Abiturvorbereitungen für das Fach Deutsch von Sarah Guß 1. Buch: „Irrungen, Wirrungen“ von Theodor Fontane Inhalt Fontane beschreibt die Irrungen / Wirrungen einer Gesellschaft, die sich vom Gebot der Menschlichkeit entfernte und an dem das Liebesverhältnis eines Adligen und einer kleinen Plätterin scheitern muss. - Die Handlung spielt in Berlin Ende des 19. Jahrhunderts (Ende der 70er Jahre) Bootspartie: Lene lernt Baron Botho von Rienäcker kennen, verlieben sich rasch Höhepunkt: gemeinsame Landpartie zu Hankels Ablage, drei Freunde Bothos kommen hinzu, er kann keinen natürlichen Umgang mit Lene pflegen Botho erhält Brief seiner Mutter, der die prekäre Finanzlage der Familie bemängelt und Abhilfe durch Heirat Käthes empfiehlt Trennung von Lene Lene hat Verständnis für Bothos Entschluss, da sie die ständischen Anforderungen richtig einschätzte und eine dauerhafte Bindung an Botho nicht erwartete Hochzeit: Baron heiratet seine Cousine Lene sieht Baron mit seiner Frau zufällig auf der Straße, (gibt sich aber nicht zu erkennen) beschließt, dass Stadtviertel zu verlassen Lene lernt Fabrikmeister Gideon Franke kennen, Heiratsantrag sie erzählt ihm von ihrem Vorleben Gideon sucht Botho auf, Baron erfährt vom Tod der Frau Nimptsch und besucht deren Grab, um dort versprochenen Kranz niederzulegen Hochzeit zwischen Lene und Gideon Botho erfährt durch Zeitungsanzeige von der Hochzeit Selbsterkenntnis: „Gideon ist besser als Botho.“ Botho und Lene sahen sich nach der Trennung vor Bothos Hochzeit nicht wieder - Die detaillierte Beschreibung des Ortes soll eine Wirklichkeitsillusion darstellen Literarisch, historischer Hintergrund (bürgerlicher Realismus 1848-1890) Der bürgerliche Realismus (Deutschbuch S.267f.) und (Irrungen, Wirrungen S.189f.) - in erster Linie ist Realismus eine bestimmte Schreib- und Stilform, in zweiter Linie eine Epochenbezeichnung man spricht von Realismus, wenn die Wirklichkeit dargestellt wird und nicht die Fantasie Realismus ist nicht einfach die bloße Wiederholung der Wirklichkeit im Sinne einer Reduplikation Ästhetisch-künstlerisches Element spielt wichtige Rolle (wie wird das Verhältnis von kreativem Bilden und Abbilden gestaltet?) sozialistische Realismus - ist eine Bezeichnung für eine Methode der künstlerischen Gestaltung und Kritik in der Literatur, die eng an die marxistisch-leninistische Ideologie gebunden ist; - auch übertragen auf andere Künste, v. a. auf die bildende Kunst. Naturalismus - eine Stilrichtung, bei der die Wirklichkeit exakt abgebildet wird, ohne jegliche Ausschmückungen oder subjektive Ansichten Der Naturalismus gilt auch als Radikalisierung des Realismus - Autoren dieser Epoche wollten durch ihre naturalistischen Darstellungen das Lesepublikum aufrütteln und sympathisieren mit den gesellschaftspolitischen Zielen der Arbeiter, ohne sich parteilich zu binden - in Verbindung mit der gesellschaftskritisch wirkenden Literatur des Naturalismus verschaffte sich die seit dem Vormärz lebendige Frauenbewegung verstärkt Gehör - Forderung der Arbeiter nach ökonomischer Verbesserung und sozialen wie politischen Rechten Realismus 1.Definition: „Exnegativo“ Realismus ist nicht das „nackte Widergeben alltäglichen Lebens“ Realismus ist nicht die Darstellung von Leid und Misere (Kritik an die Tendenzkunst, die das tägliche Elend bloß abbildet Naturalismus) rohes „Erz-Metall“ 2.Definition: „Positiver“ das Leben bietet den Stoff („Marmorsteinbruch“), der künstlerisch bearbeitet werden muss, ist aber an sich kein Kunstwerk er sieht als einen fortschritt in der Literatur, dass die Wirklichkeit ihre Grundlage ist 3.Definition: „Positiv“ Realismus ist eine Widerspiegelung des wirklichen Lebens aller Dinge, auch der kleinen Dinge Realismus umfasst das ganze Leben wie Sinnesausdrücke und Emotionen er will das „Wahre“ Fontanes Auffassung: - „Realismus ist die künstlerische Wiedergabe (nicht das bloße Abschreiben) des Lebens“ Realismus ist nicht das nackte Wiedergeben alltäglichen Lebens Menschen bilden sich ein, dass eine Misere, z.B. eine Darstellung eines sterbenden Proletariers, eine Kunst sei Diese Richtung verhält sich zu echten Realismus total gegensätzlich Realismus ist die Widerspiegelung wirklichen Lebens „umfasst ganzes, reiches Leben“ „will nicht die bloße Sinneswelt und nichts als diese“ will am allerwenigsten das bloße Handgreifliche, aber er will das Wahre schließt nichts aus, außer Lüge, das Forcierte, das Nebelhafte und das Abgestorbene Erzählform - Ein typisches Stilmittel, welches Fontante häufig benutzt ist der Erzählbericht Auktorialer Erzähler (allwissend) Zitat Fontanes: „Die Exposition soll den Kern des Ganzen beinhalten.“ Allgemeines Klassengesellschaft hierarchischer Aufbau Die 4 Niveaus der Gesellschaft: 1. Unterschicht 2. Kleinbürgertum 3. Besitz und Bildung 4. Spitze der Gesellschaft Gesellschaftskritik im Frauenroman - Zitat Fontanes: „Die Gesellschaft ist ein Scheusal“ thematisiert in seinen Romanen die Standesunterschiede, zeigt, dass diese Gesellschaft in ihren Denk- und Verhaltensweisen erstarrt ist Irrungen, Wirrungen: junge Liebe zerbricht durch die Standesunterschiede Die Protagonisten dienen als Produkt der sozialen Bedingungen und der Milieus, in denen sie leben Lösung der Konflikte durch „Versöhnungsangebot“ Fontane macht in keinem seiner Romane einen „offenen Bruch mit der Gesellschaft“ Die Verliebten tragen ihren Kampf mit der Gesellschaft nicht öffentlich aus Protagonisten müssen sich mit ihrem Schicksal abfinden Rollenerwartungen der damaligen Gesellschaft ( Ende 19. Jahrhunderts) Frauen Adelige Offiziere Zuverlässig, nicht neugierig, nicht zu viel reden, reinlich, stilvoll sein, treu sein, unschuldig, nicht auf ihr Recht bestehen, wachsam, nicht meckern höheren Schulabschluss, bedingungslose Verpflichtung, ideologische Schulungen, Disziplin, Loyalität, keine Kontakte zu Zivilen Rezeption eines Romans = Art und Weise wie der Roman von Lesern aufgenommen und verstanden wird 2. Buch: „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink Inhalt - - während der 50iger Jahre Michael muss sich auf der Straße übergeben Hanna Schmitz hilft ihm Auf Anweisung seiner Mutter geht er Monate später zu Hanna um sich zu bedanken Begegnung mit der viel älteren Hanna ruft einen unerwarteten Reiz in ihm hervor Heimliche Treffen: Zum Liebesritual gehört auch das Vorlesen plötzliches Verschwinden Hannas Michael (Jurastudent), nimmt an KZ-Seminar teil Hanna und andere Frauen stehen dort unter Anklage; Anklage: als Aufseherin in einem Außenlager von Auschwitz den Tod vieler Frauen mitverursacht zu haben Bemerkt, dass Hanna Analphabetin ist Scham, Hanna verheimlicht ihr Geheimnis selbst vor dem Gericht kann sich deshalb nicht effektiv gegen die für sie belastenden Schriftstücke verteidigen und nimmt somit das schwere Urteil an: lebenslänglich! Michael Konflikt (Soll er ihr helfen, indem er ihr Geheimnis preisgibt?) scheitert daran Jahre später: während Hannas Haft, schickt er ihr Tonkassetten aus der Weltliteratur, die er ihr ein Jahrzehnt lang aufnimmt (ohne persönlichen Kontakt) Erstes Treffen (kurz vor Hannas Entlassung) Hanna hat sich während der Haftzeit angefangen, mühsam lesen und schreiben zu lernen. Sie hat darüber Zugang zu ihrem Lebensweg gefunden, zu ihrer Schuld. Hanna begeht Selbstmord Hanna Schmitz - Vergangenheit als KZ-Aufseherin Einerseits fürsorglich und mütterlich (Erziehungsperson) andererseits dominant zwingt Michael die Schuld auf sich zu nehmen - Analphabetin Entwicklung: Am Ende ihres Lebens erlernt sie doch noch das Schreiben und Lesen beginnt sich mit dem Nationalsozialismus und den Verbrechen dieser Zeit auseinander zu setzen versucht ihre Schuld aufzuarbeiten Michael Berg - Erkrankung an Gelbsucht lernt Gertrud kennen, die er später heiratet, als diese sein Kind erwartet Scheidung (als Tochter Julia 5 Jahre alt ist); Grund des Versagens: Die Beziehung zu Hanna. Er vergleicht ständig seine Frau mit Hanna, von der er ihr nie etwas erzählt hat Literarisch, historischer Hintergrund (Lyrik der Nachkriegszeit) Drittes Reich und Judenvernichtung - - - - - Verzichtet auf eine realistische, dokumentarische Nachzeichnung der Ereignisse im Großen, gibt dennoch ein – durch den Ich-Erzähler gefiltertes – Bild wieder, indem er Hanna auftreten lässt So wird kein summarisches Faktenwissen als Darstellung des Dritten Reiches benutzt, sondern die Menschlichkeit eines individuellen Schicksals – des Täters! Die Schuldfrage – sowohl die allgemeine als auch die individuelle – wird damit keinesfalls aufgelöst, aber differenziert Der spezifische Mensch Hanna besitzt spezifische Schwächen Die von ihr ausgeübten Taten geschehen nicht aus einem „luftleeren“, grundsätzlich moralisch verurteilbaren Raum, sondern besitzen eine Vorgeschichte, die das Individuum zu seiner persönlichen Schuld führt So wird die Eigenverantwortlichkeit und die Schuldfähigkeit des Einzelnen hinterfragt; das scheinbar Böse, das hinter den Taten steht und ihre Täter stigmatisiert wird jedenfalls entmystifiziert Durch die Kenntnis, dass Hanna weder Lesen noch Schreiben kann, sie sich stets deshalb versteckt hat hinter ihrem eigenen Horizont, wird die Frage aufgeworfen, ob nicht auch sie ein Opfer des Genozid geworden ist. Die Tatsache, dass ihr Leben statt mit der Entlassung mit dem Freitod endet, entspricht diesem. Wäre sie nicht Opfer gewesen, so hätte ein neues Leben begonnen Schlink hat einige Anregungen für die Figur der Hanna der Biographie der KZ-Aufseherin Hermine Braunsteiner-Ryan entnommen, die er in spezifischer Weise umgestaltet Analphabetismus und Ohnmacht - Schlink zeigt die Ohnmacht in Alltag und Gesellschaft, welche die Opfer von Analphabetismus betrifft - Hannas Unvermögen zu schreiben stellt sie außerhalb der Gesellschaft - Hannas Analphabetismus ist ein allgemeines Symbol für ihre Unmündigkeit, die wesentlich ihr Leben bestimmt Arbeitsblatt vom 15.11.2006 Analphabeten im Alltag: - leben in ständiger Angst als solche aufgedeckt zu werden, entwickeln Taktiken Sie stellen sich stets unter den Druck nicht entlarvt zu werden und durch diese Bemühungen wird ein „normales" Leben in vielen Situationen schwierig Stark ungleichaltrige Beziehungen - gesellschaftliche Akzeptanz bleibt ihr aber auch heute verwehrt Hanna ist als grenzwertige Pädophile zu beurteilen, sexuell neigt sie zu Sadismus Reflektiert wird nicht nur vom Erzähler vor allem Aus Täterin wird so ein Opfer Die harte Verurteilung vor Gericht beruht ebenso auf Hannas verheimlichtem Analphabetismus wie ihrer Entscheidung, zur KZ-Aufseherin zu werden Erzähltechniken, Erzählstrukturen, Die Geschichte, Zeitstruktur Fiktiver Ich-Erzähler erinnerndes Ich (kann das vergangene Geschehen auktorial kommentieren und reflektieren) als dich erinnerndes Ich als erlebende Ich Wechsel der Erzählhaltung (besondere Technik) Verflechtung ineinander personal, mit auktorialen Elementen, personale Erzählform Schlink erzählt die indem er kommentiert, reflektiert, Geschichte ca. 1994/ zusammenfasst 1995 (im Alter von ca. 50 Jahren) zeitliche Distanz 1. Handlung: ca. 1958 2. Handlung: ca. 1965 3. Handlung: ca. 1983/1984 - Auf diese Weise wird eine sehr persönliche Beziehung des Lesers zum Protagonisten aufgebaut Erzählhaltung wechselt oft sehr kurzfristig zwischen auktorialer Distanziertheit und personalem Erleben Der Leser nimmt somit teil an Michaels Erkenntnisprozess Zum Schluss: Gedicht Michaels Schlink lässt Michael dieses Gedicht als Erwachsenen bewerten Außerdem ist diese Bewertung wie eine Erinnerung abgefasst Arbeitsblatt vom 14.11.2006 Schuldfrage 1. Hannas Schuld - Frage: Inwieweit hat sich Hanna nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch im moralischen Sinne schuldig gemacht hat? Berücksichtigung: Hannas Analphabetismus - - Ihre Lebensaufgabe, diese Schwäche zu verheimlichen, und viele Handlungen sind dadurch extrem beeinflusst worden Eintritt in die SS Schutz vor Bloßstellung und kein Eintritt aus Überzeugung sondern um ihr Problem zu verbergen, ihre Naivität verhinderte eine wirklich klare Sicht der Dinge wird beschuldigt, ihre "persönliche" Selektion vorgenommen zu haben (Wenn man diese Aspekte berücksichtigt, kann man bei Hanna nicht von einer normalen SS-Karriere sprechen) Andererseits: Wäre es denn nicht möglich gewesen, eine andere Arbeitsstelle anzunehmen? 1943 sind die meisten Männer in den Krieg involviert und eine Menge Arbeitsstellen sind unbesetzt hätte gut eine andere Stelle bekommen sie hätte erkennen müssen, dass den Menschen schlimmstes Unrecht getan wird hat auch einen "Todesmarsch" begleitet, bei dem unzählige Menschen sterben mussten unterlassene Hilfeleistung gegenüber der Gefangenen in der brennenden Kirche hat Befehle über ihre moralische Verpflichtung gestellt Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Schuldfrage Hannas nicht einfach beantworten lässt Es fehlen jegliche Informationen über Hannas Verhalten als KZ-Aufseherin, ob Hanna nun diese Taten bereut und Einsicht zeigt Wahrscheinlich fühlt sie sich schuldig, aber sie ist nicht mutig genug, sich dem zu stellen, sodass sie sich selbst umbringt Man muss doch zwischen ihr und den anderen Aufseherinnen differenzieren Man weiß nicht, ob sie von der Ideologie überzeugt war Zudem scheint sie ein naiver Mensch zu sein, der häufig allein gelassen worden ist Trotzdem hätte Hanna nicht ihren persönlichen Stolz über ihre Mitschuld am Tod allzu vieler Menschen stellen dürfen 2. Michaels Schuld - - - Steht vor einem großen Gewissenskonflikt sucht die Schuld für Hannas Verschwinden und das Ende der Beziehung bei sich, da er glaubt, sie durch die Geheimhaltung ihrer Beziehung, verraten zu haben Bei späteren Wiedersehen im Gerichtssaal fühlt er eine erneute Schuld Er hatte eine Verbrecherin geliebt Er steht erneut vor einem Konflikt: will Hanna einerseits verurteilen, doch andererseits will er sie für nicht schuldig erklären fühlt sich verantwortlich für ihr weiteres Schicksal, denn er ist der einzige, der von ihrem Analphabetismus Kenntnis hat Er wäre in der Lage den Prozess durch dieses Wissen für sie zu beeinflussen, doch hat er Angst, sie ein zweites Mal bloß zu stellen fühlt er sich kurze Zeit später (nach dem Gespräch mit seinem Vater) wieder schuldig, da ihm klar wird nicht alles, ihm mögliche, getan zu haben. Er wirft sich vor, nicht mit Hanna darüber geredet zu haben, was ihre Aussagen für Konsequenzen haben. Er hätte ihr klarmachen können, dass die Anerkennung ihres Analphabetismus zu einer Milderung ihrer Strafe hätte führen können Michael macht sich auch seiner Tochter gegenüber schuldig Er kann ihr nicht die Liebe entgegenbringen, wie sie für ein Kind nötig gewesen wäre; Erklärung: Auch Michael wurde in seiner Kindheit von seinem Vater keine Liebe entgegengebracht Er ist ebenfalls nicht in der Lage, seine Frau Gertrud genügend Aufmerksamkeit zu schenken macht sich dessen bewusst und empfindet so eine Schuld Arbeitsblätter von Ralph Giordano und die Stute von Majdanek Vergleich zwischen historischen und modernen Roman Historischer Roman - Romanheld als vorbildhafte, bestimmte Normvorstellung - Statischen Bild vom Mensch, feste Ordnung - - 18 Jahrhundert setzt sich der unverwechselbare, individuelle Mensch als Romanheld durch psychologisches Interesse zieht mit in den Roman ein Beschreibung und Analyse machen den Menschen durchschaubar Moderner Roman - sein Selbstverständnis, sein Lebensgefühl, seine etwa für die Gegenwart charakteristische Bewusstseinslage wird wichtiger - unbekannte Umwelt, keine erklärbaren Aktionen, auf bestimmte Verhaltensweise reduzierte Gestaltung tritt in den Vordergrund - Romanheld: individuell Antiheld Figur ist unvollständig und auf bestimmte Verhaltensweisen reduziert - Einzelschicksale sind im Interesse - singuläre Erlebnisse - Romanheld : vorbildhaft bestimmte Normenvorstellung - Charakter lässt auf die Handlung schließen (und umgekehrt) - Chronologie in der Handlung - keine chronologisch strukturierte Handlung - geordnete, zuverlässige Welt - Sicherheit ist brüchig geworden Das Verhältnis von Sprechen, Denken und Wirklichkeit Ferdinand de Saussure/Theorie des sprachlichen Zeichens - sprachliches Zeichen (Bezeichnung eines Gegenstandes) = Verknüpfung von Lautbild mit Vorstellung von dem Gegenstand Sprachliche Zeichen sind durch Konventionen festgelegt und dann kaum noch veränderbar („Konventionalität sprachlicher Zeichen“) „Die Dreidimensionalität des sprachlichen Zeichens“ von Helmut Seiffert 1. syntaktisch: man erkennt Zeichen, weiß dessen Bedeutung aber nicht. Um ein Zeichen zu verstehen, muss man auch die Syntax (Zusammenordnung) verstehen 2. semantisch: man erkennt Zeichen und weiß dessen Bedeutung (keine Handlung) 3. pragmatisch: man erkennt Zeichen, weiß Bedeutung, wird zu einem bestimmten Handeln aufgefordert Formen bauen aufeinander auf; Gesamtbereich der Zeichentheorie: Semiotik Kommunikationsregeln nach Watzlawick Annahmen über menschliche Kommunikation: - - man kann nicht nicht kommunizieren (Schweigen und Nichthandeln haben Mitteilungscharakter) jede Kommunikation besteht aus einem Inhaltsaspekt (Informationen, Daten, Fakten) sachliche Ebene und einem Beziehungsaspekt (die zwischenmenschliche Beziehung zwischen Sender und Empfänger; Mimik, Gestik, Tonfall) Beziehungs-Ebene es gibt 2 Arten der Kommunikation: 1. digitale/verbale Kommunikation - bezieht sich auf Worte und Sätze, die bestimmten Objekten zugeordnet sind - Sprache ist logisch, abstrakt und repräsentiert den Inhaltsaspekt - vermittelt in erster Linie Informationen (keine Hinweise über ihre Interpretierung oder Bewertung) - bezieht sich auf Dinge - Extremfall: sprechender Computer 2. analoge/non verbale Kommunikation - hat engere und direktere Beziehung zu den Objekten, die sie repräsentiert - bezieht sich auf Beziehung zwischen den Dingen oder Menschen - Extremfall: Inhalts- und Beziehungsaspekte stimmen nicht überein “schizophrenogene Situation“ - Beispiel: Doppelbindung (Double-Bind) - Metakommunikation: wenn man über das was man redet, redet Josef Häfele: Der Aufbau der Sprachkompetenz/Prädikationsregeln 1. paradigmatische Einführung man erklärt ein Wort durch Beispiele, die dafür und die dagegen sprechen, das Wort zu benutzen man sucht nach Gemeinsamkeiten in der Anwendung 2. ostensive Definition -es muss bereits ein gewisses „Vorwissen“ vorhanden sein, man muss die Welt schon in verschiedene Bereiche eingeteilt haben um auf diesem Vorwissen die Erklärung komplexerer Begriffe aufzubauen 3. Regelbeschreibung (gibt Bedingungen an, unter denen wir den Ausdruck zusprechen) Bedingungen werden genannt, wann ein Begriff benutzt wird man muss die Erklärung bereits verstehen; als „Erklärer“ muss man ein gewisses Vorwissen haben, man muss die Regel genau verstanden haben und sie erklären können Prädikatoren = Ausdrücke, die entsprechend der Prädikationsregeln zu- oder abgesprochen werden Konvention = unbewusste Regelkenntnis und Regelzuordnung induktiv = ableitend; von Einzelnem auf das Allgemeine schließen deduktiv = vom Allgemeinen auf das Einzelne schließen Synonym = Wort, dass für ein anderes Wort eingesetzt werden kann, aber dieselbe Bedeutung hat Karl Bühler: Organon-Modell Folgende Elemente sind beim Sprechen immer beteiligt und treten durch Sprachzeichen (was man vermitteln will) miteinander in Verbindung: 1. (mind.) ein Sender 2. (mind.) ein Empfänger 3. Objekte der gegenständlichen Welt - Objekte können Anlass für das Gespräch sein Sprachzeichen können sich auch auf den Sender oder den Empfänger beziehen 1. Bezug auf Sender: Ausdruck 2. Bezug auf Empfänger: Appell 3. Bezug auf Gegenstände und Sachverhalte: Darstellung Friedemann Schulz von Thun: Die vier Seiten einer Nachricht Ausgangspunkt: „Eine Nachricht enthält stets viele Botschaften gleichzeitig.“ - Basis: Sender-Empfänger-Modell Sender verschlüsselt eine Nachricht in ein System von Zeichen Empfänger ist in der Lage, sie zu entschlüsseln. Oftmals erfolgt eine Rückmeldung, ob die Botschaft verstanden wurde (Feedback) Ursache für das Nichtverstehen oder Falschverstehen einer Nachricht: Anatomie der Nachricht, denn diese ist keineswegs eindeutig oder einseitig Jede Nachricht transportiert nicht nur eine, sondern mehrere Botschaften Schulz von Thun unterscheidet vier Seiten einer Nachricht 1. Sachinhalt = Worüber man informiert: Thema oder generelle Sachinformation 2. Selbstoffenbarung = was man von sich selbst kundgibt: Informationen über die Person des Senders, sowohl gewollte Selbstdarstellung als auch unfreiwillige Selbstenthüllung 3. Beziehung = was einer vom anderen hält und wie man zueinander steht: Beziehung zueinander wird durch senden der Nachricht ausgedrückt, man erkennt was der Sender vom Empfänger hält, aber auch, wie der Sender die Beziehung zwischen sich und dem Empfänger sieht. 4. Appell = wozu man den anderen veranlassen möchte: Nachricht hat auch Funktion, Einfluss auf den Empfänger zu nehmen, zur Veranlassung, dass der Empfänger bestimmte Dinge macht oder nicht macht, zu denken, zu fühlen („fühlen“ führt zur Manipulation Unterschiede: - Watzlawick gliedert Kommunikation in 2 Teile, von Thun in 4 Bereiche - Watzlawick geht näher auf die Art der Kommunikation (analog etc.) ein, von Thun eher nicht - von Thun untersucht näher die Kommunikationspsychologie durch sein Modell, da seine Theorie feiner untergliedert ist Gemeinsamkeiten: - Beide sind "Empfänger/Sender-zentriert" - Beide sehen die Problemlösung bei Kommunikation auf der "Meta-Ebene Entwicklung der Sprache Dieter E. Zimmer: Sprache und Evolution - Sprache beim Homo erectus nicht unbedingt nötig Möglichkeit der Demonstration Aber: Entwicklung auch ohne Sprache vorstellbar Fazit: Kommunikationssysteme waren zwar zu früheren Zeiten wahrscheinlich und nützlich, die Lautsprache entwickelte sich aber erst vor ca. 250 000 und 35 000 Jahren Dieter E. Zimmer: So kommt der Mensch zur Sprache 6 universale Grundeigenschaften der Sprache 1. 2. 3. 4. Sprache ist akustisch: Bedeutungen werden Laute zugeordnet, keine Bildzeichen Sprache ist nicht situationsunmittelbar; Fähigkeit zur Lüge doppelt durchstrukturiert erste Strukturebene Laute durch Kombination der Morpheme zweite Strukturebene ist die Syntax Sprache besteht aus scharf gegeneinander abgrenzenden „diskreten“ Einheiten (Wörter fließen nicht wie Musik ineinander über) - ihre Einheiten behalten ihre Bedeutungen unabhängig davon, ob sie laut, leise, genau oder undeutlich ausgesprochen werden - Sprachsystem ist digital und nicht analog 5. Zeichen der Sprache (= Wörter) sind willkürlich, zwischen der Lautgestalt des Wortes und der körperlichen Gestalt, dessen was es bezeichnet, gibt es keine Beziehung theoretisch könnte man sie vertauschen (Ausnahme: Kuckuck, Bimbam) 6. Sprache ist offen; ihr Zeichenrepertoire (Lautsystem, Wortschatz) ist endlich Güntert/Scherer: Entstehung der Sprache - Menschen verstanden Laute zunächst nur als „Symptome“ Erkenntnis, dass bestimmte Laute sie zu bestimmten Verhalten veranlassten Lautgebilde wird zum Zeichen wird zur Sprache Allgemein: Ausdrucksbewegung + Laut sprachliches Zeichen Johann Gottfried Herder: Abhandlung über den Ursprung der Sprache - - Sprache entsteht aus dem Menschen (+Natur), es ist das Produkt seiner Vernunft Grundmerkmal der Sprache: Die Möglichkeit mit anderen zu kommunizieren Grund für Erfindung der Sprache: Reflex auf bestimmte Bilder, er kann somit aus einer Menge von Sinnen einen richtigen Sinn finden Widerspruch: Kann nicht verstehen, dass Mensch von der Natur mit keiner Sprache ausgestattet worden ist, im Gegensatz zu den Tieren Erklärung der Sprache: Mensch kann machen was er will, muss keinem Instinkt folgen. Wenn er ein Schaf sieht und es näher kennen lernen möchte, schaut er es sich genauer an, und merkt sich seine Merkmal (das Blöken), verbindet diese Merkmale mit dem Schaf, er ordnet sie zu Mensch sucht Merkmal von allem (durch Schauen und Hören); wenn er das Schaf wieder sieht erinnert er sich an das was er schon mal gesehen hat und was er gehört hat es ist das Blökende Worte verkörpern Ideen (Grundvorstellungen von einem Objekt), wie hier das Blökende dem Schaf zugeordnet wird führt zur Möglichkeit der Kommunikation mit anderen philosophisch, idealistischer Ansatz, (vertritt keine theologisch begründete Auffassung zur Sprachentstehung), beeinflusst durch die Aufklärung; Sprache = Werk der Vernunft des Menschen: Sie entsteht aus einem Moment des Innehaltens, der Besonnenheit im Strom der Wahrnehmung Georg Lukács: Sprachentwicklungstheorie - „Begreifen durch Greifen“ der Mensch löst sich aus der Natur (ist kein Teil der Natur mehr, sondern er ist ein Subjekt) Die Natur ist sein Objekt - - Die Natur als Objekt/Arbeitsmittel beeinflusst und verändert den Mensch in seinem Handeln als Subjekt Subjekt-Objekt-Beziehung Voraussetzung des menschlichen Bewusstseins Arbeitsteilung durch die Sinne Weiterentwicklung der Gegenstände durch sprachliche Fixierung von Verallgemeinerungen und Erfahrungen beim Arbeitsprozess (damit gleiche Fehler nicht erneut passieren) Untrennbarkeit von Sprache und Denken; durch sprachlichen Ausdruck wird das fixierte Abbild allgemein verwendbar gemacht Besonderheiten, Eigenarten und Differenziertheiten können erst durch den Begriff dem Subjekt bewusst gemacht werden, erst dadurch, durch Erkennen der Besonderheiten kann die Subjekt-Objekt-Beziehung entstehen materialistischer Ansatz, die Vorgänge im Innenleben werden durch den Begriff in ihrer Besonderheit Platon:und DasesHöhlengleichnis erkannt besteht eine Subjekt-Objekt-Beziehung. Diese Subjekt-Objekt-Beziehung ist auf die Arbeit zurückzuführen wodurch der Mensch die Natur sich zum Objekt macht. Dadurch kann er erst PlatonHöhlengleichnis zum Subjekt werden. Benjamin Lee Whorf: Das „linguistische Relativitätsprinzip“ - - These: „Die Grammatik formt die Gedanken“ man kann beispielsweise verschiedene Gegebenheiten nur unterscheiden, wenn man mehrere kennt/ Phänomene: man kann Phänomene erst beschreiben, wenn man sie kennt und sie nicht als selbstverständlich hinnimmt man braucht auch ein gewisses Vorwissen) Gedanken sind beeinflusst von der jeweiligen Grammatik die Grammatik schreibt vor, wie die Natur in der jeweiligen Sprache gesehen wird es gibt daher keine individuelle Freiheit die Weltansicht ist von der Sprache und der Grammatik bestimmt jede Sprache sieht die Natur anders, man hat ein anderes Weltbild, dass sich nicht durch das bloße Erlernen einer Sprache offenbart, außer, die linguistischen (= die Grammatik betreffend) Hintergründe sind ähnlich, oder können auf einen gleichen Nenner gebracht werden Denken und Wahrnehmung ist relativ so wie wir die Welt sehen, das halten wir für die Wahrheit Dieter E. Zimmer: Wiedersehen mit Whorf - These: „Die Sprachen unterscheiden sich nicht wesentlich“ jede Kultur ordnet die Welt in die gleichen Prinzipien ein Sprachen unterscheiden sich deshalb nicht so erheblich Die Vielfältigkeit der Begriffe für konkrete Gegenstände hängt vom jeweiligen Bedarf ab Sprache hilft dem Denken, man kann auch ohne Sprache denken alle Sprachen führen zu gleichem Denken Bedeutungsnuancen nicht überall übersetzbar, weil sie mit der jeweiligen Geschichte erklärt werden; man kann sich aber dennoch noch verständigen Bei abstrakten Begriffen unterscheiden sich die Sprachen, weil sie nicht in den gleichen Denkprinzipien (Begriffen) verankert sind Adam Schaff: Sprache und Erkenntnis - dialektische (= wechselseitige) Beziehung zwischen Sprache und Wirklichkeit Sprache bildet sich in gesellschaftlicher Praxis heraus (= Eskimo: viele Namen für Schnee, Seevölker: große Anzahl von Fischnamen); man spricht, um den Einfluss der Sprache auf die Erkenntnis herauszustellen - - Sprache bildet sich durch Notwendigkeit des Gebrauches bestimmter Wörter Situation, in der man sich befindet bringt Wörter Sprachsystem bestimmt unsere Weltansicht Entwicklung der Sprache wirkt auf das Erlernen der Sprache Sprache schafft ein Bild der Wirklichkeit Widerspiegelungstheorie (gekennzeichnet durch die Wechselwirkung der objektiven und subjektiven Seite beim menschlichen Erkennen): der bereits in der Natur vorhandene Gegenstand/die Wirklichkeit wird vom Menschen gesehen der Gegenstand spiegelt sich bei jedem Menschen individuell wider, diese Individualität begründet sich darin, da jeder Mensch andere Erfahrungen mit diesem Gegenstand verknüpft, der Gegenstand jedoch auch durch die Sprache, die gesellschaftliche Erfahrungen enthält bestimmt wird subjektivobjektiver Charakter der Widerspiegelung Sprache = Produkt (der Widerspiegelung des Geistes) der Wirklichkeit, sie ist jedoch auch durch das Bild der Wirklichkeit beeinflusst Schaff sieht die Sprache einerseits als Produkt der Widerspiegelung von Wirklichkeit im menschlichen Denken (sie ist beeinflusst von der menschlichen Praxis). Andererseits beeinflusst die Sprache durch die in ihr festgehaltenen Erfahrungen die Art der Widerspiegelung der Wirklichkeit im menschlichen Geist. Die kognitive Funktion der Sprache (Einfluss der Sprache auf das Denken) kognitiv – auf das Denken bezogen Kognition – Denken affektiv – auf die Gefühle bezogen Ludwig Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen - - Problem der Definition: Bsp.: Definition der Zahl „Zwei“: Versuch es zu definieren, indem man auf zwei Nüsse zeigt, man könnte es so verstehen, dass mit „Zwei“ genau diese Gruppe von Nüssen gemeint ist Wort „Zahl“ als Definition man erklärt Wörter durch andere Wörter, die jedoch bekannt sein müssen man benötigt ein gewisses Vorwissen, um bestimmte Wörter zu verstehen („SchachKönig“) Erlernen einer neuen Sprache, durch Denken Vergleich zwischen Whorf und Schaff Whorf Schaff Die grammatische Struktur der Sprache bestimmt die jeweilige Weltansicht „Die Grammatik formt die Gedanken“ Schaff sieht die Sprache einerseits als Produkt der Widerspiegelung von Wirklichkeit im menschlichen Denken (sie ist beeinflusst von der menschlichen Praxis) Andererseits beeinflusst die Sprache durch die in ihr festgehaltenen Erfahrungen die Art der Widerspiegelung der Wirklichkeit im menschlichen Geist/ äußere Ursachen werden im menschlichen Geist und Denken reflektiert dialektisches Verhältnis Drama Aristotelische Drama/Theater - Geschlossene Form, orientiert sich stark an der Dramaturgie des antiken Theaters und an dem griechischen Philosophen Aristoteles Galt bis ins 19. Jahrhundert Einheit des Ortes: Das Geschehen auf der Bühne soll sich möglichst in einem Raum bzw. an nur einem Ort abspielen Einheit der Zeit: Die gespielte Zeit sollte möglichst mit der Spielzeit übereinstimmen, auf keinen Fall aber mehr als 24 Stunden umfassen Einheit der Handlung: Die Handlung sollte linear verlaufen und nur einen Handlungsstrang besitzen. Keine Neben- oder Parallelhandlungen oder größere Zeitsprünge Aufbau in fünf oder drei Akte, wobei jeder Akt eine spezifische Funktion hat Der dramatische Konflikt, der im ersten Teil der Dramen entfaltet wurde, stellte eine Art Dilemma dar Es galt die Ständeklausel Das Personal der Tragödie bestand daher vor allem aus Göttern, Königen und Fürsten die Sprache der großen Dramen und Tragödien des 18. Jahrhunderts war in Versen gestaltet Katharsis-Lehre, sollte dazu beitragen, beim Zuschauer Furcht und Mitleid zu erregen, wovon man sich eine reinigende Wirkung versprach Nichtaristotelische Drama/Theater - Man setzt sich über das feste und statische Regelwerk der Dramen der geschlossenen Form hinweg offene Form Merkmale: Freie Ausdehnung der Handlung über Raum und Zeit Reihung von Einzelszenen, Fetzenszenen Selbstständigkeit der einzelnen Szene Parallel- und Nebenhandlungen Umfassende Sicht auf treibende Kräfte einer Handlung- Nähe zur Epik Episches Drama/Theater - Durch Brecht geprägt gegen die klassischen drei Einheiten, gegen die Einfühlung des Zuschauers und die Katharsis Zuschauer soll eine kritische Distanz aufbauen und zur kritischen Reflexion angeregt werden Um zu verhindern, dass der Zuschauer sich in das gespielte Stück hineinversetzt, mit ihnen mitempfindet, verwendet das epische Theater verschiedene Verfremdungseffekte - Beispiele: Lieder und Songs, Verwendung von Bildern, Texten und Spruchbändern auf und vor der Bühne, die teilweise direkte Ansprache der Zuschauer durch die Schauspieler beim Zuschauer keine Illusion entstehen zu lassen, die die Identifikation mit den Figuren erlaubt, sondern ihm jederzeit völlig bewusst zu machen, dass es nur ein Theaterstück sieht es soll etwas wiedergeben, nicht wiederholen Umwelt wird ein selbstständiges Element Natürliches wird zum Besonderen Mensch auf der Bühne wird als formbar gesehen, er ist in diesem Moment so weil die Umstände/Verhältnisse es so wollen, aber er könnte auch anders sein Formale Gestaltung Gegenüberstellung von dramatischer und epischer Form des Theaters Dramatische Form des Theaters Epische Form des Theaters Die Bühne „verkörpert“ einen Vorgang Verwickelt den Zuschauer in eine Aktion und verbraucht seine Aktivität Ermöglicht seine Gefühle Vermittelt Erlebnisse Der Zuschauer wird in eine Handlung hineinversetzt Es wird mit Suggestion ( Beeinflussung des menschlichen Denkens, Fühlens und Wollens) gearbeitet Die Empfindungen werden konserviert Der Mensch wird als bekannt vorausgesetzt Der unveränderliche Mensch Spannung auf den Ausgang Eine Szene für die anderen Die Geschehnisse verlaufen linear Natura non facit saltus (Die Natur macht keine Sprünge) Die Welt, wie sie ist Was der Mensch soll Seine Triebe Das Denken bestimmt das Sein Sie erzählt ihn Macht ihn zum Betrachter, aber weckt seine Aktivität Erzwingt von ihm Entscheidungen Vermittelt Kenntnisse Er wird ihr gegenübergesetzt Es wird mit Argumenten gearbeitet Sie werden bis zur Erkenntnis getrieben Der Mensch ist Gegenstand der Untersuchung Der veränderliche und verändernde Mensch Spannung auf den Gang der Handlung Jede Szene für sich In Kurven Facit saltus (macht Sprünge) Die Welt, wie sie wird Was der Mensch muss Seine Beweggründe Das gesellschaftliche Sein bestimmt das Denken 7. Buch „Emilia Galotti“ von G.E. Lessing Inhalt - Prinz von Guastalla will das Mädchen für sich besitzen Prinz erfährt von ihrer bevorstehenden Hochzeit mit dem Grafen Appiani Gibt Marchese Marinelli, freie Hand, alles zu tun, um die Heirat zu verhindern Marinelli lässt Paar durch zwei bezahlte Verbrecher auf dem Wege zur Trauung überfallen und Appiani ermorden Emilia und ihre Mutter werden auf das Lustschloss Dosalo in "Sicherheit" gebracht Odoardo Galotti, Emilias Vater kommt auf das Schloss trifft dort die Gräfin Orsina und erfährt durch sie von Appianis Tod und seinen möglichen Folgen für Emilia Orsina gibt Odoardo einen Dolch, damit er sie und Appiani räche Er will die Rache selbst dann noch Gott überlassen Odoardo trifft auf Emilia - Emilia erahnt den wirklich Sachverhalt, hat dennoch Angst den Verführungen des Hoflebens zu erliegen Sie glaubt ihre Ehre nur durch den Tod retten zu können und fleht Odoardo an, ihr den Dolch zu geben oder sie selbst zu töten Odoardo ersticht sie Teichoskopie (dramatisches Mittel); Erweiterung des Geschehens auf der Bühne (z.B. durch den Blick aus dem Fenster in dem eine Figur das Geschehen beschreibt) Literarische, historischer Hintergrund Dramentyp: Trauerspiel - alte Ständeklausel gilt nicht mehr, d.h. es treten nur noch der niedere Adel und vor allem das Bürgertum auf - bürgerliche Trauerspiel wurde durch Lessing während der Epoche der Aufklärung in Deutschland eingeführt - vorherrschende Themen und Konflikte: Familie und private Beziehungen sowie Moral und Anstand - ist in Prosa und nicht mehr in Versen abgefasst (formal) Emilia Galotti wird der Epoche der Aufklärung zu geordnet - Musterbeispiel eines Aufklärungsstückes Kritik an der Fürstenwillkür, Fürstenkritik und Fürstenerziehung Mittelpunkt: das Bürgertum strebt Mündigkeit als Ideal an, erreicht aber durch seine starren Erziehungsprinzipien und Moralvorstellungen genau das Gegenteil: Emilia bleibt bis zuletzt unmündig Lessings Bürger verbauen sich durch ihr starres Festhalten an fragwürdigen Lebensregeln selbst den Zugang zu selbstbestimmtem Leben Das Erziehungsresultat bei Emilia ist Mutlosigkeit und Lebensangst der Zuschauer/Leser aber wird aufgefordert, die Verhältnisse nicht länger zu akzeptieren Ausnahme: Gräfin Orsina, welche als Einzige wirklich aufgeklärt und mündig ist - Sie passt sich nicht an, stört den höfischen Frieden Kennzeichen der Tragödie - Tragödie ist Nachahmung einer beendeten Handlung, die gehandelt und nicht berichtet wird Gute Handlungen beginnen und enden an bestimmten Punkten Die Teile Müssen so zusammengesetzt sein, dass das Ganze in Bewegung kommt wenn ein Teil sich ändert die Tragödie wickelt sich an einem Tag ab Problembereiche als Themen des Dramas - Verhältnis politischer Macht und Moral (Maler Conti) - Zusammenhang familiärer Bindung -Selbstentfaltung ( Fam. Galotti) - Frage nach den Voraussetzungen für individuelle und gesellschaftliche Freiheit ( Adel) Höfische und bürgerliche Welt (Max Horkheimer) höfische Welt bürgerliche Welt unmoralisch, lasterhaft wenig Einfluss, stehen unter dem Einfluss des Hofes Unterwürfigkeit Vater ist Familienoberhaupt streben nach Macht / Einfluss Machtmittel sind auf Familie bezogen; Vater stellt Autorität dar, es herrscht Disziplin und der Vater kann über die Familie verfügen schöner Schein familiär, tugendhaft, anständig, ehrenhaft, ehrfürchtig, bescheiden trügerisch Bürgertum definiert sich durch seine moralischen Werte oberflächlich sie sind moralisch besser sind bessere Menschen Genusssucht Themen Konflikt zwischen Adel und Bürgertum Grund: Liebe und Eifersucht Übersteigertes Ehrgefühl führt zum Tode es geht um die Konfrontation der moralischen Wertesysteme Überschneidung des Adel, Bürgertums (s. Figur des Appiani) Ziel Lessings ist die Aufklärung Stoffgeschichte „Virginia“ Der römische Dezemvir Appius Claudius wird im Jahr 449 v. Chr. Wegen Tyrannei gestürzt Vorgeschichte: - - er verliebt sich in Virginia, diese ist aber mit Tribun Lucius Icilius verlobt und widersteht dem Werben des Dezemvirn daraufhin beauftragt er einen Vertrauten, sie als Tochter einer seiner Sklavinnen auch als Sklavin zu beanspruchen Gerichtsverhandlung (Icilius, Onkel und Volksmenge erzwingen Aufschub bis Virginus zugegen ist) neue Gerichtsverhandlung: Appius übergeht seine Vorstellungen und spricht Virginia gegen geltendes Recht dem Komplizen zu (Vater darf nur noch mit dem Mädchen in Gegenwart seiner Amme reden; Unterredung) Vater zieht Virginia in einen Tempel und ersticht sie „Auf diese Weise allein, meine Tochter, kann ich deine Freiheit behaupten.“ Hintergrundinformationen: Dezemvirn (=Behörde von 10 Männern, im Jahre 450 v. Chr., privates und öffentliches Recht niederzulegen); Anführer: Appius Claudius G.E: Lessing - * 22.1.1729 in Kamenz/ Oberlausnitz, als Sohn eines Pastors besuchte als erstes Stadtschule, danach die Fürstenschule studierte dann Medizin und Theologie in Leipzig später verließ er Sachsen und ging nach Berlin als freier Schriftsteller (schrieb dort u.a. für viele Zeitungen) hatte auch Verbindungen zu mehreren Theatergruppen und schrieb für sie seine ersten Stücke, doch das Geld reichte nicht, so nahm er einen Job als Sekretär bei einem General an 1767 wurde er im Deutschen Nationaltheater in Hamburg als Kritiker und Dramaturg angestellt 1770 arbeitete er dann als Bibliothekar - er starb am 15.2.1781 in Braunschweig war der wichtigste deutsche Dichter der Aufklärung mit seinen Dramen und seinen theoretischen Schriften hat er die weitere Entwicklung der deutschen Literatur wesentlich beeinflusst 8. Dramentheorien Aristoteles 1. Gegenstand der Tragödie - Tugenden, Affekte wie Furcht und Mitleid - Eine edle, abgeschlossene Handlung; Darstellung des Prinzips der Mitte 2. Helden der Tragödie - - „edle“ Menschen, die die Affekte Furcht und Mitleid widerspiegeln „gemischte Charaktere“ Adlige und Höhergestellte 3. Absicht der Tragödie - - Mäßigung von Gefühlszuständen Reinigung von Affekten, um ins rechte Maß zu kommen (Kathasis) / lustvolle Reinigung der von der tragischen Handlung erregten Affekte Furcht und Mtileid sodass beide Affekte wieder in ihre Normallage zurückversetzt werden (also keine Herstellung von etwas Neuem) damit die Menschen sich identifizieren können Rückführung in eine Mitte, um als „zoon politicum“ lebensfähig zu sein Gottsched 1. Gegenstand der Tragödie lehrreiches und moralisches Gedicht die wichtige Handlung vornehmer Personen auf die Bühne zu bringen 2. Helden der Tragödie vornehme, edle und berühmte Menschen mit überwiegend positiven Eigenschaften aber auch Schwächen zum Zweck der Glaubwürdigkeit 3. Absicht der Tragödie - - die stärksten Leidenschaften ihrer Zuhörer, wie Verwunderung, Mitleid und Schrecken bis zum Ende erregt, ins Schwanken zu bringen sollen lernen Wirkung und Absicht des Theaters nach Schiller - Bühne wirkt tiefer als Moral und Gesetz Lessing 1. Gegenstand der Tragödie - rührende, moralische und tragische Situation soll wahrscheinlich sein muss bestimmte Qualitäten beinhalten 2. Helden der Tragödie - nur Mitleid fühlen, wenn es guten Menschen schlecht geht und Unglücklichen (Armen) glücklich - müssen dem Publikum nahe stehen - bürgerliche, einfache Menschen - gemischte Charaktere 3. Absicht der Tragödie - - - Trauerspiel soll die Erregung der Leidenschaft verbessern Mitleid kann Erregte fühlen und nicht nur sehen und fühlen Lessings Theorien erschienen in der Hamburgischen Dramaturgie - Sie stellt uns göttliche Ideale zur Nacheiferung dar Bühne lehrt uns Kunstschicksale zu ertragen Sie zieht uns künstlich in fremde Bedrängnis Zuwachs an Mut und Erfahrung Träumen uns über das Wirkliche hinweg Finden uns selbst wieder Nähern uns dem himmlischen Ursprung Bühne zeigt alles, auch die Vergangenheit, usw. Weisheit und Religion weit über irdische Gerechtigkeit hinaus - Leben besteht aus Zufall und Plan, Theater macht es möglich den Zufall zu ertragen - Theater Vergnügen und Unterricht des Lebens Besonderheit seiner Sprache - gehoben bildhaft Allegorie für Gericht Gefühlvoll Pathetisch 9. Buch „Woyzeck“ von Georg Büchner Woyzeck ist ein Dramenfragment des deutschen Dramatikers und Dichters Georg Büchner. Büchner begann vermutlich zwischen Juni und September 1836 mit der Niederschrift. Bei seinem frühen Tod im Jahr 1873 bleib das Werk als Fragment zurück. Inhalt - einfacher Soldat Franz Woyzeck, seine Freundin Marie und das gemeinsame uneheliche Kind leben am Rande der Gesellschaft arbeitet als Laufbursche für seinen Hauptmann und als Versuchsperson für den Arzt Hauptmann und Arzt nutzen Woyzeck physisch und psychisch aus Marie beginnt Affäre mit einem Tambourmajor Woyzeck ertappt Marie und den Nebenbuhler Er hört Stimmen, die ihm befehlen, die treulose Marie umzubringen kauft ein Messer und ersticht Marie in einem Wald nahe einem See Historisch, literarischer Hintergrund (Vormärz) Vormärz (1830-1850) Themen: Kritische Auseinandersetzung mit der Realität gedankliche Entwürfe der Realität (Zukunftsoptimismus) - Kurzcharakteristik: Ziel ist die Schaffung einer neuen Epoche, die den revolutionären Zeitgeist widerspiegeln sollte Die einzelnen Gattungen - Lyrik Epik Drama Politische Lyrik Von besonderer Bedeutung: Reisebriefe, Novellen und Zeitromane Interesse an gesellschaftlichen Zuständen und politischen Themen Vorboten des modernen Dramas durch Elemente des nichtaristotelischen Dramas Soziales Drama Illusionslosigkeit gegenüber dem determinierenden Einfluss der gesellschaftlichen Realität - - „Vormärz“ deutet auf das Scheitern der Revolution in Deutschland im März des Jahres 1948 hin und verweist damit auch auf das Ende der literarischen Strömung „junges Deutschland“ Gruppe junger Schriftsteller deren Schriften 1835 verboten wurden Verbot förderte Zusammenhalt dieser Gruppierung Julirevolution 1830 und 1848 in Frankreich die von dort ausgehenden Ideen des Liberalismus wirkten sich auf fast ganz Europa aus; erklärte Ziel der liberalen Bewegung in Deutschland: Durchsetzung der Interessen des Bürgertums, Deutsche Einheit und eine demokratisch-liberale Verfassung Zensur und Verfolgung von Schriftstellern Literatur als Mittel der politisch-gesellschaftlichen Agitation Ablehnung kirchlicher Dogmen und des alten Staatssystems Vorliebe für journalistische Textformen Unter dem Einfluss der Februarrevolution 1848 in Paris begann kurz darauf in verschiedenen Teilen Deutschlands die sog. „Märzrevolution“ 1848 Scheitern der Märzrevolution eskapistisch = fern von der Wirklichkeit s. Arbeitsblatt vom 16.11.2007 Formen des Dramas Offenes Drama keine Exposition Aufteilung in lose, aufeinander folgende Szenen, die untereinander verschiebbar sind, mit selbstständigen Handlungen diese werden durch ein zentrales Ich zusammengehalten, welches keinen Gegenspieler hat (steht gleichsam der ganzen Welt gegenüber) Die Verknüpfung der Szenen erfolgt durch die Hauptfigur oder durch wiederkehrende Bilder und Metaphern Keine Festlegung von Zeiterstreckung, Zeitkontinuum, Zeitbewegung, keine geradlinige Handlungsentwicklung Vielfalt der Orte, Figuren, Aktionen – Soziale Umwelt als übermächtig, Natur als dämonisch erlebt Figuren sind oft durch soziale Deklassierung, durch physisch-biologische Schwächen, durch Intelligenzmangel belastet –Fremd- statt Selbstbestimmung der Figuren Pluralismus: Viele unterschiedliche individuelle und gruppenspezifische Sprachformen bei den verschiedenen Figuren Merkmale: brüchige Satzgefüge, Bevorzugung von Satzreihen, Auslassung, unvollständige Sätze, Häufige Ausrufe, unpersönliche Ausdrucksweise, assoziativer Textaufbau Die Schicklichkeitsregel der klassischen Dramenpoetik wird verletzt Es wird auch das Krasse, Hässliche auf der Bühne dargestellt, wie Mord, Unzucht und Revolution Geschlossenes Drama Akt hat die Funktion einer Exposition festgelegter Aufbau des ganzen Stückes (pyramidaler Aufbau – 5 Akte – aristotelisches Drama); im Gegensatz zum offenen Drama gibt es hier einen Gegenspieler Verknüpfung durch feste Handlungsstruktur, eine Szene ergibt sich aus der nächsten Szene Die Zuordnung eines Stücks zum Typ der offenen Dramenform bedeutet nicht, dass ihm Merkmale der geschlossenen Form fehlen Beispiel: Woyzeck Beispiel: Emilia Galotti 1. Die Weltanschauung des Idealismus (Vertreter: Schiller) Bedingungen: - Selbsterziehung durch Vernunft Moralische, ästhetische Bildung, Religion Moral und Vernunft sinnliche Triebe Geist beherrscht Körper - Selbstbestimmung des Menschen, freier Wille Das Bewusstsein bestimmt das Sein ! Menschenbild Schillers 1. In welchem Wirkungszusammenhang stehen sinnliche Triebe (Körper) und Geist, und welches sind dabei die vorausgesetzten Bedingungen? - Begehrungskraft ist der stärkste Gegner in unserem moralischen Handeln Vorausgesetzte Bedingungen: moralische und ästhetische Bildung, klarer Verstand „Der Wille ist der Geschlechtscharakter des Menschen und die Vernunft selbst ist nur die ewige Regel desselben.“ 2. Wer bestimmt das Handeln eines Individuums? - Sinnliche Triebe 3. Welcher Weltanschauung ist dieses Menschenbild geistesgeschichtlich zuzuordnen? - Idealismus letztlich ist der Mensch durch Vernunft und Bewusstsein gesteuert der Mensch muss immer versuchen seine Triebe mit Hilfe der Vernunft zu bekämpfen 2. Die Weltanschauung des Materialismus (Vertreter: Büchner) Bedingungen: - zufällige Lebensumstände, Triebe, Natur beherrschen den Geist Das Sein bestimmt das Bewusstsein! Schiller Büchner (Gegensatz) Form der Dialoge - Syntax im Woyzeck Form der Dialoge - häufig kurze Repliken auf längere Monologe kurze Aussagen kurze Antworten im Wechsel mit vielen Frage- und Ausrufezeichen, Wiederholungen sprunghaft – assoziativ- ohne Darstellung, breit entwickelter Zusammenhänge Unterschiede in der Sprechweise je nach sozialer Schicht Die Protagonisten reden überwiegend aneinander vorbei - Verwendung von Wortmotiven Syntax 1. Hypotaxe: Umfangreiche Sätze mit vielen Haupt- und Nebensatzverknüpfungen 2. Parataxe: Aneinanderreihung von Hauptsätzen hier: - überwiegend parataktischer Satzbau - häufige Verwendung von Ellipsen, Ausrufen und kurzen, (rhetorischen) Fragen Besonderheiten im Woyzeck 1. Wortmotive verbinden zwei oder mehrere Szenen miteinander Wortmotiv als Begriff: - Worte mit besonderer Bedeutung innerhalb des Textes - Worte mit besonderer emotionaler Ausdruckskraft - Häufige Wiederholungen 2. Liedeinlagen im Woyzeck - Ausdrucks des Bezugs zum Volk/ Volkstümlichkeit Zusammenfassung der (psychischen) Situation Ablenken von der Kommunikation (Sprachlosigkeit) Darstellung/ Kommentierung einer Situation 3. Das Grimm’sche Sternentaler-Märchen und das Märchen der Großmutter (Woyzeck) - Mittel des offenen Dramas Märchen charakterisiert das ganze Stück und ist das Symbol für die Existenz Woyzecks Georg Büchner - *17. Oktober 1813 (Sohn eines Arztes) besucht Privatschule erfolgreicher Abschluss des Gymnasiums Beginn:1831 Studium der Medizin und Naturwissenschaft sowie der Philosophie und Geschichte an der Universität Strassburg Büchner beschäftigt sich sehr mit den politischen Verhältnissen in Deutschland 1833 kehrt Büchner nach Deutschland zurück 1834 gründet er in Gießen und Darmstadt die „Gesellschaft für Menschenrechte“ und entwirft den „Hessischen Landboten“ Zu Beginn des Jahres 1835 wird Büchner von Untersuchungsrichtern in Offenbach verhört Kurz vor der zweiten Gerichtsverhandlung im März flieht Büchner über die französische Grenze nach Strassburg Wenige Tage später wird gegen ihn ein Steckbrief erlassen 1836 erhält Büchner für die Untersuchungen des Nervensystems des Fisches in Zürich den Doktortitel 1837 erkrankt der 24-jährige Büchner plötzlich an einer tödlichen Typhusinfektion 19. Februar können die Ärzte nur noch seinen Tod feststellen 10. Buch „Der gute Mensch von Sezuan“ von Bertholt Brecht Bertholt Brecht - * 10. Februar 1898 in Augsburg geboren Vater- Fabrikdirektor 1918 Studium in München Medizin 1923 Dramaturg an den Münchener Kammerspielen 1924 Deutsche Theatergruppen ab 1924 freier Schriftsteller in Berlin 1933 Flucht in die Schweiz, nach Dänemark, England, Schweden, in die Sowjetunion und in die USA 1950 Mitglied der Akademie der Künste in Ostberlin 1954 Stalin- Friedenspreis starb am 14. August 1956 hatte marxistische Gedanken hat epische Theater geprägt Inhalt - In (fiktiver) Hauptstadt Sezuan besuchen drei Götter die Erde, um gute Menschen zu finden - bProstituierte Shen Te werden bietet den drei Göttern ein Nachtquartier - Götter bezahlen sie mit einem kleinen Vermögen, Erwerb eines Tabakladens - Gegenleistung: Versprechen in Zukunft gut zu sein und Gutes zu tun - Problem: ihr selbstloses Engagement verbraucht sämtliche finanziellen Reserven und führt schließlich zum Verlust des Tabakladens - schlüpft in die Rolle ihres imaginären Vetters Shui Ta, um durch Rücksichtslosigkeit ihre Existenz zu retten und als Shen Te weiterhin zu helfen - baut als Shui Ta eine florierende Tabakfabrik auf - es wird vermutet, Shui Ta hätte Shen Te umgebracht - Shen Te wird in der Maske des Shui Ta vor Gericht gestellt, wo sie ihre wahre Identität preisgibt und den Richtern – den drei Göttern – ihre Geschichte erzählt - Anspruch der Götter ist nicht erfüllbar, Götter ignorieren diese Erkenntnis - Offenes Ende, der Zuschauer wird aufgefordert eine eigene Lösung zu finden, die im marxistischen Sinne nur in der Veränderung der Gesellschaft liegen kann Literarischer / historischer Hintergrund Tatsächlich ist mit der von Brecht angegebenen Entstehungszeit 1938–40 nur der intensivste Kern seiner Entstehung berücksichtigt. Trotz häufiger Überarbeitungen hielt Brecht das Stück aber nie für ganz fertig. Epochenüberblick Mittelalter - - unterteilt in geistliche und ritterlich-höfische Literatur geistliche Literatur wurde vornehmlich in Latein verfasst, wandte sich größtenteils an den Klerus mit Beginn der Kreuzzüge entwickelte sich ein ritterliches Standesbewusstsein und löste sich damit vom Klerus (Wandlung von vita contemplativa [stark religiöse Lebensführung] nach vita activa [christlicher Dienst voller Kampf] Ritterepen (Ritterromane in gereimter Version) nicht mehr bloße christlich-religiöse Ausrichtung, sondern u.a. Unterhaltung der höfischen Gesellschaft, Vermittlung von Standesbewusstsein, Anleitung zu einem standesgemäßen Verhalten Barock (um 1600 – 1720) - - Entwicklung der deutschen Hochliteratur während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) Zentrum der kulturellen Entwicklung sowohl Städte als auch Höfe (d.h.: Kunst durch Höfe gesponsert = Beeinflussung möglich) Dichtkunst wurde festgeschrieben; Gattungen und Normen wurden normativ festgelegt und in rezeptartigen Anweisungen wurde festgelegt, wie Dichtkunst herzustellen sei (Bsp.: „Buch von der deutschen Poeterey“ von Martin Opitz) nur bestimmte Themen literaturwürdig: Herrscherlob; Schicksal christlicher Märtyrer; Aufforderung zum Lebensgenuss (Carpe diem); ländliche Idyllen und Schäferstündchen; - Ermahnung, des Todes und der Nichtigkeit alles Irdischen zu gedenken (Memento mori und Vanitas) Inhalte mussten brillant „verpackt“ sein ansprechendes sprachlich-rhetorisches Gewand Ausschmückung wurde immer mehr gesteigert = barocke „Schwulst“ repräsentative Auftrags- und Gesellschaftskunst, erteilt vom Hof niedere Stände: hatte auch Literatur, die meist als Lebenshilfe geeignet war - wichtige Autoren und Werke: - Aufklärung (1720 – 1800) - Ausgangspunkt: verändertes Welt- und Menschenbild seit der Renaissance Voraussetzung: Distanzierung von kirchlicher Belehrung, Mensch hat Verstandesund Sprachfähigkeit Zeit der Denkbewegungen, Vernunft und des Rationalismus - kritisches Fragen und Zweifeln René Descartes „cogito, ergo sum“ (ich denke, also bin ich) John Locke „ tabula rasa“ (Die Seele des Menschen ist bei der Geburt eine leere Tafel), sie wird erst durch die Erfahrung (Empirie) beschrieben Didaktische Literatur: Abhandlungen über moralische Fragen, Verstand und Gefühl sollen angesprochen werden, Popularisierung des Wissens für weite Kreise Aufgabe der Literatur: „prodesse et delectare“ (nützen/belehren und erfreuen) Wahlspruch der Aufklärung: „Sapere aude“ Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Emanzipation der Menschen aus religiöser dogmatischer Bevormundung Stärkung des bürgerlichen Selbstbewusstseins durch franz. Revolution; Wert des Menschen ist nicht mehr durch Herkunft bestimmt, sondern durch „modernes Ich-Selbstbewusstsein als selbstbestimmtes Subjekt“ (intellektuelle, psychische und physische Fähigkeiten) Befreiung von der Natur als Leitidee Forderung nach Freiheit und Autonomie der Literatur Herrschaftsform: Absolutismus Tragödie und didaktische Fabel als vorherrschende Gattungen Hoher Stellenwert des Ideendramas Bürgerliches Trauerspiel Aufhebung der Ständeklausel (siehe „Emilia Galotti“) - 2 philosophische Strömungen: - Empirismus (Erkenntnis beruht auf der Sinneswahrnehmung) Rationalismus (Erkenntnis resultiert aus dem Gebrauch der „ratio“, der im Verstand gegründeten Denkfähigkeit) - Tugend = Leitbegriff und Hauptziel der Aufklärung Tugendhaftes Verhalten bringt das System der Vernunft in Einklang, Fortschrittsoptimismus, gegen „Vanitas“-Motiv Kunst des Hofes galt lediglich als Dekoration, die des Bürgertums als Ausdruck vernünftiger Gedanken und menschlicher Gefühle gestiegenes Lesebedürfnis (immer mehr konnten lesen) und Einführung der allgemeinen Schulpflicht brachte „Moralische Wochenzeitschriften“ auf den Markt (Erkenntnisse und Einsichten der der Gelehrten und Philosophen wurden so einem möglichst breiten Publikum vermittelt) - - - wichtige Autoren und Werke: Empfindsamkeit (1740 – 1780) - - Möglichkeiten, die durch die Aufklärung gegeben wurden (z.B. logisches Denken und umsichtiges Planen) wurde von Machtinhabern missbraucht (Menschen wurden unter anderem verplant) neue bürgerliche Gefühlskultur Sprache des Herzens: „Das menschliche Herz hat die Fähigkeit zu fühlen und zu empfinden“ viele Wörter, die „schöne“ oder angenehme Gefühlszustände beschreiben finden ihren Ursprung in dieser Zeit, außerdem gibt es eine Vielzahl metaphorischer Verwendung von Begriffen und Wendungen, die der Intensität des Gefühls Ausdruck verleihen Sturm und Drang (1765 – 1785) - Bevorzugt werden Drama, Ballade und Erlebnislyrik Der Name der Epoche geht auf ein Drama von Klinger zurück „Prometheus“ als Programmgedicht Betonung von Kreativität und Spontaneität Häufiges Thema: Konflikt des Individuums mit der gesellschaftlichen Realität die Impulse die während der Epoche der Empfindsamkeit entstanden, wurden in der Literatur auf die Welt der Stimmungen und Leidenschaften übertragen verweltlichte Empfindsamkeit bildete Basis der gefühlsbetonten Selbstwahrnehmung der Stürmer und Dränger impulsive und ausdrucksstarke Sprache Mensch ist frei handelnd, selbstständig, gottesähnlich Vorliebe für große Gestalten und Kraftmenschen, sowie für antike Helden Epochenumbruch: Aufklärung – Empfindsamkeit – Sturm und Drang - Epochen gehen mehr oder weniger ineinander über; klare Zuordnung, welche Schriftsteller zu welcher Epoche gehören manchmal schwer möglich Aufklärung = Aufbruch der bürgerlichen Gesellschaft durch Verstandeskultur Empfindsamkeit = Entfaltung der bürgerlichen Familien/Freundschaft durch Gefühlskultur Sturm und Drang = Geistige und politische Emanzipation des bürgerlichen Ich-Bewusstseins Klassik (1786 – 1805) - Definition: „Periode in der prägende Kultur des Landes entstand und das Land internationales Ansehen gewann“ Werke von Rang entstanden Die griechische Antike wird zum Vorbild. Die freie Entfaltung des Individuums findet ihr Ziel in der Harmonie der Persönlichkeit Zeit des deutschen Idealismus Harmonisches Weltbild im Einklang von Verstand und Gefühl, von Geist und Natur Deutsche Klassik: später als in anderen Ländern, auf zwei Autoren beschränkt, nämlich Schiller und Goethe Orientierung auf Vernunft, Selbstzucht und sittliche Läuterung des Menschen ästhetische Erziehung (alles in Harmonie, in Einklang bringen) zur Veredelung des individuellen Charakters Durch Erkenntnis der Schönheit gelangt man zum Wahren, zum Guten, zur Verbesserung des Charakters Schönheit = Harmonie zwischen Sinnlichen (gehört zur Triebwelt) und dem Gesetz der Vernunft (gehört zur Freiheit) Abwendung von der Wirklichkeit, hin zum Reich der Utopie des ewig Wahren, Guten und Schönen Wichtige Autoren und Werke: Romantik (1795 – 1840) - Politische, soziale und literarische Umbruchsphase - - Opposition zum Rationalismus der Aufklärung und zum Anspruch auf Vollendung in der Klassik Geist und Natur als Einheit „beseelte Natur“ Hang zum Irrationalen, Übersinnlichen Besinnung auf Mittelalter, Volkspoesie und Märchen Volksliedsammlungen, Märchen, fantastische Erzählungen, Wiederentdeckung des Niebelungenliedes man soll die Welt intensiv erleben („mit allen Sinnen“) die Welt wird poetisiert/romantisiert (Humor, romantische Poesie) Verwandlung der Alltagswelt ins Wunderbare (Flucht aus der Wirklichkeit) Selbstverwirklichung des Individuums konnte wegen Veränderungen in der Geschichte nur noch außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft geschehen oder gegen sie Dichter galten als Außenseiter Sehnsucht als wichtiges Gefühl, dass dauerhaft gültig ist (man kann nie ans Ziel kommen, Sehnsucht gibt es immer man kann es dauerhaft genießen) Vormärz (1830 – 1848) - - Themen: Kritische Auseinandersetzung mit der Realität gedankliche Entwürfe mit der Realität (Zukunftsoptimismus) Ziel ist die Schaffung einer neuen Epoche, die den revolutionären Zeitgeist einer Epoche widerspiegeln sollte Künstler konnten entweder an der Gesellschaft Kritik üben oder aus der Wirklichkeit fliehen (Eskapismus) entweder Bejahung der Alltagsrealität als Welt der Leistung, des Nutzens, der Ordnung, der Sicherheit, des Wohlstands, der patriarchalischen Familienordnung oder Ablehnung der Alltagsrealität als Welt des Zwangs, der Berechnung, der Unfreiheit, des Spießertums, der Geldgier, der Rollenzwänge (besonders für Frauen) generell sehr schlechte Zustände für die Bevölkerung, die sich u.a. in der Kritik der Schriftsteller deutlich machte Schriftsteller für Demokratie und soziale Gerechtigkeit, gegen das absolutistische System Pressepublizistik, satirische Feuilletons, Flugschriften und Kampflieder sozialkritische Stücke, die sich mit dem Elend der „kleinen Leute“ beschäftigen ( Woyzeck) häufig Zensur und strafrechtliche Verfolgung von Schriftstellern Bürgerlicher Realismus (1848 – 1890) - Darstellung der Wirklichkeit, nicht nur die bloße Widerspiegelung, sondern durch künstlerische Gestaltung der Stoffvorlage häufige Gattungen sind Roman und Novelle, im Zentrum stets das Individuum keine gesellschaftspolitische Probleme sondern Regionalismus und Historismus Humor als Distanz zu dem eigentlich Unerträglichen und Empörenden in der Wirklichkeit zeigt ein augenzwinkerndes Sichabfinden Anklage bleib auf einzelne Fehler und Schwächen im Gesellschaftsgefüge beschränkt und wendet sich nie gegen das ganze System und die Bedingungen seines Bestehens Naturalismus (1880 – 1900) - - Literatur wollte die Verhältnisse in allen gesellschaftlichen Bereichen aufdecken Themen: schlechte Arbeitsbedingungen, fehlende Rechte, Elendsquartiere, Kneipen Ziel: Aufrütteln des Lesepublikums, Sympathie mit den gesellschaftlichen Zielen der Arbeiterklasse (ökonomische Verbesserungen, mehr Rechte) zeigen, ohne sich daran zu binden Deckungsgleichheit zwischen Realität und Abbild sowohl wissenschaftliche Erkenntnisse als auch Umgangssprache, Jargon und Dialekt nahmen Einfluss auf die Literatur - nicht mehr ein einziger Held im Mittelpunkt des Geschehens, sondern das Kollektiv (mit bestimmter Herkunft, Milieu oder Zeitumständen), auch Frauenbewegungen wichtiges Thema Expressionismus (1910- 1925) - - Themen: Kritische Auseinandersetzung mit technischem Fortschritt, Industrialisierung, Kapitalismus und Militarismus, Bilder von Verfall, Untergang und Weltende, aber auch Visionen von Aufbruch, Revolutionen und zukünftigem Glück Dichtung der Weltveränderung, Pazifistisches Denken