Übung Einführung in die internationale und europäische Politik Termin: Dienstag, 16.00-18.00 Uhr Raum: F 301 ECTS: 4 Leitung: Isabel Plocher, M.A. ([email protected]) Sprechstunde: Donnerstag, 9.00 - 10.00 Uhr oder nach Vereinbarung Diese Übung ist besonders für Studienanfänger im neuen Bachelor Studiengang und für Studierende der niedrigen Fachsemester konzipiert. Wie die Vorlesung des Wintersemesters beinhaltet sie eine Einführung in die drei wichtigsten Teilbereiche der Internationalen Politik, nämlich ‚Internationale Institutionen’, ‚Europäische Integration’ und ‚Außenpolitik’. Ergänzt wird dies durch praktische Gruppenarbeiten zur Anwendung von politikwissenschaftlichen Theorien und zur Recherche von Primärquellen. Teilnahmebedingungen und Leistungsnachweise: Das regelmäßige Lesen der Pflichtlektüre wird erwartet und stichprobenartig kontrolliert. Das Seminar bedient sich des Virtuellen Campus der Universität, dort finden sich die Pflichtlektüre sowie die weiterführende Literatur. Alle Teilnehmer müssen ein Referat (ca. 10 Minuten) halten. Außerdem wird erwartet, dass sie aktiv an Gruppenarbeiten teilnehmen. Um einen Leistungsnachweis zur Übung zu erhalten, müssen zwei Essays (ca. fünf Seiten) geschrieben werden. Achtung!!! Die Teilnehmerzahl der Veranstaltung ist beschränkt. Für die Teilnahme mit Scheinerwerb ist eine Anmeldung ab dem 15.10.06 über FlexNow erforderlich. 1 Aufbau der Übung 17.10.06 Aufgabenverteilung 24.10.06 Einführung in die Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens Block I: Regieren im internationalen System 31.10.06 Internationale Organisationen und Völkerrecht (RE) 8.11.06 Die Regimetheorie (RE) 14.11.06 Spieltheorie in den Internationalen Beziehungen (RE) 21.11.06 Zwischenstaatliche Kooperationsprobleme (GA) Block II: Europäische Integration Abgabetermin 28.11.06 Der liberale Intergouvernementalismus (RE) 5.12.06 Der Neofunktionalismus (RE) 12.12.06 Die Gesetzgebungsverfahren in der EU (RE) 19.12.06 Gesetzgebungsprozesse in der EU (GA) Block III: Außenpolitik Abgabetermin Abgabetermin 9.1.07 Der Neorealismus (RE) 16.1.07 Das Zwei-Ebenen-Problem (RE) 23.1.07 Die internationale Klimapolitik (RE) 30 .1.07 Außenpolitische Verhandlungspositionen (GA) 6.2.07 Evaluation GA = Vorstellung der Gruppenarbeit; RE = Referate 2 Hinweise zu den Essays Im Folgenden sind einige Vorschläge für mögliche Essayfragen angegeben. Sie können sich auch eigene Fragestellungen einfallen lassen (Bitte vorher kurz mit dem Dozenten abklären!). Die angegebenen Essayfragen gliedern sich in die drei Blöcke der Veranstaltung ‚Regieren im internationalen System’, ‚Europäische Integration’ und ‚Außenpolitik’. Um einen Übungsschein zu erlangen, müssen Sie zu zwei der drei Blöcke ein Essay verfassen. Entscheidend für die Qualität der Essays und der Hausarbeit sind: der Aufbau: Gliedern Sie Ihre Arbeit logisch in die Einleitung mit Fragestellung, den Hauptteil mit der eigentlichen Argumentation und die Schlussfolgerungen am Ende. Der Leser muss ständig den roten Faden der Argumentation erkennen. die Fragestellung: Arbeiten Sie heraus, welche Frage Sie bearbeiten wollen und warum diese interessant, wichtig oder umstritten ist. die Analyse: Entscheidend ist, dass Sie mit Hilfe der wissenschaftlichen Literatur argumentieren, und diese aber nicht nur wiedergeben, sondern selber kritisch durchdenken. Wenn Sie den Text lesen und Gedanken haben wie „An dieser Stelle ist ein Widerspruch!“, „Folgt aus diesem Gedankengang nicht, dass...?“ oder „Diese Argumentation gilt aber nur, wenn man vorher annimmt, dass...!“, dann sind Sie auf dem richtigen Weg. Weitere gute Ansatzpunkte sind folgende grundlegenden Fragen: Wer sind die entscheidenden Akteure? Nach welcher Logik handeln sie? Was für Annahmen werden über die Akteure gemacht? Was ist die Wirkung von Institutionen? die Schlussfolgerungen: Die Schlussforderungen sollen direkt aus Ihrer Analyse folgen. Bringen Sie hier keine neuen Argumente mehr! die Literaturrecherche: Für einen Essay sollten Sie mindestens fünf wissenschaftliche Quellen heranziehen. Recherchieren Sie ausgehend von der angegebenen Pflichtlektüre und der weiterführenden Literatur die benötigten Quellen. Wenn Sie Anregungen und Hilfen benötigen kontaktieren Sie bitte den Dozenten oder lesen Sie: Plümper, Thomas (2003): ‚Effizient schreiben’ (München: Oldenbourg). 3 Block I: Worin besteht der Unterschied zwischen der Betrachtung internationaler Organisationen und internationaler Regime? Spielen internationale Organisationen in der Regimetheorie keine Rolle? Erläutern Sie unterschiedliche Kooperationsprobleme und zeigen Sie, ob und wie diese durch das Setzen institutioneller Anreize gelöst werden können. Warum ist ein Regieren jenseits des Nationalstaats notwendig? Unter welchen Bedingungen ist es erfolgversprechend? Block II: Vergleichen Sie die verschiedenen Gesetzgebungsverfahren in der Europäischen Union. Welche Akteure haben im Laufe der Zeit an Einfluss gewonnen, welche haben verloren? Vergleichen Sie den liberalen Intergouvernementalismus mit dem Neofunktionalismus. Was sind die Vor- und Nachteile der beiden Theorien und welche halten Sie für plausibler? Leidet die Europäische Union an einem Demokratiedefizit? Block III: Betrachten Sie eine aktuelle außenpolitische Problemstellung. Verfassen Sie eine kurze Analyse dieses Konflikts anhand der neorealistischen Theorie und wagen sie einen Ausblick darauf, wie der Konflikt sich entwickeln wird. Betrachten Sie die Vorhersagen des Neorealismus zu den Folgen des Zusammenbruchs des Ostblocks zu Beginn der 1990er Jahre auf die europäische Politik und die Außenpolitik Deutschlands. Erläutern Sie anhand konkurrierender Theorien, warum die Vorhersagen nicht eingetroffen sind. „Das internationale Staatensystem ist ein anarchisches System“ – Erörtern Sie, inwieweit diese Aussage zutrifft oder nicht zutrifft. 4 17.Oktober 2006: Aufgabenverteilung und Einführung Kommentar: Dieser Termin dient im Wesentlichen der Organisation. Nach einer Vorstellung des Seminars werden die Aufgaben an die Studierenden verteilt. Im Laufe des Seminars soll jeder Studierende ein Referat übernehmen. Für einen Übungsschein sollen zwei Essays erstellt werden. Die Abgabetermine sind der 28.11., 9.1. und 6.2. Außerdem wird das Seminar für die drei Gruppenarbeiten in sechs Arbeitsgruppen à fünf Studierende eingeteilt. Diese Übung wird mit dem Virtuellen Campus der Uni Bamberg arbeiten. Es wird eine kurze Einführung in die Arbeit mit dem System gegeben. Fragen: Was können Sie von dieser Übung erwarten? Was wird von Ihnen in dieser Übung erwartet? 5 24. Oktober 2006: Einführung in die Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens Kommentar: Diese Sitzung gibt eine Einführung in die Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens. Wissenschaft bedeutet zu einem großen Teil, bestimmte Formen des Arbeitens einzuhalten. Dies ist kein sturer Formalismus, sondern dient dazu, die eigene Arbeit auch für andere nachvollziehbar und vergleichbar zu machen. Man schreibt eine wissenschaftliche Arbeit nie für sich alleine, sondern dafür, dass auch andere sie lesen, nachvollziehen und kritisieren können. Dafür ist es unerlässlich, dass alle sich an die gleichen Regeln halten. Die Sitzung wird mit einer Bibliotheksführung komplettiert, um Fragen der Recherche mit OPAC, Datenbanken etc. zu veranschaulichen. Fragen: Wie werden wissenschaftliche Texte korrekt zitiert? Wie finde ich mich in der Bibliothek der Uni zurecht? Warum ist wissenschaftliches Arbeiten notwendig? Quellen: http://www.bournemouth.ac.uk/academic_services/documents/Library/Citing_Referenc es.pdf http://www.politik-im-netz.com/pin_rl/archiv/zs/zib/zib_richtl.pdf www.susannegruss.de/pix/pdf/Index-Seminare/Wie-schreibe-ich-eine-HA-v-04-06.pdf Plümper, Thomas (2003): ‚Effizient schreiben’, München: Oldenbourg, insbesondere Kap. 4 6 31. Oktober 2006 Internationale Organisationen und Völkerrecht Kommentar: Die internationale Politik ist vor allem durch die Interaktion von souveränen Staaten gekennzeichnet. Die Staaten organisieren ihre Zusammenarbeit vor allem durch zwei Arten von internationalen Institutionen. Zum einen gibt es das Völkerrecht, das Rechte und Pflichten von Staaten festlegt. Zum anderen können Staaten internationale Organisationen errichten und bestimmte Aufgaben an sie delegieren. In dieser Sitzung soll eine kurze Einführung in das Völkerrecht und ein Überblick über verschiedene internationale Organisationen – insbesondere die Vereinten Nationen – gegeben werden. Dabei stellt sich die Frage, ob es für die Analyse internationaler Politik sinnvoll ist, bei der Betrachtung dieser Institutionen anzusetzen. Was können wir daraus lernen und was bleibt uns aber verschlossen? Fragen: Ist es sinnvoll bei der Analyse internationaler Politik bei den internationalen Organisationen anzusetzen? Ist es sinnvoll bei der Analyse internationaler Politik beim Völkerrecht anzusetzen? Pflichtlektüre: Rittberger, Volker und Bernhard Zangl (2003): Internationale Organisationen: Politik und Geschichte. Opladen: Leske + Budrich, dritte Auflage, Teil I, Kapitel 1-2. Weiterführende Literatur: Kimminich, Otto und Stephan Hobe (2000): Einführung in das Völkerrecht. München: UTB, Kapitel 1, 1-28. Weiss, Thomas / Forsythe, David P. / Coate, Roger A. (2004): The United Nations and Changing World Politics (4th Edition). Boulder, Col.: Westview Press, Chapter 1 7 8. November 2006 Die Regimetheorie Kommentar: Seit den 1980er Jahren hat sich ein neuer theoretischer Ansatz in den Internationalen Beziehungen durchgesetzt: die Regimetheorie. Sie betrachtet nicht abstrakt das internationale System in seiner Gesamtheit oder internationale Organisationen als solche, sondern konzentriert sich auf konkrete internationale Konflikte und ihre Bewältigung. Regime sind Sets von Prinzipien, Normen, Regeln und Entscheidungsverfahren um die Erwartungen der Akteure in einem Problemfeld der internationalen Politik konvergieren. Sie ermöglichen daher Koordination und Kooperation zwischen den Akteuren. Wer die wichtigsten Akteure und Regeln in einem Regime sind und ob es bei der Lösung von Kooperationsproblemen erfolgreich ist, hängt von der spezifischen Situation ab. Fragen: Wie und warum können Regime internationale Kooperation ermöglichen? Was ändert sich, wenn man anstatt auf das Völkerrecht und internationale Organisationen auf internationale Regime schaut? Spielen das Völkerrecht und internationale Organisationen in der Regimetheorie keine Rolle? Pflichtlektüre: Zangl, Bernhard (2003): Regimetheorie. In: Siegfried Schieder und Manuela Spindler (Hg.): Theorien der Internationalen Beziehungen. Opladen: Leske + Budrich, 117-140. Weiterführende Literatur: Grieco, Joseph M. (2000): Anarchy and the Limits of Cooperation: A Realist Critique of the Newest Liberal Institutionalism. In: International Organization, 42:3, 485-507. Levy, Marc / Young, Oran / Zürn, Michael (1995): The Study of International Regimes. In: European Journal of International Relations. 1:3, 267-330. 8 14. November 2006 Spieltheorie in den Internationalen Beziehungen Kommentar: Die Spieltheorie stammt ursprünglich aus der Volkswirtschaftslehre und geht vor allem zurück auf die Arbeiten von John von Neumann, Oskar Morgenstern und John Nash (die Hauptfigur des Films ‚A Beautiful Mind’ aus dem Jahr 2001). Seit den 80er Jahren hat die Spieltheorie jedoch auch Einzug in die Politikwissenschaft gehalten, wo sie inzwischen eine wichtige Theorieströmung darstellt. In den Internationalen Beziehungen ist sie von besonderem Interesse, da sie ein Instrumentarium zur Verfügung stellt, wie Konflikte zwischen Staaten abstrakter dargestellt und analysiert werden können. Die Spieltheorie befasst sich immer mit der Interaktion von zwei oder mehr Akteuren. Die Akteure haben klare Interessen, die sie in einer sogenannten Präferenzordnung ausdrücken können. Jeder Akteur versucht in einer Interaktion seine eigenen Interessen so gut wie möglich zu verfolgen. Aus der Konstellation der beiden Akteure und ihrer Präferenzen zueinander ergibt sich ein bestimmtes ‚Spiel’, das u. U. eine gleichgewichtige Lösung hat. In den Internationalen Beziehungen sind die relevanten Akteure in der Regel Staaten, die miteinander interagieren. Fragen: Was sind unitaristische, nutzenmaximierende Akteure? Kann man Staaten als solche auffassen? Was ist eine vollständige, reflexive und transitive Präferenzordnung? Welche grundlegenden unterschiedlichen Konstellationen von Akteuren und ihren Präferenzen gibt es? Was für Konflikte verbergen sich hinter diesen Akteurskonstellationen und wie sind sie zu lösen? Pflichtlektüre: Scharpf, Fritz W. (2000): Akteurkonstellationen. In: Interaktionsformen: Akteurszentrierter Institutionalismus in der Politikforschung. Opladen: Leske + Budrich, Kapitel 4. Weiterführende Literatur: Stein, Arthur (1982): Coordination and Collaboration: Regimes in an Anarchic World. In: International Organization 36, 299-324. Zürn, Michael (1992): Interessen und Institutionen in der internationalen Politik: Grundlegung und Anwendungen des situationsstrukturellen Ansatzes. Opladen: Leske + Budrich, Kapitel 2. 9 21. November 2006 Zwischenstaatliche Kooperationsprobleme Kommentar: Die folgenden Probleme der internationalen Politik sollen in Gruppenarbeit spieltheoretisch analysiert werden. Die Ergebnisse werden in der heutigen Sitzung präsentiert: Während des Kalten Krieges lieferten sich die USA und die UdSSR einen Rüstungswettlauf. Beide Staaten investierten wiederholt in teure Aufrüstung, um die militärischen Kapazitäten des jeweils anderen zu übertreffen. Warum war dies der Fall und wäre der Konflikt auch anders lösbar gewesen? In der Nähe zur österreichischen und deutschen Grenze errichtet die Tschechische Republik ein Atomkraftwerk, das nicht den Sicherheitsanforderungen der Nachbarländer genügt. Diese möchten den Bau des Werkes verhindern, da ein Unfall auch ihre Gebiete atomar verseuchen würde. Welche Möglichkeiten bleiben ihnen? In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gibt es verschiedene Formen von Steckdosen. Trotzdem dies ein Handelshemmnis im Binnenmarkt darstellt, konnte bisher kein einheitlicher europäischer Standard für Steckdosen gefunden werden. Warum ist dies der Fall und wie sähe eine mögliche Lösung des Problems aus? Die Anrainerstaaten der Nord- und Ostsee beobachten seit einiger Zeit, dass ihre Fischbestände wegen Überfischung immer weiter abnehmen. Trotzdem senken sie ihre nationalen Fangquoten nicht freiwillig. Warum entsteht dieses Problem der Überfischung und was können die Anrainerstaaten dagegen tun? Vor dem zweiten Weltkrieg schlossen England, Frankreich und Polen einen Beistandspakt miteinander. Wenn eines dieser drei Länder von Deutschland angegriffen würde, verpflichteten sich die anderen beiden, ihm zur Seite zu stehen. Was waren die Voraussetzungen für diesen Pakt und woran hätte er scheitern können? Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union möchten einen gemeinsamen Binnenmarkt einrichten. Dazu muss jeder Staat Handelsbarrieren, die seine eigene Industrie gegen Wettbewerb aus anderen Ländern schützen, aufheben. Was ist das Problem bei der Aufhebung dieser nationalen Handelsbarrieren? Fragen: Was sind die Präferenzen der wichtigsten Akteure in den einzelnen Konflikten? Um was für eine spieltheoretische Situation handelt es sich? Wie werden sich die Konflikte entwickeln und wie sind sie ggf. lösbar? 10 28. November 2006 Der liberale Intergouvernementalismus Kommentar: In den kommenden zwei Seminarsitzungen werden die beiden wichtigsten politikwissenschaftlichen Theorien zur europäischen Integration behandelt. Die erste ist der liberale Intergouvernemantalismus, der im wesentlichen auf die Arbeiten von Andrew Moravscik zurückgeht. Das grundlegende Werk dazu ist das Buch ‚The Choice for Europe’ aus dem Jahr 1998. Die grundlegenden Akteure, die nach der Theorie des Intergouvernementalismus den Integrationsprozess bestimmen, sind die Mitgliedstaaten der EU. Die Mitgliedstaaten haben Interessen, die aus politischen Auseinandersetzungen innerhalb der Staaten entstehen. Bei der Erreichung ihrer Ziele sind die Mitgliedstaaten voneinander abhängig und müssen kooperieren. Daher verhandeln sie auf europäischer Ebene über gemeinsame Lösungen. Supranationale Institutionen spielen dabei eine untergeordnete Rolle und dienen nur der Absicherung von Verhandlungsergebnissen. Da der europäische Integrationsprozess von den situationsspezifischen Interessen der Mitgliedstaaten abhängt, hat er keine feste Richtung und somit auch kein vorhersehbares Ende. Fragen: Welche Akteure bestimmen nach der Theorie des Intergouvernementalismus den europäischen Integrationsprozess? Welche Rolle spielen nach dieser Theorie die supranationalen Institutionen? Was kann man an der Theorie des Intergouvernementalismus kritisieren? Pflichtlektüre: Schimmelfennig, Frank (2004): Liberal Intergovernmentalism. In: Antje Wiener and Thomas Dietz (Hg.): European Integration Theory. Oxford: Oxford University Press, 75-94. Weiterführende Literatur: Moravcsik, Andrew (1991): Negotiating the Single European Act: National Interests and Conventional Statecraft in the European Community. In: International Organization 4, 651-688. Moravcsik, Andrew (1998): The Choice for Europe: Social Purpose and State Power from Messina to Maastricht. Ithaca NY: UCL Press, Chapter 1. 11 5. Dezember 2006 Der Neofunktionalismus Kommentar: Der Neofunktionalismus ist die ältere der beiden Integrationstheorien. Er geht bereits auf die Politiker Jean Monnet und Robert Schumann zurück, die mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaften in den 50er Jahren einen Einigungsprozess in Gang setzen wollten, der letztendlich zu den ‚Vereinigten Staaten von Europa’ führen sollte. Das grundlegende Werk zum Neofunktionalismus ist das Buch ‚The Uniting of Europe’ von Ernst Haas aus dem Jahr 1958. Die Mitgliedstaaten der EU spielen nach der Theorie des Neofunktionalismus als eigenständige Akteure eine weniger bedeutende Rolle als im Intergouvernementalismus. Mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaften ist vielmehr eine neue politische Ebene, die heutigen EU Organe, entstanden, die im Zuge der europäischen Integration immer mehr Kompetenzen an sich zieht. Die Integration vollzieht sich dabei hinter dem Rücken der Mitgliedstaaten und wird durch sogenannte ‚Spillover’-Prozesse vorangetrieben. Das letztendliche Ergebnis ist der europäische Föderalstaat. Fragen: Welche Rolle spielen die supranationalen Institutionen nach der Theorie des Neofunktionalismus? Welcher Mechanismus steckt nach dieser Theorie hinter dem europäischen Integrationsprozess? Was wird aus Sicht des Neofunktionalismus kritisiert? Intergouvernementalismus an der Theorie des Pflichtlektüre: Conzelmann, Thomas (2003): Neofunktionalismus. In: Siegfried Schieder und Manuela Spindler (Hg.): Theorien der Internationalen Beziehungen. Opladen: Leske + Budrich, 141-168. Weiterführende Literatur: Haas, Ernst (1958): The Uniting of Europe. Stanford: University Press, Chapter 8. Sweet Stone, Alec und Wayne Sandholtz (1997): European Integration and Supranational Governance. In: Journal of European Public Policy 4, 297-317. 12 12. Dezember 2006 Die Gesetzgebungsverfahren in der EU Kommentar: In dieser Sitzung werden die drei Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Union vorgestellt. Dies sind die Verfahren der Konsultation, der Mitarbeit und der Mitentscheidung des Europäischen Parlaments. Dabei soll geklärt werden, wie groß der Einfluss der einzelnen legislativen Organe ist und wie er sich im Laufe der Zeit verändert hat. Außerdem wird im Zusammenhang mit der Bedeutung des Europäischen Parlaments die Frage des Demokratiedefizits der Europäischen Union diskutiert. Im Anschluss an diese Diskussion wird eine Einführung für die Gruppenarbeit zur nächsten Woche gegeben. Dabei werden die gängigen Datenbanken zur Recherche von EU Dokumenten wie EurLex und PreLex vorgestellt. Fragen: Welchen Einfluss haben die gesetzgebenden Organe Kommission, Rat und Europäisches Parlament in den unterschiedlichen Gesetzgebungsverfahren der EU? Wie hat sich die relative Bedeutung der drei Organe im Laufe der Zeit verändert? Leidet die EU in Folge der schwachen Stellung des Europäischen Parlaments an einem Demokratiedefizit? Pflichtlektüre: Hix, Simon (1999): Legislative Politics. In: The Political System of the European Union. London: Macmillan, 56-98. Weiterführende Literatur: Tsebelis, George und Geoffrey Garrett (2000): Legislative Politics in the European Union. In: European Union Politics 1, 9-36. Follesdal, Andreas / Hix, Simon (2006): Why There is a Democratic Deficit in the EU: A Response to Majone and Moravcsik. In: Journal of Common Market Studies 44:3, S. 533-562. 13 19. Dezember 2006 Gesetzgebungsprozesse in der EU Kommentar: In dieser Sitzung werden die Ergebnisse der Recherche der sechs Arbeitsgruppen vorgestellt. Richtlinie 2000/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juni 2000 über Kakao- und Schokoladeerzeugnisse für die menschliche Ernährung, Amtsblatt Nr. L 197 vom 3/8/2000, 19-25. Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, Amtsblatt Nr. L 303 vom 2/12/2000, 16-22. Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates, Amtsblatt Nr. L 106 vom 17/4/2001, 1-39. Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, Amtsblatt Nr. L 31 vom 1/2/2002, 1-24. Verordnung (EG) Nr. 1592/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2002 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit, Amtsblatt Nr. L 240 vom 7/9/2002, 1-21. Richtlinie 2003/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen, Amtsblatt Nr. L 152 vom 20/6/2003, 16-19. Fragen: Welche Organe vertraten welche Positionen in den jeweiligen Gesetzgebungsprozessen? Wie erfolgreich konnten die Organe ihre Interessen vertreten? Quellen: http://europa.eu.int/celex/htm/celex_de.htm http://europa.eu.int/eur-lex/de/index.html http://www2.europarl.eu.int/oeil/index.jsp http://europa.eu.int/prelex/apcnet.cfm?CL=de 14 9. Januar 2007 Der Neorealismus Kommentar: Der Realismus ist eine der ältesten und profiliertesten Theorien der internationalen Beziehungen. Grundannahme des Realismus ist, dass das internationale System durch Anarchie gekennzeichnet ist. Aus dieser Grundannahme ergeben sich weitreichende Folgerungen über das Verhalten von Staaten. Diese sind nach dem Realismus vor allem darauf bedacht, sicherheitspolitische Ziele zu verfolgen, um ihr eigenes Überleben sicherzustellen. An diesem Termin werden die Grundlagen der realistischen Theorie betrachtet, einige ihrer Anwendungen vorgestellt, sowie versucht, ihre Grenzen zu erkennen. Dabei wird vor allem diskutiert, zu welchen Aussagen die Theorie über die Außenpolitik von Staaten kommt, und inwieweit diese Aussagen plausibel und empirisch belegbar sind. Fragen: Auf welchem Weltbild basiert die Theorie des Neorealismus? Welche Chancen räumen Vertreter des Neorealismus zwischenstaatlicher Kooperation ein? Plichtlektüre: Schörnig, Niklas 2003: Neorealismus. In: Schieder, Siegfried und Manuela Spindler (Hg.): Theorien der Internationalen Beziehungen. Opladen: Leske + Budrich, 61-87. Weiterführende Literatur: Mearsheimer, John J. (1990): Back to the Future: Instability in Europe after the Cold War. In: International Security 15, 5-56. Waltz, Kenneth N. (2000): The Anarchic Structure of World Politics. In: Robert J. Art und Robert Jervis (Hg.): International Politics: Enduring Concepts and Contemporary Issues. In: New York: Longman, 49-69. 15 16. Januar 2007 Das Zwei-Ebenenproblem Kommentar: Im Anschluss an die realistische Theorie wird die Frage erörtert, ob außenpolitisches Handeln von Staaten wirklich nur auf ihre Stellung im internationalen System zurückzuführen ist. Stattdessen können auch innenpolitische Gegebenheiten die Entscheidungen von Staaten maßgeblich beeinflussen. Eng damit verbunden ist die Kritik an der neorealistischen Annahme, dass Staaten als unitaristische und rationale Akteure gezielt Strategien verfolgen können. Eine besondere Stellung innerhalb der Staaten nehmen die jeweiligen Regierungen ein. Sie können sowohl auf der nationalen, als auch auf der internationalen Ebene agieren. Dies nennt man ein Zwei-Ebenen-Spiel. Unter Umständen können die Regierungen die beiden Ebenen gegeneinander ausspielen, d.h. sie können durch Rückgriff auf die eine Ebene ein Politikergebnis auf der jeweils anderen Ebene durchsetzen. Fragen: Inwieweit können wir Staaten wirklich als unitarische und rationale Akteure betrachten? Was spricht dagegen? Wieso kann es in internationalen Verhandlungen hilfreich sein, innenpolitisch ‚schwach’ zu erscheinen? Pflichtlektüre: Putnam, Robert D. (1988): Diplomacy and Domestic Politics: the Logic of Two-Level Games. In: International Organization 42, 427-460. Weiterführende Literatur: Allison, Graham T. (1969): Conceptual Models and the Cuban Missile Crisis. In: American Political Science Review 63, 689-718. Wagner, Wolfgang / Rittberger, Volker (2001): German Foreign Policy Since Unification: Theories Meet Reality. In: Rittberger, Volker (Hg.): German Foreign Policy Since Unification. Theories and Case Studies. Manchester: Manchester University Press, S. 299-321. 16 23. Januar 2007 Die internationale Klimapolitik Kommentar zum Übungstermin: Zunächst wird eine Einführung in ein typisches Problemfeld internationaler Politik, die Klimapolitik, gegeben. Dabei geht es um die Situation vor dem Kyoto Protokoll. Dies ist die Ausgangslage für die Gruppenarbeit der nächsten Stunde. Wichtige Punkte dabei sind: Was waren die Interessen der verschiedenen Staatengruppen? Was waren die vorhandenen internationalen Institutionen? Was sollte in Kyoto verhandelt werden? Anschließend wird eine Einführung für die Gruppenarbeit zur nächsten Woche gegeben (siehe auch den Kommentar zur Sitzung der nächsten Woche). Jede Arbeitsgruppe verkörpert einen Staat, bzw. eine Gruppe von Staaten mit ähnlichen Präferenzen, und muss gemeinsam ein Strategiepapier erarbeiten, in dem folgende Fragen beantwortet werden: a) Wie ist die Ausgangslage unserer Staatengruppe? Inwieweit betrifft uns das Policy-Problem? b) Mit welchem Ziel gehen wir in die internationalen Verhandlungen heran? Welches Ziel wollen wir idealerweise erreichen? Welches Ziel ist realistisch? c) Wie wollen wir dieses Ziel erreichen? Wer sind potentielle Verbündete? Wer sind unsere Gegner? Mit welchen Mitteln können wir andere Staaten eventuell auf unsere Seite ziehen? Fragen: Welches sind die Grundprobleme der internationalen Klimapolitik? Was sind die wesentlichen Elemente eines Strategiepapiers? Pflichtlektüre: Ott, Hermann E. (1997): Das internationale Regime zum Schutz des Klimas. In: Thomas Gehring (Hg.): Internationale Umweltregime: Umweltschutz durch Verhandlungen und Verträge. Opladen: Leske + Budrich, 201-218. Weiterführende Literatur: Oberthür, Sebastian und Herman E. Ott (2000): Das Kyoto-Protokoll: Internationale Klimapolitik für das 21. Jahrhundert. Opladen: Leske + Budrich. Yamin, Farhana and Joanna Depledge (2004): The International Climate Change Regime: A Guide to Rules, Institutions and Procedures. Cambridge: University Press. Fisher, Roger / Ury, William / Patton, Bruce (1993): Das Harvard Konzept. Sachgerecht verhandeln – erfolgreich verhandeln. Frankfurt a.M.: Campus. (insbesondere Kap. II 3: Entwickeln Sie Entscheidungsmöglichkeiten (Optionen) zum beiderseitigen Vorteil, S. 89-120). 17 30. Januar 2007 Außenpolitische Verhandlungspositionen Kommentar: An dieser Sitzung präsentieren die Arbeitsgruppen ihre Strategiepapiere zur Klimapolitik. Die einzelnen Arbeitsgruppen präsentieren dabei die folgenden Staaten, bzw. Staatengruppen: EU USA Japan Russland AOSIS (Alliance of Small Island States) Entwicklungsländer (ohne OPEC, AOSIS und China) Fragen: Welches sind die Ausgangspositionen der einzelnen Länder bzw. Ländergruppen? Wie betrifft sie das Policy-Problem? Wie wollen die einzelnen Gruppen das Policy-Problem lösen? Welche Ziele streben sie idealerweise an, welche Ziele sind realistisch? Mit welchen Mitteln wollen sie dieses Ziel erreichen? Wer sind potentielle Gegner, wer potentielle Verbündete? Mit welchen Mitteln können sie andere Staaten auf ihre Seite ziehen? 18 6. Februar 2007 Evaluation Kommentar: In dieser letzten Sitzung der Übung wird das Feedback der Studierenden eingeholt. Besonders soll die Frage geklärt werden, ob sich das Konzept einer Einführungsübung in Ergänzung zur Vorlesung im Wintersemester bewährt hat. Zunächst wird dazu das Ergebnis der schriftlichen Evaluation der letzten Stunde ausgewertet und vorgestellt. Danach werden die Ergebnisse diskutiert. Auf Wunsch der Studierenden kann ein Teil der Evaluationsdiskussion in Abwesenheit des Dozenten stattfinden. Die Ergebnisse sollen ihm dann anschließend referiert werden. Fragen: Was hat Ihnen an dieser Übung gefallen? Was hat Ihnen an dieser Übung nicht gefallen? 19