Robert Weiß, Seminar Länder, Gruppe 1

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Robert Weiß, Seminar Länder, Gruppe 1
Arbeitspapier zum 24.05.2011
Wie arbeiten die Länder im Bundesrat an der Bundesgesetzgebung mit?
Q1:
Laufer/Münch, Kapitel 6, 6.1, 6.4, 6.5.1, 6.5.2, 6.6.
1.
Allgemeines
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Bundesrat entspricht einer parlamentarischen Kammer; diese ermöglicht es den
Gliedstaaten sich zu repräsentieren und ihre Interessen gegenüber dem Gesamtstaat zu
wahren
die Kammer wirkt als Mittler und Verbindungsorgan zwischen Zentralstaat und
Gliedstaat
Existenz dieses handlungsfähigen Organs befördert einen Gewalten hemmenden
Effekt; Gegengewicht zur zentralstaatlichen Regierung und zum zentralstaatlichen
Parlament („Vetospieler“) (Q1, S.137)
Bundesratssystem: Art. 51 Abs.2 GG regelt die Stimmenzahl der Länder nach ihrer
Einwohnerzahl (je mehr Einwohner, desto mehr Stimmen, allerdings Minimum 3,
Maximum 6) (Q1, S.137 f.)
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2.
Zusammensetzung des Bundesrates
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Regelung der Mitgliedschaft in Art. 51 Abs. 1 GG
„Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie bestellen
und abberufen.“
Zugehörigkeit zum Bundesrat beschränkt sich auf Angehörige der Landesregierungen;
d.h. Entsendung von Landesbeamten oder Landesparlamentarier die nicht
Regierungsmitglieder sind ist nicht möglich (Q1, S.139)
Landesregierungen bestehen i.d.R. aus Ministerpräsident als Spitze der Regierung und
Ministern als weitere Regierungsmitglieder
Mitglieder des Bundesrates werden nicht gewählt und haben keine Amtsperiode als
Bundesratsmitglied
durch Mehrheitsbeschluss der Landesregierungen werden die Mitglieder für die Dauer
ihrer Zugehörigkeit zur Regierung bestellt; d.h. scheiden sie aus der Landesregierung
aus, erlischt ihre Mitgliedschaft im Bundesrat automatisch
Bundesrat ist ein „ewiges Organ“; erneuert sich kontinuierlich selbst (Q1, S.139)
Mitglieder des Bundesrates unterscheiden sich verfassungsrechtlich von
Bundestagsmitgliedern:
a) sie sind weisungsgebunden und somit in ihrer Stimmabgabe nicht unabhängig
b) als Bundesratsmitglied haben sie nicht die Privilegien der Immunität und Indemnität
c) sie haben keine vermögensrechtlichen Ansprüche wie Bundestagsmitglieder (Q1,
S.139)
gleichzeitige Mitgliedschaft in Bundesrat und Bundestag gilt als unzulässig
(Inkompatibilität)
wenn ein Mitglied des Bundesrates in den Bundestag gewählt wird, dann muss dem
Präsidenten mitgeteilt werden, auf welches der beiden Ämter verzichtet wird (Q1,
S.139)
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3.
Einwirkung des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren
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Mitwirkungsmöglichkeit des föderalen Organs an der Gesetzgebung des Zentralstaats
gilt als wesentliches Charakteristikum bundesstaatlicher Systeme
Bundesrat leitet einen grossteil seines politischen Gewichts aus seiner Beteiligung am
Gesetzgebungsverfahren des Bundes ab; Bundesrat wirkt ausschließlich an der
Gesetzgebung des Bundes mit
Bundesrat ist am Zustandekommen aller Gesetze beteiligt die in die
Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen
Verhinderung von Gesetzen möglich, wenn ein Gesetzesbeschluss des Bundestages
die Belange der Länder in besonderem Maße berührt (Q1, S.149)
Bundestag berücksichtigt diese Verhinderungsmöglichkeit in einem sehr frühen
Stadium der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs; d.h. dass z.B. bei einer anderen
parteipolitischen Mehrheit im Bundesrat als Bundestag, dieser auf die Position der
Ländermehrheit inhaltlich Rücksicht nehmen muss (Q1, S.149f.)
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3.1
Bundesrat als Initiator von Gesetzesentwürfen
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Bundesrat hat das Recht zur Gesetzesinitiative, d.h. die Mehrheit des Bundesrates
kann beschließen, beim Bundestag eine Gesetzesvorlage einzubringen
zwischen der Behandlung des Gesetzesentwurfs im Bundesrat und im Bundestag muss
der Entwurf erst zur Bundesregierung geleitet werden; diese kommentiert den Entwurf
mit der eigenen Position (eher Zustimmung oder eher Ablehnung); normalerweise
leitet die Bundesregierung den Entwurf nach sechs Wochen weiter zum Bundestag
Bundestag hat keine Fristen, daher kommt es insbesondere bei Uneinigkeit der
Koalitionspartner zu Verschleppungen (Q1, S.150)
in der Praxis hat das Recht der Gesetzesinitiative des Bundesrates keine große
Bedeutung; allerdings bei abweichenden parteipolitischen Mehrheiten in Bundesrat
und Bundestag ist zu beobachten, dass die Mehrheit des Bundesrates das Initiativrecht
häufiger benutzt, als wenn in beiden Organen dieselben Mehrheiten vorherrschen (Q1,
S.150 f.)
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3.2
Beratungsfunktion des Bundesrates
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Bundesregierung muss ihre Gesetzesvorlagen erst an den Bundesrat senden (Art. 76
Abs. 2 GG); dieser kann innerhalb von sechs Wochen Stellung nehmen
im „Ersten Durchgang“ wird im Bundesrat der Gesetzesentwurf auf
verfassungsrechtliche Qualität und Zulässigkeit überprüft; Sachverständige aus den
Landesministerien untersuchen, wie sich der Entwurf auf die Verwaltungspraxis
auswirken würde
Bundesrat kann sich alle erforderlichen Information (von Bundesregierung, von
Sachverständigen, Interessengruppen etc.) für seine Stellungnahme einholen
Stellungnahme signalisiert der Regierung frühzeitig die zu erwartende Entscheidung
des Bundesrates
zusätzlich enthält die Stellungnahme Sachinformationen, gesetzestechnische
Verbesserungen, verwaltungspraktische Erfahrungen (z.B. Finanzierungsprobleme)
Möglichkeit der Stellungnahme wird vom Bundesrat sehr ausgiebig genutzt (Q1,
S.151 f.)
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3.3
Entscheidungen des Bundesrates über Gesetzesbeschlüsse
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nach dem beraten und beschließen eines Gesetzes muss der Bundestag den Bundesrat
unverzüglich informieren
Bundesrat ist nach Art. 77 GG verfassungsrechtlich verpflichtet seine Mitwirkung am
Gesetzgebungsverfahren wahrzunehmen und Entscheidungen über den
Gesetzesbeschluss des Bundestages zu treffen
Entscheidungsbefugnis des Bundesrates variiert je nach Art und Inhalt des
Gesetzesbeschlusses: bei zustimmungsbedürftigen Beschlüssen ist die
Entscheidungsbefugnis stark (absolutes Veto), bei nicht zustimmungsbedürftigen
Beschlüssen ist sie schwächer (aufschiebendes Veto) (Q1, S.154)
größte Bedeutung des Bundesrates bei verfassungsändernden- und
Zustimmungsgesetzen
Verfassungsänderung vom Bundestag nur möglich, wenn zwei Drittel des Bundesrates
zustimmt; allerdings ist die doppelte Zwei- Drittel- Mehrheit in der Praxis nicht
sonderlich hemmend (57 Verfassungsänderungen bis 2009) (Q1, S.155)
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4.
Handlungsmöglichkeiten des Bundesrates bei Einspruchsgesetzen
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bei Einspruchsgesetzen verfügt der Bundesrat nur über ein Aufschiebendes Veto, d.h.
sein Veto kann vom Bundestag zurückgewiesen werden
bei Einspruch des Bundesrates mit Zwei- Drittel- Mehrheit, müsste die Zurückweisung
durch den Bundestag ebenfalls mit Zwei- Drittel- Mehrheit geschehen
dadurch wäre in einer bestimmten Konstellation ein völliges Blockieren der
Gesetzgebung des Bundestags durch den Bundesrat möglich, wenn
Oppositionsparteien des Bundestages im Bundesrat über eine Zwei- Drittel- Mehrheit
verfügen (und die Einspruchsgesetze mit Zwei- Drittel- Mehrheit ablehnen) und im
Bundestag bei der Abstimmung zur Zurückweisung des Einspruchs alle MdBs
anwesend wären; da außer bei einer großen Koalition die Opposition über eine
Sperrminorität von 207 Abgeordneten verfügt, könnte der Bundestag den Einspruch
des Bundesrates nicht mit Zwei- Drittel- Mehrheit zurückweisen (Q1, S.159)
unwahrscheinlich dass eine Opposition im Bundestag so eine Mehrheit im Bundesrat
erreicht, allerdings parteiübergreifender Schulterschluss der Länder denkbar
Länder würden gemeinschaftlich dem Bund entgegentreten; Bsp.: Entwurf des
Zensusvorbereitungsgesetzes 2011; Länder wehrten sich dagegen, dass sie vom Bund
mit dem Großteil der Vollzugskosten belastet werden würden
wenn Länder sich als Opfer der Sparpolitik des Bundes fühlen kommt es zu
gelegentlichen parteiübergreifenden Bündnissen; Konfliktlinien verlaufen dann
zwischen den Ebenen des Bundesstaates (Q1, S.159 f.)
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5.
Zustimmungspflichtigkeit vor der Föderalismusreform
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Instrument der Zustimmungsbedürftigkeit vom Bundesrat geschickt genutzt; sehr
weite Auslegung
Mitverantwortungstheorie: Zustimmungsrecht bezieht sich auf das Gesetz als Ganzes
und somit bedarf jede Änderung der Zustimmung des Bundesrates
Zustimmung bezieht sich also auf alle Normen des Gesetzes und nicht nur auf die, die
die Zustimmungsbedürftigkeit auslösen; somit werden Gesetze die möglicherweise gar
nicht zustimmungspflichtig sind, vom Bundesrat als zustimmungspflichtig angesehen
und werden von dessen Zustimmung abhängig gemacht (dadurch wurden von 1994 bis
1998 fast 60 % alle Gesetze zustimmungsbedürftig) (Q1, S.160)
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6.
Vermittlungsausschuss
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damit Gesetzgebungsprozess nicht zum Erliegen kommt wurde der
Vermittlungsausschuss ins Leben gerufen
soll bei strittigen Fragen zwischen Bundesrat und Bundestag vermitteln
aus dem Bundesrat entsendet jedes Land einen Vertreter, aus dem Bundestag werden
Fraktionsgrößen entsprechend ebenfalls 16 Mitglieder entsandt
Mitglieder des Bundesrates sind an Weisungen aus dem Bundesrat oder den jeweiligen
Ländern nicht gebunden
Mitglieder des Vermittlungsausschusses wählen einen Vertreter des Bundesrates und
einen des Bundestages; diese werden dann Vorsitzende; wechselt vierteljährlich (Q1,
S.163)
Vermittlungsausschuss wird dann bemüht, wenn der Bundesrat Bedenken gegenüber
Bestimmungen oder eines Beschlusses des Bundestages hat
bevor der Bundesrat Einspruch gegen ein nicht zustimmungspflichtiges Gesetz des
Bundestages erheben kann, muss der Vermittlungsausschuss angerufen werden
bei zustimmungspflichtigen Gesetzen können auch Bundestag und Bundesregierung
Einberufung des Ausschusses verlangen (Q1, S.163)
die Verhandlungen sollen einen Interessenausgleich zwischen Bund und Ländern in
Form eines politischen Kompromisses schaffen und die Organe sollen einen
gemeinsamen Weg finden, die Einwände des Bundesrates zu überwinden
Zahl der Verhandlungen steigt an, wenn die Mehrheiten in Bundesrat und Bundestag
nicht übereinstimmen (Q1, S.163 f.)
Tätigkeit des Vermittlungsausschusses führt entweder zu einem Einigungsvorschlag,
oder endet ergebnislos; die Beschlüsse im Vermittlungsausschuss führen allerdings nur
dann weiter, wenn sie anschließend sowohl von Bundestag als auch von Bundesrat
bestätigt werden
bei Ergebnislosigkeit der Verhandlungen geht der Gesetzesbeschluss wieder an den
Bundesrat zurück und dieser entscheidet ob er das Gesetz passieren lässt oder
Einspruch einlegt
bei einem Einigungsvorschlag muss der Bundestag über Annahme des
Vermittlungsvorschlags entscheiden
weitere Ablehnungen egal von welcher Seite führten bisher oft dazu, dass der
Vermittlungsausschuss bis zu dreimal (von Bundesrat, Bundestag, Bundesregierung)
pro Gesetz angerufen wird [allerdings nur möglich bei zustimmungspflichtigen
Gesetzen] (Q1, S.165)
durch den Vermittlungssausschuss kam es oft vor, dass die rechtlichen oder sachlichen
Bedenken des Bundesrates ausgeräumt werden konnten und somit
Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern geschlichtet wurden
Stillstand und gegenseitige Blockade im Gesetzgebungsprozess kann somit vermieden
werden (Q1, S.165 f.)
Kritik: keine transparente Arbeitsweise, Mitglieder des Bundestages haben nicht die
Möglichkeit die Einigungsempfehlung des Ausschusses zu beraten oder zu verändern;
zuständige Parlamentsmehrheit ist faktisch gezwungen, den ausgehandelten
Kompromissen zuzustimmen und damit werden ihre Rechte beschnitten (Q1, S.166)
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