FH D Fachliche Vertiefung Strömungstechnik Master SET Arezu Fakuri 16.11.2003 FB 04 Der Energiesatz für ein materielles Volumen Die Energiegleichung, die man den Energiesatz oder den 1.Hauptsatz der Thermodynamik nennt, verkörpert neben der Kontinuitätsgleichung und der Impulsgleichung das dritte wichtige Prinzip der Strömungsmechanik. Energiesatz oder der 1.Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass“ die Differenz zwischen der Wärme, die einem Massen_ System zugefügt, und der Leistung, die vom System geleistet wird, gleich der Änderung der Energie des Systems ist“ oder anders gesagt „: Die Zunahme an innerer und kinetischer Energie in einem materiellen Volumen ist gleich der durch die äußeren Kräfte zugeführten Leistung und der Wärmezufuhr.“ Q-W=E Ein Volumenelement dV mit der Dichte , der spezifischen inneren Energie u und der Geschwindigkeit c hat die innere Energie d EI = .u. dV und die kinetische Energie 1 d E K = c 2 . dV, ein endliches Volumen hat somit die innere Energie: 2 EI = .u.dV 1 E K = . c 2 .dV 2 und die kinetische Energie: Die Kraft auf das Volumen setz sich aus einer Volumenkraft und einer Oberflächenkraft zusammen: Auf jedes Volumenelement dV wirkt die Volumenkraft d FV . f. dV* und auf jedes Oberflächenelement dA die Oberflächenkraft d FO = .dA **. Da die einem Teilchen zugeführte Leistung das Skalarprodukt seiner Geschwindigkeit und der daran angreifenden Kraft ist, wird jedem Volumenelement die Leistung d PV =c.. f.dV und jedem Oberflächenelement die Leistung d PO =c. .dA zugeführt und damit einem endlichen Volumen einschließlich seiner Oberfläche die Leistung P= c..f. dV + c. . d A Auch die Wärmezufuhr in ein Volumen setz sich im allgemeinen zusammen aus - einem Anteil Q V , der den Volumenelemente zugeführt wird, etwa durch Absorption von Strahlung oder als Ergebnis chemischer Reaktion im Innern des Volumens und einem Anteil Q O , der durch seine Oberflächenelemente eintritt, etwa durch Wärmeleitung oder als Ergebnis chemischer Reaktion an der Oberfläche des Volumens. Die Wärmezufuhr wird deshalb so geschrieben: Seite 1 von 6 FH D Fachliche Vertiefung Strömungstechnik Master SET Arezu Fakuri 16.11.2003 Q= FB 04 . w.dV -. dA Die Wärmezufuhr Q hat wie die Leistung P die Dimension Energie durch die Zeit: manche Autoren schreiben dafür deshalb auch. w heißt Wärmequelldichte und q Wärmestromdichte. Das Minuszeichen vor dem Oberflächenanteil ist Konvention und hat zur Folge, dass der Vektor der Wärmestromdichte in das Volumen hinein gerichtet ist, wenn die Wärmezufuhr durch die Oberfläche positiv ist( der Flächenvektor eines Oberflächenelements ist definitionsgemäß nach außen gerichtet). Mit diesen Vorbreitungen können wir jetzt den eingangs in Worten formulierten Energiesatz als Formel hinschreiben: d 1 . u c 2 dV c. . f .dV c. .dA .w.dV q.dA dt v~ 2 Diese Gleichung gilt - für stationäre und instationäre Strömungen, - für kompressible und inkompressible Fluide, - für reibungsfreie und reibungsbehaftete Fluid . Der Spezialfall rotorfreier Kraftdichte Wir wollen diese Formel noch für den Fall spezialisieren, dass die Kraftdichte f * ein Potential hat und dieses Potential unabhängig von der Zeit, also nur eine Funktion des Ortes ist: f= -grad U U=U(x) Dann gilt, vgl. die Zusatzaufgabe, c..f.dV= - d .U .dV dt und der Energiesatz lässt sich umschreiben: d 1 .(u c 2 U )dV c. .dA .w.dV q.dA dt V~ 2 Wenn also die Kraftdichte ein zeitunabhängiges Potential hat, dann lässt sich die Leistung der Volumenkräfte als Zunahme an potentielle Energie schreiben, und das Potential der Kraftdichte stellt die spezifische potentielle Energie dar. Diese anschauliche Bedeutung des Potentials U ist der Grund, warum das Potential U üblicherweise mit einem Minuszeichen eingeführt wird. Seite 2 von 6 FH D Fachliche Vertiefung Strömungstechnik Master SET Arezu Fakuri 16.11.2003 FB 04 Der Energiesatz für einen Stromfaden Hier wird den formulierten Energiesatz auf einen Stromfaden spezialisieren. Im Blick auf die von uns behandelnden Anwendungen beschränken wir uns dabei von vornherein auf die Schwerkraft als die einzige Volumenkraft. Bei der Herleitung des Energiesatzes für einen Stromfaden gehen wir analog zu den entsprechenden Ableitungen für die Kontinuitätsgleichung, den Impulssatz und den Drehimpulssatz vor. Auf der linken Seite von(I) setzen wir dV= A. ds und U= g.z und wenden die Leibniztsche Regel*** an. Dann erhalten wir mit ds c und .c.A= m dt d 1 2 . u c U dV dt ~ 2 V s2 1 t u 2 c s1 2 1 1 gz A ds m u 2 c 2 2 gz 2 m1 u1 c 21 gz1 2 2 2 Bei der Leistung PO der Oberflächenkräfte auf der rechten Seite von der Gleichung (1) wollen wir uns zunächst auf reibungsfreie Fluide beschränken. Dann ist wie bei der Herleitung von p.n und es gilt PO = c . . d A= c . p. d A. Wir zerlegen die Oberflächen in Mantel und Endflächen und betrachten zuerst die Leistung PM der Mantelkräfte. Ruht der Mantel, dann ist er aus Stromlinien gebildet, d.h. c und dA stehen aufeinander senkrecht, und die Leistung der Mantelkräfte ist null. Bewegt sich der Mantel, dann wird er aus Streichlinien gebildet und c und dA stehen nicht aufeinander senkrecht. Der Mantel kann sich dann zusammensetzen aus - einer äußeren Berandung, deren Verschiebung das betrachtete Volumen ändert, z.B einem Kolben und - einer inneren Berandung, deren Verschiebung das betrachtete Volumen nicht ändert, z.B. einem Rührwerk. Man nennt üblicherweise die durch eine Bewegung die äußere Berandung übertragene Leistung die Volumenänderungsleistung PVÄ und die durch eine Bewegung der inneren Berandung übertragene Leistung technische Leistung. Wir betrachten schließlich die Leistung PE der Endflächenkräfte, sie beträgt: PE = p1c1 A1 p2 c2 A2 Wir lassen jetzt die Beschränkung auf reibungsfreie Fluide fallen, dann ist an der Oberfläche zusätzlich die Leistung der Reibungskräfte zu berücksichtigen: man nennt sie die Seite 3 von 6 FH D Fachliche Vertiefung Strömungstechnik Master SET Arezu Fakuri 16.11.2003 FB 04 Dissipationsleistung. In reibungsbehafteten Fluiden gilt allerdings die sogenannte Wandhaftbedingung: Das Fluid haftete an der Wand. An einer ruhenden Wand ist deshalb die Geschwindigkeit und damit auch die Dissipationsleistung null. Lediglich in den Endflächen wird dann Dissipationsleistung zugeführt, und die ist in der Regel gegenüber der Leistung p E des Druckes in den Endflächen vernachlässigbar. Die Wärmezufuhr wollen wir nur in einen Anteil Q V aufgrund einer Wärmequelldichte, einen Anteil QM aufgrund eines Wärmestroms durch den Mantel und einen Anteil QE aufgrund eines Wärmestroms durch die Endflächen aufspalten, dann lautet der Energiesatz für einen stromfaden: s2 1 t u 2 c s1 2 P P 1 1 gz A ds m u 2 c 2 2 gz 2 2 m1 u1 c 21 gz1 1 2 2 2 2 1 = PVÄ PT PD QV QM QE . Diese Gleichung gilt - für stationäre und instationäre Strömungen, - für kompressible und inkompressible Fluide, - für reibungsfreie und reibungsbehaftete Fluide, - nur im Schwerefeld - nur für einen Stromfadenabschnitt. Vergleichen mit der „klassischen“ Form das Energiesatzes haben wir zwei Anteile der Leistung der äußeren Kräfte auf die linke Seite geholt: - die Leistung der Volumenkräfte als Zunahme der potentiellen Energie, was nur möglich war, weil sie ein zeitunabhängiges Potential hatten, und die Leistung der Endflächenkräfte, deren Reibungsanteil wir vernachlässigt haben. Außerdem haben wir die Energiezunahme auf der linken Seite in eine lokale und eine konvektive Zunahme aufgespalten; dabei der Beitrag der Volumenkräfte in beide Anteile ein, während der Beitrag der Endflächenkräfte nur im konvektiven Anteil auftritt. Die Bernoulliesche Gleichung der Gasdynamik Wir wollen jetzt einige einschränkende Voraussetzungen annehmen: -Die Strömung sei stationär; dann entfällt in das instationäre Glied, und. Weiter ist dann der Mantel des Stromfadens in Ruhe, d.h. die Volumenänderungsleistung, die technische Leistung und die Dissipationsleistung auf dem Mantel verschwinden. - Die Dissipationsleistung in den Endflächen sei vernachlässigbar. Die Strömung sei adaibat (d.h. es werde keine Wärme mit der Umgebung ausgetauscht); dann verschwindet die gesamte Wärmezufuhr. Damit vereinfacht sich der Energiesatz zu Seite 4 von 6 z FH D Fachliche Vertiefung Strömungstechnik Master SET Arezu Fakuri 16.11.2003 FB 04 P P 1 1 u 2 c22 gz 2 2 u1 c12 gz 2 1 2 2 2 1 Da der Querschnitt des Stromfadens in diese Gleichung nicht mehr einigt, kann man sie statt für einen Stromfadenabschnitt auch längs einer Stromlinie ansetzen. Führt man die P spezifische Enthalpie: h = u + p. v = u + ein, dann lautet (c 22 c12 ) g ( z 2 z1 ) 0, 2 c2 c2 h2 2 gz 2 h1 1 gz1 , 2 2 2 c h gz konst, 2 dh cdc gdz 0. h2 h1 Diese Gleichung gilt - nur für stationäre Strömungen, - für kompressible und inkompressible Fluide - für reibungsfreie und reibungsbehaftete Fluide, - nur im Schwerefeld, - nur für einen Stromfadenabschnitt oder längs einer Stromlinie, - nur für eine adiabate Strömung. Die Gleichung wird kompressible Bernouliesche Gleichung oder Bernouliesche Gleichung der Gasdynamik genannt. Im Gegensatz zur inkompressiblen Brnoulischen Gleichung ist sie eine Form des Energiesatzes und nicht eine Folgerung aus dem Impulssatz. Man vergleiche auch die unterschiedlichen Gültigkeitsvoraussetzungen der inkopmressiblen und der kompressiblen Bernoulieschen Gleichung. Analog zur Bernoulieschen Gleichung für stationäre Strömungen inkopmressibler Fluide kann man eine spezifische Gesamtenergie definieren, die längs einer Stromlinie konstant ist, und entsprechend für jede Stromlinie ein Bernoulli-Diagramm zeichnen. Diese spezifische Gesamtenergie setz sich zusammen aus: - spezifischer Enthalpie, - spezifischer kinetische Energie und - spezifischer potentialer Energie ----------------------------- * &**- Die Kräfte, die an den Teilchen eines Fluids angreifen, lassen sich in zwei Gruppen einteilen: die einen greifen an allen Teilchen einer Fluidmenge an, die anderen nur an den Teilchen an der Oberfläche der Fluidmenge. Man fasst die einen als Volumenkraft F und V Seite 5 von 6 FH D Fachliche Vertiefung Strömungstechnik Master SET Arezu Fakuri 16.11.2003 die anderen als Oberflächenkraft F O zusammen die gesamte Kraft FB 04 F auf eine beliebige Fluidmenge ist dann offenbar die Summe dieser beiden Anteile: F = F + FO . V Auf ein Volumenelement dV mit der Masse dm wirke die Volumenkraft d F , dann V definieren wir die (Massen-)Kraftdichte oder spezifische Volumenkraft f durch: dF V f= dm dV dF V 1 Auf ein Oberflächenelement dA wirke die Oberflächenkraft d F O , dann definieren wir den Spannungsvektor durch dF O dA Nach dem Kontinuumhypothese sind Kraftdichte und Spannungsvektor wieder stetige Funktionen von Ort und Zeit. Der Spannungsvektor hängt jedoch außerdem noch vom Normalenvektor n des Flächenelements ab, auf das er wirkt: f f ( x, t ) ( x, t , n) . Für ein beliebiges endliches Volumen in einem Kontinuum erhalten wir durch Integration, für die gesamte Kraft auf das Volumen ergibt sich damit F = f dM , F O = dA V F = f .dM + .dA ***: Die Leibnizsche Regel: 2 ds ds d 2 F ( s, t ) F ( s , t ) ds F ( s 2 , t ) 2 F ( s1 , t ) 1 dt s t dt dt s1 s s 1 Seite 6 von 6