SÜDWESTRUNDFUNK ABTEILUNG Literatur Telefon: 3121 aktualisierte Fassung vom: 24.01.2007 AutorIn: RedakteurIn: Regie: Egon Koch Walter Filz Egon Koch Tod, alter Freund Jim Morrison, der Poet Studiobelegung: 12.02.-15.02.07, 16.45 – 24.00 Uhr, Studio 5 Sendung am: 27.02.2007, 20.03 Uhr Rollen/Sprecher: Erzählerin Isabella Bartdorff 17 – 18 Uhr Zitator 1 Torsten Sense 21 – 23 Uhr, Berlin Zitator 2 Übersetzer Florian von Manteuffel 18 – 18.30 Jochen Nix 19 – 21 Uhr Uh Kostenstellennummer: Produktionsnummer: Archivnummer(n): Zitator 2: Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt, Erschiene den Menschen alles, wie es ist: unendlich. - William Blake Zitator 1: (aus „Wildnis“) Wirkliche Poesie (…) hilft (…) den Möglichkeiten auf die Sprünge, öffnet alle Türen. Man kann durch jede gehen, die einem passt. … und darum sprechen Gedichte mich so sehr an – weil sie für die Ewigkeit sind. – Jim Morrison Musik 1: Doors - Newborn awakening (aus “An American Prayer” - Instrumental, bis 0’29’’) Ansage: „Tod, alter Freund“ Jim Morrison – Rockstar und Poet Von Egon Koch Atmo 1: Tür öffnen, 17 Rue Beautreillis Über Atmo: Erzählerin: 17 Rue Beautreillis in Paris. Letzter Wohnort von Jim Morrison. O-Ton 1: Phil Steele Beautreillis is in the Marais, on the other side of the Isle St. Louis from Saint-Germain-des Près. And it was a beautiful building with a baroque sculptured entrance over a huge green wooden door, probably from the 1865, 1870 Empire époque. (leichtes Lachen) The funny thing 3 is, there was this guy with a beard and an army jacket living in this Bourgeois building. Übersetzer: Die Rue Beautreillis liegt im Marais. Die Nummer 17 ist ein schönes Gebäude mit einem barocken Eingangsbogen über einer großen grünen Holztür, wahrscheinlich aus dem Jahr 1870, aus der Zeit des „Empire". Komisch daran ist, dass dieser Typ mit einem Bart und einer Armeejacke in diesem bürgerlichen Gebäude lebte. Zitator 1: (aus “Wildnis”) Funny, / I keep expecting a / knock on the door … Komisch, ich erwarte dauernd ein Pochen an der Tür Tja, das hast du davon wenn du bei den Menschen lebst Atmo 2: Klopfen an Tür der Concierge, 17 rue de Beautreillis Über Atmo: Zitator 1: (aus “Wildnis”) A Knock? Would shatter / my dreams’ illusions … Ein Pochen? Würde meiner Träume Illusionen, Haltung & Fassung zerstören Das Bemühen eines armen Poeten sich herauszuhalten aus den Fängen der Romane & Glücksspiele 3 4 & des Journalismus Atmo 3: Schlüssel drehen, Öffnen der Tür Concierge O-Ton 2: Concierge Mann: Bonjour. Concierge: Bonjour monsieur. Mann: Vous-etes la gardienne? Concierge: Mais oui. Atmo 4: Eingang 17 Rue Beautreillis Über Atmo: Erzählerin: Fünf Jahre nach Jim Morrisons Tod kam die Concierge in das Haus. Sie hat den Rockstar nicht kennen gelernt, nur gehört, er habe drei Monate im dritten Stock gewohnt und sei 1971 dort gestorben. O-Ton 3: Concierge Je n’ai pas connu. Mais j’entend parlez qu’il es mort la, c’est tout. (…) Con je n’il pas connu (leichtes Lachen) On voit a la télé … par de fois. (…) Il est plus vieux comme moi, il va avoir 60 ans par la, c’était un bon vivant, 60, 65 a peu près. Parce que moi je suis venue 77, il est mort 71. Mois je suis venue 5 ans après qu’il était mort. (Geräusch Türöffner) Mais il était la seulement trois moins, il habitait seulement trois moins ici. Erzählerin: Philip Steele, Musiker und Komponist, weiß mehr. Er ist Jim Morrison in Paris begegnet. Nach Morrisons Tod hat er mit seinem Rocksong „Beautiful Jim“ einen Hit gehabt und kürzlich ein Buch über dessen letzten Tage geschrieben: „City of Light“. 4 5 O-Ton 4: Phil Steele The apartment, (…) he was subletting it from an actress model named ZoZo Larivière. (…) Definitely a bourgeois apartment with three bedrooms, so we are talking of a big flat, a big living room. And you know, for someone in the mid-twenties in Paris who was in a Rock band and of no one would have anything like that. (…) In a Quartier, in an upper class Quartier, which is the Marais, near the Place des Vosges. Übersetzer: Die Wohnung hat er vom Fotomodell ZoZo Larivière gemietet. Eine bürgerliche Wohnung mit drei Schlafzimmern und einem großen Wohnzimmer. Keiner in Paris, der mit Mitte zwanzig in einer Rockgruppe war, hätte so eine Wohnung gehabt - in einem Viertel der Oberschicht, dem Marais, in der Nähe der Place des Vosges. Atmo 2: Klopfen an Tür der Concierge, 17 rue de Beautreillis Musik 2: Doors – The Soft Parade (0’33’’ – 1’31’’) Can you give me sanctuary … Zitator 1: (aus „The American Night“) Kannst du mir eine Zufluchtsstätte geben Ein Versteck muss ich finden Ein Versteck für mich Kannst du mir freundliches Asyl besorgen Ich schaff es einfach nicht mehr Der Mann ist schon an der Tür 5 6 O-Ton 5: Phil Steele He was in a low ebb, he was in between the end of the Doors and the beginning of something else. (Lachen) (…) And sure enough he was at the bottom (…) and being at the bottom made him depressed and so he drank more, he was lost, he didn’t know where he was going, he lost his confidence, he didn’t know if he could write anymore. He was definitely at the bottom and he died at the bottom. 6 7 Übersetzer: Er war schwer heruntergekommen. Er war in einer Phase zwischen den „Doors“ und von etwas neuem. Er war sicherlich am Tiefpunkt. Und am Tiefpunkt zu sein, deprimierte ihn und so trank er mehr. Er war verloren, er wusste nicht, wie es weiter gehen sollte. Er verlor seine Zuversicht, er wusste nicht, ob er noch schreiben könnte. Er war bestimmt am Tiefpunkt, und er starb am Tiefpunkt. Erzählerin: „Der höchste und der tiefste Punkt“, sagte Jim Morrison, „das sind die wirklich bedeutsamen Momente“. Sein Versuch, in Paris und in der Poesie eine Zuflucht zu finden, scheitert. Seine Todesahnung wird wahr. Der Mann an der Tür tritt ein und setzt Jim Morrison in der Badewanne ein Ende. O-Ton 6: Phil Steele Just to be in the flat is a weird feeling, but to peek in the bathroom to see where he died is even more emotional. (…) On the 3rd of July he died of an overdose apparently, but in the press they said official reason was heart attack. But the buzz what was going around was he owe deed. Anyway I was deeply saddened because I very much looked up to him, he was one of my idols. Übersetzer: Es ist schon ein unheimliches Gefühl, in der Wohnung zu sein, aber in das Badezimmer zu gucken und zu sehen, wo er starb, ist noch unheimlicher. Er starb am 3. Juli 1971 offenbar an einer Überdosis, aber die Presse berichtete, die offizielle Todesursache sei Herzversagen. Ich war tief betrübt, weil ich zu ihm aufgeschaut habe, er war eines meiner Idole. 7 8 Atmo 5: Schließen Tür 17 Rue Beautreillis Atmo 6: Rue Beautreillis Über Atmo: Musik 3: Doors – Whiskey, Mystics & Men (Essential Rarities) / Morrison – Whiskey, Mystics & Men (Lost Paris Tapes, 8’36’’ – 10’21’’) Zitator 1: (aus „Wildnis“) Also, ich erzähl dir eine Geschichte vom Whiskey & von Mystikern & Männern Und von den Gläubigen & wie die ganze Sache begann Erzählerin: Auf der anderen Seite der schmalen Rue Beautreillis isst und trinkt Jim Morrison manches Mal im Restaurant mit den blauen Markisen. Nach seinem Tod treffen sich hier jahrelang seine Fans. An jedem 3. Juli, seinem Todestag. An jedem 8. Dezember, seinem Geburtstag. Das ist vorbei. Das Restaurant heißt heute nicht mehr „Le Beautreillis“, sondern „Le Dindon en Laisse“. Der jetzige Wirt will nichts vom Sänger der „Doors“ wissen. Er mag die Beatles. O-Ton 7: Wirt Restaurant „Le Dindon en Laisse“, „Ex Le Beautreillis“ Il y a rien la. Il habitait trois semaines ici. Il n’est pas mort ici. (Stühleklappern, Stimmen) (…) Pour Jim Morrison je pense plus rien. J’en est mars sur ses tout les jours. (…) J’ai rien, j’aime les Beatles. Je ne veux plus Morrison. Atmo 6: Rue Beautreillis Über Atmo: 8 9 Musik 3: Doors – Whiskey, Mystics & Men (Essential Rarities) / Morrison – Whiskey, Mystics & Men (Lost Paris Tapes, 8’36’’ – 10’21’’) Zitator 1: (aus „Wildnis“) Das ist es, kapierst du nicht Dass wir alle unser Ende in der Band haben Und wenn alle Lehrer & Prediger Des Reichtums zur Rechenschaft gezogen würden Könnten wir eine tolle Zukunft für mich im Buchstabensand sehen Atmo 7: Vins des Pyrenées Über Atmo: Erzählerin: „Vins des Pyrenées“, das Restaurant mit den roten Markisen in der Rue de Beautreillis. Im Jahr 1971 ist es noch ein Weingeschäft und im Kellergewölbe lagert der Wein in Fässern. An der Marmortheke kippt Jim Morrison gerne ein paar Gläser. Der Wirt meint, des öfteren in Begleitung eines bekannten Drogendealers. O-Ton 8: Wirt „Vins des Pyrenées (Frau: Jim Morrison. Mann: Oui, Jim Morrison. Il a venait de boire ici. (…) On avait des grands cuves a boit. I a venait la sur ce bar. (…) Il viennent tout le temps la sur boire du blanc. (…) Il a venait souvent aven a gay qui s’appelle Chinois. Le Chinois c’était le dealer des stars à l’époque sur Paris. (…) C’était un cave avant. Et les gens à l’époque venais chercher leurs vins pour le remonter à leur maison en bouteille et tout le monde ont se servais. 9 10 Musik 3: Doors – Whiskey, Mystics & Men (Essential Rarities) / Morrison – Whiskey, Mystics & Men (Lost Paris Tapes, 8’36’’ – 10’21’’) Zitator 1: (aus „Wildnis“) Drum sage ich euch Sage ich euch Sage ich euch Wir müssen hier weg Wir müssen versuchen, eine Antwort zu finden statt Einen Weg Atmo 1: Tür öffnen Atmo 8: Hotel George V Über Atmo 8: Erzählerin: Mit 27 Jahren hat Jim Morrison sein Image als Rockidol satt. Er verlässt die „Doors“ und Los Angeles. Eine Antwort will er auf die Fragen des Lebens finden: als Dichter und Filmemacher. Am 11. März 1971 folgt er seiner Freundin Pamela nach Paris. Bevor sie in das Marais ziehen, kommen sie nahe der Champs Elysées im luxuriösen Hotel „George V“ unter. Atmo 8: Hotel George V Über Atmo: O-Ton 9: Phil Steele He was a very down to earth artist, mentality definitely the Bohemian type, but kept leading by the hand from one 5 Star hotel to another 10 11 (…), by his bourgeois girlfriend, it seems, keeping him in comfort while at the same time he probably didn’t care where the hell he lived. Übersetzer: Als Künstler stand er mit beiden Beinen auf der Erde. Sicher war er vom Kopf her ein „Bohemien“, aber er wurde andauernd von seiner bürgerlichen Freundin von einem 5 Sternehotel zum anderen geschleppt, während es ihm wahrscheinlich vollkommen egal war, wo er lebte. Atmo 9: Hotel George V, Managerin Über Atmo: Erzählerin: Die Managerin kann nichts zu Morrisons Aufenthalt im Hotel sagen. Vor einigen Jahren hat das „George V“ seinen Besitzer gewechselt. Es gehört jetzt zur Hotelkette „Four Seasons“. Am Rand der Eingangshalle schauen betuchte amerikanische Touristen die Glasvitrinen an. Sie sind gefüllt mit Handtaschen und Accessoires von Pariser Designern. Kein Foto, keine Spur von Jim Morrison. Warum hat er sich gerade Paris zum Neuanfang ausgesucht, wo er doch kein Wort französisch spricht? - Der „Doors“-Fan Gernot W. Freudenberger. O-Ton 10: Gernot W. Freudenberger Ich glaube, dass er nach Paris ganz bewusst gegangen ist, weil er, wie er gsagt hat, Paris immer für eine Stadt gehalten hat der Lyrik, der Künstler. (…) Unn das muss ihm unheimlich imponiert haben, diese ganze Metropole. (…) Ich glaube, dass er das in Paris gesucht hat, was er in Amerika und auf den ganzen Touren nicht mehr gefunden hat, ich glaub, dass Paris für ihn ein Ort der Ruhe war unn (…) er wollte sein Leben einfach ändern. O-Ton 11: Phil Steele 11 12 On his first trip to Paris, even before he moved there, I think he saw the potential that Paris had for him, to be an American expatriate in lineage of Hemingway, Fitzgerald, of this person wandering around, feeding vibes (…) of the energy of how this could help you to create and how Paris is laid out and build and geared for people to sit in Cafés, the whole Café society thing. Übersetzer: Auf seiner ersten Reise nach Paris, noch bevor er dort hingezogen ist, hat er die Möglichkeit gesehen, die ihm Paris bot: Als amerikanischer Exilant in die Fußstapfen von Hemingway und Fitzgerald zu treten, die Schwingungen zu verspüren, die ihm helfen könnten, schöpferisch zu sein. Und er sah, wie Paris für Menschen dazu geschaffen ist, in Cafés zu sitzen - die ganze Caféhauskultur. Atmo 10: Tür öffnen Hotel Medicis (Straße, quietschende Tür, Hämmern …) Über Atmo: Erzählerin: Im Sommer 1970 hält sich Jim Morrison bereits einige Wochen in Paris auf. Im Viertel von Panthéon, Sorbonne und Jardin du Luxembourg in der Rue St. Jacques. Die braune Tür neben einem Haushaltswarengeschäft führt in das schlichte „Hotel de Medicis“. Jim Morrison habe zwei Flaschen Whiskey am Tag getrunken, erinnert sich der Hotelier. Und daran, dass er seine Lederhosen und Rüschenhemden beim Auszug im Hotelzimmer zurück gelassen habe. – Häutungen, als wollte Jim Morrison bereits damals sein Image als Rockstar ablegen. O-Ton 12: Besitzer Hotel Medicis 12 13 (Aufschließen Tür) (…) Comme il est parti il a laissé toutes ses affaires dedans. (…) Le pantalon a cuire, le chemise a cher beaux . (…) Il a buvée deux bouteille Scotch par jour, enfin de Whiskey. (…) deux bouteille par jour, c’est comme même impressionnant. Atmo 11: Tür schließen Hotel Medicis (quietschende Tür, Straße, Hämmern …) Atmo 1: Tür öffnen. Atmo 12: Aux Temps des Cerises Musik 4: Phil Steele/Phil Trainer - Beautiful Jim Über Atmo/Musik: O- Ton 13: Phil Steele I had a hit in Europe called “Beautiful Jim”. I was inspired writing a song about meeting him in March of 71. At the end of March he was in a Bistro in Saint-Germain-des-Pres. (…) This was the night after the gig with my band CLINIC in the Bill Bo K Club. (…) We were in this Café, futuristic “L’Astrocet”, like something out of Star Trek and this guy with the military jacket and the beard was sitting in the corner, behind a beer. And (…) we sat at a table and (…) this guy in the corner probably heard us speak American. And something that he wasn’t really known for doing, namely started talking to people in Bars unless he was completely drunk, he came over to us and asked if he could sit down. And we didn’t know who he was, we had no idea in fact, because at that time he still had his beard. (…) So we just drank beers, he was on whiskey and beer, chasers. (…) But he was very transparent, very invisible, very anonymous, just like he wanted to be. Übersetzer: In Europa hatte ich mit dem Song "Beautiful Jim" einen Hit. Die Begegnung mit ihm im März 71 hat mich dazu inspiriert, den Song zu schreiben. Ende März war er in einem Bistro in SaintGermain-des-Près. In der Nacht nach dem Auftritt meiner Band 13 14 CLINIC im Bill Bo K Club gingen wir in dieses futuristische, wie aus „Star Trek“ stammende Café "L'Astrocet" und dieser Typ mit der Militärjacke und dem Bart saß in der Ecke vor einem Bier. Wir saßen am Tisch und er hörte wahrscheinlich, wie wir uns auf amerikanisch unterhielten. Und er tat etwas für ihn ungewöhnliches, außer wenn er völlig betrunken war: Er kam zu uns und fragte, ob er sich setzen könnte. Wir wussten nicht, wer er war. In dieser Zeit trug er noch seinen Bart. So tranken wir einfach einige Biere zusammen, er trank Whiskey im Bier, „Chasers“. Er machte einen sehr dünnhäutigen, sehr unscheinbaren und unauffälligen Eindruck, genau so wie er sein wollte. Zitator 1: (aus „Wildnis“) Fence my sacred fire … Umfriede mein heiliges Feuer Ich will. Einfach sein, schwarz & rein Ein trübes Nichts 14 15 O-Ton 14: Phil Steele I was starting to put two and two together and looked behind the beard and I kind of suspected that this was him. So finally I just popped in the question: “Are you Jim Morrison?” (leichtes Lachen) And he said: “Yeah” (Lachen) And so just as simple as that. I mean he was a very locky individual, he did not come off as a Rock star or flaming Rock’n Roll singer or whatever, he came across as a very quiet nondescript American (…) and didn’t really wanna talk too much about the whole meteoric Rock’n Roll scene that he lived through for five years. (…) That was the scene meeting him at the Café and drinking, getting drunk and playing a little bit of Blues … Übersetzer: Ich fing an, eins und eins zusammenzuzählen, schaute hinter den Bart und ahnte, dass er es war. Schließlich platzte ich mit der Frage heraus: "Bist du Jim Morrison?" Und er sagte: "Ja". So einfach war das. Er war ein sehr verschlossener Mensch, er kam nicht rüber wie ein Rockstar oder toller Rock'n Roll Sänger, sondern als ein sehr ruhiger, unbescholtener Amerikaner. Über die ganze spektakuläre Rock'n Roll-Szene, in der er seit fünf Jahren lebte, wollte er nicht wirklich reden. So war es, als ich ihm im Café begegnete: wir betranken uns und spielten ein bisschen Blues. Atmo 12: Aux Temps des Cerises Musik 5: Gesang Morrison – Orange County Suite (aus “Lost Paris Tapes”, erste Strophe, ab 42’32’’: Well I used to know someone fair …) über Atmo/Musik: Zitator 1: (aus „The American Night“) Also, ich kannte mal ne Hübsche Sie trug orange Bänder im Haar Sie war so ausgeflippt 15 16 Sie war kaum da Aber ich liebte sie Trotzdem Erzählerin: Die Ballade „Orange County Suite“ ist ein Lieblingsstück von Jim Morrison. Er hat es, wie auch seine Gedichtsammlungen „Die neuen Geschöpfe“ und „The American Night“, Pamela Susan gewidmet. In „Orange County Suite“ macht er seiner „kosmischen Gefährtin“ die größte Liebeserklärung als Dichter: „Wir lernten sprechen“. Musik 6: Doors - Orange County Suite (auf “Essential Rarities) (2. Strophe: “There was rain in our window …”) O-Ton 15: Phil Steel By around four, four thirty, the other guys of my band left, so we … were starting talking more personal things, like, you know, his love life, (Lachen) and everything I always wanted to ask him and never, you know, had the chance to. So … what he was into, what he wanted to do, basically leave music and get into poetry, this is what he said, so he wanted to be known as a poet. And not many people knew at that time that he was in poetry, they were still in “Light my fire”. (leichtes Lachen) Übersetzer: Als die anderen Mitglieder meiner Band gegen vier Uhr dreißig gegangen waren, fingen wir an, über persönlichere Dinge zu reden, über sein Liebesleben und alles, was ich schon immer mal wissen wollte. Im Grunde wollte er mit der Musik aufhören und sich mit Dichtung beschäftigen. Das hat er gesagt. Er wollte als 16 17 Dichter bekannt werden. Nicht viele Menschen wussten zu der Zeit, dass er Gedichte schrieb, sie waren noch bei "Light my fire". Atmo 12: Aux Temps des Cerises über Atmo: Zitator 1: (aus “Wildnis”) Why do I drink? So that I can write poetry … Warum trinke ich? Damit ich Gedichte schreiben kann. Manchmal, wenn sich alles dreht und alles Hässliche in tiefen Schlaf verfällt Kommt eine Erleuchtung und alles Verbliebene ist wahr. Je mehr der Körper zerstört wird desto stärker ist der Geist. Verzeih mir Vater, denn ich weiß, was ich tue. Ich möchte das letzte Gedicht des letzten Dichters hören. Erzählerin: Luzia Braun, Fernsehmoderatorin und Jim Morrison Verehrerin. O-Ton 16: Luzia Braun 17 18 Ich kann mir vorstellen, dass der Wunsch nach Anerkennung als Dichter bei ihm sehr groß war, dass es aber auch nicht einfach für ihn war, sich von diesem Starimage zu verabschieden, weil ich schon glaube, dass es auch ungeheuerlich sein muss für einen 25-jährigen, 26jährigen derart umjubelt, begehrt zu sein von einem Publikum, das ihn heiß liebt, ja und zu sagen, das lasse ich alles hinter mir, den schnöden Ruhm und ich werde jetzt Dichter im Elfenbeinturm und zieh mich ganz zurück und möchte nur der Qualität meiner Worte (…) verehrt werden. Zitator 1: (aus “Wildnis”) As I look back / over my life … Wenn ich zurückschaue Auf mein Leben Fallen mir Postkarten ein Verblichene Schnappschüsse Verblasste Poster Aus einer Zeit, die mir entfallen ist (…) Schallplattenmachen Elvis hatte, was Sex betrifft Mit 19 eine reife Stimme. Meine hat immer noch das Näselnde Winseln eines Unterdrückten Halbwüchsigen Minderwertiges Gequiek & Geschrei Ein interessanter Sänger Bestenfalls – eine Lachnummer Oder ein Schmachtbolzen. Nichts dazwischen. 18 19 Musik 7: Doors – When the music’s over (Anfang: … 0’23’’ Yeah … 1’03’’ When the music’s over …) O-Ton 17: Phil Steel I didn’t know if he (…) is in poetry or whether this was his way of saying: I don’t have a voice anymore and I can’t sing, so I have to say my poetry over the music in the background. (…) was it because he couldn’t sing anymore, was it because he was burnt out so he went into poetry as a last resort or was he interested in poetry and thought it was a higher art form as rock music, so I think it was a little bit of all those actually. But being cynical about it all I can think of, that he was lucky that he was in poetry because it … looked like his musical days were over. Übersetzer: Ich wusste nicht, ob er sich mit Dichtung beschäftigte oder ob er damit sagen wollte: Ich habe keine Stimme mehr, ich kann nicht mehr singen und muss meine Gedichte sprechen. Dichtete er, weil er nicht mehr singen konnte? Oder weil er ausgebrannt war und in der Dichtung einen letzten Ausweg sah? Oder war er interessiert an der Dichtung, weil er dachte, dass sie eine höhere Kunstform als Rock ist? Ich denke, es war wirklich ein kleines bisschen von allem. Aber um zynisch zu sein: Er konnte von Glück sagen, dass er Gedichte schrieb, weil es danach aussah, als seien seine Tage als Musiker vorbei. Musik 7: Doors – When the music’s over (9’34’’ – 10’54’’: “So when the music’s over … the end” Atmo 1: Tür öffnen Atmo 13: Place des Vosges Über Atmo: 19 20 Zitator 1 (aus “The American Night” – “Paris Journal”) A small & undiscover’d / park – we ramble … Ein kleiner & noch unentdeckter Park – wir quasseln Und die Plakate schreien gefahrlose Revolte & die müden Mauern fallen kahl, Graffiti werden zu trockenem Mörtel Sand ein überfüttertes Vakuum Staub-Uhr O-Ton 18: Phil Steele His favored place in Paris was the Place des Vosges, which is a very beautiful place designed by Louis … thirteenth and his queen. … It’s completely symmetrical, surrounded by symmetrical archways that surround a central park with manicured gardens and … one fountain in each corner. (…) And Victor Hugo lived just across the street in one of the buildings above the archways. And Jim used to like to go there and write, just feeding off the beauty of the place. It’s esthetically a courageous place to sit and think. Übersetzer: Sein Lieblingsplatz in Paris war die Place des Vosges, ein sehr schöner, von Louis dem Dreizehnten und seiner Königin angelegter Platz. Er ist völlig symmetrisch, ein Park mit gepflegten Gärten und einem Brunnen an jeder Ecke und umgeben von symmetrischen Bogengängen. Victor Hugo lebte in einem der Gebäude über den Arkadengängen. Jim ging gerne 20 21 dorthin, um zu schreiben und die Schönheit des Platzes in sich aufzusaugen. Von seiner Ästhetik her lädt einen der Platz zum Sitzen und Nachdenken ein. Atmo 13: Place des Vosges Über Atmo: Erzählerin: James Douglas Morrison, als Dichter möchte er mit seinem vollen Namen in Erscheinung treten, schaut in Paris auf seinen Lebensweg zurück. Zitator 1: (aus «Wildnis») Ich bin Schotte, wie man mir sagt. Eigentlich Erbe von OffenbarungsChristen Schlange im Tal Kind einer Soldatenfamilie … O-Ton 19: Gernot W. Freudenberger Er kam aus einem Elternhaus, der Vater war Admiral bei der amerikanischen Marine und es war ein unheimlich konservatives Elternhaus mit ner sehr strengen Erziehung unn entscheidend nach ihm, was er immer so erzählt hat, als er so vier Jahre alt war und sie haben eine Fahrt durch die Wüste unternommen, als sie irgendjemand besuchen wollten, und sie kamen an so einem Autounfall vorbei, wo ein Druck mit Indianern einen Unfall hatte unn ein Indianer auf der Erde lag, der am Sterben war. Musik 8: Doors – Newborn awakening 21 22 (aus „An American Prayer“; 0’28’’ – 0’41’’: Indians scattered on dawn’s highway … / Alternative “Lost Paris Tapes”, ab 4’19’’) Zitator 1: (aus „Wildnis“) Indianer verstreut auf dem Highway Der Dämmerung blutend. Geister bedrängen den zerbrechlichen Eierschalenkopf des kleinen Kindes O-Ton 20: Gernot W. Freudenberger Jim Morrison hat immer gsagt, dieser Indianer hat ihn angschaut, „als er gstorben ist, ist dieser Geist des Indianers in meine Seele eingetaucht“. Unn er hat’s auch später immer wieder beschrieben, dass das eigentlich der ausschlaggebende Punkt war, sein Leben zu ändern, obwohl er damals erst vier Jahre alt gewesen ist. Aber er hat immer behauptet, da iss irgendwas mit ihm passiert, dass er sein ganzes Leben lang nicht vergessen hat. Atmo 14: Place des Vosges - Fontäne Musik 9: Doors – Riders on the Storm (Instrumental, bis 0’44’’) Über Atmo/Musik: Zitator 1: (aus „The American Night“ – Paris Journal) I remember freeways … Ich erinnere mich an Freeways Sommer, neben dir Ozean – Bruder Stürme, die vorüberziehen 22 23 Gewitterblitze in der Nacht „Regen, Nacht, Niedergeschlagenheit – die Rücklichter von Lieferwagen“ (…) Ein altes & billiges Hotel mit Pennern im Foyer vornehme Penner, zufrieden mit der Armut Gegenüber ein berühmter Billard-Salon wo die Schauspieler sich treffen früher mal Spitze – Zuhause von Beat-Musikern Beat-Dichtern & BeatWanderern Über Atmo: Erzählerin: 1957 verschlingt der 14jährige Jim Morrison „On the Road“ von Jack Kerouac. Das literarische Manifest der Beat-Generation beeinflusst sein Leben. Zitator 2: Die einzigen Menschen sind für mich die Verrückten, die verrückt sind aufs Leben, verrückt aufs Reden, verrückt auf Erlösung, voll Gier auf alles zugleich, die Leute, die (…) brennen, brennen, brennen wie phantastische gelbe Wunderkerzen und 23 24 wie Feuerräder unter den Sternen explodieren, und in der Mitte sieht man den blauen Lichtkern knallen und alle rufen „Aaah!“ Erzählerin: Die „shooting star“ Metapher von Kerouac verwendet der DoorsOrganist Ray Manzarek gerne, wenn er vom Erglühen und Erlöschen des „Sterns“ Jim Morrison erzählt. Auf der Suche nach einem intensiven Leben sind Tempo, Drogen, Jazz und Sex die Zauberwörter der Beatniks. Musik 10: Doors - Stoned immaculate (0’10’’ – 0’55’’) Zitator 1: (aus „The American Night“) Damals war alles einfacher & verworrener. In einer Sommernacht, auf dem Weg Zum Pier, traf ich zufällig zwei junge Mädchen. Die Blonde hieß Freiheit, die Dunkle Wagnis. Erzählerin: „Freiheit“ und „Wagnis“ sind für die Beatniks die höchsten Ideale. In ziellosen Fahrten durch die Weiten des Landes entdecken die Protagonisten in „Unterwegs“ ein lebendiges Amerika fern aller Bürgerlichkeit. Zitator 2: Der ganze verrückte Wirbel der Dinge (…) sollte alle meine Freunde und alles, war mir von meiner Familie geblieben war, in 24 25 einer riesigen Staubwolke über der amerikanischen Nacht aufmischen. Erzählerin: Groß ist der literarische Einfluss von Jack Kerouac auf Jim Morrison. Wortwörtlich übernimmt er die Metapher der „amerikani-schen Nacht“. Musik 11: Doors - American Night (0’28’’) Zitator 1: (aus „fernes arden“) Bejubeln wir die amerikanische Nacht Was war das? Ich weiß nicht. Hört sich an wie Kanonen …Donner. O-Ton 21: Gernot W. Freudenberger Meines Erachtens, das ist eine Annahme von mir, dass Morrison mit Nacht eigentlich den Tod bschreibt. (…) weil (…) er hat sehr viel über das Geheimnis des Todes nachgedacht. (…) Und ich glaube, dass Jim Morrison eigentlich sehr viel Interesse am Tod hat, um herauszufinden, was kommen kann und was kommen wird. (…) Ja, eigentlich fast in jedem Lied ist irgendeine Anmerkung über den Tod mit drin. Musik 12: Doors – Lament for my Cock (auf “An American Prayer”) (0’14’’ – 0’25’’) Zitator 1: (aus „The American Night“) Todesquell Mysterium Das mich Zum Schreiben bringt 25 26 Erzählerin: Seine eigene lebensbedrohliche Situation bringt Gernot W. Freudenberger seinem Idol noch näher. Er schreibt Gedichte im Stile Morrisons und stellt die Website „the-doors-world.com“ ins Internet. Sie ist heute die informativste und meistbesuchte Seite über die Doors in Deutschland. O-Ton 22: Gernot W. Freudenberger Die Website iss dadurch entstanden, dass ich nach meinem ersten Krebs – 1998 hatte ich Leberkrebs – (…) Und rein wegen der Ablenkung wegen der Krebsgeschichte hab ich mir (…) einen Computer gekauft, habe sehr viele Schwierigkeiten gehabt, hab mir alles selbst beigebracht, bis ich das Ding einigermaßen beherrscht habe. (…) Es war eigentlich die Zeit, in der ich sehr intensiv wieder zu den Doors zurück gefunden hab, weil die Stimmung durch meinen Krebs, die Angst, dass er wieder kommt und alles, was damit zusammen hängt, hat eigentlich sehr viel mit der Musik der Doors zu tun gehabt, weil in der Musik der Doors spiegelt sich auch Tod, Leben, Glück, Freude, Liebe, irgendwie alles spielt da eine Rolle. Musik 13: Newborn awakening (0’40’’ – 1’21’’) (“Blood in the streets / in the town of new Haven …Blood is the rose of mysterious / union”) Atmo 15: Place des Vosges – Arkadengang Über Atmo: Erzählerin: Ende 1958 zieht die Familie Morrison von Melbourne, Florida, nach Alexandria, Virginia, nahe Washington D.C. . Jim Morrison besucht die High School. Und kommt auf den Geschmack von Sex und Drugs und Rock’n Roll. 26 27 Zitator 1: (aus „Wildnis“) Spaziergänge in D.C. in Negerstraßen. Bibliothek & Buchhandlungen. Orange Ziegel in warmer Sonne. Zauber der Bücher & Dichter Dann verschafft Sex einen größeren Kick als du je gekannt hast & der ganze Frieden & die Bücher verlieren ihren Reiz & du wirst zurück geworfen ins Auge der Vision Die Geschichte des Rock Fällt zusammen mit meiner Teenagerzeit Erzählerin: Jim Morrison verbindet seine eigene Entwicklung mit der der Rockmusik. Im Doors-Stück „Texas Radio & The Big Beat“ erzählt er, dass er mit der Rockmusik eine neue Sprache findet inmitten der konservativen Welt seines Vaters, der W.A.S.P. „White Angelo Saxon Protestants“. Musik 14: Doors - Stoned immaculate = Teil von W.A.S.P.(ab 0’51’’) Zitator 1: (aus „The American Night“) „Jetzt hört mal zu: Ich wird euch was erzählen über Radio Texas & den Big Beat 27 28 Sanft unaufhaltsam langsam & verrückt wie eine neue Sprache Kommt an in eurem Kopf mit der kalten & jähen Wut eines göttlichen Sendboten Lasst mich erzählen über Kummer & den Verlust Von Gott Das Wandern, wandern in heilloser Nacht Hier draußen an der Peripherie gibt es keine Sterne Hier draußen werden wir vollkommen – gesteinigt. Atmo 15: Place des Vosges – Arkadengang Über Atmo: Erzählerin: Auf der Place des Vosges schaut er auf seine Anfänge als Dichter und Musiker zurück, auf die Begegnung mit Ray Manzarek am Strand von Venice, in der Nähe von Los Angeles. 28 29 Zitator 1: (aus „Wildnis“) Kam nach LA zur Filmschule Sommer in Venice Drogenvisionen Songs auf Dächern Frühe Kämpfe & Demütigungen Dank den Mädchen Die mich durchfütterten. O-Ton 23: Gernot W. Freudenberger Nachdem er auf der Universität (…) in Los Angeles, auf der UCLA war, auf der Filmschule, (…) Das einzige Interesse, was er gehabt hat, das waren Bücher, Bücher, Bücher. Unn hat dann auch angfangen Notizbücher mit sich herum zu schleppen, wo er eigene Gedanken erst nur aufgschrieben hat. Unn später wurden aus seinen eigenen Gedanken seine Lyrik, seine Prosa. Unn er hat angefangen, unzählige Gedichte zu schreiben. Musik 9: Doors – Riders on the Storm (Instrumental, bis 0’44’’) über Atmo 15/Musik: O-Ton 24: Phil Steele He had nothing to do with music, he was writing poetry, he was looked upon as a kind of a weirdo, he was down and out, he was actually a middle class kid, a son of an admiral (leichtes Lachen) whose aircraft carrier was on the gulf of Tongking and he was the sort of like “drop out rich kid” on LSD hanging out in Venice. 29 30 Übersetzer: Er hatte nichts mit Musik zu tun, er schrieb Gedichte und wurde als Sonderling betrachtet. In Wirklichkeit war er ein Kind aus der Mittelklasse, der Sohn eines Admirals, dessen Flugzeugträger im Golf von Tongking stationiert war. Er war der Typ „reiches Aussteigerkind“ auf dem LSD-Trip, das in Venice rumhing. Musik 15: Morrison (Paris Tapes, ab 1’35’’) In that year / We had an intense visitation / of energy Zitator 1: (aus „Wildnis“) In jenem Jahr Hatten wir einen enormen Schub Von Energie Ich ging von der Schule & lebte Unten am Strand. Ich schlief auf einem Dach. Nachts wurde der Mond Ein Frauengesicht. Ich traf den Geist der Musik. O-Ton 25: Gernot W. Freudenberger Als sie sich dann getroffen haben am Strand unn Jim Morrison ein Gedicht vorgetragen hat, wo Ray Manzarek da drauf gsagt hatte, „das iss so was von toll unn hast du da noch mehr davon“. Unn Jim Morrison (…) gsagt haben soll „Ja, einige Notizbücher voll, aber noch mehr hab ich in meinem Kopf“. Unn wie Ray Manzarek dann gsagt hat: „Wir gründen jetzt eine Band und werden Millionäre“. O-Ton 26: Phil Steele So this is how he got into music, but (…) he had already been a poet, so the fact is, (…) what poet becomes famous like a rock star, you know, (Lachen) it doesn’t happen, so he had this interesting 30 31 combination being a poet and being a rock star becoming famous, which he wouldn’t been able to do as he stayed as a poet. Übersetzer: Auf die Weise kam er zur Musik, aber vorher war er bereits ein Dichter. Welcher Dichter wird so berühmt wie ein Rockstar? Keiner. Er war Dichter und wurde zu einem berühmten Rockstar. Berühmt wäre er nicht geworden, wenn er nur Dichter geblieben wäre. Erzählerin: Der Poet und der Rockstar ermöglichen sich gegenseitig. Die Verbindung lässt sich jedoch für Jim Morrison nicht lösen. Über seinen Tod hinaus bleibt er das Rockidol, die Kultfigur. Atmo 1: Öffnen Tür Musik 16: Doors – The End (auf “Essential Rarities”) (Anfang: “Bring out your dead, bring out your dead …”) Erzählerin: Der Rockstar, der leuchtende Stern Jim Morrison. O-Ton 27: Luzia Braun Er wollte ein Künstler sein. (…) Also, ich glaub schon, dass man sagen kann, dass Jim Morrison der Erste in der Popmusik war, der Rock und Poesie zusammen gebracht hat, (…) dem es ums Wort auch ging, um den Text auch ging, um das Spielen mit den Worten ging. (…) Wobei ich sagen würde, dass Jim Morrison eigentlich auch einen Vorbildcharakter hatte, was die Performance betrifft. Also, jetzt in der Musik hat er auch ein Vortrag gehabt, der zum Teil ja sehr exhibitionistisch und dramatisch war, wenn er aus dem Dunkeln geschrieen hat oder man nur seine Stimme gehört hat, das hatte ja auch schon etwas mit Darbietung zu tun, das war ja schon eine Kunst, 31 32 das nicht nur zu singen, sondern es eben auch zu sprechen zum Teil, ja.. (…) Wo er wirklich der Erste war. Musik 17: Doors – The End (auf: „The Doors“) Zitator 1: (aus „The American Night“) Der Killer erwachte vor Morgengrauen, Er zog seine Stiefel an. Er setzte ein Gesicht auf aus der Klassikergalerie, Und er schritt weiter den Gang hinunter. (…) Und er kam zu einer Tür, Und er sah hinein, „Vater?“ „Ja, mein Sohn?“ „Ich will dich töten. Mutter, ich will dich …“ O-Ton 28: Gernot W. Freudenberger Als die Doors die ersten Auftritte hatte, das hat unheimlich lange gedauert, bis er eigentlich mit dem Gsicht zum Publikum gsunge hat, er hat am Anfang immer nur mit dem Rücken zum Publikum gstanden unn (…) der ausschlaggebende Punkt war dann eigentlich erst im Whisky A GoGo, als sie dann die ersten größeren Auftritte hatten, wie er dann „The End“ rezitiert hatte unn (…)das war eigentlich der erste gravierende wirkliche Umschwung, wo er bewusst auch, in Interviews von ihm bestätigt, sich den Leuten zugewandt hat und hat eigentlich die Reaktion zum ersten Mal genossen, wie die Leute auf den Song reagieren. Das hat ihm dann später einen unheimlichen Spaß gemacht (…), mit dem Publikum zu arbeiten unn (…) zu sehen, dass er geliebt wird, dass er angehimmelt wird unn die Leute auf ihn abfahren. Musik 17: Doors – The End Zitator 1: (aus „The American Night“) 32 33 Dies ist das Ende, mein schöner Freund, Dies ist das Ende, mein einziger Freund, das Ende, dich freizugeben, das tut weh doch folgen wirst du mir nie. Das Ende des Lachens und der zärtlichen Lügen, Das Ende der Nächte, wo wir zu sterben versuchten. Dies ist das Ende. O-Ton 29: Phil Steele So he was a very intense character, strong personality, almost a perfect Rock star, you know, part crazy, part genius, part good looking, and I admired him as a musician because of his voice. Übersetzer: Er hatte eine starke Persönlichkeit, war ein fast vollkommener Rockstar, halb wahnsinnig, halb Genie, sah gut aus, und ich habe ihn als Musiker wegen seiner Stimme bewundert. O-Ton 30: Luzia Braun Jim Morrison hat mich ja die ganzen letzten Jahre begleitet, bis zum heutigen Tag. (…) Jim Morrison steht neben meinem Bett, also ein Buch von ihm mit diesem großen, berühmten Foto von ihm mit entblößter Brust und seinen wallenden Engelshaaren. (…) Dieses Bild von Jim Morrison (…), es ist all das, was ich nicht mehr habe. Es ist all das, was ich mal wollte. Es ist all das, woran ich mal geglaubt habe. Es ist dies, die Wildheit, die Grenzüberschreitung, das Mehr-wollen als das, was es gibt, und was … die Gesellschaft, die Erziehung für einen vorsieht, sondern ein ganz anderes Leben zu führen, dafür steht heute Jim Morrison. (…) Im Grunde steht Jim Morrison für die Jugend pur. Musik 18: Doors – Break on through (1.Strophe „You know the day destroys the night …“) 33 34 Erzählerin: Ende der 60er Jahre, in der Zeit des Aufbruchs, lautet die Botschaft von Jim Morrison: Durchbruch zur anderen Seite. 34 35 O-Ton 31: Luzia Braun Ich war siebzehn als er starb, 71, und fünfzehn ungefähr, als ich anfing „The Doors“ zu hören. Und das war die Zeit - ich bin ja auf dem Land groß geworden, in einer kleinen Stadt da im Badischen - und wir fuhren da öfters nach „Konschtanz“, wie das damals hieß, Konstanz am Bodensee und da gab es die Gammler. Die hingen da irgendwie auf der Piazza rum, also am Bodensee. Und zu denen legten wir uns dazu, meine Freundin und ich. Und dort hörten wir Doors, die Doors standen einfach auch für dieses andere Leben, ja, dieses nicht ländliche, nicht anständige, nicht in den traditionellen Bahnen verlaufende Leben, sondern was ganz Neues, was ganz anderes, was mit dem allem bricht, das waren für mich damals die Gammler und die Doors. O-Ton 32: Gernot W. Freudenberger Ich bin eigentlich sehr glücklich, die Zeit der 70er Jahre mitgemacht zu haben, mit langen Haaren durch die Gegend gelaufen zu sein, Stress mit jedem gehabt zu haben, mit den Eltern, mit dem Arbeitgeber, mit den Leuten auf der Straße. „Gammler“ und wie wir alle beschimpft wurden, aber es war unsere Zeit. (…) Es war die Zeit der freien Liebe, egal wie man jetzt dazu steht, man hat seinen Joint geraucht, man hat seine Erfahrung gemacht, man hat gemeint, das Unterbewusstsein steuern zu können, vielleicht war es in gewisser Weise so. Musik 18: Doors – Break on through (2. Strophe) Erzählerin: Jim Morrisons Vision vom Durchbruch zur anderen Seite - ob nun durch Drogen, Sex oder Träume – hat seine Ursprünge bei William Blake und Friedrich Nietzsche, aber vor allem in LouisFerdinand Célines Roman „Reise ans Ende der Nacht“. Zitator 2: Die Reise, die wir hier machen, ist gänzlich imaginär. Darin liegt ihre Stärke. Sie führt vom Leben zum Tode. Menschen, Tiere, Städte und Dinge, alles ist nur Einbildung. (…) 35 36 Übrigens kann alle Welt dasselbe machen. Man braucht nur die Augen zu schließen. Auf der andern Seite des Lebens. O-Ton 33: Luzia Braun Was anderes wollen. (…) Es waren Träume nach einer bestimmten Art zu leben, nach Intensität, nach Freiheit, nach Liebe. (…) Also, gewisse Grenzen zu überschreiten, die vorgegeben waren in Bildern, in Idealen, in Wertvorstellungen. Dieser Wunsch dieser Überschreitung der liegt in diesen Träumen drin, (…) er träumte von einer gewissen Mündigkeit, einer Selbständigkeit, einer Freiheit, in der man das, was man will, tun kann. (…)Im Grunde hat es schon so ne (…) leicht metaphysische Ebene, die eben über das Sein und das Menschsein nachdenkt. Musik 18: Doors – Break on through (Letzte Strophe) Erzählerin: So hell Jim Morrisons Stern am Rockhimmel erleuchtet, so jäh verglüht er wieder. Nach dem Doors-Konzert am 2. März 1969 in Miami versteckt er sein von Drogen und Alkohol aufgedunsenes Gesicht hinter einem Bart. Er habe die Seele eines Clowns, sagt er von sich selbst, die im entscheidenden Moment immer alles vermasselt. O-Ton 34: Gernot W. Freudenberger Der Ausschlag war dann als, bei dem Miami Konzert, er sich angeblich entblößt haben sollte unn sein Penis den Leuten gezeigt haben soll, was eigentlich nie bewiesen wurde, auch nicht durch Fotos unn sehr viele Leute gsagt haben, das hätt so nich gstimmt. (…) Unn er war ziemlich fertig unn hat (…) eigentlich gar kein Bock mehr gehabt, mit der Band auf Tour zu gehen, das war ihm alles zuviel und er wollte sich wieder darauf konzentrieren, mehr zu schreiben. Unn er wollte eigentlich, wieder zu sich selbst finden. O-Ton 35: Phil Steele 36 37 He really wanted to become part of the pantheon of poets who would have been as well known as Rimbaud, Byron, Baudelaire etc. Übersetzer: Er wollte wirklich dem Pantheon der Dichter angehören, die so bekannt werden würden wie Rimbaud, Byron, Baudelaire. Atmo 1: Öffnen Tür Atmo 16: Straße Paris / Bouquiniste Quai de la Tournelle (Verkehr, Sirenen) Über Atmo: Zitator 1: (aus “The American Night”) The sidewalkers moved faster … Die Passanten gingen schneller Wir schwammen mit im Strom. Plötzlich die Bullen, Plastikschilde & Visiere, lange dünne Knüppel schwingend wie Taktstöcke, in Formation, räumten die Straße nach hinten zu. (…) Pfiffe, als die Mannschaftswagen kommen. Schnauzbärtige Soldaten. Wir verlassen die Szene. O-Ton 36: Phil Steele He was living in LA when he wrote “An American Prayer” and he took the same lifestyle that he had in LA to Paris with him. He was still wandering around the streets as just the streets were different (…) But the situation was the same, so this is how his poetry is tying in so closely to his life in Paris and he would keep getting flashes in his mind even though he was in a different country. 37 38 Übersetzer: Er lebte in LA als er "An American Prayer" schrieb und er nahm denselben Lebensstil, den er in LA hatte, mit sich nach Paris. Er schweifte noch immer in den Straßen umher, aber nur die Straßen waren anders, die Situation war dieselbe. Auf diese Weise hängt seine Dichtung eng mit seinem Leben in Paris zusammen: Wenn er auch in einem anderen Land war, dachte er weiterhin an LA. Atmo 17: Straße Paris Zitator 1: (aus “The American Night”) Junge Augen, wachsam, funkelnd. Die Kirche. Eine idyllische Szene Mit Gitarren, Trommeln, Flöten, Harfen & Liebenden. Vorbei an Shakespeare & Co. Atmo 18: Buchhandlung Shakespeare & Co. Über Atmo: Erzählerin: In der Buchhandlung Shakespeare & Co., gegenüber von NotreDame, halten im Laufe der Jahrzehnte viele US-amerikanische Poeten Lesungen ab. Auch Jim Morrisons Vorbilder Jack Kerouac und Allen Ginsberg. Eigentlich der ideale Ort für ihn, mit anderen über Literatur zu reden und seine Gedichte vorzutragen. - Weder Sylvie Whitman noch ihr alter Vater George 38 39 Whitman wissen, ob Jim Morrison in ihrem Buchladen gewesen ist. O-Ton 37: Sylvia Whitman It’s back before my time. And I haven’t seen anything in letters or referring to it in, we have a huge archives upstairs, history of the bookshop. But I haven’t seen anything in there referring to that. (…) My father is actually up in the library, we can just ask. (…) (Türenklappern, Schritte auf Stufe) Dad? (…) Jim apparently came here towards the end of his life and we were just wondering if we have any recollection of that. George Whitman: No. Sylvie Whitman: No. Atmo 19: Hotel de Lausun (Pochen an der verschlossenen Tür) Über Atmo: Erzählerin: Bei seinen Spaziergängen zwischen Quartier Latin und Marais kommt Jim Morrison über die Seine und die Ile St. Louis. Am Quai d’Anjou steht das Hotel de Lausun. Die Tür zum Haschischclub öffnet sich nicht für ihn. Das Gebäude gehört 1971 bereits dem französischen Staat. O-Ton 38: Phil Steele The Hotel de Lausun is a building built in the 17th century (…) was taken over in the 19th century by the Bohemian crowd who were literary figures, composers, writers whatever, there were Gerard de Naval, Honoré de Balzac, Victor Hugo, Charles Baudelaire. But Morrison would wander in front of the building just to get the vibes, to see the place mostly from the outside. (…) The inside is absolutely, you would think you would be in Versailles. I mean these guys in the Hashish club … all they had to do was to look at the walls and they could freak out because it was absolutely beautiful. Übersetzer: Das Hotel de Lausun ist ein Gebäude aus dem 17. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert hat es die Boheme in Beschlag genommen, Komponisten und Schriftsteller, wie Honoré de Balzac, Victor 39 40 Hugo, Charles Baudelaire. Morrison ging vor dem Gebäude umher, um den Ort von außen zu betrachten und seine Schwingungen zu spüren. Im Gebäude meint man, man sei in Versailles. Ich meine, diese Typen vom Haschischclub mussten nur die Wände anschauen und konnten ausflippen, weil das Interieur absolut schön war. Zitator 2: Die Träume des Menschen sind von zweierlei Art: die einen sind erfüllt von seinem Alltagsleben, seinen Sorgen, seinen Wünschen und Lastern. (…) Das ist der natürliche Traum; er ist der Mensch selber. Aber die andere Art von Traum; der absurde, der unvorhergesehene Traum, ohne Beziehung noch Verknüpfung mit dem Charakter, dem Leben und den Leidenschaften des Schläfers! Dieser Traum … verweist offensichtlich auf die übernatürliche Seite des Lebens, und eben weil er absurd ist, hielten die Alten ihn für göttlich. - Charles Baudelaire O-Ton 39: Phil Steele This is what the Hashish had to meet in and drinking their tea, orange and hashish concoction to cross over to the realm of the unknown, which Rimbaud was famous for saying, about the senses have to be disoriented before you can start creating anything. Übersetzer: Bei ihren Treffen im Haschischclub tranken sie ihren Tee, eine Orange-Haschisch-Mischung, um in den Bereich des Unbekannten vorzustoßen. Von Rimbaud stammt der berühmte Ausspruch: man muss die Sinne verwirren, bevor man anfangen kann, etwas zu erschaffen. 40 41 Zitator 2: Ich meine, man muss Seher sein, sich zum SEHER machen. Der Dichter macht sich selbst zum Visionär durch eine lange, grenzenlose und systematische Verwirrung aller seiner Sinne. (…) Er gelangt zum Unbekannten! O-Ton 40: Phil Steele When Morrison read this, this was like a lightning bolt hitting him in the head, because he totally connected with this and from then on proceeded to destroy himself while he created thinking the two would go together. Übersetzer: Als Morrison das las, ging ihm ein Licht auf. Er identifizierte sich völlig damit. Von da an war er schöpferisch und gleichzeitig zerstörte er sich selbst. Und er glaubte, beides würde zusammen gehen. Zitator 1: (aus “Wildnis”) You want ecstasy … Du willst Ekstase Lust & Träume. Dinge, die nicht genau das sind, als was sie erscheinen. (…) Ich rede mit dir, meinem Ich. Lass uns die Welt neu erschaffen. Das Schloss der Schöpfung brennt. Schau. Sieh es brennen. 41 42 Wärm dich in den weißglühenden Kohlen. O-Ton 41: Luzia Braun Es leuchtet mir ein, dass diese zerstörerische Energie und die schöpferische bei ihm sehr nahe beisammen lagen, das kann ich mir gut vorstellen, weil ja seine Stücke und Texte genau damit spielen. Eigentlich irgendwo Gott sein zu wollen und auf der anderen Seite also Gott in dem Sinne, etwas schöpferisches, etwas neues zu schaffen, was visionäres zu haben- und auf der anderen Seite aber dauernd an die Grenzen eigentlich auch zu stoßen und klein zu sein einfach nur. (…) Das Chaos, das Chaos auch als Voraussetzung für Kreativität. Erzählerin: Rimbaud macht seinen Entwurf vom Dichter-Sein zum Mittelpunkt seiner Rebellion. Nach Beendigung von seiner „Saison in der Hölle“ ist er jedoch fertig mit der Literatur. Ab dem Alter von 19 Jahren schreibt er kein einziges gedichtetes Wort mehr und geht als Händler nach Afrika. Während sich Jim Morrison mit Zigaretten, Alkohol und Drogen selbst zerstört, gibt er seinen Selbstentwurf als Dichter nicht auf. Zitator 1: (aus „Wildnis“) A quality of ignorance … Als eine Art von Ignoranz ist Selbsttäuschung vielleicht vonnöten für das Überleben des Dichters. Atmo 1: Öffnen Tür Atmo 20: Salon de Thé „Sip Babylone“ (Verkehr, Stimmen, Schritte Passanten, Stimme Kellner) 42 43 Über Atmo: O-Ton 42: Phil Steele He was living a similar life to what I was living. (…) When you go to Paris and you are a singer or song writer, a musician, a poet, it’s made for us. You hang out in cafés, you a sort feed of the energy and the vibes of people walking by on the sidewalks, chatting away, discussing whatever at the next table and it’s an extremely creative and inspiring environment. Übersetzer: Er lebte ein ähnliches Leben wie ich. Paris ist für Sänger, Songschreiber, Musiker oder Dichter gemacht. Man hängt in Cafés herum, man nimmt die Energie und die Schwingungen der Leute auf, die auf den Bürgersteigen spazieren gehen, am Nachbartisch plaudern und reden. Es ist eine äußerst kreative und anregende Umgebung. Erzählerin: Vor dem „Sip Babylone“, einem Salon de Thé, kreuzen sich die Straßen. Eine führt zum Invaliden-Dom, eine andere zur Place de la Concorde. Nach der Nacht im „L’Astrocet“ frühstückt Phil Steele auf der Terrasse des „Sip Babylone“ mit Jim Morrison und Pamela, im März 1971. 43 44 O-Ton 43: Phil Steele Pamela out to see didn’t want to have Jim coffee, she out to see knew that Jim had stomach problems. So she ordered milk and pasta and there was nothing on. And that’s where I knew, well, there is something wrong with him physically. (…) It was a sort of antidote to all the alcohol. But between … smoking all night and drinking Whiskey with beer chasers and coughing between every two words that he would say I knew that guy was in bad shape physically. (…) So the fact that he died was not due to whatever drug that he had that night, if that’s the case, but he was also in very … poor health. Übersetzer: Offensichtlich wollte Pamela nicht, dass Jim Kaffee trank. Offensichtlich wusste sie, dass Jim Magen-Probleme hatte. Sie bestellte für ihn Milch und Pasta, ohne etwas darauf. Da wusste ich: etwas stimmt mit ihm körperlich nicht. Das Frühstück war eine Art Gegenmittel zum ganzen Alkoholkonsum. Er hatte die ganze Nacht geraucht, Whisky im Bier getrunken und bei jedem zweiten Wort gehustet. Da wusste ich, dass der Typ in einem schlechten gesundheitlichen Zustand ist. Die Ursache seines Todes war nicht irgendein Rauschgift, das er eventuell in dieser Nacht genommen hat, insgesamt war es um seine Gesundheit schlecht bestellt. Erzählerin: Jim Morrison erzählt Phil Steele von seinem Vorhaben, seine Gedichte in einem Studio aufzunehmen, mit Musik im Hintergrund. Er kann es nicht mehr verwirklichen. Jahre nach seinem Tod produzieren die restlichen drei „Doors“-Musiker “An American Prayer”, mit den noch in Los Angeles von Jim Morrison selbst gesprochenen Gedichten. 44 45 Musik 19: Doors – An American Prayer (1’06’’ – 1’50’’) Zitator 1: (aus „The American Night“) O great creator of being … O großer Schöpfer allen Seins Gewähre uns noch eine Stunde, um Unsere Kunst zu zeigen & unser Leben vollkommener zu machen Die Motten sterben & Atheisten sind doppelt göttlich & sterben Wir leben, wir sterben & der Tod macht dem kein Ende Reisen wir also noch tiefer in den Alptraum Klammern uns ans Leben Unsere feurige Blume (…) (Ich berührte ihren Schenkel & der Tod lächelte) Atmo 21: Ex-Rock’n Roll Circus (Ab: 0’35’’ Öffnen Tür, Stimmen, Schritte (…) Vogelgezwitscher, Türenschlagen Schritte ... Über Atmo: Erzählerin: In der Rue de Seine im 6. Arrondissement reiht sich eine Galerie an die andere. Hinter der blauen Haustür der Nummer 57 führt der Flur auf eine geschlossene Eisentür zu. 1971 ist sie der 45 46 Eingang zum Musikclub „Rock’n Roll Circus“, heute der Hintereingang des Restaurants „Alcazar“. In Paris hält sich bis heute das Gerücht, Jim Morrison sei am Eingang des „Rock’n Roll Circus“ an einer Überdosis Heroin gestorben und nicht in der Badewanne in der Rue Beautreillis an Herzversagen. O-Ton 44: Passantin Je croix, Jim Morrison est mort ici. (…) Il était très mal, il prend des doses de cocaïne très fortes et il est mort et fondrai sur ces escaliers. Musik 20: Led Zeppelin – Dazed and confused Über Atmo/Musik: Erzählerin: Im „Rock’n Roll Circus“ begegnet Phil Steele Jim Morrison zum letzten Mal. O-Ton 45: Phil Steele It was the in-place to go in Paris, all the models, actors, musicians, my band even played at the Rock’n’ Roll Circus, in fact Led Zeppelin played at the Rock’n’ Roll Circus, Cannet Heat played at the Rock’n’ Roll Circus. (…) It had just been a cave, a couple of caves linked together to make the club, so it was underground. (…) It was a very impressive place. (…) But apparently there were a lot of drug pushers, drug dealers in there at the time also and it was rumored that Jim Morrison, I mean, I never saw him do anything but walking around and drink beer out of a bottle and probably try to pick up chicks (Lachen), I mean that was his image in there (…) but I never saw any link between him and the drug dealers. Übersetzer: Es war der In-Club in Paris, voll mit Models, Schauspielern, Musikern. Meine Band hat sogar im „Rock’n’ Roll Circus“ gespielt, Led Zeppelin, Canned Heat haben dort gespielt. Der Club lag im Keller. Ein sehr eindrucksvoller Ort. Aber anscheinend gab es dort in der Zeit auch viele 46 47 Rauschgifthändler. Es wurde gemunkelt, dass Jim Morrison …, ich meine, ich habe ihn nie etwas anderes tun sehen, als dort herumzuschlendern und Bier aus einer Flasche zu trinken. Wahrscheinlich hat er versucht, Frauen aufzureißen, das war sein Image dort. Aber ich habe ihn nie mit einem Rauschgifthändler zusammen gesehen. Musik 21: Doors – Lament for my Cock (auf American Prayer: 1’30’’ - 2’02’’) Zitator 1: (aus „The American Night“) „Ich drückte ihren Schenkel & der Tod lächelte“ Tod, alter Freund Tod & mein Schwanz ihr seid die Welt Ich kann die erlittenen Verletzungen verzeihen Im Namen von Weisheit Luxus Romantik Satz für Satz. Worte sind heilsam. Worte schlugen mir die Wunde & werden mich gesund machen 47 48 Wenn man dran glaubt. O-Ton 46: Phil Steele The night of his death he was very depressed and maybe … his girlfriend Pamela had a bag of something lying around and I am sure Jim probably thought it was Cocaine and took a little bit of it and sure enough it could turn out to be Heroine and he could have died accidentally that way. (…) That’s a likely version in my opinion of how it could have happened. But there is no question that he was not alive (Lachen) (…) by four o’clock in the morning July 3rd his heart stopped, there is no question about it. 48 49 Übersetzer: In der Nacht seines Tods war er sehr deprimiert. Vielleicht hatte seine Freundin Pamela eine Tüte herum liegen. Jim dachte bestimmt, es wäre Kokain und nahm ein kleines bisschen davon. Es könnte aber Heroin gewesen sein und er könnte auf diese Weise gestorben sein. So könnte es passiert sein. Aber es gibt keinen Zweifel daran: Sein Herz hörte gegen vier Uhr am Morgen des 3. Juli auf zu schlagen. Atmo 22: Ex-Rock’n Roll Circus (ab 4’52’’ : Schnelle Schritte einer Frau, Öffnen und Zufallen Tür) Atmo 23: Père Lachaise (ab 3’30’’: Quietschen der Tür, Stimmen) Über Atmo: Erzählerin: Friedhof Père Lachaise, letzte Ruhestätte von Jim Morrison. O-Ton 47: Angestellte Père Lachaise Jim Morrison, voila, sixième Division, Numéro Un …Voila, c’est Jim Morrison ici. Vous avez un Division et après vous avez … Atmo 23: Père Lachaise (ab 5’30’’: Klappern, Quietschen der Tür) Musik: Doors – The End (aus „Essential Rarities) (ab 2’00’’) Über Atmo/Musik: O-Ton 48: Phil Steele I started singing “The End”, because Morrison was up the hill and I was very, very taken. (…) A beautiful cemetery and he was really taken 49 50 by the cemetery, oh, here is the other weird thing, he visited it a couple of weeks before he died, he was wandering around all the graves. Balzac, a couple of the Hashish clubber, they just went from Isle St. Louis up the hill to pass the Bastille to Père Lachaise, all sort like of keeping it in the neighborhood. (…) And you’ve got Balzac, you’ve got Edith Piaf, you’ve got Frederic Chopin and Oscar Wilde. And Morrison was just completely taken by all the names and the feeling that he had and the beauty of the place, the Greco-roman architecture of all the little temples and the bronze statues. (…) I am sure that he already had it selected for where he wanted to be lay to rest. Übersetzer: Ich fing an, "The End" zu singen, weil Morrison auf dem Hügel lag und ich sehr ergriffen war. Ein schöner Friedhof. Er war wirklich vom Friedhof begeistert. Ein paar Wochen, bevor er starb, besuchter er ihn. Er ging zu allen Gräbern. Balzac … einige vom Haschischclub zogen von der Isle St. Louis direkt den Hügel zum Père Lachaise hinauf, um beieinander zu bleiben. Balzac liegt dort, Edith Piaf, Frederic Chopin und Oscar Wilde. Morrison wurde völlig gepackt von all den Namen und der Schönheit des Ortes, von der Graeko-romanischen Architektur all der kleinen Tempel und von den Bronzestatuen. Ich bin mir sicher, dass er den Friedhof bereits als den Ort ausgewählt hat, wo er begraben werden wollte. Atmo 24: Grab Jim Morrison (Ab 4’55’’) Sirenen, Stimmen „Sehr unscheinbar, gell“… Geräusch digitaler Kamera … Sirene bis 6’04’’ Über Atmo: Erzählerin: Das Grab Jim Morrisons ist von Mausoleen und Sperrgittern umgeben. Keiner der vielen Besucher aus aller Welt kommt 50 51 direkt an das Grab heran. Das war bis vor einigen Jahren anders. Gelage haben die Fans an seinem Grab abgehalten. O-Ton 49: Gernot W. Freudenberger Wenn jemand jung stirbt, der irgendwas gschaffen hat oder der en Namen ghabt hat, (…) iss das eigentlich in der Welt des Menschen, dass man en Kult drum macht. (…) Das ist auch einer der Gründe, warum ich sage (…) ich guck mir das Grab nich an. Ich muss da nicht hingehen, um Jim Morrison in meinem Kopf zu behalten oder in meinem Herzen zu behalten und zu sagen: (…) Er war ein guter Frontman unn er hat gewusst, wie man mit dem Publikum umgeht und sie haben eine wahnsinnig gute Musik geschaffen, die vier zusammen. O-Ton 50: Amerikanische Touristin It’s pretty cool to see his grave, but it’s very unassuming, isn’t it. (…) I like his poetry too. Erzählerin: Das Grab ist heute von allen Graffiti gereinigt, von einer Kamera und Friedhofswärtern in blauen Uniformen bewacht. Alkohol und Drogen sind verboten, Graffiti unter Strafe gestellt. O-Ton 51: Friedhofswärter L’alcool, c’est interdit. (…) Drogues, interdit. Là, comme ça, c’est bien, tranquille. Des photos, c’est tout. (…) Maintenant la gardien à la camera là-bas. (…) Maintenant, si je trouve quelqu’un qui fait la graffiti 15.000 Euro a moins et deux ans de prison. Maintenant c’est tout et nettoyer. C’est propre, tranquille. Atmo 25: Grab Jim Morrison Über Atmo: 51 52 Musik 22: Jim Morrison – Bird of Prey (auf “Lost Paris Tapes”) (ab 4’08’’) Zitator 1: (aus „Wildnis“) Ich bin ein Todesvogel Nichtsnutziger Nachtvogel Musik 23: Doors – Bird of Prey (auf “An American Prayer”) Zitator 1: (aus „Wildnis“) Raubvogel, Raubvogel flieg hoch, flieg hoch am Sommerhimmel (…) Raubvogel, Raubvogel flieg hoch, flieg hoch ich muss sterben Raubvogel, Raubvogel flieg hoch, flieg hoch nimm mich mit Über Atmo: Erzählerin: Zwischen Blumen liegt auf dem Grabbeet das gelbe Plakat von einem Auftritt der „Doors“ am 5. Juli 1968, mit dem Foto des jungen und hübschen Jim Morrison. Auf dem Granitstein stehen Töpfe voller bunter Blumen. Auf der Vorderseite des Grabsteins ist eine Bronzetafel eingelassen. O-Ton 52: Phil Steele 52 53 “Kata Ton Daimona Eaytoy”, (…) the greek phrase written on his tombstone, which means several things, one of which is ”Here he lays with his demons” or it could mean “Due to his own spirit”. But his father being an admiral in navy, a very intelligent man probably knew what he was saying when he had the bronze plack made for his sons grave. It’s a tangencies reference to the fact that he … Morrison is living with his demons, but he is also … he is here guided by his spirit. (…) And I felt a strong presence of Jim Morrison near that grave. (…) You can’t lay to rest there until you, according to the French government, deserve to be put there. So he luckily made it. They thought that he was a literary figure that he was writing poetry, but that he was also in the arts. 53 54 Übersetzer: "Kata Ton Daimona Eaytoy". Der griechische, auf seinen Grabstein geschriebene Ausdruck bedeutet mehrere Dinge. Einmal: "Hier liegt er mit seinen Dämonen". Oder: "Durch seinen eigenen Geist". Sein Vater, ein Admiral der Marine, ein sehr intelligenter Mann, wusste wahrscheinlich, was er damit sagen wollte, als er die Bronzetafel für das Grab seines Sohnes machen ließ. Es ist eine doppeldeutige Anspielung darauf, dass Morrison mit seinen Dämonen lebte, aber dass er auch durch seinen Geist hierher geführt wurde. An diesem Grab spürte ich stark Jim Morrisons Gegenwart. Aufgrund einer Vereinbarung mit der französischen Regierung kann man hier nicht beerdigt werden, ohne sich verdient gemacht zu haben. Glücklicherweise hat er es geschafft. Sie dachten, dass er ein Schriftsteller war, dass er Gedichte schrieb und auch mit Kunst zu tun hatte. O-Ton 53: Luzia Braun Es ist wie eine (…) verzögerte Wunscherfüllung, dass er auf dem Friedhof dann umgeben ist von den Dichtern, die für ihn sehr wichtig waren. Aber im Leben hat er das nicht geschafft, einer von ihnen zu werden, im Tod schon. Und das ist natürlich kurios, auf eine Art natürlich traurig, aber irgendwo, finde ich, auch passend zu ihm, also es ist irgendwie auch ganz schön, dass er dort gelandet ist in Paris auf nem Dichterfriedhof. Zitator 1: (aus „Wildnis“) End with fond good-bye … Ende mit herzlichem Abschied & Plänen für die Zukunft - Kein Schauspieler 54 55 Schriftsteller – Filmemacher Welche meiner Egozellen wird erinnert werden Abspann: Sie hörten: „Tod, alter Freund“ Jim Morrison – Rockstar und Poet Von Egon Koch Es sprachen: … Technische Realisation: … Regie: Egon Koch Redaktion: Walter Filz Produktion: SWR, 2007 - Ende - 55