4/2002 Der Nikolaus war da! Informationsblatt des Bundes-Blindenerziehungsinstitutes 2 Liebe Leserinnen und Leser! Alle Jahre wieder ... ist sie da - die hektischste Zeit des Jahres! Schnell noch ein paar Schularbeiten, Tests und Wiederholungen - der Schikurs naht, das 1. Semester geht in die Endrunde. Vorbereitungen für diverse Adventfeiern, Auftritte des Chores - und doch, es weihnachtet, auch bei uns im Haus. Die Stände des Adventmarktes verzaubern seit Ende November bereits beim Eintreten ins Haus. Köstlicher Duft nach Weihnachtsbäckerei zieht sich von der Schulküche bis ins Internat. Der Nikolausbesuch in allen Klassen erfreute Groß und Klein, die Nikolausfeiern im Kindergarten und im Internat ließen uns eintauchen in die freudige Erwartung des nahenden Festes! Lassen Sie uns kurz innehalten und gemeinsam Rückschau halten. Nehmen Sie sich Zeit und lesen Sie in dieser Ausgabe von BBInfo nach, was sich bei uns so tut. Interessante Fachartikel ergänzen das Alltagsgeschehen, aber auch Weihnachtliches kommt nicht zu kurz! Ich kann Ihnen bereits heute versichern, dass wir im auslaufenden Kalenderjahr gute Arbeit geleistet haben und sich die Kinder großteils sehr angestrengt haben. Die Arbeitsatmosphäre war in sämtlichen Abteilungen, die um Ihr Kind bemüht sind, ruhig und äußerst angenehm. Ohne konstruktive Kritik kann allerdings keine Weiterentwicklung erfolgen und so danke ich allen, die bereit waren, das gemeinsame Gespräch zu suchen um Ziele zu verfolgen! Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche Ihnen ein friedvolles Weihnachtsfest und darf Sie im Namen meiner Teams um weiterhin gute Zusammenarbeit im Jahr 2003 ersuchen. Susanne Alteneder prov. Leiterin BBI intern Aus der Redaktion Durchgerutscht Während einer meiner Unterrichtsstunden in der 1. Handelsschule klingelte das Telefon. Herr Naschenweng, der Vater eines der Schüler, war am Apparat und wollte die Klassenvorständin sprechen. Die war zu 1 diesem Zeitpunkt natürlich nicht in der Klasse. Herr Naschenweng fragte, ob denn sein Sohn nicht in die 1. Handelsschulklasse ginge. Ich sagte, dass Andreas derzeit auf seinem Platz in der Klasse sitze und fragte nach, warum Herr Naschenweng auf diesen Gedanken käme. Der Vater meinte, er hätte in der letzten Nummer von BBInfo bei der Vorstellung der 1. Handelsschulklasse weder ein Bild noch einige Zeilen seines Sohnes gefunden. Da ging mir ein Licht auf und ich sagte sogleich Herrn Naschenweng, dass er zielsicher den Schuldigen für dieses Missgeschick angerufen hätte, nämlich mich. Ich versprach, das Versäumnis in der nächsten Nummer von BBInfo zu beheben. - Mir kam im Nachhinein eine kurze Bemerkung Herrn Rohlfings ins Gedächtnis, dass es zu einem Bild keinen Text gäbe, aber ich hatte mich dann zu wenig um diesen Sachverhalt gekümmert. Mit der Bitte um Entschuldigung reichen wir hier die versäumte Vorstellung nach! Erich Schmid Hallo! Mein Name ist Andreas Naschenweng. Ich bin 16 Jahre alt. Ich wohne in Kärnten im Mölltal in Napplach. Ich bin vorher in eine Schule für normal Sehende gegangen: von 1992-1996 Volkschule in Penk, Hauptschule von 1996-2000. Letztes Jahr habe ich am Bundes-Blindenerziehungsinstitut die Orientierungsklasse bei Herrn Mag. Freiler besucht. 2 Ich habe vier Geschwister. Sie heißen Judith, Michael, Christoph und Sabrina, haben aber eine normale Sehleistung. Meine Interessen sind schwimmen, lesen und an Computern arbeiten und reparieren. Meine Sehbehinderung: Ich bin kurzsichtig und habe Nystagmus (Augenzittern). Ich werde nach der Handelsschule 1 Jahr in der Orientierungsklasse bei Herrn Mag. Freiler verbringen, spezialisiert auf EDV- und ECDL-Kurse. Danach werde ich mich als Computertechniker und Netzwerkadministrator im Bundes-Blindenerziehungsinstitut bewerben. Mir gefällt es in der Handelsschule sehr gut. Personelles Am 15. Oktober 2002 brachte unsere Helferin Anneliese Dörr eine gesunde Tochter, Anna-Sophie, zur Welt. Seit 27. November erfreut unseren Harnischfeger seine Tochter Nina Brigitta. Mobilitätstrainer Christoph Den beiden jungen Damen wünschen wir gutes Gedeihen, den frisch gebackenen Eltern viel Freude mit ihren Kindern. Mit 30. November 2002 beendete Frau Christa Kellner ihre berufliche Tätigkeit am BBI. Wir danken ihr für ihre langjährige gewissenhaft und umsichtig durchgeführte Arbeit! Seit 1. Dezember 2002 ist Frau Waltraud Alexander in unserem Team. Frau Alexander übernahm im Sekretariat den Arbeitsplatz von Frau Kellner und ist somit für 20 Stunden pro Woche angestellt. Durch eine Dienstzeitänderung ist nun unser Sekretariat täglich Montag bis Freitag von 7:30 Uhr bis 15:30 Uhr durchgehend geöffnet. Susanne Alteneder prov. Leiterin 3 Öffentlichkeitsarbeit Shell verschenkt 100 Laptops Spontane Unterstützung der Aktion durch Lions Club und Microsoft Im Rahmen einer vorweihnachtlichen Feier überreichte Mag. Martin Theyer, Geschäftsführer der Shell Austria GmbH, Laptops an Schülerinnen und Schüler der Handelsschule im Blindeninstitut. Insgesamt werden 100 Geräte an ausgewählte, bedürftige Menschen, für welche die Anschaffung derartiger PCs absolut unerschwinglich gewesen wäre, vergeben. Die Beschenkten wurden von Mitgliedern des Lions Clubs, der regionale Clubs in ganz Österreich verfügt, ausgewählt. über Martin Theyer: "Es freut mich ganz besonders, dass wir, die in einem internationalen Netzwerk arbeiten, auf ein lokales Netzwerk gestoßen sind, das uns die zielgerichtete Verteilung der Laptops ermöglicht." Zu den begünstigten zählen Hochwasseropfer, Behinderte, Sozialeinrichtungen und Jugendliche, welche die Computer für ihre weitere berufliche Ausbildung nutzen. Microsoft hat sich spontan bereit erklärt, die Laptops kostenlos mit dem Softwarepaket "Works 2000" auszustatten, das alle wesentlichen Aufgaben rund um Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Datenbank, Kalender und Adressbuch enthält. "Jeder Mensch ist zu großen Leistungen fähig, wenn man ihm nur das erforderliche Rüstzeug in die Hand gibt" - so Thomas Lutz, Unternehmenssprecher von Microsoft Österreich. Diese Überzeugung ist 4 einer der Grundpfeiler der Unternehmensphilosophie von Microsoft und Leitmotiv für die vielfältigen gemeinnützigen Aktivitäten im Sponsoring. Unter dem Motto "Giving Access" sollen möglichst viele Menschen Zugang zu modernen Informationstechnologien wie Computer und Internet erhalten. In diesem Geist unterstützt Microsoft Österreich jedes Jahr zahlreiche Projekte im ganzen Land. Das Spektrum reicht dabei von der Förderung von Schulen über Programme für die Integration von Behinderten bis hin zu Projekten für Senioren. Ein Ziel ist allen Projekten gemeinsam: Sie versetzen Menschen in die Lage, ihr Leben aktiv zu gestalten und die vielfältigen Chancen zu nutzen, welche die moderne Informationsgesellschaft für jeden Einzelnen birgt. Dipl. Ing. Fritz Kosicek, Governor des Lions Clubs Österreich, dankte Mag. Martin Theyer, Geschäftsführer der Shell Austria, für die großzügige Spende. Die Auslieferung der Geräte in ganz Österreich läuft bereits und soll großteils noch vor Weihnachten abgeschlossen sein. Damit geht für viele der Beschenkten heuer noch ein Weihnachtswunsch in Erfüllung. Der Lions Club ist die weltweit größte private Hilfsorganisation. In Österreich zählt man rund 6500 Mitglieder, die in regionalen Clubs konzentriert sind. Lions helfen schnell und unbürokratisch. Allein in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland wurden für die Hochwasseropfer über eine Million Euro gesammelt und den Betroffenen rasch zur Verfügung gestellt. Frau Direktor Alteneder mit den blinden SchülerInnen. - Damit die Blinden die Laptops verwenden können, werden diese mit einer sog. "Braille-Zeile" gekoppelt. Das ist eine EDV-Platte, die an der Vorderseite in der BrailleBlindenschrift durch elektronisch gesteuerte Noppen ertasten lässt, was beispielsweise gerade geschrieben wurde. Eine Software namens "screen reader" gibt sämtliche Aktivitäten als auch geschriebene Texte akustisch wieder oder vergrößert sie am Schirm so stark, dass Sehbehinderte die Buchstaben erkennen können. Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an: Dr. Beate Simon Shell Austria Gesellschaft m.b.H. Tel.: 01 79797 1136 Handy: 0664 60797 1136 E-Mail: [email protected] Infos zum Lions Club unter: www.lions.at Presseinformationen 9.12.2002 www.shell.at 5 Computerübergabe im Hotel Ambassador Am 09. 12. 2002 gingen die Schüler der ersten Handelsschule (Andreas Naschenweng, Rojscha Saber, David Klein) und ich in das Hotel Ambassador zur Computerübergabe. Die Schüler wurden begleitet von Frau Prof. Alteneder, Frau Erziehungsleiterin Anneliese Höllersberger, Herrn Prof. Schmid und Herrn Rohlfing. Die Firma Shell stellte insgesamt 100 Computer zur Verfügung. Der Lions Club verteilte diese in ganz Österreich an verschiedene Institutionen. Microsoft spendierte die Software dazu. Dem Bundes-Blindenerziehungsinstitut wurden 4 Notebooks übergeben. Andere Notebooks werden der Elternselbsthilfe und Behinderten geschenkt. Nachdem wir die Notebooks übernommen hatten, gab es anschließend ein Buffet. Wir bedanken uns bei Shell Austria, beim Lions Club und bei Microsoft für die Spende! Canan Uzunkaya 2. Handelsschule Erleben - Begreifen Abenteuer-Referat Wie alle Schüler, die vor einem Referat stehen, haben wir uns zunächst überlegt, welche Themen für uns in Frage kämen. Schließlich entschieden wir uns für den "Dr. Richard Verkehrsbetrieb". Da wir beide Autobusse mögen und auch gerne mit ihnen unterwegs sind, wurde unser Interesse immer größer, sodass wir beschlossen haben, darüber unser Referat zu halten. Ein Schüler aus unserer Klasse erwähnte noch nebenbei, dass Dr. Richard über 800 Autobusse hat, was die Sache noch interessanter machte. Unser Start verlief leider nicht so, wie wir es geplant hatten. Der Fehler war, dass wir uns nur auf das Internet verließen und einen persönlichen Besuch vermeiden wollten. Die Folge war, dass wir den Termin, an dem das Referat zu halten gewesen wäre, verschieben mussten. Dann aber rissen wir uns zusammen und vereinbarten einen Termin bei Dr. Richard. Wir gaben Frau Zach, einer Angestellten, unsere Fragen, die wir zuvor verfassten. Sie bat uns, in zwei Wochen wieder zu kommen um die Antworten zu holen. Als Geschenk gab sie uns ein Buch mit, in dem fast die gesamte Geschichte Dr. Richards mit vielen Bildern enthalten war. Für das nächste Mal wurde uns zugesichert, dass wir einen Autobus besichtigen dürfen und ein Modell zum Anfassen geschenkt bekommen. 6 Wie ausgemacht, gingen wir zwei Wochen später wieder zu Dr. Richard. Wir nahmen die Informationen, die uns Frau Zach gab, auf einem Minidisk Recorder auf. Leider wurde nichts daraus, wie wir später feststellten, da der Akku seinen Geist aufgegeben hatte. Wir durften uns, wie vereinbart, einen Bus anschauen. Uns wurde Folgendes erklärt: - Die Busse werden vierteljährlich kontrolliert, obwohl nur halbjährlich vorgeschrieben ist. - Der Bus hat eine Espressomaschine, Klimaanlage und viele weitere Extras. GPS-Navigationssystem, - Ein Bus kostet 450.000 Euro Wir haben Frau Zach gebeten, ob es möglich gemacht werden könnte, dass Ansagen der Stationen eingeführt werden. Das war für uns ein wirklich schönes Erlebnis und wir sind schon motiviert, weitere Referate zu halten. Wir bedanken uns bei der Firma Dr. Richard und besonders bei Frau Zach für die vielen Informationen! Danijel Krnjeta und Beatrix Klinger 2. Handelsschule Präsentation unserer Übungsfirma Am 11. Dezember 2002 präsentierte uns die dritte Handelsschule ihre Übungsfirma "Sports & More". Es waren folgende Personen anwesend: Frau Alteneder (provisorische Leiterin des BBI), Herr Rohlfing und Frau Strohschneider (Lehrmittelzentrale), Herr Schmid, Frau Panzer und Frau Wiesenhofer (Lehrer in der 3. Handelsschule), Frau Alexander und Frau Scheithauer (Sekretärinnen), Frau Jira (Leiterin der Übungsfirma). Die Schüler der dritten Handelsschule stellten uns alle Abteilungen und ihre Aufgaben für die ÜFA vor. Die Firma besteht aus vier Abteilungen: Rechnungswesen, Marketing, Sekretariat und Beschaffung. Die ÜFA wird so geführt wie eine echte Firma, dadurch sollen die Schüler auf das echte Berufsleben vorbereitet werden. Die Schüler müssen mit anderen Übungsfirmen Kontakt aufnehmen und Waren bestellen bzw. verkaufen. Unsere ÜFA wird von Frau Mag. Jira, unsere Betriebswirtschaftsprofessorin, geleitet. Nach der spannenden Präsentationen gab es ein Tastspiel, bei welchem den sehenden Personen die Augen verbunden wurden, und auch noch ein Buffet. Dragan Pavlovic, Boram Park 2. Handelsschule 7 Wir machten Gipsbilder Zuerst sahen wir uns Materialien an. Wir verwendeten Muscheln, Knöpfe, Schlüssel, Bänder, Glassteine, Beilagscheiben, Korkscheiben, Muttern, Schrauben, Fliesen, CDs, Spiegel, Nüsse, Münzen und Kluppen. Es gab Rahmen in drei verschiedenen Größen. Wir legten die Sachen auf den Rahmen. Aber wir mussten aufpassen, dass der Rahmen nicht zu schwer wird. Dann kam alles wieder runter und die Gipsmasse wurde auf den Rahmen gestrichen. Jetzt drückten wir die Sachen in die Gipsmasse und das Gipsbild war fertig. Mit der Werklehrerin haben wir Gipsbilder gebastelt. Dazu haben wir verschiedenes Material verwendet, zB Spiegel, Muscheln, Fliesen, Schrauben, leere Spindeln, Nägel und Ziegel. Dann haben wir Gips auf den Rahmen gestrichen. Danach haben wir das Bild trocknen lassen. Am nächsten Tag waren die Bilder trocken. 2./3. VS 8 Spezialbeiträge Die Schriften der Blinden (Mit freundlicher Genehmigung des Kunsthistorischen Museums darf dieser Artikel aus dem Ausstellungskatalog im Vorabdruck erscheinen. Die Ausstellung "Der Turmbau zu Babel - Ursprung und Vielfalt von Sprache und Schrift" findet vom 5. April bis 5. Oktober 2003 im Schloss Eggenberg, Graz, statt. Es ist dies eine Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien für die Europäische Kulturhauptstadt Graz 2003. - Im Gedenkjahr des Todes von Louis Braille 1852 bietet sich diese Veröffentlichung in unserer Zeitschrift an.) Eine der ältesten Nachrichten über eine "Schrift" für Blinde liegt aus der Zeit der Eroberung Perus durch die Spanier vor, nämlich in der Beschreibung eines Kommunikationsmittels der Inkas ("Quipo") aus Schnüren verschiedener Farbe, Dicke und Länge, welche durch Knoten in unterschiedlicher Zahl, unterschiedlichen Abständen und Formen miteinander verbunden waren. Außer den Farbinformationen waren den Blinden alle Elemente dieses Zeichensystems zugänglich. Abgesehen von diesem besonderen Kommunikationssystem kam im Laufe der Geschichte zunächst der Gedanke auf, Blinde sollten die Schrift der Sehenden schreiben. Erasmus von Rotterdam (1466-1536) erwähnt in seinem 1528 unter dem Titel "De recta Latini Graecique sermonis Pronuntiatione" erschienenen Buch, dass Blinde die bei Quintilian beschriebene "Tabella" - in Holztafeln vertiefte Schriftformen - benutzt hätten, um durch Nachfahren der Zeichen die Schrift zu erlernen. Dass Blinde das Schreiben mit Hilfe der seit den Römern verwendeten Wachsplatte mit Stylus erlernen sollen, rät der Pädagoge Georg Philipp Harsdörffer (1607-1658) in seinem Buch "Delitiae Mathematicae et Physicae" 1651. Aber selbst wenn der Blinde leserlich zu schreiben gelernt hatte, konnte er doch nicht lesen, was er geschrieben hatte. Bis das erreicht war, sollte noch einige Zeit vergehen. Die Idee einer Nutzung von Geheimschriften durch Blinde wurde erstmals von dem italienischen Jesuiten Francesco Lana-Terzi (1631-1687) im Buch "Prodromo" 1670 veröffentlicht. Der Titel des zweiten Kapitels lautet: "Auf welche Weise ein Blindgeborener nicht nur schreiben lernen, sondern auch unter einer Chiffre seine Geheimnisse verbergen und die Antworten in denselben Chiffren verstehen kann." Neben einer Schnur- oder Knüpfschrift wird eine Geheimschrift vorgeschlagen, bei der Buchstaben willkürlich in ein System von Linien eingeordnet und durch Punkte markiert werden. Lana denkt sich diese Schrift flach, weist jedoch darauf hin, dass durch erhabene Linien und Punkte die Blinden dieses System nutzen könnten. Durch seine 9 Empfehlung, dass Blinde beim Schreiben der Schrift der Sehenden Drähte oder Saiten zur Zeilenführung verwenden sollen, wird Lana zum Erfinder der "Handführer", die in stark abgewandelter Form auch heute noch in Gebrauch sind, wenn Blinde ihre Unterschrift geben oder kurze Mitteilungen für Sehende verfassen. Die erste namentlich bekannte Person, die einem blinden Menschen das Schreiben beigebracht hat, ist der Mathematiker Jacob Bernoulli (16541705). Im "Journal des Savants" berichtet er 1685 über seine Bildungsarbeit mit der um 1661 geborenen Esther Elisabeth Waldkirch, der Tochter eines begüterten Genfer Bürgers. Sie erlernte die Handschrift mit Hilfe der "Tabella" und verwendete danach den Handführer. Die Wienerin Maria Theresia von Paradis (1759-1824) - eine vielseitig gebildete Künstlerin, für die Antonio Salieri, Vicenzo Righini und Leopold Anton Kozeluch Kompositionen verfassten - hielt ihre sprachlichen Gedanken mit Hilfe eines Handführers fest und ihre musikalischen dadurch, dass sie die Notenköpfe aus Pappe mit Pflöckchen in eine von Josef Riedinger (1751-1827) erdachte Holztafel mit erhabenen Linien steckte. Für ihre umfangreiche Korrespondenz stand ihr eine Handdruckmaschine zur Verfügung, welche der Mechaniker Kempelen (1734-1804) für sie konstruierte. Valentin Haüy und Johann Wilhelm Klein wurden durch die Leistungen der blinden Künstlerin in ihren Überzeugungen von der Bildbarkeit der Blinden bestärkt. Denis Diderot (1713-1784) setzt sich 1749 in seiner "Lettre sur les aveugles" am Beispiel eines blinden Likörerzeugers in Puiseaux mit der Frage der Bildbarkeit von Blinden auseinander. Nach Diderots Bericht hat der Blinde mit Hilfe von Blechbuchstaben seinen sehenden Sohn im Lesen unterrichtet. Valentin Haüy leitete von diesem Bericht die Idee ab, Blinde als Lehrer Sehender einzusetzen. Diderot erwähnt im Nachtrag zu seiner "Lettre sur les aveugles" um 1780, dass das Fräulein Melanie von Salignac (1741-1763) schrieb, indem sie mit einer Nadel die Buchstabenformen in Spiegelschrift durch das Papier stach und so ihre eigene Schrift wieder lesen konnte. Schon im "großen Brief" findet man eine Erwähnung des tastbaren Punktes als Hilfe zum Lesen. Ein Lesebuch mit erhabenen Schriftzeichen wurde um 1760 vom Buchdrucker Prault für das Fräulein von Salignac hergestellt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war technisch gesehen die Zeit reif für Schriften, welche von Sehenden und Blinden gelesen werden konnten, aber es wurden noch die Zeichen der "Schwarzschrift" verwendet. C. H. Wolke (1741-1808) erdachte für den blinden Flötenspieler Dulon (1769-1826) eine derartige Schrift: Über die mit Leimwasser geschriebenen Zeichen wurde pulverförmiger Siegellack gestreut, dessen hängengebliebene Teile man anschließend durch Erhitzung fixierte. Carl 10 Ludwig Müller konstruierte 1823 in Wien eine Art Füllfeder, aus der eine dickflüssige, sich bald erhärtende Masse auf das Papier floss. Diese beiden und die verwandten Systeme konnten zwar von Blinden relativ gut gelesen werden, aber das Problem lag und liegt im Schreiben. Müller aus Wien hat das Werden der heutigen Füllfeder vorbereitet. Auch die Erfindung des Kugelschreibers im 20. Jahrhundert steht im Zusammenhang mit Blindheit, da sie auf den Kriegsblinden Franzosen Richard Dufton zurückgeht. Geistiger Aufbruch und sein Einfluss auf den technischen Fortschritt vor der Wende zum 19. Jahrhundert förderten die Bildungschancen für Blinde. Valentin Haüy (1745-1822) gründete 1784 die älteste Blindenschule der Welt, Johann Wilhelm Klein (1765-1848) begann 1804 in Wien seinen Unterricht mit dem blinden Jakob Braun. Das Blindeninstitut in Wien ist die zweitälteste Blindenbildungseinrichtung der Welt und die älteste im deutschsprachigen Raum. Im Gegensatz zur Pariser Institution, in der die Ausbildung der Blinden zu Handwerkern Vorrang hatte, setzte Johann Wilhelm Klein daneben einen gleichwertigen Schwerpunkt in der Vermittlung der Kulturtechniken. Sein 1819 erschienenes "Lehrbuch zum Unterrichte der Blinden, um ihren Zustand zu erleichtern, sie nützlich zu beschäftigen und zur bürgerlichen Brauchbarkeit zu bilden" war über Jahrzehnte die Richtschnur pädagogischen Handelns. Bezüglich der Schrift hegten Klein und viele seiner Zeitgenossen den Glauben, die Integration der Blinden sei nur dadurch zu erreichen, dass eine Schrift verwendet wird, welche von Blinden und Sehenden gelesen und die vom Blinden selbst "hergestellt" werden kann. Haüy propagierte in Paris eine Reliefschrift ("Hochschrift"), die dadurch entstand, dass mit Hilfe einer eisernen Feder, welche an der Spitze nicht gespalten war, die Schriftzeichen in dickes Papier eingeritzt wurden. Nach den Angaben Johann Wilhelm Kleins ist seine 1809 der Öffentlichkeit vorgestellte Stacheltypenschrift oder "durchstochene Schrift" die erste, die von Blinden und Sehenden gelesen und geschrieben werden kann. 1847 schreibt Klein: "Das Glück führte mich im Jahre 1809 auf die Erfindung der Vorrichtung zur durchstochenen Schrift, die einzige, welche der Blinde ohne Schwierigkeit selbst schreiben und zugleich auch durch Gefühl lesen kann." Während das Fräulein von Salignac einzelne Punkte des Zeichens stechen musste, ist das Schreiben der Stachelschrift eher ein Drucken: An der Unterseite der Lettern sind Nadeln angebracht, welche die Form des Schriftzeichens durch Papier stechen, das auf einer Filzunterlage liegt. Die Lettern für die Schriftzeichen werden von rechts nach links nebeneinander in ein Zeilenlineal gesetzt. Bis ca. 1970 - also bis zum Beginn der weiten Verbreitung mechanischer Schreibmaschinen - haben Kinder aus dem Internat mit Hilfe des Kleinschen Stacheltypenapparates Briefe an ihre Eltern geschrieben. Zwei Nachteile weist diese Schrift jedoch noch auf: 11 Das Setzen der Lettern braucht seine Zeit und das bedruckte Blatt muss aus dem Rahmen genommen und gewendet werden, bevor der Blinde es lesen kann. Das Problem des langsamen Schreibens betraf nicht nur die Stachelschrift Kleins, sondern alle damals gängigen Schriften für Blinde. Man dachte daher über technische Abhilfe nach. Die Idee des Engländers Henry Mill zu einer Schreibmaschine für Blinde ist aus dem Jahre 1714 belegt. Bei dem um 1839 vom erblindeten Franzosen Foucault (1797-1871) konstruierten "Raphigraph" handelt es sich um eine Schreibmaschine, welche die Formen der lateinischen Druckschrift tastbar herstellen konnte. Auch heute ist für Blinde die Beherrschung des 10-Finger-Tastschreibens auf Schreibmaschinen- bzw. PC-Tastaturen unumgänglich notwendig, um mit Sehenden schriftlich kommunizieren zu können. Einen anderen Weg zur Beschleunigung des Schreibens schlugen jene Denker, Erfinder und Konstrukteure ein, die das Schreiben der Schrift der Sehenden mit der Hand durch geeignete Hilfsmittel - verbesserte Handführer - unterstützten. Pfarrer Josef Engelmann, Direktor der Linzer Blindenanstalt, veröffentlichte 1825 seinen Vorschlag, die Großbuchstaben der lateinischen Schrift alleinstehend in ausgesparte Zellen einer Tafel zu schreiben. Ernst Eduard Hebold (1819-1871) entwickelte eine ähnliche Schrift und die dazugehörige Tafel, die weit ins 20. Jahrhundert hinein verwendet wurde. Diese Tafel war zusätzlich zum Schreiben der Punktschrift geeignet - aber später davon mehr! Um die Bildung zu fördern, wurden immer wieder Versuche unternommen, die Möglichkeiten des Buchdruckes zu nutzen. Das um 1760 für das Fräulein von Salignac hergestellte gedruckte Buch wurde bereits erwähnt. Im sogenannten Bostoner Druck, den Dr. Howe entwickelte und der sich im 19. Jahrhundert weit verbreitete, wurden ausschließlich lateinische Kleinbuchstaben in sehr vereinfachter Form verwendet. Dem gingen Zeiten voraus, in denen man mit unterschiedlichen Buchstabenformen experimentierte und die erhabenen Zeichen schwarz färbte. Dieser sogenannte Liniendruck hielt sich bis zur Wende ins 20. Jahrhundert. Das erste Reliefbuch in Stachelschrift erschien 1807 in Wien. Bis weit über die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden solche Bücher mit wechselnden Lettern und Zeichenformen gedruckt. Den Büchern in Linien- und Stachelschrift ist gemeinsam, dass einzelne Zeichen gut ertastet werden konnten, ein flüssiges Lesen jedoch nur schwer erreichbar war. Auch Vereinfachungen der Schriftzeichen, wie etwa die Runenschrift von James Gall 1832, schufen keine Abhilfe. Nur die von William Moon (1818-1894) erfundene und nach ihm benannte Schrift hat sich bis heute vor allem in den anglikanischen Ländern 12 erhalten. In letzter Zeit hat es Überlegungen gegeben, diese Schrift im schulischen Bereich den Lernbehinderten anzubieten. Kehren wir noch einmal an den Beginn des 19. Jahrhunderts zurück und damit zu den Erfindungen von Punkt-Schriften. Wie Lana-Terzi dachte der französische Offizier Charles Barbier (1767-1841) über eine Geheimschrift nach, in welcher der Punkt eine Rolle spielt. Seine Drei-, Elf- und Zwölfpunkt-Systeme sollten dazu dienen, dass Soldaten in der Dunkelheit Meldungen lesen konnten. Die Stellung der Punkte gibt an, um welchen der 36 Laute des Französischen es sich handelt, somit sind die Schriftsysteme Barbiers keine orthographischen, sondern phonetische. Bei der Erprobung der Schrift 1821 im Pariser Institut zeigte sich, dass die Vielzahl der Punkte schwierig zu erfassen war. Die Schüler veränderten trotz der Missbilligung Barbiers die Schrift und nahmen Kürzungen vor. Wahrscheinlich durch Experimente entdeckte der mit vier Jahren erblindete Louis Braille (1809-1852) die ideale Form für den tastenden Finger, nämlich zwei Spalten zu je drei Punkten. Der Sechser auf unseren heutigen Spielwürfeln entspricht dieser Anordnung. Die Psychologie des 20. Jahrhunderts hat nachgewiesen, dass nicht mehr als sechs Eindrücke simultan von einem Sinnesorgan aufgenommen werden können. Erst 1850 wurde die Punktschrift Brailles im Pariser Institut, in dem er als Hilfslehrer arbeitete, zugelassen. 1825 war die Zusammenstellung des damals Sechzehnjährigen abgeschlossen: Die Brailleschrift hatte Gestalt angenommen. Die Bedeutung der Erfindung Brailles für blinde Menschen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Nur die Braillesche Punktschrift ermöglicht ein rasches Schreiben und Lesen. Anlässlich der hundertsten Wiederkehr des Todestages von Louis Braille wurden Brailles Gebeine aus dem Friedhof seines Geburtsortes Coupvrai in das Pantheon nach Paris überführt. Aber hat nicht die Erfindung Brailles einen sehr großen Nachteil? Nur speziell geschulte Sehende können diese Schrift lesen. Die sehenden Blindenlehrer der damaligen Zeit glaubten daneben einen für sie noch viel wichtigeren Grund anführen zu können: Man meinte damals, das Erleben Blinder und Sehender sei durchgehend parallel, daher sollte es auch im Unterricht so wenig wie möglich Abweichungen in den Blindenschulen geben. Das "So-Sein des Blinden" wurde außer Acht gelassen. Auch Johann Wilhelm Klein verhielt sich der Brailleschrift gegenüber ablehnend, ebenso gegenüber einer Punktschrift nach dem Vorschlag Pfarrer Engelmanns. Selbst der Begründer der Breslauer Blindenanstalt, der blinde Johann Knie (1794-1859), nahm zunächst eine distanzierte Haltung gegenüber der Punktschrift ein, widerrief jedoch später seine Meinung. 13 Es dauerte über 50 Jahre, bis die Mehrzahl der Pädagogen den großen Wert der Brailleschrift erkannten. Auf dem ersten europäischen Blindenlehrerkongress 1873 wurde zwar die Brailleschrift noch nicht als verbindlich anerkannt, aber man setzte einen Untersuchungsausschuss ein, der alle Blindenschriftsysteme überprüfen sollte. Da die deutsche Sprache andere Häufigkeitsverteilungen der Zeichen und besondere Bedürfnisse bezüglich der Umlaute hat, überlegte man, vom französischen Original des Louis Braille vollständig abzuweichen und die Befürworter dieser Vorgangsweise waren auf dem zweiten deutschen Blindenlehrerkongress in Dresden 1876 in der Mehrheit. Mit der Brailleschrift konkurrierten einerseits ein Vorschlag von Krämer (München), welcher der Tätigkeit der Sprechwerkzeuge Punktkombinationen zuordnete, andererseits ein Vorschlag des Wieners A. Petzelt mit Punkten und Strichen. Der dritte Kongress - Berlin 1879 entschied sich zum Glück jedoch endgültig für das französische Original und legte die für die deutsche Sprache notwendigen Zeichen (zB Umlaute und das w) sowie Kontraktionen (zB au, ei) fest. Dies war ein wichtiger Beitrag, der den Siegeszug der Brailleschrift beschleunigte. Auch technisch begabte Menschen und Erfinder widmeten ihre Aufmerksamkeit der neuen Punktschrift. Die ersten Schreibtafeln für die Brailleschrift nannte man "Sticheltafeln". Sie hatten Grübchen oder Rinnen, um den durch das Papier gestochenen Punkten die Form zu geben. Bei den ersten Schreibmaschinen für Punktschrift wurde der "motorisierte Stichelschlitten" mit der Tastatur von rechts nach links über das Papier bewegt. Die Punktkombinationen der einzelnen Zeichen konnten simultan angeschlagen werden. Auch bei diesen Geräten war das Geschriebene nicht unmittelbar lesbar. 1884 ließ der durch eine Explosion erblindete Gustav Seifert eine Maschine bauen, die den Prägekopf mit den Sticheln unten und sechs Gegenlager mit Grübchen oben hatte. Somit konnte das Geschriebene sofort ertastet werden. Das Papier wurde unter dem Gegenlager mit einem Hebel Zeichen für Zeichen weitertransportiert. Wegen seiner Größe bewährte sich das Modell nicht; es war aber Vorbild für die erste Maschine zum Prägen von Blechplatten. Auf die so punzierten Platten (heute verwendet man Zinkblech) wurde und wird Papier gepresst, wodurch der Buchdruck in Punktschrift mit doppelseitigem Prägedruck möglich ist. Das erste gedruckte Buch in Brailleschrift erschien bereits 1829. Heinrich Hirzel, der Direktor der Lausanner Blindenanstalt, hatte 1860 an seiner Anstalt eine professionelle Druckerei für Bücher in Brailleschrift eingerichtet. Frank Hall ließ 1892 in Philadelphia eine Punktschrift-Schreibmaschine erzeugen, die sich sehr weit verbreitete. Unter anderen Konstrukteuren ist vor allem Oskar Picht (1871-1945) - ein Lehrer in Steglitz - hervorzuheben. Ab 1901 ließ er sich zahlreiche Erfindungen patentieren. Bei den 14 Punziermaschinen für den Buchdruck ist bis heute seine Tastenanordnung für das Schreiben mit einer Hand (mit der anderen liest der blinde Übertrager) realisiert: fünf Tasten für die fünf Finger, die sechste Taste wird mit dem Handballen gedrückt. Picht ließ 1909 seinen Streifenschreiber patentieren; er wurde zum Vorläufer der Stenographiermaschine. 1928 erweiterte er das System von 6 auf 8 Punkte und legte dadurch den Grundstein für die 8-Punkt-Stenographie und indirekt auch für das Computerbraille. Pichts Versuch einer Elektrifizierung von Punktschriftmaschinen scheiterte 1916. Erst in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde diese Idee wieder aufgegriffen und kommerziell erfolgreich realisiert. Ebenfalls zu dieser Zeit schloss die Firma Thiel in Deutschland Streifenschreiber als Ausgabegeräte an Fernschreiber an. Wir müssen den soeben ins 20. Jahrhundert geratenen Blick nochmals auf die Zeit vor der Jahrhundertwende richten. Die von Louis Braille erfundene Punktschrift blieb nämlich nicht allein auf dem Markt der Gedanken und Möglichkeiten. Dr. John Dennison Russ (New York) und in seiner Nachfolge W. B. Wait (1893) wollten die Lesegeschwindigkeit dadurch erhöhen, dass sie die 6 Punkte statt in zwei Spalten (senkrecht) zu je drei Punkten in zwei Reihen (waagrecht) zu je drei Punkten anordneten. Brailles Punktanordnung wurde "gekippt". Häufige Zeichen der englischen Sprache haben weniger Punkte, weniger häufige Zeichen mehr Punkte. Bei diesem sogenannten New Yorker oder Waitschen System übersteigen jedoch die drei nebeneinanderliegenden Punkte die Breite des Gliedes des lesenden Fingers, wodurch keine simultane Erfassung eines Zeichens mehr möglich ist. J. W. Smith vom Perkins Institut behielt dagegen die Spaltenstruktur Brailles bei, änderte jedoch die Punktkombinationen nach der Häufigkeit der Zeichen. So gab es in Amerika bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts drei Punktschriften. Die Brailleschrift eignet sich ideal dafür, an viele Sprachen und Bedürfnisse angepasst zu werden. Durch die weitest gehende Anlehnung an das französische Original ist es erreicht worden, dass beispielsweise das a durch den Punkt links oben wiedergegeben wird, gleichgültig ob die zu verschriftende Sprache von Sehenden in lateinischer, griechischer oder kyrillischer Schrift umgesetzt wird. Auch blinde Japaner und Chinesen verwenden heute die Punktschrift. Spezialschriften sind immer dann notwendig, wenn in den Schriften der Sehenden Zeichen vorkommen, die nicht im Vorrat des Alphabetes oder der Interpunktionszeichen enthalten sind. Die Musiknotenschrift gehört zu diesen Spezialschriften. 1834 veröffentlichte Louis Braille seine Punktnotenschrift und gab damit den Weg vor, für besondere Bedürfnisse spezielle Schriften auf der Basis des 6-Punkt-Musters zu erdenken. Da die Entwicklung der Musiknotenschrift in den verschiedenen Ländern in unterschiedliche Richtungen lief, strebte 15 man eine Vereinheitlichung an und erreichte sie 1888. Die Musikschrift muss sich ständig den neuen Anforderungen stellen und so ist auch in der Braille-Musikschrift ein ständiger Reformierungsprozess im Gange. Ähnlich verhält es sich mit der Mathematik- und der Lautschrift. Ein besonders wichtiger Bereich der Spezialschriften sind Kürzungsverfahren. Sie sollten Abhilfe gegen den großen Raumbedarf der Brailleschrift schaffen und das Schreiben beschleunigen. 1871 entstand die erste Kurzschrift für die englische Sprache (Armitage), 1883 für die französische (Maurice de la Sizeranne) und 1882 für die deutsche Sprache (Christian Krohn). Der Blindenlehrerkongress in Frankfurt am Main beauftragte 1882 eine Kommission, deren Vorschlag vom Kongress 1895 in München als verbindlich angenommen wurde. Man nennt dieses Kürzungsverfahren "Deutsche Blindenkurzschrift". Bis heute werden die Systeme für Spezialschriften in den verschiedenen Ländern immer wieder reformiert. Die letzte derartige Änderung im deutschsprachigen Raum musste nach Einführung der neuen Rechtschreibung 1998 vorgenommen werden. An der Silexschule in Berlin wurde 1932 das erste Stenographiesystem aufbauend auf der Kurzschrift - entwickelt, weil ab diesem Zeitpunkt geeignete Maschinen zur Verfügung standen. Um das Zurückführen des Schreibkopfes zum linken Zeilenrand zu vermeiden, wird mit diesen Maschinen ein langer Papierstreifen beschrieben. Weitere Zeitersparnis bringt das gleichzeitige Anschlagen der Leertaste mit dem letzten Zeichen des Wortes vor dem Leerzeichen. Nach dem Zweiten Weltkrieg erweiterte man in der damaligen DDR das System von sechs auf sieben Punkte. Im restlichen deutschsprachigen Raum fügte man unten an die beiden Spalten die Punkte 7 und 8 und konnte mit dieser 8-Punkt-Stenographie theoretisch eine Aufnahmegeschwindigkeit von bis zu 500 Silben pro Minute erreichen. Nach der Aufnahme des Diktates muss der Streifen gelesen und in Langschrift übertragen werden. Um das mühsame Übersetzen zu vermeiden, wird derzeit vom BundesBlindenerziehungsinstitut und dem Berufsbildungsund Forschungszentrum für Blinde und Sehbehinderte in Wien eine Computerschnellschrift entwickelt, bei der die stark an die Blindenstenographie angelehnten Kürzungen über die PC-Tastatur eingegeben werden und die Eingabe durch den Computer simultan in Langschrift übersetzt wird. Auf diese Weise kommen die in der Blindenstenographie gesammelten Erkenntnisse auch den Sehenden zugute, denn jeder kann diese Computerschnellschrift erlernen. Die pädagogische Herausforderung durch Geburtstaubblinde liegt darin, die Kinder zum Symbolverständnis zu führen, um darauf aufbauend das Schreiben und Lesen zu lehren. Zunächst muss der Zusammenhang zwischen einem Gegenstand oder einer Bewegung und einem 16 Tastzeichen in die Hand oder einem Zettel mit Braillepunkten hergestellt werden. Der erste bekannte Bildungsversuch auf diesem Gebiet ist der Unterricht Laura Bridgmans durch Dr. Howe (1801-1876). In diesem Bereich ist die Bildungsarbeit Anne Sullivan-Macys an Helen Keller (18811968) am berühmtesten geworden. Die taubblinde Helen Keller erlernte um 1890 unter Anleitung der Lehrerin Sarah Fuller sogar die Lautsprache für englisch, französisch, deutsch und latein. Zur Förderung der Kommunikationsmöglichkeiten Taubblinder sind zahlreiche Systeme und Methoden im Gebrauch. Beim "fiktiven Schreiben", das sich vor allem für Späterblindete oder Spätertaubte eignet, fährt man mit den Fingern auf der Tischplatte die von früher vertrauten Buchstaben nach. Weit verbreitet sind auch Tastalphabete und Handtastsprachen, wie zB das Eintasten der Morsezeichen in die Hand. In Österreich wird besonders häufig das um 1881 vom taubblinden österreichischen Dichter Hieronimus Lorm (18211902) erfundene und nach ihm benannte Handalphabet verwendet. Am Beginn des 20. Jahrhunderts hat im Grazer Blindeninstitut der Taubstummenlehrer Pipetz ein System geschaffen, das er beim Unterricht der hochbegabten Irene Ransburg einsetzte. Auch Spezialschreibmaschinen und Schreibtelefone erleichtern die Kommunikation der taubblinden Menschen untereinander und mit Sehenden. Wie steht es nun aus der Perspektive des 21. Jahrhunderts um den Nachteil, dass die Brailleschrift zwar sehr effektiv von den Blinden gelesen werden kann, jedoch nur von sehenden Experten? Die technischen Entwicklungen ab den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts haben der Brailleschrift neue Impulse gegeben. Die Firmen TeleSensory Systems in den USA und F. H. Papenmeier in Deutschland bauten mit dem VersaBraille und dem Braillex die ersten tragbaren papierlosen Textspeichergeräte auf elektronischer Basis. Die Eingabe erfolgte über eine Brailletastatur, die Ausgabe auf eine Braillezeile, bei der sich in jeder 6-Punkt-Zelle Stifte hoben, um die Punktkombination des Braillezeichens zu erzeugen. Beim Bewegen der Braillezeile wurden zunächst alle Punkte gelöscht (gesenkt), um dann die neuen Braillezeichen zu bilden. Bald danach schloss man Braillezeilen und Brailletastaturen an Computerterminals, ab der Mitte der achtziger Jahre auch an den PC (meist ohne Brailletastatur) an. Neue Berufszweige standen nun den Blinden offen; in anderen wurden die Blinden dank der neuen Hilfsmittel nicht verdrängt. Heute werden die wesentlichen Inhalte graphischer Benutzeroberflächen über eine sogenannte Screen Reader Software an die Braillezeile geschickt und so für den Blinden zugänglich. Synthetische Sprachausgabe unterstützt durch Zusatzinformationen über den Bildschirminhalt das Lesen auf der Braillezeile, die inzwischen acht statt sechs Punkte pro Zelle hat, um durch die größere Zahl an 17 Punktkombinationen mehr Zeichen darstellen zu können. Für Diabetiker mit starken Durchblutungsstörungen in den Fingern ermöglicht die synthetische Sprachausgabe überhaupt erst das Lesen. Hier wird nicht die Sprache verschriftet, sondern die Schrift in Sprache umgesetzt. Ähnliches lässt sich auch von den sogenannten Hörbüchern sagen: Professionelle Sprecher lasen und lesen Bücher, die zuerst auf Tonband, später auf Kassette, heute im Daisy-Format auf CD gespeichert werden. Das DaisyFormat ermöglicht das parallele Anbieten des gesprochenen und verschrifteten Wortes. Durch die Möglichkeit, Zeichen vergrößert am Bildschirm darstellen zu können, haben Sehbehinderte - für die auch Bücher in Großdruck erzeugt werden - Zugang zu mehr Informationen. Allen sehgeschädigten Menschen stehen über das Internet - wenn die Seiten nach den Richtlinien der Zugänglichkeit für Behinderte gestaltet sind - Informationen zur Verfügung, zu denen es früher keinen Zugang gab: Für viele Sehbehinderte haben zB Tageszeitungen einen zu kleinen Druck; wegen des großen Platzbedarfes erscheinen Magazine in Brailleschrift bestenfalls vierzehntägig. Der in früherer Zeit gegenüber der Brailleschrift erhobene Vorwurf, sie sei kommunikationshemmend, besteht nicht mehr: Blinde und Sehende lesen dieselbe Schrift, allerdings in unterschiedlichen Medien - der Sehende am Bildschirm, der Blinde über Sprachausgabe oder auf der Braillezeile. Aus heutiger Sicht lässt sich über Louis Braille sagen: Er hat den ersten 6-BitCode erfunden. Heute - im Zeitalter der Betonung der Individualität jedes Menschen - ist es auch unter den Pädagogen kein Problem mehr, den Blinden ihr SoSein zuzugestehen. Aloys Kremer meinte schon in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts, dass das So-Sein des Blindseins durch objektiv feststellbare und weder durch medizinische noch durch pädagogische Maßnahmen aufhebbare "Konstituanten" bestimmt ist: das Lichtlossein; das Ertastenmüssen; das größere Mitbestimmtsein durch die Restsinne; die geringere Anschaulichkeit des Gegenstandswissens; die Einwirkungen aus dem Zusammenleben mit den Sehenden; das Wissen um ein Anderssein. Die Brailleschrift ist heute "salonfähig" geworden. Immer wieder wird sie für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht: Die Tasten in den Aufzügen in den Stationen der Wiener U-Bahn sind mit großen, erhabenen Buchstaben der Schrift der Sehenden und in Braille beschriftet. Die Medaillen bei olympischen Spielen im Versehrtensport weisen Prägungen mit Braillepunkten auf. Auf Briefmarken aus Frankreich und auf den alten 50Lire-Münzen sind Braillepunkte zu sehen. Zahlreiche Blindenhilfsmittel wie Maßbänder oder der Geldscheinprüfer Cashtest haben Markierungen in 18 Brailleschrift und/oder Punkte. Auf manchen Etiketten von Weinflaschen kann der Blinde den Erzeuger und die Sorte lesen. Im Sommer 1999 kam in Frankreich ein T-Shirt auf den Markt, auf dem ausschließlich in Brailleschrift (allerdings mit einem Schreibfehler) zu lesen war: "Barbra Bui Collection - été 1999 - Teesfirt Manchescortes". In einer Ausstellung zeigte Tim Sharp Gebilde, bei denen Metallelemente aus der Wand ragten, verbunden durch Netze. Nur wer die Brailleschrift lesen kann, konnte die dahinter liegende Botschaft verstehen. Einrichtungen der Blindenbildung präsentieren sich wie alle anderen im Internet: BundesBlindenerziehungsinstitut mit dem Blindendruckverlag und dem Museum des Blindenwesens (www.bbi.at), Österreichischer Blinden- und Sehbehindertenverband (www.oebsv.at - mit Richtlinien zur barrierefreien Webseitengestaltung), Berufsbildungs- und Forschungszentrum für Blinde und Sehbehinderte (www.bbfz.at) Literaturempfehlungen: Bundes-Blindenerziehungsinstitut Wien (Hg.), Wittelsbachstraße 1898-1998, Wien 1998 Festschrift 100 Jahre Deutscher Blindenverband (Hg.), Enzyklopädie des BlindenSehbehindertenwesens, hg. von Heinrich Scholler, Heidelberg 1990 und Alexander Mell, Enzyklopädisches Handbuch des Blindenwesens, Wien Leipzig 1900 National Library Service for the Blind and Physically Handicapped, The Library of Congress (Hg.), World Braille Usage. The United Nations Educational Scientific and Cultural Organization (UNESCO), and the National Library Service for the Blind and Physically Handicapped, Paris 1990 Waltraud Rath - Dieter Hudelmayer (Hg.), Pädagogik der Blinden und Sehbehinderten, in: Handbuch der Sonderpädagogik, Bd. 2, Berlin 1985 Verband deutscher Blindenlehrer (Hg.), Der Blindenfreund. Organ des Verbandes deutscher Blindenlehrer. Verein zur Förderung der Blindenbildung, Hannover 1881-1934 1935-1941: Deutsche Blindenfürsorge 1951-1968: Blindenfreund 1969-1970: Zeitschrift für das Blindenbildungswesen 1971-1983: Zeitschrift für das Blinden- und Sehbehindertenbildungswesen seit 1984: Blind, sehbehindert, hg. vom Verband der Blinden- und Sehbehindertenpädagogen Ottokar Wanecek, Geschichte der Blindenpädagogik (Beiträge zur Sehgeschädigtenpädagogik und ihren Grenzgebieten, Heft 2, hg. von Werner Boldt, Dortmund), Berlin-Charlottenburg 1969 Erich Schmid 19 Das Unterrichtsfach Orientierung und Mobilität (O+M) stellt sich vor (Teil 2) Zur Erinnerung: Im ersten Artikel (BBInfo 1/2002) habe ich die Punkte Körperschema, Begriffsbildung, Motorik, Körperschutz, sehende Begleitung und das Erlernen der Langstocktechnik beschrieben. Nun möchte ich fortfahren mit der Förderung der Wahrnehmung und das Erlernen von Umweltmustern. Für einen blinden bzw. sehbehinderten Menschen sind Informationen durch die verbliebenen Sinne sehr wichtig. Das Hören ersetzt den Fernsinn Sehen. Zunächst werden physiologische Grundsätze des Hörens erklärt, auf die Einwirkung von Wind, Regen und Schnee hingewiesen, der Höreindruck bei Erkältung ist verändert, unterschiedliche Flächen reflektieren verschieden (zB kleiner Raum - großer Raum, Holz- - Teppichboden, Glaswände, raue Wand). Wie funktioniert die Echolokalisation? Bei der Schalllücke kann der Schall sich ungehindert ausbreiten, beim Schallschatten verändert sich das Geräusch. Diese Prinzipien müssen geübt werden im Zimmer, im Gebäude und im Freien (zB Haus- und Geschäftseingänge hören, parkende Autos verändern das Geräusch des Parallelverkehrs). Ein effektives System, um die Richtung der Geräuschquelle ganz exakt zu bestimmen, ist das Uhrzeitensystem. Dabei sind alle Zeiten des Ziffernblattes um den Hörenden herum angeordnet (12 Uhr davor, 6 Uhr dahinter, 3 Uhr rechts, 9 Uhr links). Dieses System wird zunächst im Zimmer mit unterschiedlichen Geräuschen geübt, später auch im Freien, um zB das Verkehrsgeschehen zu analysieren (Parallelverkehr Querverkehr). Beim "Hören lernen" ergeben sich folgende Fragestellungen: Was höre ich? Wo höre ich es? Aus welcher Richtung kommt das Geräusch? Ist das Geräusch nah oder fern? Es muss geübt werden an einer konstanten oder an einer bewegten Geräuschquelle entlang zu gehen, Hindernisse zu hören und auszuweichen, Entfernungen von Geräuschen richtig einzuschätzen. Im Bereich des Hörtrainings gibt es viele kleine Teilschritte um die Höreindrücke des Alltags für die eigene Lebensqualität zu nutzen. 20 Der Tastsinn Im Nahbereich geben die Hände und Füße Informationen über die Umwelt. Es wird geübt Oberflächenbeschaffenheit, Konsistenz, Temperatur und Gewicht zu unterscheiden. Beim Plänelesen sollen Himmelsrichtungen, Symbole, Formen und Maßstäbe verstanden werden. Füße können verschiedene Untergründe unterscheiden (Bodenbeläge, Straßen- und Wegflächen) und Neigungen (Steigungen, Gefälle, Wölbungen). Der Geruchssinn Informationen über den Geruchssinn können aus dem Nah- und Fernbereich kommen. Es wird geübt verschiedene Gerüche zu unterscheiden und zuzuordnen. Die Förderung der Wahrnehmung ist ein zentraler Bereich im Unterricht in O+M und ist Inhalt bei allen Unterrichtseinheiten. Der zweite Punkt heißt "Lernen von Umweltmustern" Zunächst die Definition: Umweltmuster sind Situationen in der Umwelt, die sich über Orte und Länder hinweg wiederholen und deswegen, einmal gelernt, übertragen werden können. Einige Beispiele: Hauptstraße - Nebenstraße, ampelgeregelte Kreuzungen, Gehweg - Fahrbahn, Zebrastreifen, Kaufhaus, Supermarkt, Bahnhof, öffentliche Verkehrsmittel, Unter- bzw. Überführungen, Parkplätze, Häuserblocks, Ein- und Ausfahrten, Rolltreppen, Aufzüge und Verkehrsregeln. Auf die dickgedruckten Umweltmuster möchte ich näher eingehen. Verkehrsregeln: Was heißt Einbahnstraße, Schutzweg. Rechtsverkehr, ein- bzw. mehrspurig, Supermarkt: Eine Einbahnregelung regelt den Kundenverkehr, Technik des senkrechten Stockes, Umgang mit dem Einkaufswagen, Münzen und Geldscheine unterscheiden können, Kommunikation mit Angestellten und Kunden, Einkauf vorbereiten (Einkaufszettel schreiben, Tasche/Rucksack mitnehmen, Anwendung des Systems "Zimmer vertraut machen". D. h. zuerst alle Außenwände abgehen und anschließend die Innenregale erkunden , sodass eine geistige Landkarte des Geschäftes entsteht, Warenkunde Häuserblock: Verschiedene Formen kennen lernen, innere -äußere Leitlinie (Wand-Gehsteigkante), Drehungen wahrnehmen, Parallel- und Querverkehr unterscheiden können, Einfahrten erkennen, Echolokalisation, Schallschatten und -lücke anwenden können, markante Punkte bestimmen (Kopfsteinpflaster, wenig und viel Autoverkehr, 21 geschlossene und offene Tiefgarage, Geschäft) Leitlinie, Haltestellenbereich, Einfahrt, Ampeltraining: Verschiedene Formen kennen lernen (x, t, y und Kreisverkehr), Parallelverkehr und Querverkehr unterscheiden, Überquerungsstandort bestimmen - Stopplinie des Querverkehrs, Gehrichtung bestimmen. Ausrichten am Parallelverkehr, Querungszeitpunkt bestimmen - Anfahren des Parallelverkehrs Einweisen in die verschiedenen akustischen Systeme in Wien: Grün- und Rotphase mit unterschiedlichen akustischen Signalen, automatischer Dauerbetrieb, nur die Grünphase wird akustisch angezeigt, Ampelmast ist mit einem Dauersignal zum Auffinden ausgestattet, durch Drücken einer Taste unten am Kästchen wird die nächste Grünphase akustisch angezeigt, dieses Signal gilt nur für den gewählten Überweg, ein Pfeil unten am Kästchen zeigt zusätzlich durch Vibration immer die Grünphase an. Alle Inhalte werden erst theoretisch, mit taktilen Plänen, der Magnettafel und Rollenspielen vermittelt. Erst dann folgt der Unterricht vor Ort. Falls jemand neugierig geworden ist und mehr wissen möchte, lade ich Sie ein beim Unterricht zuzuschauen (Absprache nötig, Mo, Mi, Do nachmittags). In der nächsten Ausgabe des BBInfo möchte ich näher eingehen auf den Unterricht in O+M mit sehbehinderten Schülerinnen und Schülern, Kommunikationstraining und auf das Thema "öffentliche Verkehrsmittel". Ute Ettl Fachkraft für Orientierung und Mobilität (Siehe auch "Die Ballade vom sterbenden Stock" im Faschingsteil dieser Nummer) Zahlen - Daten - Fakten über behinderte Menschen in Österreich Die Statistik Austria ermittelt im 10-Jahres-Rhythmus die Anzahl und die soziale Lage von Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Im Juni 1995 wurde im Mikrozensus zum dritten Mal nach Dezember 1976 und Dezember 1986 eine Erhebung über Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen durchgeführt. Der Mikrozensus ist eine Stichprobenerhebung, die etwa 1 % der österreichischen Wohnungen erfasst. Er wird im Untersuchungsjahr in vierteljährlichen Abständen (jeweils März, Juni, September und Dezember) im Wege mündlicher Befragung durch Interviewer durchgeführt. Die Stichprobe umfasste im Jahr 1995 in ganz Österreich 22 30.800 Wohnungen und lieferte repräsentative Ergebnisse für das gesamte Bundesgebiet. Im Juni 1995 gaben 2.129.000 Personen an, mindestens an einer körperlichen Beeinträchtigung zu leiden, um 551.000 mehr als 1986. Der Anteil körperlich beeinträchtigter Personen beträgt 29.9 % (1986: 22,7 %; 1976: 21,4 %). Diese Zunahme erklärt sich aufgrund der gestiegenen durchschnittlichen Lebenserwartung der ÖsterreicherInnen. Analog zu den vorangegangenen Erhebungen wurde das Gesamtgebiet der körperlichen Beeinträchtigungen in vier Untergruppen gegliedert, nämlich in Seh-, Hör-, Bewegungs- bzw. chronische Beeinträchtigungen: davon waren 407.000 Sehbeeinträchtigte 456.000 Hörbeeinträchtigte 475.900 Bewegungsbeeinträchtigte 1.662.800 chronisch Kranke (Wirbelsäulenleiden, Herzkrankheiten, hoher Blutdruck etc.) 3,1 Mio. Personen (das sind über 43 % der Bevölkerung) weisen mindestens eine Sehbeeinträchtigung auf, allerdings stuften annähernd 87 % davon (etwa 2.680.100 Personen) ihre Beeinträchtigung als durch Brille, Kontaktlinsen bzw. operativ "behoben" ein. Die Gruppe der tatsächlich Sehbeeinträchtigten ("nicht behobene Sehbehinderung") von insgesamt 407.000 Personen setzt sich wie folgt zusammen: 100.400 Kurzsichtige 87.000 Weitsichtige 95.800 Alterssichtige 115.500 Grauer Star 35.000 Grüner Star 9.800 Farbenblinde 45.900 andere Sehbeeinträchtigte 7.800 Praktischblinde 30.600 Vollblinde an einem Auge 4.600 Vollblinde an beiden Augen "Praktisch blind" besagt, dass sich ein derart Behinderter nicht ohne Hilfe in einer Umgebung zurechtfinden kann, die ihm nicht vertraut ist. Volle Blindheit besteht dann, wenn weder hell noch dunkel wahrgenommen werden kann, so dass sich der Betroffene auch in einer Umgebung, die ihm vertraut ist, nur mittels anderer Sinne, vor allem des Tastsinns und des Gehörsinns, zurechtfinden kann. Die Masse der Betroffenen (mit behobener und nicht behobener Beeinträchtigung) entfällt auf Weit- bzw. Alterssichtigkeit (zusammen 23 1,5 Mio., 21 % der Bevölkerung) sowie Kurzsichtigkeit (1,2 Mio., 18 %). Vier von zehn Personen fallen in die Altersklasse "50 bis 69 Jahre". Bei 61 % der Betroffenen einer "schwersten Sehbeeinträchtigung" wurde "Verschlechterung im Laufe der Zeit oder Krankheit" als Ursache der schwersten (bzw. einzigen, nicht behobenen) Sehbeeinträchtigung angegeben. 8 % leiden seit Geburt darunter und mehr als 5 % aufgrund von Arbeits-, Verkehrs-, Haushalts- und Sportunfällen. Beinahe drei Viertel der an Star Erkrankten gaben als Ursache "Verschlechterung im Laufe der Zeit oder Krankheit" an (grauer Star 76 %, grüner Star 65 %). Bei etwa je einem Sechstel der Personen mit praktischer Blindheit sowie (voller) Blindheit an einem bzw. an beiden Augen wurde Beeinträchtigung seit der Geburt angegeben. Bei mehr als jedem zweiten praktisch Blinden wurden die Beeinträchtigungen durch Verschlechterung im Laufe der Zeit oder Krankheit verursacht; jeder vierte an einem Auge Erblindete gab als Ursache einen Unfall an. Bei genau der Hälfte der Betroffenen begann die schwerste Sehbeeinträchtigung in einem Alter von über 40 Jahren, davon bei etwa einem Viertel nach dem 60. Lebensjahr. Während die Anteile in den Altersgruppen zwischen 10 und 40 Jahren zwischen 4 und 5 % liegen, ist der Prozentsatz bei den unter 10jährigen mit 13 % - davon entfallen schon 10 % auf die unter 5jährigen - vergleichsweise hoch. Kurzsichtigkeit, Blindheit (ein Auge) sowie die Kategorie "Andere Sehbeeinträchtigung" weichen von diesem Gesamtbild ab. Bei den Kurzsichtigen weisen gerade die jüngeren Altersgruppen recht hohe Anteile auf, d. h., dass bei jedem fünften Betroffenen die Beeinträchtigung bereits vor dem 10., aber nur bei jedem vierten nach dem 40. Lebensjahr begann. Ältere Personen sind vor allem von der Starerkrankung betroffen. Bei etwa mehr als jeder zweiten derart betroffenen Person begann die Beeinträchtigung im Alter von 60 und mehr Jahren. Grüner Star begann allerdings - im Unterschied zum grauen Star - in 11 % der Fälle bereits in der Altersgruppe von 40 bis 49 Jahren. Jeweils über 70 % der praktisch bzw. beidseitig voll blinden über 60jährigen Personen werden täglich oder wöchentlich bei persönlichen Verrichtungen (aufstehen, sich waschen usw.) und alltäglichen Tätigkeiten (einkaufen, Hausarbeiten erledigen usw.) unterstützt. 24 Die nächste Mikrozensuserhebung zum Thema "Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen" ist, vorausgesetzt dass die nötigen finanziellen Mittel bereitgestellt werden, 2005 geplant. Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen, Ergebnisse des Mikrozensus Juni 1995, Österreichisches Statistisches Zentralamt, Aus: Braille Report 8/2002 Feste und Feiern Alle Jahre wieder.... ... kommen die AUA Engerl zu uns und feiern mit uns eine stimmungsvolle Adventfeier. Auch heuer hat die Organisatorin, Frau Dorner-Resch schon im Herbst bei Frau Höllersberger nach der Wunschliste gefragt und sofort begonnen, die vielen Geschenke einzukaufen. Dann werden diese auch noch liebevoll verpackt und am 11. Dezember ist es dann so weit: Einige Kinder gehen mit den AUA-Engerln auf den Christkindlmarkt und auch dort werden Kinderwünsche erfüllt. Besonders nett ist, dass auch die eigenen Kinder unserer Gäste mitgehen und so entwickeln sich schon Freundschaften über Jahre hinweg. Im Speisesaal ist eine große Tafel gedeckt, alle Internatskinder warten aufgeregt, bis die Christkindlmarktbesucher zurückkommen. In der Zwischenzeit haben die anderen Gäste die Geschenke aus den Autos geholt und im Speisesaal aufgebaut. Computeranlagen werden schon vorher auf den Gruppen installiert, Fernseher eingestellt und Hängematten etc. aufgestellt. Und dann ... Die Adventfeier beginnt: Einige Kinder haben Sprüche und Lieder vorbereitet, Herr Seifriedsberger, ein Pilot der AUA, nun schon in Pension, liest eine stimmungsvolle Weihnachtsgeschichte. Nach dem besinnlichen Teil überreichen die AUA-Engerl die Geschenke. Dann gibt es ein gemeinsames Abendessen mit heißem Punsch und Brötchen. Die Feier klingt langsam aus, unsere Gäste können sich nun erstmals entspannt unterhalten und auch ein bisschen abschalten. Einige treffen sich bei uns nach langer Zeit, Pensionisten sind wieder bei Ihren ehemaligen Kollegen und erkundigen sich nach dem hektischen Berufsleben. Wir Sozialpädagogen überreichen auch kleine Geschenke, das gemütliche Zusammensitzen kann dann schon länger dauern. 25 Unsere Kinder sind dann schon längst auf den Gruppen und spielen mit den Geschenken. Hier nun die Wunschliste für das heurige Jahr: Gruppe N2: CD-Player, Fingerfarben, Tagesdecke und Zierkissen für die Kuschelecke Gruppe 3: Computer und Bildschirm (19 Zoll) Gruppe 4: Computertisch Gruppe N4: CD-Player und Kassettendeck Gruppe 5: großes stabiles Lastauto, Kassettenrekorder mit Mikrofon zum Aufnehmen, Affenschaukel der Firma CHICO Gruppe 7: Bildschirm (19 Zoll), Discolichter, Blindenspiele Gruppe N7: Computertisch Gruppe 8: Kassettenrekorder mit Mikrofon zum Aufnehmen, kleine Holzpuppen fürs Puppenhaus Gruppe N8: Fingerfarben Gruppe N9: Karten für die Zauberflöte (Oper), Kopfhörer zum Fernsehen Gruppe 10: Fernsehapparat, Stereoanlage Voriges Jahr hat ein AUA-Engerl eine besondere Weihnachtsgeschichte mitgebracht. Es ist die Geschichte dieser nun schon so langen Freundschaft. Wer könnte sie besser erzählen als die Engerl selber! Vorher möchte ich mich aber im Namen aller Kinder und Sozialpädagogen bedanken. Für die vielen wunderschönen Dinge, aber auch für die so lange Freundschaft. Luise Chaloupsky Sozialpädagogin Die Geschichte der Engerl Es war Advent und langsam, nur sehr langsam kam Weihnachten näher. Viel zu langsam fand mein Sohn Alexander, der sich schon auf seinen fünften Geburtstag knapp nach Weihnachten freute. "Morgen werde ich den ganzen Tag als Weihnachtsengerl unterwegs sein", erzählte ich ihm eines Abends Mitte Dezember. "Was? Du verkleidest dich als Engerl"?, kicherte er. "Nein, nein, ich trage die rote Uniform!" "Ach so", brummte er. "Und was machst du da den ganzen Tag"? "Ich verteile Geschenke an Kinder, denen es nicht so gut geht wie dir", erwiderte ich. "Aber wenn du willst, erzähle ich dir die ganze Geschichte". "Au fein", strahlte er, denn eine Geschichte ist immer eine coole Sache. 26 "Alles begann vor 17 Jahren. Da hatten eine Mitarbeiterin von Austrian Airlines die Idee, wie sie kranken und vor allem blinden Kindern helfen könnte. Dieser "Oberengel" ist die Monika Dorner-Resch, die lustige mit den langen, blonden Haaren!" "Ja, kenn' ich ja eh'", warf Alexander ungeduldig ein. "Also, die Monika spielt Christkind. Die erhält von den Heimen Wunschzettel. Darauf stehen die unterschiedlichsten Wünsche: Bettwäsche, Handtücher, Schi, eine Fotoausrüstung, eine Hüpfburg, medizinische Geräte zur Frühbehandlung von blinden Kindern, Naschsachen, Räder, Computer, Stereoanlagen, Kuscheltiere und jede Menge Spielzeug". "Wow, so viel dürfen sich die wünschen!", rief Alexander erstaunt. "Ich habe dir ja nur Beispiele genannt. Natürlich bekommen sie nicht alles auf einmal. Schließlich hat jedes Christkind nur eine gewisse Summe zur Verfügung, die ausgegeben werden kann." "Ja, genau wie unser Christkind", seufzte Alexander. "Richtig", sagte ich, "und die Monika muss mit dem Geld auch gut umgehen. Wie viel sie pro Jahr ausgeben kann, das bestimmen alle Mitarbeiter von Austrian Airlines." "Das ist die Firma in der der Papi und du arbeiten, stimmt's"?, unterbrach mich Alexander wieder einmal, "die mit den tollen Flugzeugen!" Ich nickte und fuhr fort: "Also, da gibt es einen Mann, den Herrn Hans Hackl, der rast tagelang durch die ganze Firma und ermuntert die Leute für die Weihnachtsengerl Geld zu spenden. Viele kennen ihn gut und warten schon auf ihn." "Aber welche Kinder bekommen denn jetzt die Sachen?" "Na, warte, der Reihe nach. Also, die Monika schaut sich die Listen durch und geht auf große Einkaufstour. Da versucht sie dann, die Sachen möglichst günstig zu bekommen; außerdem muss sie für die blinden Kinder Geräte finden, die möglichst große Knöpfe haben, die man gut ertasten kann. Wenn sie schließlich alle Geschenke zu Hause hat, geht es bei ihr in der Wohnung zu wie in der Wichtelmännchenwerkstatt in deinem Weihnachtsbuch! Hunderte Bögen Einwickelpapier liegen herum und sie macht ein Packerl nach dem anderen. Und dann, wenn Monika schon vom Packerlmachen träumt, alle Zimmer angeräumt sind, ihr Hund Karolin die eingepackten Zuckersackerln wieder aufreißen will und Monikas Mann Manfred fast die Nerven wegschmeißt, weil er in keinen Kasten mehr hineinkommt... dann, ja dann ist es endlich so weit: der große Tag ist da! Wir gehen die Geschenke verteilen." "Wer geht denn da aller mit"?, fragte Alexander. "Alle, die Zeit und Lust haben, aus verschiedenen Abteilungen der Firma. Wir treffen uns bei der Monika und schleppen die unzähligen Kisten ins Auto. Als erstes fahren wir zum Waisenheim auf der Hohen Warte. Hier wohnen Kinder, die keine Eltern mehr haben oder deren Eltern sich nicht gut genug um sie kümmern können. Dort gibt's auch eine sehr nette Dame, die macht interessante Bilder mit den Kindern. Und während sie basteln und malen 27 hilft sie ihnen beim Aufarbeiten ihrer Probleme. Diese Bilder kann man auch kaufen. Anschließend fahren wir zum Ronald MC Donald Haus für krebskranke Kinder." "Stimmt's, an Krebs kann man sterben!", warf Alexander ein. "Stimmt. Aber man kann auch eine Therapie machen. Krebskranke Kinder werden im St. Anna Kinderspital behandelt. Aber damit sie nicht die ganze Zeit im Spital sein müssen, können einige von ihnen im Ronald MC Donald Haus leben. Da gibt's eine riesige Wohnung und darin haben sie dann ein großes Zimmer, in dem sie mit ihren Eltern und Geschwistern leben können. Dort liefern wir neben Spielzeug, Geschirr und diversen Geräten auch unzählige Stofftiere ab. Denn während der Therapie geht es den Kindern gar nicht gut. Und so sind die Betreuer froh, wenn sie die kleinen Schützlinge während des Jahres mit einem neuen Stofftier ablenken können." "Genau", meinte Alexander, "ein Kuscheltier hilft wirklich, wenn man sich nicht so gut fühlt oder sich fürchtet!" "Und wohin geht ihr noch"?, wollte mein neugieriger kleiner Sohn wissen. "Dann haben wir uns ein Mittagessen verdient. Aber da beeilen wir uns ziemlich, denn wir wissen, dass jetzt eine Gruppe von Kindern schon sehr, sehr aufgeregt ist". "Warum sind die aufgeregt?", fragte Alexander. "Weil sie sich schon so irrsinnig auf den Christkindlmarkt freuen", antwortete ich. "Aber jetzt fehlen doch noch die blinden Kinder, die können ja nicht auf den Christkindlmarkt gehen." Alexander machte die Augen zu. "Da sehen sie doch nichts!" "Darum gehen wir ja mit und sind ihre Augen", erklärte ich. "Wir führen sie herum und beschreiben, was es zu sehen gibt. Und sie können die verschiedenen Dinge angreifen, Holzspielzeug zum Beispiel oder Krippenfiguren aus Kunstharz; sie können an den Duftkerzen riechen und wissen ganz genau, wo der Lebkuchenstand ist; und Maroni oder Bratkartoffel schmecken allen Kindern!" "Ich mag lieber Maroni", unterbrach mich Alexander aufgeregt. "Gehen wir auch bald zum Christkindlmarkt?" "Klar", sagte ich, "aber lass mich jetzt zum Schluss meiner Geschichte kommen!" "OK", brummte er. "Also, wenn wir dann von unserem tollen Ausflug am Christkindlmarkt zurückkommen, warten die anderen Kinder schon im Speisesaal auf uns. Dort findet nämlich immer noch eine Weihnachtsfeier statt!" "Was passiert da? Ist das so wie bei uns im Kindergarten? Und wie alt sind denn die Kinder? Und ..." Alexander hatte Fragen in Hülle und Fülle. "Wenn du mich immer unterbrichst, werde ich nie fertig mit meiner Geschichte!", erlaubte ich mir zu sagen. "Also, einige Kinder lesen Geschichten vor oder sagen ein Gedicht auf, dann singen wir alle verschiedene Weihnachtslieder oder die Band spielt ein paar coole Hits. Außerdem gibt es leckere Brötchen zu essen und an jedes Kind wird ein kleines Packerl von uns verteilt. Die großen Geschenke wie zB ein Computer oder eine Stereoanlage werden in der jeweiligen Wohnung aufgestellt. Und wir tratschen einfach und die 28 Kinder fragen uns Löcher in den Bauch - das kannst du dir sicher gut vorstellen, gell, Alexander? Und weil du mich nach dem Alter der Kinder gefragt hast: manche sind so alt wie du und andere sind schon fast erwachsen. Die meisten Weihnachtsengerln gehen jetzt schon viele Jahre mit und so sehen wir jedes Jahr, wie die Kinder größer werden. Dann sind wir ganz stolz, wie viel sie gelernt haben und wie fesch sie geworden sind, ganz so, als ob sie auch unsere Kinder wären." "Wow, das ist aber ein toller Tag! Darf ich da auch einmal mitgehen?" "Klar, wenn du ein bisschen älter bist!" Und so wächst die nächste Generation der Austrian Airlines Weihnachtsengerl heran..... Wir haben Weihnachten 2000 für unsere Kinder folgende Dinge eingekauft: Spielzeug: Plüschtiere in allen Variationen und Größen, Puppen, Werkzeugkoffer, Arztkoffer, Autos (Feuerwehr, Polizei, Bagger, Betonmischer, Kran etc.), diverse Spiele, Lego (Autos, Raketen, 2 Raumstationen), Bälle in diversen Größen, Farben, Stifte jeglicher Art, Zeichenpapier, Bastelmaterial zur kreativen Entfaltung, Plüschfiguren mit eingearbeiteten Wärmeflaschen, Plüschfiguren mit integrierten Rucksäcken, Babyspielzeug, Kinderwecker, 5 Fahrräder, 15 Scooter, 1 Tretroller, Ellbogen-, Hand-, Knieschützer, 6 Bobs; Bücher: diverse Kinder- und Jugendbücher, Tagebücher (für krebskranke Kinder, deren Eltern) Elektronik: 1 Computer, 5 tragbare Radio-Cd-Player, Videofilme für Kinder und Jugendliche Praktisches: Bettwäsche, Spannleintücher, Handtücher, Liegetücher, Babywäsche, Babyflaschen, Lätzchen, Krabbeldecken, Gitterbett mit Himmel, Matratze, Daunendecke, Polster, 1 Heißluftherd, 1 Küchenmaschine, 3 Messersets mit Holzblöcken, Kochlöffel, Bestecksets, 2 Sandwichtoaster, 2 Dampfbügeleisen, 1 Fritteuse, 1 Wanduhr und 1 großer Wandspiegel, 1 Gästeluftbett, Christbaumbehang Therapeutische Hilfsmittel: 2 Heimtrainer, 2 Hängematten mit fixen Holzgestellen, 2 Affenschaukeln, Afrotrommeln, Blindenbälle mit integrierten Glöckchen, 2 Sets Balancierbausteine, 2 Frostik-Boxen, Nikitin-Materialien, Lichtorgel zum Training für Kleinkinder mit Sehresten, Schaukelpferd Spende: an einen Mitarbeiter der AUA für (krebs)-krankes oder behindertes Kind (zum Ankauf eines elektrischen Rollstuhles, für Arztrechnungen oder kostspielige Therapien etc.); die betroffenen Kolleginnen und Kollegen werden uns von der Kollegenschaft genannt 29 Insgesamt wurden ATS 189.856,-- gespendet. Ein herzliches DANKE an alle Kolleginnen und Kollegen "Himmlischer Besuch" im BBI Am 11. Dezember 2002 gab es wieder ein besonderes Ereignis im BBI: Die "AUA-Engerln" landeten zu ihrem jährlichen Besuch bei uns. Pünktlich um 16:30 Uhr trafen alle beim Portier ein und versammelten sich zum Abmarsch auf den Christkindlmarkt. 11 Schülerinnen und Schüler des Internates wurden eingeladen, mit den netten Stewardessen und Stewards den frühen Abend auf dem Christkindlmarkt zu verbringen. In der Zwischenzeit dekorierte Susanne Jähnl die Tische im Speisesaal sehr stimmungsvoll mit viel Geschmack. Auf Gruppe 4 bereitete Erni Stempfer köstlichen Kaffee und dazu gab es den berühmten "Zucchinikuchen" von Frau Ramberger. Alle waren begeistert und wollten unbedingt das Rezept haben (wurde bereits per E-Mail in alle Welt verschickt). Gegen 19:00 Uhr trafen die Christkindlmarkt-Besucher im BBI ein und wurden in der Aula von den Geschwistern Cam und Nicole Hausmann mit einer beeindruckenden Tanz- und Gesangseinlage empfangen. Im Speisesaal sang Christine Eichinger mit ihren Mädchen und Burschen der Gruppe 3 ein abgeändertes Lied, das den Dank an die Besucher deutlich zum Ausdruck brachte: 30 Hier der Text: Die AUA-Engelein sind hier. Schon klopfen sie an die Tür: Wir rufen laut: "Herein!" Da treten sie gleich ein. Seid gegrüßt liebe Engelein! Wieder kommt ihr zu uns ins Heim. Alle Kinder mögen euch, warten schon und freuen sich, teilt ihr dann eure Gaben aus! Danke schön, danke schön, liebe AUA-Engelein. Herr Seifriedsberger las eine sehr fröhliche, moderne Weihnachtsgeschichte vor, in der recht aktionsreiche Vorfälle die Zuhörer amüsierten. Oberengel, Frau Dorner-Resch, die hauptverantwortlich immer dafür sorgt, dass alle Wünsche der Gruppenmitglieder erfüllt werden, las die heurigen Geschenksempfänger vor und alle verließen mit strahlenden Gesichtern den Speisesaal. 31 Die Besucher blieben bis 23:00 Uhr und es herrschte eine sehr harmonische, schöne Stimmung. Offensichtlich fühlten sich die "himmlischen" Engerl recht wohl auf der Blindeninstitutserde. Wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr! Anneliese Höllersberger Erziehungsleiterin Sport und Spiel Nestlé Austria Schullauf Am Donnerstag, dem 17. 10. 2002, hat der Nestlé Austria Schullauf im Donaupark stattgefunden. Diese Veranstaltung wird in jedem Bundesland abgehalten und die jeweils besten 20 Läuferinnen und Läufer jeder Altersgruppe sind startberechtigt für das Finale (am 14. 6. 2003, Ort noch unbekannt). Das BBI hatte 9 Super-Läufer am Start, die sich im Lauftraining, jeden Dienstag, gut vorbereitet hatten. Die Aufregung der Schüler war schon Tage zuvor spürbar und vor Ort platzten sie förmlich vor Nervosität und Freude. Alle Schülerinnen und Schüler gaben ihr Bestes und das schlug sich in tollen Laufzeiten nieder. Melanie Kittinger gab ihr Debüt als Läuferin in der Klasse w 1991/92 und schaffte die 2000 m in 13,41 Minuten. Sibel Cam belegte in ihrer Klasse den 41. Platz in einer Zeit von 9:31 Minuten gefolgt von Bianca Bazala, die mit einer Zeit von 9:49 Minuten den 57. Platz von 269 Starterinnen ergatterte. In der Gruppe männlich 1989/1990 starteten 211 Schüler. Darunter belegte Jürgen Artner-Rauch den 50. Platz (8:37 Minuten), Tomi Marinkovic den 69. (8:50 Minuten), Feytullah Akbulut den 150. (10:41 Minuten) und Dragan Stankovic den 191. in 12:11 Minuten. Emine Cam und Danijel Krnjeta haben es in das Finale geschafft. Emine lief die 2000 m in einer Zeit von 9:11 Minuten und belegte in der Klasse Jg. 1987/88 den 14. Platz. Danijel musste 3000 m laufen, was für ihn aber kein Problem war. Leider fehlt noch immer das Ergebnis. Es war nicht einfach, sich durch die Laufmassen zu "kämpfen", manche Schüler blieben mitten auf der Strecke plötzlich stehen, um sich die Schuhe zu binden oder weil sie nicht mehr konnten, somit wurde es teilweise zu einem Slalomlauf. Umso lobenswerter sind die guten Zeiten. 32 Es war ein schönes Erlebnis und machte allen Spaß, wir freuen uns schon auf nächstes Jahr. Ein herzliches Dankeschön an alle Begleitläufer! Dolores Plutsch Vor dem Start der Klasse W 1989/90: Doris Pühringer, Bianca Bazala, Begleitläuferin Sandra, Sibel Cam Weihnachten Gibt es ein Christkind? Ich bin acht Jahre alt. Einige von meinen Freunden sagen, es gibt kein Christkind. Bitte sagen Sie mir, gibt es ein Christkind? -- Virginia O'Hanlon "Ja, es gibt das Christkind!" Virginia, deine kleinen Freunde haben nicht Recht. Sie glauben nur, was sie sehen; sie glauben, dass es nicht geben kann, was sie mit ihrem kleinen Geist nicht erfassen können. Aller Menschengeist ist klein; ob er nun einem Erwachsenen oder einem Kind gehört ... Ja, Virginia, es gibt ein Christkind. Es gibt es, so gewiss wie Liebe und Großherzigkeit und Treue. Weil es all das gibt, kann unser Leben schön und heiter sein. Wie dunkel wäre die Welt, wenn es kein Christkind gäbe? 33 Es gäbe dann auch keine Virginia, keinen Glauben, keine Poesie - gar nichts, was das Leben erst erträglich machte ... Es gibt ein Christkind. Sonst könntest du auch den Märchen nicht glauben. Gewiss, du könntest deinen Papa bitten, er solle am Heiligen Abend Leute ausschicken, das Christkind zu fangen. Und keiner von ihnen bekäme das Christkind zu Gesicht - was würde das beweisen? Kein Mensch sieht es einfach so. Das beweist gar nichts. Die wichtigsten Dinge bleiben meistens unsichtbar. Die Elfen zum Beispiel, wenn sie auf Mohnwiesen tanzen. Trotzdem gibt es sie. All die Wunder zu denken - geschweige denn sie zu sehen -, das vermag nicht der Klügste auf der Welt. Was du auch siehst, du siehst nie alles. Du kannst ein Kaleidoskop aufbrechen und nach den schönen Farbfiguren suchen. Du wirst einige bunte Scherben finden, nichts weiter. Warum? Weil es einen Schleier gibt, den nicht einmal alle Gewalt auf der Welt zerreißen kann. Nur Glaube und Liebe und Poesie können ihn lüften. Dann wird die Schönheit und Herrlichkeit dahinter auf einmal zu erkennen sein. "Ist das denn auch wahr?", kannst du fragen. Virginia, nichts auf der ganzen Welt ist wahrer und nichts beständiger. Das Christkind lebt, und ewig wird es leben. Sogar in zehnmal zehntausend Jahren wird es da sein, um Kinder wie dich und jedes offene Herz mit Freude zu erfüllen. Frohe Weihnachten, Virginia! Dein Francis P. Church Dieser Briefwechsel zwischen Virginia O'Hanlon und dem Redakteur der New Yorker "Sun", Francis P. Church, stammt von 1897. Bis 1950 wurde er alle Jahre wieder zu Weihnachten auf der Titelseite abgedruckt. Virginia O'Hanlon starb 1971 im Alter von 81 Jahren. Ihre Frage nach dem Christkind lebt weiter. 34 35 Weihnachten und Fasching A nice Weihnachtsgedicht When the last Kalender-sheets flattern through the winterstreets and Dezemberwind is blowing, then is everybody knowing that it is not allzuweit; she does come - the Weihnachtszeit. All the Menschen, Leute, people flippen out of ihr warm Stueble, run to Kaufhof, Aldi, Mess, make Konsum and business. Kaufen these und jene things and the Churchturmglocke rings. Manche holen sich a Taennchen, when this brennt, they cry "Attention!" Rufen for the Feuerwehr: "Please come quick zum Loeschen her!" Goes the Taennchen off in Rauch, they are standing on the Schlauch. In the kitchen of the house mother makes the Christmasschmaus. She is working, schufts and bakes, the hit is now her Yoghurtkeks. And the Opa says als Tester: "We will kill them bis Silvester." Then he fills the last Glas wine yes, this is the Christmastime! Day by day is so vergang, and the Holy night does come. You can think, you can remember, this is immer in Dezember. The animals all in the house, the Hund, the Katz, the bird, the mouse, are turning round the Weihnachtstree, enjoy this day as never nie. Then the childrenlein are coming candle-Wachs is abwaerts running. Bing of Crosby Christmas sings, while the Towerglocke rings. 36 And the angels look so fine well, this is the Weihnachtstime. Baby's eyes are big and rund, the family feels kerngesund und now with joy begins to sing and wieder does the Gloeckchen ring, zum song vom gruenen Tannenbaum; the Traenen rennen down und down, bis our mother ploetzlich flennt: "Die Christmas-Gans im Ofen brennt!" So all can say the Fest is nice, but everybody has his price. The nerves are laying alle blank, that is ganz clear by this Gestank. But it must schon was Besondres sein, when all the people stimmen ein and sing so lovely loud and clear: MERRY X-MAS AND A HAPPY NEW YEAR! 37 38 Die Ballade vom sterbenden Stock Wer tappt da so spät um den Häuserblock? Es ist ein Blinder mit seinem Stock. Zur Straßenbahn möcht er, der Sechsertram. Die Luft, sie ist kalt und die Finger sind klamm. Mein Sohn, was eilest Du vorwärts, Du Wicht, Merkst Junge Du den Laternenpfahl nicht, Der vor Dir steht, aufrecht und steif, Mein Sohn, das ist kein Nebelstreif. Schon kracht es, schon birst von der Brille das Glas, Herrjemine, das ist wirklich kein Spaß. Er hält sich den Kopf, schaut blöd in die Welt, Doch es hilft nichts, er muss wieder vorwärts, der Held. Erst langsam, dann rascher geht wieder sein Schritt, Und vor ihm das Stöckchen tappt emsig mit. Halt ein, mein Sohn, denn merkst Du nicht dort Den vollen Mülleimer am düsteren Ort? Noch ein paar Schritte, dann ist es geschehn, Der Eimer, er liegt, anstatt weiter zu stehn. Es ergießt sich der Inhalt in das Gelände. Der Kerl steht da und ringt die Hände. Was soll er nun machen, er kann hier nicht weilen. Es ist eh schon spät und er muss sich beeilen. Nach rechts und nach links schwenkt er seinen Stock, Da fährt er 'ner Dame noch untern Rock. Sie hats zwar nicht gerne, doch sieht sie es ein, Denn schließlich denkt sie, was sein muss, muss sein. Und weiter geht die verwegene Hatz. Er jagt im gestreckten Galopp übern Platz. Die letzten paar Meter, schon will er ermatten, Da bringt er den Prügel noch zwischen zwei Latten. Ein kurzes Krachen, dann hält er gespannt einen halben Stock nur noch in seiner Hand. Von ferne hört er ein leises Gebimmel. Er kann nur noch denken, hilf mir o Himmel. Erreicht die Bahn mit Müh' und Not. Er selbst ist nur halb, doch der Stock ist ganz tot. Max Wilhelm 39 Humor Gegen Ende des Elternsprechtags am 6. Dezember 2002 traf ich Christopher aus der 3. VS-Klasse auf der Stiege. Gemeinsam mit Mutter und Schwester war er auf dem Nachhauseweg. Nach kurzem Plaudern erklärte er seiner Schwester: "Sandra, das ist meine Frau Direktor und die wohnt unten in der Kanzlei!" Susanne Alteneder prov. Leiterin 40 Impressum Dieses Informationsblatt wird vom Bundes-Blindenerziehungsinstitut herausgegeben. Im Sinne des Mediengesetzes für die Herausgabe verantwortlich ist die provisorische Leiterin, Prof. Susanne Alteneder. Für den Inhalt verantwortlich ist jeder einzelne Verfasser. Die geäußerten Meinungen müssen sich nicht mit dem Standpunkt der Redaktion decken. Verantwortlicher Redakteur ist Prof. Erich Schmid. Alle in 1020 Wien, Wittelsbachstraße 5 2