M E L D U N G aus der Gesundheitswirtschaft ZUWEISERPRÄMIEN Viel Aufregung, wenig Substanz Berlin, 7.10.2009 – In den vergangenen Wochen ging das Thema „Zuweiserpauschale“ durch die Presse. Dabei wird der Eindruck vermittelt, die Ärzte würden gegen die Interessen ihrer Patienten Geld damit verdienen, dass sie Patienten in ausgewählte Krankenhäuser zu überweisen. Dabei wird außer Acht gelassen, dass die Diskussion durch die Ärzteschaft selbst angestoßen wurde, indem beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Urologie dieses Thema auf ihrer Jahrestagung 2009 diskutiert hat. Der Nachweis, dass wider der Interessen der Patienten gehandelt wird, konnte bislang nicht geführt werden. Ist eine „Zuweiserpauschale“ wirklich so verwerflich, wie es dargestellt wird? Sicherlich nicht. Die Zuweiserpauschale findet sich in legalisierter Form immer wieder im Gesundheitsrecht wieder. Aus Sicht der Verfasserin ist das Konstrukt der Integrierten Versorgung nichts Anderes als eine gesetzgeberisch geduldete Zuweiserpauschale. Unter dem Mantel der Integrierten Versorgung wurden diverse Verträge zwischen gesetzlichen Krankenkassen einerseits und Ärzten/Kliniken andererseits abgeschlossen, die diesen Prämien zusichern. Diese Förderung der Zusammenarbeit zwischen Krankenkassen und Ärzten/Kliniken wurde seit dem Jahr 2004 vom Gesetzgeber unterstützt und vielfach umgesetzt, ohne dass hieran Anstoß genommen worden ist. Gleiches gilt für die Umsetzung des seit Jahrzehnten in Deutschland gelebten und gewollten Belegarztsystems. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein niedergelassener Arzt in einem Krankenhaus als Belegarzt tätig werden. Selbstverständlich wird er dann die Patienten in der Regel nur in diesem Krankenhaus stationär behandeln lassen und eine entsprechende Empfehlung an sie abgeben. Der Arzt entscheidet unter Umständen auch hier schon nicht mehr allein aufgrund medizinischer Erwägungen, wo oder von wem der Patient weiterbehandelt werden soll. Dass er damit gegen die Interessen des Patienten handeln könnte, wurde zu keiner Zeit diskutiert. Ist die Diskussion um die Zuweiserpauschalen neu? Auch hier muss man mit einem klaren Nein antworten. Nehmen niedergelassene Ärzte Zuweiserprämien an, verstößt dieses schon seit je her gegen die geltenden Berufsordnungen. Ob gleichzeitig eine strafbare Handlung im Rahmen des StGB vorliegt, ist nach dem Einzelfall zu entscheiden. Zivilrechtlich können Verträge ebenfalls im Rahmen des Wettbewerbsrechts überprüft werden und entsprechendes Verhalten der Ärzte abgemahnt werden. Gesetzgeberische Entwicklungen Es ist der Trend zu erkennen, Zuweiserpauschalen zwischen Ärzten und Kliniken oder zwischen Ärzten und sonstigen Leistungserbringern (zum Beispiel Sanitätshäusern) zu verbieten und unter Sanktionen zu stellen. Als Beispiel sei hierfür die neue Regelung des § 128 SGB V erwähnt, die seit dem 5. August 2009 im Zuge der AMGNovelle in Kraft getreten ist, erwähnt. Danach dürfen Leistungserbringer des SGB V Vertragsärzte nicht gegen Entgelt an der Versorgung beteiligen. Die Sanktionen, die an den Verstoß gekoppelt sind, können spürbar bis existenzvernichtend sein: Im Extremfall droht nach § 128 Absatz 3 SGB V der Ausschluss von der Versorgung der gesetzlich Versicherten für die Dauer bis zu zwei Jahren. Fazit Die Diskussion wird derzeit überhitzt geführt. Die Problematik ist durchaus nicht neu. Was der Gesetzgeber den Ärzten auf der einen Seite zubilligt und teilweise sogar fördert, wird ihnen auf der anderen, privatrechtlichen Seite verboten. Von diesem Blickwinkel jedoch wird die öffentliche Diskussion nicht geführt. Sicher sollten die Entscheidungen des Arztes in der medizinischen Behandlung zu keiner Zeit allein von wirtschaftlichen Erwägungen bestimmt sein. Aber auch ohne Zuweiserpauschale kann ein Arzt heute längst nicht mehr losgelöst von wirtschaftlichen Kriterien entscheiden. Dafür sorgen schon die Gesundheitsgesetze und die Kassen. Der niedergelassene Arzt ist mit und ohne Zuweiserpauschale heute auch Unternehmer. Es bleibt abzuwarten, wie die Verträge zwischen Ärzten und Kliniken in Zukunft gestaltet werden. Eine engere Kooperation zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken wird aber, nicht zuletzt im Interesse einer medizinisch wie wirtschaftlich optimalen Versorgung der Patienten, mit Sicherheit nicht aufzuhalten sein. Dr. Katja Held Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht Über Ecovis Ecovis ist ein Beratungsunternehmen für den Mittelstand und zählt in Deutschland zu den Top 10 der Branche. In den mehr als 120 Büros in Deutschland sowie den über 50 internationalen Partnerkanzleien arbeiten etwa 2.700 Mitarbeiter. Die Beratungsschwerpunkte und Kernkompetenzen von Ecovis liegen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Rechtsberatung. Ärzte, Gemeinschaftspraxen sowie Medizinische Versorgungszentren, Krankenhäuser, Pflegeheime und Apotheken sind unter den von Ecovis beratenen verschiedenen Branchen stark vertreten. Über 2.000 Unternehmen aus dem Bereich Gesundheit/Medizin zählen zu den Mandanten von Ecovis. Ihre besondere Beratungsstärke beziehen die Ecovis-Kanzleien aus dem Zusammenspiel mit dem zentralen Back-Office. Der hier zur Verfügung stehende Expertenpool ermöglicht eine große Beratungsbandbreite und kompetente Beratungsleistungen auf höchstem Qualitätsniveau. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten und Unternehmensberatern schafft neue Beratungsansätze und ermöglicht spezielle Branchenlösungen. 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