1. Einleitung „Herausnehmen möchte ich unsere Frauen, die im Stillen Unglaubliches geleistet haben. Das fing an von der Bewirtung und dem Gutzureden unserer Kameraden und Kameradinnen, die aktiv draußen im Wahlkampf standen. Und das hörte auf beim Wäschewaschen für die Kameraden.“ (zit. nach Röpke 2007) Mit diesen Worten bedankte sich der NPD-Spitzenkandidat in Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, nach der erfolgreichen Landtagswahl im September 2006 bei seinen weiblichen Gesinnungsgenossen. Dieses Zitat spiegelt das allgemein vorherrschende Klischee genau wieder: Frauen in der rechtsextremen Szene sind bescheiden, fürsorglich und treu – und finden sich stets unsichtbar an der Seite ihrer Männer, um ihnen im politischen Kampf den Rücken freizuhalten. Doch tatsächlich hat sich die Rolle der Frau auch am rechten Rand der Gesellschaft verändert. „Wir finden alle Rollenbilder, die es auch sonst in der Gesellschaft gibt, vom Heimchen am Herd bis zur Karrierefrau“1, sagt die Sozialwissenschaftlerin Michaela Köttig, die die Lebenswege rechter Frauen erforscht. Auch viele rechte Frauen selbst sehen ihre eigene Rolle inzwischen anders: so fordert beispielsweise die „Fränkische Aktionsfront“ die „moderne, anständige, revolutionäre, selbstbewusste, nationale, deutsche Frau“. (zit. nach Döhring und Feldmann 2005, S.23) In der rechtsextremen Ideologie findet dieser Wandel bislang jedoch kaum Niederschlag – in aller Regel wird ein Frauenbild propagiert, das sich an dem Ideal der nationalsozialistischen und nicht berufstätigen Mutter orientiert, die das Brauchtum hochhält und ihre Kinder zu „guten Deutschen“ erzieht. Dieses Weltbild vertritt im Grundsatz auch die einzige überparteiliche, bundesweit agierende nationalistische Frauenvereinigung, die Gemeinschaft deutscher Frauen (GDF). (Röpke und Aden 2007) Im alltäglichen Leben entstehen durch dieses rückwärtsgewandte Frauenbild für die Mitglieder jedoch Probleme, denn vielen gesellschaftlichen Entwicklungen können sich auch neonazistische Frauen nur schwer entziehen. 1 In dieser Arbeit möchte ich am Beispiel der GDF der Frage nachgehen, welche Strategien rechtsextremistische Frauen im Internet anwenden, um diesen Konflikt zwischen dem vermittelten Frauenbild und ihrem tatsächlichen Lebensalltag für sich selbst aufzulösen. Wie argumentieren sie untereinander in virtuellen Diskussionsforen? Welche Linie vertritt die GDF in dieser Frage nach außen genau? Und wie erfolgversprechend ist die offizielle Kommunikationsstrategie der GDF? Im ersten Teil der Arbeit geht es um Frauen in der rechten Szene allgemein. Wie groß ist ihr Anteil? Welche Funktion erfüllen sie und wie sehen ihre konkreten Aufgaben aus? Anschließend befasst sich die Arbeit mit der Bedeutung des Internets für nationalistische Gruppierungen. Im nächsten Abschnitt soll dann die „Gemeinschaft deutscher Frauen“ vorgestellt werden – wie und wann ist die Gruppe entstanden – und wer steckt eigentlich dahinter? Eingehend möchte ich im folgenden die Internetseite der Gruppe analysieren. Wie ist sie aufgebaut? Welche Inhalte finden sich und an wen richtet sie sich? Besondere Aufmerksamkeit soll an dieser Stelle dem „Über uns“-Teil zukommen. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, jedes einzelne Element der Internetseite einzuordnen – die weiteren Bereiche werden aus diesem Grund nur kurz angesprochen. Schließlich soll die Sprachverwendung auf der GDF-Seite näher betrachtet werden - welche Auffälligkeiten lassen sich insgesamt feststellen? In einem weiteren Teil soll es dann konkret um das vermittelte Frauenbild gehen. Welche Positionen propagiert die GDF zu den Bereichen Partnerschaft, Mutterschaft und Berufstätigkeit? Abschließend sollen diese Positionen dann verglichen werden mit den Argumentationsstrategien, die im so genannten Mütterforum zur Anwendung kommen. Hier tauschen sich die Nutzerinnen virtuell über ihren Lebensalltag aus – und über die Konflikte, die durch die Divergenz zwischen der Ideologie und dem Lebensalltag entstehen. Es finden sich beispielsweise Diskussionen zu Fragen wie „Lasst Ihr eure Kinder Jeans tragen?“ oder „Wie steht Ihr zu pränataler Diagnostik?“ 2 Zum Thema „Frauen in der extremen Rechten“ finden sich etwa seit Mitte der neunziger Jahre vermehrt wissenschaftliche Publikationen. Zuvor spielte der Geschlechter-Aspekt so gut wie keine Rolle in der Forschung zum Thema Rechtsradikalismus. Seit Mai 2000 existiert das „Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus“, in dem sich Politikwissenschaftlerinnen, Historikerinnen, Soziologinnen und Pädagoginnen zusammengeschlossen haben, um die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema weiter voranzutreiben. Trotzdem gibt es nur eine überschaubare Anzahl von Untersuchungen und Arbeiten aus den vergangenen Jahren - fast gar kein Material existiert dementsprechend zum Thema „rechtsextremistische Frauen und Internet“. In den Medien wurde dem Thema „Frauen und Rechtsextremismus“ hingegen in steigendem Maße Aufmerksamkeit gewidmet. 2. Die rechtsextreme Szene 2.1. Daten und Fakten zu Frauen in der rechtsextremen Szene Wie viele Frauen in Deutschland rechtsextremistischen Überzeugungen anhängen oder der rechtsextremen Szene angehören, ist nicht ganz klar – der Verfassungsschutzbericht 2006 als einzige offizielle Quelle ist nicht nach Geschlechtern aufgeschlüsselt. (Bundesamt für Verfassungsschutz 2007) Auch sonst liegen nur wenige wissenschaftlich belastbare Zahlen zur Partizipation von Frauen an der rechtsextremen Szene vor. Zumeist handelt es sich um Schätzungen, die zum Teil erheblich voneinander abweichen. So geht beispielsweise die Expertin Renate Feldmann in einem Interview mit Spiegel Online davon aus, dass in rechtsextremen „Organisationen und Cliquen (...) ein Drittel der Mitglieder weiblich“ sind. (Padtberg 2007) Laut Tageszeitung schätzt hingegen der Verfassungsschutz den Frauenanteil in der Kameradschaftsszene insgesamt auf rund zehn Prozent. (Speit 2006) In einigen Regionen liegt der Wert jedoch auch nach Auffassung der Behörde offenbar deutlich höher: in Niedersachsen bei rund 20 Prozent, in Thüringen sogar bei fast 30 Prozent. (Röpke und Speit 2005, S.88) 3 Renate Bitzan fasste die Lage wie folgt zusammen: „Werden (...) diejenigen Daten und Schätzungen zusammengetragen, die vorliegen, so sind (...) folgende Angaben zum Frauenanteil in rechtsextremen Gruppen zu nennen: von bis zu ‚zehn Prozent’ über ‚20 Prozent’ bis zu einem ‚Viertel bis Drittel’.“ (Bitzan 2000, S.28) Die Zeitung Die Zeit kommt im Jahr 2002 zu folgendem Ergebnis: „ Verbindet man Schätzungen aus verschiedenen Quellen, so kommt man auf bundesweit mindestens 1500 rechtsradikale Frauen.“ (Staud 2002) Das Potenzial ist vermutlich jedoch noch weit größer. So ergab eine repräsentative Emnid-Umfrage im August 2007, dass bis zu 14 Prozent aller Frauen sich vorstellen könnten, ihre Stimme einer Partei rechts von der CDU zu geben. (Röpke 2007) Bislang werden rechtsextreme Parteien jedoch noch überwiegend von Männern gewählt, nach verschiedenen Erhebungen sind rund zwei Drittel der Parteianhänger männlich und etwa ein Drittel weiblich. (Döhring und Feldmann, S.18) In einer Frage sind sich die Experten jedoch einig: Der Frauenanteil in der rechtsextremen Szene nimmt seit Jahren kontinuierlich zu. Inzwischen gibt es rund 20 parteiunabhängige Frauenorganisationen – bis auf die GDF arbeiten alle regional - , hinzu kommen dann noch die Frauenorganisationen der Parteien. (Jütz und Schlenz 2007) Doch auch wenn inzwischen die ersten Frauen in der rechtsextremen Szene offensiv Anspruch auf Führungspositionen erheben – die Regel ist das noch nicht. Zumeist agieren sie in der zweiten Reihe. Sie sorgen für eine reibungslose Organisation von Parteiveranstaltungen oder Rechtsrockkonzerten, sie planen Kinderfeste, unterstützen die Männer bei Demonstrationen, engagieren sich im „Braunen Kreuz“, einem nationalen Sanitätsdienst oder betreuen inhaftierte Kameraden in der „Hilfsgemeinschaft für nationale Gefangene (HNG). „Weil sie unauffälliger sind, also scheinbar ungefährlich, mieten sie Räume (...), führen Telefonate, eröffnen Konten und Postfachadressen, verkaufen rechte Waren bei eBay oder melden Aufmärsche an“, erklärt auch Feldmann. (Padtberg 2007) 4 Bitzan beschreibt die Funktionen der Frauen in der rechten Szene wie folgt: Sie findet den „(...) Begriff der Mittäterin passend, wenn es um das Mitwirken an der eigenen unterdrückten Position geht, der Begriff der Komplizin, wenn es um die aktive Beteiligung von Frauen an von Männern konzeptionierten Ausbeutungsverhältnissen gegenüber Dritten geht, und der Begriff der Täterin, wenn es um eine unabhängige vom Interesse oder ohne Druck von Männern verübte Tat geht.“ (Bitzan 2000, S.78) Dass der Frauenanteil stetig wächst, ist kein Zufall – vielmehr zeigt sich daran auch eine veränderte Strategie der rechtsextremen Führungsriege. Lange Zeit war das Image denkbar schlecht, glatzköpfige dumpfe Mitläufer prägten das öffentliche Bild. Die neue Strategie sieht anders aus und in ihre spielen die Frauen eine entscheidende Rolle. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung fasste Klaus Beier, Pressesprecher der NPD, die Taktik wie folgt zusammen: „Erstens, der Kampf um die Straße, wobei man nicht denken soll, dass wir mit Hauruck marschieren. Da gehören Infostände dazu oder Gespräche bei Festivitäten. Das überschneidet sich im Grunde schon mit zweitens, dem Kampf um die Köpfe. Dass man an mehr neue Menschen herankommt, sich in der Mitte des Volkes in Vereinen betätigt, aber nicht, um die Vereine zu unterwandern (...) Es geht um die Präsenz. Dass man da ist. Denn sobald die Leute merken, mit der oder dem kann man ja ein Gläschen trinken, schmeißen sie einen auch nicht mehr raus, wenn sie mitkriegen, dass man in der NPD ist. Und genau das ist dann der Punkt an dem der Kampf um die Parlamente beginnen kann, Säule drei.“ (Meinhardt 2007) Zudem werde durch einen stärkeren Frauenanteil ein weiteres Ziel erreicht, meint die Sozialwissenschaftlerin Kötting: „Dass die Szene für Frauen attraktiver wird, führt zu einer Stabilisierung. Die Männer können innerhalb der rechten Gruppen eine Freundin finden und heiraten.“ Bislang hätten sich rechtsextreme Männer oft aus der Szene zurückgezogen, wenn sie eine Beziehung eingegangen seien. Das sei nun nicht mehr nötig: „Aus dem Lebensabschnitt wird ein Lebensprojekt.“ (Schmitt 2006) Und auch die Kinder dieser Paare wachsen ganz selbstverständlich mit den Überzeugungen ihrer Eltern auf – und so unmittelbar in die rechtsextreme Szene hinein. 5 2.2. Die Bedeutung des Internets für die rechtsextreme Szene „Es ist billig, schnell und sauber. Wir lieben es.“ (zit. nach Pfeiffer 2004, S.227) Mit diesen Worten fasste die Webmasterin der rechtsextremen Homepage des Revisionisten Ernst Zündel bereits im Jahr 1996 die Vorteile des Internets für die Extreme Rechte zusammen. Inzwischen hat die Szene die Nutzung des World Wide Web perfektioniert. Kameradschaften informieren auf ihren Seiten über Demonstrationen und Kontaktmöglichkeiten, rechtsextreme Bands bewerben ihre rassistische Musik, einschlägige Versandhändler vertreiben über das Netz rechtsextreme Devotionalien, die NPD verbreitet Propagandaschriften und wirbt um jugendlichen Nachwuchs, in Foren tauschen sich „nationale Mütter“ über Erziehungsprobleme aus, vereinzelt finden sich sogar „nationale Jobbörsen“ und Flirtportale speziell für „Kameradinnen und Kameraden“. Kurz zusammengefasst: Es gibt in diesem Bereich beinahe nichts, was es nicht gibt. Die Entwicklung nahm Mitte der neunziger Jahre ihren Anfang. Damals ging als eine der ersten professionellen rechtsextremen Internetseiten im World Wide Web die „Stormfront“-Homepage des US-Neonazis Don Black online. (Dietzsch und Maegerle 1997, S.51) Seit 1980 war er Vorsitzender des rassistischen Klu Klux Klan, 1981 wurde Black inhaftiert und kurz später zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt, nachdem er versucht hatte, auf der Karibikinsel Dominica gewaltsam die Macht zu übernehmen, um einen Staat ausschließlich für Weiße einzurichten. (Pfeiffer 2004, S. 215) Als erste rechtsextreme deutsche Gruppe richtete die NPD im März 1996 eine eigene Homepage ein. Die vom Augsburger Ortsverband bestückte Seite „Der Aufbruch“ enthielt einige Propagandatexte sowie Kontaktadressen. (Pfeiffer 2004, S.216) Die Internetadressen rechtsextremer Seiten änderten sich besonders in den neunziger Jahren relativ häufig, auch heute noch ist dieses Phänomen feststellbar. Der Grund dafür 6 ist, dass einige Provider2 solche Homepages abschalten, sobald sie von den Inhalten Kenntnis erlangen. Um dieses Problem zu umgehen, trat die NPD im Jahr 1997 erstmals selber als Provider auf und gründete das „Deutsche Netzwerk“. (Pfeiffer 2004, S. 217) Später betätigten sich dann auch rechtsextreme Einzelpersonen als professionelle Online-Dienstleister. Zu ihnen gehört der Hamburger Jens Siefert, dessen Firma „Netzpunkt Internet-Service“ lange Zeit rechtsextremistische Seiten ans Netz brachte. (Pfeiffer 2004, S. 217) Inzwischen hat Siefert sein Unternehmen an Ronald Haser verkauft3 – einem Mitbegründer der Rechtsrock-Band Nordwind. Inzwischen hat sich die Zahl rechtsextremer Internetseiten vervielfacht. Ende 2006 zählten die Verantwortlichen des Bündnisses jugendschutz.net4 insgesamt 1218 entsprechende Angebote. Auch die Professionalität hat in erheblichem Maß zugenommen. Viele Seiten sind inzwischen mit großem Sachverstand erstellt – vielfach werden neueste technische Entwicklungen berücksichtigt. Der Erhebung zufolge hatten Ende 2006 130 Betreiber multimediale Inhalte in ihre Internetpräsenzen integriert - die Seiten enthielten Musik, Flash-Animationen oder Videos. Auf 171 Seiten fand sich ein Gästebuch, 84 Homepages boten den Neonazis in interaktiven Diskussionsforen die Möglichkeit zum Gedankenaustausch.5 Angesichts der rasant steigenden Nutzung von Video-Formaten im Internet im Jahr 2007 kann davon ausgegangen werden, dass sich dieser Trend auch verstärkt in Bezug auf rechtsextreme Internetseiten wiederfinden wird.6 Ein deutliches Indiz für diese These ist die Nutzung der Internet-Videotauschbörse YouTube durch Neonazis. Die Plattform bietet den Rechtsextremen unter anderem den Vorteil, dass sie nicht dem deutschen, sondern dem US-amerikanischen Recht unterliegt. (Schenkel 2007) Die US-Verfassung garantiert eine weiter gefasste Meinungsfreiheit als die deutschen Gesetze – und die Betreiber fühlen sich der 2 Der Provider ist die Schaltstelle zwischen Benutzer und Netz. Er ermöglicht es dem User, auf Netzinhalte zuzugreifen und Seiten einzuspeisen. 3 Vergl. http://www.netzpunkt.net/, Impressum, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008 4 jugendschutz.net wurde 1997 von den Jugendministern aller Bundesländer gegründet, um jugendschutzrelevante Angebote im Internet zu überprüfen und auf die Einhaltung von Jugendschutzbestimmungen zu drängen. 5 Vergl. http://www.jugendschutz.net/pdf/re_kurzbericht_06.pdf, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008 6 Entsprechende Erhebungen liegen noch nicht vor. 7 amerikanischen Verfassung verpflichtet. Grundsätzlich unterliegen die in Deutschland abrufbaren Internetbeiträge zwar den gleichen rechtlichen Bestimmungen wie alle anderen Medien auch. Bei Inhalten im Internet gestaltet sich das Vorgehen gegen verfassungsfeindliche Beiträge jedoch schwierig, sobald diese zwar von Deutschland aus abrufbar sind, aber nicht auf in Deutschland stehenden Servern eingestellt wurden. Auf YouTube findet sich so denn auch die ganze Bandbreite neonazistischer Propaganda. Interessierte können historische Filmaufnahmen abrufen, in denen deutsche Soldaten im zweiten Weltkrieg glorifiziert werden. Rechtsextreme Parteien wissen die Tauschbörse als günstige Plattform für Werbung in eigener Sache zu schätzen – hinzu kommt, dass sie dort genau die junge Zielgruppe erreichen, auf die sie besonderen Wert legen. Es finden sich Mitschnitte von Kameradschaftsabenden, Aufmärschen und Rechtsrock-Konzerten. Besonders bedenklich scheint mir die Denunzierung politischer Gegner auf YouTube. So stellten Neonazis beispielsweise einen Beitrag über die Journalistin Andrea Röpke ein, die seit Jahren kritisch über die rechtsextreme Szene berichtet. Zunächst sind Bilder von ihr zu sehen, dann werden beleidigende Texte eingeblendet, anschließend nennen die Autoren ihre volle Adresse und zeigen Filmaufnahmen ihres Wohnhauses und ihrer Nachbarschaft. (Schenkel 2007) In der Folge bedrohten Neonazis Röpke in ihrer Wohnung. (Speit 2007) Dieses Video wurde zwischenzeitlich von den YouTubeBetreibern aus dem Netz genommen – es tauchte anschließend jedoch mit leicht veränderten Titeln immer wieder auf. 2.3. Die Gemeinschaft Deutscher Frauen Lange Zeit spielten eigene Organisationen für rechtsextreme Frauen eine eher untergeordnete Rolle. Dies änderte sich jedoch Anfang der neunziger Jahre mit der Gründung des Skingirl-Freundeskreises Deutschland (SFD). In ihm organisierten sich Frauen aus ganz Deutschland erstmals eigenständig ohne männliche Initiative. (Hamann 2002, S. 47) In den folgenden Jahren sollten weitere rechtsextreme Organisationen von Frauen für Frauen folgen – der SFD unterscheidet sich von ihnen jedoch durch seine 8 langjährige Aktivität. Er existierte beinahe zehn Jahre und löste sich im Jahr 2000 selbst auf. Das Hauptziel des SFD bestand weniger darin, politische Aktionen zu initiieren als vielmehr Frauen ein Gemeinschaftsgefühl zu geben, sie für bestimmte Themen zu organisieren und zu politisieren. (Döhring und Feldmann 2005, S.19) Die Mitgliederzahl ist nicht genau bekannt, wurde jedoch auf 20 bis 40 Frauen geschätzt. (Hamann 2002, S.47) Die Gemeinschaft Deutscher Frauen kann als Nachfolgeorganisation des SFD gesehen werden. (Döhring und Feldmann 2005, S.20) Wie bereits eingangs erwähnt, ist sie die einzige rechtsextreme Frauenorganisation, die bundesweit und überparteilich arbeitet. Ebenfalls deutschlandweit tätig ist der Ring Nationaler Frauen (RNF) – er ist jedoch die Frauenorganisation der rechtsextremen Nationalen Partei Deutschlands (NPD). Doppelmitgliedschaften sind jedoch offenbar eher die Regel als die Ausnahme. (Elverich 2007) Schaut man sich den Internetauftritt der GDF7 an, geht es der Gruppe ähnlich wie schon dem SFD offenbar in erster Linie darum, ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen. Brauchtum, Kultur und Kindererziehung sind die zentralen Themen, stets gewürzt mit einer völkischen Note. Der Frau als Mutter und Erzieherin wird dabei eine besondere Position zugewiesen. Politische Aktionen haben offenbar keinen Vorrang, obwohl sie vereinzelt auch stattfinden. Dies zeigt sich auch in der Selbstbeschreibung der GDF deutlich. Sie lautet wie folgt: „WIR, das sind Mädels, Frauen und Mütter, die aktiv an einer nationalen Gemeinschaft teilhaben, diese gestalten und erleben. WIR, wollen gemeinsam alte Werte und altes Wissen erarbeiten und vermitteln (...) WIR, leben Kameradschaft. WIR, erweitern unser Wissen über deutsches Brauchtum (...), über Kindererziehung, ganzheitliche Lebensführung, Politik und vieles mehr. WIR, wissen, wie wichtig die Stellung der Frau 7 Vergl. www.g-d-f.de, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird vielfach auf die Internetseite bezug genommen. Diese ist allerdings so programmiert, dass im Adressfeld keine Deeplinks auftauchen, die Quelle also stets nur mit www.g-d-f.de angegeben werden kann. Aus diesem Grund wird gelegentlich auf die erneute Nennung verzichtet. Bei allen Zitaten von der GDFInternetseite wurde die Originalschreibweise übernommen. 9 im Schicksalslauf unseres Volkes ist. WIR, lernen aus dem Vergangenem, leben in der Gegenwart und gestalten die Zukunft für unser Deutschland. WIR, reden nicht nur, sondern handeln. (...) WIR, erwarten von unseren Frauen Disziplin, Ehrlichkeit, Offenheit, aktive Mitarbeit, Kameradschaft und eine nationale Gesinnung.“8 Eine zentrale Figur in der GDF ist Michala Zankert, auf sie ist auch die Domain des Internetauftrittes angemeldet.9 Sie zeichnet ebenfalls verantwortlich für den „Nationalen Sanitätsdienst“ (NSD) – eine rechtsextreme Vereinigung von Ärzten, Pflegepersonal sowie Vertretern anderer Berufsgruppen aus dem medizinischen Bereich. Der NSD übernimmt laut Selbstauskunft unter anderem bei Demonstrationen die „medizinische Notversorgung“ - „aus der Notwendigkeit heraus, dass es immer häufiger zu Übergriffen seitens linker Chaoten auf Nationalisten kommt“.10 Als inhaltlich Verantwortliche wird im Impressum der GDF-Seite Stella Hähnel geborene Palau angeführt. Sie ist in er rechtsextremen Szene eine bekannte Größe. So sitzt sie beispielsweise zudem im Vorstand des Rings Nationaler Frauen und fungiert dort als Pressesprecherin. 11 Auch in der NPD ist sie Vorstandsmitglied. 12 Sie ist verheiratet mit dem NPD-Funktionär und „nationalen Liedermacher“ Jörg Hähnel, der auch der Vater ihrer zwei Kinder ist. 13 Wie viele Mitglieder die Gemeinschaft deutscher Frauen insgesamt hat, ist unklar. Einige der bundesweit sieben Regionalgruppen geben auf der GdF-Internetseite jedoch Auskunft über ihre Größe. Demnach sind in der Region Nord (Schleswig Holstein, Hamburg, Mecklenburg und Nord- Niedersachsen) elf Frauen aktiv. Die Regionalgruppe Sachsen, Sachsen-Anhalt, 8 9 Vergleiche: www.g-d-f.de, so gesehen am 30. Januar 2008 Vergleiche: www.denic.de. Die Denic ist die zentrale Registrierungsstelle für alle .de-Domains. Hier kann jeder Internetnutzer überprüfen, auf wen Internetseiten zugelassen sind. Die Abfrage für die Seite der GDF erfolgte am 12. Dezember 2007. 10 Vergleiche: www.nationaler-sanitaetsdienst.de, so gesehen am 30. Januar 2008. Vergleiche: http://www.ring-nationaler-frauen.de/ , so gesehen am 30. Januar 2008 12 Vergleiche http://www.npd.de/index.php?sek=0&pfad_id=14&seite_id=16&vid=1020.html, so gesehen am 30. Januar 2008. 11 10 Thüringen meldet „vier Mitglieder und vier Interessierte“. Keine Informationen liegen aus den Regionalgruppen Süd-West (Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Saarland, Hessen), Berlin-Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern sowie Niedersachsen/Nordrhein-Westfalen vor. Die Beschreibungen gemeinsamer Aktivitäten beispielsweise aus Nordrhein-Westfalen oder Bayern14 legt jedoch die Annahme nahe, dass die Region Nord mit ihren elf Mitgliedern vermutlich die größte Gruppe ist. Demnach scheint eine GesamtMitgliederzahl zwischen 25 und 50 realistisch zu sein. 3. Der Internetauftritt der GdF 3.1. Allgemeines Semiprofessionell, altmodisch, umfassend – mit diesen drei Schlagworten lässt sich die Internetseite der GDF treffend beschreiben. Der Hopepage ist deutlich anzumerken, dass sie vermutlich von einem heimischen Schreibtisch aus mit einem Standardprogramm gepflegt wird. Vieles spricht zudem dafür, dass sich niemand professionell oder hauptamtlich um den Internetauftritt kümmert. Einen Hinweis gibt in diesem Zusammenhang die Aktualität. Auf der Startseite ist sofort ersichtlich, wann die Homepage das letzte Mal bearbeitet wurde – was dafür spricht, dass die Macherinnen an sich selbst durchaus den Anspruch erheben, die Seite stets aktuell zu halten. Dies gelingt jedoch nicht immer: So prangt Mitte Januar noch immer das Bild eines Weihnachtsbaums auf der Startseite, darunter der Hinweis, dass die letzte Bearbeitung am 26. Dezember stattgefunden hat.15 Insgesamt gibt es auf der Homepage nur wenig pflegeintensive Rubriken und dort wo es sie gibt, wird deutlich, dass eine täglich Betreuung der Seite nicht gewährleistet ist. So findet sich Beispielsweise: „Die jeweilige Gastgeberin sorgt für ein Mittagessen“ (Region Niedersachsen/NRW) oder „unsere Regionaltreffen finden (...) größtenteils in den privaten Räumlichkeiten einer Kameradin statt“ (Region Süd-West), vergleiche www.g-d-f.de, so gesehen am 8. Januar 2008. 15 www.g-d-f.de, so gesehen am 8. Januar 2008 14 11 beispielsweise im Bereich „Demo-Termine“ nur ein einziger Eintrag: Ein Aufmarsch in Berlin, der bereits sechs Wochen zuvor stattgefunden hat.16 Interessierten wird jedoch eine große Anzahl von Informationen geboten: Es finden sich Abhandlungen zu verschiedenen theoretischen oder alltäglichen Problemstellungen, Berichte über gemeinsame Ausflüge und Aktivitäten, Erklärungen zum Brauchtum, Liedtexte und vieles mehr – viele Inhalte sind jedoch relativ schwer auffindbar und die Seite insgesamt eher unübersichtlich. So sind beispielsweise die einzelnen Übersichtsseiten oft mehr als zehn Bildschirmseiten lang, der Nutzer hat also keine Chance, auf einen Blick zu erfassen, was ihn erwartet, sondern muss zunächst weit nach unten scrollen. Zudem kommen an mehreren Stellen unterschiedliche Schrifttypen und –größen zum Einsatz, was ein insgesamt uneinheitliches Bild vermittelt. Multimediale Elemente suchen die Nutzer vergeblich. Es kommen keine Videos, Audios oder Animationen zum Einsatz. Auch Interaktivität spielt nur eine untergeordnete Rolle. In diesem Bereich existiert zunächst ein Gästebuch, in dem Besucher Grußbotschaften hinterlassen oder Seitenkritik üben können. Zudem existieren zwei virtuelle Diskussionsforen: Eines für die Allgemeinheit, ein weiteres speziell für Mütter. Zudem bietet die GDF einen regelmäßigen Chat an, in dem Mitglieder Interessierten Fragen beantworten. Stellt man sich die Frage, an welche Zielgruppe sich die GDF mit ihrem Internetauftritt richtet, scheint es zunächst plausibel, dass es die eigenen Mitglieder sind. Es fällt jedoch auf, dass es zusätzlich einen eigens eingerichteten Bereich speziell für eben diese Mitglieder gibt – dieser ist passwortgeschützt und somit für „normale“ Nutzer der Seite nicht zugänglich. Es scheint wahrscheinlich, dass mit dem prominent angelegten Link auf den internen Bereich Neugier erzeugt werden soll und die Macherinnen auf diesem Weg einen zusätzlichen Anreiz für interessierte Sympathisantinnen schaffen wollen, der Gemeinschaft deutscher Frauen beizutreten. Die Hauptzielgruppe, die mit der GDF-Homepage erreicht werden soll, besteht somit offenbar sowohl aus den Mitgliedern als auch aus Sympathisantinnen. Zugleich ist 16 www.g-d-f.de, so gesehen am 8. Januar 2008 12 jedoch davon auszugehen, dass den GDF-Frauen bewusst ist, dass zudem völlig Unbeteiligte, Journalisten und Vertreter der politischen Gegenseite mitlesen – vereinzelt wird dies auch an Diskussionsbeiträgen im Forum deutlich.17 3.2. Aufbau, Ziele und Inhalte der Seite 3.2.1. „Über uns“ Der „Über uns“-Teil auf der GDF-Internetseite ist sehr umfangreich. Er beginnt mit einer Vorstellung der Regionalgruppen. Nutzer können eine interaktive Karte anklicken und sich anzeigen lassen, welche GDF-Gruppe wo aktiv ist und wie diese Aktivitäten vor Ort aussehen. Anschließend folgt eine Abhandlung über das Selbstverständnis der GDF.18 In diesem Teil wird deutlich, dass die Mitglieder sich nicht nur einer Regionalgruppe, sondern auch einer Arbeitsgruppe anschließen sollen. Angeboten werden die Themen „Brauchtum und Kultur“, „Natur- und Heimat“, „Wanderfreunde“ sowie „Mutter und Kind“. Auffällig ist, dass zur Kontaktaufnahme lediglich eine E-Mail- sowie eine PostfachAdresse angeboten werden. Eine Telefonnummer wird nicht genannt, auch eine direkte Ansprechpartnerin taucht nicht auf. Stattdessen wird angekündigt, dass sich „eine unserer Frauen, die Dich betreut“ innerhalb von zwei Wochen melden wird. Anschließend folgen zwei weitere Texte, die sich – im weiteren Sinne – erneut um das Selbstverständnis der GDF drehen. Zunächst wird das Symbol der Gruppe – ein „Dreierschild“ - erläutert, dann folgt ein Aufsatz über die Bedeutung einer Gemeinschaft. Im nächsten Teil wird es dann weniger theoretisch: Die regelmäßigen GDF-Termine werden vorgestellt, Nutzerinnen können Liedermappen und Hemden bestellen und die Gruppe gratuliert „unserer Kameradin aus Pommmern“ zur Geburt ihres ersten Kindes. So beschuldigt beispielsweise „Helfhild“ in einer Diskussion über die ARD-Sendung Bräuteschule „Fredegunda“, eigentlich zur politischen Gegenseite zu gehören und die „nationalen Mütter“ nur aushorchen zu wollen: „Deine Fragerei erinnert langsam an die ‚Andrea-Rötke-Inquisition’. In der Art, mal sehen, was man aus den Frauen alles herausfragen kann.“ Vergleiche: http://forum.mysnip.de/read.php?5491,625648,625648#msg-625648, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008 18 Vergleiche Punkt 2.3. dieser Arbeit 17 13 Der gesamte zweite Abschnitt des „Über uns“-Teils ist Beiträgen von Mitgliedern vorbehalten, die von gemeinsamen GDF-Aktionen berichten. Anstatt die Aufsätze im Einzelnen vorzustellen, sollen im folgenden lediglich Auffälligkeiten herausgearbeitet werden. Insgesamt finden sich in diesem Teil 22 unterschiedlich lange, mit Vornamen gekennzeichnete Texte. Unterteilt man sie grob nach ihren Inhalten drehen sich zehn von ihnen um rein politische Aktionen, wie beispielsweise Demonstrationen. Fünf der Veranstaltungen, von denen berichtet wird, haben reinen Freizeitcharakter – hierzu gehören unter anderem Bastelstunden. Die restlichen sieben lassen sich als Mischformen charakterisieren – hier gehörten beispielsweise sowohl Vorträge über politische Themen mit anschließendem Liederabend als auch Freizeitelemente wie gemeinsame Spiele zum Programm. Aus mehreren der Texte geht hervor, dass die Aufnahme neuer Frauen in die GdF in einem Ritual erfolgt. Wie dieses genau aussieht, wird nicht erklärt. Offenbar findet jedoch einmal pro Quartal ein überregionales Treffen statt, in dessen Rahmen dann Interessentinnen offiziell zu Mitgliedern werden. So wird beispielsweise in einem Bericht über das „Herbsttreffen in Seelow“ der für die „Aufnahmefeier (...) festlich zurecht gemachte Gruppenraum“ erwähnt. In einem Beitrag über das „Sommertreffen in Thüringen heißt es: „Am Abend wurden in einer feierlichen Zeremonie einige Kameradinnen in die GDF aufgenommen. In diesem Moment wurde mir bewusst wie intensiv die Mädels in diesem Bund zusammengewachsen sind und wie nahe sie sich stehen. Und so flossen etliche Tränen der Rührung und der Freude. Ich glaube, erst wenn man so eine Zeremonie einmal miterleben durfte, kann man wirklich begreifen, dass diese Frauen ihre Arbeit und ihr Tun mit ganzem Herzen und vor allem auch von ganzem Herzen erfüllen.“ Interessant ist auch, dass die GDF offenbar auch international gute Kontakte pflegt. So berichten zwei Frauen von einer Reise nach Spanien, um dort an einer Demonstration anlässlich des Todestages des ehemaligen Diktators Francisco Francos teilzunehmen. 14 Sie schreiben: „Wir (...) wurden gastfreundlich von einigen Mitgliedern der Falage 19 empfangen“. In einem anderen Beitrag geht es um eine Demonstration in Lettland, zu der ebenfalls zwei GdF-Mitglieder anreisten. Dort heißt es unter anderem: „Einen anregenden Abend verbrachten wir mit Kameraden aus Lettland.“ Immer wieder wird in den Aufsätzen deutlich, was für eine wichtige Rolle das gemeinschaftliche Element bei den Veranstaltungen der GDF spielt. Eine Teilnehmerin jubelt in ihrem Bericht nach dem „Sommertreffen in Thüringen“: „GDF – Das war für mich bis zu diesem Zeitpunkt eine Frauenorganisation die eben den Begriff „Gemeinschaft“ im Namen führt. Nach diesem Wochenende muss ich sagen, dass dies für die GDF nicht nur eine Begriff ist, sondern das sie wirklich eine Gemeinschaft sind, sich als solche fühlen und diese Gemeinschaft vor allem leben!“ 3.2.2. Von „Wissen“ bis „Kultur“ – weitere Elemente der GDF-Seite im Überblick Ein weiterer umfangreicher Teil der GDF-Seite ist dem Bereich Bildung im Sinne der Organisation vorbehalten. Unter der Überschrift „Wissen“ finden sich knapp 100 Aufsätze untergliedert nach den Themenbereichen „Frauentum“, „Geschichte“, „Politik“, „Umwelt, Gesundheit und Ernährung“, „Persönlichkeiten“ und „Sonstiges“. Um nur einige inhaltliche Beispiele zu nennen: Das Spektrum reicht von „Selbstverständnis der Frau in der heutigen Zeit“20 über „BDM-Osteinsatz“, „Frankfurter Schule“ und „Die Pille – Mordwaffe oder Verhütungsmittel“ bis hin zu „Unsere Bienenvölker“. Im Bereich „Kultur“ finden die Nutzer völkisch geprägte Texte rund um das Thema Brauchtum. Neben Liedern, Gedichten und Tischsprüchen werden verschiedene Festtage, ihre geschichtlichen Hintergründe sowie Vorschläge zur Begehung präsentiert. Dabei deuten die Autoren christliche Feiertage in der Regel um. So wird beispielsweise aus Weihnachten das „Julfest“ zu Ehren der Sonne als Sinnbild des „immerwehrenden 19 Schreibweise original übernommen. Die Falange Española war in Spanien eine ultranationalistische, faschistische und antikommunistische Bewegung, die im Jahre 1933 gegründet wurde. Noch heute existieren mehrere Gruppen und Parteien mit dem Namensbestandteil „Falange“, die zum rechtsextremen Spektrum zu zählen sind. 20 Die Inhalte zum Thema „Rolle der Frau“ werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit eingehender berücksichtigt 15 Jahresrhythmus“, aus der Adventszeit die „Julzeit“: „In der Julzeit stirbt (...) die Sonne, aber nicht um ewig tot zu sein, sondern um sofort wieder neu geboren zu werden.“ Auch Ostern ist laut GDF eigentlich „ein germanisches Fest“, das der „Christianisierung (...) standgehalten“ hat. Neben einer umfangreichen Linkliste mit Verweisen auf andere rechtsextreme Internetseiten, dem Bereich „GDF-Aktiv“ mit bereits erwähntem Gästebuch, dem „Quasselraum“ sowie dem allgemeinen Forum, findet sich schließlich ein Angebot speziell für Kinder. Auf der „Zwergenseite“ werden dem nationalen Nachwuchs Geschichten, Bastelanleitungen, Bücher- und CD-Tipps angeboten – und vielleicht findet er sogar ein Bild von sich selbst. In der „Fotogalerie“ veröffentlichen die Verantwortlichen von stolzen Müttern eingesandte Schnappschüsse von „Ansgar und seinem Mammut“ oder „Arna beim Musizieren“. In einem weiteren Bereich finden sich „die Geburtstagskinder des Monats“. Hier fallen besonders die Namen ist Auge – die Mehrzahl ist auffallend altmodisch oder besonders nordisch. So wird Siegfried im Januar neun, Uwe drei, Edgar acht, Edda zehn, Sjard fünf, Tjark und Leif zwei.21 Das bereits erwähnte „Mütterforum“ ist ebenfalls auf der „Zwergenseite“ verortet. 3.3. Auffälligkeiten in der Sprachverwendung „Deshalb darf es gar nicht so weit kommen, daß die eigene Kultur eine Minderwertschätzung erfährt. Auch ein Appell an uns, sich immer wieder unserer Sprache und unserer Tradition bewußt zu werden“, heißt es in einem GDF-Aufsatz zum Thema „Der Tod der Sprache“. Im Alltag zieht die Gruppe daraus ihre ganz eigenen Schlüsse. So ist sie auf ihrer Internetseite peinlich darauf bedacht, ausländische Ausdrücke zu vermeiden. Für Außenstehende wirkt dieses Bemühen an manchen Stellen geradezu grotesk. So wird 21 Im GDF-Mütterforum bittet eine Teilnehmerin um Tipps zur Namenswahl (vergl. http://forum.mysnip.de/read.php?5491,625023#msg-625023, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008). Ihr wird von „Claudia“ die Internetseite www.artglaube.de empfohlen. Dort findet sich folgende Aufforderung: „Germanischen Eltern muss man (...) raten, zuerst in der eigenen Familie nach einem schönen, alten, germanischen Namen zu suchen.“ Vergl. http://asatru.de/nordzeit/index.php?option=com_content&task=view&id=302&Itemid=12, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008. 16 aus E-Mail „E-Post“, es gibt keine Linkliste, sondern eine „Verweisliste“, Homepage heißt bei der GDF „Weltnetzseite“ und statt T-Shirts können die Mitglieder „T-Hemden“ bestellen. Mit diesem Sprachumgang steht die GDF in der rechtsextremen Szene jedoch nicht alleine da – auf zahlreichen Internetseiten rechtsextremer Parteien oder Kameradschaften finden sich ähnliche Beispiele. Bereits im Jahr 1996 befasste sich der rechtsextreme „Bund für deutsche Schrift und Sprache“ mit dem Thema „Sprache im Internet“ und entwickelte Vorschläge, die sich jedoch in der Mehrzahl nicht durchsetzten. Hierzu gehörten beispielsweise die Begriffe „Einklink“ (statt Login), „Zapfstelle“ (statt Terminal) und „Weltwabergewebe“ (statt World Wide Web). (Dietzsch und Maegerle 1997, S.52) Bestimmte Begriffe wie beispielsweise „Kameradin“ oder „Volksgemeinschaft“ kommen auf der GDF-Seite auffallend oft zur Anwendung – wer jedoch eine deutliche Verherrlichung des Nationalsozialismus oder verfassungsfeindlichen Stellungnahmen erwartet, sucht vergeblich. Die Macherinnen sind offenbar peinlich darauf bedacht, sich weder strafbar zu machen, noch potenzielle Interessentinnen durch offen menschenverachtende Positionen oder zu große Radikalität abzuschrecken. Diese Linie gilt auch für Gästebuch und Forum. In den Richtlinien werden die Teilnehmer darauf hingewiesen, dass „bestimmte Wörter (...) vom Administrator zensiert worden sein können“. Und weiter: „Wenn Ihr Beitrag irgendwelche zensierten Wörter enthält, werden sie durch (...) Sternchen ersetzt.“22 Durchforstet man dann die Beiträge, fällt jedoch auf, dass die Nutzer der Seite sich offenbar von vornherein an die Regeln halten – in kaum einem Beitrag tauchen Sternchen auf. Interessant ist auch die Wahl der Nicknames23 in den Foren. Während auf anderen einschlägigen Seiten auffallend viele Zahlencodes zum Einsatz kommen, ist dies auf der GDF-Seite kaum der Fall. Die Frauen entscheiden sich überwiegend für nordischgermanische Namen wie Birka, Fjordis oder Raunhild. Nur eine einzige Nutzerin hat den Namen „Kleines88“ gewählt. Die Zahl 88 ist in der rechtsextremen Szene sehr 22 23 Vergl: http://www.g-d-f.de/forum/wbb2/misc.php?action=faq3#7, zuletzt gesehen am 30. Januar 2008 Selbst gewählte Spitznamen, unter denen die Beiträge der Nutzer auftauchen 17 verbreitet und kommt vielfach auf Flugblättern oder Leserbriefen zum Einsatz. H ist der achte Buchstabe im Alphabet, 88 steht also für „Heil Hitler“. (Heller und Maegerle, S.17) Insgesamt fällt auf, dass sich in mehreren Texten auf der GDF-Internetseite Rechtschreib- oder Grammatikfehler finden und insbesondere die Aktionsberichte der Frauen im „Über uns“-Teil vom journalistischen Standpunkt aus unprofessionell wirken. Vielmehr erinnern sie an Schulaufsätze zum Thema „Mein schönstes Ferienerlebnis“.24 Es ist jedoch denkbar, dass dieser Eindruck gewollt ist, um eine besondere Art der Authentizität zu vermitteln. 3.4. Das Frauenbild der GDF – Positionen und Argumentationsstrategien 3.4.1. Historisches Weltbild der GDF: Die Rolle der Frau im Wandel der Zeiten Die Argumentation der GDF beruht im Grundsatz auf dem heidnisch-germanischen Mythos der „gleichwertigen, aber nicht gleichartigen“ Frau. So wird Männern vorwärtsdrängender Kampfgeist, starrer Wille und verstandesmäßiges Verhalten attestiert, Frauen hingegen seien naturgemäß geprägt durch Mütterlichkeit, Sanftmut und Fürsorge.25 „Es gibt sie - die typischen männlichen und die typischen weiblichen Eigenschaften, die als Erbanlage mit der Entstehung eines Lebewesens existieren (...) Die genetische Anlage wird sich einfach immer wieder durchsetzen. Und das ist auch gut so, denn diese Eigenschaften dienen (...) dem Fortbestehen der Art.“26 Während der Zeit der Germanen habe zwischen Männern und Frauen absolutes Gleichgewicht geherrscht, die Frau sei hoch geachtet gewesen als Hüterin des Heimes, der Kinder und als Ratgeberin ihres Mannes. z.B. aus dem Beitrag „Ab in den Kletterpark!“: „Der Eintritt war nicht gerade günstig, aber wie wollten schließlich den Tag genießen und so biß man halt in den sauren Apfel.“ Oder über das GDFHerbsttreffen: „Da wir den Kyffhäuser bisher noch nicht besucht hatten, waren wir natürlich sehr gespannt, was uns auf dem Treffen erwartet, und wir haben die doch sehr lange Fahrt mit den Kindern auf uns genommen.“ Vergl. www.g-d-f.de, so zuletzt gesehen am 30. Januar 2008 25 Vergl. Aufsatz: „Unsere Mutterfrauen als Hüterin der nordischen Seele“. Im folgenden wird aus verschiedenen Aufsätzen zitiert, die sich alle auf der GDF-Internetseite finden. Der Titel wird jeweils angegeben. Sämtliche Zitate wurden am 30. Januar 2008 noch einmal überprüft. 26 Vergl. Aufsatz: „Was sind eigentlich „Emanzen“? 24 18 Folgt man der Argumentation der GDF, geriet dieser Gleichklang im Laufe der Geschichte immer stärker aus dem Lot. Bis in die fünfziger Jahre hinein sieht die Gruppe im Wesentlichen drei Auslöser für diese Entwicklung: Das Christentum, die technische Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert sowie die „marxistische Umwelttheorie“. Das Christentum, so die GDF, gehe im Gegensatz zu den Germanen grundsätzlich von einer dem Mann unterlegenen Frau aus. Dies zeige sich bereits daran, dass Eva aus einer Rippe Adams geschaffen worden sei. Frauen im frühen Christentum hätten zudem mitunter bereits mit zwölf Jahren heiraten müssen und seien dann Untertanin ihres Mannes gewesen. All dies stehe in Gegensatz zu den Überzeugungen der Germanen: Dort hätten Frauen über ihr Leben frei verfügen können – sie entschieden selber, ob und wen sie heirateten. „Das Christentum hat das einstige Frauenbild einer selbständigen, rechtschaffenden, freien, geachteten und ratgebenden Frau zu einer unfreien, fast rechlosen, missachteten und in den Augen des christlichen Mannes dummen sündhaften Frau gemacht.“27 Diese Entwicklung beschleunigte sich laut GDF dann im 19. und 20. Jahrhundert erneut. Dank Forschungserfolgen vor allem in den Bereichen Mathematik, Chemie und Physik habe die Technik in dieser Zeit rasante Fortschritte gemacht. „Alles Fächer die nun mal dem Mann in der Regel mehr liegen, standen fortan oben an. Die Werte der Frau (...) wie Geduld, Innerlichkeit, feiner Spürsinn, mithin Mütterlichkeit (...) gerieten in den Hintergrund.“28 Dies habe dazu geführt, dass die Männern die Frauen noch stärker als zuvor unterdrückt hätten. „Der Mann, besser gesagt viele Männer fingen an sich der Frau gegenüber recht erhaben zu fühlen, was in einigen Fällen zu Tyrannei in der Familie geführt hat.“29 Dritter Auslöser für die laut GDF zunehmend schlechter werdende Position der Frau war der Gruppe zufolge schließlich der wachsende Erfolg der „marxistischen Umwelttheorie“, „die ererbte Eigenschaften leugnet und alle Begabungen lediglich als von der Umgebung des Kindes hervorgerufen ansah“. Bereits in den zwanziger Jahren Vergl. Aufsatz: „Wie hat sich die Stellung der Frau durch kirchlichen Einfluss verändert?“ Vergl. Aufsatz: „Selbstverständnis der Frauen in der heutigen Zeit“ 29 Vergl. Aufsatz: „Selbstverständnis der Frauen in der heutigen Zeit“ 27 28 19 hätten Marxisten dem Volk weismachen wollen, dass Mann und Frau gleich seien und gleiche Berufe ausüben sollten. Die traditionellen Strukturen seien bis nach Ende des zweiten Weltkriegs jedoch noch so intakt gewesen, dass sich die Theorie nicht habe durchsetzen können. Dies habe sich mit dem Ende des dritten Reiches aber geändert: „Deutschland musste erst völlig zerschlagen und durch dauernde Schuldzuweisungen zermürbt werden, damit man den Frauen die oben genannte Theorien In ‚die Ohren blasen’ konnte.“30 In den nun folgenden Jahrzehnten habe die „Umwelttheorie“ sich immer stärker durchgesetzt und dazu geführt, dass die „Familienmuter und sorgende Hausfrau“ anfing, „sich minderwertig zu fühlen“.31 Als Folge hätten sich immer mehr Frauen in Berufe drängen lassen – gegen ihre eigentliche Natur und auf Kosten ihrer Kinder. 3.4.2. Rolle der Frau heute „Wir sind heute selbstbewusste Mädchen und Frauen. Wir haben nicht (...) das Gefühl, uns von irgendeiner Männerwelt befreien (...) zu müssen“32, mit diesen Worten fasst die GDF ihr heutiges Rollenverständnis zusammen. Sie zollt der Frauenbewegung sogar ein Stück weit Anerkennung, grenzt sich zugleich jedoch klar von ihr ab. So hätten „diese Emanzen“ mit ihrem „aggressiven Wesen“ durchaus vieles erreicht – genannt werden die ersten Frauenhäuser, die Debatte über Gewalt in der Ehe, die Durchsetzung des Gleichberechtigungsgesetzes sowie der verlängerte Mutterschaftsurlaub. Das Problem bestehe jedoch darin, dass „die Emanzen einen Schritt zu weit gehen und die Weiblichkeit (...) nicht mehr respektieren.“ Deshalb sei es an der Zeit, „dass die Frau sich (...) gegen die Emanzen absetzt und ihre natürlichen (...) Bedürfnisse in Einklang bringt.“33 Die Frauen der GDF sind in ihrem Selbstverständnis diesen Schritt bereits gegangen – und haben der breiten Masse demnach somit etwas voraus. Sie sehen sich als „die eigentlichen Emanzipierten.“34 Vergl. Aufsatz: „Selbstverständnis der Frauen in der heutigen Zeit“ Vergl. Aufsatz: „Selbstverständnis der Frauen in der heutigen Zeit“ 32 Vergl. Aufsatz: „Was sind eigentlich ‚Emanzen’?“ 33 Vergl. Aufsatz: „Was sind eigentlich ‚Emanzen’?“ 34 Vergl. Aufsatz: „Selbstverständnis der Frauen in der heutigen Zeit“ 30 31 20 Zugleich ist der GDF jedoch ganz offenkundig bewusst, dass diese Haltung im Alltag Probleme mit sich bringt. Die Berufstätigkeit von Frauen ist heute so alltäglich, dass auch die Gemeinschaft Deutscher Frauen sich dieser Entwicklung nicht verschließen kann – sie hat sich dafür jedoch eine ganz eigene Argumentationsstrategie zurechtgelegt. Die eigentliche Berufung der Frau sei zwar die Mutterschaft und das Prägen der nachfolgenden Generationen, so die Gruppe, doch aus wirtschaftlichen Gründen seien Mütter zu Lasten ihrer Kinder oftmals gezwungen „das notwendige Geld für den Lebensunterhalt (...) in familienfremder Arbeit“ zu verdienen. Aus diesem Grund fordert die GDF die Einführung eines „Mutterlohns“, also ein reguläres Gehalt für Hausfrauen. Dieses solle ohne Abzüge ausgezahlt werden und so hoch sein, dass es den „Grundlebensbedarf“ deckt. „Der Mutterlohn ersetzt alle Versicherungen und Soziallasten, die ihnen bisher vom Arbeitslohn abgezogen wurden“. Dieser „Mutterlohn“, so die Auffassung der Gruppe, bringe auch die heimische Wirtschaft in Schwung, da Frauen von ihm beispielsweise Nahrung und Kleidung für ihre Kinder bezahlen würden. 35 Die meisten Frauen, so die GDF, strebten keine berufliche Karriere an, „weil sie genau fühlen, dass die auf sie zukommenden Belastungen nicht ihrem Wesen entsprechen“. Ganz offenbar legt die Gruppe jedoch Wert darauf, auch Frauen mit anderen Lebensmodellen nicht von vornherein vor den Kopf zu stoßen. Es gebe durchaus Frauen, die im Beruf Gutes leisteten, heißt es an anderer Stelle. „Aber jede Frau, die sich ihren Berufswunsch erfüllen möchte, sollte, ehe sie sich dazu entschließt, sich auch prüfen, ob sie der Doppelbelastung standhalten kann. Oft sind ja hier, im besten Falle, Verwandte, besonders Großmütter zur Hilfe bereit. Aber man sollte nicht jeder Frau einreden, um geachtet zu werden, Kariere machen zu müssen.“36 Ideologie versus Lebensalltag – die Diskussionen im Mütterforum 4. 35 36 Vergl. Aufsatz: „Mutterlohn“ Vergl. Aufsatz: „Selbstverständnis der Frauen in der heutigen Zeit“ 21 Besondere Aufmerksamkeit verdient das so genannte GDF-Mütterforum. Hier tauschen sich national gesinnte Frauen virtuell über Probleme und Themen des Alltags aus, das Spektrum reicht von Buch- und Basteltipps über Verhütungsmethoden, Kinderbetreuung, Partnerschaft, Familienpolitik und Gesundheit bis zu Freizeitgestaltung und Erziehungsratschlägen. Das Mütterforum wurde GDF-Angaben zufolgen im Dezember 2001 eingerichtet, seither tauschten sich die Teilnehmerinnen über mehr als 4000 verschiedene Themen aus. Das Forum wird regelmäßig frequentiert, im Durchschnitt kommen monatlich rund sieben neue Diskussionsbeiträge hinzu.37 Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die tatsächlich Nutzerzahl höher liegt - in der Regel gibt es bei Internetforen eine Vielzahl „stiller Mitleser“, die die Debatten zwar interessiert verfolgen, sich selber jedoch nicht aktiv einbringen. In einigen der virtuellen Debatten wird deutlich, welche Probleme die offiziellen Prinzipien der GDF im Alltag der Mitglieder mit sich bringen. „Das natürliche völkische Leben sieht als Endziel das kraftvolle, körperlich und geistig gesunde Geschlecht“, findet die Organisation beispielsweise.38 An anderer Stelle werden Schwangerschaftsabbrüche streng verurteilt: „Jedem normaldenkenden Menschen muß klar sein, dass Abtreibung (...) Mord ist.“39 Diese Haltung bringt für schwangere GDF-Frauen Gewissenskonflikte mit sich, die im Diskussionsstrang „Fruchtwasseruntersuchung“ deutlich werden. Ist es in Ordnung, pränatale Untersuchungen vornehmen zu lassen? Und wenn das Kind behindert wäre, muss – oder darf – es dann abgetrieben werden? Im folgenden sollen die Argumentationslinien einige dieser Diskussionen näher beleuchtet werden. Eine der im Forum sehr engagiert diskutierten Fragen ist die nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Meinungen sind hier breit gefächert, einig sind sich die Diskussionsteilnehmerinnen lediglich darin, dass die „Haupterziehung in der Familie“ erfolgen sollte und dass es wünschenswert ist, viele Kinder zu bekommen, denn „am 37 Vergl. http://forum.mysnip.de/list.php?5491, ausgewertet am 25. Januar 2008 Vergleiche Aufsatz: „Mutterlohn“ 39 Vergleiche Aufsatz: „Die Pille – Mordwaffe oder Verhütungsmittel?“ 38 22 Ende können wir uns in unserem Land, mit der hohen Zahl an Ausländern keinen Geburtenrückgang leisten“.40 Es fällt jedoch auf, dass eine nicht kleine Zahl der GDF-Mitglieder ein deutlich moderneres Frauenbild vertritt als ihre Organisation.41 „Niemand kann sich der Wirklichkeit verschließen (...)“, schreibt beispielsweise „Birka“, und weiter: „Heute ist es so, dass eben die meisten Frauen arbeiten wollen. (Auch in nationalen Kreisen). Und somit stellt sich alleine nur die Frage, wie man Kinder und Beruf vereinbaren kann.“ Es sei wichtig, dass „wir auch studierte Frauen haben.“ 42 „XXX“ schreibt: „Wurde auch schon oft gefragt, wshalb ich mit 3 Kindern arbeiten möchte...(diese Frage allein empfinde ich schon als Hohn...)“. „Melanie“ berichtet, dass sie ihr Studium trotz ihrer drei Kinder „um nichts in der Welt“ aufgeben würde. „Was bitte mal ganz ehrlich spricht dagegen das ich später Arbeiten gehe?“ Ihr Mann sei bereit, genau wie sie in Teilzeit zu arbeiten und es sei schließlich „nicht schlimm, wenn die Kinder einen Teil des Tages vom Vater betreut werden.“ Diskutiert wird über Telearbeitsplätze, die eine Arbeit von zu Hause aus ermöglichen und über Büros mit Kinderecken, in die die Kleinen im Notfall mitgebracht werden könnten. Das Ziel müsse sein, „die Frauen in dem zu unterstützen oder auch die Männer das sie alles Vereinbaren können und trotzdem ein ‚normales’ oder heimisches Familienleben möglich bleibt oder wird“, fasst „Wichtelmama“ die Positionen zusammen. Jede einzelne Frau müsse eben „ihren Weg finden“. Einheitlicher gestaltet sich das Bild im bereits erwähnten Diskussionsforum zum Thema „Fruchtwasseruntersuchung“.43 Keine der Frauen befürwortet pränatale Diagnostik, stattdessen warnen die meisten ausdrücklich vor der Gefahr einer Fehlgeburt. Interessant sind die Reaktionen auf die Frage einer Frau, die offenbar nicht Mitglied in 40 Vergleiche http://forum.mysnip.de/read.php?5491,625400,625400#msg-625400, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008. 41 Vergleiche Punkt 3.4.2. 42 Vergleiche für dieses und alle weiteren Zitate zum Thema Berufstätigkeit von Frauen http://forum.mysnip.de/read.php?5491,625400,625400#msg-625400, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008. 43 Vergl. für alle folgenden Zitate zum Thema Fruchtwasseruntersuchung http://forum.mysnip.de/read.php?5491,625468,625468#msg-625468, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008 23 der GDF ist, jedoch nach eigenen Angaben durchaus mit der Gruppe sympathisiert. Sie will wissen: „Und was wäre, wenn ein Kind bei Euch einmal mit einer geistigen Behinderung (...) zur Welt kommt? Wo Ihr doch immer von Erbgesundheit usw. redet. Würde dieses Frau dann ausgestoßen?“ Diese Annahme wird empört zurückgewiesen. „Warum sollte man ausgestoßen werden?“, fragt beispielsweise „Skadixx“. „Wer kann denn heute schon was gegen Umweltgifte tun. Und sollte eine Mutter durch ungesunden Lebensstil ein krankes Kind bekommen, dann ist sie selbst am meisten gestraft.“ Ähnliche Ansichten finden sich auch in anderen Beiträgen. Ganz offenbar ist die Annahme, behinderte Kinder kämen insbesondere als Folge von Umweltbelastungen zur Welt, bei den Frauen der GDF relativ weit verbreitet. Keine der Frauen fordert die Abtreibung kranker Kinder, lediglich „Susanne“ meint: „Sind Erbkrankheiten in der Familie bekannt, sollte man vernünftiger Weise, ganz auf Nachkommen verzichten.“ Die Zeiten, in denen sich Rechtsextreme eindeutig an ihrem Erscheinungsbild ausmachen ließen, sind wie eingangs bereits beschrieben schon lange vorbei. Doch noch immer spielt die Auswahl der Kleidung in der Szene eine große Rolle. Auch im GDFMütterforum wird über diese Frage diskutiert44– so lehnen die Frauen beispielsweise das Tragen von Jeans als „Eine-Welt-Einheitsuniform“ ebenso ab wie ausländische Aufdrucke. Trotzdem legen sie offenbar Wert auf ein modernes Erscheinungsbild – so schreibt beispielsweise „Fredegunda“: „Cordhosen sind prima (...) ich hab ganz hübsche (...) ein bisschen ausgestellt, schön knackig und moderat tiefer Bund, die machen ne gute Figur.“ Es besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass sie auch ihre Kinder keine Jeans tragen lassen, zumindest so lange sie klein sind. „Das Problem fängt mit dem Alter an“, stellt „Franka“ fest. Die GDF-Mütter sind sich einig darüber, dass sie mit Verboten in dieser Frage irgendwann ihr Ziel nicht mehr erreichen – stattdessen setzen sie auf Überzeugung. „Sollten meine Kinder irgendwann im jugendlichen Alter den Wunsch haben, Jeans zu tragen“, schreibt „Fjordis“, „dann werde ich zwar nicht nutzlose Verbote (...) aussprechen, ich werde jedoch die Kinder darauf hinweisen, daß sie sich 44 Vergl. für alle folgenden Zitate zum Thema Jeans http://forum.mysnip.de/read.php?5491,625636,page=1, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008 24 mit einer gleichmacherischen Jeans lediglich der Masse der Konsumbürger anschließen und jeden Anspruch auf individuelle, äußerliche Ausprägung der Persönlichkeit aufgeben.“ 5. Fazit Welche Strategien wenden die Mitglieder der GDF nun also an, um den Konflikt zwischen dem sehr rückwärtsgewandten - „offiziellen“ - Frauenbild und ihrem tatsächlichen Lebensalltag für sich selbst aufzulösen? Wie erfolgversprechend ist die offizielle Kommunikationsstrategie der GDF tatsächlich? Um Antworten auf diese Leitfragen der Arbeit zu finden, müssen die offiziellen GDFPositionen und die Stellungnahmen im Forum miteinander verglichen werden. Wo finden sich Gemeinsamkeiten? Und vor allem: Wie unterscheiden sie sich? Zunächst einmal lässt sich ganz grundsätzlich feststellen, dass die GDF im Vergleich zu anderen rechtsextremistischen Organisationen um einen – im Rahmen des extremistischen Wertesystems – gemäßigten Anstrich bemüht ist. Zwar finden sich offen menschenverachtende Positionen sowohl im offiziellen Internetauftritt als auch im Forum, sie stehen jedoch nicht im Vordergrund. Wer sich nur oberflächlich mit der GDF befasst, könnte den – falschen - Eindruck bekommen, es handele sich um zwar um eine erzkonservative Organisation, die jedoch durchaus hehre Ziele verfolgt: das Wohl der Familie, das Hochhalten alter Werte, die Stärkung der Gemeinschaft. Auch die offiziellen Argumentationsketten zu verschiedenen Fragen sind auf den ersten Blick in sich schlüssig. Setzt man sich jedoch kritisch mit ihnen auseinander, wird augenblicklich klar, wie wenig tiefgehend die Betrachtungen sind – und welch krude Logik sich hinter ihnen versteckt. Als Beispiel kann hier die oben beschriebene Theorie zum „Mutterlohn“ angeführt werden. Ein angemessenes Gehalt für Hausfrauen – auf den ersten Blick eine Forderung, der weite Teile der Gesellschaft zustimmen würden. Denkt man den Vorschlag jedoch weiter, entstehen augenblicklich zahlreiche Fragen, auf die die GDF die Antwort schuldig bleibt. Wie hoch sollte der „Mutterlohn“ denn ausfallen? Müssen Hausfrauen privat für den Krankheitsfall und das Alter vorsorgen? Was wird aus dem Solidarprinzip insgesamt? Und vor allem: Wenn Frauen laut GDF 25 doch eigentlich gar nicht berufstätig sein sollen - also somit grob die Hälfte der Deutschen Anspruch haben könnte – wie soll der „Mutterlohn“ denn konkret finanziert werden? Ähnlich oberflächliche Argumente finden sich an zahlreichen anderen Stellen der offiziellen GDF-Seite und auch im Forum. In beiden Bereichen fällt zudem auf, dass die Mitglieder nicht bereit sind, sich ernsthaft mit den Positionen des politischen Gegners auseinanderzusetzen. Stattdessen werden krude Verschwörungstheorien vertreten: Die „Systemmedien“ berichten generell tendenziös und falsch und auch „die Gesellschaft“, „die Politik“ sowie „das Schulsystem“ wollen laut GDF ausnahms- und diskussionslos das Falsche. Anstatt sich also mit Kritik oder Meinungen Andersdenkender tatsächlich zu befassen, tauschen sich die GDF-Mitglieder ausschließlich untereinander oder mit Sympathisanten aus – und bestärken sich auf diesem Weg gegenseitig immer weiter. Das Frauenbild, das im offiziellen Teil der GDF-Internetseite vermittelt wird, unterscheidet sich nur unwesentlich von jenem, das in der rechtsextremen Szene noch immer vorherrscht: Die Frau als Hüterin der Familie und unsichtbare Unterstützerin ihres kämpfenden Mannes. Nur in Nuancen weicht die GDF davon ab – modernere Positionen vertritt sie - wie beschrieben - nur an wenigen Stellen. Ein anderes Bild zeigt sich im Forum. Obwohl die Frauen ganz offenbar grundsätzlich hinter ihrer Organisation stehen, legen sie die „ungeschriebenen Gesetze“ deutlich großzügiger aus. Ihr Umgang mit der Ideologie der GDF lässt sich im Wesentlichen mit einem Wort zusammenfassen: pragmatisch. Theorien, die zum Lebensalltag nicht mehr wirklich passen, werden passend gemacht. Das Ausmaß dieses Vorgehens unterscheidet sich von Diskussionsteilnehmerin zu Diskussionsteilnehmerin, einige vertreten geradezu moderne Ansichten, andere bleiben relativ nah an der offiziell vertretenen Ideologie. Es fällt jedoch auf, wie groß die Toleranz ist, die die Frauen untereinander walten lassen – der Ton bleibt stets gemäßigt, andere Ansichten werden akzeptiert. Dies gilt jedoch nicht im Umgang mit Außenstehenden: Diskussionsbeiträge, die den Verdacht aufkommen lassen, von politischen Gegnern zu stammen, werden in rüdem Ton abgefertigt, eine ernsthafte Auseinandersetzung findet an so gut wie keiner Stelle statt. 26 Abschließend lässt sich folgendes feststellen: Sollte die GDF ihre offizielle Strategie beibehalten, scheint es wenig wahrscheinlich, dass die Organisation künftig an Bedeutung gewinnt: Der Gesamtauftritt ist zu unprofessionell, die Argumente sind zu oberflächlich, das propagierte Frauenbild ist zu lebensfremd und engstirnig. Sollte die Organisation ihre Strategie jedoch grundsätzlich überdenken und sie letztendlich stärker dem Bild anpassen, das sich im Forum zeigt, besteht die Gefahr, dass die GDF einen größeren Zulauf verzeichnen kann als es derzeit der Fall ist. Als ein Hinweis darauf kann möglicherweise auch die aufgeregte öffentliche Diskussion um die Thesen der Moderatorin Eva Herman gewertet werden, die starke Parallelen zum offiziellen Frauendbild der GDF aufweisen. (Herman 2007) Neben scharfer Kritik stieß Herman auch auf erstaunlich große Zustimmung in ganz verschiedenen Teilen der Gesellschaft. 27 Literaturverzeichnis Bitzan, Renate (2000): Selbstbilder rechter Frauen. Zwischen Antisexismus und völkischem Denken, Tübingen Bundesamt für Verfassungsschutz (2007): Verfassungsschutzbericht 2006, Berlin Dietzsch, Martin und Maegerle, Anton (1997): Rechtsextreme deutsche Homepages, in: Stiftung Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hrsg.): Das Netz des Hasses. Rassistische, rechtsextreme und neonazistische Propaganda im Internet, Wien Döhring, Kirsten und Feldmann, Renate (2005): Akteurinnen und Organisationen. Die Involviertheit von Frauen in der extremen Rechten, in: Antifaschistisches Frauennetzwerk, Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus (Hrsg.): Braune Schwestern? Feministische Analysen zu Frauen in der extremen Rechten, Münster, S.17-33 Elverich, Gabi (2007): Rechtsextrem orientierte Frauen und Mädchen – eine besondere Zielgruppe? In: Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung www.bpb.de/themen/A8QXFY.html, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008 Hamann, Kerstin (2002): Frauen im rechtsextremen Spektrum. Analysen und Prävention, Frankfurt am Main 28 Heller, Friedrich Paul und Maegerle, Anton (2001): Die Sprache des Hasses. Rechtsextremismus und völkische Esoterik – Jan von Helsing, Horst Mahler..., Stuttgart Herman, Eva (2007): Die Emanzipation – ein Irrtum? In: Internetseite des Magazins Cicero http://www.cicero.de/97.php?item=1111&ress_id=7, zuletzt aufgerufen am 30. 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Januar 2008 29 Röpke, Andrea und Aden, André (2007): „Ohne Frauen geht nichts mehr“. In: Internetseite der Tagesschau http://www.tagesthemen.de/inland/meldung61758.html, 2. Teil, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008 Röpke, Andrea und Speit, Andreas (2005): Braune Kameradschaften. Die militanten Neonazis im Schatten der NPD, Berlin Schenkel, Dominik (2007): Neonazis auf YouTube. Rechtsextreme Selbstdarstellung im „Weltnetz“, in: Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung www.bpb.de/themen/NOSAXQ.html, zuletzt aufgerufen am 30. Januar 2008 Schmitt, Cosima (2006): Von Nazi-Emanzen und rechten Karriere-Frauen, in: Die Tageszeitung, Ausgabe vom 14. September, Berlin Speit, Andreas (2006): Frauen in der rechten Szene, in: Die Tageszeitung, Ausgabe vom 9. Januar, Berlin Speit, Andreas (2007): Angriff auf Medienvertreter, in: Die Tageszeitung, Ausgabe vom 23. Januar, Berlin Staud, Toralf (2002): Mädel, deutsch und rein, in: Die Zeit, Ausgabe 41, Hamburg 30