Pressemitteilung Nr. 07/05 Sächsische kommunale Spitzenverbände fordern bessere Information der Bürgerinnen und Bürger über die Voraussetzungen zur Aufnahme weiterer Staaten in den Schengen-Raum „Die durch Äußerungen des EU-Kommissars für Justiz und Inneres, Franco Frattini, ausgelöste Debatte über eine Ausdehnung der derzeitigen Schengen-Außengrenzen auf die am 1. Mai 2004 der Europäischen Union beigetretenen neuen Mitgliedstaaten hat unter den Bürgerinnen und Bürgern zu einer großen Verunsicherung geführt“, sagte heute der Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetages, Mischa Woitscheck, in Dresden. Derzeit umfasst der sog. Schengen-Raum, der Personenkontrollen an den Grenzen der teilnehmenden Staaten grundsätzlich überflüssig macht, alle alten EU-Mitgliedstaaten, außer Großbritannien und Irland, sowie Island und Norwegen. Zudem haben die Schweizer mit einer Volksabstimmung am 5. Juni 2005 den Beitritt ihres Landes zum Schengen-Vertrag ab 2007 gebilligt. Im April dieses Jahres hatte Kommissar Frattini erklärt, dass er im Oktober 2007 die Aufnahme der neuen EU-Mitgliedstaaten, darunter Polen und Tschechien, in den Schengen-Raum erwarte. „Seit den Äußerungen von Herrn Frattini beunruhigt dieses Thema die Menschen insbesondere im sächsisch-tschechischen und sächsischpolnischen Grenzraum“, so Woitscheck. „Die Verunsicherung ist Resultat einer diffusen und mangelhaften Information der Bürgerinnen und Bürger“, meinte das Geschäftsführende Präsidialmitglied des Sächsischen Landkreistages, André Jacob. In der Diskussion gehe völlig unter, dass es keinen Automatismus für den Beitritt in den Schengen-Raum gebe, sondern hierfür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. 1 „Ein Beitritt ist nur dann möglich, wenn eine erfolgreiche Teilnahme am neuen Schengener Informations-System (sog. SIS II), gewährleistet werden kann. Ein Probelauf hierfür findet voraussichtlich zwischen März und Herbst 2007 statt“, erläuterte Jacob. Diese europaweite Datenaustauschbank erleichtert die operationelle Zusammenarbeit von Polizei-, Zoll- und Justizbehörden in allen Mitgliedstaaten bei der Verfolgung von internationaler Kriminalität. „Auch gestohlene Fahrzeuge sind im SIS registriert und wären bei einer Aufnahme weiterer Mitglieder in den SchengenRaum leichter auffindbar“, ergänzte Woitscheck. Zudem müssen neu aufzunehmende Staaten gewährleisten können, dass sie zur Außengrenzkontrolle, zur Visa-Erteilung, dem Datenschutz und der polizeilichen Zusammenarbeit einwandfrei in der Lage sind. „Ob diese Vorgaben nach Standard der alten EUMitgliedstaaten erfüllt werden, prüfen Evaluierungsgruppen der EUKommission bis Ende 2006. Dabei werden strenge Maßstäbe angelegt“, sagte Jacob. Erst nach Abschluss der Prüfungen kann sich der Ministerrat der bisher teilnehmenden Staaten mit der Ausdehnung des SchengenRaumes auf neue Mitglieder befassen. „Eine Aufnahme wird für jeden Staat einzeln beraten und kann nur mit einstimmiger Entscheidung herbeigeführt werden“, betonte Woitscheck. Die sächsischen Kommunen stimmen mit Staatsminister Dr. de Maizière sowie Bundesinnenminister Dr. Otto Schily überein, dass ein Mitgliedstaat nur dann dem Schengen-Raum beitreten kann, wenn lückenlos alle hierfür vorgesehen Kriterien erfüllt werden. „Ist dies der Fall, unterstützen wir den Beitritt, da der Grenzverkehr dadurch erheblich erleichtert wird und Warteschlangen, welche zur Zeit noch die Straßen der grenznahen Städte und Gemeinde verstopfen, wegfallen“, so Woitscheck. Sollten die Kriterien allerdings nicht erfüllt werden, dürfe kein fauler Kompromiss eingegangen werden. „Ich bin mir sicher, dass der Vertreter Deutschlands im Ministerrat dann den Beitritt neuer Staaten in den Schengen-Raum durch sein Veto-Recht zu verhindern weiß.“ Woitscheck und Jacob appellierten an Politik und Medien, die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen. „Nur durch eine gezielte Aufklärung kann die Angst der Menschen vor der Erweiterung des Schengen-Raumes beseitigt und rechten Kreisen, die mit Falschinformationen Ängste schüren, der Wind aus den Segeln genommen werden“, sagten sie abschließend. Dresden, den 29. Juni 2005 2