BBInfo1999-03 - Bundes-Blindenerziehungsinstitut

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Schön war’s in Lignano
Informationsblatt des Bundes-Blindenerziehungsinstitutes
Liebe LeserInnen!
Rasch sind die Ferien vergangen und wir stehen schon mitten im
Schulalltag. Ich hoffe, dass Sie schöne, erholsame Urlaubstage verbracht
und wieder voll motiviert Ihre Arbeit aufgenommen haben.
Sie halten die 1. Nummer unseres Informationsblattes im Schuljahr
1999/2000 in Händen und werden hoffentlich wieder viel Neues aus dem
Schulgeschehen erfahren.
Eine Reihe von Schülern hat die Berufsausbildung abgeschlossen und ist
ins Berufsleben eingetreten, andere wieder besuchen die AHS. In
unserem Haus führen wir erstmals eine Integrationsklasse in Kooperation
mit der VS Wittelsbachstraße. Sehende und blinde Kinder werden dabei in
einem Klassenverband von den Kolleginnen Helgard ODELGA und Christa
EMICH unterrichtet.
Alle Beteiligten sind voller Tatendrang und so hoffen wir, dass dieses
Pilotprojekt einen erfolgreichen Verlauf nimmt. In einer der nächsten
Nummern von BBInfo werden wir über die I-Klasse ausführlicher
berichten.
OStR Prof. Franz Haslinger
Direktor
BBI intern
Personelles
Auf Wiedersehen!
Mit 31. August d. J. trat Frau Sonderkindergärtnerin Viktoria ZLABINGER
in den Ruhestand; wir wünschen ihr viele schöne, vor allem gesunde
Jahre.
Frau Daniela WIMMER ist aus der Nachmittagsbetreuung des Internates
ausgeschieden und als Lehrerin in eine I-Klasse eingestiegen. Viel Erfolg
bei der Arbeit!
Herzlich willkommen!
Seit September arbeitet
Nachmittagsbetreuung.
Frau
Maria
FÜRSTALLER
in
der
Seit Beginn dieses Schuljahres hat Frau Heidelinde DANIEL die
Betreuung des Kindergartens übernommen.
Frau Astrid SCHOPF betreut seit 6. September 1999 am Nachmittag die
Integrationsklasse.
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Wir wünschen den NEUEN einen guten Beginn und ein erfolgreiches
Wirken am BBI.
Am 30. Juli d. J. hat Frau Prof. Brigitte ANDRE-SCHELLNER einem
gesunden Mädchen namens Astrid das Leben geschenkt. Wir gratulieren
den Eltern und Brüderchen Fabian herzlich.
In den Ferien hat die Sozialpädagogin Christine KLAFFENBÖCK
geheiratet. Dem Ehepaar EICHINGER dürfen wir an dieser Stelle für die
Zukunft alles Gute wünschen.
Leider
musste
Frau
prov.
Erziehungsleiterin
Anneliese
HÖLLERSBERGER in den Ferien einen längerfristigen Krankenstand
antreten. Die Kollegin befindet sich wieder auf dem Weg der Besserung
und wir wünschen ihr alles Gute!
HURRA, das Bad ist fertig!
Am 31. August 1999 wurde das Schwimmbad nach einer längeren
Umbauphase übergeben. In der nächsten Ausgabe mehr darüber.
OStR Prof. Franz Haslinger
Direktor
Eine Abteilung stellt sich vor Blindenschriftdruckerei, -bibliothek und Hilfsmittelverkauf
(2. Teil)
Wir sind eine der wenigen Punktschriftdruckereien im gesamten
deutschsprachigen Raum, die noch eine eigene Buchbinderei hat. Hier
sind zwei Fachkräfte beschäftigt, die einerseits unsere Bücher binden oder
reparieren, andererseits aber auch eine Reihe weiterer Arbeiten für das
BBI und oft weit darüber hinaus erledigen. Hier geschieht noch echte
"Handarbeit", Kreativität und Flexibilität sind gefragt, das macht aber auch
den Reiz der Arbeit aus.
Franz SELBERHERR
Buchbinder
"Nach Beendigung der Ausbildung zum Buchbinder im
Missionshaus St. Gabriel und
Ablegung der Gesellenprüfung
arbeitete ich 13 Jahre in der
dortigen Buchbinderei. Seit
2. Juli 1980 bin ich als
Buchbinder im BBI tätig.
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Anfangs war eine gewisse Umstellung bei der Bearbeitung der
Blindendruckbücher notwendig, weil sowohl die Materialien (zB stärkeres
Papier) als auch die Formate der Bücher anders sind.
Ich hoffe, den LeserInnen mit den fertigen Büchern Freude bereiten zu
können."
Herr Selberherr war lange der einzige Buchbinder und stark überlastet.
Wir sind deshalb sehr froh, dass wir im Jahre 1995 endlich eine zweite
Fachkraft zugeteilt bekommen haben.
Uschi SZTUPARITS - Buchbinderin
"Im
Frühling
1995
bekam ich den erlösenden Anruf vom
Arbeitsamt, dass im
BBI eine Buchbinderstelle frei wäre. Freude!
Nach langer Suche
endlich ein Job in
meinem Beruf und vor
allem
keine
Maschinenarbeit.
Nach
dem
Vorstellungsgespräch mit Herrn
Direktor Kölpl und Frau
Papst war klar: Das ist
es! So fing ich kurze Zeit später hier an und gewöhnte mich sehr schnell
ein.
Meine Hauptarbeit besteht darin neue Bücher anzufertigen und kaputt
gegangene Bücher wieder ansehnlich zu machen. Vor allem bei
Reparaturen seufze ich schon öfters und ärgere mich, da manche Leser die
Bücher leider nicht besonders sorgfältig behandeln.
Aber auch für den Schulbereich erledige ich manche Arbeiten, zum Beispiel
Plakate kaschieren und bei Bastelarbeiten helfe ich auch gern mit.
Am Arbeitsplatz BBI freut mich am meisten, dass meine Arbeit so vielfältig
ist und vor allem, dass ich nicht acht Stunden bei einer Maschine stehen
muss, wie es leider mittlerweile in den meisten Druckereien gang und gäbe
ist."
Ein Arbeitsplatz mit viel Außenwirkung ist die Bibliothek mit derzeit
8217 Werken aus allen Wissensgebieten. Mag sein, dass gerade das
Lieblingsbuch nicht dabei ist; trotzdem sind wir stolz auf unseren
Bücherbestand.
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Magda PINTERITS - Bibliothekarin
"Nach Beendigung
meiner
Schulzeit
am BBI (Pflichtschule,
Telefonie
und Stenotypie) begann ich meine
berufliche Tätigkeit
im Mai 1969 als
Schreibkraft im chirurgischen Sekretariat der Krankenanstalt Rudolfstiftung. Als Herr
Hartig 1973 die
Leitung der Druckerei und Bibliothek am BBI übernahm, wurde der Bibliothekarposten frei
und Herr Hartig fragte mich, ob mich diese Arbeit interessieren könnte.
Und weil das Lesen schon immer eine meiner liebsten
Freizeitbeschäftigungen war bzw. ist, entschloss ich mich diesen Posten
anzunehmen und trat meinen Dienst am 1. Mai 1975 an.
Mein vorrangiger Aufgabenbereich ist die Beratung unserer LeserInnen eine Arbeit, die ich besonders gerne mache, bedarf es doch oft nahezu
'kriminalistischer Recherchen' um herauszufinden, welche Art von
Literatur gerade gewünscht wird. Denn anders als in üblichen
Bibliotheken suchen sich unsere Leser nur selten die Bücher anhand
eines Katalogs aus, sondern wollen individuell beraten werden. Und
wenn man einen Brief etwa mit dem Inhalt erhält: 'Bitte schicken Sie mir
wieder Lesestoff ...', ist es erforderlich den Geschmack der LeserInnen
genau zu kennen.
Natürlich gehören auch die Führung der Ausleihkartei, die
Katalogisierung neuer Werke und die Erstellung von Statistiken zu
meinem Aufgabengebiet."
Und nun sind die Zeitschriften und Bücher gedruckt und warten darauf,
verpackt, adressiert und versandt zu werden, soferne sie nicht im Haus
(Bibliothek oder Schule) benötigt werden.
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Friedrich KARASZEK (geb. 1964) - Manipulant
"Durch ein Gespräch
erfuhr ich zufällig,
dass im Blindeninstitut eine Stelle als
Manipulant im Blindendruckverlag frei
würde. Ich bewarb
mich um diesen
Posten und bekam
ihn
zu
meiner
großen
Überraschung.
Am 2. Februar 1998
trat
ich
meinen
Dienst als Manipulant und Hausarbeiter an. Mein
Aufgabenbereich besteht hauptsächlich darin, Bücher und Papier zu
verpacken sowie Zeitschriften und andere Blindensendungen
versandfertig zu machen. Vor allem für die Bibliothek sind es Woche für
Woche eine Reihe von Versandkartons.
Zusätzlich zu meiner Tätigkeit in der Druckerei erledige ich noch
verschiedene Aufgaben im Haus, zB mache ich Besorgungsfahrten und
Schülertransporte. So fahre ich mit den mehrfachbehinderten Kindern zur
Reittherapie oder begleite verschiedene Klassen auf Ausflüge. Unter
anderem bin ich noch für Hilfstätigkeiten und für die Instandhaltung und
Pflege unserer beiden Busse zuständig.
Ich bin froh diese Stelle im BBI erhalten zu haben, da der Umgang mit
blinden und sehbehinderten Menschen für mich sehr lehrreich ist."
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Ich bin mit meinem Rundgang am Ende angelangt; bleibt nur noch, mich
selbst vorzustellen.
Eva PAPST - Leiterin
"Ich
habe
die
traditionelle
Ausbildung am BBI zur Stenotypistin durchlaufen und das Haus
1973 verlassen, danach sieben
Jahre lang im Landesgericht für
Strafsachen Wien als Schriftführerin gearbeitet und 1980 als
Halbtagsbeschäftigte zur Bank
Austria gewechselt. Gleichzeitig
habe
ich
mich
bei
der
Maturaschule
Roland
eingeschrieben und nach zwei Jahren
die Reifeprüfung abgelegt - was
der eigentliche Grund für meinen
Arbeitsplatzwechsel war. In der
Bank war ich zuerst in der
Ausbildung der Mitarbeiter, später
im Bereich Personal/Verwaltung
tätig und schließlich am Aufbau der
EDV-gesteuerten Erfassung und
Berechnung der variablen Arbeitszeit im Rahmen eines Projektes
beschäftigt - also in einer sehr
computernahen Aufgabenstellung.
Neben Reisen und Tandemfahren waren und sind es vor allem Bücher,
denen meine Leidenschaft gehört. Deshalb habe ich 1990 auch die
Gelegenheit wahrgenommen, mit einem Assistenten der Technischen
Universität Wien eine Studienreise nach Japan zu unternehmen um das
dortige Blinden- und Sozialwesen näher kennen zu lernen. Die
gewonnenen Eindrücke hinsichtlich der Literaturübertragung in
Blindenschrift sowie einige Besuche bei Druckereien und Bibliotheken im
benachbarten Ausland sind wohl die Ursachen dafür, dass ich mich, als
Herr Hartig 1993 seinen wohlverdienten Ruhestand antrat, als dessen
Nachfolgerin beworben habe.
Im September 1993 habe ich dann meinen Dienst als Druckereileiterin am
BBI angetreten und nun eines meiner Hobbys, nämlich die Arbeit mit
Büchern, zum Beruf gemacht - und das ist mehr, als die meisten
berufstätigen Menschen von sich behaupten können.
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Eine meiner Hauptaufgaben ist die Arbeitseinteilung, ich sorge für die
Einhaltung von Terminen und den allgemeinen organisatorischen Ablauf.
Möchte beispielsweise irgendjemand ein Werk in Blindenschrift
übertragen, so gilt es zu bedenken, ob dafür die Kapazität vorhanden ist,
sich das Druckwerk überhaupt zur Übertragung eignet (was zB bei
Ausstellungskatalogen wegen der vielen Bilder nicht der Fall ist), was die
Übertragung kostet und wann sie fertig sein wird. Und da wir ja sowohl
eine Rechtschreib- als auch eine Kurzschriftreform gehabt haben, müssen
dafür auch die nötigen Unterlagen erstellt, Schulungsmaßnahmen
gesichert und die Umstellung der Programme organisiert werden.
Mein Tagesablauf ist meist von vielen Telefonaten, Recherchen,
Auskunftserteilungen und mancherlei Kleinkram geprägt, sodass ich oft
die Frage, was ich heute wohl erledigt hätte, nicht zufrieden stellend
beantworten könnte. Dann bin ich oft froh, wenn ich beim Korrigieren,
Drucken oder Verpacken unserer Erzeugnisse mithelfen kann - da weiß
man nämlich, was erledigt worden ist.
Und dieses Wissen, gemeinsam mit anderen und mit deren Hilfe zu einer
besseren Versorgung blinder Menschen mit gedruckter Information
beizutragen, ist Motivation genug, in einer Zeit, wo viele die Notwendigkeit
der Blindenschrift anzweifeln, beharrlich an diesem Kulturgut
festzuhalten."
Möchten Sie gerne noch mehr über unsere Arbeit wissen? Sie sind
herzlich eingeladen, uns zu besuchen (Terminvereinbarung unbedingt
erforderlich!) oder uns zu schreiben. Natürlich erfahren Sie auch einiges
über uns im Internet.
Eva Papst
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.bbi.asn-wien.ac.at/deutsch/verlag.htm
Öffentlichkeitsarbeit
Dienstprojekt zugunsten der
Blindenerziehungsinstitutes
Kinder
des
Bundes-
Im Rahmen des alljährlich am Christi Himmelsfahrtstag stattfindenden
"Frauentages" der KIRCHE JESU CHRISTI der Heiligen der Letzten Tage
(seit 1955 staatlich anerkannt), hatten sich die Leiterinnen der
Frauenorganisation dieser Kirche etwas ganz Besonderes für dieses Jahr
vorgenommen.
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Nach entsprechenden Vorgesprächen mit den Verantwortlichen des
Bundes-Blindenerziehungsinstitutes wurde festgestellt, dass für die
Vorschul- und jüngeren Volksschulkinder "Tastbilderbücher" gebraucht
wurden und auch weiter gebraucht werden.
Für die größeren Kinder gab und gibt es großen Bedarf an Modellen (zB
Dörfer, Häuser), wodurch diesen Kindern die Möglichkeit geboten werden
kann, ertastend zu erfahren, wie Menschen in anderen Teilen der Welt
leben.
Die Leiterinnen entschieden einstimmig, an diesem Frauentag ein paar der
für diese blinden Kinder dringend benötigten Utensilien selbst
herzustellen, wobei die entsprechenden Vorbereitungen (unter anderem:
Ideenumsetzung, Materialbeschaffung, Mitarbeiteranzahl - um effizient
arbeiten zu können) große Anforderungen an die Verantwortlichen stellten.
So fanden sich an diesem Frauentag ca. 80 Frauen ein, um voller
Tatendrang und mit großer Begeisterung an diesem ehrgeizigen Projekt
mitzuarbeiten.
Vier anspruchsvolle Tastbilderbücher mit verschiedensten Geschichten
wurden hergestellt, die von den blinden und sehbehinderten Kindern
ertastet werden können. Die Herstellung eines sehr orginalgetreu
nachgebildeten philippinischen Pfahldorfes und eines indianischen
Pueblos gelang ausgezeichnet.
Zusätzlich zu diesen Arbeiten wurde an diesem Tag durch einige
Tagungsteilnehmerinnen auch eine Gruppe von Behinderten der
Lebenshilfe auf eine für alle Beteiligten äußerst interessante Sagenreise
durch die Innenstadt eingeladen, wobei Dinge in Erfahrung gebracht
wurden, die selbst alteingesessenen Wienern nicht bekannt waren,
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sodass dieser Tag, obwohl morgens ein paar Regenwolken über der Stadt
schwebten, für alle noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Die Übergabe der mit viel Mühe und Liebe hergestellten Bücher und
Modelle erfolgte am 10. 6. 1999 im Institut im Rahmen einer Feierstunde,
die unter der Leitung von Frau Prof. Jutta Wiesenhofer (in Vertretung Dir.
Franz Haslingers) stand.
Anwesend waren neben den erwartungsfrohen Kindern und einem Teil
des Lehrkörpers auch Frau Bezirksrätin Cornelia Schaabl (in Vertretung
des verhinderten Bezirksvorstandes Herrn Weißmann) und die
Initiatorinnen des Projektes, Frau Christine Plattner (Leiterin der
Frauenorganisation) und ihre Mitarbeiterinnen Frau Kerstin Kicsina und
Frau Theresia Andruchowitz. Leider konnten zwei weitere maßgeblich am
Zustandekommen dieses Projektes beteiligte Mitarbeiterinnen (Frau Anita
Cunia und Frau Jeanette Owusu) an dieser Feier aus beruflichen Gründen
nicht teilnehmen.
Der Chor der Unterstufe sang ein paar Lieder, danach wurden durch
andere Kinder Klavier- und Flötenmusikstücke dargeboten.
Frau Prof. Wiesenhofer bedankte sich sehr, sehr herzlich im Namen der
Kinder und des Lehrkörpers bei Frau Plattner und Frau Kicsina als den
Initiatorinnen dieses gelungenen Projektes für die wunderschönen Bücher
und Modelle. Danach überbrachte Frau Bezirksrätin Schaabl eine
Grußbotschaft des Bezirksvorstandes, bedankte sich ebenfalls sehr
herzlich und drückte ihre Freude darüber aus, dass es im 2. Bezirk eine
gute
und
gedeihliche
Zusammenarbeit
der
verschiedensten
Organisationen gibt.
Nunmehr war es so weit, dass die Kinder endlich ihre Bücher und Modelle
in Empfang nehmen konnten: Jedes Kind wollte dabei sein und auch
schon einmal fühlen dürfen, was alles für sie gebastelt wurde. Die
glücklichen Gesichter der Kinder erfreuten und berührten die Herzen aller
Anwesenden und allen wurde klar, dass es solche Initiativen öfter geben
sollte!
Bericht: Christine Plattner
Fotos: Theresia Andruchowitz
Ein Brief aus Japan
(Im September besuchte eine Gruppe von Angestellten einer
regierungsnahen Organisation aus Japan unser Institut. Ich hatte die Ehre
die sehr interessierten Gäste durch unser Haus zu führen. In der Gruppe
waren auch zwei Personen mit Sehbehinderung. Eine davon schrieb mir
die folgende E-Mail.)
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From [email protected] Wed Sep 29 13:59:15 1999
Subject: from Japan
To: [email protected]
Dear Mr. Erich Schmid
Hello Erich. I'm sorry not to send a mail as soon as we returned to Japan.
After coming back Japan, I caught a cold and had high fever. Maybe from
exhausting. But now I'm fine.
By the way, thank you very much for your help when we visited your
school. We had a good time to see and feel what was going on there.
Some is same as Japan and others are different. But I am very impressed.
Anyway, we really appreciate you. And I would like to keep in touch with
you through E-mail.
...
So this time I will say good bye. But I'm sure to write a mail again.
Take care and one more time I will say thank you very much.
Sincerely yours, Yayoi Ishihara
Erleben - begreifen
Projektwoche 27. 9. 1999 - 1. 10. 1999
Urlaub am Bauernhof
in St. Lorenzen am Wechsel
Montag, 27. 9. 1999
In der Früh fuhren wir mit zwei Bussen von der Schule los. Im Bus hatten
wir viel Spaß.
Nach zwei Stunden kamen wir in St. Lorenzen auf dem Bauernhof an. Dort
war es schön. Frau Binder begrüßte uns herzlich.
Wir packten unsere Taschen aus und liefen auf die Wiese spielen.
Nach der Mittagspause erkundeten wir den Hof. Hinter dem Haus lag
gepresstes Heu, Silofutter genannt.
Es begann zu regnen. Wir flüchteten in einen Schuppen. Dort schauten
wir uns einen Heuwagen und einen schön aufgestapelten Holzstoß an.
An diesem Tag machten wir noch eine Lesestunde und einen
Spaziergang. Abends gingen wir in unsere Zimmer und hörten
Geschichten.
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Speiseplan:
Mittagessen: Schnitzel mit Reis und Salat
Abendessen: Kaiserschmarren mit Kompott
Dienstag, 28. 9. 1999
In der Früh gingen einige der Kinder mit Frau Ettl in den Wald. Dort
entdeckten sie eine Futterkrippe und einen Bach. Eine zweite Gruppe war
mit der Turnlehrerin, Frau Esterer, unterwegs. Sie machten ein
Morgentraining und kamen dabei ganz schön ins Schwitzen. Die restlichen
Kinder schrieben ihre ersten Eintragungen in das Tagebuch.
Am Nachmittag wurden leider Tomi und Slavica krank und mussten das
Bett hüten.
Herr Binder zeigte den anderen den Bauernhof. Zuerst besuchten wir den
Hühnerstall. Wir hielten eine Henne in der Hand. Danach gingen wir zu
den kleinen Kälbern in den Kuhstall. Dort lernten wir eine Tränke, die
Futterrinne und das Mistförderband kennen. Der Bauer erklärte uns auch
den Milchkühler. Dann führte er uns eine Runde mit dem Traktor. Wir
standen auf dem Anhänger. Dieser wurde gekippt - immer höher und
höher. Das war aufregend, wir schrien laut. Zum Schluss waren wir auf
dem Heuboden. Wir ließen uns in das weiche Heu fallen.
Abends spielten wir noch das Würfelspiel.
Mittwoch, 29. 9. 1999
Wir spazierten mit Frau Ettl zum Bach und nahmen das Plätschern des
Wassers auf dem Kassettenrekorder auf. Das machte viel Spaß. Wir
schrieben auch wieder ins Tagebuch und liefen dann mit Magda eine
längere Strecke.
In der Mittagspause erholten wir uns.
Am Nachmittag waren wir mit Oma Binder in der Backstube. Dort formten
wir den Teig. Dann schob Frau Binder unser Brot in den Ofen. Wir
marschierten inzwischen mit leeren Kübeln und einer Harke auf das
Kartoffelfeld. Wir gruben eifrig in der Erde und fanden viele Erdäpfel.
Anschließend wuschen wir die Kartoffeln und wickelten sie in Folie.
Im nahen Wald sammelten wir Äste und Holzstöcke für das Lagerfeuer.
Herr Binder hängte den Rost für die Würstchen auf. Die Kartoffeln wurden
in die Glut geworfen. Bald war unser Essen fertig. Wir ließen es uns gut
schmecken.
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Donnerstag, 30. 9. 1999
An diesem Nachmittag machten wir einen Besuch in einer Mühle. Auf
einer Wiese, an der ein Bach vorbeifließt, steht ein kleines Häuschen. Das
Wasser wird in Holztrögen an die Mühle herangeführt, es füllt die
Kammern des Rades, das sich dadurch bewegt. Die Achse des Mühlrades
ist mit dem Mahlwerk im Innern der Mühle verbunden. Wir kletterten einen
Abhang hinunter, so dass wir in die Nähe des Rades kamen, das wir dann
auch bewegen konnten.
Unser Rückweg führte uns durch einen Wald, in dem wir Moos, kleine
Fichten, Föhren und Lärchen abtasten konnten. Auf der angrenzenden,
etwas abfallenden Wiese hielten wir kurz Rast. Manche ließen sich
einfach nur ins Gras fallen, während die Sonne auf ihre Nasenspitze
schien. Andere fanden Spaß daran, sich den Hang hinunterrollen zu
lassen.
Nach dem Abendessen wartete noch eine große Überraschung auf uns.
Der Bauer brachte uns mit dem Traktor zu einem Imker. Dieser erklärte
uns vieles über das Leben der Bienen und die Gewinnung von Honig.
Die Traktorfahrt zurück in der Abenddämmerung war sehr spannend, vor
allem auch deshalb, weil wir am Schluss der Fahrt wieder das Kippen
miterleben durften.
Freitag, 1. 10. 1999
Ein aufregender Morgen begann, der Tag unserer Abreise. Jeder
versuchte all seine Sachen zu finden und einzupacken. Um 8 Uhr
frühstückten wir leckere Honigbrote.
Im Aufenthaltsraum hatte Frau Panzer inzwischen die Elektronenorgel
aufgestellt und wir sangen in ausgelassener Stimmung Lieder.
Dann holte sich jedes Kind ein Schlaginstrument und wir marschierten,
tanzten und hopsten zum Rhythmus der Musik.
Um ca. 9:30 Uhr kamen die Busse und wir fuhren zum Institut zurück. Eine
ereignisreiche Projektwoche war damit zu Ende gegangen.
3./4. VS
Eva Hannemann, Edith Panzer
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Spezialbeiträge
Überall und jederzeit - weltweit
Wertschätzung und Dankbarkeit für Louis Braille!
Gerne habe ich das Ersuchen von Direktor OStR Prof. Haslinger für
diesen Beitrag aufgegriffen, war ich doch 56 Jahre mit dem BBI engstens
verbunden - schulisch und 45 Jahre beruflich, und zwar in der
Blindenbücherei und -druckerei, also in einem Beruf, dessen
Voraussetzung überwiegend die Kenntnis der Brailleschrift bedingt und
zudem ein Beruf, der blinden Menschen ein hohes Maß an selbstständiger
Entfaltungsmöglichkeit bietet. Ich bin Louis Braille besonders dankbar und
hoffe, dass sich nie die immer wiederkehrenden Absichten durchsetzen
die Blindenschrift abzuschaffen und sich nur auf Akustik zu beschränken.
Dem Leserkreis dieser seit einigen Jahren stetig "sprudelnden"
Informationsquelle über Unterricht von sehbehinderten und blinden
Schülerinnen und Schülern ist Louis Braille am BBI als Schöpfer der
Blindenschrift sicher hinlänglich bekannt. Die Geburt des selbst von
Blindheit betroffenen bedeutendsten Pioniers für die Bildung der blinden
Menschen der ganzen Welt vor 190 Jahren ist ein freudig und dankbar
wahrgenommener Anlass sich sein Leben, Werk und Wirken in Erinnerung
zu rufen.
Welche Bildungsmöglichkeit blinder Menschen war zur Zeit Brailles
erreicht und welche Wende hat er bewirkt? Durch Jahrtausende war der
behinderte Mensch einem kargen, ja elendsvollen Dasein ausgesetzt.
Seine Stellung in der Gesellschaft wandelte sich - in großen Zügen
skizziert - von der Ächtung über Duldung und dem Zugeständnis der
Öffentlichkeit auf das Recht, insbesondere des Blinden, für Bettel- und
Almosenempfang bis zur Befürsorgung. Erst die etwa um die Mitte des 18.
Jahrhunderts, dem Jahrhundert der Aufklärung, aus christlicher Erziehung,
Humanismus und Aufklärung resultierende allgemein Platz greifende
Bildungstendenz bezog das behinderte Kind in diesen Prozess ein. "Die
gezielte Hilfe zur Selbsthilfe entwickelte sich erst allmählich danach." Für
das blinde Kind wurde der Weg der schulischen Bildung 1784 eröffnet. Mit
der Begründung der weltweit ersten Blindenschule in Paris hatte Valentin
Haüy diese epochale Wende herbeigeführt. Um den blinden Schülern das
Lesen zu ermöglichen, ersann er den Reliefdruck. Der Unterricht bedingte
aber auch die Fähigkeit des Schreibens. Hiefür die Praktiken der
Sehenden anzuwenden, stieß auf viel größere Schwierigkeiten. Die
diesbezüglichen Versuche brachten auch tatsächlich keine voll zufrieden
stellende Lösung. Eine Schrift für Blinde sollte nämlich denselben Kriterien
gerecht werden wie die Schrift der Sehenden: sie musste schnell und
deutlich geschrieben und auch wieder gelesen werden können. Neben
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dem Unterrichtszweck sollte sie auch persönliche Aufzeichnungen und
den Briefwechsel Blinder untereinander ermöglichen. Vor allem aber
musste der Tastsinn für das Erschließen der literarischen Schätze bestens
eingesetzt werden können. Interessanterweise erkannten besonders
intuitive Menschen eine totale Abweichung von der Schrift der Sehenden
als einen geeigneten Weg. Es fügte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts,
dass
man
im
französischen
Heer
um
eine
geheime
Nachrichtenübermittlung, die auch in der Dunkelheit möglich sein sollte,
sehr ehrgeizig bemüht war. Um 1820 hatte der französische
Artillerieoffizier Barbier De La Serre (1767-1841) ein System mit 6 Punkten
in der Höhe und 2 Punkte in der Breite zur Darstellung der 36 Grundlaute
der französischen Sprache erarbeitet. Diese Schrift wollte er auch von
Blinden genützt wissen und stellte sie am 11. April 1821 im Nationalinstitut
für junge Blinde in Paris vor. Zwar wurde auch dieses Schriftsystem den
Bedürfnissen der blinden Anwender nicht voll gerecht, erwies sich aber
durch die geradlinig punktierten Zeichen allen bisherigen Verfahren
gegenüber als wesentlich geeigneter.
Die 1784 in Paris begonnene Blindenbildung setzte Johann Wilhelm Klein
1804 mit der Aufnahme des Unterrichts blinder Kinder im deutschen
Sprachraum sehr bedeutsam und vielfach anregend fort. Dem Idealismus
starker Persönlichkeiten ist es zu danken, dass in rascher Folge vielerorts
Blindenschulen und Blindenheime entstanden. Ein Ereignis in dieser Zeit und wieder in Frankreich - sollte sich jedoch als noch viel wichtiger für die
fundierte Blindenbildung erweisen:
Am 4. Jänner 1809 erblickte in Coupvray, einem etwa 35 km östlich von
Paris gelegenen Ort, elf Jahre nach dem dritten Kind der Eltern Monique
und Simon Braille, Louis Braille das Licht der Welt. Heiter, aufgeweckt und
wissbegierig wächst der gesunde Knabe heran. Gerne hält er sich bei
seinem Vater in der Sattlerwerkstätte auf. Hier sieht er nicht nur
interessiert beim Arbeiten zu, sondern will auch alles nachmachen. Doch
dieser wichtige natürliche Nachahmungstrieb wird ihm zum Verhängnis! Im
vierten Lebensjahr verletzt er sich mit einem scharfen Werkzeug ein Auge.
Die verursachte Entzündung befällt auch das andere Auge und innerhalb
von zwei Jahren ist er völlig erblindet. Durch ein tragisches Schicksal wird
Louis Braille seinem künftigen wertvollen Werk und seinem beglückenden
Wirken für blinde Menschen als einer der Ihren zugeführt! Seine guten
Anlagen und sein Wissensdrang erleiden durch den harten
Schicksalsschlag keine Beeinträchtigung. Er besucht die Dorfschule und
ist ein aufmerksamer und fleißiger Schüler. Beeinträchtigt bleibt jedoch
seine Bildungsentfaltung, weil ihm die optischen Eindrücke und vor allem
der uneingeschränkte Zugriff auf die Schrift fehlen. Gegen letzteres weiß
sein Vater erstaunlich wunderbare Abhilfe: Er schlägt in eine Holzplatte
Tapezierernägel in der Form der lateinischen Großbuchstaben und macht
15
Louis so mit der Schrift der Sehenden vertraut. Gleichzeitig lernt dieser
auch den Tasteindruck von erhabenen runden Punkten kennen, was sich
bei der Schaffung der Blindenschrift als sehr dienlich herausstellt. Trotz
dieses nützlichen Hilfsmittels erkennt der Dorfpfarrer, der Louis
Vorschulunterricht erteilt hat, dass dessen hervorragende Begabungen im
Nationalinstitut für junge Blinde in Paris besser entfaltet würden. Am
15. Februar 1819 tritt Louis Braille in das Institut ein, wo er mit erst
16 Jahren sein weltumspannendes Lebenswerk vollbringen soll. Im
Unterricht fällt er durch leichtes Lernen und besonderen Fleiß auf, was
ihm viele Auszeichnungen einträgt. Zusätzlich besucht Braille auch
Veranstaltungen an etlichen Schulen. Unterricht in Klavier, Generalbass
und Orgel erhält er kostenlos am Konservatorium. Direktor Pignier trifft
folgende Beurteilung: "... begabt mit leichter Auffassungskraft und einem
lebhaften Geiste von wunderbarem Scharfsinn, macht er sich bald durch
Fortschritte und Erfolge bemerkbar." Die musikalische Ausbildung gipfelt
in der Organistenstelle von St.-Nicolas-Des-Champs ab 1828.
Neben seiner schulischen Betätigung fühlt sich Louis Braille immer
leidenschaftlicher in den Bann der Idee gezogen, möglichst bald eine
geeignete Schrift für Blinde zu ersinnen, nicht zuletzt besonders forciert
durch die von Barbier 1821 vorgelegte 12-Punkteschrift. Wie den Quellen
zu entnehmen ist, unterzogen die Schüler dieses neue System einer
kritischen Prüfung, wurden andererseits aber auch angeregt, Musiknoten
mit punktierten Zeichen wiederzugeben. Die von den Schülern Barbiers
aufgezeigten Mängel ließ dieser jedoch nicht gelten. Umso eifriger widmet
sich Louis Braille der Beseitigung derselben. Als Blinder, der auf den
Tastsinn angewiesen ist, ist ihm bald klar, dass Buchstaben mit bis zu
sechs Punkten am besten erfassbar sind. "Wer denkt beim Würfeln eines
Sechsers, dass es sich da um das Grundzeichen des Brailleschen
Blindenschriftalphabets handelt?" In vier Jahren hat es Louis Braille
geschafft: Ein ganz einfaches System ist ersonnen, in welchem aus bis zu
sechs Punkten alle Buchstaben, Satzzeichen, Ziffern, Musiknoten weltweit
einheitlich wiedergegeben werden können.
1825 erschien die erste ausführliche Beschreibung der "Braille-Schrift"!
Diese Schrift deckte die weiter vorne aufgeführten Anforderungen der
blinden Benützer in bester Weise ab. Verschiedene Schreibtafeln wurden
konstruiert und 1829 erschien das erste mit Brailletypen gedruckte Buch.
In der 1837 erschienenen neuen Auflage war bereits die Musiknotation
enthalten. Heute wissen wir, dass sich Braille-Schrift auch bestens für die
Nutzung der elektronischen Notationsgeräte einsetzen lässt, als wäre sie
geradezu dafür bewusst geschaffen worden! - Doch bis zur Durchsetzung
und allgemeinen Anerkennung dieser genialen Schöpfung und
bahnbrechenden Neuerung zum Nutzen der Blindenbildung war noch ein
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hürdenreicher Weg zurückzulegen, entgegen der augenblicklich zuteil
gewordenen Förderung.
1828 setzte die Institutsleitung Braille als Hilfslehrer ein. Dadurch war
zwar kein finanzieller Vorteil gegeben; immerhin erhielt er ein eigenes
Zimmer. Ansonsten trug er nach wie vor die Schüleruniform - Rock und
Hose aus schwarzem Tuch -, die lediglich durch eine unauffällig
aufgenähte Stickerei am Rock den Lehrer erkennen ließ. Wenige Jahre
später ernannte man ihn zum Lehrer. Dieser verdiente berufliche Aufstieg
wurde jedoch bedrohlich getrübt. 1829 machten sich erste Anzeichen
eines Lungenleidens bemerkbar! 1835 wird Tuberkulose zur traurigen
Gewissheit. Immer häufiger muss Braille seine Unterrichtstätigkeit
unterbrechen. Die Ursache der Erkrankung ist in den ungesunden
Unterkunftsverhältnissen im Institutsgebäude anzunehmen. 1838 schrieb
der Dichter Lamartine (1790-1869) nach einem Besuch des
Blindeninstitutes an die Deputiertenkammer: "Jede Beschreibung der
Baulichkeiten kann ihnen kein Bild geben von den engen Räumen.
Ekelhaft und finster sind diese kleinen Kammern, die man
Unterrichtsräume nennt. Diese krummen, wurmstichigen Treppen! Ich
begnüge mich, meine Herren, der Kammer zu versichern, dass das Geld
des Haushalts niemals besser angewandt wird, als den Geist derer zu
fördern, denen die Natur den kostbarsten unserer Sinne geraubt hat."
Dieser eindringliche Appell bewirkte einen Neubau, der am 11. November
1843 bezogen werden konnte. Für Braille leider zu spät! Seine Gesundheit
schien zunächst zwar gebessert, doch ließen seine Kräfte dann rapide
nach, sodass er 1851 um seine Entlassung bat. Im Dezember desselben
Jahres erfolgte die Verlegung Brailles ins Krankenzimmer. Und gerade in
dieser Zeit der lebensbedrohenden Erkrankung wurde Braille ein
schmerzlicher Rückschlag bei der Durchsetzung seines Lebenswerkes
zugefügt. Seiner Schrift wurde die weitere Zustimmung und Förderung
verweigert, weil man fürchtete - so die Argumentation -, die blinden
Menschen in ein Getto zu drängen. Abgesehen von einem kleinen
Freundeskreis hatte niemand die weltumspannende Bedeutung seiner
Schöpfung erkannt. Demgegenüber hier die Beurteilung des Experten
Rackwitz: "Bei Ihrer leichten Erlernbarkeit, Ihrer großen Tastbarkeit, bei
der Schnelligkeit und Sicherheit in der Darstellung und der Leichtigkeit,
etwaige Schreibfehler zu verbessern, bei der Einfachheit und geringen
Anzahl ihrer Zeichen, bei Ihrer Anwendbarkeit auf alle alphabetischen
Sprachen ist sie die verbreitetste Reliefschrift für Blinde geworden." Den
triumphalen Siegeszug seines Werkes um die Welt erlebte Louis Braille
nicht. Er starb zwei Tage nach Vollendung seines 43. Lebensjahres am
6. Jänner 1852. Erst 1878 wurde die Brailleschrift auf einem Kongress in
Paris offiziell zur internationalen Methode für den Unterricht in
Blindenschulen erklärt. Auch das Punktdruckverfahren war jetzt technisch
gelöst. In vielen Blindenschulen wurden Blindenschriftdruckereien
17
eingerichtet. In Wien geschah dies 1889. Um den blinden Lesern rasch
möglichst viel Literatur zugänglich zu machen, stellten sich viele sehende
ehrenamtlich in den Dienst dieser edlen Sache. Beim Übersiedeln der
Wiener Blindenschule 1898 in das neue Gebäude in der
Wittelsbachstraße standen schon hundert Bände zur Verfügung. 1910
hatte sich die Bändezahl der Leihbücherei bereits auf 7.000 erhöht!
Derzeit beträgt der Buchbestand rund 21.000 und die Druckerei kann mit
modernster technischer Ausstattung die literarischen Erfordernisse der
Schule und die Wünsche der erwachsenen Büchereibenützer zufrieden
stellend abdecken.
Diesen Zutritt und Zugriff auf reichhaltiges Literaturgut durch
selbstständiges Lesen danken wir dem Schöpfer der Blindenschrift - Louis
Braille! "Haüy hatte die erste Epoche der Blindenbildung eingeleitet; mit
Brailles Punktschrift begann eine zweite. Millionen von Menschen, die
ehemals der Unwissenheit ausgeliefert waren, wurden dem Dunkel der
Nacht entrissen."
Spät, aber doch, wurde dem bedeutendsten blinden Menschen der ihm
gebührende Ruhm zuteil: 1887, als sich sein Todestag zum
fünfundzwanzigsten Mal jährte, wurde im Beisein von tausenden
Menschen in Coupvray, dem Geburtsort Louis Brailles, das von blinden
Freunden gestiftete Denkmal am Dorfplatz enthüllt. Und 1952, 100 Jahre
nach Brailles Tod, lud die französische Regierung blinde Menschen aus
allen Ländern der Erde zu einer Gedenk- und Festwoche nach Paris ein.
Der Erzbischof zelebrierte die Gedenkmesse in der Kathedrale NotreDame in Paris. Die Beisetzung der auf dem Friedhof von Coupvray
ausgegrabenen Gebeine im Pantheon geschah mit dem großen
Staatsritual Frankreichs. Nur die Hände des Erfinders wurden auf Wunsch
des Bürgermeisters von Coupvray in einer Urne aus weißem Marmor
wieder in seinem Grab bei der Dorfkirche bestattet. In der Grabkammer
Nummer 25 wurde als einziger Schmuck ein Lorbeerkranz aufgehängt,
dessen Schleife die Aufschrift trägt:
LOUIS BRAILLE - LES AVEUGLES DU MONDE
- LOUIS BRAILLE - DIE BLINDEN DER WELT
Regierungsrat iR Anton Hartig
Resolution zur Bedeutung der Brailleschrift
I. Thesen und Forderungen
 Die Brailleschrift stellt ein Kulturgut dar, das nicht leichtfertig
aufgegeben werden darf.
18
 Wer die Brailleschrift nicht als Medium der Kommunikation benutzt, übt
den Umgang mit dieser Schrift nicht. Seine Möglichkeiten zur
Kommunikation reduzieren sich auf die Nutzung der Sprache. Er wird
zum Analphabeten. Wer Namen und Wörter nicht korrekt schreiben
kann, wird für weniger gebildet gehalten.
 Lernen nach schriftlichen Unterlagen (einschließlich Tabellen,
Diagrammen und Skizzen) unterscheidet sich gravierend vom Lernen
akustischer Inhalte. Wer keine Schrift hat, dem fehlt der optisch-taktile
Zugang zu Informationen.
 Informationen auf Datenträgern sind eine wichtige Informationsquelle
für blinde Menschen. Erst die Anpassung des Text-Layouts an die
Erfordernisse des taktilen Lesens ermöglicht in vielen Fällen die
vollständige Aufnahme und Verarbeitung der vorhandenen
Informationen (Überblick gewinnen, rasches Bewegen im Text, ...).
 Das 8-Punkte-Computerbraille ist kein Ersatz für, sondern eine
Ergänzung zum 6-Punkte-Literaturbraille.
 Die Brailleschrift muss als Grundlage jeder schulischen und beruflichen
Ausbildung anerkannt und vermittelt werden.
 Die Blindenvollschrift muss in den ersten Jahren der Grundschule allen
blinden Kindern gelehrt werden.
 Mit Rücksicht auf die Form eines Textes soll das Schreiben der
Brailleschrift von Schulanfängern nicht sofort am Computer erlernt
werden, sondern zunächst mit Punktschriftmaschine und Schreibtafel.
 Spätestens ab der fünften Schulstufe der Pflichtschule muss blinden
Schülern die Kurzschrift als Lehrinhalt angeboten werden, besonders
jenen an Regelschulen.
 Pädagogisches Personal muss zumindest über Grundkenntnisse in
Braille verfügen, noch besser darüber hinausgehend.
 Alle in Ausbildung stehenden Blindenlehrer müssen über den Umgang
mit
Blindenvollund
Blindenkurzschrift
entsprechende
Qualifikationsprüfungen ablegen. Grundkenntnisse in Mathematik- und
Musiknotenschrift müssen im Rahmen der Ausbildung ebenfalls
vermittelt werden.
 Blinden Schülerinnen und Schülern muss im Informatikunterricht die
Möglichkeit geboten werden, das 8-Punkte-Computerbraille zu
erlernen.
 Die Vermittlung der Brailleschrift muss als fixer Bestandteil in jeder
Rehabilitationsmaßnahme enthalten sein.
19
 In regelmäßigen Abständen müssen Fortbildungsseminare für
Menschen, die mit der Bildung Blinder zu tun haben, angeboten
werden.
 Die Blindenschulen sollen für alle Blinden- und Sehbehindertenlehrer in
Österreich eine zentrale Informationsstelle für Fragen im
Zusammenhang mit der Brailleschrift werden.
II. Zur Bedeutung der Brailleschrift und ihrer Spezialsysteme für
blinde Menschen in Schule, Ausbildung und Beruf sowie für die
Rehabilitation Erwachsener
1. Anlässe:
Immer wieder wird in den Kreisen jener, die sich als Spezialisten für die
Bildung blinder Menschen betrachten, Zweifel an der Notwendigkeit
geäußert, die bestehenden Schriftsysteme in Braille beizubehalten.
Insbesondere wird die Notwendigkeit der Blindenkurzschrift angezweifelt,
die man heutzutage im Zeitalter des Computers für veraltet, für zu
aufwendig und zu kompliziert hält. Ein Gutachten, das 1991 im
Fachbereich Pädagogik der Universität Innsbruck erstellt wurde,
bezeichnet die Blindenkurzschrift als "unnützen Ballast". Vorgeschlagen
wird hingegen, dass blinde Menschen bereits in der Grundschule statt der
bisherigen 6-Punkte-Brailleschrift das 8-Punkte-Computerbraille lernen,
wodurch das Arbeiten am Computer für den Schüler wesentlich erleichtert
wird. Solche Anschauungen - vertreten vor allem von Pädagogen, die im
Computer ein Allheilmittel für sehgeschädigte Schüler erblicken - führen in
letzter Konsequenz zur Abschaffung der Blindenkurzschrift, ja sogar zur
Abschaffung der Blindenvollschrift.
Das
Bildungskomitee
des
Österreichischen
Blindenund
Sehbehindertenverbandes muss solchen Tendenzen im Schulwesen mit
aller Entschiedenheit entgegentreten. Im Folgenden möchten wir
nochmals die Wichtigkeit der bestehenden Braillesysteme darlegen:
2. Brailleschrift als Basis für Kommunikation und Lernen:
Nach wie vor bildet die 6-Punkte-Schrift von Louis Braille die elementare
Grundlage in der schulischen und beruflichen Ausbildung Blinder. Zu
dieser 6-Punkte-Schrift gibt es noch keine gleichwertigen Alternativen.
Dieser Schrift ist es vornehmlich zu verdanken, dass blinde Menschen
höhere Schulen besuchen und studieren können und dass sie heute
Berufe ausüben, die früher undenkbar waren. Wir fordern daher mit allem
Nachdruck, dass die Brailleschrift als Grundlage jeder schulischen und
beruflichen Ausbildung auch weiterhin anerkannt und vermittelt wird.
Eigenwillige Experimente mit anderen Schriftsystemen halten wir für nicht
zielführend, ja sogar für unverantwortlich gegenüber den Schülern.
20
3. Die Brailleschrift ist leicht erlernbar und leicht lesbar:
Die 6-Punkte-Schrift von Louis Braille konnte sich vor allem deshalb
weltweit durchsetzen, weil sie leicht erlernbar ist und weil sie insbesondere
leicht lesbar ist. Dank dieser Schrift können blinde Kinder die
Elementartechniken des Lesens und Schreibens relativ schnell erlernen.
Um das Lesen dieser Schrift zu erleichtern, wurden für häufig auftretende
Laute und Konsonantenverbindungen Kürzungen eingeführt. Damit war
die so genannte Blindenvollschrift entstanden. Wir fordern, dass diese
Blindenvollschrift in den ersten Jahren der Grundschule allen blinden
Kindern gelehrt wird. Sie bildet die Basis, auf der weiter aufgebaut werden
kann. Das Schreiben der Brailleschrift sollte von Schulanfängern nicht
sogleich am Computer erfolgen, wie manche angeblichen Fachleute
vorschlagen, sondern zunächst mit den altbewährten Hilfsmitteln:
Punktschriftmaschine und Schreibtafel. Nur so kann der blinde Schüler ein
Gefühl für die Formgestaltung eines Blattes bekommen.
4. Optimierung der Brailleschrift durch die Kurzschrift:
Um die Lesbarkeit der Brailleschrift zu optimieren, wurde die
Blindenkurzschrift eingeführt. In der Tat können Blinde einen in Kurzschrift
verfassten Text mit derselben Geschwindigkeit lesen wie Sehende den
Normaldruck. Durch die Kurzschrift konnte auch der Umfang der
Braillebücher wesentlich reduziert werden. Fast alle Bücher in den
Braillebüchereien sowie zahlreiche Zeitungen und Fachzeitschriften sind in
Kurzschrift gedruckt. Wer also die Kurzschrift nicht lesen kann, hat keinen
Zugang zu dieser vorhandenen Literatur und damit keine Möglichkeit sich
auf diesem Weg weiterzubilden. Es wäre unverantwortlich, wenn blinde
Schüler keinen oder nur einen unzureichenden Kurzschriftunterricht
erhielten. Mit allem Nachdruck fordern wir daher, dass ab der fünften
Schulstufe blinde Schüler, die dazu in der Lage sind, die Kurzschrift lernen
müssen. Im Besonderen denken wir dabei an die zahlreichen blinden
Schülerinnen und Schüler, die an Regelschulen integriert sind. In diesem
Zusammenhang fordern wir auch, dass alle Schüler, die eine
weiterführende Schule besuchen, zumindest die englische Kurzschrift
lernen, da auch ein Großteil der Braillebücher und Zeitschriften in
englischer Kurzschrift gedruckt sind.
5. Flexibilität durch Vielzahl der Schriftsysteme:
Ein großer Vorzug der 6-Punkte-Schrift liegt in ihrer Flexibilität und
vielseitigen Anwendbarkeit. So gibt es in Braille eine eigene
Musiknotenschrift, ein eigenes Mathematikschriftsystem, das selbst für
Hochschulmathematik ausreichend ist. Ferner lassen sich in Braille auch
physikalische und chemische Symbole darstellen. Wer blinde Schüler
betreut, insbesondere an Haupt- und allgemein bildenden höheren
Schulen, wird nicht umhin kommen, sich auch mit diesen Schriftsystemen
21
zu befassen. Wir fordern, dass beim pädagogischen Personal zumindest
Grundkenntnisse in Braille vorhanden sein müssen, bei Bedarf auch
darüber hinausgehend.
6. Das Computerbraille ist eine 8-Punkt-Brailleschrift:
In den letzten Jahren hat sich insbesondere der Computer mit
zusätzlichem Brailledisplay als ausgezeichnetes Hilfsmittel für Blinde
erwiesen. Die Integration blinder und hochgradig sehbehinderter
Schülerinnen und Schüler ist durch den Einsatz des Computers wesentlich
erleichtert worden. Der Computer bietet den blinden Menschen Zugang zu
völlig neuen Informationssystemen und eröffnet neue Möglichkeiten im
Berufsleben. Eine gute Grundausbildung an den Schulen erleichtert später
den professionellen Umgang mit dieser neuen Technologie. Auch hier ist
aber die Beherrschung des Computerbraille unerlässlich. Dieses
Computerbraille wurde jedoch von einer 6-Punkte-Schrift auf eine
8-Punkte-Schrift erweitert, wodurch wesentlich mehr Zeichen auf der
Braillezeile darstellbar sind. Wir betonen aber nochmals, dass diese
8-Punkte-Schrift kein Ersatz für die herkömmliche 6-Punkte-Schrift ist. Wir
fordern aber, dass allen blinden Schülerinnen und Schülern im
Informatikunterricht die Möglichkeit geboten wird, dieses für das
Berufsleben so wichtige Computerbraille zu erlernen, um den Einstieg in
das Berufsleben zu erleichtern.
7. Brailleschrift und die Rehabilitation späterblindeter Menschen:
Zuletzt muss noch die Bedeutung der Brailleschrift für die Rehabilitation
erblindeter Erwachsener betont werden. Die Erlernung der Brailleschrift ist
für Späterblindete eine nicht zu unterschätzende Maßnahme, da sie nicht
nur den Erwachsenen im Alltagsleben hilft, sondern weil sie diesen
betroffenen Personen, die wieder das Gefühl haben, trotz ihrer Erblindung
lesen und schreiben zu können, einen enormen psychischen Druck nimmt.
Wir fordern daher, dass die Vermittlung der Brailleschrift als fixer
Bestandteil in jeder Rehabilitationsmaßnahme berücksichtigt wird.
III. Schlussfolgerungen
1. Die bestehenden Schriftsysteme in Braille haben an Relevanz auch in
der heutigen Zeit nichts eingebüßt. Ihre Erlernung ist nach wie vor eine
Grundvoraussetzung für eine erfolgversprechende schulische und
berufliche Ausbildung.
2. In der Blinden- und Sehbehindertenlehrerausbildung ist besonderer
Wert auf die Erlernung der Blindenvoll- und Blindenkurzschrift zu legen.
Wir fordern: Alle in Ausbildung stehenden Blindenlehrer müssen in
beiden
Schriftsystemen
entsprechende
Qualifikationsprüfungen
ablegen.
22
3. In der Ausbildung müssen ebenfalls Grundkenntnisse in Mathematikund Musiknotenschrift vermittelt werden.
4. Da es auch in der Brailleschrift immer wieder Neuerungen gibt (zuletzt
durch die Rechtschreibreform), müssen in regelmäßigen Abständen
Fortbildungsseminare angeboten werden, damit die Blindenlehrer ihr
Wissen auf den neuesten Stand bringen können. Die Blindenschulen
könnten diese Aufgabe übernehmen und für alle Blinden- und
Sehbehindertenlehrer in Österreich eine zentrale Informationsstelle für
Fragen im Zusammenhang mit der Brailleschrift werden.
5. Da blinden Menschen trotz modernster Technik der Zugang zum
Druckwerk letztlich verschlossen ist, stempelt die mangelnde
Beherrschung einer "Verkehrsschrift" den blinden Menschen quasi zum
Analphabeten und verhindert so den wahren Zweck der Integration:
nämlich die Akzeptanz als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. Es ist
unvernünftig, ja geradezu leichtfertig bis verantwortungslos, die
Errungenschaften der letzten Jahrzehnte auf dem Gebiet der
Integration durch die Abschaffung eines bedeutungsvollen
Kommunikationsmediums zunichte zu machen. Motiv für diese
Intensionen kann keineswegs die Besserstellung blinder Menschen
sein.
Bildungskomitee
im Österreichischen Blinden- und Sehbehindertenverband
Ehemalige Schüler
Elfriede Wurnig Blind - und trotzdem gerne in den Bergen!
Immer wieder wird mir die Frage gestellt, was mich denn reize, in die
Berge zu gehen. Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Ich will dies
tun, indem ich schildere, wie ich eine Bergtour erlebe.
RUCKSACKFÜHRUNG
Meine Freundin führt mich, indem ich mich am Rucksack fest halte.
Dadurch ist es möglich, sehr schmale Steige zu begehen. Diese
Rucksackführung hat zusätzlich den großen Vorteil, dass der Blinde jede
Geländeveränderung leicht und rasch erfassen kann, da der Rucksack
jede Bewegung des Begleiters wiedergibt. Christl, meine Freundin, weiß,
dass sie große Hindernisse nicht einfach übersteigen darf, sondern dass
sie auf das Hindernis draufsteigen oder es umgehen muss. Sie weiß auch,
dass sie rasche Körperdrehungen vermeiden soll, da der Rucksack jede
Bewegung des Begleiters auf mich überträgt. Dies kann auf einem
23
ausgesetzten Steig fatale Folgen haben, wenn der Partner eine
unbedachte Drehung durchführt.
Sonntagmorgen - eigentlich kein rechtes Wetter für eine Bergtour.
Nachdem Christl und ich bereits am Vortag eine Tour auf den Muttekopf,
2777 Meter, unternommen hatten, wollten wir den Sonntag noch nützen
um die Vordere Plattein zu besteigen. Sie ist 2562 Meter hoch.
TREFFPUNKT NARRENKREUZ
So machen wir uns um zirka sieben Uhr auf den Weg.
Über den Plattigsteig geht es zum Narrenkreuz, wo wir
noch einige Bergkameraden treffen wollen. Der
Plattigsteig weist auch für einen Bergsteiger, der nicht
sehen kann, keine besonderen Schwierigkeiten auf. Es
gibt zwar einige Stellen, die mit Drahtseilen gesichert
sind. Diese Hilfen nehme ich sehr gerne in Anspruch.
Mit einer Hand am Rucksack und der anderen am
Drahtseil überwinde ich die schmalen Stellen ohne
besondere Schwierigkeiten. Etwas nach acht Uhr
treffen wir mit den anderen zusammen und
gemeinsam geht es einen steilen Wiesenhang und
anschließend eine kleine Schotterhalde bergauf bis
zum Einstieg in die Geisterburg. Dieses Stück des
Weges wird deshalb so genannt, weil es
Sandsteinformationen enthält, die verschiedene
Figurendeutungen zulassen.
OBEN IST‘S WUNDERSCHÖN
Nach dem Erreichen eines Joches und dem Durchsteigen eines
Quergangs kommen wir zu einer für Nichtsehende nicht ganz leichten
Kletterei. Mittlerweile haben sich die Regenwolken verzogen und hin und
wieder wärmen uns ein paar Sonnenstrahlen. Vom vortägigen Hochwetter
und dem starken Regen ist der Weg etwas feucht und rutschig, was für
mich nicht ganz einfach ist. Es ist aber trotzdem wunderschön, hier oben
zu sein. Ich weiß, Christl wird mich so achtsam führen, dass mir nichts
zustoßen kann. Voll und ganz vertraue ich mich ihrer Führung an. Dieses
Vertrauen entbindet mich aber nicht davon selbst sehr aufmerksam hinter
Christl zu gehen und auf jeden Schritt zu achten. Auch als Blinde habe ich
eine gewisse Verantwortung mitzutragen. Vor allem muss ich auf das
achten, was mir meine Begleiterin zu sagen hat. Wenn Christl sagt: Bleib
stehen!, so muss ich das wirklich tun. Mir macht es großen Spaß, mich im
Fels zu bewegen. Da fühle ich mich wesentlich sicherer als auf einem
ausgesetzten Steig. Das deshalb, weil ich im Fels die Hände zu Hilfe
nehmen kann.
24
DER FELS GIBT SICHERHEIT
Nach einer Kletterei von ca. drei viertel Stunden haben wir den Gipfel
erreicht. Noch einmal müssen wir einige heikle Stellen überwinden und
dann stehen wir vor dem Gipfelkreuz. Mit einem kräftigen Bergheil und
auch mit einem Gipfelbusserl für alle freuen wir uns, dass wir den Aufstieg
so gut geschafft haben.
Nach einer zünftigen Jause und einer längeren Rastpause, in der wir die
Sonne genießen und die Bergdohlen füttern, beginnen wir den Abstieg.
Der Abstieg erfordert mindestens genauso viel Aufmerksamkeit wie der
Aufstieg. Manchmal wird es notwendig, dass mir Christl den Fuß auf einen
richtigen Tritt stellt. Beim Abstieg ist Christl so wie auch beim Aufstieg vor
mir, da wir keine Seilsicherung benützen, weil die dort nicht erforderlich
ist. Am Joch noch einmal eine kleine Trinkpause.
DIE SCHÖPFUNG ERFAHREN
Christl zeigt mir das Wunder einer winzigen Pflanze, die aus einer
Felsenritze wachsen kann. Das lässt mich das Wunder der Schöpfung
erahnen. Noch etwas vorsichtig geht‘s durch die Geisterburg abwärts.
Dann laufen wir den Wiesenhang hinunter zum Narrenkreuz. Hier sind die
Bergblumen bereits verblüht. Aber wenn wir eine Frühlingstour machen,
zeigt mir meine Freundin, was es zu sehen gibt. Da habe ich Gelegenheit,
den blauen Wiesenenzian zu befühlen oder die Zartheit der Brunelle zu
bestaunen. So wird jede Bergtour auch für mich zu einem einmaligen
Erlebnis.
Vom Narrenkreuz geht‘s durch den Wald auf einem schmalen und
wurzeligen Steig hinunter zur Latschenhütte. Der Waldweg ist noch nicht
abgetrocknet und so müssen wir darauf achten nicht auszurutschen.
Während des Gehens atme ich den würzigen Duft der Nadelbäume ein
und fühle auch noch die leichte Schwüle, die über dem Wald liegt. So
haben wir einen erfüllten Bergtag hinter uns. Das Auto bringt uns nach
Imst zurück, von wo ich, nach einem kurzen Besuch bei Christl und ihrer
Familie, mit dem Zug nach Innsbruck zurückkehre.
aus der Alpenvereinszeitung
25
Freizeit und Unterhaltung
Unser Urlaub am Meer
Wir trafen einander um 5:00 Uhr in Wien. Um 5:15 Uhr fuhren wir mit dem
Internatsbus nach Lignano. Während der Fahrt machten wir mehrere
Pausen. Wir kamen um 12:30 Uhr in Lignano an. Gleich nach der Ankunft
bekamen wir ein Mittagessen. Es schmeckte sehr gut. Nach dem Essen
richteten wir unsere Zimmer ein. Ich lag mit Ursula und Veronika in einem
Zimmer. Im Hotel gab es einen Lift, in dem die Stockwerke in
Blindenschrift angeschrieben waren.
Für manche Schüler war es der erste Aufenthalt am Meer. Es war ein
Privatstrand. Jedes Zimmer hatte 2 Liegestühle und einen Sonnenschirm
zur Verfügung. Wir gingen gleich ins Wasser. Das Wasser war warm und
salzig. Später bauten wir auch Sandburgen. Am Strand gab es Händler,
die Kleider und Armbänder verkauften.
Den zweiten Tag verbrachten wir gemütlich am Strand. Am Nachmittag
fuhren die größeren Schüler mit dem öffentlichen Bus in die Stadt. Freitag
am Nachmittag machten wir einen Ausflug auf die Muschelinsel. Zuerst
fuhren wir mit dem Schiff zu einem kleinen Fischerdorf. Dort roch es sehr
nach Fisch. Nachher fuhren wir weiter zur Muschelinsel. Dort gab es sehr
viele verschiedene Muscheln. Im Meer konnten wir viele Wasserpflanzen
und Schlamm spüren. Wir sammelten auch viele Muscheln. Später führte
uns das Schiff wieder zurück. Auf der Rückfahrt spielte der Kapitän auf der
Trompete und sang zur Gitarre.
Samstag am Nachmittag fuhren wir mit Rikschas. Wir mieteten uns
2 Räder für eine Stunde. Auf einem Rad saßen: Natalija, Kathi, Manuel,
Andreas und ich, auf dem anderen Rad waren: Veronika, Jürgen, Adnan
26
und Martin. Wir fuhren mit dem Rad im
Gelände herum. Die andere Gruppe fuhr in
ein Gebüsch hinein. Aber es ist nichts
passiert. Jeder durfte ein paar Mal treten. Zum
Schluss hatten die anderen einen platten
Reifen. Es war eine sehr lustige Fahrt.
Anschließend spielten wir noch im Zimmer
Gitarre. Nach dem Abendessen gingen wir in
die Stadt.
Sonntag gingen wir vormittags ins Aqua-joe.
Das ist ein Freibad mit verschiedenen
Wasserrutschen. Es gab 5 Wellenrutschen,
2 Kurvenrutschen und eine steile Rutsche. Ich
bin oft die steile Rutsche hinuntergerutscht.
Es waren sehr viele Leute dort. Wir brauchten
als Gruppe nichts zu bezahlen. Das Rutschen
machte uns allen sehr viel Spaß.
Am Dienstagnachmittag machten wir einen Ausflug nach Venedig. Wir
fuhren mit dem Bus ca. eineinhalb Stunden bis Jesolo und dann mit einem
Boot bis Venedig. Dort wartete Angelo, der Reiseführer, auf uns. Wir
gingen mit ihm in die Basilika. Wenn man in die Basilika geht, müssen die
Schultern bedeckt sein. Man darf nicht mit einem T-Shirt ohne Ärmel
hineingehen. In der Basilika spielte jemand die Orgel. Am Markusplatz
waren sehr viele Tauben. Anschließend gingen wir auf die Rialtobrücke.
Die Rialtobrücke ist die berühmteste Brücke von Venedig. Sie liegt am
Canale Grande. Auf jeder Postkarte von Venedig ist die Rialtobrücke zu
sehen. In Venedig leben zur Zeit nur mehr 70.000 Einwohner. Vor dem
Zweiten Weltkrieg lebten dort noch viel mehr Leute. In Venedig fahren
keine Autos. Statt der Autos fahren Boote. Wenn man nach Venedig will,
muss man sein Auto im Vorort Mestre stehen lassen. Nach der Führung
gingen wir Pizza essen. Nach dem Essen trafen wir uns wieder mit der
Reisegruppe zu einer Canale-Grande-Fahrt. Wir fuhren mit einem
Linienschiff. Auf das Schiff warteten wir in einem Wartehäuschen am
Wasser. Das Linienschiff brachte uns nach Mestre. Von dort fuhren wir mit
dem Bus wieder zu unserem Hotel.
Am Mittwoch veranstalteten wir ein Abschlussfest in einem Pinienwald.
Wir setzten uns auf Bänke und aßen Pizza. Wir hatten Getränke
mitgenommen. Veronika, Andreas und Jürgen spielten auf der Gitarre. Es
war sehr lustig. Einige Schüler gingen später noch zum Strand. Am
Donnerstag bereiteten wir alles für die Rückfahrt vor.
Am Freitag, dem 23. 7. fuhren wir um 8:30 Uhr ab. Ursulas Mutter lud uns
zum Mittagessen ein. Es gab eine Kalte Platte. Wir blieben eine Weile
27
dort, dann fuhren wir wieder zurück nach Wien. Um 15:30 Uhr kamen wir
in Wien an. Es war für uns ein sehr erlebnisreicher Urlaub.
Daniela Kurz
Ursula Raunig
Lignano - aus der Sicht einer Mutter
Der Kiwanis Club Wien-Europa
9 blinden bzw. sehbehinderten
der Caritas liegt in Lignano
abgeschiedenen Stelle. Auch
Kinder mit.
sponserte einen 10-tägigen Aufenthalt von
Kindern und deren Betreuern. Die Anlage
auf einer vom üblichen Strandrummel
zwei Mütter fuhren zur Betreuung ihrer
Manch einer denkt sich: Toll, 10 Tage am Meer liegen! Nun, für unsere
behinderten Jugendlichen war das sicher so. Dass dies aber nur durch
fast täglich 18-stündigen Einsatz unserer Betreuerinnen Frau Luise
Chaloupsky, deren Tochter und Frau Hermi Klein ermöglicht wurde,
möchte ich hiermit ausdrücklich hervorheben. Nur ihrem 100%igen Einsatz
ist es zu verdanken, dass der Meeraufenthalt so erfolgreich verlaufen ist.
Von früh bis spät halfen sie unseren Jugendlichen, ihren Tagesablauf zu
gestalten, das Meer zu genießen und vor allem Spaß zu haben.
Was die optimale und ständige Betreuung eines behinderten Kindes
bedeutet, können Mütter mit normalen Kindern kaum nachvollziehen.
Selbstverständlichkeiten wie der Gang zur Toilette werden zum Problem.
So waren unsere Betreuerinnen auch durch den pflegerischen Teil
belastet.
Es muss immer wieder gesagt werden, dass unsere Kinder eben einen
besonderen Bedarf haben oder besser gesagt: Eigentlich haben sie
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dieselben Wünsche und Träume, doch ohne Unterstützung können diese
nie verwirklicht werden.
Ohne Zweifel haben auch unsere Jugendlichen ein großes Bedürfnis nach
Dingen, auf die ein Nichtbehinderter kaum verzichten würde, wie am
Abend wegzugehen und in Lokalen oder Discos seinen Spaß zu haben.
Der einzige Unterschied ist nur, dass sie auf die Hilfe anderer angewiesen
sind, nämlich auf die der Betreuer.
Und für diese war es selbstverständlich, viel mit ihnen zu unternehmen
und auf ihre Wünsche einzugehen.
Es ist schön, wenn eine Reise für unsere Jugendlichen gesponsert
werden kann, denn für viele von ihnen wäre dieser Traum ohne finanzielle
Unterstützung nie wahr geworden.
Doch eines ist dem hinzuzufügen: Nur durch die beeindruckende
Unterstützung unseres Betreuerteams sind diese 10 Tage wirklich zu
einem unvergesslichen Erlebnis geworden.
Sylvia Hariri
Obfrau des Elternvereins
Sport und Spiel
1. Wiener BBI-Lauf
Seit mehreren Jahren läuft unter der Koordination von Hans Ewald Grill,
selbst begeisterter Läufer und Jugendsportwart des Wiener
Behindertensportverbandes, und mit Unterstützung des FAUS Blindenund Sehbehindertensportes das Nachwuchsprojekt "Lauftreff am BundesBlindenerziehungsinstitut" in Wien.
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Die schon länger existierende Idee, geboren von Elisabeth Kühnert, die
Trainingsleistungen auch einmal in einem kleinen Wettkampf zu messen,
sollte am 8. Juni 1999 in die Tat umgesetzt werden. Die Begeisterung
einiger SchülerInnen schon in der Vorbereitung griff auf BegleitläuferInnen
und ErzieherInnen des Instituts über, sodass diese wieder weitere
SchülerInnen für diese Idee gewinnen konnten.
Die im Wiener Raum im Behindertensport bestens bekannte Familie
Kühnert sorgte für die professionelle Zeitnehmung. Das Wetter ließ die
Veranstalter jedoch leider etwas im Stich, zog doch zu diesem Zeitpunkt
gerade ein Sturmtief über Wien hinweg. Dies sollte jedoch der Begeisterung
keinen Abbruch tun und es gingen nicht weniger als 22 blinde oder schwer
sehbehinderte SchülerInnen und 2 Gäste (Strecken 1000, 2000 und
4960 m) an den Start.
Die Wertung zeigte folgende Erstplatzierte:
1000 m:
BAZALA Bianca
4:39,1 min. = 12,90 km/h
MARINKOVIC Tomi
4:51,2 min. = 12,36 km/h
JON Natalie
9:14,2 min. = 12,99 km/h
MUSBAH Adnan
9:50,8 min. = 12,19 km/h
4960 m:
ORIESCHNIG Thomas
22:42,7 min. = 13,10 km/h
Gäste:
GRILL Hans Ewald
23:15,0 min. = 12,80 km/h
2000 m:
Gewertet wurden die einzelnen Strecken getrennt nach Geschlecht. Die
Klasseneinteilung B1-B3 blieb diesmal außer Acht, um nicht die Wertungen
gänzlich aufzusplittern. Außerdem sollte doch der olympische Gedanke des
Dabeigewesen-Seins und die Freude an der Gemeinsamkeit und nicht der
reine Siegzwang im Vordergrund stehen. Schließlich konnte man sagen,
dass jeder sein Bestes gab und damit zum Sieger über sich selbst wurde.
Bei der anschließenden Siegerehrung bei Speis und Trank im Blindeninstitut
wurden die NachwuchssportlerInnen mit Pokalen und kleinen Sachpreisen
für ihre Mühen belohnt und alle freuten sich nicht nur über die eigene
Leistung, sondern auch über die ihrer Sportfreunde.
Gedankt sei an dieser Stelle den BegleitläuferInnen, den ErzieherInnen sowie
im Besonderen den Mitgliedern der Familie Kühnert, die sich alle für diese
Veranstaltung stark engagiert haben.
VP Franz Schöffmann (selbst in der Gästeklasse gestartet) brachte in seiner
Wortmeldung zum Ausdruck, dass er hoffe, dass dies nur der Auftakt für
weitere ähnliche Veranstaltungen gewesen sei, weil er der festen
Überzeugung sei, dass die Jugendlichen am besten über sog.
freundschaftliche Wettkämpfe behutsam an die Landes- und nationale Ebene
im Behindertensport herangeführt werden sollen.
Franz Schöffmann
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Wir bitten um Entschuldigung für das verspätete Erscheinen
dieser Ausgabe – Arbeitsüberlastung der Redaktion!!
Impressum
Dieses Informationsblatt
herausgegeben.
wird
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Bundes-Blindenerziehungsinstitut
Im Sinne des Mediengesetzes für die Herausgabe verantwortlich ist der
Direktor, OStR Prof. Franz Haslinger.
Für den Inhalt verantwortlich ist jeder einzelne Verfasser. Die geäußerten
Meinungen müssen sich nicht mit dem Standpunkt der Redaktion decken.
Verantwortlicher Redakteur ist Prof. Erich Schmid.
Kostenträger für das Informationsblatt ist der Elternverein des BundesBlindenerziehungsinstitutes.
Alle in 1020 Wien, Wittelsbachstraße 5.
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