Grosser Rat - beim Kanton Aargau

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Art. 1586
4. November 2003
113. Sitzung
4. November 2003, 14.00 Uhr
Vorsitzende:
Barbara Roth, Erlinsbach
Protokollführer:
Urs Meier, Staatsschreiber-Stellvertreter
Tonaufnahme/Redaktion:
Norbert Schüler
Präsenz:
Anwesend 180 Mitglieder
Abwesend mit Entschuldigung 20 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Biffiger Gregor, Berikon; Bodmer Thomas, Wettingen; Brizzi
Simona, Ennetbaden; Brun Ursula, Rheinfelden; Deppeler-Lang Walter, Tegerfelden;
Emmenegger Kurt, Baden; Frey Karl, Dr., Wettingen; Füglistaller Lieni, Rudolfstetten;
Haber Johanna, Dr., Menziken; Käser André, Stein; Kaufmann-Tanner Elsbeth, Schöftland;
Lüem Daniel, Hendschiken; Lüscher Edith, Staufen; Lüthi Benedikt, Lenzburg; Mösch
Anton, Frick; Stüssi-Lauterburg Jürg, Dr., Windisch; Stutz-Lang Hans, Islisberg;
Weiersmüller-Scheuzger Susanne, Buchs; Werthmüller Ernst, Holziken; Zollinger-Keller
Ursula, Untersiggenthal
Vorsitzende: Ich begrüsse Sie herzlich zur 113. Ratssitzung
der laufenden Legislaturperiode. Wir fahren fort mit der
Beratung der Geschäfte des Departements des Innern.
1586 Postulat Albert Fischer, CVP, Merenschwand,
vom 6. Mai 2003 betreffend Grundbuchvermessungen
respektive Änderung der Verordnung über die Abgaben
und Nutzung von Daten der amtlichen Vermessung;
Ablehnung
(vgl. Art. 1284 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 13. August 2003:
Der Regierungsrat lehnt das Postulat mit folgender
Begründung ab:
1. Das Postulat regt an, dass die Verordnung über die
Abgabe und Nutzung von Daten der amtlichen Vermessung
vom 22. November 2000 (SAR 723.151) überarbeitet wird.
Künftig sollen Gemeinden, die ihre amtliche Vermessung
abgeschlossen haben, für Daten, die zum Eigengebrauch
bestimmt sind, ganz oder teilweise von Nutzungsabgaben
befreit werden.
2. Gemäss Art. 33 der Bundesverordnung über die amtliche
Vermessung (VAV) vom 18. November 1992 sind die Daten
der amtlichen Vermessung öffentlich, jedoch ist nach Art.
38 Abs. 1 dieser Verordnung in der Regel für den Bezug von
Auszügen und Auswertungen eine Gebühr zu entrichten. Es
obliegt den Kantonen, die Höhe dieser Gebühr festzulegen
(vgl. Art. 8 des Bundesbeschlusses über die Abgeltung der
amtlichen Vermessung vom 20. März 1992 und Art. 38 Abs.
2 VAV).
Grundsätzlich steht es den Kantonen frei, statt einer
(öffentlich-rechtlichen) Gebühr für die Abgabe der Daten
ein privatrechtliches Entgelt zu verlangen. Der Aargau hat
sich für letzteres entschieden. Gemäss Art. 141 Abs. 2 EG
ZGB regelt der Regierungsrat die Abgabe und Nutzung
dieser Daten und setzt die Verkaufspreise nach Massgabe
der Fläche, der Datendichte und der Bestellmenge fest.
Gemäss § 2 der Verordnung über die Abgabe und Nutzung
von Daten der amtlichen Vermessung vom 22. November
2000 (SAR 723.151) setzt sich der Verkaufspreis zusammen
aus einem Anteil für die Investition, für die Bearbeitung und
bei Bedarf für die Bescheinigung der Richtigkeit sowie die
Beratung.
Gemäss § 4 Abs. 1 lit. c der Verordnung haben heute die
Gemeinden keinen Investitionsanteil zu entrichten. Von
dieser Regelung ausgenommen sind die kommunalen Verund Entsorgungsbetriebe, die eine eigene Rechnung führen.
Mit dem Hinweis "die eine eigene Rechnung führen" waren
bei der Ausarbeitung der Verordnung eindeutig die nicht
steuerfinanzierten
Bereiche
(Eigenwirtschaftsbetriebe)
gemeint. Dies mit folgender Begründung: Die
Einwohnergemeinden haben an den Aufbau des
Vermessungswerks mit Steuern finanzierte Beiträge
geleistet. Aus diesem Grund sollen die Gemeinden für jene
Projekte die Daten unentgeltlich erhalten, deren Ausgaben
ebenfalls
mit
Steuern
gedeckt
werden.
Die
eigenwirtschaftlich geführten, spezialfinanzierten Ver- und
Entsorgungsbetriebe
haben
demzufolge
den
Investitionsanteil zu entrichten. Die teilweise oder
vollständige Befreiung der kommunalen Ver- und
Entsorgungsbetriebe
von
der
Bezahlung
von
Investitionsanteilen würde zu einer Rechtsungleichheit und
zu unklaren Situationen führen. Wer hat künftig noch
Investitionsanteile zu entrichten? Wie verhält es sich mit den
Genossenschaften (z.B. Wasser oder EW), den Industriellen
Betrieben oder dem AEW?
In finanzieller Hinsicht hätte die beantragte Neuregelung zur
Folge, dass sich die Einnahmen von heute jährlich rund Fr.
180'000.-- auf etwa Fr. 60'000.-- bis Fr. 75'000.-- verringern
würden. Das Verhältnis Aufwand und Ertrag stünde somit in
einem Missverhältnis.
3. Gestützt auf die obigen Ausführungen sieht der
Regierungsrat derzeit keinerlei Veranlassung, die
Verordnung im Sinne des Postulats anzupassen. Vielmehr
wird das Paket 2 des Projekts Aufgabenteilung Kanton2441
15. November 1994
Gemeinden (Kantonalisierung des Vermessungswesens)
dazu führen, dass nicht nur die kommunalen Ver- und
auch
die
Einwohnergemeinden
selber
inskünftig
Investitionsbeiträge bezahlen müssen.
Die Kosten für die Bearbeitung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'163.--.
Albert Fischer, CVP, Merenschwand: Mit meinem Postulat
möchte ich erreichen, dass der so genannte gesunde
Menschenverstand in die Verordnung über die Abgabe und
Nutzung von Daten der amtlichen Vermessung SAR
723.151 einfliesst. Eine Verordnung muss anwendbar sein
und sollte nicht noch zusätzliche Fragen aufwerfen! Der
Regierungsrat schreibt in seiner Antwort, er habe sich für
ein privatrechtliches Entgeld und gegen eine öffentlichrechtliche Gebühr entschieden. Das heisst für mich, alles
muss ausgehandelt werden. Im Volksmund bezeichnet man
das als "Gummiartikel" oder "Gummiparagraph".
Weiter schreibt der Regierungsrat: "Eigenwirtschaftsbetriebe
sind nicht steuerfinanzierte Gemeindeanstalten." Diese
Bezeichnung ist wohl korrekt, aber in diesem
Zusammenhang grenzt diese Auslegung schon eher an reine
Wortklauberei. Der Regierungsrat und die grosse Mehrheit
des Grossen Rates erachten WOV und Globalbudget als
zukunftsträchtig und auch bei kleineren Gemeinden
anwendbar. Aber auch WOV werden durch eigene
Rechnungen geführt.
Nur schon mit diesen kurzen Beispielen ist ersichtlich, die
hier zur Diskussion stehende Verordnung muss hinterfragt
und überarbeitet werden! Der Bundesrat hat seine
Verordnung über die amtliche Vermessung übrigens am 7.
März 2003 überarbeitet und auf den 1. April 2003 in Kraft
gesetzt. Das Aufgabenteilungspaket GAT II kommt am 30.
November vors Volk und wird danach in Kraft gesetzt.
Verschiedene Gemeinden haben ihre Parzellarvermessung
schon abgeschlossen und mitfinanziert, sie werden in
Zukunft benachteiligt. Mit dem Überarbeiten der
Verordnung hat der Regierungsrat die Möglichkeit, die
nötige Rechtsgleichheit unter den Gemeinden wieder
herzustellen. Ich bitte Sie, das Postulat zu überweisen!
Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren
Wortmeldungen dazu vor.
Regierungsrat Kurt Wernli, parteilos: Die Sachlage ist nicht
so einfach, wie sie Herr Fischer so dargestellt hat. Wenn sie
so einfach wäre, würden wir das selbstverständlich auch auf
einfache Art und Weise regeln. Immerhin halte ich fest, was
ich nun auszuführen versuche. Es ist richtig, aufgrund der
Bundesvorgabe können wir Gebühren festlegen für diese
amtliche Vermessung und entsprechend Gebühren beziehen,
auch für die Herausgabe von Daten. Der Regierungsrat hat
das gemäss der gesetzlichen Vorgabe im EG ZGB getan, wo
er die Kompetenz erhalten hat. Dementsprechend regeln wir
das nach privatrechtlichem Entgeld. Ob das als
Gummiparagraph zu bezeichnen ist oder nicht, überlasse ich
Ihrer Beurteilung. Es ist eher die Frage, nach welchen
Kriterien dieses Entgeld dann entrichtet werden soll. Die
privatrechtlichen Vorgaben fussen hier auf diesen Angaben.
Wir haben sie in unseren Ausführungen zum Postulat
aufgelistet. D.h. es geht auch um die Anteile für
Investitionen und das ist der springende Punkt. Hier gibt es
nun Unterschiede im Bezug auf die Gemeinden, denen ein
Anteil für Investitionen angerechnet wird, d.h. weil sie das
2442
Art. 770
Entsorgungswerke,
sondern
ja steuerbedingt auch entrichten müssen, hingegen bei den
entsprechenden
technischen
Betrieben,
die
nicht
steuerfinanzierte Bereiche regeln, Eigenwirtschaftsbetriebe,
da besteht ein Unterschied. Wenn wir jetzt entsprechend der
Vorgabe von Herrn Fischer die Verordnung ändern würden,
dann entstünde eine Rechts-ungleichheit in Bezug auf die
nichtsteuerbaren steuerfinanzierten Bereiche, d.h. jene
Betriebe, die eine eigene Rechnung führen, wie das so schön
heisst. Das sind eben diese Eigenwirtschaftsbetriebe, weil
bei ihnen der Investitionsanteil entsprechend angerechnet
wird, was auch korrekt ist. Sie haben ja schliesslich
ursprünglich keine Steuern dafür bezahlt. Wenn wir also
jetzt diese Anpassung vornähmen, dann entstünde wieder
eine rechtsungleiche Behandlung. Das ist ja sicher nicht die
Meinung
des
Plenums,
dass
wir
eine
neue
Rechtsungleichheit schaffen. Das ist der erste Punkt.
Punkt 2: Im Rahmen
auch der finanziellen
Belastungssituation möchte ich Sie immerhin darauf
aufmerksam machen, dass die Einnahmen von heute jährlich
rund 180'000 Franken dann auf rund 60'000-70'000 Franken
verringert würden. Wir hätten also einen Einnahmenausfall.
Man kann nicht sagen, dass jene Gemeinden, die ihre
Parzellarvermessung abgeschlossen haben, jetzt ein Anrecht
hätten, dass diese Datensituation sie befähigt darauf zu
verzichten,
künftig
entsprechend
die
gleichen
Verordnungsabgaben oder Gebühren zu entrichten.
Wir haben - das muss zugegeben werden - mit dem
Aufgabenteilungsprojekt die Aufgaben neu geregelt. Wir
haben damit auch einen Schnittpunkt gesetzt. Irgendwo
müssen wir dann auch sagen, jetzt gilt das neue Recht. Wir
können nicht über Jahre entsprechend jetzt "Altlasten" noch
mitschleppen. Das würde zu Verzerrungen führen auch in
Bezug auf die Aufgabenneuteilung. Ich bitte Sie also, in
diesem Sinne das Postulat abzulehnen!
Abstimmung:
Für Überweisung des Postulats: 58 Stimmen.
Dagegen: 69 Stimmen.
Vorsitzende: Das Postulat ist abgewiesen und das Geschäft
damit erledigt.
1587 Motion Benjamin Giezendanner, SVP, Rothrist,
vom 21. Januar 2003 betreffend Unvereinbarkeitsgesetz
(Lehrerschaft
sowie
Pfarrerinnen/Pfarrer
der
Landeskirchen sind künftig gleich zu behandeln wie die
Mitarbeitenden des Kantons); Rückzug
(vgl. Art. 1130 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 16. April 2003:
Der Regierungsrat
Begründung ab:
lehnt die Motion
mit
folgender
1. Die vorliegende Motion verlangt eine Änderung von § 4
des Unvereinbarkeitsgesetzes, wonach Lehrkräfte der
Volksschule sowie Pfarrerinnen und Pfarrer der
Landeskirchen künftig nicht mehr dem Grossen Rat
angehören dürften. Massgebend für die Beurteilung der
113. Grossratssitzung vom 4. November 2003 (Nachmittag) / 1. Entwurfexemplar vom 2. Dezember 2003
Forderung
ist
der
Grundsatz
der
personellen
Gewaltentrennung. Nach diesem Grundsatz soll u.a. eine
Person, die in einem Anstellungsverhältnis zum Kanton
Regierungsrat und Verwaltung, eben dem Grossen Rat,
angehören können.
2. Gestützt auf § 69 Abs. 4 der Kantonsverfassung regelt § 4
des Unvereinbarkeitsgesetzes, dass dem Grossen Rat nicht
angehören kann, wer in einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis
des
kantonalen
Rechts
steht.
Ausgenommen sind die Lehrkräfte der Volksschulen.
steht und somit dem Regierungsrat unterstellt ist, nicht
gleichzeitig
der
Kontrollbehörde
über
Parlamentsreform. Der Grosse Rat hat am 14. März 2001
einen Gesamtbericht beraten und folgenden Leitsatz 7
beschlossen:
Das Arbeitsverhältnis der Lehrpersonen der Volksschule ist
zwar durch öffentliches Recht des Kantons geregelt. Daran
ändert auch das Gesetz über die Anstellung von
Lehrpersonen (GAL) nichts. Die Lehrpersonen gelten
jedoch bereits heute nicht als Angestellte des Kantons,
sondern der Gemeinden. Im GAL werden die Gemeinden
explizit als Arbeitgeberinnen der Lehrpersonen an der
Volksschule bezeichnet.
Die Lehrpersonen der Volksschule gehören somit nicht zur
kantonalen Verwaltung und sind deshalb auch nicht dem
Regierungsrat unterstellt. Das Prinzip der personellen
Gewaltenteilung, wonach eine Person nicht gleichzeitig als
Mitarbeiter oder Mitarbeiterin der kantonalen Verwaltung
dem Regierungsrat unterstellt sein und dem Parlament als
Oberaufsichtsbehörde angehören kann, wird deshalb durch
die Mitgliedschaft der Lehrpersonen der Volksschule im
Grossen Rat nicht tangiert. Die in § 4 des
Unvereinbarkeitsgesetzes geregelte Ausnahme ist deshalb
sachlich begründet (§ 69 Abs. 4 Satz 2 Kantonsverfassung).
3. Den Landeskirchen kommt öffentlich-rechtliche
Selbstständigkeit und eigene Rechtspersönlichkeit zu. Sie
setzen
sich
nach
den
Bestimmungen
ihres
Organisationsstatuts aus Kirchgemeinden zusammen. Diese
wiederum wählen als selbstständige Körperschaften des
öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit auch
ihre Pfarrerinnen und Pfarrer (vgl. § 112 der
Kantonsverfassung).
Dementsprechend
stehen
die
Pfarrerinnen und Pfarrer der Landeskirchen in keinem
öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des kantonalen
Rechts, so dass der Grundsatz von § 69 Abs. 4 der
Kantonsverfassung und § 4 des Unvereinbarkeitsgesetzes
keine Rechtsgrundlage für einen Ausschluss von der
Mitgliedschaft im Grossen Rat bietet. Es liegen auch keine
Gründe vor, welche die Einführung der Unvereinbarkeit
gestützt auf § 69 Abs. 3 Satz 2 der Kantonsverfassung
rechtfertigen würden.
In diesem Zusammenhang ist auch auf die Bestimmung von
Artikel 75 der alten Bundesverfassung vom 29. Mai 1874
hinzuweisen, nach der nur stimmberechtigte Schweizer
Bürgerinnen und Bürger weltlichen Standes als wahlfähig in
Bezug auf Einsitznahme in den Nationalrat betrachtet
wurden. Diese Unvereinbarkeit des geistlichen Stands mit
dem Nationalratsmandat widersprach nach allgemeiner
Auffassung dem Grundsatz des allgemeinen Wahlrechts und
wurde mit der neuen Bundesverfassung vom 18. April 1999
(Art. 143) aufgegeben. Würde nun der Aargau eine
entsprechende Unvereinbarkeitsregelung neu ins kantonale
Recht einführen, wäre die Bundesrechtmässigkeit einer
solchen Regelung äusserst fraglich.
4. Die Regelung der Unvereinbarkeit des Grossratsmandats
war und ist auch Gegenstand der laufenden
2443
4. November 2003
7 Unvereinbarkeit
7.1 Grundsatz: bisherige Regelung beibehalten
An der heute geltenden grundsätzlichen Unvereinbarkeit der
Parlamentszugehörigkeit für Personen, die in einem
öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis des kantonalen Rechts
stehen, ist festzuhalten.
7.2 Weitere Einschränkungen
Nicht dem Grossen Rat angehören dürfen zudem jene
Personen, die vom Grossen Rat in eine Behörde bzw. ein
Organ mit abschliessender Entscheidkompetenz gewählt
werden, welche bzw. welches der Oberaufsicht des Grossen
Rates untersteht.
Gestützt auf diese Vorgaben hat der Regierungsrat am
11. September 2002 im Rahmen der Vorlage "Reformen der
Staatsleitung und der Verwaltungsführung" den Bericht zur
Parlamentsreform für die Anhörung frei gegeben. Dabei ist
nochmals betont worden, dass an der geltenden Regelung
bezüglich der Vereinbarkeit einer Anstellung als
Volksschullehrkraft mit dem Grossratsmandat nichts
geändert werden soll. Diese Darstellung ist in der bis Ende
Januar 2003 dauernden Vernehmlassung weitgehend
unbestritten geblieben.
5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Einsitz von
Lehrpersonen der Volksschule sowie von Pfarrerinnen und
Pfarrern im kantonalen Parlament im Einklang mit dem
Grundsatz der personellen Gewaltentrennung steht. Die
Motion ist daher abzulehnen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'635.--.
bestimmt durch viele Scheinheilige in diesem Rat.
Angesichts dieser Neinsager-Mehrheit stelle ich mich dieser
Niederlage. Die Zeit ist noch nicht reif oder anders gesagt:
mein Anliegen für eine restriktivere Handhabung der
Wählbarkeit in den Grossen Rat ist der Zeit voraus. Die
Lehrerschaft wird auch weiterhin klar besser gestellt sein als
normale Kantonsangestellte, wie beispielsweise eine
Protokollsekretärin des Bildungsdepartements.
Zu guter Letzt will ich noch kurz auf unsere Aargauer
Landeskirchen zu sprechen kommen. Es befremdet mich
immer mehr, wie die Landeskirchen aktiv ins
Politgeschehen eingreifen. Die Kirchen müssen sich ihres
Auftrags wieder bewusst werden, nämlich der Betreuung
unseres Seelenheils und der Verkündigung des
Evangeliums! Jedoch habe ich erkannt, dass meine Motion
zu weit geht, was die Thematik "Landeskirche" und
"Wählbarkeit von Pfarrer und Pfarrerinnen" betrifft. Ich
ziehe daher meine Motion in Anbetracht der Revision des
Unvereinbarkeitsgesetzes zurück.
Vorsitzende: Die Motion wurde zurückgezogen. Das
Geschäft ist damit erledigt.
1588 Motion Rainer Kaufmann, FDP, Rupperswil, vom
1. Juli 2003 betreffend massive Erhöhung der
Einbürgerungsgebühren;
Überweisung
an
den
Regierungsrat
(vgl. Art. 1434 hievor)
2444
Art. 1587
Benjamin Giezendanner, SVP, Rothrist: Die Schweizer
Armee wurde von linker Seite immer als "heilige Kuh"
bezeichnet. Heute muss ich feststellen, dass die Schweizer
Armee längst keine "heilige Kuh" mehr ist. Diese Stellung
wird unterdessen von der Lehrerschaft und den Pfarrern
eingenommen. Meine Motion will keinen Entscheid darüber,
ob wir Lehrerinnen und Lehrer sympathisch finden, auch
nicht darüber, ob uns ein Pfarrer gefällt oder nicht, und es
geht auch nicht darum, den in diesem Rat zahlreich
vertretenen Lehrerinnen und Lehrern eins auszuwischen.
Es geht um Glaubwürdigkeit und um eine klare und strenge
Gewaltentrennung, die ganz unten beginnt. Es sollte
selbstverständlich sein, dass Lehrer genau gleich behandelt
werden wie die übrigen Kantonsangestellten, zum Beispiel
wie ein einfacher Polizist! Dies ist heute nicht der Fall. Die
Lehrerschaft hat ein sehr gutes Lobbying betrieben, wovon
zahlreiche Gruppen etwas lernen könnten! Eine wahrlich
aktiv politisierende Lehrerschaft als Berufsgruppe des
öffentlichen Dienstes, notabene ungeachtet dessen, ob sie
nun links oder rechts politisiert, wird auch in Zukunft davon haben mich die Gespräche überzeugt, die ich geführt
habe - zum alltäglichen Bild des Grossen Rates gehören.
Der Artikel über die Ausstandspflicht des Grossratsgesetzes
ist wertlos geworden; die Ausstandspflicht bei persönlicher
Betroffenheit wird nicht mehr beachtet. Die Verwässerung
der Gewaltentrennung ist ein staatsrechtlicher Missgriff.
Als Ratsneuling und als junger Politiker nehme ich in dieser
Frage die vorherrschenden Mehrheitsverhältnisse mit
Bedauern zur Kenntnis und stelle fest, dass mein Anliegen
hier und heute leider keine Mehrheit finden wird. Die heilige
Kuh Lehrerschaft wird auch in Zukunft "heilig" bleiben,
Antrag des Regierungsrats vom 24. September 2003:
Der Regierungsrat
Begründung ab:
lehnt die Motion
mit
folgender
1. Die vorliegende Motion verlangt eine Änderung von § 15
des Gesetzes über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht
(KBüG) vom 22. Dezember 1992 im Sinne einer massiven
Erhöhung der Abgaben und Gebühren bei Einbürgerung.
Schon
die
Minimalgebühren
sollen
mindestens
kostendeckend sein. Die Maximalabgabe beim Kanton und
bei der Gemeinde soll Fr. 50'000.-- nicht übersteigen. Die
Minimalgebühren sollen schon bei der Einreichung des
Gesuchs, unabhängig vom späteren Einbürgerungsentscheid,
erhoben werden.
2. Gemäss § 15 Abs. 1 KBüG erheben die Gemeinden für
die Zusicherung oder Erteilung des Gemeindebürgerrechts
eine Abgabe. Diese richtet sich nach der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit und beträgt:
- höchstens Fr. 5'000.-- für einen Ausländer;
- höchstens Fr. 750.-- für einen ausländischen Gesuchsteller,
der mindestens fünf Jahre seiner Schulbildung (Volksschule,
Mittelschule, Berufsschule) in der Schweiz erworben und
das Gesuch vor dem zurückgelegten 23. Altersjahr
eingereicht hat;
- höchstens Fr. 300.-- für einen Schweizer Bürger.
Das Departement des Innern erhebt gemäss § 15 Abs. 2
KBüG für die Bürgerrechtsaufnahme eines Ausländers, der
das Gesuch nach dem zurückgelegten 23. Altersjahr gestellt
hat, eine Gebühr von Fr. 500.--. Mittellosen Gesuchstellern
ist die Gebühr zu erlassen.
Art. 1587
Beim Erlass des KBüG im Jahre 1992 schlug der
Regierungsrat dem Grossen Rat lediglich kostendeckende
Gebühren vor. Der Grosse Rat entschied sich aber für eine
Abgabe an die Gemeinde nach dem Bemessungsgrundsatz
der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
3. Der Regierungsrat ist nach wie vor der Auffassung, dass
die im Zusammenhang mit der Einbürgerung zu erhebenden
Abgaben die Kosten des Verfahrens voll decken sollen.
Soweit stimmt er mit der Motion überein. Die in § 15 Abs. 1
lit. a und b KBüG enthaltenen Maximalbeträge für die
Gemeindeabgabe sind jedoch deutlich höher als die
Kostendeckung verlangt. Selbst der Pauschalbetrag gemäss
§ 15 Abs. 2 KBüG für die Kantonsabgabe deckt nach
heutiger Beurteilung die Kosten noch.
4.
Auf
Bundesebene
wird
zurzeit
die
Bürgerrechtsgesetzgebung revidiert. Ein Revisionspunkt
betrifft Art. 38 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust
des Schweizer Bürgerrechts (BüG) vom 29. September
1952. Der Bundesrat hat den eidgenössischen Räten
folgende Formulierung vorgeschlagen:
"Die Bundesbehörden sowie die kantonalen und
kommunalen Behörden können für ihre Entscheide
höchstens Gebühren erheben, welche die Verfahrenskosten
decken."
Diese Fassung ist im Nationalrat mit grosser Mehrheit, im
Ständerat sogar diskussionslos angenommen worden.
Zwar besteht heute noch keine Sicherheit darüber, ob die
Bürgerrechtsvorlage die Gesamtabstimmung passiert. Der
deutlichen Annahme des Grundsatzes, dass auch im
kantonalen Verfahren höchstens kostendeckende Gebühren
erhoben werden dürfen, kommt jedoch Signalwirkung zu.
Wenn man den Quervergleich in das Entlastungsprogramm
macht, dann sehen wir dort beim Departement des Innern:
Vorgeschlagen werden Erhöhung der Grundbuchgebühren,
Erhöhung der Abgaben bei Handänderungen plus 20%. Dort
scheint man scheinbar keine Mühe zu haben, diese
Gebühren anzupassen.
Aus dem Text des Regierungsrates kann ich vorlesen: "Der
Regierungsrat ist nach wie vor der Auffassung, dass die im
Zusammenhang mit der Einbürgerung zu erhebenden
Abgaben die Kosten des Verfahrens voll decken sollen."
Damit sind wir einverstanden. Der Kanton erhebt 500
Franken. Als Quervergleich: Diese 1,5 Postulatsseiten
kosten 1'500 Franken, d.h. - wenn man den Titel wegnimmt
-, dass eine drittel Seite ca. 500 Franken kostet. Jetzt kann
man sagen, die im Bereich Einbürgerungen seien wirklich
extrem effizient oder es ist wirklich nicht ganz
kostendeckend. Wenn man mitberücksichtigt, dass die
Kommission und der Grosse Rat da-rüber beraten muss,
dann kann ich mir nicht vorstellen, dass man in 3,5 Stunden
ein Einbürgerungsverfahren auf Kantonsebene seriös
abdecken kann. Der Kanton sagt zwar, dass 500 Franken
gerade knapp noch reichen, aber man werde das jetzt
analysieren und benötige bis Frühling 2005 Zeit dafür.
Wenn ich das auf Gemeindeebene betrachte, dann ist das
absolut ungenügend. Sämtliche Abklärungen inklusive
Polizei,
Betreibungsamt,
Strafanzeige,
sämtliche
Besprechungen mit den Gemeindebehörden, Beurteilung,
Erstellung des Dossiers, Gemeindeversammlung usw., wenn
man das alles einbezieht, dann muss ich sagen - wir haben
4. November 2003
5. Im Hinblick auf die noch laufende Beratung der
Bürgerrechtsrevision in den eidgenössischen Räten erscheint
eine Änderung von § 15 KBüG im heutigen Zeitpunkt als
verfrüht. Was die kantonale Pauschalgebühr von Fr. 500.-betrifft, ist anhand der Ergebnisse der Kosten- und
Leistungsrechnung genau zu prüfen, ob sie die Kosten des
kantonalen Verfahrens effektiv deckt. Die zuständige
Sektion Bürgerrecht und Personenstand beginnt mit der
Leistungserfassung am 1. Januar 2004. Schlüssige Resultate
sind bis im Frühjahr 2005 zu erwarten.
6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Erhöhung
der Abgaben den von den eidgenössischen Räten gesetzten
Signalen, wonach im Einbürgerungsverfahren höchstens
kostendeckende Gebühren verlangt werden dürfen, zuwider
läuft. Die Motion ist daher abzulehnen.
Die Kosten für die Bearbeitung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'517.--.
Rainer Kaufmann, FDP, Rupperswil: Ich halte an der
Motion fest. Das Ziel der Motion: 1. Minimalgebühren im
Bereich
der
Einbürgerungen
sollen
mindestens
kostendeckend sein. Zweitens seien diese Gebühren auch
dann einzuziehen, wenn der Einbürgerungsentscheid negativ
ist. Es geht also nur darum, die Verwaltungsgebühren dort
zu erheben, wo auch der Verursacher ist.
3. Maximalgebühren: Diese sollen auf maximal 50'000
Franken angehoben werden. Das scheint zwar provokativ,
aber wenn man es mit dem Kanton Zürich vergleicht, dann
sind diese auf dem gleichen Niveau. Im Kanton Genf sind
sie bei 100'000 Franken, Kanton Bern 18'000 Franken,
Basel-Stadt 12'000 Franken. Im gesamten sind es 14
Kantone, die höhere Einbürgerungsgebühren verlangen als
wir.
letzthin eine 4-köpfige Familie eingebürgert für 1'500
Franken - kann das nicht kostendeckend sein! Als
Quervergleich: Ein Beitrag an den Fussballclub pro Person
ist etwa gleich teuer wie eine Einbürgerung. Wenn wir uns
als Unternehmer anschauen, dann kann ich mir nicht
vorstellen, dass etwas das positiv ausstrahlt, verschenkt
wird. Diese Dienstleistung des Staates ist nicht gedeckt.
Man kann auf die Revision der Bürgergesetzgebung auf
Bundesebene hinweisen, die jetzt in Behandlung ist.
Vielleicht ist es der falsche Zeitpunkt. Gleichzeitig kann
man aber sagen, wurde das Parlament etwas polarisiert. Das
Referendum ist wahrscheinlich. Eine Verzögerung und ein
Inkrafttreten ist in der nächsten Zukunft eher ungewiss, d.h.
da stehen wir vermutlich wieder vorne an, wie bei manch
anderem Gesetz. Schweizerin oder Schweizer zu werden ist
ein wertvolles Gut. Ich frage mich einfach, ob es eine
Kernaufgabe unseres Kantons ist, wenn man dieses
wertvolle Gut nicht gerade verschenkt, aber noch etwas
Geld drauflegt. Gleichzeitig diskutieren wir Massnahmen
beispielsweise im Bildungsbereich - Begrenzung der
Einschulungsklassen,
Erhöhung
der
Schülerzahlen,
Reduktion im textilen Werken oder Erhebung von
Studiengeldern von 2'000 Franken bei Lehrgängen auf dem
2. Bildungsweg.
Zusammenfassend: Es geht vor allem darum, dass, wenn der
Staat eine Dienstleistung anbietet, dann soll sie
kostendeckend sein, wie es bei jedem Baugesuch ist und wie
wenn man einen Pass lösen geht. Man muss das, was man
2445
4. November 2003
verursacht, auch bezahlen. Das soll auch hier so sein! Ich
bitte Sie, meine Motion zu überweisen!
Eva Eliassen Vecko, Obersiggenthal: Ich spreche im Namen
der Fraktion der Grünen. Die Fraktion der Grünen ist mit
dem Regierungsrat einig, dass diese Motion abgelehnt
werden soll. Wir entnehmen weder der Motion noch der
Antwort der Regierung einen Hinweis, dass sich die
Einbürgerungsverfahren derart massiv verteuert hätten. Und
wenn dem so wäre, läge es sicher nicht an den
Einbürgerungswilligen. Die Verfahren sind in den letzten
Jahren immer aufwändiger geworden, weil noch diese oder
jene Zusatzschlaufe eingebaut wurde: Vielleicht wäre es
günstiger, die Verfahrensabläufe zu überprüfen und zu
vereinfachen. Das Verursacherprinzip wäre dann
differenziert anzusehen: Es stellt sich die Frage, wer da
Verursacher ist.
Über eine Kostendeckung können wir uns durchaus
unterhalten, diese ist ja auch so im Gesetz vorgesehen. Und
es darf doch wohl nicht die Absicht sein, den Schweizerpass
dem Meistbietenden zu verkaufen. Die Verquickung von
Bürgerrechten und Geld ist unseriös und ein Missbrauch
unserer Rechte und Pflichten. Wir schüren das Bild vom
geldgierigen Schweizer, bessere Mitbürger bekommen wir
dadurch nicht!
Einbürgerungswillige sind Mitbürger, die einen Integrationseffort gemacht haben, die oft über unser Land mehr gelernt
haben, als viele von uns hier im Saal wissen, das sind oft
Leute, die sich schon längst als Schweizer fühlen. Der
Aargau hat vor nicht allzulanger Zeit ein sehr gutes
Integrationskonzept in Vernehmlassung gegeben, wir sollten
diese Bemühungen unterstützen und die Erfahrung jener
nützen, die die Integration bereits vollzogen haben und nicht
diese Leute abschrecken durch hohe Geldbeträge.
Die Schweiz ist für die Zukunft angewiesen auf neue,
interessierte Staatsbürger. Das Gesetz schreibt vor, was es
braucht, um ein Einbürgerungsgesuch zu stellen. 12 Jahre
prüfen. Warten wir ab, bis diese Frist abgelaufen ist. Ich
bitte Sie, dem Antrag des Regierungsrates auf Ablehnung
der Motion zuzustimmen!
Vorsitzende: Wir kommen zu den Einzelvoten.
Rolf Urech, FP, Hallwil: Ich unterstütze den Motionär und
bitte Sie, das auch zu tun! Es mutet natürlich schon komisch
an, wenn man hier die Gebühren für Einbürgerungen nicht
erhöhen will und das unter dem Titel, man müsse ja nichts
ändern und gleichzeitig hat man vor 2 Jahren beim
Strassenverkehrsamt Gebühren erhöht. Wofür haben wir die
Gebühren erhöht? Damals wurde gesagt, es müsse
kostendeckend geschehen, diese Gebühren zu erhöhen. Ich
bringe hier ein Beispiel: Wenn ich meiner Tochter meine
Autonummer überschreibe, dann habe ich bis vor 2 Jahren
60 Franken bezahlt, um das Gesuch zu bearbeiten und die
Nummer zu übertragen. Heute sind es 125 Franken. Damals
haben wir dazu Ja gesagt: Gebührenerhöhung beim
Strassenverkehrsamt, um einen ausgeglichenen Haushalt zu
erzielen. Was damit passiert ist, können Sie heute sehen:
Man hat die Schalterhalle für 1 Mio. Franken saniert. Man
hat plötzlich Überschuss produziert und eine nicht nötige
Sanierung ausgeführt. Wir sprechen heute aber nicht über
das Strassenverkehrsamt, sondern über die Einbürgerungen.
Wenn beim Strassenverkehrsamt eine Nummerübertragung
125 Franken kostet und eine Einbürgerung heute für 750
2446
Art. 1588
Wohnsitz in der Schweiz, einen einwandfreien Leumund,
Integration und der Wille, die Staatsbürgerschaft ernst zu
nehmen mit allen Rechten und Pflichten. Von massiven
Geldsummen ist da nicht die Rede. Es kann auch nicht der
Sinn der Sache sein, dass sich zukünftige Schweizerbürger
verschulden müssen, um zu ihrem Pass zu kommen.
Kostendeckung ja, aber das Schweizerbürgerrecht soll nicht
eine Frage des Geldes sein!
Max Fäs-Bertschi, SVP, Teufenthal: Ich spreche im Namen
der SVP-Fraktion. Wir haben diese Geschäft behandelt und
ich möchte Ihnen vorweg das Resultat bekannt geben: Die
SVP unterstützt den Motionär mit sehr grosser Mehrheit.
Als Mitglied der Einbürgerungskommission weiss ich, wie
gross der Aufwand ist, wenn man ein Einbürgerungsgesuch
seriös - ich betone: seriös - behandeln will. Es gibt
Unterlagen, die man 2 oder 3 Mal durchlesen muss, bevor
man die Hintertürchen, die da teilweise zum Vorschein
kommen, richtig durch den Kopf gehen lassen kann. Wenn
ich ein Baugesuch von einigen hundert Franken eingebe,
dann kostet die Gebühr für das Baubewilligungsverfahren
oft mehr als das Bauvorhaben. Ist es richtig, dass wir die
Einbürgerungswilligen einbürgern, wobei wir alle daran
zahlen, weil die Kosten über die verlangten Gebühren nicht
abgegolten werden? Der Motionär sagte schon sehr viel. Wir
unterstützen das. Ich bitte Sie, die Motion zu überweisen!
Eugen Steinmann, SP, Baden: Ich spreche im Namen der
SP-Fraktion. Ich bitte Sie, dem Antrag des Regierungsrates
auf Ablehnung der Motion zu folgen. Zur Begründung: Die
heutige Gesetzgebung gemäss § 15 Abs. 1 des Kantons- und
Gemeindebürgerrechts in Sachen Abgaben und Gebühren im
Einbürgerungswesen ist auch in der heutigen Zeit gerecht
und sinnvoll. Diese richten sich nach den wirtschaftlichen
Leistungsverhältnissen des Einbürgerungswilligen. Dies ist
sinnvoll. Im Weiteren hat die Sektion Bürgerrecht und
Personenstand
den
Auftrag,
die
wirklichen
Kostendeckungen
zu
Franken im Maximum zu haben ist, dann mutet das schon
etwas komisch an. Zu den Einbürgerungen: Was auf
Bundesebene unbedingt geändert werden müsste ist, dass
wer in der Schweiz das Bürgerrecht erhält, sollte das alte
Bürgerrecht abgeben müssen. Wir haben heute jede Menge
Leute, die 2 Pässe haben und immer den Pass hervorziehen,
der gerade passt. Ich bitte Sie, die Motion zu überweisen!
Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren
Wortmeldungen dazu vor.
Regierungsrat Kurt Wernli, parteilos: Gebühren sind
definitionsgemäss kostendeckende Abgeltungen für eine
Dienstleistung. Eine Gebühr von 50'000 Franken ist eine
Steuer, aber keine Gebühr! Ich hoffe, Sie sind wenigstens in
dieser Frage mit mir einverstanden, sonst müssten wir
nämlich sämtliche Gebührenordnungen im Kanton
revidieren und entsprechend daraus Steuerabgaben machen!
Genau um diese Frage geht es hier. Wollen Sie künftig eine
Einbürgerungssteuer erheben und damit den Grundsatz, wie
er jetzt schon teilweise angelegt ist, nämlich bei den
Abgaben
für
die
Gemeinden,
die
einen
Bemessungsgrundsatz
der
wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit kennt - dann das ist im Prinzip ein
Steuerfaktor und nicht ein Gebührenfaktor! Wenn Sie also
diesem Grundsatz nachgehen wollen, dann müssen Sie
entsprechend auch nicht mehr von Gebühren sprechen! Es
Art. 1588
ist schon eine ganz zentrale Frage unseres Staatswesens:
Wenn Sie jetzt plötzlich bei einem Bereich finden, hier
müssen entsprechend die sogenannten Gebühren in der
Höhe "massiv" - das ist der Ausdruck in der Motion angepasst werden bis zum Maximalbetrag von 50'000
Franken, dann ist das, meine Damen und Herren, keine
Gebühr mehr! Das ist eine ganz klare Steuererhebung nach
wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit!
Der Kanton hat in seiner Gesetzgebung seinerzeit dieses
Splitting vorgenommen und auf Gemeindeebene den
Bemessungsgrundsatz bis zu einem Maximalbetrag von
3'000 Franken zugestanden nach wirtschaftlicher
Leistungsfähigkeit. Auf Kantonsebene ist es eine
"Pauschalgebühr" von 500 Franken, unabhängig wie gross
dann die Dienstleistung sein soll. Hier kann man durchaus
auch diskutieren, ob diese Pauschalgebühr gerechtfertigt sei,
weil sie natürlich in gewissen Fällen die Kosten nicht voll
deckt. Das ist richtig. Aber in gewissen Routinefällen
beansprucht es diese 500 Franken auch nicht. Es ist ein
Durchschnittsbetrag und wir haben errechnet durch die
Kosten-Leistungsrechnung, dass diese Pauschalgebühr auf
Kantonsebene gebührenmässig den Ansprüchen genügt, d.h.
sie ist kostendeckend, was das Einbürgerungsverfahren im
administrativen Verfahren anbelangt.
Jetzt muss ich eine weitere Zusatzbemerkung machen:
Wenn hier erwähnt wird, dass dadurch auch der Grosse Rat
belastet wird, dann ist das an sich richtig, aber die
Leistungen des Grossen Rates können nicht gebührenmässig
abgegolten werden, sonst müssen Sie auch aufwandmässig
entschädigt werden, was man durchaus diskutieren kann. Sie
werden das ja im Rahmen der Parlamentsreform noch tun,
so dass Sie dann Ihre Entgeldsituation pro Stunde anpassen,
beispielsweise gemäss Anwaltstarif. Es ist eine denkbare
Lösung, ob sie sinnvoll ist, müssen Sie dann entscheiden!
4. November 2003
Es gibt aber noch einen zweiten Grund, der gewichtiger ist:
Der Bund ist auf dem Wege der Gesetzgebung in diesem
Bereich weit fortgeschritten. Wir haben Ihnen im
Motionstext begründet, was jetzt auf eidgenössischer Ebene
bereits der Nationalrat mit klarer Mehrheit verabschiedet
hat. Wenn Sie diese Motion jetzt überweisen, dann müssen
wir uns fragen, sollen wir jetzt voreilig, vielleicht auf 1 oder
2 Jahre die Gebührensituation anpassen, um sie nachher
aufgrund der eidgenössischen Gesetzgebung wieder
rückgängig zu machen. Das müssen wir nämlich dann in
Bezug auf die Vorgabe, die klar sagt, sie darf höchstens als
Gebühr kostendeckend sein. Das ist der Hauptgrund,
weshalb wir im Moment diese Motion ablehnen, aber mit
dem klaren Hinweis in der Begründung, dass wir bereit sind,
aufgrund der Äusserungen, die Pauschalgebühr zu
überprüfen, dies aber im Sinne der kostendeckenden
Gebühr.
Abstimmung:
Für Überweisung der Motion: 85 Stimmen.
Dagegen: 71 Stimmen.
1589 Postulat Martin Bossard, Grüne, Kölliken, vom
1. Juli
2003
betreffend
Verwendung
von
verbrauchsarmen Fahrzeugen bei der Mobilen
Einsatzpolizei (MEPO); Ablehnung
(vgl. Art. 1416 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 24. September 2003:
Der Regierungsrat ist bereit, das Postulat mit folgender
Erklärung entgegenzunehmen:
Gebühren - ich sage es noch einmal - müssen dem Anspruch
genügen: Kostendeckende Abgeltung der Dienstleistung.
Was hier Herr Kaufmann vorschlägt, ist eben keine
Gebührensituation mehr. Das ist der Hauptgrund, weshalb
die Regierung diese Art der Motionsüberweisung ablehnt.
Die Kantonspolizei Aargau unterhält rund 160
Motorfahrzeuge. Diese werden unterschiedlich eingesetzt
und
haben
entsprechende Anforderungsprofile zu erfüllen. Von den
rund 160 Fahrzeugen sind 24 mit Diesel- und der Rest mit
Benzinmotoren ausgerüstet. Die Kilometerleistung der
gesamten Fahrzeugflotte betrug im Jahr 2002 zirka 2,9 Mio.
Kilometer. Der Durchschnittverbrauch - bezogen auf alle
Fahrzeuge - betrug 10,4 Liter auf 100 Kilometer. Dieser
Durchschnittverbrauch konnte in den letzten 8 Jahren
kontinuierlich um mehr als 10% gesenkt werden. Dies dank
Fortschritten in der Fahrzeugtechnik, aber auch nicht zuletzt,
weil die Mitarbeitenden angehalten werden, Treibstoff zu
sparen.
Dachbalken, Unfalldatenschreiber, Frontblitzer, usw.: zirka
Fr. 55'000.--.
Im Einzelnen werden folgende Voraussetzungen an den
Wagenpark der Kantonspolizei gestellt:
1. Fahrzeuge der Mobilen Einsatzpolizei
1.1 Gekennzeichnete Patrouillenwagen
Es handelt sich um Benzin- und Dieselfahrzeuge
verschiedener
Marken.
Anforderungsprofil:
hohes
Leistungsvermögen, 2,5-3,0 Liter Hubraum, mindestens 450
Kilo Nutzlast, Heck- oder Allradantrieb, Einsatzdauer: 10
Jahre oder 350'000-400'000 Kilometer, Anschaffungskosten
eines komplett ausgerüsteten Patrouillenwagens mit
1.2 Neutrale Verkehrsüberwachungsfahrzeuge
Verschiedene Marken. Anforderungsprofil: ebenfalls hohes
Leistungsvermögen, Einsatzdauer: zirka 10 Jahre oder
400'000-500'000 Kilometer, Anschaffungskosten (ohne
Videoaufzeichnungsgeräte): zirka Fr. 50'000.--.
2. Fahrzeuge des Aussendienstes
2.1 Gekennzeichnete Patrouillenwagen
Marke Opel. Anforderungsprofil: zirka 150 PS, grosser
Kofferraum, Heck- oder Allradantrieb, zirka 600 Kilo
Nutzlast, Einsatzdauer: zirka 10 Jahre oder 200'000-250'000
Kilometer,
Anschaffungskosten
(inkl.
Dachbalken,
Unfalldatenschreiber, usw.): zirka Fr. 45'000.--.
2.2 Neutrale Dienstfahrzeuge
Verschiedene Marken, Anforderungsprofil: max. 2,0 Liter
Hubraum mit zirka 80 PS, mit relativ grossem Platzangebot
bzw. Kofferraum, Einsatzdauer: zirka 10-15 Jahre oder zirka
200'000 Kilometer, Anschaffungskosten (inkl. besondere
Warnvorrichtungen, Unfalldatenschreiber, usw.): zirka Fr.
30'000.--.
2447
4. November 2003
3. Fahrzeuge des Polizeikommandos
Neutrale Klein- und Mittelklassewagen diverser Marken.
Anforderungsprofil: 1,4-2,0 Liter Hubraum, Limousinen
oder Kombifahrzeuge, Einsatzdauer: zirka 10-15 Jahre oder
150'000-200'000 Kilometer, Anschaffungskosten (ohne
besondere Warnvorrichtungen und Unfalldatenschreiber):
zirka Fr. 20'000.-- bis 25'000.--.
Zudem besitzt die Kantonspolizei noch verschiedene
Spezialfahrzeuge
wie
einen
Lastwagen,
Ordnungsdienstfahrzeuge,
Kleinbusse
für
Personentransporte,
usw.
mit
unterschiedlichen
Anforderungsprofilen.
4. Vor- und Nachteile von Fahrzeugen mit alternativen
Antriebsformen
Die herkömmlichen Treibstoffe sind noch in genügender
Menge vorhanden, was für die Forschung von alternativen
Antriebsformen nicht eben förderlich ist. Dies dürfte unter
anderem auch der Grund dafür sein, dass zurzeit noch
wenige Modelle mit solchen Antriebsformen angeboten
werden.
4.1 Fahrzeuge mit Gasantrieb
Die heute auf dem Markt erhältlichen gasbetriebenen
Fahrzeuge weisen eine maximale Leistung von zirka 100
kW bzw. 130 PS auf. Demnach erfüllen diese Fahrzeuge das
Anforderungsprofil eines Patrouillenwagens der Mobilen
Einsatzpolizei und des Aussendienstes nicht. Die Gastanks
sind im Kofferraum platziert, weshalb dieser verkleinert
wird und das mitzuführende Material keinen Platz mehr
findet. Reduziert wird durch den erwähnten Tank auch die
Nutzlast der Fahrzeuge.
Gegenwärtig befinden sich im Kanton Aargau nur vereinzelt
Tankstellen für gasbetriebene Fahrzeuge. Die Reichweite
einer Tankfüllung beträgt nach bisherigen Erfahrungen
maximal 300 Kilometer. Gemäss EMPA-Studie belasten
erdgasbetriebene Fahrzeuge die Umwelt und die Gesundheit
bedeutend weniger als benzin- und dieselmotorbetriebene
Fahrzeuge. Nur bei der Energienutzung ist das
Erdgasfahrzeug dem Benzin- und Dieselfahrzeug
unterlegen. Sein Energiebedarf liegt zirka 15% höher als
diejenige der übrigen Fahrzeuge. Die EMPA-Studie zeigt im
Weiteren auf, dass Erdgasfahrzeuge insbesondere im
innerstädtischen Verkehr ein wirksames Mittel zur Senkung
"saubere" Dieselfahrzeuge ab 2004 anbieten zu können.
Damit auch der CO2-Ausstoss vermindert werden kann, sind
Katalysatoren notwendig, die momentan noch nicht
erhältlich sind. Dieselmotoren, die dann die Euro-IVNormen erfüllen, haben einen höheren Wirkungsgrad. Diese
Normen führen zweifellos dazu, dass die Motoren sparsamer
und umweltfreundlicher werden. Ab 2005 müssen neue
Fahrzeuge diese Normen erfüllen.
Seit Einführung verbrauchsgünstiger Dieselmotoren mit
Common-Rail-Technik hat die Kantonspolizei Aargau
verschiedene
Dieselfahrzeuge
angeschafft.
Als
Patrouillenfahrzeuge der Mobilen Einsatzpolizei (MEPO)
und des Aussendienstes kommen nur leistungsstarke
und/oder Fahrzeuge mit grossem Nutzraum und hoher
Nutzlast in Frage. Hier sind die alternativen Möglichkeiten
noch sehr eingeschränkt. Die Einsatzbereitschaft muss stets
gewährleistet sein. Die Kantonspolizei wird bei der
Anschaffung der übrigen Fahrzeuge konsequent darauf
achten,
umweltfreundliche
und
verbrauchsgünstige
2448
Art. 1589
der
verkehrsbedingten
Gesundheitsbelastungen darstellen.
Umwelt-
und
4.2 Hybridfahrzeuge
Durch Kombination von Benzinmotor und Elektroantrieb
kann der Gesamtwirkungsgrad eines Autos um einige
Prozente verbessert werden. Durch die zwei Systeme im
Fahrzeug (Benzin- und Elektroantrieb) werden die Nutzlast
und das Kofferraumvolumen massiv eingeschränkt. Es gibt
nur viertürige Modelle mit 1,5-Liter-Motoren. Der
Verbrauch wird mit 5,5 Liter auf 100 Kilometer angegeben.
Die Firma Toyota hat in dieser Beziehung Pionierarbeit
geleistet und bietet seit einiger Zeit ein derartiges Fahrzeug
an.
Gemessen
am
technischen
Aufwand
(Verbrennungsmotor, Elektromotor, stufenloses Getriebe,
Traktionsbatterien und aufwändige Steuerelektronik) wird
das Modell mit einem Preis von Fr. 38'800.-- recht günstig
angeboten. Die Kantonspolizei ersteht jedoch ihre
Fahrzeuge im betreffenden Segment rund Fr. 15'000.-günstiger als das genannte Hybridfahrzeug. Der geringere
Treibstoffverbrauch (zirka 20-30%), aber auch der Nutzen
für die Umwelt rechtfertigen den Mehrpreis derzeit nicht.
4.3 Elektrofahrzeuge
Elektrobetriebene Fahrzeuge leiden noch immer an der
geringen Reichweite, dem hohen Gewicht der Batterien und
der verminderten Leistungsfähigkeit. Sie kommen als
Polizeifahrzeug im heutigen Zeitpunkt nicht in Frage.
4.4 Fahrzeuge mit Brennstoffzellen
In den Medien wird teilweise der Eindruck erweckt, dass
Brennstoffzellen bereits ein gängiges Marktprodukt sind und
überall erhältlich seien. Dem ist aber nicht so. Vor dem Jahr
2007 ist kaum mit Serienfahrzeugen zu rechnen, eher aber
erst im Jahr 2010.
5. Zusammenfassung
Eine Alternative zum benzinbetriebenen Fahrzeug stellt für
die Kantonspolizei zur Zeit einzig der Dieselmotor dar. In
den vergangenen Jahren wurden in diesem Bereich wohl
Fortschritte gemacht, doch ist das Problem des
Russausstosses erst teilweise gelöst. Zurzeit bietet einzig der
PSA-Konzern Fahrzeuge mit Diesel-Partikelfiltern an.
Weitere Firmen haben in der Zwischenzeit angekündigt, so
genannt
Fahrzeuge zu erwerben und auch alternative Antriebsformen
in Betracht ziehen. Voraussetzung dazu ist die Erfüllung der
Anforderungsprofile. Ebenso sind die knappen finanziellen
Ressourcen bei der Evaluation zu berücksichtigen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 2'933.--.
Vorsitzende: Der Regierungsratsrat ist bereit, das Postulat zu
übernehmen. Es liegt ein Antrag auf Ablehnung vor.
Thierry Burkart, FDP, Baden: Ich spreche im Namen der
FDP-Fraktion. Die Ausführungen der Regierung in der
Antwort des Postulates begrüsse ich und teile sie voll und
ganz. Das Kriterium des verbrauchsarmen Fahrzeuges bei
der Beschaffung ist ein richtiges und wichtiges Kriterium.
Es ist auch bereits Praxis seitens der Polizei, dass dieses
Kriterium beachtet wird. Das ist richtig. Die FDP bestreitet
das auch nicht. Ich möchte aber betonen, dass es ein
Kriterium unter vielen ist. Es gibt weitere, wichtige
Kriterien. Deshalb kann es nicht sein, dass dieses Postulat
Art. 1589
überwiesen wird, weil im Text ausdrücklich steht,
"konsequent"
sei
auf
verbrauchsarme
Fahrzeuge
umzustellen. Dies ist dann zu tun, wenn es möglich ist, aber
dann nicht, wenn es nicht möglich ist! Deshalb stelle ich den
Antrag, dass dieses Postulat nicht überwiesen wird.
Christine Haller, SP, Reinach: Ich spreche im Namen der
SP-Fraktion.
Die
SP
Fraktion
unterstützt
die
Entgegennahme dieses Postulats, denn es geht in die richtige
Richtung. In den Ausführungen weist der Regierungsrat
darauf hin, dass die Diesel-Motortechnologie heute die beste
ökologische Variante zum Benzinmotor darstellt. Dies
einerseits bei der Leistung und andererseits bei der
Wagengrösse. Der Dieselmotor ist jedoch nur mit
Partikelfilter eine ökologische Variante zum Benzinmotor.
Bereits heute können Dieselfahrzeuge mit Partikelfilter
beschafft werden. Da im Rahmen mit Horizont 2003 eine
grössere Anzahl Fahrzeuge angeschafft und später auch der
heutige Fahrzeugpark ersetzt werden muss, ist es wichtig,
dass bald in einem sinnvollen Umfang auf Fahrzeuge mit
einer besseren Energieeffizienz gesetzt wird.
An dieser Stelle möchten wir auch darauf hinweisen, dass
der gesamte Fahrzeugpark des Kantons durch ökologischere
Fahrzeuge ersetzt werden soll. Im Bereich ausserhalb der
Polizei sind sicher auch Fahrzeuge mit Hybrid- und Elektrotechnologie einsetzbar. Der Kanton soll seine
Vorbildrolle wahrnehmen, eine Rolle, die besonders im
Energiebereich sehr wichtig ist!
Umso grösser die Nachfrage nach Fahrzeugen mit einer
guten Energieeffizienz ist, umso schneller werden die
Anbieter auch mehrere Fahrzeugtypen - auch mit anderen
Technologien - auf den Markt bringen, welche den
Wünschen der Kundschaft entsprechen, die ihre
Verantwortung im Ökologiebereich wahrnehmen und sich
für mehr Energieeffizienz einsetzen. Wir sind für die
Überweisung des Postulates.
Martin Bossard, Grüne, Kölliken: Es dünkt mich schade,
dass der Treibstoffverbrauch plötzlich ein LinksRechtsthema sein soll. Es kommt wieder die SP nach vorne
und unterstützt das Thema, die Grünen haben es
selbstverständlich eingebracht, das ist ja unsere Funktion in
diesem Parlament, überall die Ökologie einzubringen. Was
ich schwer verstehen kann ist, dass man auch den
ökonomischen Argumenten kein Gehör schenkt. Ich will
grosse Investitionen getätigt, um genügend Gastankstellen
zu haben und es sind heute Serienfahrzeuge im Angebot, auf
die die Aussage nicht zutrifft, dass die Gastanks im
Kofferraum platziert sind, weshalb dieser kleiner wird und
das mitzuführende Material keinen Platz mehr findet. Das
stimmt einfach nicht. Ich nenne 3 Beispiele: Opel Zafira hat
ganz genau den gleichen Kofferraum wie ein normal
betriebener Opel Zafira. Fiat Multipla, ein Fahrzeug mit 6
Sitzplätzen ebenso, Volvo V70, alles Fahrzeuge, die die
Polizei einsetzen kann, wenn sie will, denn es gibt absolut
keinen Verlust beim Volumen und kein Verlust bei der
Leistung, 40% weniger Abgase mit den gleichen Aufgaben,
die man damit erfüllen kann. Hier liegt das Geld wirklich
auf der Strasse und ich bitte Sie, das Postulat zu überweisen,
denn eine Revolution findet da nicht statt! Bis der
Fahrzeugpark umgebaut ist, dauert es noch 10 Jahre. Das
schreibt die Regierung ja selbst. Man sollte jetzt aber damit
anfangen
und
wenigstens
das
Angebot
der
4. November 2003
Ihnen deshalb kurz vorrechnen, was mein Hintergedanke
war, um dieses Postulat zu machen. Es ist nicht nur die
Ökologie, sondern auch die Ökonomie.
In der Antwort auf das Postulat schreibt ja der
Regierungsrat, wie viele Kilometer zurückgelegt werden,
wie viel pro Fahrzeug verbraucht wird auf 100 Kilometer.
Man kann daraus entnehmen, dass jährlich ca. 3 Mio.
Kilometer zurückgelegt werden. Das kostet etwa Handgelenk mal Pi - 400'000 Franken. Der Verbrauch, 10,3
Liter, ist etwa 40% mehr als das, wozu sich die
Automobilindustrie verpflichtet hat bis 2006 einzuführen.
40% als der Durchschnitt, nicht als das Mögliche. Heute
sind ja Fahrzeuge mit 3 Litern möglich, nicht mit 6 Litern,
wie der angestrebte Durchschnitt ist und nicht mit 10 Litern,
wie heute im Durchschnitt gebraucht wird. 400'000 Franken
kostet uns der Treibstoff der Polizei pro Jahr. Das Potenzial
ohne jegliche Abstriche bei der Zweckerfüllung beträgt
40%. Das sind 160'000 Franken. Die liegen da auf der
Strasse rum. Ich kann nicht verstehen, dass man das einfach
mit der Begründung wegwischt, der Treibstoffverbrauch sei
nur ein Kriterium unter vielen. Das weiss ich schon, dass die
Polizei nicht dazu da ist, um Treibstoff zu sparen und dass
da auch andere Kriterien beigezogen werden. Aber ich kann
nicht verstehen, dass das offensichtliche Potenzial nicht
ausgeschöpft
wird.
Ich
denke,
die
grössten
Einsatzmöglichkeiten sind beim Diesel-Fahrzeug. Die haben
heute bei den gestellten Ansprüchen bei der Polizei etwas 6
Liter im Durchschnitt verbraucht. Jene die schwer geladen
sind vielleicht etwas mehr. Ich habe Ihnen zusammen mit
meinem Vorstoss einen Zeitungsartikel präsentiert, dass
auch Hybridfahrzeuge andernorts, wo der Treibstoff
notabene noch viel billiger ist als bei uns, eine Alternative
sind und zwar eine billigere Alternative und dann als
schönen Nebeneffekt auch noch die Ökologie
berücksichtigen. Man soll das nicht einfach auf die Seite
schieben, sondern ein Postulat besagt ja nichts weiter, als
dass die Regierung und die Verwaltung das Anliegen in
Zukunft berücksichtigt. Ich hoffe deshalb auf die Leute, die
rechnen können und die in Franken und Rappen rechnen,
wie das im Parlament ja häufig der Fall ist. Ich bitte Sie, das
Postulat zu überweisen!
Eine Korrektur noch zur Botschaft des Regierungsrates und
den Gasfahrzeugen: Gas als Antriebsstoff wird auch vom
Gasverband im Moment propagiert. Es werden ziemlich
Automobilindustrie wahr machen, nämlich diese 6,4 Liter
pro 100 Kilometer bzw. 5,7 Diesel.
Rolf Urech, FP, Hallwil: Ich mache hier bei diesem Postulat
eine Teilüberweisung. Zur einen Hälfte, die gefordert ist,
kann ich Ja sagen und zur andern muss ich Nein sagen. Ich
komme aus der Autobranche und verkaufe Autos, die
maximal 3 Liter Diesel verbrauchen. Ich verkaufe
Benzinautos, die 6,2 Liter Benzin verbrauchen mit 115 PS.
Ich verkaufe Dieselautos mit 2 Liter Hubraum und 140 PS
mit Spitzengeschwindigkeiten von 200 Km/h. Dann hört es
aber auf. Dann geht es ins gute Tuch. Bei der Mobilen
Einsatzpolizei brauchen wir nach wie vor Fahrzeuge, die
Spitzengeschwindigkeiten bis zu 250 Stundenkilometern
erreichen können. Es geht darum, die Nachfahrtsmessungen
zu machen, um die Beweise zu liefern, wie schnell jemand
gefahren ist, die Videomessungen also. Diese Fahrzeuge
gibt es heute weder in Diesel, noch als Hybride, noch mit
Gas. Das wird einmal kommen. Wir haben im Kanton einen
2449
4. November 2003
Fahrzeugpark bei der Kantonspolizei, der zum Teil sehr alt
ist. Wir haben Fahrzeuge im Einsatz mit 300'000-400'000
Kilometern. Wenn diese Fahrzeuge ersetzt werden, als
normale Polizei-Fahrzeuge für die Aussenposten, dann bin
ich überzeugt, dass man da etwas mit Diesel machen kann.
Aber es kann doch nicht sein, dass der Postulatstext mit
diesem 'konsequent' überwiesen wird, weil wir nicht
sämtliche Fahrzeuge, die der Kanton braucht, auf
verbrauchsarme Fahrzeuge umstellen. Es gibt schon
Potenzial. Auch bei den Mannschaftstransportfahrzeugen
haben wir heute noch Benzinmotoren. Wenn diese
Fahrzeuge ersetzt werden, dann kommen bestimmt
Dieselmotoren. Deshalb bin ich der Meinung, dieses
Postulat ist auf dem richtigen Weg, aber es hat einen
falschen Text. Die Konsequenz können wir ganz sicher noch
nicht einhalten, weil das technisch noch nicht so weit ist.
Deshalb bitte ich Sie, dieses Postulat abzulehnen!
Martin Bossard, Grüne, Kölliken: Ich möchte das Wort
'konsequent' oder 'Konsequenz' zu Handen der Materialien
präzisieren, um Ihnen den Weg zu ebnen, trotzdem Ja zu
sagen. Ich bin selbstverständlich davon ausgegangen, dass
die Polizei natürlich verschiedene Ansprüche an
verschiedene Fahrzeuge stellen wird. Mit 'konsequent' ist
gemeint, wenn man vor der Wahl 2 oder 3 verschiedener
Modelle steht, die den Zweck erfüllen, dass man dann
konsequent das nimmt, wo der bessere Verbrauch gegeben
ist und nicht dass man jetzt alle Fahrzeuge nur noch mit
alternativen Antrieben ausrüstet. Das ist damit nicht
gemeint, ausdrücklich nicht. Wenn dieses Votum dazu
dienen kann, das so zu klären, dann kann ich nur sagen: Sie
müssen mir das glauben, dass ich das so gemeint habe und
es wird auch so im Protokoll stehen. Jetzt müssten Sie
eigentlich gemäss Ihren Aussagen das Postulat überweisen!
Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren
Wortmeldungen dazu vor.
Regierungsrat Kurt Wernli, parteilos: Die Regierung ist
bereit,
das
Postulat
im
Sinne
der
Prüfung
entgegenzunehmen. Wenn wir gemäss Wortlaut das Postulat
wirklich so übernehmen müssten, dann müssten wir es
konsequenterweise ablehnen. Ihr Text lautet natürlich schon
ganz klar, dass die Regierung aufgefordert wird, den
gesamten
Fahrzeugpark
der
geplanten
mobilen
Einsatzpolizei konsequent auf verbrauchsarme Fahrzeuge
umzurüsten. Dann kann man natürlich nicht sagen, wenn es
dann abgewogen wird, dann soll man sich entscheiden für
verbrauchsarme Fahrzeuge. Das ist nicht der Postulatstext.
In dieser Vorlage geht es um eine interkantonale, mit der
Beteiligung von Liechtenstein sogar um eine internationale
Vereinbarung. Aus diesem Grund muss der Grosse Rat
darüber
befinden.
Die
IHV
(interkantonale
Heimvereinbarung) wird durch die IVSE (interkantonale
Vereinbarung für soziale Einrichtungen) abgelöst. Die IVSE
muss im Kontext mit dem Sozialhilfe- und
Präventionsgesetz gesehen werden. Zum Teil greift es, dort
wo es um straffällige Jugendliche geht, in die
Strafprozessordnung ein. Künftig wird es auch mit dem
Gesetz über die Leistungen für Personen mit besonderen
Bedürfnissen im Zusammenhang stehen. Dieses Gesetz ist in
der Sektion Sonderschulung, Heime und Werkstätten in
Behandlung.
Am 1. Januar 2005 könnten wir der Vereinbarung IVSE
beitreten, wenn die Kündigungsfrist, welche auf Ende des
2450
Art. 1589
Dennoch ist die Regierung bereit, weil wir überzeugt sind,
dass verbrauchsarme Fahrzeuge in gewissen Bereichen Sinn
machen. Aber eben nicht überall. Warum? In erster Priorität
hat die Einsatzpolizei die Einsatzbereitschaft zu
gewährleisten. Einsatzbereitschaft heisst, wir müssen
entsprechend
Fahrzeuge
haben,
die
die
Verbrechensbekämpfung und Verfolgung von Rasern auf
den Strassen übernehmen können. Das können im Moment
verbrauchsarme Fahrzeuge noch nicht alle bzw. nur
teilweise. Das ist eine Tatsache. Wir müssen die
Einsatzbereitschaft gewährleisten können. Da sind wir uns
sicher einig. Deshalb müssen wir diese Anschaffung
fallweise vornehmen können.
Verbrauchsarme Fahrzeuge machen da Sinn, wo wir keine
Verfolgungsjagden durchführen müssen, sondern wo wir
uns lediglich von A nach B verschieben müssen. Dann
braucht es keine rasend schnelle Fahrzeuge. Es braucht dann
aber Fahrzeuge, die Material transportieren können. Wir
müssen das immer wieder je nach Anforderung überprüfen
können. Das ist der Sinn, weshalb die Regierung bereit ist,
das Postulat entgegenzunehmen. Ich betone aber noch
einmal: in diesem Sinne der Auslegung!
Abstimmung:
Für Überweisung des Postulats: 63 Stimmen.
Dagegen: 86 Stimmen.
1590 Revision der Interkantonalen Heimvereinbarung
IHV; Interkantonale Vereinbarung für soziale
Einrichtungen (IVSE) vom 13. Dezember 2002;
Unterzeichnung durch den Kanton Aargau und Beitritt
zu Bereich A und Bereich D; Zustimmung; fakultatives
Referendum; Auftrag an Staatskanzlei; Ermächtigung
an Regierungsrat
(Vorlage vom 6. August 2003 des Regierungsrats)
Richard Plüss, SVP, Lupfig, Präsident der Kommission
Erziehung, Bildung und Kultur: Die Kommission Erziehung,
Bildung, Kultur EBK hat an ihrer Sitzung vom 23.
September 2003 das Geschäft 03.191 "Revision der
interkantonalen
Heimvereinbarung
IHV"
mit
12
Anwesenden und 5 entschuldigten Mitgliedern wie folgt
beraten:
folgenden Jahres angesetzt ist, eingehalten werden kann.
Wenn sich der Grosse Rat bis Ende Jahr für einen Beitritt
entscheidet, kann Ende 2003 auf Dezember 2004 gekündigt
werden und die neue Vereinbarung tritt per 1. Januar 2005
in Kraft.
Es gibt verschiedene Bereiche in der neuen Vereinbarung.
Die Regierung und die Kommission schlagen den Beitritt zu
Bereich A (d.h. Kinder- und Jugendheime) sowie zu Bereich
D (Sonderschulen) vor. Der Kanton Aargau ist ein Kanton,
der darauf angewiesen ist, dass die interkantonale
Vereinbarung funktioniert, denn 347 Aargauer Kinder und
Jugendliche sind ausserkantonal platziert und nur 258 sind
von anderen Kantonen bei uns untergebracht. Wir sind
darauf angewiesen, dass die interkantonale Verrechnung,
Kostengutsprache und Administration funktioniert und die
Abläufe vereinfacht werden.
Art. 1590
Wir können in der Beratung die einzelnen Paragraphen nicht
ändern, da viele Kantone an dieser Vereinbarung beteiligt
sind. Aus diesem Grunde erübrigt sich auch ein Durchgang
durch die Synopse. Wenn wir auf die Vorlage nicht eintreten
und dieser Vereinbarung nicht zustimmen würden, so würde
die Administration viel schwieriger, aufwendiger und teurer,
weil man mit jeder Institution Einzellösungen suchen
müsste.
Wer
sich
auf
gemeinderätlicher
und
schulorganisatorischer Ebene auskennt, der weiss, wie
schwierig solche Verhandlungen und Platzierungen sind.
Der Beitritt zu den Bereichen A und D ist sehr wichtig.
Diese Bereiche sind kein erweitertes Angebot mit
Folgekosten, nein, sie schreiben das Bisherige fest und
vereinfachen die Organisation und die Verfahrensabläufe
auf allen Stufen. Die Organisationsstruktur ist in der
Synopse im Kapitel II auf Seite 4 und folgenden offen
gelegt.
Die Teile B (Einrichtungen für erwachsene Personen mit
einer Behinderung) und den Teil C (Stationäre Therapieund Rehabilitationsangebote im Suchtbereich) benötigen wir
im Moment nicht, da wir für diese Bedürfnisse im Sozialund Präventionsgesetz genügend Rückhalt haben. Für die
Kündigung dieser neuen Vereinbarung ist ebenfalls der
Grosse Rat zuständig. Die EBK hat diese Vorlage mit
folgenden Ergebnissen beraten:
Eintreten auf die Vorlage: Mit 12 Ja, einstimmig; Anträge 14: 11 Ja, 1 Person abwesend.
Mit diesem einstimmigen Resultat hoffen wir, dass auch das
Parlament auf die Vorlage eintreten wird und dieser IVSE
für die Bereiche A und D zustimmt!
Vorsitzende: Stillschweigendes Eintreten haben die FDPFraktion, die SVP-Fraktion, die CVP-Fraktion, die Fraktion
der Grünen und die SD/FP-Fraktion erklärt.
Marie-Louise Nussbaumer, SP, Obersiggenthal: Ich spreche
im Namen der SP-Fraktion. Wir sind für Unterzeichnung der
interkantonalen Vereinbarung für soziale Einrichtungen und
unterstützen den Beitritt zu den Bereichen A (Heime für
Kinder und Jugendliche) sowie D (Sonderschulen). Dies
bedeutet folglich auch Zustimmung zur Kündigung der
interkantonalen Heimvereinbarung. Es ist uns in erster Linie
wichtig, dass Kinder und Jugendliche mit besonderen
sozialen oder pädagogischen Bedürfnissen in geeigneten
Einrichtungen aufgenommen werden können und zwar auch
ausserhalb ihres Wohnkantons und ohne finanzielle
Erschwernisse. Die Zustimmung zum Geschäft ist bei uns
unbestritten und der Beitritt zur neuen Vereinbarung ist
solche, die aus unserem Kanton in 14 anderen Kantonen
betreut werden, sind Grund genug für eine einheitliche
Struktur und auch für eine einheitliche qualitative Betreuung
dieser Sprösslinge. Befremdet hat uns allerdings, wie schon
die SP gesagt hat, dass in den Bereich B und C kein Beitritt
möglich ist. - Die Einrichtungen für Erwachsene mit einer
Behinderung und die Therapieorte im Suchtbereich
brauchen ebenso unser aller Aufmerksamkeit.
Hier möchte ich eigentlich dem Kommissionspräsidenten
widersprechen, der gesagt hat, es sei nicht nötig wegen den
gesetzlichen Grundlagen. Frau Nussbaumer hat es gesagt,
dass diese Grundlagen noch nicht geschaffen sind doch sie
wären so dringend nötig! Auch befremdet mich persönlich,
dass hier im Aargau schlechtere qualitative Standards
4. November 2003
unseres Erachtens notwendig, weil der Bedarf ausgewiesen
ist. Allfälligen Skeptikern unter Ihnen geben wir zu
bedenken, dass es sich beim vorliegenden Geschäft nur um
die Revision einer bestehenden Vereinbarung handelt und
dass sich finanziell überhaupt nichts ändert.
Für uns ist die IVSE ein Beispiel für die heutige Qualität der
interkantonalen Zusammenarbeit. Sie ist ein Vertragswerk,
das nach langen Verhandlungen nur auf dem tiefsten
gemeinsamen Nenner realisiert wird. Weil wir 1. für die
Schaffung eines transparenteren und einfacheren Verfahrens
sind und weil 2. mit der möglichen Einführung von
Pauschalen ein Preis- und Leistungsvergleich zwischen den
sozialen Einrichtungen ermöglicht und die Budgetierung
erleichtert wird und weil 3. der Qualitätserfassung und
Verbesserung mehr Gewicht beigemessen wird, stimmen
wir dem Beitritt zu den Bereichen A und D zu.
Die SP-Fraktion bedauert jedoch, dass der Beitritt zu
Bereich B - das sind Einrichtungen für Erwachsene mit einer
Behinderung - heute kein Thema ist! Wenn es denn so ist,
dass dafür die rechtlichen Grundlagen fehlen, verlangen wir,
dass diese unverzüglich geschaffen werden! Wir haben zur
Kenntnis genommen, dass die Arbeiten am Gesetz über die
Leistungen für Menschen mit besonderem Betreuungsbedarf
im Gange sind und dass die Vernehmlassung im Juni
nächsten Jahres kommt. Von Seiten der Betroffenen, aber
auch von Seiten der Gemeinden ist eine baldige, klare,
rechtliche Regelung dringend erwünscht! Die SP-Fraktion
wird deshalb einen Vorstoss einreichen und zwar einerseits,
weil die Betroffenen nicht bis zum St. Nimmerleinstag
warten können und weil andererseits die Verwaltung
genügend Zeit hatte, um die Grundlagen zu schaffen, sind
doch seit der Einreichung der Motion Kaderli über 10 Jahre
vergangen.
Dass mit dem Beitrittsverfahren zu Bereich B geprüft
werden soll, ob auch ein Betritt zu Bereich C - das sind die
stationären Angebote im Suchtbereich - möglich und
notwendig ist, das begrüssen wir.
Brigitte Müller-Kaderli, EVP, Ennetbaden: Ich spreche im
Namen der EVP-Fraktion. Wir stellen uns ebenso hinter die
einstimmige Meinung der Kommission, der interkantonalen
Vereinbarung für soziale Einrichtungen IVSE beizutreten.
Die Unterzeichnung des Bereiches A (Kinder und
Jugendheime) und D (Sonderschulen) ist klar finanziell
vertretbar, weil sich daraus keine weiteren finanziellen
Verpflichtungen für den Kanton verbunden sind. Kinder, die
aus 16 Kantonen in Einrichtungen des Kantons
untergebracht
sind,
und
bestehen im Kantonseigenen Einrichtungen als in anderen
Kantonen. Von daher ist es doch nicht möglich, dass wir
sagen können, wir müssen nicht beitreten. Wir müssen, doch
zuerst müssen wir aufarbeiten, was in anderen Kantonen
schon längst besteht. Doch wie Sie gehört haben, erlauben
es uns die Gesetze zurzeit nicht.
In unserer Bundesverfassung ist klar deklariert, dass wir das
Wohl unserer Gesellschaft am Wohl der Schwachen messen.
Diese Menschen unserer Gesellschaft brauchen also unser
aller Einsatz, dass auch in diesen Bereichen qualitative
Strukturen - ich spreche hier von den Bereichen B für
Erwachsene mit Behinderung und C für die stationäre
Betreuung im Suchtbereich - geschaffen und durchgesetzt
werden.
2451
4. November 2003
Ich möchte Ihnen im Namen der EVP für die Zustimmung
zu dieser neuen Vereinbarung danken, zuerst jetzt einmal in
den Bereichen A und D und hoffentlich bald auch in den
Bereichen B und C!
Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren
Wortmeldungen dazu vor.
Regierungsrat Rainer Huber, CVP: Sie machen es mir heute
einfach, besten Dank! Ich weiss, dass diese Arbeiten
natürlich nie so rasch vor sich gehen bei Gesetzesentwürfen,
wie man sich das wünscht. Aus der Sicht des Regierungsrats
ist ein Betritt zum Bereich B aus heutiger Sicht wünschbar
und notwendig. Das wissen wir. Deshalb haben wir auch zu
Beginn dieser Legislatur die Arbeit an diesem
Normenkonzept an die Hand genommen. Das
Normenkonzept ist bei der Regierung passiert und wird im
Verlaufe 2004 in die Beratung gehen und ich bin überzeugt,
dass wir da eine gute Lösung finden werden. Wichtig ist es
uns jetzt aber, dass wir bei den Bereichen A und D einen
ersten Schritt tun und diese Vereinbarung so verabschieden
können, dass wir den Beitritt erklären können.
Der Kanton Basel-Stadt, der die Kompetenz bei der
Regierung hat in diesem Sinne, hat den Beitritt erklärt.
Einige unserer Nachbarkantone wie Bern, Luzern, Solothurn
und Basel-Land sind ungefähr gleich weit wie der Kanton
Aargau, nämlich auch unterwegs oder direkt in der
parlamentarischen Beratung mit dem gleichen Ziel, nämlich
eines Beitritts zu den Bereichen A und D. Ich danke Ihnen,
wenn Sie im Sinne des regierungsrätlichen Antrags
zustimmen können!
Vorsitzende: Eintreten auf die Vorlage ist unbestritten. Sie
sind damit auf die Vorlage eingetreten. Wir kommen zur
Detailberatung.
Art. 1590
Detailberatung
Vorsitzende: Hierzu liegen weder zur Botschaft noch zur
vorliegenden Vereinbarung Wortmeldungen vor. Wir
kommen damit zu den Anträgen auf Seite 9. Ich weise Sie
darauf hin, dass Antrag 2 das erste Mal zur Geltung kommt,
dass also 100 Ratsmitglieder dieser Vorlage zustimmen
müssen, damit das fakultative Referendum durchgeführt
werden kann bzw. geltend gemacht werden kann.
Abstimmung:
Antrag 1 wird mit grosser Mehrheit gutgeheissen.
Abstimmung:
Für Antrag 2: 136 Stimmen (ohne Gegenstimme).
Abstimmung:
Antrag 3 und 4 werden jeweils in separaten Abstimmungen
mit klarer Mehrheit gutgeheissen.
Beschluss:
1.
Der Unterzeichnung der Interkantonalen Vereinbarung für
soziale Einrichtungen (IVSE) vom 13. Dezember 2002 und
dem Beitritt zu den Bereichen A und D sowie der
Kündigung der Interkantonalen Heimvereinbarung IHV
(Teil A) wird zugestimmt.
2.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss gemäss vorstehender
Ziffer 1 dem fakultativen Referendum gemäss § 63 Abs. 1
lit. c KV unterliegt.
3.
Der Regierungsrat wird ermächtigt, nach Ablauf der
fakultativen Referendumsfrist beim Zentralsekretariat der
Konferenz der Sozialdirektoren SODK per 31. Dezember
2004 die Kündigung der IHV einzureichen und per 1. Januar
2005 den Beitritt des Kantons Aargau zu den Bereichen A
und D der IVSE zu erklären.
4.
Die Staatskanzlei wird mit der Publikation im Amtsblatt
beauftragt.
Vorsitzende: Ich bedanke mich bei der Kommission und
ihrem Präsidenten für die vorberatende Arbeit. Das Geschäft
ist damit erledigt.
1591 Interpellation Dr. Andreas Binder, CVP, Baden,
vom 24. Juni 2003 betreffend Qualität des
Ausgrabungsgutes
auf
den
Ausgrabungsstätten
Spillmannwiese
und
Römerblick
in
Windisch
(Vindonissa); Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 1396 hievor)
Antwort des Regierungsrats vom 24. September 2003:
Zu Frage 1: a) Spillmannwiese: Besonders reichhaltige und
für die Lagergeschichte wichtige Informationen liefern die
2452
Art. 1591
bis 3 m mächtigen Kulturschichten u.a. zu der Frühzeit des
Truppenlagers und zu der Zeit nach dem Abzug der
Legionen. Ein guter Erhaltungszustand der Ruinen ist in
erster Linie im Bereich der sogenannten Via Praetoria, einer
der Hauptstrassen (offizielle Eingangsstrasse) des
Legionslagers festzustellen.
b) Römerblick: Wissenschaftlich von grosser Bedeutung ist
die Freilegung eines Küchenraums, der in der Erhaltung und
Ausstattung am besten vergleichbar ist mit Küchen in
Pompej und Herculaneum, und ein Abschnitt des
vorrömischen,
keltischen
Befestigungswerks.
Die
Zeitstellung
und
die
Bauweise
des
keltischen
Befestigungswerks
kann
in
Vindonissa
erstmals
archäologisch untersucht und dokumentiert werden. Teile
des keltischen Befestigungswerks und des römischen
"Offiziershauses" sind im Boden ausserordentlich gut
erhalten geblieben, insbesondere die Sockelmauern des
römischen Gebäudes aus dem späten 1. Jh. n. Chr. sind fast
vollständig intakt.
Zu Frage 2: a) Spillmannwiese: Der Erhaltungszustand der
römischen Lagerstrasse, die zum Südtor führte, ist für
Vindonissa bislang einzigartig. Die 4 m breite Strasse wird
beidseits von intakten Wasserkanälen begleitet. Zusätzlich
zur bereits beschlossenen sichtbaren Erhaltung des Südtors
ist für die Öffentlichkeit von grossem Interesse auch die auf
das Tor führende Lagerstrasse mit der angrenzenden
Bebauung sichtbar zu machen.
b) Römerblick: Im Vergleich mit anderen antiken
Baustrukturen in Vindonissa ist die Qualität und die Höhe
der Bausubstanz sowohl des römischen Baus als auch der
keltischen Befestigung überdurchschnittlich gut. Zudem ist
die kulturhistorische Bedeutung ausserordentlich hoch
einzuschätzen. Beispielhaft tritt an dieser Stelle die
Überlagerung der einheimisch keltischen durch die römische
Kultur zu Tage, die hier durch die besondere Herdstelle in
ausgeprägt italischer Form in Erscheinung tritt.
Zu Frage 3: Mit den Eigentümern wird unter Beizug von
Gemeindevertretern
von
Windisch
an
beiden
Ausgrabungsstellen geprüft, ob eine Teilerhaltung der
antiken Bauzeugen möglich ist. Gleichzeitig werden auch
die Kosten ermittelt, die einerseits auf dem Römerblick für
eine Sicherung, Restaurierung und Vermittlung respektive
Integration in die Überbauung Römerblick und die
andererseits in der Spillmannwiese für die Sicherung,
Restaurierung und Vermittlung der Via Paetoria sowie für
den Kauf von ¼ der Parzelle nötig sind. Der Regierungsrat
ist bestrebt, diese wichtigen neuen Entdeckungen aus der
Geschichte Vindonissas einem breiten Publikum öffentlich
zugänglich zu machen und hat dafür am 3. September 2003
ein Kostendach von Fr. 5'180'000.-- zu Lasten des
Lotteriefonds bewilligt.
Zu Frage 4: Die wichtigen Entdeckungen auf den
Ausgrabungen Spillmannwiese und Römerblick haben den
Kanton veranlasst, die Strategie für den Schutz von
Vindonissa zu überdenken (siehe Antworten auf die
Interpellation Kistler Art. 1592 hienach). Die bereits
eingeleitete Neuausrichtung der Grabungsstrategie zum
nachhaltigen Schutz von Vindonissa zielt in erster Linie auf
eine integrale Unterschutzstellung noch unerforschter Areale
im keltischen und römischen Vindonissa sowie auf die
Vermittlung und Vernetzung ausgewählter Bauzeugen für
eine breite Öffentlichkeit.
4. November 2003
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 635.--.
Dr. Andreas Binder, CVP, Baden: Manchmal braucht es
mehr als einen Anlauf, um zum Ziel zu gelangen. Vor einem
Jahr bin ich mit meinem Antrag auf grundlegende Änderung
der Strategie in der Archäologiepolitik des Kantons in
diesem Rat noch knapp gescheitert. Umso erfreuter bin ich
heute, dass es dank der Offenheit der Regierung doch noch
gelungen ist, diese Strategie zu ändern, weg vom Sichten
und Zerstören hin zum Bewahren, Erhalten und
Zugänglichmachen dieser wertvollen Kulturgüter. Ich danke
der Regierung und insbesondere dem federführenden
Vorsteher des Bildungsdepartements und seinem Team für
diese Offenheit, sich neuen Erkenntnissen nicht zu
verschliessen, für ihre Bereitschaft, sich zu bewegen, statt
stur an Positionen festzuhalten. Diese Haltung ist gerade in
der heutigen Zeit und in der heutigen Politik nicht
selbstverständlich und verdient Anerkennung.
Die vom Regierungsrat beschlossene Änderung der
Archäologiepolitik ist eine der bedeutendsten Leistungen der
Politik im Jubiläumsjahr unseres Kantons und sicher jene,
die am nachhaltigsten wirkt, nämlich für Jahrhunderte. Ich
möchte den Regierungsrat ermuntern, den neu
eingeschlagenen Weg konsequent zu gehen! Mit der
Beantwortung der Interpellation bin ich zufrieden.
Vorsitzende: Der Interpellant ist von der Antwort befriedigt.
Das Geschäft ist damit erledigt.
1592 Interpellation Dr. Ernst Kistler, FDP, Brugg, vom
24. Juni 2003 betreffend Absichten des Regierungsrats
mit "Vindonissa" in Windisch; Beantwortung und
Erledigung
(vgl. Art. 1406 hievor)
Antwort des Regierungsrats vom 24. September 2003:
Zu Frage 1: Bis anhin wurden bei konkreten Bauvorhaben
(in der Bauzone) jeweils die archäologischen Quellen durch
eine Grabung sichergestellt (Dokumentation/Sicherung der
Funde). Der Regierungsrat plant, von der bisherigen Praxis
abzuweichen und vermehrt durch z.B. Umzonung, Kauf,
Tausch von Land die archäologischen Reste im Boden zu
belassen und zukünftigen Forschergenerationen zu
überlassen. Diese längerfristig angestrebte Perspektive kann
nur im Einvernehmen mit den Gemeindebehörden und der
Bevölkerung geschehen. Deshalb ist eine Arbeitsgruppe
eingesetzt worden, die sich mit dieser Frage auseinander
setzt und unter anderem auch klären soll, ob für Vindonissa
ein parzellenweiser Schutz auf der Grundlage des
Denkmalschutzdekrets oder eher ein Schutz über
raumplanerische Massnahmen sinnvoll ist. Ausserdem ist
die Einsetzung einer Konsultationsgruppe geplant,
zusammengesetzt aus Vertretern und Vertreterinnen des
Grossen Rats und des Einwohnerrats Windisch, welche die
Arbeitsgruppe begleitet und sich periodisch über den
Zwischenstand der Ergebnisse orientieren lässt.
Zu Frage 2: Was die Erhaltung der "ausgegrabenen" Funde
an Ort und Stelle anbelangt, so war es bis heute Praxis, dass
den Bauherrschaften immer von der Kantonsarchäologie in
2453
4. November 2003
Aussicht gestellt wurde, dass vor einer Ausgrabung nicht
Objekt vor Ort erhalten werden muss. Ausschlaggebend war
und sind für den Entscheid das öffentliche Interesse nach
den
Kriterien:
Wissenschaftliche
Bedeutung,
Anschaulichkeit der ausgegrabenen Ruine für die
Öffentlichkeit und ihre Einmaligkeit. Für solche Bauverbote,
respektive Baueinschränkungen gibt es auch im Kanton
Aargau einige Beispiele: Römische Wasserleitung von
Hausen nach Vindonissa (Grundlast), römisches Gräberfeld
der antiken Stadt August Raurica (Umzonung durch den
grossen Rat des Kantons Aargau 1995/96), Kauf des Landes
durch den Regierungsrat in der Schmidmatt in Kaiseraugst
während der laufenden Ausgrabungen u.a.m. Neu ist, dass
für Vindonissa nun angestrebt wird, bereits heute sichtbar
erhaltene Ruinen ihrem Wert angemessen besser zu
präsentieren und bei neuen Ausgrabungen vermehrt die
"sichtbare Erhaltung" zu prüfen und allenfalls auch
durchzusetzen.
Zu Frage 3: Welcher Perimeter betroffen wäre, kann ohne
die Arbeit der Arbeitsgruppe, die neben anderen Fragen,
auch diese prüfen muss, noch nicht beantwortet werden.
Zu Frage 4: Sobald konkrete Resultate vorliegen, wird der
Regierungsrat die Bevölkerung informieren.
Zu Frage 5: Was in Zukunft der Schutz oder Konservierung,
Restaurierung, Vermittlung und Unterhalt der sichtbaren
Ruinen in Vindonissa kosten wird, kann zu diesem
Zeitpunkt nicht beziffert werden. Dagegen verfügt die
Kantonsarchäologie über Zahlen was die Restaurierung und
den Erhalt von Einzelobjekten anbelangt: Das römische Bad
im Friedhof Windisch würde heute ca. Fr. 400'000.-- für die
Restaurierung, Fr. 900'000.-- für den Schutzbau und
Fr. 200'000.-für
die
Beschriftung/Beleuchtung
(Ausstellung) kosten. Der Erhalt des Handwerkerhauses in
der Schmidmatt in Kaiseraugst hat den Kanton Aargau 1985
wie folgt gekostet: Landkauf Fr. 855'000.--, Restaurierung
Fr. 250'000.--, Schutzbau Fr. 730'000.--, was heute,
exklusive der Ausgrabungskosten, gesamthaft den Kosten
von 4 Mio. entsprechen würde (Baukosten indexiert,
heutiger Landpreis abgeklärt). Jährlich bezahlt die
Kantonsarchäologie Aargau für den Unterhalt der Ruine in
der Schmidmatt, Kaiseraugst ca. Fr. 10'000.-- (dazu
kommen periodisch grössere Sanierungen). Der jährliche
Unterhalt von vermehrt sichtbar gemachten Ruinen in
Vindonissa wird durchschnittlich in Zukunft Fr. 100'000.-(Arbeit/Personal, Material) pro Jahr kosten (Schätzung
aufgrund von Vergleichen und ohne den Unterhalt der
eigentlichen Schutzbauten).
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 635.--.
Dr. Ernst Kistler, FDP, Brugg: Ohne Absprache wurden
hintereinander 2 Interpellationen eingereicht, die das
Gleiche betreffen, aber nicht das Gleiche wollen. Das
Schwärmen des Regierungsrats wegen der jüngsten Funde
hat uns nicht überrascht. 400 Jahre Römer auf dem kleinen
Ort in Vindonissa haben Spuren hinterlassen. Jeder
Spatenstich fördert irgendetwas hervor: neue Fragen,
allenfalls Antworten. Das ist gar nichts Neues! Aber das
Prozedere bleibt weiterhin unklar. Bleiben die Wiesen so
erhalten, wie sie sind, für die Zukunft? Werden die Dinge
ausgegraben, erfasst und die Flächen dann einer weiteren
Nutzung zugeführt? Werden die Wiesen umgegraben und
2454
Art. 1592
mit letzter Gewissheit ausgeschlossen werden kann, dass ein
die hervorkommenden Spuren nachher sichtbar erhalten?
Wie viel von der Römer-Strasse muss erhalten bleiben?
Reicht 1 Meter oder müssen es 10 Meter sein? Das ist alles
noch unklar. Im Prinzip sind die Fragen überhaupt nicht neu.
Der Regierungsrat sagt aber, es habe ein Sinneswandel
stattgefunden. Kann jetzt noch in Windisch geplant, gebaut
und investiert werden? Bleibt das Wachstum in Windisch
eingeschränkt? Gibt es einen Römerpark? Wenn ja, wie
sollte der finanziert werden und welcher Perimeter? Das
sollte nun langsam bekannt sein! Im Interesse der
Rechtssicherheit sollten die Antworten möglichst schnell
vorliegen. Weil sie nicht vorliegen, sind wir mit der Antwort
nicht einverstanden! Völlig einverstanden sind wir aber
damit, dass das Bestehende, wie es sich heute präsentiert,
verändert wird. Es ist ganz klar, dass man hier noch mehr
tun kann, sei es im Beschriften, sei es im Markieren, sei es
im Anzeichnen im Gelände oder sei es eventuell mit dem
Aufbau gewisser Dinge. Da ist Nachholbedarf und da kann
der Regierungsrat auf seinem Gelände ohne weiteres noch
einiges investieren. Mit diesem Teil sind wir einverstanden,
aber mit der Hauptantwort gar nicht. Gesamthaft sind wir
teilweise mit der Antwort zufrieden.
Vorsitzende: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort
teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
1593 Interpellation der CVP-Fraktion vom 11. März
2003 betreffend Steuerbelastungen der Familien und der
KMU-Betriebe im Vergleich zu den andern Kantonen
und zum Bund; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 1186 hievor)
Antwort des Regierungsrats vom 11. Juni 2003:
Zu Frage 1: Ein Vergleich der Steuertarife für sich alleine ist
wenig aussagekräftig. Stichhaltige Aussagen ergeben sich
aus der Gegenüberstellung der Gesamtbelastung. Dabei
spielt der Tarif natürlich eine wichtige Rolle.
Einen
einigermassen
gesamtheitlichen
Steuerbelastungsvergleich mit den übrigen Kantonen
ermöglicht der Steuerbelastungsindex der Eidgenössischen
Steuerverwaltung (EStV). Nicht berücksichtigt wird hier
jedoch die Möglichkeit, Drittbetreuungskosten abzuziehen.
Der Steuerbelastungsindex der EStV bestätigt, dass der
Kanton Aargau seit Inkrafttreten des neuen Steuergesetzes
eine sehr familienfreundliche Besteuerung aufweist. Im Jahr
2000 betrug der Index für ein Ehepaar mit zwei Kindern und
einem Brutto-Einkommen von Fr. 70'000.-- noch 97.1 (Rang
10, Durchschnitt = 100). Im Jahr 2001 fiel der betreffende
Index auf 71.2 (Rang 3, hinter Zug und Tessin). Nach
Ausgleich der kalten Progression per 2002 liegt der
Indexwert mit 65.2 noch etwas tiefer, wobei Genf neu einen
noch tieferen Index aufweist und der Aargau nun Rang 4
einnimmt. Bei tieferen Einkommen besetzt der Aargau
ebenfalls einen Spitzenrang, bei Bruttoeinkommen über Fr.
150'000.-nähert
er
sich
langsam
dem
gesamtschweizerischen Durchschnitt.
Art. 1593
4. November 2003
Der tiefe Belastungsindex für Verheiratete mit Kindern hat
seinen Grund einerseits im günstigen Tarif B sowie in
vergleichsweise hohen Kinderabzügen. Der interkantonale
Vergleich der Gesetzgebungen zeigt, dass auch unter
Auch bezüglich Drittbetreuungskostenabzug gehört der
Aargau zu den attraktivsten Kantonen. Die Kantone wenden
jedoch unterschiedliche Berechnungssysteme an, was die
Vergleichbarkeit etwas erschwert. Bei einem hohen
Arbeitspensum eines zweitverdienenden Ehegatten bzw.
einer alleinerziehenden Person gewährt der Aargau den
höchsten Abzug (Stand 1. Januar 2001).
Der Kinderabzug liegt beim Bund zurzeit mit Fr. 5'600.-tiefer als im Kanton Aargau mit Fr. 6'400.--.
Drittbetreuungskosten sind beim Bund bisher nicht
abziehbar.
Als weitere familienpolitisch relevante Belastungen bzw.
steuerliche Abzüge sind zu nennen der Abzug vom
Erwerbseinkommen des zweitverdienenden Ehegatten, der
Unterstützungsabzug
für
Personen,
die
vom
Steuerpflichtigen
unterhalten
werden
sowie
der
Betreuungsabzug. Der Zweitverdienerabzug ist im Aargau
relativ tief, was aufgrund des Vollsplittingtarifs sachgerecht
ist. Der Unterstützungsabzug liegt in etwa im
gesamtschweizerischen Durchschnitt. Den Betreuungsabzug
kennen die meisten Kantone nicht.
Der in der Interpellation zitierte Belastungsvergleich des
Schweizerischen Beobachters 4/2001 bezieht sich lediglich
auf die Abzüge und vernachlässigt den Tarif. Zudem ist in
diesem Zeitschriftenartikel der aargauische Abzug für
Drittbetreuungskosten zu hoch berechnet.
Übersicht über Kinderabzüge und Kinderbetreuungsabzüge
beim Bund, in den Nachbarkantonen und Basel-Stadt; Stand
1. Januar 2003
Bund 3)
ZH
BE
LU
ZG
SO
BS
BL
AG
Abzug je Kind
Kinder 1)
5600/9300
5400
4400
4500/5000/9000 4)
8000
4400
5200
5000/6000 5)
6400
Kinderbetreuung 2)
-/7000
3000
1500
2300
3000
2000
5200
6000
1)
Ausgenommen die Kantone AG und BS wird zusätzlich ein
Versicherungsabzug für Kinder zwischen Fr. 200.-- und Fr. 1'000.-gewährt.
2)
maximaler Abzug
3)
Unterscheidung heute/Familiensteuerreform (vorgesehen ab 2004)
4)
Unterscheidung minderjähriges Kind/Kind in Ausbildung/Kind in
auswärtiger Ausbildung
5)
Unterscheidung Hauseigentümer/Mieter (Mieterabzug)
Zu Frage 2: Gemäss dem eben veröffentlichten
Steuerbelastungsindex der EStV für das Jahr 2002 ist die
Belastung der juristischen Personen mit Gewinn- und
Kapitalsteuern leicht überdurchschnittlich (Index: 108.5,
Rang: 14). Dies trotz den Entlastungen im neuen
Steuergesetz. Da der Indexberechnung die Verhältnisse
eines grösseren Unternehmens zu Grunde gelegt werden,
wird allerdings nicht berücksichtigt, dass der Aargau die
kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) bis zu einem
Berücksichtigung der in vielen Kantonen gewährten
Krankenkassenabzüge für Kinder der Aargau seit dem 1.
Januar 2001 einen der höchsten Abzüge gewährt.
Gewinn von Fr. 100'000.-- mit der tiefen Tarifstufe von 7%
(statt 11% ab einer Rendite von 5%) besteuert. Dieser
Sockelgewinn, der auch bei hoher Rendite lediglich zum
tieferen Satz besteuert wird, wurde im Rahmen der
Steuergesetzrevision von Fr. 30'000.-- auf Fr. 100'000.-erhöht. Damit hatte der Aargau gezielt seine Attraktivität für
KMU verbessert und steht hier heute auch im
interkantonalen Vergleich gut da. Da im Index der EStV die
steuerliche Belastung von KMU keine Rolle spielt, fehlt ein
entscheidender, für den Aargau günstiger Faktor für den
interkantonalen Belastungsvergleich. Würde man diesen
Faktor miteinbeziehen, nähme der Aargau im Totalindex der
juristischen Personen eine deutlich bessere Position ein. Die
Nichtberücksichtigung der KMU beim Belastungsvergleich
ist insbesondere darum bedauerlich, weil bekanntlich die
grosse Mehrheit der Unternehmen, im Aargau wie auch
gesamtschweizerisch, zu den KMU zählen.
Im Weiteren ist zu berücksichtigen, dass viele der kleinen
Unternehmen als Einzelfirmen oder Personengesellschaften
geführt und damit wie natürliche Personen besteuert werden.
Bei diesen Unternehmen ist die aargauische Besteuerung
sehr moderat, sofern der Tarif B für Verheiratete zur
Anwendung kommt.
Beim Bund erhalten KMU gegenüber grossen Unternehmen
keine steuerlichen Vorteile analog dem Kanton Aargau.
Zu Frage 3: Aufgrund dieser Beurteilung sieht der
Regierungsrat keinen Handlungsbedarf.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'272.--.
Dr. Erich Stieger, CVP, Baden: Die CVP-Fraktion ist mit
der Antwort des Regierungsrates teilweise zufrieden. Die
CVP als Familienpartei nimmt mit Genugtuung zur
Kenntnis, dass der Kanton Aargau nach wie vor eine vordere
Position im Vergleich zu den anderen Kantonen einnimmt.
Der Aargau profiliert sich damit als steuerlich attraktiver
Raum, was sich auch positiv auf die Wohnsitznahme von
Steuerzahlern auswirkt. Mit Sorge nehmen wir aber zur
Kenntnis,
dass
der
Aargau
bei
der
Unternehmensbesteuerung
insgesamt
ins
Mittelfeld
zurückgefallen ist. Ein Ziel der Steuergesetzrevision war die
Förderung des Wirtschaftsstandortes Aargau. Wir waren bei
der Unternehmensbesteuerung insgesamt vorne, sind aber in
der Zwischenzeit überholt worden. Der Regierungsrat
schreibt, wenn man bei der Unternehmensbesteuerung einen
Teil, nämlich den wichtigen Teil der KMU für sich allein
betrachte, so stehe der Aargau wesentlich günstiger da.
Diese Aussage trifft hoffentlich zu! Eine nähere Begründung
und Vergleichszahlen für diese Behauptung liefert der
Regierungsrat allerdings nicht. Das fehlt der CVP bei der
Beantwortung der Interpellation. Die KMU sind das
Rückgrat der aargauischen Wirtschaft und wir müssen für
die KMU und die Besteuerung der KMU Sorge tragen! Auf
jeden Fall müssen wir die Position des Aargaus bei der
Familienbesteuerung und der Besteuerung der KMU
aufmerksam weiterverfolgen. Es könnte sich mittelfristig,
insbesondere
auch
auf
dem
Gebiet
der
Unternehmensbesteuerung aufdrängen, dass Korrekturen
2455
4. November 2003
vorzunehmen sind. Wir ersuchen den Regierungsrat, die
Entwicklung im Auge zu behalten!
1594 Postulat Rainer Kaufmann, FDP, Rupperswil, vom
25. März 2003 betreffend steuerliche Begünstigung der
Lehrbetriebe; Ablehnung
(vgl. Art. 1211 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 25. Juni 2003:
Der Regierungsrat lehnt das Postulat mit folgender
Begründung ab:
Der Regierungsrat anerkennt die hohe volkswirtschaftliche
und soziale Bedeutung des Lehrlingswesens. Ein breit
abgestütztes und qualitativ gutes Lehrlingswesen ist ein
wesentlicher Faktor für die Prosperität der künftigen
aargauischen Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund ist
erfreulich, dass der Aargau über ein gut funktionierendes
Lehrlingswesen verfügt.
Dass nicht alle Unternehmen in der Lage sind, Lehrlinge
auszubilden, ist evident. Insbesondere fehlen den Klein- und
Kleinstunternehmen oft die notwendigen Ressourcen dazu.
Im Aargau gibt es relativ viele dieser Klein- und
Kleinstunternehmen: Rund 16'500 der insgesamt rund
22'200 aargauischen Firmen beschäftigen weniger als 5
Personen. Umso erstaunlicher ist, dass im Aargau gemäss
der Betriebszählung 2001 rund 14'000 (und nicht wie im
Postulat dargestellt 7'000) der insgesamt 22'200
Unternehmen Lehrlinge ausbilden. Damit beträgt der Anteil
der Lehrlingsbetriebe 63%, was durchaus als befriedigend
gewertet werden darf.
Nebst dem volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Nutzen besteht auch ein ökonomisches Interesse der Firmen
an der Lehrlingsausbildung. Zwar bedingt die
Lehrlingsausbildung einen gewissen Betreuungsaufwand für
die Firmen. Gemäss einer im März 2003 veröffentlichten
Studie der Universität Bern lohnen sich aber offenbar bei
zwei Dritteln der Unternehmen die Investitionen bereits
während der Lehrphase und bei einem Drittel zumindest bei
der Weiterbeschäftigung nach dem Lehrabschluss.
Auch wenn der volkswirtschaftliche und soziale Nutzen der
Lehrlingsausbildung unbestritten ist, ist eine steuerliche
Begünstigung nicht angezeigt. Die einer Gruppe von
Steuerpflichtigen eingeräumten Steuerprivilegien müssen im
Endergebnis von den übrigen Steuerpflichtigen getragen
werden. Ohne dringenden Handlungsbedarf und angesichts
der Fragwürdigkeit, ob das Steuerrecht das geeignetste
Instrument zur Erreichung des angestrebten Ziels ist, sollten
deshalb keine Steuerprivilegien geschaffen werden.
Ein Abzug für Lehrbetriebe widerspräche zudem dem
vorrangigen Bundesrecht. Das Bundesgesetz über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und
Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) enthält für die
Kantone zwingende Vorgaben betreffend Steuersubjekt,
Steuerobjekt, Steuerbemessung, Verfahrensrecht und
Steuerstrafrecht. Insbesondere zählt das StHG abschliessend
auf, welche Abzüge zulässig sind. Ein Abzug für
Unternehmen, die Lehrlinge ausbilden, ist nicht vorgesehen.
Ein solcher Abzug darf von den Kantonen daher nicht
eingeführt werden.
2456
Art. 1593
Vorsitzende: Die Interpellantin ist von der Antwort teilweise
befriedigt. Das Geschäft ist erledigt. Traktandum 20 ist von
der Traktandenliste abgesetzt.
Der Abzug stünde auch im Widerspruch zur Bundes- und
Kantonsverfassung. Gemäss Art. 127 Abs. 2 BV und § 119
Abs. 1 KV haben sich die Steuern nach dem Grundsatz der
Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu
richten. Die Unternehmen können den gesamten
geschäftsmässigen Aufwand in Abzug bringen. Dazu zählen
insbesondere auch die Löhne der Lehrlinge und der
Betreuenden sowie die Sozialkosten und sonstigen
Aufwände, die im Zusammenhang mit Lehrlingsstellen
entstehen. Würden darüber hinaus weitere Abzüge gewährt,
die nicht geschäftsmässig begründet sind, hätte dies zur
Folge, dass eine gemessen an der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit zu tiefe Steuer resultiert.
Vor diesem Hintergrund sieht der Regierungsrat keinen
Handlungsbedarf und auch keine rechtliche Möglichkeit,
eine steuerliche Entlastung einzuführen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'389.--.
Rainer Kaufmann, FDP, Rupperswil: Ich halte an der
Überweisung des Postulates fest. Das Ziel des Postulates ist
die steuerliche Begünstigung von Lehrbetrieben und
gleichzeitig ein Zeichen der Anerkennung für ihre Arbeit.
Neue und neu motivierte Lehrmeister und Lehrmeisterinnen
sollen dazu angehalten werden, wieder oder neue Lehrlinge
auszubilden und somit die Berufsstände zu erhalten und
damit auch die Zukunft zu sichern. Im Text des
Regierungsrats können wir lesen: "Der Regierungsrat
anerkennt die hohe volkswirtschaftliche und soziale
Bedeutung des Lehrlingswesens. Ein breit abgestütztes und
qualitativ gutes Lehrlingswesen ist ein wesentlicher Faktor
für die Prosperität der künftigen aargauischen Wirtschaft."
Damit sind wir einverstanden und es freut mich, dass wir da
gleicher Meinung sind.
Kurz zu den Zahlen: 22'200 Firmen haben wir im Aargau.
14'300 Lehrlinge werden zurzeit ausgebildet. Der
Regierungsrat schreibt, 14'000 Lehrbetriebe würden
Lehrlinge ausbilden. Das müsste man eigentlich
umformulieren: 14'000 könnten Lehrlinge ausbilden. Wenn
man das nämlich rechnet, würde das bedeuten, dass 300
maximal 2 Lehrlinge ausbilden und 13'700 maximal 1
Lehrling. Das kann schlichtweg nicht stimmen, was hier
steht. In unserer Branche, d.h. der Baubranche ist es so, dass
etwa 40% Lehrlinge ausbilden und nicht, wie in der Antwort
steht, gegen 63%. Tatsache ist auch, dass etwas 450
Jugendliche keine Lehrstelle haben. Die gehen in die KSB,
also in die Kantonale Schule für Berufsbildung. Das kostet
den Kanton Aargau etwa 9 Mio. Franken. Tatsache ist auch,
dass wir damit die Sozialfälle fördern oder zumindest die
Risiken auf uns nehmen. Tatsache ist weiter, dass wir
unserer Volkswirtschaft ein Arbeitsjahr wegnehmen. Wenn
man das durchrechnet, so sind das 25-30 Mio. Franken, was
das unseren Kanton oder unsere Volkswirtschaft pro Jahr
kostet. Wir können es uns schlichtweg nicht leisten, unsere
Jugendlichen nicht auszubilden oder nicht arbeiten zu
lassen.
Der Hinweis in der Antwort, dass dieser Steuerabzug nicht
dem Bundesrecht entspricht, mag vielleicht stimmen.
Meiner Beurteilung nach ist das aber an den Haaren
Art. 1594
herbeigezogen. Natürlich ist diese Abzugsmöglichkeit nicht
aufgezählt, man hat sie ja noch gar nicht gekannt. Ein
Vorstoss auf Bundesebene kann das bereinigen. Deshalb
habe ich auch ein Postulat eingegeben. Der Vorstoss ist sehr
abzug kennen wir, Betreuungsabzug kennen wir. Wieso soll
nicht ein Lehrlingsabzug möglich sein? Für mich heisst das
eigentlich, dass der Regierungsrat unter dem Strich keine
Unterstützung der Lehrbetriebe will. Der Wille fehlt! Man
sagt zwar, die Lehrlinge rentieren. Gleichzeitig zeigt der
Aargauische Waldwirtschaftsverband an der GV, er brauche
70'000 Franken für die Lehrlingsförderung, obwohl er das
Geld fast nicht hat. Der Kanton Aargau ist dort mit dem
eigenen Wald auch dabei. Sie merken: Unter dem Strich
geht das nicht auf, was man da sagt. Es braucht natürlich
flankierende Massnahmen. Konzepte der Berufsverbände,
die beispielsweise die Zusammenarbeit fördern. Es braucht
aber auch bei der Berufsberatung mehr Leute, die die
Realitäten vermitteln und nicht Wunschträume initieren. Es
braucht auch Alternativen zur KSB. Ich denke da an das alte
Welschlandjahr, an das Bergbauernjahr usw.
Zusammenfassend kann ich sagen, brauchen wir mehr Markt
auch für die Lehrlinge und die Jugendlichen. Alle
staatstragenden Parteien oder was davon übriggeblieben ist,
inklusive jetzt neu die Grünen, haben im Vorfeld der
Nationalratswahlen klar zum Ausdruck gebracht, dass sie
diese Anliegen unterstützen. Wir können sie jetzt beim Wort
nehmen: Unterstützen Sie dieses Postulat ebenfalls. Die
Jugendlichen und ihre Eltern werden es Ihnen danken!
Eva Eliassen Vecko, Grüne, Obersiggenthal: Ich spreche im
Namen der Grünen. Es gibt auch Vorstösse von Rainer
Kaufmann, die wir gerne unterstützen. Die Fraktion der
Grünen unterstützt die Aufrechterhaltung dieses Postulats.
Wir nehmen sehr erstaunt zur Kenntnis, dass der
Regierungsrat in dieser Sache keinen Handlungsbedarf sieht.
Wenn wir uns schon darum bemühen, unser Schulsystem an
die Wand zu fahren, können wir es uns unter keinen
Umständen leisten, unsere Berufsbildung zu bodigen.
Unsere Berufsbildung ist ein gutes System, das europaweit
grosse Anerkennung geniesst, und unsere Wirtschaft ist
angewiesen auf gut ausgebildete Berufsleute mit solider
Grundausbildung.
Es ist eine Tatsache, dass die Ausbildung von Lernenden
zunehmend anspruchsvoller und aufwändiger wird: Die
Berufe werden komplexer, die Anforderungen an die
Ausbilder und AusbiIderinnen wachsen. Das höre ich von
Seiten der Lehrbetriebe immer wieder in meinem Alltag als
Berufsberaterin und kann das auch feststellen als
Mitarbeiterin eines Betriebs, der selber Auszubildende hat.
Auch der Kanton bestätigt diese Tatsache im Geschäft vgl.
Art. 1601 hienach, dort explizit im kaufmännischen Bereich!
Auch von anderen Verwaltungen wie der Stadt Baden hört
man Ähnliches. Lehrbetrieb zu sein, heisst ja nicht einfach
die Lernenden zu beaufsichtigen und ihnen dafür einen Lohn
zu geben. Ausbilden heisst heute: Schnupperlehrstellen
anzubieten
und
durchzuführen,
sehr
aufwändige
Bewerbungsverfahren durchzustehen, Lehrmeisterkurse zu
besuchen, bei Bedarf Aufgabenhilfe zu leisten und die
Jugendlichen in einem schwierigen Alter den Einstieg in die
Erwerbs- und Erwachsenenwelt zu ermöglichen. Wir steuern
einer mittleren Katastrophe entgegen für die Betroffenen
wie auch für die Gesellschaft, wenn eine zunehmend grosse
Zahl Jugendlicher diesen Einstieg nach der Volksschule
4. November 2003
wahrscheinlich. Einige Abzugsmöglichkeiten als Beispiel in
der Steuererklärung: Kinderabzug pro Kind kennen wir,
Unterstützungsabzug pro unterstützte Person kennen wir,
Invalidennicht schafft. Die KSB ist nicht nur teuer für den Kanton, sie
ist auch nur eine Zwischenlösung. Diese Schülerinnen
kommen ein Jahr später auf den Markt.
Im Übrigen möchte ich festhalten, dass der Postulant Recht
hat, wenn er von 7'000 Betrieben spricht, welche ausbilden
und nicht 14'000 wie von der Regierung behauptet. Das ist
weniger als ein Drittel aller Betriebe und nur die Hälfte
derer, die eine Ausbildungsbewilligung hätten. Ein
steuerliches Entgegenkommen wäre vielleicht ein Tropfen
auf den heissen Stein (und sicher nicht kostendeckend), aber
eine Anerkennung und Ermutigung, wieder vermehrt
auszubilden!
Dr. Erich Stieger, CVP, Baden: Ich spreche im Namen der
CVP-Fraktion. Der Postulant hat mit seiner Motion
betreffend Einbürgerungsgebühren Erfolg gehabt. Zu einem
zweiten Erfolgserlebnis wird ihm die CVP nicht verhelfen
können. Wer Lehrlinge anstellt und ausbildet, verdient
Anerkennung, aber nicht mit einem zusätzlichen
Steuerabzug! Ich sage zusätzlicher Steuerabzug, weil der
Geschäftsaufwand
im
Zusammenhang
mit
dem
Lehrlingswesen bereits abziehbar ist. Ein zusätzlicher
Steuerabzug ist nicht möglich, weil er gegen das
Steuerharmonisierungsgesetz und damit übergeordnetes
Bundesgesetz verstösst. Die Kantone können keinen
zusätzlichen Abzug einführen. Daher ist das Postulat
abzulehnen. Nicht Thema des Postulats, aber ein
berechtigtes und vor allem auch durchführbares Anliegen ist
eine Entlastung der Lehrbetriebe von Gebühren und
administrativen Aufwendungen. Diese Gebühren und
administrativen Entlastungen sind Gegenstand verschiedener
CVP-Vorstösse und zwar auf Bundesebene und kantonaler
Ebene. Auf kantonaler Ebene verweise ich auf die hängige
Interpellation von CVP-Grossrat Andreas Brunner. Er
verlangt unter anderem Auskunft darüber, wo Entlastungen
von administrativem Krimskrams möglich ist und wo
Gebühren für Genehmigungen und Bewilligungen beim
Lehrlingswesen aufgehoben werden können. Auf die
Antwort des Regierungsrates sind wir gespannt. Ferner ist
im Jahre 2002 ein Postulat Leo Erne, ebenfalls von der CVP,
überwiesen worden betreffend "finanzielle Anreize für
Lehrfirmen und Lehrbetriebe". Sie sehen, die CVP ist
wiederholt zu Gunsten von Lehrbetrieben tätig geworden
und zwar so, wie man für Lehrbetriebe im Rahmen der
Gesetze Entlastungen finden kann. Das vorliegende Postulat
muss die CVP aber, weil etwas Gesetzwidriges verlangt
wird, ablehnen.
Max Chopard-Acklin, SP, Obersiggenthal: Ich spreche im
Namen der SP-Fraktion. Der Regierungsrat wird eingeladen,
Lehrbetriebe steuerlich zu begünstigen. Punkt. Hinter
diesem Satz kann so auch die SP stehen. Wir unterstützen
das Postulat Kaufmann deshalb auch grossmehrheitlich. Es
ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn der Grundsatz,
dass Betriebe, die sich an der Lehrlingsbetreuung und
Ausbildung aktiv beteiligen, statt nur Trittbrettfahrer zu
sein, steuerlich zu begünstigen seien, begrüsst die SPFraktion. Wir bitten Sie ebenfalls, das Postulat Rainer
Kaufmann in diesem Sinne zu überweisen!
2457
4. November 2003
Heinrich Hochuli, SVP, Aarau: Ich spreche im Namen der
SVP-Fraktion. Der Regierungsrat schreibt in seiner Antwort,
dass er die hohe soziale und volkswirtschaftliche Bedeutung
anerkennt. Von dem kann sich aber ein KMU-Betrieb gar
nichts kaufen. Es ist dem Staat und dem Volk aber immer
noch zu wenig bewusst, dass die Lehrbetriebe eine grosse,
siehe KV-Reform, und sind weniger in den Betrieben. Das
ökonomische Interesse, Lehrlinge auszubilden wird kleiner.
Es lohnt sich immer weniger. Ich spreche hier aus
Erfahrung. Unsere Firma bildet 4 Lehrlinge aus. Die
Lehrlinge müssen immer mehr erzogen werden, was Schule
und Elternhaus versäumt hat. Auch wenn wir von der SVPFraktion diesem Postulat aus steuertechnischen Gründen
nicht zustimmen können, täte der Staat gut daran, den
Lehrbetrieben mehr Wertschätzung entgegenzubringen. Dies
könnte beispielsweise bei der Auslegeordnung der
Submissionsverordnung geschehen, d.h. Lehrbetriebe bei
der Vergabung von Arbeiten zu privilegieren. Es ist
Handlungsbedarf da!
Rudolf Hug, FDP, Oberrohrdorf: Eine Mehrheit der FDPFraktion kann einer Überweisung dieses Postulates auch
nicht zustimmen. Folgende Überlegungen sind in unsere
Erwägungen eingeflossen:
1. Wir sind der Überzeugung, dass es eigentlich genügend
Lehrstellen gibt, aber vielleicht nicht jene, die die
Suchenden wollen. Aber es gibt genügend Lehrstellen.
2. Die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Staat im
Bereich der Ausbildung funktioniert bestens. Die Wirtschaft
nimmt ihre Verantwortung wahr und zwar nicht in erster
Linie aus ökonomischen Gründen, sondern in
Verantwortung für ihren Nachwuchs. Die Wirtschaft ist
eigentlich schlau genug, so dass sie weiss, dass sie
Nachwuchs braucht in ihrem Berufsfeld. Deshalb darf diese
Verantwortung nicht ersetzt werden durch einen finanziellen
Vorteil! Wie schon gesagt, können die Aufwendungen für
Lehrlinge und Lehrtöchter ja abgezogen werden und damit
ist ja bereits ein Anreiz vorhanden, dass diese Kosten eben
abgezogen werden können. Bei den Anreizen dürfen Sie
eines nicht ganz vergessen: 50% der Aktiengesellschaften
bezahlen keine Steuern. Warum nicht? Weil sie keinen
Gewinn machen. Was wollen sie denn abziehen, wenn sie
sowieso keinen Gewinn machen? Das bringt also gar nicht
viel. Die Zahlen bei den Kleinstbetrieben sind so nicht
einfach erhältlich, aber auch dort sind sehr viele Betriebe gar
nicht im Bereich der grossen Gewinne. Profitieren würden
die ganz grossen Betriebe. Dort würde es tatsächlich ein
erhebliches Steuersubstrat ausmachen. Ich denke aber, dass
diese Betriebe Lehrlinge ausbilden, weil sie entweder ihre
Verantwortung wahrnehmen und einen Nachwuchs wollen
oder dann bilden sie eben keine Lehrlinge aus. Durch diesen
finanziellen Anreiz gibt es nicht mehr Lehrstellen.
Und schliesslich: Die Rechtslage ist umstritten, ob so etwas
überhaupt gemacht werden könnte. Ich bitte Sie also, dieses
Postulat nicht zu überweisen! Es ist meines Erachtens ein
falscher Anreiz, - gut gemeint, aber es geht in die falsche
Richtung.
Vorsitzende: Wir kommen damit zu den Einzelvoten.
Dr. Max Brentano, CVP, Brugg: Eigentlich hat mein
Vorredner weitgehend meine Position dargelegt. Auch Herr
Stieger hat die gesetzlichen Hindernisse, die eine
Zustimmung verunmöglichen, erwähnt. Trotzdem erstaunt
2458
Art. 1594
volkswirtschaftliche Aufgabe übernehmen, leider immer
mehr auch eine erzieherische! Es gibt aber immer mehr
Auflagen,
seien
diese
administrativer
oder
ausbildungstechnischer Art. Die Lehrlinge sind immer mehr
in
der
Schulen,
mich dieser Vorstoss eigentlich, der erneut einen
Staatsinterventionismus propagiert. Der Staat soll das
regeln, was die einzelnen Berufe in ihrem direkten Umfeld
eigentlich regeln müssten, nämlich ihren Nachwuchs
auszubilden. Solange wir zu einem dualen System stehen
mit der Berufsbildung in der Schule und der praktischen
Ausbildung auf dem Arbeitsplatz, ist diese Teilung
zweifellos auch einzuhalten. Es sind nämlich die
Lehrbetriebe, die zwingend ihren Nachwuchs sichern
möchten, und wenn sie im Markt sind und keinen
Nachwuchs finden, dann könnten das erste Anzeichen sein,
dass dieser Beruf nicht mehr den zukünftigen Bedürfnissen
entspricht. Ich denke, auch hier ist es der Markt, der
weitgehend die Entwicklung einzelner Berufe, die teilweise
verschwinden oder wieder stark werden, entscheidet je nach
den Bedürfnissen unserer Gesellschaft. Ich spreche hier also
für eine Lösung durch Wettbewerb. Ich spreche aber nicht
ab, dass der Kanton und die Öffentlichkeit weiterhin in
Pflicht sind, ihren Beitrag bei der schulischen Berufsbildung
zu erbringen, und das tun sie auch. Im Gegenzug zu
denjenigen, welche an die Kantonsschule und Hochschulen
gehen, wird hier der Staat in Pflicht genommen, nicht jedoch
auf dem praktischen Teil. Ich bitte Sie, dieses Postulat
abzulehnen!
Nicole Meier, CVP, Wettingen: Herr Kaufmann hat mir
vorhin im bilateralen Gespräch zugesichert, dass auf
nationaler Ebene ein Vorstoss eingereicht werden soll, der
das Steuerharmonisierungsgesetz so anpassen wird, dass der
Vorstoss nicht gegen Bundesrecht verstossen wird. Ich
glaube ihm das und bin zuversichtlich, dass diese
Anpassungen vorgenommen werden.
In diesem Sinne bitte ich Sie im Namen der Jungen CVP,
das Postulat von Herrn Kaufmann zu überweisen. Obwohl
die Junge CVP der LIPA nicht zustimmte, unterstützen wir
nach wie vor ein Bonus-Malus-System bei der
Lehrlingsförderung. Mit dem Anreizsystem einer
Steuererleichterung für Betriebe möchten wir die
Lehrstellenbildung fördern und jene Betriebe belohnen,
welche auch im heute wirtschaftlich schwierigen Umfeld
bereit sind, Lehrlinge auszubilden. In diesem Sinne bitte ich
Sie, das Postulat Kaufmann zu überweisen!
Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren
Wortmeldungen dazu vor.
Regierungsrat Roland Brogli, CVP: Die Behauptung, wie
ich sie vorhin im Zusammenhang mit der Ablehnung des
Regierungsrates
und
weiteren
bildungspolitischen
Massnahmen des Regierungsrates gehört habe, die
Behauptung, der Regierungsrat bodige das Bildungssystem,
ist doch reichlich verwegen. Der Regierungsrat anerkennt im
Gegenteil nach wie vor die hohe volkswirtschaftliche
Bedeutung auch des Lehrlingsbildungswesens. Was wäre
nicht das beste Beispiel dafür, wenn nicht die Investitionen,
die sich von Jahr zu Jahr in diesem Bereich erhöhen, auch
beim
Lehrlingswesen.
Noch
etwas
zum
Bundessteuerharmonisierungsrecht: Wir haben bereits
geschrieben, dass ein solcher Abzug dem Bundesrecht
Art. 1594
betreffend Steuerharmonisierung widerspreche. Sie können
doch wohl nicht erwarten, dass in den nächsten Jahren, so
wie die Revisionslage auf Bundesebene ist - da steht noch
allerlei an in den nächsten Jahren - dieses Recht geändert
werden kann. Die FDP Zürich - und vielleicht müsste der
Postulant sich dort noch vergewissern - hat zu dieser Frage
1998 ein Gutachten durch den Steuerexperten Ivo
hängenden Kosten wie beispielsweise Lehrlingslöhne,
Ausbildungskosten,
Sozialkosten
und
weitere
Aufwendungen. Ein zusätzlicher, gesellschaftspolitisch
begründeter Abzug hätte nichts mit der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit der Unternehmung zu tun und stünde
deshalb auch im Widerspruch zur Bundes- und zur
Kantonsverfassung.
Noch etwas, was Ihnen in diesem Zusammenhang vielleicht
als nebensächlich erscheinen mag: Jeder neue Abzug führt
zu
administrativen
Mehraufwendungen,
zur
Verkomplizierung des Steuerwesens, zur Erweiterung der
Steuererklärungsformulare und zu geringerer Transparenz.
Dies alles steht doch im Gegensatz zur ständigen Forderung
von Politik und Steuerpflichtigen nach Vereinfachungen. Ich
bitte Sie, aus all diesen Gründen das Postulat nicht zu
überweisen!
Abstimmung:
Das Postulat wird mit klarer Mehrheit, gegenüber 38
Stimmen, abgelehnt.
Vorsitzende: Das Postulat wird nicht überwiesen. Das
Geschäft ist erledigt.
1595 Postulat Dr. Andreas Binder, CVP, Baden, vom
12. November 2002 betreffend Corporate GovernanceReglement in den öffentlichen Unternehmen, an denen
der Kanton Aargau massgeblich beteiligt ist;
Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 973 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 6. August 2003:
Der Regierungsrat ist bereit, das Postulat mit folgender
Erklärung entgegenzunehmen:
1. Bedeutung von Corporate Governance: Corporate
Governance ist in aller Leute Munde. Wertverluste bei
Aktien werden mit Hinweisen auf Corporate GovernanceProbleme begründet. Doppelmandate im Verwaltungsrat und
in der Geschäftsleitung, irreführende oder gar betrügerische
Rechnungslegung und Finanzierungspraktiken, fehlende
Unabhängigkeit von Revisionsfirmen sowie masslose
Entschädigungen
von
Geschäftsleitungen
und
Verwaltungsräten sind die schlagzeilenträchtigen Themen.
Unter dem Titel Corporate Governance werden die Regeln
zusammengefasst, die zwischen dem Eigentümer einer
Unternehmung und jenen gelten, die in seinem Auftrag
arbeiten. Es handelt sich um das alte Prinzipal-Agent
Problem. Wie bei der Diskussion über den "ShareholderValue" geht es darum, dass die Manager den Auftrag, den
die Aktionäre ihnen erteilt haben, so gut als möglich erfüllen
4. November 2003
Baumgartner erstellen lassen. Der Experte kommt ebenfalls
klar zum Schluss, dass ein solcher Abzug weder in der
Bemessungsgrundlage noch durch eine steuertarifliche
Massnahme erlaubt ist. Die Firmen können bereits jetzt
schon alle geschäftsmässig begründeten Kosten in Abzug
bringen. Das ist auch mal wieder in Erinnerung zu rufen.
Dazu zählen auch alle mit dem Lehrlingswesen zusammensollen, und dass dies mit vernünftigem Aufwand
überwachbar sein soll.
In der OECD gibt es eine Initiative, in deren Rahmen
Minimalanforderungen an gute Regeln zur Corporate
Governance
entworfen
wurden.
In
zahlreichen
Industrieländern sind private oder offizielle Projekte an die
Hand genommen worden. In der Schweiz sind von der
economiesuisse am 25. März 2002 Leitsätze unter dem Titel
"Corporate Governance Swiss Code of Best Practice"
verabschiedet worden. Die Regeln halten die Rechte und
Pflichten der Aktionäre, des Verwaltungsrates, der
Geschäftsleitung und der Revision fest. Weiter enthält das
Werk Richtlinien zu den Informationspflichten der
Gesellschaft über Corporate Governance. Daneben hat die
Schweizer Börse Vorschläge zur Offenlegungspflicht
vorgelegt, die das Börsengesetz ergänzen sollen. Beide
Regelwerke sind auf den 1. Juli 2002 in Kraft getreten.
Auch für Staatsbetriebe ist mittlerweile Corporate
Governance zu einem Thema geworden. Mit der
Verselbstständigung von Staatsbetrieben soll diesen mehr
Autonomie gewährt werden. Trotzdem bleibt der grösste
Teil des Risikos beim Eigentümer, dem Staat. Deshalb
besteht die Herausforderung darin, die richtige Balance
zwischen dem Einfluss der Eigentümer, resp. der Politik und
der Handlungsfähigkeit des Managements des Betriebs zu
finden (vgl. Kuno Schedler, Corporate Governance bei
Staatsbetrieben, Das Balancieren zwischen Politik und
Management, NZZ, 19. März 2002).
2. Öffentliche Unternehmen mit Beteiligung des Kantons
und öffentlich unterstützte Betriebe im Kanton Aargau:
Schon heute bestehen im Kanton Aargau eine Reihe von
verselbstständigten Staatsbetrieben, die vollständig im
Eigentum des Kantons stehen (Aargauische Kantonalbank,
AEW
Energie
AG,
Aargauische
Gebäudeversicherungsanstalt, SVA Aargau) oder bei denen
der Kanton eine Beteiligung hält (Axpo). In Zukunft sollen
weitere Staatsbetriebe verselbstständigt werden. Als grosse
Betriebe sind die Kantonsspitäler zu erwähnen. Hier hat das
Volk in der Abstimmung vom 28. Mai 2003 mit dem neuen
Spitalgesetz der Umwandlung der drei Kantonsspitäler in
gemeinnützige Aktiengesellschaften zugestimmt. In
Vorbereitung
ist
die
Verselbstständigung
der
Fachhochschule und des Strassenverkehrsamts.
Daneben bestehen im Kanton Aargau eine Vielzahl von
gemeinnützigen Erziehungs- und Sonderschulheimen,
Regionalspitälern, Krankenheimen, Rehabilitationskliniken,
Altersheimen und Berufsschulen, deren Trägerschaften in
der Regel ein Verein, eine Stiftung oder die Gemeinden
sind. Das Besondere dieser Institutionen besteht darin, dass
die öffentliche Hand (Bund, Kantone, und Gemeinden) an
der Finanzierung von Betrieb und Infrastruktur in
unterschiedlichem Umfange mitträgt. Häufig bestehen
Leistungsaufträge an diese Institutionen.
2459
4. November 2003
3. Inhalt von Corporate Governance-Regeln: Der Swiss
Code of Best Practice wird eine wertvolle Leitlinie für die
Ausgestaltung eines Reglements bieten. Dabei gilt es die
folgenden Besonderheiten von öffentlichen Unternehmen zu
berücksichtigen:
- Abgrenzung politischer Einfluss zur unternehmerischen
Freiheit;
- Öffentlichkeitsprinzip für Lohnpolitik sowie für Löhne und
Entschädigungen
des
Verwaltungsrats
und
der
Geschäftsleitung;
"Der Verwaltungsrat/Bankrat erlässt ein Reglement über die
Führung und Kontrolle des Unternehmens (Corporate
Governance-Reglement). Das Reglement trägt allgemein
anerkannten Standards Rechnung und wird öffentlich
zugänglich gemacht."
Der Regierungsrat unterstützt die Aufnahme eines solchen
Artikels. Damit wird die Transparenz und die Überwachung
von öffentlichen Unternehmen verbessert und dem
Öffentlichkeitsprinzip von solchen Regeln nachgelebt.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'139.--.
Vorsitzende: Der Regierungsrat erklärt sich bereit, das
Postulat entgegenzunehmen. Es liegt jedoch ein Antrag der
SVP-Fraktion auf Ablehnung vor.
Lukas Fässler, SVP, Möhlin: Ich spreche im Namen der
grossmehrheitlichen SVP-Fraktion. Herr Binder verlangt in
seinem Postulat von öffentlichen Unternehmungen, die
namentlich genannt sind, das Festschreiben von Best
Practice Regeln in den Statuten bzw. Geschäftsreglementen.
Begründet wird der Vorstoss mit dem Transparentmachen
und Einhalten von Regeln über die Führung und Kontrolle
des Unternehmens. Eingereicht wurde das Postulat zu einem
Zeitpunkt,
wo
Bilanzfälschungen
und
fehlende
Unabhängigkeit von Revisionsfirmen sowie masslose
Entschädigungen
von
Geschäftsleitungen
und
Verwaltungsräten Hochkonjunktur hatten. Die SVP-Fraktion
zeigt in diesem Zusammenhang ein gewisses Verständnis
für das Anliegen von Herrn Binder. Trotzdem lehnt sie die
Überweisung des Postulates mit folgender Begründung ab:
Ein
Vergleich
mit
privaten,
gewinnorientierten
Kapitalgesellschaften kann nur bedingt gezogen werden. Die
öffentlichen Unternehmungen haben bereits mehrheitlich
effiziente Kontroll- und Führungssysteme umgesetzt. So
beispielsweise muss sich die Kantonalbank als Bank den
Richtlinien der eidgenössischen Bankenkommission
unterziehen. Die Gremien von den namentlich aufgeführten
Unternehmungen werden vom Grossen Rat bzw.
Regierungsrat gewählt. Der Grosse Rat genehmigt die
Jahresabschlüsse. Alles in allem erachten wir die Einführung
von solchen Regeln als unnötige Erhöhung der
administrativen Tätigkeit in diesen Unternehmungen. Wir
bitten Sie deshalb, das Postulat nicht zu überweisen!
Marcel Züger, SP, Umiken: Ich spreche im Namen der SPFraktion. Worum geht es bei diesem Postulat? Es geht um
Kapital, um Humankapital und das ist mehr als nur Kapital.
Das sind Angestellte und Menschen. Das sind Menschen,
das ist ihre Motivation zu arbeiten und das ist die
Voraussetzung dafür. Das ist die Identifikation mit dem
Unternehmen. Mir ist auch klar, dass das, was Herr Binder
fordert, primär ein Papier ist. Wenn einfach ein Papier
aufgetischt wird und ein Papier bleibt, dann können wir uns
2460
Art. 1595
- Grösse und Zusammensetzung des Verwaltungsrates
(Kombination von Vertretern des Eigentümers und Vertreter
mit professionellem Sachverstand);
- Lösung der Interessenskollision, wenn der Eigentümer
zugleich Leistungseinkäufer ist.
4. Entgegennahme des Postulats: Der Postulant verlangt,
dass die öffentlichen Unternehmen in ihren Statuten resp. im
Geschäftsreglement folgenden Artikel aufzunehmen haben.
die Überweisung des Postulates sparen. Ich allerdings setze
die Hoffnung in den Prozess der Erarbeitung. Ich setze auf
die Auseinandersetzung mit dem Berufsethos, mit einer
Betriebsethik, mit Inhalten und Aufgaben des
Unternehmens. Ich setze voll und ganz auf die beteiligten
Personen, auf deren persönliche und menschliche Reifung
und Weiterentwicklung und konkrete Ausgestaltung des
Reglements. Mit der Überweisung des Postulats können wir
ausdrücken, dass uns die menschennahe Betriebsführung am
Herzen liegt. Ich bitte Sie, das Postulat zu überweisen!
Rudolf Hug, FDP, Oberrohrdorf: Was schadet es, wenn wir
dieses Postulat überweisen? Nichts! Nützt es etwas?
Wahrscheinlich auch nicht. Aber wir setzen ein Zeichen,
wenn wir es nicht überweisen, dass wir es mit der Corporate
Governance nicht so ernst meinen. Corporate Governance ist
eine Selbstverständlichkeit geworden. Es ist ein sogenanntes
Soft-Law. Wer es einführt, ist auch gehalten, sich daran zu
halten. Die meisten der Gesellschaften haben schon etwas in
dieser Form. Die anderen werden es mit Sicherheit
einführen. Ich bin deshalb der Meinung, man kann dieses
Postulat überweisen, weil es eine Selbstverständlichkeit ist,
allerdings
mit
einer
Einschränkung:
für
diese
Gesellschaften, die das bereits umgesetzt haben, macht es
wohl keinen Sinn, das nachträglich in den Statuten noch zu
statuieren. Wenn danach gelebt wird, dann braucht es nicht
mehr in den Statuten zu stehen. Für die Gesellschaften, die
nicht im alleinigen Besitze des Kantons sind, können wir
wohl nur den Wunsch einbringen, es öffentlich zu machen,
aber natürlich auf keinen Fall Einfluss darauf nehmen. Bei
den anderen denke ich, kann das durchaus auch öffentlich
sein im Sinne der Transparenz. Zudem wurde ein Postulat,
das ich vor einiger Zeit betreffend Corporate Governance
eingereicht habe, überwiesen. Das Postulat Binder ist also
nur eine Verdoppelung dieses Wunsches.
Überweisen Sie dieses Postulat! Herr Andreas Binder hat
mir auch zugesichert - so habe ich es zumindest verstanden
-,
dass
in
der
Gesetzgebung
der
Rechtsformänderung der aargauischen Kantonalbank, für
den Fall ein Corporate Governance Reglement erlassen
wird, dass das in den Statuten aufgeführt ist, darauf
verzichtet, das im Gesetz auch noch festzuschreiben. Wenn
ich das so richtig verstanden habe, bin ich der Meinung,
kann man das Postulat überweisen!
Dr. Andreas Binder, CVP, Baden: Ich bin erstaunt, dass wir
über die Überweisung dieses Postulates diskutieren müssen.
Offenbar ist eben doch nicht selbstverständlich, was in
diesem Postulat gefordert wird. Wenn es selbstverständlich
wäre, dann könnten wir auch mit der Überweisung des
Postulates sicher sehr gut leben. Ich möchte Ihnen einfach
noch einmal aufzeigen, worum es geht: Es geht darum, dass
wir - und zwar weltweit - einen Trend haben, der dahin geht,
Regeln im Sinne des Soft-Laws zu erstellen, wie man ein
Unternehmen führen und kontrollieren soll. Es gibt
Art. 1595
4. November 2003
verschiedene Themen, die hier relevant sind. Es geht um das
Verhältnis des Unternehmens insbesondere im Umgang mit
den Eigentümern. Diesbezüglich haben wir natürlich heute
beim Kanton eine neue Ausgangslage, indem wir ja einige
staatliche
Betriebe
umgewandelt
haben
in
Aktiengesellschaften und damit weiter entfernt haben von
der Politik, was ich absolut begrüsse.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie diese Unternehmen
mit dieser Freiheit umgehen, konkret: Wie ist ihr Verhältnis
zu den Eigentümern? Diese Frage muss geklärt werden. Es
Genau das will ich mit meinem Vorstoss, und ich bitte Sie,
diesen zu überweisen!
Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren
Wortmeldungen dazu vor.
Regierungsrat Roland Brogli, CVP: Der Regierungsrat hat
sich bereit erklärt, das Postulat entgegenzunehmen. Mit den
propagierten Regeln wird nichts anderes als die Transparenz
und die Überwachung von öffentlichen Unternehmen
verbessert und dem Öffentlichkeitsprinzip nachgelebt. Aus
diesen Gründen steht doch einer Überweisung dieses
Postulates nichts entgegen. Ich bitte Sie also im Namen des
Regierungsrates, das Postulat zu überweisen!
Abstimmung:
Für Überweisung an den Regierungsrat: 95 Stimmen.
Dagegen: 46 Stimmen.
1596 Motion Bruno Bertschi, SVP, Wohlen, vom
25. Februar
2003
betreffend
Behandlung
und
Kompensation von Nachtragskrediten; Rückzug
(vgl. Art. 1152 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 6. August 2003:
Der Regierungsrat
Begründung ab:
lehnt die Motion
mit
folgender
1.
Heutige
Rechtsgrundlagen:
§
19
Abs.1
Finanzhaushaltsdekret
verlangt,
dass
Nachtragskreditbegehren an den Grossen Rat möglichst zu
vermeiden sind. Nach § 20 Abs. 4 Finanzhaushaltsgesetz
kann der Regierungsrat gegenüber dem Voranschlag
zusätzliche Ausgaben beschliessen, die keinen Aufschub
ertragen.
Sie
sind
jedoch
mit
der
nächsten
Nachtragskreditvorlage dem Grossen Rat zur Genehmigung
zu unterbreiten.
Gemäss § 19 Abs. 2 Finanzhaushaltsdekret sind keine
Nachtragskredite einzuholen für:
a) durchlaufende Beiträge;
b) die zum Jahresbeginn festgelegten Teuerungszulagen bei
Besoldungen, Renten und Sozialleistungen;
c) teuerungsbedingte Mehrkosten für Energie;
d) Mehraufwand an Passivzinsen;
e) Auszahlungen aus Fonds sowie die Einlage
zweckbestimmter Einnahmen;
f) Ausgaben, die im Rechnungsjahr vollständig
zurückerstattet werden.
geht darum, wie ein Verwaltungsrat zusammengesetzt
werden soll, welches seine Arbeitsweise ist. Es geht um
Fragen
der
Interessenkonflikte,
Fragen
der
Ausstandspflichten im Verwaltungsrat, etwas was bis vor 5
Jahren noch ein absolutes Nebenthema war und heute zu
einer zentralen Fragestellung wurde. Bedenken Sie vor
allem aber etwas: Das ganze Thema der Corporate
Governance arbeitet sehr stark mit Selbstregulierung und
deshalb
mit
Transparenz. Corporate Governance
funktioniert,
wenn
Regeln
transparent
sind.
Die Positionen a, e und f führen zu keiner Belastung des
Saldos der Staatsrechnung. Die Position b zu den
Teuerungszulagen ist durch die Bestimmung über die
prozentuale Lohnsummenveränderung gemäss § 11 des
Lohndekrets abgelöst worden. Bei den übrigen Positionen
besteht
im
Laufe
des
Rechnungsjahrs
keine
Entscheidungsfreiheit, da die Mehrausgaben auf nicht
beeinflussbare externe Einflüsse zurückzuführen sind.
Weiter können gemäss § 35 Abs. 3 Finanzhaushaltsdekret
die Departemente mit Zustimmung der Finanzverwaltung
eine Kompensation innerhalb eines Zahlungskredites oder
zwischen sachlich verwandten Zahlungskrediten in
begründeten Fällen bewilligen.
Weiter kann die Finanzkontrolle nach § 37 Abs. 2
Finanzhaushaltsdekret
Kreditübertragungen
auf das
Folgejahr von nicht verwendeten Zahlungskrediten
bewilligen, wenn es sich um den Teil eines beschlossenen
Verpflichtungskredits handelt. Auch hier muss der Grosse
Rat keine Nachtragskredite bewilligen.
2. Kompensationen der Nachtragskredite in den letzten fünf
Jahren: In den beiden Nachtragskreditvorlagen an den
Grossen Rat im Frühsommer und im Herbst wird die
Summe der Direktkompensationen gemäss § 19 Abs. 2 und
§ 35 Abs. 3 lit. f und die Summe der Kreditübertragungen
gemäss § 37 Abs. 2 Finanzhaushaltsdekret ausgewiesen.
Weiter werden zum Nachweis der Saldobelastung der
Nachtragskreditbegehren die Summe der indirekten
Kompensationen ausgewiesen. Indirekte Kompensationen
werden in allen übrigen Zahlungskrediten und auch bei den
Einnahmen gesucht. Mit diesen Informationen wird die
Beurteilung der Entwicklung des Rechnungssaldos im
laufenden Jahr ermöglicht.
Der Regierungsrat verfolgt mit jeder Nachtragskreditvorlage
mit Nachdruck die Absicht, die Nachtragskredite wenn
immer möglich zu vermeiden. Die folgende Übersicht zeigt,
wie dieses Ziel in den letzten fünf Jahren erreicht werden
konnte. Ein Minus-Vorzeichen gibt die Verbesserung
gegenüber dem Voranschlag ohne Nachtragskredite und ein
Plus-Vorzeichen die Verschlechterung wieder.
1998
1999
2000
2001
2002
Summe 1998-2002
+ 9.8 Mio. Franken
-15.1 Mio. Franken
-17.4 Mio. Franken
-33.4 Mio. Franken
+32.1 Mio. Franken
-24.0 Mio. Franken (resp. 4.8
Mio. Fr. pro Jahr)
Somit gelang es im Durchschnitt der letzten fünf Jahre die
Nachtragskredite zu kompensieren. Es gelang sogar, eine
Verbesserung von 24 Mio. Franken gegenüber dem vom
Grossen Rat bewilligten Budget zu erzielen. Im
2461
4. November 2003
Durchschnitt der Jahre gelang eine Rechnungsverbesserung
von knapp 5 Mio. Franken pro Jahr. Dieses Ergebnis zeigt
eine äusserst hohe Budgetgenauigkeit mit einer
Verbesserung der Rechnung zum Budget von 1.4 Promille.
Das schlechtere Rechnungsergebnis im Jahre 2002 ist
ausschliesslich auf die Sockelbeiträge zur Finanzierung der
innerkantonalen stationären Behandlung von Privat- und
Halbprivatpatienten
in
öffentlich
und
öffentlich
subventionierten Spitälern im Umfang von 38.9 Mio.
Franken zurückzuführen.
Art. 1596
Der Regierungsrat lehnt die Motion aus den folgenden
Gründen ab:
3. Beurteilung der Anliegen des Motionärs
1. Die heutigen finanzrechtlichen Regelungen erlauben es
dem
Grossen
Rat
bei
der
Behandlung
der
Nachtragskreditbegehren direkten Einfluss auf deren Höhe
zu nehmen. Er kann als Ausfluss seiner Budgethoheit
jederzeit nicht notwendige oder nicht dringende
Nachtragskredite ablehnen. Der Regierungsrat resp. die
Verwaltung haben nur in sehr beschränktem Umfang eigene
Kompetenzen, bestehende Zahlungskredite zu erhöhen. Im
Wesentlichen
bestehen
sie
nur dort, wo der Saldo der Rechnung nicht verschlechtert
wird.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'193.--.
2. In den letzten fünf Jahren gelang es dem Regierungsrat
und dem Grossen Rat im Durchschnitt sämtliche
Nachtragskredite mehr als zu kompensieren. Aus dieser
Sicht besteht kein Handlungsbedarf.
Bruno Bertschi, SVP, Wohlen: Wie notwendig eine
Änderung der Behandlung von Nachtragskrediten ist, zeigt
das Nachtragskreditbegehren Nr. 2, das wir letzte Woche
von der Regierung erhalten haben, gleich selber. Sie schreibt
darin auf Seite 4 (Zitat): "Damit konnten die
Nachtragskreditbegehren 2003 2. Teil nur zu einem geringen
Teil kompensiert werden. Mit der engen Budgetierung ist es
schwierig, indirekte Kompensationen zu finden."
3. Die engere Budgetierung führt unweigerlich zur
Notwendigkeit, punktuell Nachtragskredite einzuverlangen.
Die
Forderung
einer
vollständigen
unterjährigen
Kompensation führt bei der Budgetierung zur Bildung von
Reserven. Eine solche Reservebildung entzieht dem Grossen
Rat ein Teil seiner Budgethoheit. Weiter besteht dadurch der
Anreiz, die bewilligten Zahlungskredite inkl. der darin
enthaltenen Reserven zu verwenden.
4. Der in der Motion vorgeschlagene neue Absatz 5 von § 20
Finanzhaushaltsgesetz führt dazu, dass der Regierungsrat
sämtliche Nachtragskredite, die er kompensieren kann,
vorzeitig bewilligen kann. Dies führt zu einer völligen
Aushöhlung der Budgethoheit des Grossen Rats. Wenn wie
beispielsweise im Jahre 2002 die Steuererträge 62.4 Mio.
Franken höher als budgetiert ausfallen, kann der
Regierungsrat in diesem Umfang Nachtragskredite vorzeitig
bewilligen, da die Kompensation gegeben ist. Diese
Kompetenzverschiebung zulasten des Grossen Rats
erschwert die Haushaltsaufsicht des Grossen Rats.
5. Mit der Einführung der wirkungsorientierten
Verwaltungsführung im Laufe des Jahres 2005 wird das
heute bestehende Finanzrecht vollständig abgelöst. Eine
Gesetzesrevision verlangt mit der Durchführung der
Vernehmlassung, von zwei Lesungen im Grossen Rat und
einer allfälligen Volksabstimmung einen Zeitbedarf von
rund 1½ Jahren. Bis die Gesetzesrevision in Kraft treten
kann, gilt bereits das neue Gesetz über die
wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen
(GAF). Mit dem vorgesehenen neuen Steuerungsmodell
über die Aufgabenbereiche reduziert sich die Bedeutung der
Nachtragskredite massiv, da der Grosse Rat nicht mehr über
die einzelnen Zahlungskredite sondern neu über die Saldi
der Globalbudgets steuert. Dadurch wird den Anliegen des
Motionärs teilweise Rechnung getragen.
Hingegen anerkennt der Regierungsrat, dass die vorzeitige
Freigabe von Nachtragskrediten durch den Regierungsrat die
Budgethoheit des Grossen Rats einschränkt. Er wird deshalb
solche vorzeitigen Freigaben auf das absolut Notwendige
beschränken. Das kann zwar dazu führen, das bei
dringenden neuen Ausgaben ein Zeitverzug eintreten kann,
andererseits erhält der Grosse Rat auch bei diesen
Ausgaben, die Möglichkeit seinen Einfluss geltend zu
machen.
2462
Das BKS beispielsweise beantragt Nachtragskredite von
total über 31 Mio. Franken. Dieser Betrag ist bis auf 240'000
Franken auch bereits schon ausgegeben. Ich bin mir
bewusst, dass AHV-, IV-Zusatzbelastungen vom Bund ohne
Wenn und Aber bezahlt werden müssen, auch wenn sie nicht
kompensiert werden können. Um das Verfahren der
Nachtragskredite auf eine für alle Seiten seriöse Basis zu
stellen, erwarte ich von der Regierung, dass sie inskünftig
alle nichtkompensierbaren NKs dem Grossen Rat zur
Genehmigung vorlegt, bevor das Geld geflossen ist. Für die
kompensierbaren Nachtragskredite soll der Regierungsrat
die Kompetenz haben, sie auch vor der Vorlage an den
Grossen Rat auszuzahlen.
Was nützen unsere Bemühungen, Ende Jahr ein
ausgeglichenes Budget abzusegnen, wenn im Verlaufe des
nächsten Jahres nichtkompensierbare NKs in 8-stelliger
Höhe vorgelegt werden, die das Gesamtresultat wiederum
negativ beeinflussen? Dann könnten wir uns ja die
langwierige Budgetdebatte sparen! Ein Argument - aber das
ist auch das einzige der regierungsrätlichen Stellungnahme hat
mich
überzeugt:
die
Einführung
der
Wirkungsorientierten Verwaltungsführung (WOV) im Jahre
2005 - so Gott will -, was eine Ablösung des bestehenden
Finanzrechts zur Folge hat. Da würden also bei
Überweisung meiner Motion während 2 Jahren vermutlich
Doppelspurigkeiten oder Leerläufe entstehen. Das ist der
Grund, weshalb ich meine Motion hiermit zurückziehe.
Vorsitzende: Die Motion wird zurückgezogen. Das Geschäft
ist damit erledigt.
1597 Interpellation der CVP-Fraktion vom 13. Mai 2003
betreffend
Verwendung
der
ausser-ordentlichen
jährlichen
Beiträge
aus
den
überschüssigen
Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank;
Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 1322 hievor)
Art. 1597
4. November 2003
Antwort des Regierungsrats vom 6. August 2003:
Zu Frage 1: Der Bundesrat hat am 29. Januar 2003 zur
Verwendung des überschüssigen Goldvermögens folgende
Entscheide gefällt: Bereits vor Inkrafttreten der definitiven
Lösung, die einer Verfassungsänderung bedarf, sollen die
Erträge aus dem verkauften Goldvermögen mittels einer
Zusatzvereinbarung mit der Schweizerischen Nationalbank
zu zwei Dritteln an die Kantone und zu einem Drittel an den
Bund ausgeschüttet werden. Das Vermögen soll real
erhalten bleiben und durch einen Fonds bewirtschaftet
werden. Im Laufe des Jahres 2003 will der Bundesrat dem
Parlament die Verfassungsgrundlage zur Umsetzung dieses
Vorschlags unterbreiten.
vereinbarung ab. Diese legt fest, dass mit den
fortschreitenden Goldverkäufen im Jahre 2004 300 Mio.
Franken, im Jahre 2005 400 Mio. Franken und ab dem Jahre
2006 500 Mio. Franken als Ertrag der Anlagen aus den
Goldverkäufen ausgeschüttet wird. Die Kantone erhalten
davon zwei Drittel der Erträge, der Bund einen Drittel.
Damit sind die Anliegen der Kantone dank besonderen
Anstrengungen des Regierungsrats und von aargauischen
Parlamentariern erfüllt worden.
Am 7. März 2003 behandelte der Bundesrat zahlreiche
parlamentarische Vorstösse zur Verwendung der
Goldreserven. Dabei setzte er sich für die bereits früher
beschlossene Aufteilung zwischen Bund und Kantonen ein
und lehnte Zweckbindungen oder eine Aufschiebung der
Ausschüttung ab. Er unterstützte das Postulat der
Finanzkommission des Ständerates, das die Ausschüttung
von mindestens zwei Drittel der Erträge an die Kantone
verlangte.
Anfangs Juni 2003 schlossen
Schweizerische
Nationalbank
Gewinnausschüttungs-
der Bund und die
eine
zusätzliche
Josef Bürge, CVP, Baden: Die Fraktion ist dankbar für die
Antwort des Regierungsrats zu dieser Interpellation. Nicht
ganz einverstanden sind wir mit dem Tempo, das die
Entscheidfinder des Bundes anschlagen. Aber die Auskunft
unserer Regierung ist umfassend und stellt die Interpellantin
zufrieden.
Vorsitzende: Die Interpellantin ist von der Antwort
befriedigt. Das Geschäft ist damit erledigt.
Zu Frage 2: Vgl. Antwort oben.
Zu Frage 3: Gemäss Zusatzvereinbarung zwischen dem
Eidgenössischen
Finanzdepartement
und
der
Schweizerischen Nationalbank (SNB) ist gemäss dem im
Jahre 2003 gültigen Verteilschlüssel für die Verteilung des
Reingewinns der SNB für den Kanton mit folgenden
Erträgen zu rechnen:
2004
2005
2006 und ff.
12.7 Mio. Franken
17.0 Mio. Franken
21.2 Mio. Franken
Diesen Ausschüttungsanteilen wird eine Nominalrendite des
Vermögens von 2.5% zu Grunde gelegt.
Heute ist der neue Finanzkraftindex für die Jahre 2004 und
2005 in Erarbeitung. Im Verlaufe dieses Jahres wird er
definitiv. Aufgrund der provisorischen Ergebnisse ist damit
zu rechnen, dass der Finanzkraftindex des Kantons Aargau
von bisher 97 Punkten deutlich ansteigt. Die Gründe liegen verglichen mit anderen Kantonen - in der besseren
Entwicklung des Volkseinkommens in den Jahren 2000 und
2001 sowie in der in den Jahren 1999 bis 2002 relativ
gesunkenen Steuerbelastung des Kantons Aargau. Dadurch
dürfte der Anteil des Kantons Aargau je nach Jahr zwischen
0.5 und 1.0 Mio. Franken tiefer ausfallen.
Zu Frage 4: Das Parlament hat die Verwendung am 13. Mai
2003 festgelegt. Im Zusammenhang mit der Überführung
der Personalvorsorge der Lehrpersonen in die Aargauische
Pensionskasse legte der Grosse Rat mit den Beschlüssen zu
den Grundsätzen der Sonderfinanzierung fest, dass diese
Erträge aus den überschüssigen Goldreserven für die
Sanierung der Sonderlasten zu verwenden sind. Darunter
fallen die Verzinsung und Amortisation der mit der
Überweisung des Deckungskapitals an die APK
entstandenen Schuld und die Ausgaben für die Sanierung
der Sondermülldeponie Kölliken.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'193.--.
2463
4. November 2003
Art. 1598
1598 Motion Pascal Furer, SVP, Staufen, vom 20. Mai
2003 betreffend Festsetzung einer Obergrenze für
Personal- und Beratungskosten auf dem Stand
Voranschlag 2003; Ablehnung
(vgl. Art. 1356 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 20. August 2003:
Der Regierungsrat
Begründung ab:
lehnt die Motion
mit
folgender
Die Motion verlangt, dass dem Grossen Rat die rechtlichen
Grundlagen unterbreitet werden für die Festsetzung einer
Obergrenze der Personalausgaben und der Ausgaben für
Dienstleistungen und Honorare. Grundsätzlich ist
festzuhalten, dass die Budgethoheit bereits heute beim
Grossen Rat liegt. Die Steuerung der Personal- wie auch der
anderen Ausgaben erfolgt abschliessend durch das
Parlament mit der Genehmigung des Voranschlags. Die
zuständigen Kommissionen sind detailliert in den
Entscheidungsprozess einbezogen.
Die
heute
bestehenden
gesetzlichen
Grundlagen
ermöglichen es dem Grossen Rat von Jahr zu Jahr
(Voranschlag, Nachtragskredite) wie folgt direkt
einzugreifen:
- Bewilligung respektive teilweise Ablehnung von
Zahlungskrediten;
- Beschluss über die Veränderung der Lohnsumme;
- Bewilligung des Stellenplanes.
Die Festlegung sämtlicher Ausgabengrössen liegt damit in
jedem Fall bei der politischen Behörde. Mit der vom
- Regierungsrat und Verwaltung sollen für die
Aufgabenerfüllung
und
Leistungserbringung
mehr
Handlungsspielraum erhalten, aber auch zusätzliche
Verantwortung übernehmen, namentlich im finanziellen
Bereich.
- Aufgaben und Finanzen werden durch eine entsprechende
Ausgestaltung der Instrumente konsequent miteinander
verknüpft und damit auf die Ziele bzw. Wirkungen
ausgerichtet.
- Mit der Neuausrichtung der Planung und dem grösseren
Handlungsspielraum der Verwaltung kann die staatliche
Tätigkeit auf politischer und betrieblicher Ebene flexibler
auf die sich ändernden Bedürfnisse von Gesellschaft und
Wirtschaft ausgerichtet werden.
Um diese Absichten zu realisieren, werden mit der
wirkungsorientierten Verwaltungsführung auch eine Reihe
neuer Führungssysteme vorgeschlagen.
Zusammenfassend ist der Regierungsrat der Auffassung,
dass bereits heute genügend Steuerungsinstrumente für die
Personal- und anderen Ausgaben vorhanden sind. Die
Schaffung zusätzlicher Rechtsgrundlagen im Sinne der
Motion würde den "politischen Verwaltungsapparat" über
Gebühr aufblähen und den Handlungsspielraum des
Parlaments unnötigerweise einschränken.
Die Einführung des neuen Instruments der Plafonierung der
Personal- und Beratungskosten steht im Widerspruch zu den
bestehenden
Steuerungsinstrumenten
(Bewilligung
2464
Motionär vorgeschlagenen Lösung würde
Kompetenz des Grossen Rats beschnitten.
auch
die
In der Artengliederung der laufenden Ausgaben machen die
Löhne Verwaltungs- und Spitalpersonal sowie Löhne
Lehrkräfte die Hauptposten aus und bestimmen direkt auch
den Posten Arbeitgeberbeiträge. Diese drei Ausgaben
erklären zu ca. 95% die Grösse der Personalausgaben
(Kontogruppe 30).
Die Erhöhung der Personalausgaben wurde teilweise durch
die Erhöhungen im Stellenplan verursacht (Spitäler, BKS)
und nicht durch eine Erhöhung der Lohnsumme gemäss § 10
Lohndekret (prozentuale Veränderung der Lohnsumme).
Diesen zusätzlichen Ausgaben stehen teilweise auch
zusätzliche Einnahmen gegenüber (Spital).
Bei der Kontengruppe 318 handelt es sich um externe
Honorare, welche insbesondere auf folgenden Gründen
beruhen:
- neutrale, verwaltungsunabhängige Auftragsabwicklung;
- fehlendes Know-how bei der Verwaltung;
- temporär benötigtes Fachwissen.
Damit werden aber auch Sachaufgaben bezahlt.
Die dem Parlament unterbreitete Botschaft betreffend
Reform der Staatsleitung und Verwaltungsführung
beinhaltet unter anderem die Festlegung der zukünftigen
Steuerungsinstrumente des Grossen Rats. Die Reform
basiert auf den folgenden Stossrichtungen:
- Die Instrumente für die lang- und mittelfristige,
vorausschauende politische Planung werden neu gestaltet
und verbessert.
Zahlungskredite, Lohnsumme und Stellenplan) und höhlt
diese Instrumente aus.
Die Plafonierung nimmt keine Rücksicht auf Veränderungen
bei der Aufgabenerfüllung. Es besteht die Gefahr, dass die
bestehenden Aufgaben zementiert werden. Andererseits ist
ein Personalwachstum, das zu einer Verbesserung der
finanziellen Lage führt, kaum mehr möglich.
Mit dem dem Grossen Rat unterbreiteten Gesetz über die
wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen
(GAF) wird eine wirkungsorientierte Lösung für die
Steuerung der Aufgaben und Finanzen vorgeschlagen.
Der Regierungsrat ist aus diesen Gründen nicht bereit, die
Motion entgegenzunehmen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 986.--.
Pascal Furer, SVP, Staufen: 5.5 Milliarden Schulden und
Verpflichtungen sind mehr als genug! Es ist allerhöchste
Zeit zu handeln! Zwischendurch hatte ich das Gefühl, der
Regierungsrat habe die Notwendigkeit des Sparens und der
Einschränkungen begriffen. Bei der Ablehnung meiner
Motion lässt er diesen Weitblick aber leider vermissen.
Es ist doch eigentlich sonnenklar: Der Staatshaushalt kann
nur unter Einbezug der Personalkosten, die rund 50% der
Ausgaben ausmachen, saniert werden. Und damit meine ich
nicht Lohnkürzungen, sondern das Streichen von Stellen und
die Besetzung von Stellen womöglich mit Sachbearbeitern
statt mit Akademikern. Es erstaunt, dass sich der
Regierungsrat nicht zu der geforderten Plafonierung
Art. 1598
durchringen kann! Er beweist damit, dass er vom Sparen
nicht viel hält - im Gegenteil, für ihn ist die Festlegung der
Obergrenze auf dem heutigen Stand schon zu viel verlangt.
Das stösst bei mir auf grösstes Unverständnis. Kürzen beim
textilen Werken ja, Stoppung der Aufblähung der
Verwaltung nein! Das begreift der einfache Bürger - und zu
diesen zähle ich mich - nicht!
Begründen tut's der Regierungsrat natürlich anders. Von
Beschneidung der Kompetenzen des Grossen Rates ist die
Rede. Nur komisch, dass es dem Regierungsrat an anderer
Stelle, zum Beispiel bei WOV, nicht so ernst ist mit den
Kompetenzen des Grossen Rates. Ich bitte Sie, geschätzte
Kolleginnen und Kollegen, zu zeigen, dass es Ihnen ernst ist
mit der Sanierung des Staatshaushaltes und überweisen Sie
meine äusserst moderate Motion, wie es die einstimmige
SVP-Fraktion tut.
Markus Leimbacher, SP, Villigen: Ich spreche im Namen
der SP-Fraktion. Wenn ich Fussballer wäre, würde ich
vorliegend von einem klassischen Eigentor des Motionärs
sprechen: Er verlangt in seinem Vorstoss nämlich die
gesetzliche Festsetzung einer Obergrenze für die Kosten des
Personals und der Ausgaben für Dienstleistungen und
Honorare. Und dabei vergisst er ganz einfach, dass die
Budgethoheit ohnehin beim Parlament liegt und in der
alljährlichen Beratung des Voranschlages ein jedes Mal über
den Stellenplan und über die Erhöhung der Lohnsumme
befindet. Damit hat es das Parlament jedes Jahr in der Hand,
die Personalkosten festzulegen und direkten Einfluss darauf
auszuüben. Es kann sehr flexibel reagieren und die
entsprechenden Kosten senken oder aber erhöhen - je nach
den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Bei den
Ausgaben für Dienstleistungen und Honorare ist es genau
dasselbe. Mit der Festsetzung einer Obergrenze für die
entsprechenden Ausgaben würde sich das Parlament dieser
Der Grosse Rat ist es, der das Geld aus gibt. Der
Regierungsrat beantragt es allenfalls. Zudem ist ein neues
Finanzhaushaltungsgesetz in Arbeit, das GAF. Man soll
diese Mechanismen jetzt dort zu Ende diskutieren und nicht
über ein neues Regelwerk, das völlig diffus und unklar ist,
wer dann diese Obergrenze bestimmen soll, wer sie
abändern soll und welche demokratischen Prozesse da
ablaufen. Es ist absolut unverständlich, wie das überhaupt
gehen soll. Selbstverständlich sind auch wir der Ansicht,
dass die Personalaufwendungen stabilisiert werden müssen.
Wir haben uns auch heute über eine Medienmitteilung
diesbezüglich vernehmen lassen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir das Primat der
Aufgabenreduktion ins Auge fassen müssen. Dann gibt es
automatisch auch eine Personalaufwandreduktion. Über den
Aufwand des Personals zu steuern ist meiner Meinung nach
falsch. Ich bin der festen Meinung, dass die Angestellten in
der Verwaltung ebenso fleisssig und tüchtig arbeiten wie in
einer grossen Unternehmung in der Privatwirtschaft. Es sind
fleissige Leute. Aber vielleicht machen sie zuviel oder die
falschen Sachen. Dort müssen wir ansetzen, dann braucht es
auch weniger Leute. Ich bitte Sie deshalb, die Motion nicht
zu überweisen!
Dr. Heidi Berner-Fankhauser, EVP, Lenzburg: Ich spreche
im Namen der EVP-Fraktion. Der Vorstoss versucht ein
Fahrzeug zu bremsen, das demnächst ersetzt wird. Bei neuen
Aufgaben müssen die zugehörigen Ausgaben getätigt
werden können. Das ist so und muss auch in Zukunft so
4. November 2003
Flexibilität berauben und hätte einen nur noch geringeren
Spielraum. Es würde sich in seiner Budgethoheit
einschränken. So wie ich aber Pascal Furer kenne, will er
genau dies nicht - eben: das klassische Eigentor!
Zusammengefasst ist die SP-Fraktion der Meinung, dass die
Motion in die falsche Richtung geht und den
Handlungsspielraum des Grossen Rates unnötig einschränkt.
Wir lehnen sie deshalb einstimmig ab.
Patricia Schreiber-Rebmann, Grüne, Wegenstetten: Ich
spreche in Namen der Fraktion der Grünen. Alle Jahre
wieder haben wir in der Budgetdebatte die gleichen
Einspardiskussionen mittels Stellenplafonierung und Abbau
des Kontos 3185. Pesonalabbau und Reduktion für externe
Dienstleistungsaufträge haben nur ein Ziel: der Kanton soll
ausgehungert werden. Erst recht noch, wenn ich an die
geplante Ausgaben- und Schuldenbremse denke, die bald
hier im Plenum behandelt wird. Der Zeitpunkt ist falsch und
die Motion ist überflüssig. Bitte lasst uns wieder inhaltlich
Sachpolitik und nicht nur Sparpolitik betreiben! Lehnen Sie
diese Motion ab!
Rudolf Hug, FDP, Oberrohrdorf: Ich spreche im Namen der
FDP-Fraktion. Wir haben ein gewisses Verständnis für das
Anliegen von Herrn Furer, finden es aber den falschen Weg
und lehnen deshalb die Motion einstimmig ab. Warum?
Auch wir streben den Ausgleich an. Aber wir wollen keine
weiteren Regelungen und Gesetze für etwas, das schon
vorhanden ist. Der Grosse Rat hat über das geltende
Finanzhaushaltungsgesetz die Budgethoheit. Er kann jetzt
schon über all diese Positionen abschliessend bestimmen.
Zudem haben wir eine Disziplinierung des Grossen Rates in
Aussicht, nämlich die Schuldenbremse. Diese ist zur
Disziplinierung des Grossen Rates und nicht des
Regierungsrates
da.
sein. Mit dem neuen Gesetz über Ausgaben und Finanzen,
das jetzt in der WOV-Kommission in Beratung ist, sollten
neue Instrumente zur Verfügung stehen, damit
situationsgerecht und aktuell entschieden werden kann. Die
Motion von Herrn Furer versucht, dies bezogen auf einen
willkürlich und zufällig festgelegten Plafonds zu tun.
Lehnen Sie die Motion deshalb ab!
Pascal Furer, SVP, Staufen: Frau Schreiber: Sie haben
gesagt, meine Motion sei überflüssig. Schön wäre es! Herr
Hug: Sie haben die Motion meines Erachtens nicht gelesen.
Sie fragen, wer denn die Obergrenze festlegt. Frau Berner
sagt, die Obergrenze sei willkürlich. Die Obergrenze bildet
das Budget 2003 und das ist schon festgelegt und das ist
nicht willkürlich. Herr Hug: Sie haben bei der Beantwortung
des Postulats Binder gesagt, man müsse ein Zeichen setzen.
Es nütze zwar nichts, das Postulat Binder, aber man müsse
ein Zeichen setzen. Das Zeichen, das die Freisinnige Partei
hier setzt, ist ein falsches Zeichen. Wir müssen die
Personalkosten stabilisieren und zwar auf dem Niveau 2003.
Deshalb bitte ich Sie, die Motion zu überweisen!
Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren
Wortmeldungen dazu vor.
Regierungsrat Roland Brogli, CVP: Sachlich gesehen
verlangt die Motion - und ich zitiere das gerne auch
nochmals für Herrn Furer - dass dem Grossen Rat die
rechtlichen Grundlagen für die Festsetzung einer
Obergrenze der Personalausgaben und der Ausgaben für
2465
4. November 2003
Art. 1599
Dienstleistungen und Honorare unterbreitet werden. Dazu ist
doch wirklich festzuhalten, dass die Budgethoheit bereits
heute ja beim Grossen Rat liegt. Der Grosse Rat entscheidet
über Zahlungskredite und über die einzelnen Konten. Der
Grosse Rat entscheidet über die Änderung der Lohnsumme
und schliesslich entscheidet der Grosse Rat über den
Stellenplan. Die in der Motion vorgeschlagene Lösung
beschneidet also die Kompetenz des Grossen Rates. Die
Erhöhung der Personalausgaben wurde in den letzten Jahren
vor allem auch durch die Erhöhungen im Stellenplan darüber entscheidet wie gesagt der Grosse Rat - verursacht,
so beispielsweise im Bereich Spitäler oder Bildung und
nicht durch eine Erhöhung der Lohnsumme. Diesen
zusätzlichen Ausgaben stehen teilweise auch zusätzliche
Einnahmen gegenüber, beispielsweise bei den Spitälern. Bei
den Stellenerhöhungen bei den Lehrpersonen mussten die
gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Mit
dem dem Grossen Rat unterbreiteten Gesetz über die
wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen
GAF wird eine wirkungsorientierte Lösung für die
Steuerung der Aufgaben und Finanzen vorgeschlagen. Diese
Änderung ist im Moment ja in der Beratung des Grossen
Rates. Aus all diesen Gründen lehnt der Regierungsrat die
Motion ab und bittet Sie, diese ebenfalls abzulehnen.
(vgl. Art. 1343 hievor)
Abstimmung:
Im Postulat wird verlangt, dass der Regierungsrat festlegen
soll, wer in welchem Umfang Steuererleichterungen oder
ähnliches erhalten kann, welche Bedingungen und Kriterien
erfüllt werden müssen, und wie die Rückzahlung aussehen
soll.
Für die Überweisung der Motion Furer: 57 Stimmen.
Dagegen: 87 Stimmen.
Vorsitzende: Die Motion wurde nicht überwiesen. Das
Geschäft ist damit erledigt.
1599 Postulat Patricia Schreiber-Rebmann, Grüne,
Wegenstetten, vom 13. Mai 2003 betreffend Regelung
des Geldvorbezugs im Sinne von Wirtschaftsförderung;
Ablehnung
und dem Dekret ersichtlich. Ob und in welchem Umfange
eine Steuererleichterung gewährt werden kann, ist im
Einzelfall aufgrund der gesetzlichen Voraussetzungen und
unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu
beurteilen (§ 4 Abs. 2 des Dekrets). Die entscheidende
Behörde ist aufgrund rechtsstaatlicher Grundsätze
selbstverständlich zu rechtsgleicher und willkürfreier
Behandlung der Steuererleichterungsgesuche verpflichtet.
Die Vielfalt der wirtschaftlichen Verhältnisse verunmöglicht
es,
umfassendere
gesetzliche
Regelungen
oder
abschliessende
Entscheidungsraster
für
die
Entscheidungsinstanzen
aufzustellen.
Der
Entscheidungsinstanz muss ein Ermessensspielraum
verbleiben, um ausgewogene und sachgerechte Lösungen
treffen zu können. Den Umfang einer Steuererleichterung
unabhängig vom konkreten Einzelfall in theoretischer Weise
exakt festzulegen, wäre nicht sinnvoll und wohl auch nicht
möglich.
Zur Unterstützung der Beurteilungen hat der Regierungsrat
allerdings am 20. Dezember 2000 Richtlinien betreffend
Gewährung von Steuererleichterungen beschlossen. Die
Richtlinien
geben
der
zuständigen
Instanz
(Finanzdepartement resp. Regierungsrat) Auskunft darüber,
wie
das
Dekret
über
die
Möglichkeit
von
Steuererleichterungen anzuwenden ist. Als Kernstück
2466
Antrag des Regierungsrats vom 20. August 2003:
Der Regierungsrat lehnt das Postulat mit folgender
Begründung ab:
Seit dem 1. Januar 2001 kann der Kanton Aargau im Sinne
von wirtschaftlichen Anreizen neuen Firmen oder bereits im
Aargau ansässigen Firmen, die ihre betriebliche Tätigkeit
wesentlich ausweiten, Steuererleichterungen gewähren. Die
Steuererleichterung darf von Bundesrechts wegen für das
Gründungsjahr und maximal 9 folgende Jahre gewährt
werden. Die weiteren Grundzüge und grundsätzlichen
Voraussetzungen der Steuererleichterung sind in § 15 des
Steuergesetzes, weitergehende Detailregelungen im Dekret
über die Möglichkeit von Steuererleichterungen geregelt.
Das Dekret umschreibt insbesondere die massgeblichen
Tatbestände der Neueröffnung und der Ausweitung der
Tätigkeit,
gibt
über
Art
und
Ausmass
der
Steuererleichterung Auskunft und legt den Verfahrensablauf
fest. Es ermöglicht Steuererleichterungen sowohl für
juristische Personen als auch für Einzelunternehmen und
Personengesellschaften.
Das Steuergesetz und das Dekret geben Auskunft darüber,
wer in den Genuss einer Steuererleichterung kommen kann.
Ebenso sind die Kriterien, die bei der Gewährung von
Steuererleichterungen erfüllt sein müssen, aus dem
Steuergesetz
enthalten die Richtlinien fünf massgebliche Kriterien für die
Prüfung der Steuererleichterungsgesuche. Anhand dieser
Kriterien ist zu beurteilen, ob eine Steuererleichterung
ausgesprochen werden kann und, falls dem so ist, in
welchem Umfang sie gewährt werden kann. Die Richtlinien
sind für den internen Gebrauch bestimmt und werden nicht
veröffentlicht.
Eine Rückzahlung der im Zuge der Steuererleichterung nicht
eingeforderten Steuern ist nur vorgesehen, wenn die
Unternehmung während oder kurz nach Ablauf der
Steuererleichterung den Aargau verlässt, oder wenn die mit
der Steuererleichterung verbundenen Auflagen nicht
eingehalten werden. Eine weitergehende Rückzahlung ist im
Dekret nicht vorgesehen und wäre auch nicht sinnvoll, weil
damit der Aargau im Bereich der Steuererleichterung
gegenüber den anderen Kantonen massiv an Attraktivität
einbüssen würde. Die Steuererleichterung als Instrument der
Wirtschaftsförderung würde damit wohl bedeutungslos.
Im Postulat wird weiter verlangt, dass der Regierungsrat
andere Varianten von Geldvorbezügen im Sinne der
Wirtschaftsförderung (z.B. zinslose Darlehen analog der
Landwirtschaft) prüfen soll. Aus grundsätzlichen
ordnungspolitischen Überlegungen, aber auch aus den
relativ schlechten Erfahrungen anderer Kantone und
Regionen, wird auf eine direkte finanzielle Förderung von
Art. 1599
Unternehmen verzichtet. Die Beratung und die Vermittlung
von
Finanzierungsmöglichkeiten
durch
die
Standortmarketingorganisation des Kantons Aargau, Aargau
Services, hat sich in diesem Bereich bewährt. Die
spezialisierten privatwirtschaftlichen Finanzdienstleister
können die Bonität und Kreditrisiken oder aber eine
Beteiligungsfinanzierung besser beurteilen. Der Staat sollte
auch aus diesen Überlegungen auf das Anbieten von
Kreditfinanzierungen verzichten.
Damit ist festzustellen, dass im Aargau bereits genügende
Regelungen mit sinnvollem Konkretisierungsgrad zu
Geldvorbezügen im Sinne der Wirtschaftsförderung
bestehen, die eine rechtsgleiche Anwendung der
massgeblichen Bestimmungen gewährleisten. Es besteht
kein weiterer Handlungsbedarf.
Die Kosten zur Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr.
1'038.--.
Patricia Schreiber-Rebmann, Grüne, Wegenstetten: Das
Postulat verlangt eine konkretisierte Regelung über die sehr
vagen Aussagen im Dekret über die Möglichkeit von
Steuererleichterung. Die Regierung kommt zum Schluss,
dass im Aargau genügende Regelungen bestehen. Ich
hingegen stelle fest, dass mein Postulat weiterhin berechtigt
ist. Ich bitte Sie daher, dieses Postulat zu überweisen!
Speziell möchte ich auf die Ungleichbehandlung zwischen
Betrieben, die seit Jahren hier im Aargau Steuern zahlen,
und Betrieben, die neu in den Aargau gelotst werden sollen,
hinweisen.
Bisherige Betriebe können heute nicht über eine schwierige
Zeit überbrückt werden - ausser wenn es um ein bekanntes
ausserkantonales Flugunternehmen geht! Es ist ja schon sehr
seltsam, dass man traditionsreiche Betriebe zu Grunde gehen
lassen will. Aargau Services mit ihrem One-Stop-Shop will
dafür mit einer nicht ganz gleichstellungsgerechten
Broschüre neue Betriebe in den Aargau lotsen. Das eine tun,
das andere aber nicht lassen!
Ich muss leider auch zur Kenntnis nehmen, dass jeder
Student/jede Studentin das Darlehen vom Kanton genau
zuschieben, für die andere Lösungen zur Verfügung stehen.
Wir bitten Sie, das Postulat abzulehnen.
Cécile Frei, SP, Gebenstorf: Ich spreche im Namen der SPFraktion. Wir sind gegen die Überweisung dieses Postulates
und zwar aus folgenden Gründen.
1 . Seit Anfang 2001 gewährt der Kanton Aargau
Steuererleichterung für neue Firmen oder solche, die ihre
betriebliche Tätigkeit ausweiten. Der Kanton Aargau konnte
in der Periode 1990-2002 seinen Steuerbelastungsindex um
18 Punkte senken. Damit weist er im Jahr 2002 in der
Vergleichsgruppe der 9 Deutschweizerkantone neben Zug
und Schwyz den dritt-tiefsten Steuerbelastungsindex auf.
Die stagnierende Wirtschaftslage schlägt sich heute negativ
auf die kantonalen Steuereinnahmen nieder. Weitere
Steuererleichterungen im Sinne der Wirtschaftsförderung
sind für uns nicht mehr tolerierbar. Viel wichtiger ist es,
wenn der Kanton Aargau gezielte und punktuelle
Wirtschaftsförderung betreiben würde, wie zum Beispiel die
Förderung
und
Unterstützung
von
Standortmarketingfaktoren
wie
Kinderkrippen,
Tagesschulen und öffentlicher Verkehr.
4. November 2003
geregelt zurückbezahlen muss, eine Firma hingegen "kann"
zu einer Rückzahlung angehalten werden, falls die
Unternehmung während oder kurz nach Ablauf der
Steuererleichterung den Aargau verlässt - kann, muss also
nicht! Auch hier fehlen einheitliche Regelungen.
Ich hoffe doch sehr, dass die Regierung durch Überweisung
dieses
arbeitsplatzerhaltenden,
KMU-verträglichen
Postulates mit der Anpassung des lückenhaften Dekrets
beauftragt wird.
Anton Flühler, SVP, Biberstein: Ich spreche im Namen der
SVP-Fraktion. Die SVP-Fraktion schliesst sich der Meinung
des Regierungsrates an und lehnt das Postulat mit folgender
Begründung ab:
Mit den Festlegungen im Steuergesetz und dem Dekret über
die Möglichkeit von Steuererleichterung ist festgelegt, wer
in den Genuss von Steuererleichterung kommen kann und
welche Kriterien erfüllt werden müssen. Dass bei der
Beurteilung,
ob
und
in
welchem
Umfange
Steuererleichterungen gewährt werden, Rechtsgleichheit
herrscht, ist eine wichtige Voraussetzung. Auf Grund der
vielfältigen wirtschaftlichen Verhältnisse, die hier zur
Beurteilung anfallen, kann nicht jeder Fall abschliessend
reglementiert werden und es muss der Entscheidungsinstanz
ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt werden. Wir
sind überzeugt, dass mit den Festlegungen im Dekret über
die Möglichkeit der Steuererleichterung, beispielsweise
Anhörung der Standortgemeinde, aber auch mit den in der
Antwort des Regierungsrates erwähnten internen Richtlinien
genügend
Hilfsmittel
zur
Sicherstellung
der
Rechtsgleichheit vorhanden sind und sich hier kein weiterer
Reglementierungsbedarf
aufzwingt.
Weitergehende
Begehren im Bereich Geldvorbezüge im Sinne der
Wirtschaftsförderung, wie beispielsweise zinslose oder
zinsbegünstigte Darlehen, lehnen wir grundsätzlich ab. Die
Beurteilung der Kreditrisiken, der Bonität oder der besten
Refinanzierungsart eines angeschlagenen Betriebes ist den
privatwirtschaftlichen Finanzdienstleistern zu überlassen. Es
kann nicht sein, dass wir dem Staat wieder neue Aufgaben
2. Es darf doch nicht die Aufgabe des Staates sein, der
Wirtschaft in schlechten Zeiten zinslose Darlehen zu
gewähren und es darf doch nicht Aufgabe unserer
Verwaltung sein, Bonität und Kreditrisiken oder
Beteiligungsfinanzierungen zu beurteilen. Das wollen wir
sicher nicht, meine Damen und Herren, dies ist keine
öffentliche Aufgabe und die Mehrheit in diesem Saal will
sowieso bei den Staatsaufgaben abbauen. Wir sind gegen die
Überweisung dieses Postulates und bitten Sie, uns dabei zu
unterstützen!
Urs Haeny, FDP, Oberwil-Lieli: Die FDP-Fraktion ist
einstimmig für Ablehnung dieses Postulates. Die gestützt
auf § 15 des Steuergesetzes erlassenen Detailregelungen zur
Möglichkeit von Steuererleichterungen sind unseres
Erachtens ausreichend. Die FDP-Fraktion ist aus
ordnungspolitischen Gründen gegen die Gewährung von
Darlehen. Der Staat ist keine Bank. Eine Ausdehnung der
Staatsausgaben auf Finanzdienstleistungen ist keine
Staatsaufgabe und nicht sinnvoll. Wir bitten Sie, dieses
Postulat abzulehnen!
Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren
Wortmeldungen dazu vor.
2467
4. November 2003
Art. 1600
Regierungsrat Roland Brogli, CVP: 1. Die Anliegen des
Postulates sind nicht umsetzbar, denn eine absolut exakte
Definition, wer in welchem Umfang Steuererleichterungen
erhalten kann, ist wegen der situativen Beurteilung nicht
möglich. Man kann nur Grundsätze vorgeben, wie dies im
Dekret über die Möglichkeit von Steuererleichterungen
sowie in den Richtlinien des Regierungsrates gemacht
worden ist.
2. Eine spätere Rückzahlung der eingesparten Steuern darf
nicht verlangt werden, weil damit das ganze Instrument der
Steuererleichterung den Sinn verlieren würde. Der Aargau
hätte dann einen Standortnachteil gegenüber den andern
Kantonen.
3. Der Kanton Aargau will aus ordnungspolitischen Gründen
keine anderen Instrumente wie Direktzahlungen oder direkte
Leistungen an die Unternehmungen einführen. Er baut
vielmehr auf die bewährte Beratung und Vermittlung von
Finanzierungsmöglichkeiten durch Aargau Services. Ich
bitte Sie im Namen des Regierungsrates, dieses Postulat
nicht zu überweisen!
Abstimmung:
Das Postulat wird mit grosser Mehrheit, gegenüber 4
Stimmen, abgelehnt.
1600 Interpellation der SP-Fraktion vom 20. Mai 2003
betreffend Auswirkungen des Entlastungsprogramms
2003 des Bundes auf den Kanton Aargau; Beantwortung
und Erledigung
(vgl. Art. 1359 hievor)
Antwort des Regierungsrats vom 20. August 2003:
Zu Frage 1: In den vorgenommenen Abklärungen wurden
die direkten Auswirkungen des Entlastungsprogramms des
Bundes auf den Kanton und die Gemeinden untersucht und
die indirekten Auswirkungen abgeschätzt. Grundsätzlich
sind zwei Arten von Massnahmen zu unterscheiden: Solche
mit Wahlfreiheit und solche ohne Wahlfreiheit. Letztere
muss der Kanton hinnehmen und kann selbst keine
je ca. 2.5 Mio. Franken. In weiteren Bereichen ist mit
zusätzlichen indirekten Auswirkungen zu rechen, welche bei
Kanton und Gemeinden zu einer Mehrbelastung von
schätzungsweise je 1 Mio. Franken führen werden. Die
Mehrbelastung des Kantons und der Gemeinden im Bereich
der AHV- und IV-Finanzierung als Folge der Anpassung des
Finanzkraftindexes für die Jahre 2004/05 wird in den unten
stehenden Ausführungen nicht berücksichtigt, da diese
Mehrbelastung nicht auf das Entlastungsprogramm des
Bundes zurückzuführen ist.
Tabelle 1: Direkte und indirekte finanzielle Auswirkungen
der Entlastungsmassnahmen des Bundes auf den Kanton
Aargau (nach Abzug der Kostenübertragung auf die
Gemeinden)
2004
minimale
direkte
saldowirksame
-2'474'300
Auswirkungen netto
2468
2005
2006
995'700
6'111'200
Ausgaben reduzieren, da seine Ausgaben gesetzlich
vorgegeben sind. Bei Massnahmen mit Wahlfreiheit verfügt
der Kanton hingegen über die Möglichkeit, seine Ausgaben
in ähnlichem Ausmass wie der Bund zu streichen oder aber
die ausfallenden Bundesbeiträge voll zu kompensieren.
Im Vernehmlassungsbericht des Bundes wurden die
geplanten Entlastungsmassnahmen detailliert beschrieben.
28 Einzelmassnahmen tangieren dabei auch den Kanton
Aargau. In Zusammenarbeit aller Departemente wurden in
diesen 28 Bereichen die direkten finanziellen Auswirkungen
auf den Kanton beziffert. 15 der 28 Massnahmen werden
sich nicht auf den Kanton Aargau auswirken oder deren
finanzielle Wirkung kann zum heutigen Zeitpunkt nicht
beziffert werden.
Die bezifferbare direkte Gesamtauswirkung auf den Kanton
wird - unter Abzug der Kostenübertragung auf die
Gemeinden
und
unter
Berücksichtung
der
saldounwirksamen Posten - im Jahr 2004 zwischen einer
maximalen Entlastung von 2.5 Mio. Franken und einer
maximalen Belastung von maximal 2.7 Mio. Franken liegen.
Diese
Bandbreite
erklärt
sich
durch
die
Entlastungsmassnahmen mit Wahlfreiheit. Hinzu kommt
eine saldounwirksame Belastung von 2.9 Mio. Franken,
welche direkt auf das Resultat der Strassenrechnung
durchschlägt. In den Jahren 2005 und 2006 ist mit Sicherheit
von einer Belastung der Verwaltungsrechnung auszugehen.
Sie liegt im Jahr 2005 zwischen rund 1 Mio. und 7.5 Mio.
Franken und im Jahr 2006 zwischen 6.1 Mio. und 13.7 Mio.
Franken. Im Jahr 2005 wird die Strassenrechnung um 3.4
Mio. Franken entlastet, im Jahr 2006 um 1.85 Mio. Franken
belastet.
Zu diesen bezifferbaren direkten Auswirkungen werden die
Entlastungsmassnahmen des Bundes auch indirekte
Wirkung entfalten. Im Bereich der Ergänzungsleistungen ist
mit einer zusätzlichen indirekten Belastung des Kantons und
der Gemeinden in Folge der einmaligen Aussetzung des
Mischindexes bei der nächsten Rentenanpassung zu
rechnen. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK)
beziffert die daraus entstehende Belastung aller Kantone auf
80 Mio. Franken. Für den Kanton Aargau und seine
Gemeinden entspräche dies einer zusätzlichen indirekten
Belastung
von
maximale
direkte
saldowirksame
Auswirkungen netto
direkte saldounwirksame
Auswirkungen
netto
(Strassenrechnung)
indirekte
saldowirksame
Auswirkungen
minimale
direkte
und
indirekte
saldowirksame
Auswirkungen netto
maximale direkte und
indirekte
saldowirksame
Auswirkungen netto
direkte
und
indirekte
mittlere
saldowirksame
Auswirkungen netto
2'747'493
7'487'047
13'703'547
2'900'000
-3'400'000
1'850'000
3'500'000
3'500'000
3'500'000
1'025'700
4'495'700
9'611'200
6'247'493
10'987'047 17'203'547
3'636'597
7'741'374
13'407'374
Anmerkung: Eine positive Zahl entspricht einer Belastung,
eine negative einer Entlastung.
Art. 1600
Zu Frage 2: Der Kanton hat in fünf Bereichen die
Möglichkeit, ausfallende Bundesbeiträge zu kompensieren
oder seine Beiträge in ähnlichem Ausmass wie der Bund zu
streichen. Grundsätzlich wird in der Budgetierung für das
Jahr 2004 und der Finanzplanung davon ausgegangen, dass
der Kanton die ausfallenden Bundesmittel nicht
kompensiert. Tabelle 2 zeigt, in welchen Bereichen mit
welchen Aufwendungen gerechnet werden muss, falls der
Kanton die ausfallenden Bundesbeiträge kompensieren will.
4. November 2003
Tabelle 2: Kompensation der Entlastungsmassnahmen mit
Wahlfreiheit
Ziffer
Entlastungs
Depa Finanzielle Auswirkung, falls der
massnahme
rte- Kanton
für
die
ausfallenden
mit
ment Bundesbeiträge aufkommt
Wahlfreihei
t
2004
2.1.4.1
2.1.5.2
2.1.9.1
2.1.9.2
Fachhochsc
hulen
Jugend und
Sport
Landwirtsc
haft
Forstwirtsc
haft
2.1.9.3 Energie
2005
2006
BKS 1'000'000
1'000'000
2'000'000
BKS 103'493
271'047
271'047
FD
12'000
13'000
14'000
FD
1'000'000
1'400'000
1'400'000
BD
50'000
150'000
200'000
2'165'493
2'834'047
3'885'047
Total
Anmerkung: Eine positive Zahl entspricht einer Belastung.
Zu Frage 3: Der Regierungsrat hat bezüglich der Frage der
Wahlfreiheit seine endgültige Position nicht festgelegt (siehe
Frage 2). Tabelle 3 zeigt auf, wie gross die Entlastung in den
Bereichen mit Wahlfreiheit ist, falls der Kanton seine
Aufwendungen analog dem Bund streichen würde.
Tabelle 3: Streichung der Kantonsausgaben bei den
Entlastungsmassnahmen mit Wahlfreiheit
Ziffer
Entlastun
gsmassDepa Finanzielle Auswirkung unter der
nahme
rte- Annahme, dass der Kanton seine
mit
ment Beiträge streicht
Wahlfreih
eit
2004
2.1.4.1
2.1.5.2
2.1.9.1
2.1.9.2
2.1.9.3
Total
Fachhoch
schulen
Jugend
und Sport
Landwirts
chaft
Forstwirts
chaft
Energie
2005
2006
BKS -1'000'000
-1'000'000
-1'000'000
BKS -794'300
-794'300
-794'300
FD
-12'000
-13'000
-13'000
FD
-1'200'000
-1'700'000
-1'700'000
BD
-50'000
-150'000
-200'000
-3'056'300
-3'657'300
-3'707'300
Anmerkung: Eine negative Zahl entspricht Entlastung.
Zu Frage 4: Direkt wirken sich auf die Gemeinden nur
Entlastungsmassnahmen ohne Wahlfreiheit aus. Die
schwerwiegendste direkte Mehrbelastung stammt aus dem
Bereich der kollektiven IV (Sonderschulen). Hier wird sich
als Folge der Kürzung der Bundessubventionen der
Restkostenbetrag erhöhen, der von Kanton und Gemeinden
getragen wird. Im Bereich der Erwachsenenbetreuung
entsteht keine Mehrbelastung der Gemeinden. Die weiteren
zwei Bereiche mit direkten finanziellen Auswirkungen sind
der Lärmschutz sowie der Hochwasserschutz. In diesen
Bereichen teilen sich der Kanton und die Gemeinden die
Mehrbelastung, welche durch die Entlastungsmassnahmen
des Bundes entstehen. Im Bereich des Ortsbildschutzes kann
die Belastung der Gemeinden nicht beziffert werden, da dies
2469
4. November 2003
Art. 1600
Ergebnis von Verhandlungen zwischen dem Kanton und den
betroffenen Gemeinden ist.
Zu den direkten Auswirkungen werden indirekte finanzielle
Folgen des Entlastungsprogramms auf die Gemeinden
hinzukommen, welche schätzungsweise 3.5 Mio. Franken
betragen werden.
Tabelle 4: Direkte und indirekte Belastung der Gemeinden
als Folge der Entlastungsmassnahmen des Bundes
Kostenübertragung auf Gemeinden
direkte
Belastung
der
Gemeinden
saldowirksame Entlastung
des Kanton
indirekte Belastung der
Gemeinden
Total der direkten und
indirekten Belastung der
Gemeinden
2004
2005
2006
2'018'000
3'262'000
3'531'500
1'518'000
2'362'000
2'781'500
3'500'000
3'500'000
3'500'000
5'518'000
6'762'000
7'031'500
Anmerkung: Eine positive Zahl entspricht einer Belastung,
eine negative einer Entlastung.
Zu Frage 5: Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf
die Leistungen, die der Kanton und die Gemeinden
erbringen und die teilweise durch den Bund mitfinanziert
werden.
a) Im Bereich der Bildung werden sich die
Entlastungsmassnahmen des Bundes nach heutigem
Informationsstand bei den Fachhochschulen, speziell der
Forschung als Teil des erweiterten Leistungsauftrages,
auswirken. Da es sich um eine Entlastungsmassnahme mit
Wahlfreiheit handelt, hat der Kanton die Möglichkeit, die
ausfallenden Bundesbeiträge zu kompensieren. Die
Betroffenheit der Bevölkerung von dieser Sparmassnahme
kann als vernachlässigbar bezeichnet werden.
b) Im Bereich der kollektiven IV (Sonderschulen und
Heime) werden der Kanton und die Gemeinden die
ausfallenden Bundesbeiträge kompensieren müssen. Bei den
Entlastungen im Bereich der kollektiven IV handelt es sich
um Massnahmen ohne Wahlfreiheit. Der Kanton und die
Gemeinden kommen für die ausfallenden Bundesbeiträge
auf. Daher wird die Entlastungsmassnahme keine
Auswirkungen auf die Bevölkerung haben.
c) Im öffentlichen Verkehr ist die Abschätzung der Wirkung
der Entlastungsmassnahmen des Bundes schwierig zu
beziffern. Ein Kahlschlag des Angebotes im Bereich des
regionalen Personenverkehrs ist nicht zu erwarten.
d) Das Programm "EnergieSchweiz" wird weniger stark
gekürzt, als noch im Vernehmlassungsentwurf vorgesehen
war. In diesem Bereich hat der Kanton Wahlfreiheit und
kann
die
ausfallenden
Bundesbeiträge
entweder
kompensieren oder seine Beiträge streichen. Der Bund wird
seine Förderbeiträge an Gemeinden für Projekte der
alternativen Energienutzung kürzen, was beim Kanton zu
Einnahmenausfällen von 50'000, 150'000 und 200'000
Franken in den Jahren 2004 bis 2006 führen wird. Die
Auswirkungen auf die Bevölkerung sind von geringem
Ausmass, da die Beiträge an Projekte der erneuerbaren
Energie den Gemeinden zufliesst.
2470
e) Im Bereich der Forstwirtschaft kürzt der Bund seine
Beiträge voraussichtlich um 50%. Damit werden die
Beiträge
an
Waldbesitzer
(grösstenteils
Ortsbürgergemeinden) weniger hoch ausfallen als bisher.
Dies wird hauptsächlich Auswirkungen auf die
Jungwaldpflege habe. Die Auswirkungen auf die
Bevölkerung sind im schlimmsten Fall - falls der Kanton die
ausfallenden Bundesbeiträge nicht kompensiert - als gering
zu bezeichnen.
f) Im Bereich der Kultur haben die Entlastungsmassnahmen
des Bundes keine Auswirkungen auf den Kanton und die
Bevölkerung.
Zu Frage 6: Diese allgemeine finanzpolitische Frage, ob die
Einnahmenausfälle in Folge der Entlastungsmassnahmen
des Bundes durch Mehreinnahmen beim Kanton
kompensiert werden sollen, ist Gegenstand der Erarbeitung
des Voranschlags 2004 und der Aktualisierung des
Finanzplans. Sowohl der Bund wie auch die Mehrzahl der
Kantone bereiten Entlastungsmassnahmen vor. Dieses
Vorgehen wiederspiegelt den finanzpolitischen Grundtenor,
der auch im Kanton Aargau seine Geltung hat.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'163.--.
Markus Leimbacher, SP, Villigen: Ich danke dem
Regierungsrat für die Anwort auf unsere Interpellation. Sie
ist aufschlussreich und detailliert, und zwar in verschiedener
Hinsicht:
1. Die Regierung gibt verschiedene Summen an, inwieweit
das Entlastungsprogramm 2003 des Bundes Auswirkungen
auf den Voranschlag 2004 hat. Wie gross diese
Auswirkungen genau sind, kann der Antwort aber nicht im
Detail entnommen werden. Klar ist aber, dass spätestens ab
2005 eine Belastung der Verwaltungsrechnung resultiert.
2. Will der Kanton die ausfallenden Bundesbeiträge
kompensieren, so hätte er zwischen 2,1 (2004) und 3,9 Mio.
Franken (2006) aufzuwenden. Wir bedauern es, dass der
Regierungsrat dies nicht tun will. Insbesondere im Bereich
Fachhochschule wäre dies aus unserer Sicht notwendig
gewesen.
3. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass auch die
Gemeinden unter diesem Entlastungsprogramm leiden
werden. Die genauen Zahlen, nämlich 5,5 Mio. Franken für
das Jahr 2004, 6,7 Mio. Franken für das Jahr 2005 und 7
Mio. Franken für das Jahr 2006 lassen darauf schliessen,
dass wohl in allen Gemeinden der Steuerfuss ansteigen wird.
4. Wir haben auch zur Kenntnis genommen, dass dieses
Entlastungsprogramm zu einem Abbau der öffentlichen
Leistungen führen wird. Die Regierung spricht zwar davon,
dass es (auf den öffentlichen Verkehr bezogen) nicht zu
einem Kahlschlag kommen werde. Dass aber der service
public tangiert wird, kann im Ernst wohl nicht bestritten
werden.
Zusammenfassend sind wir mit dem Entlastungsprogramm
2003 des Bundes in keiner Art und Weise nicht zufrieden mit der Antwort des Regierungsrates auf unsere
Interpellation teilweise. Insbesondere vermissen wir
konkrete Angaben dazu, ob die Regierung die zusätzliche
Belastung mit Mehreinnahmen kompensieren will. Dies war
im Moment der Beantwortung der Interpellation offenbar so
Art. 1600
4. November 2003
- heute wissen wir Genaueres: Die Regierung ist leider ein
weiteres Mal nicht bereit, die längst fällige Aufhebung des
Vorsitzende: Die Interpellantin ist von der Antwort teilweise
befriedigt. Das Geschäft ist damit erledigt.
1601 Postulat der SP-Fraktion vom 24. Juni 2003
betreffend Lehrstellen in der kantonalen Verwaltung;
Ablehnung
(vgl. Art. 1393 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 3. September 2003:
Der Regierungsrat lehnt das Postulat mit folgender
Begründung ab:
Allgemeine Bemerkungen: Im Postulat wird darauf
hingewiesen, dass, teilweise bedingt durch die Einführung
der KV-Reform, Lehrstellen im KV-Bereich fehlen. Deshalb
wird die kantonale Verwaltung aufgefordert, auch nach der
Einführung
des
neuen
Ausbildungsmodells
ihre
Vorbildfunktion im Ausbildungsbereich wahrzunehmen.
Zugleich wird der Regierungsrat aufgefordert, zusätzliche
Ausbildungsplätze, speziell im KV-Bereich, zu schaffen.
Eine ähnliche Situation wie heute bestand bereits 1997.
Aufgrund der unsicheren Wirtschaftslage rief damals der
Regierungsrat in seinem Bericht vom 3. Februar 1997 die
Departemente, die Staatskanzlei und die Justizbehörden auf,
für den Sommer 1997 zusätzliche Lehrstellen zu schaffen.
Der Auftrag des Regierungsrats führte dazu, dass die Anzahl
der Auszubildenden - auch im kaufmännischen Bereich Jahr für Jahr anstieg:
Ausbi
ldungsplätze
1996/
1997
(Gesa
mtzahl)
Büro- 5
lehre
Kauff 38
rau/mann
(Bran
che
Öffen
tliche
Verw
altung
)
Total
A100
ZUBI
über
alle
17 in
der
Verw
altung
erlern
bare
BBTBeruf
e
1997/
1998
(Gesa
mtzahl)
1998/
1999
(Gesa
mtzahl)
1999/
2000
(Gesa
mtzahl)
2000/
2001
(Gesa
mtzahl)
2001/
2002
(Gesa
mtzahl)
2002/
2003
(Gesa
mtzahl)
6
4
6
3
4
3
50
68
74
81
84
85
149
167
168
186
184
201
Die Einführung der KV-Reform auf August 2003: Die
Einführung der KV-Reform auf August 2003, welche
erhöhte Anforderungen an die Lehrbetriebe nicht nur in
Steuerrabattes zu beantragen.
quantitativer, sondern auch in qualitativer Hinsicht mit sich
bringt, hat in der jüngsten Vergangenheit - ähnlich wie bei
den Lehrmeisterinnen und Lehrmeistern von KMUBetrieben - auch bei den Ausbildungsverantwortlichen der
kantonalen Verwaltung zu einer gewissen Zurückhaltung
geführt. Diese konnte allerdings durch eine geeignete
Information weitgehend abgebaut werden.
Eine sorgfältige Planung der Realisierung des
Ausbildungsmodells sowie die Erarbeitung eines
Führungshandbuchs für Lehrlingsverantwortliche durch eine
interdepartemental zusammengestellte Arbeitsgruppe, die
professionelle Einführung (Schulung aller Beteiligten) und
begleitende Ausbildungsmassnahmen, abgestimmt auf die
jeweiligen Zielgruppen, hat dazu geführt, dass sich die in
der Lehrlingsausbildung involvierten Mitarbeitenden bei der
Übernahme ihrer neuen Aufgaben/Verantwortungsbereiche
sicherer fühlen. Die Anforderungen der KV-Reform werden
heute sowohl von der Linie wie auch von den
Lehrmeisterinnen und Lehrmeistern zunehmend als
Herausforderung und weniger als Zumutung erachtet.
Schaffung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen: Die
zentrale Koordinationsstelle für die Lehrlingsausbildung hat
bereits im Oktober 2002 alle kantonalen Ausbildungsstellen
aufgerufen, auf 2003 ihr Lehrstellenangebot auch im KVBereich zu erhöhen. Somit wurde das Anliegen des Postulats
bereits damals aufgenommen. Durch diese frühzeitige
Initiative wurde erreicht, dass für das nächste Jahr der
Bestand der Ausbildungsplätze nicht nur konstant gehalten,
sondern gesamthaft 5 zusätzliche Ausbildungsplätze
geschaffen werden konnten.
Diese Zunahme ist insofern von Bedeutung, als mit der
Einführung der KV-Reform die Anforderungen an die Leiter
der einzelnen Organisationseinheiten sowie an die
Ausbildungsverantwortlichen stark gestiegen sind, die
personellen Ressourcen dafür aber nicht erhöht wurden.
Ausserdem hat der Regierungsrat sichergestellt, dass Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger, welche nach Abschluss
der Lehre keine Stelle finden, befristet eine
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit erhalten. Damit wird das
Ziel verfolgt, Mitarbeitende, welche auf Grund der
unsicheren Wirtschaftslage keine Stelle finden, die
Möglichkeit zu geben, innerhalb der kantonalen Verwaltung
erste Berufserfahrungen zu sammeln und dadurch ihre
Vermittlungschancen - innerhalb und ausserhalb der
Verwaltung - zu vergrössern.
Schlussbemerkung: Im Kanton Aargau sind in privaten
Betrieben in den Bereichen Bau, Gärtnerei, Bäckerei und
Metzgerei noch eine grosse Zahl von Lehrstellen zu
vergeben. Der Arbeitgeber Kanton Aargau hat in den letzten
Jahren die Anzahl von Lehrstellen erhöht. Durch eine
frühzeitige Planung konnten die Vorarbeiten für die KVReform rechtzeitig abgeschlossen werden. Seit 1. August
2003 werden die Lehrlinge im KV-Bereich nach neuem
Ausbildungsmodell ausgebildet.
Der Regierungsrat ist aus diesen Gründen nicht bereit, das
Postulat entgegenzunehmen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'104.--.
2471
4. November 2003
Dieter Egli, SP, Windisch: Ich spreche im Namen der SPFraktion. Wir anerkennen, dass der Kanton als Arbeitgeber
gestellt hat und trotz oder gerade wegen der schwierigen
Lehrstellensituation
vermehrte
Anstrengungen
unternommen hat, Lehrstellen - vor allem auch im KVBereich - zu schaffen und das trotz nicht vorhandener oder
laufend knapper werdender personeller Ressourcen, die dazu
eigentlich notwendig wären. Umso mehr erstaunt uns nun
aber die Ablehnung unseres Postulates seitens des
Regierungsrates. Mit dieser Antwort hätte man aus unserer
Sicht das Postulat rechtens und ohne irgendeinen
Gesichtsverlust entgegennehmen und abschreiben können.
Schliesslich hat der Kanton ja bewiesen, dass er seine gerade
in dieser Situation so eminent wichtige Vorbildfunktion
übernommen hat.
Obwohl es nun ja letztlich die Wirtschaft ist, die zur
Schaffung von neuen Lehrstellen gefordert ist und obwohl
wir uns hier nicht auf ein Scheingefecht mit dem
Regierungsrat und damit eigentlich mit dem falschen
Gegner einlassen wollen, sind wir mit der Rückweisung
nicht zufrieden und halten an der Überweisung des
Postulates fest. Dies hat, neben dem bereits genannten, auch
noch andere Gründe. Die Zahlenreihe über die
Ausbildungsplätze in der kantonalen Verwaltung, die uns
der Regierungsrat präsentiert, endet mit dem Lehrjahr
2002/2003. Aber gerade da wäre es für uns interessant
geworden.
Wie sehen die Prognosen für das laufende und die nächsten
Lehrjahre aus? Wird das Niveau gehalten oder gesteigert?
Befürchtet man aufgrund der knappen personellen
Ressourcen gar eine Reduktion des Lehrstellenangebotes?
Zudem hätten wir vom Regierungsrat gerne gewusst, wie die
Situation bei den Staatsanstalten aussieht. Präsentiert sich
dort ein gleiches oder ähnliches Bild wie bei der kantonalen
Verwaltung? Dies sind die Informationslücken in der
Beantwortung, die für uns noch zu viele Fragen offenlassen,
als dass wir uns mit der Ablehnung einfach so zufrieden
geben könnten.
Verzeihen Sie mir, wenn ich mich wiederhole oder wenn es
mittlerweile wie eine alte Leier klingt: Die
Lehrstellenproblematik ist zu ernst - das haben wir heute
schon gehört -, als dass wir sie einfach auf die leichte
Schulter nehmen könnten und die Verantwortung des
Staates in dieser Sache auch nur dem leisesten Zweifel
unterziehen könnten. Heute wurde ja schon von mehreren
Seiten das Loblied auf Markt und Wettbewerb gesungen. Ich
meine einfach, es geht nicht nur um die Verantwortung der
Wirtschaft um ihren Nachwuchs, sondern hier geht es um
eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Das will ich
Herrn Hug und Herrn Brentano sagen.
Art. 1600
sich in den letzten Jahren seiner Ausbildungsverantwortung
die Zahl der Lehrstellen in den eigenen Reihen erhöht und
ich habe auch läuten hören, dass der Kanton im nächsten
Jahr Aktivitäten in der Lehrstellenakquisition unternehmen
und unterstützen wird. Insofern finden wir das SP-Postulat
überhaupt nicht im Widerspruch mit der laufenden
Lehrstellenphilosophie des Kantons und wundern uns
eigentlich, dass es abgelehnt wird. Ein Postulat ist ja ein
Prüfungsantrag, eine Anregung. Wir sind in dem Sinne
dafür, dass der Kanton ebenso wie andere Verwaltungen
immer wieder grundsätzlich prüft, ob und wo neue
Lehrstellen geschaffen werden können. Der Kanton ist auch
Auftraggeber, Abnehmer oder Partner anderer Firmen, wir
regen an, dass er sich auch da weiterhin - er tut das bereits
weitgehend - bei diesen Firmen unablässig und aktiv
einsetzt, dass diese neue Lehrstellen schaffen sollen und
dafür sorgt, dass sie ihre Lehrstellen nicht abbauen!
Die kaufmännische Lehre hat eine Sonderstellung in der
Berufsbildung: Sie ist eine Grundausbildung mit sehr breiter
Allgemeinbildung, die auch als Sprungbrett dient für
motivierte junge Leute, die eine Weiterbildung anstreben
oder den Einstieg in einen Zweitberuf suchen. Der Kanton
selber hat viele gut ausgebildete Lehrmeister im
kaufmännischen Bereich. Es wäre auch ein Zeichen für die
neue KV-Reform, sich in der schwierigen Übergangszeit
zusätzlich einzusetzen und damit anderen Firmen Mut zu
machen, sich in diese anspruchsvolle Ausbildung zu wagen!
Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren
Wortmeldungen dazu vor.
Regierungsrat Roland Brogli, CVP: Die Anzahl von
Ausbildungsplätzen in der kantonalen Verwaltung hat in den
letzten Jahren - das sehen Sie in der Beantwortung des
Postulates - zugenommen. Im Bereiche der kaufmännischen
Ausbildung stieg die Anzahl der Lehrlinge von 1996-2002
von 100 auf 201 an. Sie können dem Bericht auch
entnehmen, dass jetzt wieder gesamthaft 5 zusätzliche
Ausbildungsplätze geschaffen wurden. Der Kanton hat also
aktuell 206 kaufmännische Lehrlinge. Wir gehen davon aus,
dass wir in diesem Postulat gemäss der Aufforderung des
Postulatstextes keine weiteren Prognosen zu machen haben.
Das ist hier vermerkt. Der Regierungsrat wird aufgefordert,
zusätzliche Lehrstellen in der kantonalen Verwaltung zu
schaffen, speziell im KV-Bereich. Das haben wir erfüllt.
Sofern das Postulat noch mehr will, können wir dieser
Forderung nicht nachkommen. D.h. für uns: Wir ersuchen
hier den Rat, das Postulat nicht zu überweisen und dem
Regierungsrat zu folgen!
Abstimmung:
Frustrierte Menschen, die nach der Schule keine weitere
Ausbildung machen können, und Menschen, die in einer
sich zukünftig erholenden Wirtschaft dann fehlen werden,
sind das Schlechteste und Gefährlichste, was ein Staat sich
leisten kann. Wir halten also an der Überweisung fest. Dies
nicht aus Misstrauen gegenüber dem Regierungsrat, sondern
als Aufmunterung, die erwähnte Verantwortung in den
Augen zu behalten und wahrzunehmen!
Das Postulat wird mit klarer Mehrheit, gegenüber 30
befürwortenden Stimmen, abgelehnt.
Eva Eliassen Vecko, Grüne, Obersiggenthal: Die Fraktion
der Grünen unterstützt die Aufrechterhaltung des Postulats.
Wir anerkennen die bisherigen Bemühungen des Kantons in
Bezug auf den Lehrstellenmarkt: Der Kanton hat tatsächlich
(vgl. Art. 1344 hievor)
2472
1602 Interpellation der CVP-Fraktion vom 13. Mai 2003
betreffend Einführung des neuen Lohnausweises;
Beantwortung und Erledigung
Antwort des Regierungsrats vom 10. September 2003:
Art. 1601
Die Absicht der Schweizerischen Steuerkonferenz (Verband
aller schweizerischer Steuerbehörden, einschliesslich der
Eidgenössischen
Steuerverwaltung),
einen
neuen,
gegen das neue Formular als solches, sondern gegen die
Absicht, dass im neuen Lohnausweis sämtliche Spesen
betragsmässig deklariert und alle Gehaltsnebenleistungen
aufgeführt werden sollten. Um eine für die Wirtschaft und
die Steuerbehörden verträgliche Lösung zu erzielen, kam die
Schweizerische Steuerkonferenz in diesen beiden Punkten
auf ihre ursprüngliche Absicht zurück. Zusammen mit
Vertretern von Unternehmen und der Wirtschaftsverbände
wurden ab April 2003 in einer gemischten Arbeitsgruppe
neue Deklarationsmodalitäten beschlossen, denen auch die
Wirtschaftsvertreter
zustimmen
konnten
(siehe
Beantwortung der Frage 3).
Die Ergebnisse dieser gemischten Arbeitsgruppe waren im
Zeitpunkt der Einreichung der Interpellation in der
Öffentlichkeit noch nicht bekannt.
Zu Frage 1: Auf den 1. Januar 2001 ist das schweizerische
Steuerwesen
formell
harmonisiert
worden.
Die
Harmonisierung
umfasst
auch
die
Steuererklärungsformulare und die dazugehörigen Beilagen,
wozu auch das Lohnausweisformular gehört (Art. 71 Abs. 3
des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG]). Mit der
Einführung des neuen Lohnausweises wird dieser
Gesetzesauftrag
vollzogen.
Ein
einheitliches
Steuererklärungsformular ist bereits geschaffen worden. Die
Kantone folgen diesem Einheitsformular strukturell
weitgehend. Weil nach wie vor diverse kantonale
Eigenheiten bestehen, kann das Erscheinungsbild der
Steuererklärungsformulare allerdings nicht deckungsgleich
sein. Beim neuen Lohnausweis werden keine kantonalen
Differenzen verbleiben, da der Lohnausweis in allen
Kantonen nach denselben gesetzlich vorgegebenen
Grundlagen auszustellen ist.
Die vom StHG angestrebte Vereinheitlichung ist notwendig
und macht Sinn. Gemäss übereinstimmender Feststellung
sowohl der Steuerverwaltungen als auch erfahrener
Treuhänder und Treuhänderinnen bestehen heute grosse
Unsicherheiten bezüglich des korrekten Ausfüllens des
Lohnausweises. Dieser Zustand wird mit dem neuen
Lohnausweis durch einen besseren Aufbau, erhöhte
Transparenz und diverse Vereinfachungen markant
verbessert. Insbesondere sind weniger Positionen
auszufüllen und zahlreiche Doppelspurigkeiten werden
eliminiert. Dabei wird die Deklarationspflicht nicht
verschärft; die gesetzlichen Grundlagen zur Erfassung der
steuerbaren Lohnleistungen sind nicht geändert worden.
Schliesslich kann das neue Lohnausweisformular zugleich
als Rentenbescheinigung verwendet werden, was den
Unternehmen administrativen Aufwand erspart.
Zu Frage 2: Die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sind
gemäss § 183 Abs. 1 lit. a StG verpflichtet, die Leistungen
an die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu
bescheinigen. Die Steuerbehörden benötigen diese Angaben
für eine gesetzeskonforme Veranlagung. Eine vollständige
und damit gesetzeskonforme Angabe aller Leistungen im
Lohnausweis verletzt den Datenschutz nicht, zumal die
Steuerbehörden dem Steuergeheimnis unterstehen.
4. November 2003
einheitlichen
Lohnausweis
einzuführen,
ist
in
Wirtschaftskreisen auf heftige Kritik gestossen. Die Kritik
richtete
sich
weniger
Auch der bisherige Lohnausweis, bei dem noch mehr
Angaben zu machen waren als im neuen Lohnausweis, war
bezüglich des Datenschutzes unbedenklich.
Zu Frage 3: Der neue Lohnausweis wird nach dessen
Einführung an sich nicht zu Mehraufwand führen. Es wird
im Gegenteil, wie erwähnt, auf zahlreiche bisher verlangte
Angaben verzichtet (z.B. Arbeitsort; Beruf; Anzahl
Schichttage; Anzahl Tage mit Lohnausfall; keine separaten
Angaben mehr betreffend Kinderzulagen, Wegvergütungen,
Heirats- und Geburtszulagen).
Grossen Widerstand in der Wirtschaft entfachte die
ursprüngliche Absicht der Steuerbehörden, mit dem neuen
Lohnausweis sämtliche Spesen betragsmässig zu deklarieren
und die Gehaltsnebenleistungen (sog. fringe benefits)
auszuweisen. Diese Auflagen hätten die Unternehmen nur
mit grossem administrativem Aufwand erfüllen können. In
Zusammenarbeit mit Vertretern der Wirtschaft haben die
Steuerbehörden
nunmehr
vereinfachte,
wirtschaftsfreundliche Lösungen getroffen. So sind die
effektiv ausbezahlten Spesen nicht mehr betragsmässig
auszuweisen.
Bei den zu deklarierenden Gehaltsnebenleistungen wurden,
ebenfalls
in
Beachtung
der
Prinzipien
der
Verhältnismässigkeit
und
der
Praktikabilität,
die
Rahmenbedingungen sehr grosszügig mit diversen
Freigrenzen festgelegt (z.B. Lunch-Checks oder übliche
Rabatte für Produkte der eigenen Firma). Zudem müssen die
Arbeitgebenden nur die Art der Gehaltsnebenleistungen auf
dem Lohnausweis deklarieren; sie brauchen keine
betragsmässige Bewertung der Leistung vorzunehmen. Im
Übrigen können die Unternehmen selber für weitere
administrative Vereinfachungen sorgen, indem sie auf fringe
benefits verzichten und stattdessen ausschliesslich
Geldleistungen ausrichten.
Selbstverständlich wird aber die Anpassung der
Informatikprogramme
einen
gewissen
(einmaligen)
Aufwand verursachen.
Zu Frage 4: Der Regierungsrat kann und will sich nicht
gegen die Einführung des neuen Lohnausweises stellen. Die
Schweizerische Steuerkonferenz hat im Juli 2003
beschlossen, die auf die Steuerperiode 2004 geplante
Einführung um ein Jahr zu verschieben. Damit erhalten die
Unternehmen mehr Zeit, die Informatik umzustellen. Die
Schweizerische Steuerkonferenz unterstreicht damit ihre
Absicht, die Neuerung in enger Zusammenarbeit mit den
Wirtschaftsverbänden so verträglich wie möglich zu
gestalten. Für die Steuerperiode 2004 sind somit weiterhin
die bisherigen Lohnausweise zu verwenden. Für die
Steuerperiode 2005 (Erfassung der Löhne des
Kalenderjahres 2005 für die im Jahr 2006 vorzunehmende
Deklaration) können wahlweise der neue oder die bisherigen
Lohnausweise verwendet werden. Ab der Steuerperiode
2006 (Erfassung der Löhne des Kalenderjahres 2006 für die
im Jahr 2007 vorzunehmende Deklaration) ist der neue
Lohnausweis obligatorisch.
Zu Frage 5: Dieser Aufwand hängt wesentlich von den
bisherigen Informatiklösungen und der damit verbundenen
Frage, wie geeignet die Programme zu mutieren sind, ab.
2473
4. November 2003
Art. 1602
Eine generelle verbindliche Aussage über die Kostenhöhe ist
deshalb nicht möglich.
Zu Frage 6: Die Generierung allfälliger Mehr- oder
Mindereinnahmen war kein Thema oder gar Absicht bei der
Erarbeitung des neuen Lohnausweises. Der neue
haltsnebenleistungen schon heute deklariert werden. Es ist
jedoch davon auszugehen, dass viele Firmen sich dessen ev. wegen des nicht optimalen Aufbaus des bisherigen
Lohnausweises - gar nicht bewusst waren. Mit der
Diskussion um den neuen Lohnausweis und dessen
Einführung ist dieses Bewusstsein nun vorhanden. Es bietet
sich jetzt Gelegenheit, der Deklarationspflicht auch in
diesem Bereich nachzukommen. Wenn künftig bisher nicht
deklarierte Gehaltsnebenleistungen ausgewiesen werden, so
wird sich dies naturgemäss auch auf die Steuererträge
auswirken. Ob und in welchem Ausmass zusätzliche
Steuergelder anfallen, ist nicht abzuschätzen.
Zu Frage 7: Es war ein stetes Bestreben, insbesondere auch
im Bereich der Gehaltsnebenleistungen, wo immer möglich
kongruente Lösungen zwischen den direkten Steuern und
der AHV zu treffen. Bei zahlreichen Fragen ist dies
gelungen, wie z.B. bei der Steuerfreiheit resp.
Nichtdeklaration von den Mitarbeitenden gewährten
branchenüblichen Rabatten auf Firmenprodukten. Es
zeichnet sich ab, dass mit dem neuen Lohnausweis einige
bisher nicht kongruente Bereiche vereinheitlicht werden
(beispielsweise bei der Berechnung des Privatanteils bei der
privaten Benutzung von Firmenfahrzeugen). Eine
Vereinheitlichung ist allerdings nur in jenen Teilbereichen
möglich, die gesetzlich nicht unterschiedlich geregelt sind.
Die Kosten für die Bearbeitung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'213.50.
Lohnausweis basiert auf denselben gesetzlichen Grundlagen
wie der bisherige. Dementsprechend werden künftig keine
Leistungen erfasst, die bisher nicht bereits erfasst wurden
oder hätten erfasst werden sollen. Insbesondere müssen die
GeMarkus Kunz, CVP, Frick: Die Befürchtungen, dass die
Einführung eines neuen Lohnausweises eine administrative
Mehrbelastung der Betriebe generiert hätte, hat nicht nur in
Kreisen unserer Fraktion Missmut ausgelöst, sondern auch
auf Bundesebene. Vorab auch der Schweizerische
Gewerbeverband hat sich massiv gewehrt, was dazu geführt
hat, dass das Projekt einstweilen gestoppt und ein Jahr
verspätet aufgegleist wird. Nicht das Formular an und für
sich, sondern das detaillierte, betragsmässige Deklarieren
von Spesen und Gehaltsnebenleistungen hat für Missmut
gesorgt. Folge wäre eine massive, administrative
Mehrbelastung der Unternehmen gewesen. Allein in
meinem Betrieb mit 45 Angestellten hätte dies massiv
eingeschenkt, ohne dass ich Möglichkeiten gesehen hätte,
diese Mehrbelastungen auf das Produkt abzuwälzen.
Die CVP ist mit der Antwort der Interpellation zufrieden
und wünscht den einschlägigen Bundesangestellten mehr
Fingerspitzengefühl in der Hoffnung, dass das
Übergangsjahr genutzt wird, um bessere Lösungen
vorzulegen!
Vorsitzende: Die Interpellantin ist von der Antwort
befriedigt. Das Geschäft ist damit erledigt.
Wir haben die Traktandenliste vollständig abtragen können.
Ich danke Ihnen allen für diese Zusammenarbeit. Ich
wünsche Ihnen einen schönen Abend und eine gute
Heimkehr! Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluss der Sitzung: 16.45 Uhr.)
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