Schulen, wird nicht umhin kommen, sich auch mit diesen Schriftsystemen 21 zu befassen. Wir fordern, dass beim pädagogischen Personal zumindest Grundkenntnisse in Braille vorhanden sein müssen, bei Bedarf auch darüber hinausgehend. 6. Das Computerbraille ist eine 8-Punkt-Brailleschrift: In den letzten Jahren hat sich insbesondere der Computer mit zusätzlichem Brailledisplay als ausgezeichnetes Hilfsmittel für Blinde erwiesen. Die Integration blinder und hochgradig sehbehinderter Schülerinnen und Schüler ist durch den Einsatz des Computers wesentlich erleichtert worden. Der Computer bietet den blinden Menschen Zugang zu völlig neuen Informationssystemen und eröffnet neue Möglichkeiten im Berufsleben. Eine gute Grundausbildung an den Schulen erleichtert später den professionellen Umgang mit dieser neuen Technologie. Auch hier ist aber die Beherrschung des Computerbraille unerlässlich. Dieses Computerbraille wurde jedoch von einer 6-Punkte-Schrift auf eine 8-Punkte-Schrift erweitert, wodurch wesentlich mehr Zeichen auf der Braillezeile darstellbar sind. Wir betonen aber nochmals, dass diese 8-Punkte-Schrift kein Ersatz für die herkömmliche 6-Punkte-Schrift ist. Wir fordern aber, dass allen blinden Schülerinnen und Schülern im Informatikunterricht die Möglichkeit geboten wird, dieses für das Berufsleben so wichtige Computerbraille zu erlernen, um den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern. 7. Brailleschrift und die Rehabilitation späterblindeter Menschen: Zuletzt muss noch die Bedeutung der Brailleschrift für die Rehabilitation erblindeter Erwachsener betont werden. Die Erlernung der Brailleschrift ist für Späterblindete eine nicht zu unterschätzende Maßnahme, da sie nicht nur den Erwachsenen im Alltagsleben hilft, sondern weil sie diesen betroffenen Personen, die wieder das Gefühl haben, trotz ihrer Erblindung lesen und schreiben zu können, einen enormen psychischen Druck nimmt. Wir fordern daher, dass die Vermittlung der Brailleschrift als fixer Bestandteil in jeder Rehabilitationsmaßnahme berücksichtigt wird. III. Schlussfolgerungen 1. Die bestehenden Schriftsysteme in Braille haben an Relevanz auch in der heutigen Zeit nichts eingebüßt. Ihre Erlernung ist nach wie vor eine Grundvoraussetzung für eine erfolgversprechende schulische und berufliche Ausbildung. 2. In der Blinden- und Sehbehindertenlehrerausbildung ist besonderer Wert auf die Erlernung der Blindenvoll- und Blindenkurzschrift zu legen. Wir fordern: Alle in Ausbildung stehenden Blindenlehrer müssen in beiden Schriftsystemen entsprechende Qualifikationsprüfungen ablegen. 22 3. In der Ausbildung müssen ebenfalls Grundkenntnisse in Mathematikund Musiknotenschrift vermittelt werden. 4. Da es auch in der Brailleschrift immer wieder Neuerungen gibt (zuletzt durch die Rechtschreibreform), müssen in regelmäßigen Abständen Fortbildungsseminare angeboten werden, damit die Blindenlehrer ihr Wissen auf den neuesten Stand bringen können. Die Blindenschulen könnten diese Aufgabe übernehmen und für alle Blinden- und Sehbehindertenlehrer in Österreich eine zentrale Informationsstelle für Fragen im Zusammenhang mit der Brailleschrift werden. 5. Da blinden Menschen trotz modernster Technik der Zugang zum Druckwerk letztlich verschlossen ist, stempelt die mangelnde Beherrschung einer "Verkehrsschrift" den blinden Menschen quasi zum Analphabeten und verhindert so den wahren Zweck der Integration: nämlich die Akzeptanz als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. Es ist unvernünftig, ja geradezu leichtfertig bis verantwortungslos, die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte auf dem Gebiet der Integration durch die Abschaffung eines bedeutungsvollen Kommunikationsmediums zunichte zu machen. Motiv für diese Intensionen kann keineswegs die Besserstellung blinder Menschen sein. Bildungskomitee im Österreichischen Blinden- und Sehbehindertenverband Ehemalige Schüler Elfriede Wurnig Blind - und trotzdem gerne in den Bergen! Immer wieder wird mir die Frage gestellt, was mich denn reize, in die Berge zu gehen. Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Ich will dies tun, indem ich schildere, wie ich eine Bergtour erlebe. RUCKSACKFÜHRUNG Meine Freundin führt mich, indem ich mich am Rucksack fest halte. Dadurch ist es möglich, sehr schmale Steige zu begehen. Diese Rucksackführung hat zusätzlich den großen Vorteil, dass der Blinde jede Geländeveränderung leicht und rasch erfassen kann, da der Rucksack jede Bewegung des Begleiters wiedergibt. Christl, meine Freundin, weiß, dass sie große Hindernisse nicht einfach übersteigen darf, sondern dass sie auf das Hindernis draufsteigen oder es umgehen muss. Sie weiß auch, dass sie rasche Körperdrehungen vermeiden soll, da der Rucksack jede Bewegung des Begleiters auf mich überträgt. Dies kann auf einem 23 ausgesetzten Steig fatale Folgen haben, wenn der Partner eine unbedachte Drehung durchführt. Sonntagmorgen - eigentlich kein rechtes Wetter für eine Bergtour. Nachdem Christl und ich bereits am Vortag eine Tour auf den Muttekopf, 2777 Meter, unternommen hatten, wollten wir den Sonntag noch nützen um die Vordere Plattein zu besteigen. Sie ist 2562 Meter hoch. TREFFPUNKT NARRENKREUZ So machen wir uns um zirka sieben Uhr auf den Weg. Über den Plattigsteig geht es zum Narrenkreuz, wo wir noch einige Bergkameraden treffen wollen. Der Plattigsteig weist auch für einen Bergsteiger, der nicht sehen kann, keine besonderen Schwierigkeiten auf. Es gibt zwar einige Stellen, die mit Drahtseilen gesichert sind. Diese Hilfen nehme ich sehr gerne in Anspruch. Mit einer Hand am Rucksack und der anderen am Drahtseil überwinde ich die schmalen Stellen ohne besondere Schwierigkeiten. Etwas nach acht Uhr treffen wir mit den anderen zusammen und gemeinsam geht es einen steilen Wiesenhang und anschließend eine kleine Schotterhalde bergauf bis zum Einstieg in die Geisterburg. Dieses Stück des Weges wird deshalb so genannt, weil es Sandsteinformationen enthält, die verschiedene Figurendeutungen zulassen. OBEN IST‘S WUNDERSCHÖN Nach dem Erreichen eines Joches und dem Durchsteigen eines Quergangs kommen wir zu einer für Nichtsehende nicht ganz leichten Kletterei. Mittlerweile haben sich die Regenwolken verzogen und hin und wieder wärmen uns ein paar Sonnenstrahlen. Vom vortägigen Hochwetter und dem starken Regen ist der Weg etwas feucht und rutschig, was für mich nicht ganz einfach ist. Es ist aber trotzdem wunderschön, hier oben zu sein. Ich weiß, Christl wird mich so achtsam führen, dass mir nichts zustoßen kann. Voll und ganz vertraue ich mich ihrer Führung an. Dieses Vertrauen entbindet mich aber nicht davon selbst sehr aufmerksam hinter Christl zu gehen und auf jeden Schritt zu achten. Auch als Blinde habe ich eine gewisse Verantwortung mitzutragen. Vor allem muss ich auf das achten, was mir meine Begleiterin zu sagen hat. Wenn Christl sagt: Bleib stehen!, so muss ich das wirklich tun. Mir macht es großen Spaß, mich im Fels zu bewegen. Da fühle ich mich wesentlich sicherer als auf einem ausgesetzten Steig. Das deshalb, weil ich im Fels die Hände zu Hilfe nehmen kann. 24 DER FELS GIBT SICHERHEIT Nach einer Kletterei von ca. drei viertel Stunden haben wir den Gipfel erreicht. Noch einmal müssen wir einige heikle Stellen überwinden und dann stehen wir vor dem Gipfelkreuz. Mit einem kräftigen Bergheil und auch mit einem Gipfelbusserl für alle freuen wir uns, dass wir den Aufstieg so gut geschafft haben. Nach einer zünftigen Jause und einer längeren Rastpause, in der wir die Sonne genießen und die Bergdohlen füttern, beginnen wir den Abstieg. Der Abstieg erfordert mindestens genauso viel Aufmerksamkeit wie der Aufstieg. Manchmal wird es notwendig, dass mir Christl den Fuß auf einen richtigen Tritt stellt. Beim Abstieg ist Christl so wie auch beim Aufstieg vor mir, da wir keine Seilsicherung benützen, weil die dort nicht erforderlich ist. Am Joch noch einmal eine kleine Trinkpause. DIE SCHÖPFUNG ERFAHREN Christl zeigt mir das Wunder einer winzigen Pflanze, die aus einer Felsenritze wachsen kann. Das lässt mich das Wunder der Schöpfung erahnen. Noch etwas vorsichtig geht‘s durch die Geisterburg abwärts. Dann laufen wir den Wiesenhang hinunter zum Narrenkreuz. Hier sind die Bergblumen bereits verblüht. Aber wenn wir eine Frühlingstour machen, zeigt mir meine Freundin, was es zu sehen gibt. Da habe ich Gelegenheit, den blauen Wiesenenzian zu befühlen oder die Zartheit der Brunelle zu bestaunen. So wird jede Bergtour auch für mich zu einem einmaligen Erlebnis. Vom Narrenkreuz geht‘s durch den Wald auf einem schmalen und wurzeligen Steig hinunter zur Latschenhütte. Der Waldweg ist noch nicht abgetrocknet und so müssen wir darauf achten nicht auszurutschen. Während des Gehens atme ich den würzigen Duft der Nadelbäume ein und fühle auch noch die leichte Schwüle, die über dem Wald liegt. So haben wir einen erfüllten Bergtag hinter uns. Das Auto bringt uns nach Imst zurück, von wo ich, nach einem kurzen Besuch bei Christl und ihrer Familie, mit dem Zug nach Innsbruck zurückkehre. aus der Alpenvereinszeitung 25 Freizeit und Unterhaltung Unser Urlaub am Meer Wir trafen einander um 5:00 Uhr in Wien. Um 5:15 Uhr fuhren wir mit dem Internatsbus nach Lignano. Während der Fahrt machten wir mehrere Pausen. Wir kamen um 12:30 Uhr in Lignano an. Gleich nach der Ankunft bekamen wir ein Mittagessen. Es schmeckte sehr gut. Nach dem Essen richteten wir unsere Zimmer ein. Ich lag mit Ursula und Veronika in einem Zimmer. Im Hotel gab es einen Lift, in dem die Stockwerke in Blindenschrift angeschrieben waren. Für manche Schüler war es der erste Aufenthalt am Meer. Es war ein Privatstrand. Jedes Zimmer hatte 2 Liegestühle und einen Sonnenschirm zur Verfügung. Wir gingen gleich ins Wasser. Das Wasser war warm und salzig. Später bauten wir auch Sandburgen. Am Strand gab es Händler, die Kleider und Armbänder verkauften. Den zweiten Tag verbrachten wir gemütlich am Strand. Am Nachmittag fuhren die größeren Schüler mit dem öffentlichen Bus in die Stadt. Freitag am Nachmittag machten wir einen Ausflug auf die Muschelinsel. Zuerst fuhren wir mit dem Schiff zu einem kleinen Fischerdorf. Dort roch es sehr nach Fisch. Nachher fuhren wir weiter zur Muschelinsel. Dort gab es sehr viele verschiedene Muscheln. Im Meer konnten wir viele Wasserpflanzen und Schlamm spüren. Wir sammelten auch viele Muscheln. Später führte uns das Schiff wieder zurück. Auf der Rückfahrt spielte der Kapitän auf der Trompete und sang zur Gitarre. Samstag am Nachmittag fuhren wir mit Rikschas. Wir mieteten uns 2 Räder für eine Stunde. Auf einem Rad saßen: Natalija, Kathi, Manuel, Andreas und ich, auf dem anderen Rad waren: Veronika, Jürgen, Adnan 26 und Martin. Wir fuhren mit dem Rad im Gelände herum. Die andere Gruppe fuhr in ein Gebüsch hinein. Aber es ist nichts passiert. Jeder durfte ein paar Mal treten. Zum Schluss hatten die anderen einen platten Reifen. Es war eine sehr lustige Fahrt. Anschließend spielten wir noch im Zimmer Gitarre. Nach dem Abendessen gingen wir in die Stadt. Sonntag gingen wir vormittags ins Aqua-joe. Das ist ein Freibad mit verschiedenen Wasserrutschen. Es gab 5 Wellenrutschen, 2 Kurvenrutschen und eine steile Rutsche. Ich bin oft die steile Rutsche hinuntergerutscht. Es waren sehr viele Leute dort. Wir brauchten als Gruppe nichts zu bezahlen. Das Rutschen machte uns allen sehr viel Spaß. Am Dienstagnachmittag machten wir einen Ausflug nach Venedig. Wir fuhren mit dem Bus ca. eineinhalb Stunden bis Jesolo und dann mit einem Boot bis Venedig. Dort wartete Angelo, der Reiseführer, auf uns. Wir gingen mit ihm in die Basilika. Wenn man in die Basilika geht, müssen die Schultern bedeckt sein. Man darf nicht mit einem T-Shirt ohne Ärmel hineingehen. In der Basilika spielte jemand die Orgel. Am Markusplatz waren sehr viele Tauben. Anschließend gingen wir auf die Rialtobrücke. Die Rialtobrücke ist die berühmteste Brücke von Venedig. Sie liegt am Canale Grande. Auf jeder Postkarte von Venedig ist die Rialtobrücke zu sehen. In Venedig leben zur Zeit nur mehr 70.000 Einwohner. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten dort noch viel mehr Leute. In Venedig fahren keine Autos. Statt der Autos fahren Boote. Wenn man nach Venedig will, muss man sein Auto im Vorort Mestre stehen lassen. Nach der Führung gingen wir Pizza essen. Nach dem Essen trafen wir uns wieder mit der Reisegruppe zu einer Canale-Grande-Fahrt. Wir fuhren mit einem Linienschiff. Auf das Schiff warteten wir in einem Wartehäuschen am Wasser. Das Linienschiff brachte uns nach Mestre. Von dort fuhren wir mit dem Bus wieder zu unserem Hotel. Am Mittwoch veranstalteten wir ein Abschlussfest in einem Pinienwald. Wir setzten uns auf Bänke und aßen Pizza. Wir hatten Getränke mitgenommen. Veronika, Andreas und Jürgen spielten auf der Gitarre. Es war sehr lustig. Einige Schüler gingen später noch zum Strand. Am Donnerstag bereiteten wir alles für die Rückfahrt vor. Am Freitag, dem 23. 7. fuhren wir um 8:30 Uhr ab. Ursulas Mutter lud uns zum Mittagessen ein. Es gab eine Kalte Platte. Wir blieben eine Weile 27 dort, dann fuhren wir wieder zurück nach Wien. Um 15:30 Uhr kamen wir in Wien an. Es war für uns ein sehr erlebnisreicher Urlaub. Daniela Kurz Ursula Raunig Lignano - aus der Sicht einer Mutter Der Kiwanis Club Wien-Europa 9 blinden bzw. sehbehinderten der Caritas liegt in Lignano abgeschiedenen Stelle. Auch Kinder mit. sponserte einen 10-tägigen Aufenthalt von Kindern und deren Betreuern. Die Anlage auf einer vom üblichen Strandrummel zwei Mütter fuhren zur Betreuung ihrer Manch einer denkt sich: Toll, 10 Tage am Meer liegen! Nun, für unsere behinderten Jugendlichen war das sicher so. Dass dies aber nur durch fast täglich 18-stündigen Einsatz unserer Betreuerinnen Frau Luise Chaloupsky, deren Tochter und Frau Hermi Klein ermöglicht wurde, möchte ich hiermit ausdrücklich hervorheben. Nur ihrem 100%igen Einsatz ist es zu verdanken, dass der Meeraufenthalt so erfolgreich verlaufen ist. Von früh bis spät halfen sie unseren Jugendlichen, ihren Tagesablauf zu gestalten, das Meer zu genießen und vor allem Spaß zu haben. Was die optimale und ständige Betreuung eines behinderten Kindes bedeutet, können Mütter mit normalen Kindern kaum nachvollziehen. Selbstverständlichkeiten wie der Gang zur Toilette werden zum Problem. So waren unsere Betreuerinnen auch durch den pflegerischen Teil belastet. Es muss immer wieder gesagt werden, dass unsere Kinder eben einen besonderen Bedarf haben oder besser gesagt: Eigentlich haben sie 28 dieselben Wünsche und Träume, doch ohne Unterstützung können diese nie verwirklicht werden. Ohne Zweifel haben auch unsere Jugendlichen ein großes Bedürfnis nach Dingen, auf die ein Nichtbehinderter kaum verzichten würde, wie am Abend wegzugehen und in Lokalen oder Discos seinen Spaß zu haben. Der einzige Unterschied ist nur, dass sie auf die Hilfe anderer angewiesen sind, nämlich auf die der Betreuer. Und für diese war es selbstverständlich, viel mit ihnen zu unternehmen und auf ihre Wünsche einzugehen. Es ist schön, wenn eine Reise für unsere Jugendlichen gesponsert werden kann, denn für viele von ihnen wäre dieser Traum ohne finanzielle Unterstützung nie wahr geworden. Doch eines ist dem hinzuzufügen: Nur durch die beeindruckende Unterstützung unseres Betreuerteams sind diese 10 Tage wirklich zu einem unvergesslichen Erlebnis geworden. Sylvia Hariri Obfrau des Elternvereins Sport und Spiel 1. Wiener BBI-Lauf Seit mehreren Jahren läuft unter der Koordination von Hans Ewald Grill, selbst begeisterter Läufer und Jugendsportwart des Wiener Behindertensportverbandes, und mit Unterstützung des FAUS Blindenund Sehbehindertensportes das Nachwuchsprojekt "Lauftreff am BundesBlindenerziehungsinstitut" in Wien. 29 Die schon länger existierende Idee, geboren von Elisabeth Kühnert, die Trainingsleistungen auch einmal in einem kleinen Wettkampf zu messen, sollte am 8. Juni 1999 in die Tat umgesetzt werden. Die Begeisterung einiger SchülerInnen schon in der Vorbereitung griff auf BegleitläuferInnen und ErzieherInnen des Instituts über, sodass diese wieder weitere SchülerInnen für diese Idee gewinnen konnten. Die im Wiener Raum im Behindertensport bestens bekannte Familie Kühnert sorgte für die professionelle Zeitnehmung. Das Wetter ließ die Veranstalter jedoch leider etwas im Stich, zog doch zu diesem Zeitpunkt gerade ein Sturmtief über Wien hinweg. Dies sollte jedoch der Begeisterung keinen Abbruch tun und es gingen nicht weniger als 22 blinde oder schwer sehbehinderte SchülerInnen und 2 Gäste (Strecken 1000, 2000 und 4960 m) an den Start. Die Wertung zeigte folgende Erstplatzierte: 1000 m: BAZALA Bianca 4:39,1 min. = 12,90 km/h MARINKOVIC Tomi 4:51,2 min. = 12,36 km/h JON Natalie 9:14,2 min. = 12,99 km/h MUSBAH Adnan 9:50,8 min. = 12,19 km/h 4960 m: ORIESCHNIG Thomas 22:42,7 min. = 13,10 km/h Gäste: GRILL Hans Ewald 23:15,0 min. = 12,80 km/h 2000 m: Gewertet wurden die einzelnen Strecken getrennt nach Geschlecht. Die Klasseneinteilung B1-B3 blieb diesmal außer Acht, um nicht die Wertungen gänzlich aufzusplittern. Außerdem sollte doch der olympische Gedanke des Dabeigewesen-Seins und die Freude an der Gemeinsamkeit und nicht der reine Siegzwang im Vordergrund stehen. Schließlich konnte man sagen, dass jeder sein Bestes gab und damit zum Sieger über sich selbst wurde. Bei der anschließenden Siegerehrung bei Speis und Trank im Blindeninstitut wurden die NachwuchssportlerInnen mit Pokalen und kleinen Sachpreisen für ihre Mühen belohnt und alle freuten sich nicht nur über die eigene Leistung, sondern auch über die ihrer Sportfreunde. Gedankt sei an dieser Stelle den BegleitläuferInnen, den ErzieherInnen sowie im Besonderen den Mitgliedern der Familie Kühnert, die sich alle für diese Veranstaltung stark engagiert haben. VP Franz Schöffmann (selbst in der Gästeklasse gestartet) brachte in seiner Wortmeldung zum Ausdruck, dass er hoffe, dass dies nur der Auftakt für weitere ähnliche Veranstaltungen gewesen sei, weil er der festen Überzeugung sei, dass die Jugendlichen am besten über sog. freundschaftliche Wettkämpfe behutsam an die Landes- und nationale Ebene im Behindertensport herangeführt werden sollen. Franz Schöffmann 30 Wir bitten um Entschuldigung für das verspätete Erscheinen dieser Ausgabe – Arbeitsüberlastung der Redaktion!! Impressum Dieses Informationsblatt herausgegeben. wird vom Bundes-Blindenerziehungsinstitut Im Sinne des Mediengesetzes für die Herausgabe verantwortlich ist der Direktor, OStR Prof. Franz Haslinger. Für den Inhalt verantwortlich ist jeder einzelne Verfasser. Die geäußerten Meinungen müssen sich nicht mit dem Standpunkt der Redaktion decken. Verantwortlicher Redakteur ist Prof. Erich Schmid. Kostenträger für das Informationsblatt ist der Elternverein des BundesBlindenerziehungsinstitutes. Alle in 1020 Wien, Wittelsbachstraße 5. 31