EUROPÄISCHES PARLAMENT 2009 - 2014 Petitionsausschuss 17.2.2012 MITTEILUNG AN DIE MITGLIEDER Betrifft: 1. Petition 1120/2010, eingereicht von Hans-Georg Widmann, deutscher Staatsangehörigkeit, zum Umbau des Bahnhofs in Stuttgart und den damit verbundenen Verstößen gegen Rechtsakte der Europäischen Union über den Schutz von wildlebenden Tieren Zusammenfassung der Petition Der Petent verweist darauf, dass der Umbau des Bahnhofs in Stuttgart und die damit verbundenen Baumfällungen, das so genannte Projekt Stuttgart 21, zur Zerstörung zahlreicher Lebens- und Reproduktionsräume von Fledermäusen, darunter der Große Abendsegler (Nyctalus), und von Hohltauben führen. Unter Hinweis auf die einschlägigen Rechtsakte der Europäischen Union, insbesondere die Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten und die Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, wird das Europäische Parlament ersucht, einzugreifen. 2. Zulässigkeit Für zulässig erklärt am 17. Dezember 2010. Die Kommission wurde um Auskünfte ersucht (Artikel 202 Absatz 6 der Geschäftsordnung). 3. Antwort der Kommission, eingegangen am 29. März 2011 Der Petent führt aus, dass der Umbau des Stuttgarter Bahnhofs und die damit verbundenen Baumfällungen zur Zerstörung zahlreicher Lebensräume und Brutstätten von Fledermäusen und Vögeln führen werden und die Gefahr besteht, dass diese Tiere in der Folge sterben. Nach Auffassung des Petenten stellt dies eine Verletzung von Artikel 5 der Richtlinie CM\892847DE.doc DE PE462.674v02-00 In Vielfalt geeint DE 2009/147/EG1 (Vogelrichtlinie) sowie von Artikel 12 Absatz 1 Buchstaben a, b und d der Richtlinie 92/43/EWG2 (Habitat-Richtlinie) dar. Der Petent hat bei der Kommission diesbezüglich außerdem auch eine Beschwerde eingereicht. Die Kommission hat die zuständigen deutschen Stellen ersucht, zu dem Vorwurf des Verstoßes gegen die Habitat- und die Vogelrichtlinie Stellung zu nehmen. In ihrer Antwort haben die zuständigen deutschen Stellen dargelegt, dass alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen wurden, um zu verhindern, dass während des Projekts Arten getötet oder gestört werden, und dass nicht gegen die genannten Richtlinien verstoßen wurde. Die zuständigen deutschen Stellen haben außerdem mitgeteilt, dass die erforderlichen Maßnahmen ergriffen wurden, um die Einhaltung der Rechtsvorschriften zu gewährleisten. Schlussfolgerung Die Kommission prüft derzeit die Antwort der deutschen Behörden betreffend den Stuttgarter Bahnhof. Der Beschwerdeführer wurde über den aktuellen Stand unterrichtet. 4. Antwort der Kommission (REV), eingegangen am 17. Februar 2012 Nach dem positiven Ergebnis der Volksabstimmung über das Projekt „Stuttgart 21“ hat die Kommission die deutschen Behörden um Auskunft darüber ersucht, welche Arbeiten durchgeführt werden sollen und auf welche Weise gewährleistet werden soll, dass die Artenschutzbestimmungen von Artikel 12 der Habitat-Richtlinie eingehalten werden. In der Zwischenzeit hat die Kommission zusätzliche Informationen erhalten (sowohl zu der Beschwerde als auch zu der Petition) und diese bei ihrer Prüfung der Angelegenheit berücksichtigt. Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen stellt sich die Situation offensichtlich folgendermaßen dar: Der Bau des neuen Bahnhofs macht es erforderlich, Bäume zu fällen und weitere Pflanzen im Park zu entfernen. Außerdem muss der Südflügel des Bahnhofsgebäudes abgerissen werden, und in der Bahnhofshaupthalle müssen Umbauarbeiten vorgenommen werden. Als im Zuge der Baumfällungen im September 2010 das Vorhandensein von Eremiten, einer Käferart, entdeckt wurde, ordnete die zuständige Behörde an, die Arbeiten so lange einzustellen, bis der Projektbetreiber ein Programm mit Maßnahmen zum Artenschutz vorgelegt habe. Es wurden zusätzliche Studien über das Vorkommen geschützter Arten und die Auswirkungen der Arbeiten auf diese Arten durchgeführt. Aus diesen Studien geht hervor, dass im Park geschützte Vögel, Fledermäuse und Eremiten und in den Bahnhofsgebäuden Fledermäuse vorkommen. Im Rahmen der Studie über das Vorkommen von Eremiten im Park wurde auch darauf hingewiesen, welche Bäume für den Schutz dieser Käferart notwendig sind. Diese Bäume sollten während der Bauarbeiten geschützt werden. Die folgenden Maßnahmen für den Artenschutz im Zuge der Arbeiten wurden bereits 1 2 ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7. ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7. PE462.674v02-00 DE 2/3 CM\892847DE.doc beschlossen oder umgesetzt: – Einrichtung alternativer Lebensräume für Fledermäuse und Hohltauben als Ausgleich für den Verlust von Lebensraum im Park, – Beschluss, während der Vogelbrutzeit keine Bäume zu fällen – Beschluss, die Verwendung von künstlichem Licht einzuschränken, um negative Auswirkungen auf Eremiten und Fledermäuse zu vermeiden. Von diesen Maßnahmen abgesehen ist das Programm mit Maßnahmen zum Artenschutz noch nicht endgültig beschlossen. Die deutschen Behörden haben bestätigt, dass die Arbeiten nicht durchgeführt werden, solange das Maßnahmenprogramm nicht von der zuständigen Behörde genehmigt ist. Die Kommission wird die korrekte Anwendung von Artikel 12 der Habitat-Richtlinie im Zuge der Arbeiten für den Umbau des Stuttgarter Bahnhofs weiterhin kontrollieren. CM\892847DE.doc 3/3 PE462.674v02-00 DE