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AUSGABE VOM 15.05.2016, SEITE 1
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badenia-informationsdienst
Pressebüro - Nachrichtenagentur
Pfinztal / Karlsruhe (Baden)
IMPRESSUM:VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT FRANK ARMBRUSTER, JOURNALIST (DPV) MITGLIED DEUTSCHER
PRESSEVERBAND (DPV), MITGLIED LITERARISCHE GESELLSCHAFT. HAUPTSTR. 116, 76327 PFINZTAL (KARLSRUHE),
STADTBAHN S5, HALTESTELLE SÖLLINGEN-BAHNHOF, WWW.BADENIA-INFORMATIONSDIENST.DE, TELEFON 07240 / 9432-70,
TELEFAX 07240 / 9432-72, E-MAIL: [email protected]
Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
+++ Der Nachdruck und die Veröffentlichung sind unter Nennung der Quelle honorarfrei +++
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe:
Ein PKW darf nicht als Waffe ausgelegt werden
Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte unter Einsatz eines PKW
Nach § 113 des Strafgesetzbuches wird der Widerstand gegen
Vollstreckungsbeamte mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft. § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB enthält eine Strafandrohung
von sechs Monaten bis zu fünf Jahren unter anderem für den Fall, dass die
Widerstandshandlung gegen Vollstreckungsbeamte mit einer Waffe ausgeübt
wird.
Karlsruhe.(bid) Diese Vorschrift darf nicht so weit ausgelegt werden, dass unter
dem Begriff der "Waffe" alle Gegenstände verstanden werden, die für andere
Personen möglicherweise gefährlich sind. Kraftfahrzeuge, auch wenn sie im
konkreten Fall dazu benutzt werden können, einer anderen Person Verletzungen
zuzufügen, fallen jedenfalls nicht darunter. Dies entschied die 2. Kammer des
Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts.
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 2
Damit war die
Widerstands
Verfassungsbeschwerde eines Beschwerdeführers, der wegen
gegen
Vollstreckungsbeamte
unter
Anwendung
der
Strafschärfungsvorschrift des § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe
von 8 Monaten verurteilt worden war, erfolgreich. Der Verurteilung lag folgender
Sachverhalt zugrunde:
Der, leicht alkoholisierte, Beschwerdeführer wurde wegen eines Verkehrsverstosses
von einer Polizeistreife kontrolliert. Obwohl sich der kontrollierende Polizeibeamte mit
seinem Oberkörper im Fahrzeug befand, legte der Beschwerdeführer den
Rückwärtsgang ein und fuhr mit Vollgas rückwärts, um den Polizeibeamten an der
rechtmäßigen Kontrolle zu hindern. Dadurch wurde der Polizeibeamte einige Meter
mitgerissen, ohne verletzt zu werden.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu
umschreiben, dass Anwendungsbereich und Tragweite der Straftatbestände sich aus
dem Wortlaut ergeben oder jedenfalls durch Auslegung ermitteln lassen. Das
schließt zwar eine Auslegung eines Begriffs nicht generell aus, allerdings muss der
Normadressat anhand der konkreten gesetzlichen Vorschrift voraussehen können,
ob ein Verhalten strafbar ist oder nicht. Dabei hat er sich am Gesetzestext zu
orientieren. Deshalb markiert der mögliche Wortsinn des Gesetzes die äußerste
Grenze zulässiger richterlicher Interpretation. Ein Personenkraftwagen ist vom
möglichen Wortsinn des Begriffs der "Waffe" in § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB nicht
mehr
umfasst,
da
die
bloße
Möglichkeit,
einen
Gegenstand
auch
in
zweckentfremdender Benutzung zur Bekämpfung von Zielen zu verwenden, zur
Begründung der "Waffeneigenschaft" nicht ausreicht.
Eine Regelung des Waffenbegriffs findet sich im Strafgesetzbuch nicht. Der von der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwendete "strafrechtliche Waffenbegriff"
umfasst zwar nicht nur Waffen im Sinne des Waffengesetzes, sondern allgemein
körperliche Gegenstände, die nach ihrer objektiven Beschaffenheit und ihrem
Zustand zur Zeit der Tat bei bestimmungsgemäßer Verwendung geeignet sind,
erhebliche Verletzungen von Menschen zu verursachen. Andere Gegenstände, die
nicht bei bestimmungsgemäßen Gebrauch, wohl aber nach ihrer objektiven
Beschaffenheit und der Art ihrer Benutzung im Einzelfall geeignet sind, erhebliche
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 3
Verletzungen zuzufügen, werden in den Vorschriften der §§ 224 Abs. 1 Nr. 2, 244
Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a oder des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 2 Nr. 1
StGB von Rechtsprechung und Schrifttum dagegen dem Begriff des "gefährlichen
Werkzeugs" zugeordnet. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Strafrechtsreform
bewusst darauf verzichtet, die Vorschrift des § 113 Abs. 2 StGB um den Begriff des
"gefährlichen Werkzeugs" zu erweitern. Ein Kraftfahrzeug kann daher nicht als Waffe
angesehen werden, da es weder von der Zweckbestimmung noch von seinem
typischen Gebrauch her zur Bekämpfung anderer oder zur Zerstörung von Sachen
eingesetzt wird.
Veröffentlicht am 18.09.08, Beschluss vom 01.09.08, AZ.: 2 BvR 2238/07
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 4
Bundesgerichtshof in Karlsruhe:
Keine Generalinspektion der Hauselektrik
Vermieter nicht zur regelmäßigen Generalinspektion in Wohnungen verpflichtet
Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob dem Vermieter
von Wohnraum im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht eine regelmäßige
Generalinspektion der Elektroleitungen und Elektrogeräte in den Wohnungen
der Mieter obliegt.
Karlsruhe.(bid)
Der
Kläger
nimmt
den
Beklagten,
seinen
Vermieter,
auf
Schadenersatz wegen eines Brandes in Anspruch. In der neben der Wohnung des
Klägers liegenden Mietwohnung kam es am 20. Juli 2006 im Bereich der Kochnische
zu einem Brand. Der Kläger behauptet, der Brand sei durch einen technischen
Defekt mit Kurzschluss im Bereich der Dunstabzugshaube verursacht worden. Er hat
wegen der Beschädigung ihm gehörender Sachen Schadenersatz in Höhe von 2.630
€ nebst Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend gemacht. Das
Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten
hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der zugelassenen
Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem Kläger wegen der Schäden, die ihm
infolge des in der Nachbarwohnung ausgebrochenen Brandes an seinem Eigentum
entstanden sind, kein Schadenersatzanspruch gegen den beklagten Vermieter
zusteht.
Der Beklagte war nicht verpflichtet, die Elektroleitungen und elektrischen Anlagen in
den von ihm vermieteten Wohnungen ohne konkreten Anlass oder Hinweis auf
Mängel
einer
regelmäßigen
Überprüfung
durch
einen
Elektrofachmann
zu
unterziehen. Zwar trifft den Vermieter die vertragliche Nebenpflicht, die Mietsache in
einem
verkehrssicheren
Zustand
zu
erhalten.
Diese
Pflicht erstreckt
sich
grundsätzlich auf alle Teile des Hauses.
Ihm bekannt gewordene Mängel, von denen eine Gefahr für die Mietwohnungen
ausgehen kann, muss der Vermieter deshalb unverzüglich beheben. Er muss im
Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht aber keine regelmäßige Generalinspektion
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 5
vornehmen. Im Einzelfall mögen zwar besondere Umstände, wie zum Beispiel
ungewöhnliche oder wiederholte Störungen, Anlass bieten, nicht nur einen
unmittelbar zu Tage getretenen Defekt zu beheben, sondern eine umfassende
Inspektion der gesamten Elektroinstallation durchzuführen. Solche Umstände waren
hier aber nicht festgestellt.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision deshalb zurückgewiesen.
Urteil vom 15. Oktober 2008 – VIII ZR 321/07
AG Nordhorn – Urteil vom 29. März 2007 – 3 C 179/07
LG Osnabrück - Urteil vom 8. August 2007 – 1 S 213/07
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 6
Deutscher Anwaltverein (DAV):
Anwälte weiter in der Qualitätsoffensive
Über 40.000 Mitglieder in DAV-Arbeitsgemeinschaften
Gerade im Hinblick auf das am 1. Juli 2008 in Kraft getretene
Rechtsdienstleistungsgesetz will damit erreichen, dass die Anwaltschaft ihren
qualitativen Vorsprung gegenüber anderen Berufsgruppen, die in den
Rechtsberatungsmarkt drängen, behaupten kann.
Berlin.(bid) Nach der Ausweitung der Fachanwaltschaften, der Möglichkeit einer
DAV-Anwaltsausbildung, der steten Fortbildung von Rechtsanwältinnen und
Rechtsanwälten und der Herausgabe der DAV-Fortbildungsbescheinigung, ist dies
ein weiteres Zeichen für die Qualität anwaltlicher Beratung. „Die Anwaltschaft steigert
ihre Qualität“, so Rechtsanwalt Dr. Cord Brügmann, DAV-Hauptgeschäftsführer. Mit
mittlerweile über 40.000 Mitgliedern in den DAV-Arbeitsgemeinschaften zeige sich,
dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sich gezielt fortbilden und den
Austausch mit anderen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in den gleichen
Tätigkeitsfeldern
suchen.
Die Arbeitsgemeinschaften des DAV
würden
ein
umfangreiches Angebot an Fortbildung, Kommunikation und Information zu den
jeweiligen Rechtsgebieten bieten. Die Entwicklung der Teilnehmerzahlen der
Fortbildungsveranstaltungen der DAV-Arbeitsgemeinschaften zeigten nach oben.
Hinzu
komme,
dass
mittlerweile
jährlich
rund
11.000
DAV-
Fortbildungsbescheinigungen herausgegeben wurden. Eine solche Bescheinigung
erhalte man nur, wenn man sich mindestens zehn Stunden – also ebensoviel wie
nach der Fachanwaltsordnung geboten fortbildet, – und dies dem DAV nachweise.
„Ein
klares
Zeichen
für
Qualität!“,
betont
Brügmann.
Inhaber
der
Fortbildungsbescheinigung werden bei der Deutschen Anwaltauskunft, der DAVAnwaltssuche, unter www.anwaltauskunft.de besonders gekennzeichnet.
Der DAV hat sich auch in der Vergangenheit immer dafür eingesetzt, neue
Fachanwaltschaften zu schaffen. Der DAV unterstützt daher auch weitere
Bestrebungen, wie beispielsweise die Einführung des Fachanwaltstitels für
„Agrarrecht“. Um den anwaltlichen Nachwuchs qualitativ hochwertig auf den
Anwaltsberuf vorzubereiten, hat der DAV im Jahre 2003 die „DAV-Anwaltausbildung“
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 7
initiiert. Mit dieser Ausbildung kann man sich im Rahmen seines Referendariats, in
Kooperation mit der Fernuniversität Haagen in einem praktischen und theoretischen
Teil gezielt auf den Anwaltsberuf vorbereiten.
„Gerade in Zeiten des neuen Rechtsdienstleistungsgesetzes ist es notwendig, dass
die Anwaltschaft ihren qualitativen Vorsprung in der Rechtsberatung weiter ausbaut“,
erläutert Brügmann weiter. Zwar können auch Nichtanwälte rechtliche Beratung als
„Nebenleistung“ ihrer eigentlichen kommerziellen Tätigkeit anbieten, doch sei
qualifizierter Rechtsrat weiterhin nur durch die Anwaltschaft möglich.
Seit 1871 bildet der Deutsche Anwaltverein (DAV) als Dachorganisation von 250
örtlichen Anwaltvereinen die Interessensvertretung der deutschen Anwaltschaft. Über
66.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind dem DAV als älteste und größte
sowie unabhängige Interessensvertretung der deutschen Anwaltschaft über die
örtlichen Anwaltvereine angeschlossen. Info unter: www.anwaltauskunft.de und
www.anwaltverein.de
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 8
SONDERDIENST RECHT: Deutscher Juristentag in Erfurt
+++ Der Nachdruck und die Veröffentlichung sind unter Nennung der Quelle honorarfrei +++
Verantwortlicher Redakteur: Frank Armbruster, Journalist (DPV)
67. Deutscher Juristentag in Erfurt:
2 700 Juristen erarbeiten Empfehlungen
Während der dreitägigen Beratungen Themen von Familienrecht bis Mediation
Traditionell wird die Veranstaltung mit Beschlüssen und Empfehlungen
an den Gesetzgeber und die Politik am Freitag enden. Erfurt wird, so
Rechtsanwalt Martin W. Huff, Pressesprecher des Deutschen Juristentags, in
diesen Tagen zur „Hauptstadt des Rechts“ in Deutschland werden. Denn neben
den
Beratungen
treffen
sich
am
Rande
des
Juristentags
auch
der
Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags, das Präsidium des Deutschen
Richterbunds und der Vorstand des Deutschen Anwaltsvereins zu Sitzungen.
Erfurt.(bid) In einzelnen Abteilungen befasst sich der Juristentag mit Rechtsfragen
aus
unterschiedlichen
Bereichen
und
gibt
nach
ausführlichen
Beratungen
Empfehlungen an den Gesetzgeber ab, die wie auch schon in den letzten
Jahrzehnten Gewicht haben werden:
Thema Familienrecht
Die zivilrechtliche Abteilung befasst sich mit der Frage, ob die familienrechtlichen
Ausgleichssysteme Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich angesichts der
gesellschaftlichen
Veränderungen
noch
zeitgemäß
sind.
Trotz
zahlreicher
abgeschlossener gesetzlicher Änderungen, zuletzt im Unterhaltsrecht und geplanter
Maßnahmen, etwa zur Reform des Versorgungsausgleichs, besteht weiterhin ein
unabweisbares Bedürfnis nach einem stimmigen Gesamtsystem bei der Beendigung
von dauerhaften Lebensgemeinschaften. Der 67. Deutsche Juristentag wird
zahlreiche Regelungsvorschläge beraten, die den veränderten Lebensformen und
dem gestiegenen Armutsrisiko gerecht werden sollen.
Ehe und traditionelle Familie haben in Deutschland ihre Monopolstellung verloren.
Die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften steigt stetig, während die Zahl
der Geburten in Ehen weiter sinkt. Hinzu kommt, dass immer mehr Partner mehr als
einmal heiraten. Mit der Veränderung der tradierten Geschlechterrollen hat sich die
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 9
Aufteilung von Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung deutlich gewandelt. Die
klassische Versorgungsehe hat an Bedeutung verloren. In Partnerschaften mit
Kindern ist an ihre Stelle ein Phasenmodell unter Einbeziehung beider Eltern oder
ein meist nur noch zeitlich befristetes Hauptverdienermodell getreten.
Thema Arbeits- und Sozialrecht
Die arbeits- und sozialrechtliche Abteilung des DJT wird sich diesmal mit der Frage
der Stellung älterer Arbeitnehmer in unserem Rechtssystem befassen.
Seit den achtziger Jahren wurden – in einem großen Konsens zwischen der Politik,
dem Gesetzgeber, Vertretern von Arbeitnehmern und Arbeitgeber und der
Rechtsprechung – ältere Arbeitnehmer in großer Zahl lange vor Eintritt der normalen
Rentenaltersgrenze aus dem Arbeitsleben verabschiedet (Stichwort: Vorruhestand).
Finanziert wurde der vorgezogene Generationswechsel zum ganz überwiegenden
Teil aus den Sozialkassen. Erst seit den Debatten um die so genannten HartzGesetze wurde deutlich, dass damit die Sozialversicherungssysteme überfordert
werden und auch die stattlichen Haushalte nicht mehr in der Lage sind,
entsprechende Transferleistungen zur Finanzierung aufzubringen.
Besonders in den Blickpunkt der Öffentlichkeit ist das Thema durch die
Heraussetzung der Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung von 65 auf
67 Jahre getreten. Dies nicht nur aus den oben dargestellten Gründen sondern auch
aufgrund der demographischen Entwicklung in der Gesellschaft. Der Deutsche
Juristentag möchte – möglichst vorurteilsfrei – die derzeitige Lage analysieren und
Problemlösungen aufzeigen.
Thema Strafrecht
Die strafrechtliche Abteilung des Deutschen Juristentags nimmt sich diesmal einer
hochaktuellen
verfahrensrechtlichen
Problematik
an:
Der
Frage,
wie
im
Spannungsfeld zwischen den Garantien des Rechtsstaats und der effektiven
Bekämpfung
von
Kriminalität
und
Terrorismus
mit
Beweiserhebungs-
und
Beweisverwertungsverboten umzugehen ist.
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 10
Seit langen Jahren ist es in Rechtsprechung und Wissenschaft heftig umstritten, wo
und wie Ermittlungsergebnisse gewonnen und wie mit Ergebnisse umgegangen
werden kann und darf. Wo liegen Grenzen, was darf der Staat verwenden, wo und
wie ist der Beschuldigte geschützt? Gerade durch die internationalen Bezüge bei der
Bekämpfung des Terrorismus erhält diese Frage neue Brisanz. Mit Spannung darf
erwartet werden, wie gerade die Ermittlungsbehörden und die Richter auf der einen
und die Strafverteidiger auf der anderen Seite sich mit den Themen auseinander
setzen.
Thema Privatisierung
In den letzten Jahren kam es in ganz Europa zu weit reichenden Privatisierungen bei
Post, Telekommunikation, Energie, Wasserversorgung und Bahn. Inzwischen zieht
sich der Staat angesichts leerer Haushaltskassen selbst aus klassischen Bereichen
wie der öffentlichen Sicherheit oder dem Strafvollzug zurück. „Private Public
Partnership“ (PPP) ist längst zu einem schillernden Begriff für eine neue Form des
Zusammenwirkens von Staat und Privaten geworden. Doch der Gesetzgeber und die
Gerichte konnten dem hohen Privatisierungstempo nicht immer folgen. Zahlreiche
Projekte wie die Privatisierung der Deutschen Flugsicherung scheiterten an
rechtlichen Hürden. Und nicht erst der monatelange Arbeitskampf der Lokführer bei
der Deutschen Bahn provozierte Nachfragen zu den Grenzen der Streikfreiheit bisher
staatlich verwalteter Bereiche der Daseinsvorsorge. Die öffentlich-rechtliche
Abteilung befasst sich mit den Gestaltungsmöglichkeiten aber auch den Grenzen der
Privatisierung staatlicher und kommunaler Aufgaben. Die Beratungen des 67.
Deutschen Juristentages zielen auf eine sachgerechte Lösung der bislang
unbewältigten Rechtsfragen. Diskutiert werden wird auch, ob wir eigene Gesetze für
die Privatisierung benötigen.
Abteilung Wirtschaftsrecht
In Deutschland sind derzeit über 15.000 Aktiengesellschaften registriert. Ihre
Organisations- und Finanzverfassung wird einheitlich vom Aktiengesetz geregelt, das
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der autonomen Satzungsgestaltung durch die Aktionäre wenig Spielraum lässt.
Zwingende Regelungen gibt es von der Gründung über die Zuständigkeit,
Zusammensetzung und Organisation der Organe bis hin zur Kapitalaufbringung und erhaltung. Abweichende Satzungsbestimmungen sind nur punktuell zugelassen.
Dem liegt das traditionelle Leitbild der Aktiengesellschaft als einer börsennotierten
Publikumsgesellschaft zugrunde, die bei den Anlegern Kapital einsammelt und ihre
Aktien breit streuen will. Tatsächlich haben sich seit Mitte der neunziger Jahre aber
vielfältige Erscheinungsformen der Aktiengesellschaft entwickelt. Die börsennotierten
Gesellschaften, deren Aktien am geregelten Markt gehandelt werden, machen dabei
nur noch einen kleinen Teil aus. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft wird
zunehmend
von
Unternehmensgründern
und
mittelständischen
Familienunternehmen gewählt, damit neue Investoren gewonnen werden können
oder sich die Unternehmensnachfolge einfacher gestalten lässt. Hier ist das enge
Korsett des bisherigen Aktienrechts nicht mehr zeitgemäß. Die wirtschaftsrechtliche
Abteilung des DJT befasst sich daher mit der Frage, ob das Aktienrecht
unterschiedliche
Regelungen
für
börsennotierte
und
nichtbörsennotierte
Gesellschaften vorsehen muss, um die Aktiengesellschaft auf der einen Seite für den
Mittelstand weiterhin interessant zu machen aber auch den Schutz von Aktionären
und Kreditgebern zu gewährleisten.
Thema Mediation
Die konsensuale (also die einvernehmliche) Streitbeilegung – meist unter dem
Stichwort Mediation behandelt – wird inzwischen als „Zauberformel“ gehandelt, um
Probleme der Bürger, aber auch zunehmend von Unternehmen, aber auch der
staatlichen Rechtspflege zu lösen. Es gibt eine Vielzahl von Veröffentlichungen und
Kongressen, die Bezeichnung „Mediator“ schmückt zunehmend die Briefbögen u.a.
von Rechtsanwälten und Psychologen.
Der Deutsche Juristentag befasst sich in dieser Abteilung mit den verschiedenen
Formen der konsensualen Streitbeilegung und fragt, ob dafür ein Regelungsbedarf
im Verfahrens- und Berufsrecht besteht.
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 12
Die bisherige Diskussion kommt aus zwei Richtungen. Eine einvernehmliche
Streitbeilegung wird als besonders erstrebenswert angesehen und zudem sehen die
Justizverwaltungen Möglichkeiten für eine Entlastung der Gerichte, wobei die
Gerichte
zunehmend
selber Anbieter einer
Mediation
werden.
Aber
viele
gerichtsinterne Mediationen bewegen sich auf unsicherer Rechtsgrundlage und bei
der
vertragsautonomen
Qualitätserfordernisse
Mediation
weithin
sind
ungeklärt.
berufsrechtliche
Regelungen
Hinzu
eine
komme
und
europäische
„Mediationsrichtlinie“, die im Mai 2008 verabschiedet wurde und die in Deutschland
bis 2011 in nationales Recht umzusetzen ist. So müssten die Verfahrensordnungen
die Mediation berücksichtigen und das Berufsrecht aller betroffenen Berufe (von den
Anwälten bis zu den Ärzten) daran angepasst werden. Da der Bund hie die
Gesetzgebungskompetenz hat, wird zu überlegen sein, ob ein „Gesetz zur Förderung
der Mediation“ notwendig ist. In diesem Zusammenhang sollte auch die Vorschrift
des § 15a EGZPO gestrichen werden, die bisher eine „Zwangsschlichtung“ in
bestimmten Bereichen (Nachbarrecht, AGG) vorsieht.
Hintergrundinformation: Wer ist der Deutsche Juristentag e.V.?
Der Deutsche Juristentag ist ein eingetragener Verein des privaten Rechts, in dem
sich
Juristinnen
und
zusammengeschlossen
Juristen
haben,
aus
um
allen
auf
Teilen
der
wissenschaftlicher
Bundesrepublik
Grundlage
die
Notwendigkeit von Änderungen und Ergänzungen der deutschen Rechtsordnung zu
untersuchen, der Öffentlichkeit Vorschläge zur Fortentwicklung des Rechts
vorzulegen,
auf
Rechtsmissstände
hinzuweisen
und
einen
lebendigen
Meinungsaustausch unter den deutschen Juristen aller Berufsgruppen und
fachlichen Richtungen herbeizuführen.
Mit seinen derzeit etwa 7500 Mitgliedern ist der DJT zwar zahlenmäßig deutlich
kleiner als die großen juristischen Berufsverbände der Anwälte und Richter. Sein
besonderes Gewicht liegt in dem Umstand begründet, dass der Verein alle
juristischen
Berufsgruppen
umfasst,
damit
notwendigerweise
über
den
Gruppeninteressen einzelner politischer Parteien und Gruppierungen steht und von
vielen gewissermaßen als Sprachrohr des ganzen Juristenstandes, als objektiver
Mahner, als „das Gewissen des Juristenstandes“ verstanden wird. „Der Deutsche
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Juristentag“, so hat Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1986 ausgeführt, „hat
sich ins einer weit über 100jährigen Geschichte zu einem unersetzlichen
Gesprächsforum entwickelt. Prägende Impulse für Rechtsdenken, Rechtsempfinden
und Rechtspraxis in Deutschland gehen von ihm aus“.
Der Verein blickt auf eine knapp 150jährige Geschichte zurück. Er wurde 1860 in
Berlin gegründet und hatte in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens
wesentlichen Anteil an der Rechtsvereinheitlichung innerhalb des 1871 gegründeten
Deutschen Reiches.
Der DJT hat in jenen Jahren wie in den Zeiten der Weimarer Republik stets seine
wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit bewahrt. Der Gleichschaltung durch die
Nationalsozialisten hat er sich durch die 1933 beschlossene Selbstauflösung
entzogen und sich erst 1947 wieder begründet. Seither ist der Juristentag Motor
vieler wichtiger Reformvorhaben geworden, und zwar sowohl durch die Beratungen
der alle zwei Jahre stattfindenden Deutschen Juristentage als auch durch die Arbeit
seiner Gesetzgebungskommissionen. Die Arbeit des Vereins Deutscher Juristentag
hat auch in einer Zeit der Reformmüdigkeit und nicht nachlassender Warnungen vor
einer unangemessenen Gesetzesflut nicht an Bedeutung verloren. Der Deutsche
Juristentag hat stets die Linie verfolgt, in die bestehende Rechtsordnung nicht ohne
gewichtigen Anlass einzugreifen und oft auch bei Themen, die auf Juristentagen
erörtert wurden, an der Seite derer Stellung bezogen, die sich gegen bestimmte, zur
Diskussion gestellte Reformvorhaben ausgesprochen haben.
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67. Deutscher Juristentag (djt) in Erfurt:
Die Themen der einzelnen Abteilungen
Familienrecht – Arbeits- und Sozialrecht – Strafrecht – Öffentliches Recht Wirtschschaftsrecht - Mediation
Abteilung Familienrecht: Unterhalt, Zugewinn, Versorgungsausgleich –
Sind unsere familienrechtlichen Ausgleichssysteme noch zeitgemäß?
Das Familienrecht steht seit Jahren im Mittelpunkt der rechtspolitischen Diskussion.
Dabei jagt eine gesetzgeberische Reform die andere. Doch die Regelungen zu den
drei Ausgleichssystemen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich stehen mit
ihren
jeweiligen
Besonderheiten
bislang
ungeordnet
und
unübersichtlich
nebeneinander.
Die soeben eröffnete zivilrechtliche Abteilung des 67. Deutschen Juristentags hat
sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, aus den drei Säulen Unterhalt, Zugewinn und
Versorgungsausgleich ein stimmiges Gesamtsystem bei der Beendigung dauerhafter
Lebensgemeinschaften
zu
entwickeln.
Im
Interesse
der
Ehepartner
und
insbesondere der betroffenen Kinder sollten in einem umfassenden Verfahren des
finanziellen Ausgleichs alle offenen Punkte geregelt werden. Diese abgestimmte
Gesamtregelung muss nach Auffassung der Gutachterin und der Referenten noch
viel stärker auf die gesellschaftlichen Veränderungen Rücksicht nehmen. Denn
angesichts
der
Versorgerehe
stetig
steigenden
zunehmend
an
Scheidungszahlen
Bedeutung
gegenüber
verliert
die
anderen
klassische
individuellen
Lebensentwürfen wie Patchwork-Familien oder Lebensabschnittsgemeinschaften.
Mit besonderer Spannung wird den Diskussionen und Beschlüssen zur Behandlung
nichtehelicher Lebensgemeinschaften entgegengesehen. Soll es in Zukunft auch
ohne Trauschein zu einem Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile kommen? Oder
sollen
den
nichtehelichen
Partnern
auch
in
Zukunft
familienrechtliche
Ausgleichsansprüche versagt und sie ausschließlich auf vertragliche Regelungen im
Einzelfall verwiesen werden? Die richtungweisenden Beschlüsse der zivilrechtlichen
Abteilung werden bereits am Donnerstagabend vorliegen.
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Abteilung Arbeits- und Sozialrecht: Alternde Arbeitswelt – Welche
arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen empfehlen sich zur Anpassung der
Rechtsstellung und zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer
Arbeitnehmer?
War die Rente mit 67 nur der Anfang? Die ab heute tagende Abteilung Arbeits- und
Sozialrecht befasst sich kritisch mit den seit Jahrzehnten in Deutschland praktizierten
Altersteilzeitregelungen, die zu einer in den Köpfen verankerten Anspruchshaltung
auf frühe Verrentung geführt haben. Gleichzeitig steht außer Frage, dass die diesem
Modell zugrunde liegenden Vorstellungen unbefristeter Vollzeitanstellungen, einer
lebensstandardsichernden
gesetzlichen
Altersrente
und
gut
gefüllter
Sozialversicherungskassen der Vergangenheit angehören.
Der Gutachter Prof. Dr. Ulrich Preis unterbreitet unter Berücksichtigung dieser
unangenehmen Wahrheit, aber auch der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs zur Altersdiskriminierung im deutschen Arbeitsrecht Vorschläge, die auch politischen - Zündstoff bieten und intensive Debatten erwarten lassen: Er betont
nicht nur die Notwendigkeit längerer Lebensarbeitszeiten und spricht sich generell
gegen eine Regelaltersgrenze aus, sondern schlägt auch einen gelockerten
Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer bei gleichzeitiger staatlicher Förderung
der Altersvorsorge vor. Weder der Einstieg noch der Ausstieg aus dem Berufsleben
sollen von Geburtsdaten abhängig gemacht werden. Auch seien Begünstigungen
älterer Arbeitnehmer abzubauen – denn auch diese seien diskriminierend und
verschlechterten letztlich die Beschäftigungschancen.
Die primäre Forderung nach einem Bewusstseinswandel hin zu der Erkenntnis, dass
die Beschäftigung älterer Menschen schlicht volkswirtschaftlich erforderlich ist, wird
in dieser Radikalität nicht von allen Referenten geteilt.
Abteilung Strafrecht: Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote
im Spannungsfeld zwischen
den Garantien des Rechtstaates und der
effektiven Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 16
Die strafrechtliche Abteilung des Deutschen Juristentages nimmt sich eines seit
langem umstrittenen Themas an, das aber seit den Terroranschlägen vom 11.
September 2001 von besonderer Brisanz ist: Der Frage, wie Ermittlungsergebnisse
erlangt und unter welchen Voraussetzungen sie im Strafverfahren verwertet werden
können. Sie wird naturgemäß von den Strafverfolgungsbehörden einerseits und der
Anwaltschaft andererseits kontrovers beantwortet. Diese konträren Auffassungen
spiegelt auch die zu erwartende spannende Diskussion wider:
Unter Berufung auf das Rechtsstaatsprinzip und den Schutz des Beschuldigten
fordert der Gutachter Prof. Dr. Matthias Jahn ein grundsätzliches Verbot jeglicher
Verwertung nicht nur des rechtswidrig erlangten Beweismittels, sondern auch
weiterer, in
Folge
des rechtswidrig erlangten
Beweismittels aufgefundener
Ermittlungsergebnisse. Sogar die endgültige Einstellung des Verfahrens wird bei
schwerwiegenden
Verstößen
befürwortet.
Dabei
sollen
schon
feststellbare
verdächtige Umstände im Umfeld der Beweiserhebung ausreichen, um einen
Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften zu beweisen.
Demgegenüber
plädiert
der
Bundesanwalt
beim
Bundesgerichtshof
Rainer
Griesbaum für eine Unverwertbarkeit von Beweisen nur im Ausnahmefall, etwa bei
Verstößen
gegen
die
Menschenwürde.
Dies
soll
auch
für
ausländische
Erkenntnisquellen gelten, selbst wenn diese dem inländischen Schutzniveau nicht
entsprechen. Andernfalls würde sich Deutschland international isolieren.
Schließlich wird auch die Rolle des Verteidigers bei der Geltendmachung von
Beweisverwertungsverboten
diskutiert.
Dieser
muss
die
Verletzung
von
Beweisverboten in der Hauptverhandlung nach geltendem Recht zeitnah formell
rügen,
da
anderenfalls
eine
Revision
aufgrund
dieses
Verfahrensfehlers
ausgeschlossen ist.
Abteilung Öffentliches Recht: Privatisierung öffentlicher Aufgaben –
Gestaltungsmöglichkeiten, Grenzen, Regelungsbedarf
Die Deutsche Bahn in den Händen russischer oder chinesischer Investoren? Die
Bewachung gefährlicher Sexualstraftäter durch private Dienstleister? Diese und
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andere
Schreckensszenarien
Privatisierungsdiskussion,
bewegen
wobei
sich
die
Bundesbürger
der
bislang
in
der
aktuellen
privatisierungsfreundlich
ausgerichtete Zeitgeist zu drehen scheint.
Die öffentlich-rechtliche Abteilung des Deutschen Juristentages untersucht daher
neben den Chancen auch die Risiken und Grenzen der Privatisierung staatlicher und
kommunaler Aufgaben. Dabei wird ein rechtliches Rahmengerüst dazu erarbeitet,
wie die Aufgabenteilung zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft gelingen kann.
Die nötige Rechtssicherheit könnte durch verbindliche Regelungen in eigenen
Gesetzen auf Bundes- und Landesebene geschaffen werden. Insbesondere muss
der Staat auch nach einer Privatisierung gewährleisten können, dass die
übertragenen Aufgaben trotz der legitimen Gewinnabsicht der Privatunternehmen
sicher und zuverlässig erledigt werden.
Für die Bundesregierung hat der Chef des Bundeskanzleramtes und Minister für
besondere Angelegenheiten, Dr. Thomas de Maizière, ein klares Bekenntnis zu den
Privatisierungsentscheidungen bei Post, Telekommunikation, Strom und Gas
abgelegt und weitere Privatisierungen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts, aber
auch zur Entlastung des angespannten Bundeshaushalts in Aussicht gestellt. Die
Position der Bundesregierung führt zu streitigen Diskussionen bei Referenten und
Teilnehmern,
die
sicher
Förderalismuskommission
II
Einfluss
und
ihre
auf
die
laufenden
Empfehlungen
zur
Arbeiten
der
Änderung
des
Grundgesetzes haben werden.
Abteilung Wirtschaftsrecht: Empfehlen sich besondere Regeln für
börsennotierte und für geschlossene Gesellschaften?
Vor
dem
Hintergrund
der
aktuellen
Finanzmarktkrise
befasst
sich
die
wirtschaftsrechtliche Abteilung des Deutschen Juristentages mit dem Leitbild der
Aktiengesellschaft. Tatsächlich ist nur eine ganz geringe Zahl der 15.000 deutschen
Aktiengesellschaften überhaupt an einer Börse notiert. Die Rechtsform der
Aktiengesellschaft
wird
immer
öfter
von
Unternehmensgründern
oder
mittelständischen Familienunternehmen gewählt, damit neue Investoren gewonnen
bid
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 18
werden können oder die anstehende Unternehmensnachfolge einfacher gestaltet
werden kann.
Der Gutachter und die Referenten treten daher für differenzierende Regelungen bei
börsennotierten und geschlossenen Gesellschaften ein. Dabei könnten die
Regelungen für die börsennotierten Publikumsgesellschaften noch viel stärker an
den Bedürfnissen des Kapitalmarktes und insbesondere des Anlegerschutzes
ausgerichtet werden. Auf der anderen Seite könnte eine Deregulierung bei der nicht
börsennotierten Aktiengesellschaft die Gründung erleichtern, Spielräume für die
Satzungsgestaltung schaffen und damit die Rechtsform für den Mittelstand noch
deutlich attraktiver machen.
Besonderes Augenmerk wird auch auf die effektive Bekämpfung der sogenannten
„räuberischen
Kleinaktionäre
Aktionäre“
versuchen,
Anfechtungsklagen
gegen
gelegt.
durch
Diese
die
vermehrt
Erhebung
Beschlüsse
von
gewerblich
von
handelnden
Nichtigkeits-
und
Hauptversammlungen
die
Aktiengesellschaften zur Zahlung hoher Geldbeträge zu bringen. Durch eine
Neufassung des Beschlussmängelrechts der Aktiengesellschaft könnten die
Anfechtbarkeit
auf
Gerichtsverfahren
besonders
deutlich
schwere
beschleunigt
Beschlussmängel
und
damit
dem
beschränkt,
die
gemeinschädlichen
Klagegewerbe der Boden entzogen werden.
Abteilung Mediation: Mediation und weitere Verfahren konsensualer
Streitbeilegung – Regelungsbedarf im Verfahrens- und Berufsrecht
„Mediation“ heißt das Zauberwort, von dem sich sowohl Gutachter als auch
Referenten des Deutschen Juristentages eine bessere Streitkultur durch Förderung
der
einvernehmlichen
Streitbeilegung
erhoffen.
Sie
ist
günstiger
als
ein
Gerichtsverfahren und geht für die Parteien meist befriedigender aus. Eine
gesetzliche Regelung der verschiedenen Formen der Mediation drängt, denn die
Europäische Union fordert ein Tätigwerden des deutschen Gesetzgebers.
Der Gutachter Prof. Dr. Burkhard Hess und die Rechtsanwältin Susanne Fest –
selbst Mediatorin – wollen allerdings die Güteverhandlung, auch bei Gericht, nur mit
bid
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 19
Einverständnis der Parteien durchführen lassen. Der Präsident des OLG Celle Dr.
Peter Götz von Olenhusen ist von den positiven Erfahrungen in gerichtlichen
Pilotprojekten so begeistert, dass er die Mediation durch das Streitgericht sogar
bindend anordnen möchte.
Einig sind sich Gutachter und die Referenten darin, dass die Vertraulichkeit der
Mediation durch Verschwiegenheitspflicht und Zeugnisverweigerungsrecht der
Mediatoren gewahrt werden müsse. Aber könnte sich auch ein Bedürftiger die
Mediation leisten? Der Referent Prof. Dr. Stephan Breidenbach ruft – im Gegensatz
zum Gutachter – nach staatlicher Mediationskostenhilfe.
Zur entscheidenden Frage, wer sich als Mediator betätigen darf, fordert allein die
Referentin Fest eine förmliche Ausbildung mit bestimmten Standards und einem
staatlichen Anerkennungsverfahren. Der Gutachter möchte den auch wirtschaftlich
bedeutsamen Markt dagegen noch stärker für Nichtjuristen öffnen. Ob die
Ausbildungsstandards
der
Mediatoren
aber
ausschließlich
von
den
Branchenverbänden entwickelt werden sollen, wird nicht nur von Anwaltsseite
kritisch hinterfragt werden. se/si/neus/lo
bid
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 20
67. Deutscher Juristentag (djt) in Erfurt:
Der Juristentag in Zahlen
Über 240 Mitarbeiter sorgen hinter den Kulissen für einen geordneten Ablauf
/Am Ende werden über 200 000 Blatt Papier bedrucktsein
Erfurt.(bid) Für den diesjährigen Deutschen Juristentag haben sich 2.750
Teilnehmer registriert. Sie werden begleitet von etwa 400 Personen, die auch am
Rahmenprogramm teilnehmen. Der Deutsche Juristentag hat neben seinen
Beratungen 100 verschiedene Programmpunkte den Teilnehmern in Erfurt und
Umgebung angeboten. Aus dem Ausland kommen 250 Teilnehmer.
Die 2.750 Teilnehmer teilen sich ungefähr wie folgt auf:
Richter und Staatsanwälte
541
19,7 %
Rechtsanwälte
487
17,7 %
Verwaltungsbeamte
226
8,2 %
91
3,3 %
Referendare und Studenten
478
17,4 %
Privatwirtschaft und Sonstige
570
20,7 %
Ohne Berufsangabe
357
13,0 %
2.750
100,0 %
Hochschullehrer
Die Teilnehmer verteilen sich wie folgt auf die sechs Abteilungen:
Abteilung Zivilrecht
532*
18,2 %
Abteilung Arbeits- und Sozialrecht
572*
19,6 %
Abteilung Strafrecht
446*
15,3 %
Abteilung Öffentliches Recht
484*
16,6 %
Abteilung Wirtschaftsrecht
376*
12,9 %
Abteilung Mediation
507*
17,4 %
2.917
100,0 %
*Doppelmeldungen waren möglich!
bid
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Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 21
Hinter den Kulissen des Juristentages arbeiten während der Tagungswoche rund
231 Mitarbeiter, davon sind 167 Rechtsreferendare und Studenten sowie 32
Schreibkräfte und 9 Sekretärinnen.
Verantwortlich für den reibungslosen Ablauf des Juristentages sind 9 Tagungsleiter,
die zum Teil seit langen Jahren ehrenamtlich den größten europäischen
Rechtskongress mitgestalten.
Die Besonderheit des Deutschen Juristentages liegt auch darin, dass jedes
gesprochene Wort während der Beratung der sieben Abteilungen protokolliert,
geschrieben und noch während der Tagung zur Druckfreigabe für die spätere
Veröffentlichung den Rednern zur Verfügung gestellt werden. Zusammen mit den
Presseerklärungen für die rund 100 akkreditierten Journalisten werden in der
Tagungswoche
rund
200.000
Blatt
Papier
bedruckt,
die
vorher
an
40
Bildschirmarbeitsplätzen erstellt und redigiert werden. ho/mwh/ae
bid
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Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 22
67. Deutscher Juristentag (djt) in Erfurt:
Die Abschlussberichte aller Abteilungen
Arbeits- und Sozialrecht – Mediation – Öffentliches Recht – Strafrecht –
Wirtschaftsrecht - Familienrecht
ABTEILUNG ARBEITS- UND SOZIALRECHT:
BERICHT DES ABTEILUNGSVORSITZENDEN
VORS. RICHTER AM BSG PROF. DR. PETER UDSCHING, KASSEL/GÖTTINGEN
Alternde Arbeitswelt - Welche arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen
empfehlen sich zur Anpassung der Rechtsstellung und zur Verbesserung der
Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer
Die arbeits- und sozialrechtliche Abteilung kann zum Thema „Verbesserung der
Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer“ nicht mit spektakulären Vorschlägen
aufwarten. Wichtigstes Ergebnis ist die Sensibilisierung der Sozialpartner und der
übrigen am Arbeits- und Sozialrecht Interessierten für die Herausforderungen einer
alternden Arbeitswelt. Die Vorschläge des Gutachters und überwiegend auch der
Referenten, die vor allem auf einen radikalen Abbau von Privilegien ausgerichtet
waren, die auf das Lebensalter abstellen, wurden in der heutigen Situation der
Arbeitswelt teilweise als Überforderung der Betroffenen empfunden. Sowohl bei
Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmer müsse zunächst ein Umdenkungsprozess
fortschreiten, der die Dringlichkeit einer stärkeren Beteiligung Älterer am Arbeitsleben
bewusst macht.
Die Abstimmungsergebnisse lassen den Schluss zu, dass Arbeitnehmervertreter die
Bedingungen der Arbeitswelt noch nicht als geeignet ansehen, um einem
umfassenden Verzicht auf altersbedingte Privilegien zustimmen zu können und als
Folge davon einer Verstärkung des Wettbewerbs, dem Ältere auf dem Arbeitsmarkt
ausgesetzt wären. So wurden etwa Beschränkungen der Altersteilzeit, von
Privilegien beim Kündigungsschutz, der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes und
der Befristung von Arbeitsverhältnissen abgelehnt. Zustimmung fanden dagegen
Forderungen, absolute Höchstaltersgrenzen nur noch aus zwingenden Gründen
zuzulassen, die Wiedereingliederung gesundheitlich angeschlagener Arbeitnehmer in
den Arbeitsprozess zu verbessern, Anreize für die Weiterbildung auch bei älteren
bid
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Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 23
Arbeitnehmern zu schaffen und für notwendige Qualifizierungen zu sorgen.
Schließlich plädierte die Abteilung im Interesse einer größeren Flexibilität
mehrheitlich
für
eine
Abschaffung
oder
zumindest
Erhöhung
der
Hinzuverdienstgrenzen bei Rentenbeziehern und eine unbefristete Fortsetzung der
Entgeltsicherung bei Übernahme geringer entlohnter Tätigkeiten durch ältere
Arbeitnehmer.
Insgesamt kann konstatiert werden, dass sich beim 67. DJT die Problemanalyse im
Vergleich zur Behandlung des Themas „Übergang vom Erwerbsleben in den
Ruhestand“ auf dem 62. DJT 1998 grundlegend geändert hat.
ABTEILUNG MEDIATION:
BERICHT DES ABTEILUNGSVORSITZENDEN
RECHTSANWALT FELIX BUSSE, BONN
Mediation und weitere Verfahren konsensualer
Regelungsbedarf im Verfahrens- und Berufsrecht?
Streitbeilegung
-
Die Abteilung Mediation hat die Frage beraten, ob es im Bezug auf die Mediation und
weitere Verfahren konsensualer Streitbeilegung im Verfahrens- und Berufsrecht
Regelungsbedarf gibt. Die Beratungen wurden durch ein vorzügliches auch
rechtsvergleichendes Gutachten von Prof. Dr. Hess, Heidelberg, vorbereitet und in
drei Referaten von Prof. Dr. Beidenbach, Frankfurt / Oder, RAin Fest, Köln, und
OLG-Präsident
Dr.
Götz
von
Olenhusen,
Celle,
unter
unterschiedlichen
Gesichtspunkten näher beleuchtet.
Die EU hat in diesem Jahr eine Mediationsrichtlinie für grenzüberschreitende
Mediationen erlassen. Sie ist bis 2011 umzusetzen. Das drängt die Frage auf, ob der
Gesetzgeber gleichlautende oder weitergehende
innerstaatliche
Mediation
vorsehen
sollte.
Regelungen
Erste
auch für die
Vorstellungen
des
Bundesministeriums der Justiz hierzu hat Frau Ministerialdirektorin Graf-Schlicker der
Abteilung vorgestellt.
bid
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Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 24
Die Abteilung wurde während der Referate von etwa 400, während der Diskussion
von etwa 200 Teilnehmern besucht. Insgesamt 80 Wortmeldungen haben das
lebhafte Interesse der Teilnehmer deutlich hervortreten lassen. Alle Beiträge waren
von Inhaltsreichtum und Sachlichkeit geprägt. Die Abteilung hat einhellig die
zunehmende Akzeptanz von Verfahren konsensualer Streitschlichtung begrüßt.
Diese Aussage ist allerdings zu relativieren. Denn die Vielen, die Mediation bis heute
nicht ernst nehmen, so dass ihre Verbreitung in der Praxis noch weit hinter dem
Wünschenswerten zurückbleibt, waren nicht anwesend; eine Auseinandersetzung
mit den Gründen ihrer Skepsis daher nicht möglich. Das betrifft insbesondere weite
Kreise der Anwaltschaft, die bis heute nicht erkannt haben, dass sich durch die
Übernahme von Mediationen für sie nicht nur ein neues Geschäftsfeld eröffnen
würde. Sie verkennen auch, dass die Befassung mit mediativen Vorgehensweisen
auch ihre herkömmliche Arbeit in vieler Hinsicht befruchten würde. Unter diesen
Vorzeichen bezeichnete es der frühere Präsident des deutschen Anwaltvereins
Ludwig Koch mit Recht als einen Skandal, dass die höchsten Repräsentanten der
Anwaltschaft, die Präsidenten der Rechtsanwaltskammern und die Vorstände des
DAV, den Beratungen fast vollständig ferngeblieben sind. Dass Mediation auch den
meisten Mitgliedern des DJT noch fremd ist, war ebenfalls nicht zu übersehen. Die
DJT-Mitglieder waren unter den Teilnehmern deutlich in der Minderheit, so dass nur
knapp 70 Teilnehmer berechtigt waren, an den Abstimmungen teilzunehmen.
Gleichwohl bildet das Abstimmungsergebnis den Diskussionsverlauf authentisch ab.
Lassen Sie mich nun die wichtigsten Beschlüsse nennen:
Fast einstimmig befürwortete die Abteilung, dass der Bundesgesetzgeber die
Umsetzung der Richtlinie zum Anlass nehmen sollte, für grenzüberschreitende und
innerstaatliche Mediationen einheitliche Vorschriften zu erlassen, und zwar so, dass
für landesrechtliche Sonderregelungen kein Raum mehr bleibt. Die Abteilung fordert
die Übernahme der Legaldefinition der Mediation aus der Richtlinie. Eine große
Mehrheit war der Auffassung, dass es für die Schaffung eines regulierten
Berufsbildes des Mediators noch zu früh ist. Die Abteilung hat deswegen
Zulassungsschranken ebenso abgelehnt wie jedwede Modelle einer staatlichen
Anerkennung von Mediatoren, und sei es nur in der Art einer Zertifizierung. Die
Abteilung hat es mit deutlicher Mehrheit abgelehnt, Mediation generell auch den nicht
zu Rechtsdienstleistungen befugten Personen zu eröffnen. Solchen Personen soll
bid
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 25
die Mediation nur offen stehen, wenn sie auf ihre fehlende rechtliche Qualifikation
und die Notwendigkeit rechtlicher Beratung hinweisen und sich bei der Mediation
jeglicher rechtlicher Hinweise, Bewertungen oder Regelungsvorschläge enthalten.
Abgelehnt wurde, die Zulässigkeit der Mediatorentätigkeit von bestimmten gesetzlich
definierten
Ausbildungserfordernissen
abhängig
zu
machen.
Diese
sollten
autonomen berufsrechtlichen Regelungen der Herkunftsberufe vorbehalten bleiben.
Alle waren sich einig, dass das Mediationsgeheimnis geschützt werden muss. Das
Wie wurde unterschiedlich beurteilt. Mit 32 gegen 26 Stimmen wurde im Zivilprozess
ein Beweisverwertungsverbot befürwortet, in modifizierter Form auch für den Bereich
des öffentlichen Rechts. Eine Ausdehnung auf andere Verfahrensordnungen wurde
abgelehnt.
Für
alle
Verfahrensordnungen
wurde
daneben
ein
Zeugnisverweigerungsrecht des Mediators und der in die Mediation einbezogenen
Personen befürwortet. Der Vorschlag, mit einem „Mediationsvergleich“ eine weitere
Möglichkeit der Titulierung der Abschlussvereinbarung zu schaffen, fand keine
Mehrheit, die Anerkennung von Nichtjuristen als zur Titulierung berechtigte
Gütestelle wurde abgelehnt. Die Abteilung sprach sich gegen die Einführung einer
Mediationskostenhilfe aus, wohl aber bei gerichtlich empfohlener Mediation für deren
Einbeziehung in die Prozesskostenhilfe. Abgelehnt wurden wegen der Freiwilligkeit
des Verfahrens jegliche Sanktionen gegen die Partei, die sich einer Mediation
verweigert.
Mit großer Mehrheit befürwortete die Abteilung, dass neben der vertragsautonomen
Mediation auch die gerichtsinterne Mediation durch einen Richtermediator angeboten
werden sollte, und zwar nicht als Ermächtigung an die Länder, sondern
bundeseinheitlich als Pflichtangebot der Gerichte. Entsprechend befürwortete die
Abteilung, in die Verweisungsmöglichkeit von § 278 Abs. 2 und 5 ZPO die Mediation
an einen Richtermediator bzw. gleichberechtigt an einen externen Mediator
vorzusehen. Auch die gerichtsinterne Mediation soll jedoch nur bei Einverständnis
beider Parteien zulässig sein. Der Richtermediator ist nach Auffassung der Abteilung
nicht der gesetzliche Richter. Er soll deswegen nach gerichtsinternen Regelungen,
die auch Parteiwünsche aufgreifen können, ausgewählt werden. Mit großer Mehrheit
war die Abteilung der Auffassung, dass Mediation das Verfahren nicht verteuern darf.
Die Abteilung empfiehlt außerdem, § 15 a ZPO, der sich nicht bewährt hat, ersatzlos
zu streichen.
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Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 26
ABTEILUNG ÖFFENTLICHES RECHT:
BERICHT DES ABTEILUNGSVORSITZENDEN
RECHTSANWALT PROF. DR. THOMAS MAYEN, BONN/KÖLN
Privatisierung öffentlicher
Grenzen, Regelungsbedarf
Aufgaben
–
Gestaltungsmöglichkeiten,
In der vielfach polarisierten Diskussion um das "Ob" der Privatisierung kommt die
normative Grundausstattung für bereits verwirklichte Privatisierungen zu kurz. Dieser
Ausgangsbefund war Grund für die ständige Deputation, sich für das Thema
"Privatisierung öffentlicher Aufgaben" zu entscheiden. Die Abteilung öffentliches
Recht des 67. Deutschen Juristentags in Erfurt hat diesen Ausgangsbefund geteilt.
Mischformen
wie
Teilprivatisierung,
Gewährleistungsverantwortung
unübersichtlichen
und
Verflechtungen
Private
Public
Partnerships
Privatisierungsfolgenrecht
von
Teilrechtsordnungen
mit
(PPP),
führen
zu
ungeklärten
Gemengelagen. Dies geht zu Lasten der – um die Eröffnungsansprache des
Bundespräsidenten zu zitieren – "Erwartungssicherheit" der Betroffenen. Es bedarf
deshalb eines hinreichend klaren Ordnungsrahmens. Die Abteilung öffentliches
Recht hat hierzu eine Reihe von Beschlüssen gefasst. Ich will hier die wichtigsten 5
Punkte vorstellen:
1.
Die Abteilung hat sich für ein PPP-Gesetz auf Bundes- und auf Landesebene
ausgesprochen. Seine Inhalte sind
-
Vorgabe von Mindestinhalten für eine Gewährleistungsvereinbarung zwischen
Unternehmen und Privaten und Vorsehen einer Regelung über die staatliche Haftung
für Fehlerfolgen.
-
Privatisierungstransparenz durch Berichterstattung über Realisierung oder
Nichtrealisierung der erwarteten Wirtschaftlichkeit.
-
Neuausrichtung des Wirtschaftlichkeitsgebots
An die Stelle einer rein finanzwirtschaftlichen Bewertung tritt eine umfassende
Nutzenbewertung unter Einbeziehung auch nicht-monetärer Vor- und Nachteile einer
Privatisierung.
2.
Gefordert
wird
zweitens
eine
Kodifizierung
des
Rechts
der
Sicherheitspartnerschaften. Sie soll Beleihungstatbestände für die Wahrnehmung
bid
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Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 27
hoheitlicher Befugnisse bei Sicherheits- und Vollzugsaufgaben durch Private
enthalten. Im Kernbereich der öffentlichen Sicherheit und der Justiz verbieten sich
Privatisierungen.
3.
Die dritte Empfehlung betrifft die Regelung der Befugnisse privater
Zertifizierungsstellen. Sie übernehmen in zunehmendem Umfang die Funktionen
staatlicher
Wirtschaftsüberwachung.
Wirtschaftsteilnehmern
sollte
nicht
Ihr
der
Verhältnis
rein
zu
den
privatrechtlichen
betroffenen
Vereinbarung
überlassen bleiben. Der richtige Ort hierfür wäre das von der Bundesregierung
derzeit vorbereitete Allgemeine Akkreditierungsgesetz.
4.
Beschlossen
wurde
viertens
eine
Reihe
von
Einzelkorrekturen
des
bestehenden Gesetzesrechts, so etwa die Möglichkeit zur Aufhebung der
Ausschreibung bei Privatisierungen, wenn diese zu keinem wirtschaftlichen Ergebnis
führt, oder die Klarstellung, dass Private nicht Amtsträger im strafrechtlichen Sinne
sind, wenn sie bei Erfüllung öffentlicher Aufgaben tätig werden.
5.
Schließlich hat die Abteilung fünftens Empfehlungen für Initiativen der
Bundesregierung zur Änderung des Gemeinschaftsrechts ausgesprochen. Nach
unserer Auffassung ist auch dies Aufgabe des Deutschen Juristentags.
-
Für das Thema "Privatisierung" wird zunächst empfohlen, auch die
besonderen Funktionsbedingungen der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse zu gewährleisten. Grundlage hierfür wäre die Rechtssetzungsermächtigung
des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung des
Vertrages von Lissabon.
-
Art
und
Umfang
der
Anwendbarkeit
des
Vergaberechts
auf
Privatisierungsvorgänge sind abschließend im Rahmen der Vergaberichtlinien zu
regeln; als nicht vergabepflichtig anzusehen ist u.a. die Beleihung Privater, soweit sie
mit der Vorbereitung, dem Erlass und der Durchführung von Verwaltungsakten
zusammenhängt.
-
Schließlich wird empfohlen, das gemeinschaftliche Beihilfenrecht einer
verbreiterten sekundärrechtlichen Grundlegung zuzuführen. Hierdurch sollen die
bisher extensiv genutzten Bewertungsspielräume der Kommission eingrenzt werden.
Regelungsbedarf besteht namentlich für die Anwendung des sog. privaten
Investortests, die Erfassung von Ausgleichsleistungen und Unterstützungszahlungen
sowie für die Behandlung von Quersubventionen im Rahmen von Privatisierungen.
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Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 28
ABTEILUNG STRAFRECHT:
BERICHT DES ABTEILUNGSVORSITZENDEN
RECHTSANWALT PROF. DR. GUNTER WIDMAIER, KARLSRUHE/MÜNCHEN
Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote im Spannungsfeld
zwischen den Garantien des Rechtsstaates und der effektiven Bekämpfung von
Kriminalität und Terrorismus
Einstimmig hat die strafrechtliche Abteilung des 67.Deutschen Juristentages
ausgesprochen, dass die Gefährdungen durch neue Erscheinungsformen der
organisierten Kriminalität und des international operierenden Terrorismus keine
Abkehr von rechtstaatlichen Grundsätzen rechtfertigen. Es gibt kein prozessuales
Feindstrafrecht. Gerade weil sich der Rechtsstaat mit rechtstaatlichen Mitteln
verteidigt, kann er sich kraftvoll und effektiv verteidigen. Das bedeutet etwa – so ein
wichtiger Beschluss der Abteilung -, dass Beweismittel, die einem Verwertungsverbot
unterliegen, auf der einen Seite zwar als Ermittlungsansatz verwendet werden
können, dass sie auf der anderen Seite aber keinesfalls zur Begründung
strafprozessualer Zwangsmaßnahmen herangezogen werden dürfen.
Die konkrete Ausgestaltung des Rechts der Beweisverbote und damit die
Ausbalancierung zwischen den Polen der Bekämpfung von Kriminalität und
Terrorismus und den unveräußerlichen Geboten des Rechtsstaates legt die
strafrechtliche Abteilung mit großer Mehrheit in die Hand der Rechtsprechung. Den
Ruf nach einem Eingreifen des Gesetzgebers gibt es nicht. Die komplexen
Abwägungsfragen, die sich in der Typik der einzelnen Fallgestaltungen ergeben,
entziehen sich der generellen gesetzlichen Lösung. Das gilt gerade auch für neue
Problemfelder, wie sie mit den Schlagworten Liechtenstein und Guantanamo
angesprochen sein mögen. Beweise, die von privater Seite mit strafbaren Mitteln
erlangt wurden, sind nach Auffassung der großen Mehrheit unverwertbar. Vollends
hat jede Abwägung auszuscheiden, wenn ein Beweis unter Verletzung der
Menschenwürde erlangt wurde.
bid
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Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 29
ABTEILUNG WIRTSCHAFTSRECHT:
BERICHT DES ABTEILUNGSVORSITZENDEN
DIREKTOR DES MAX-PLANCK-INSTITUTS
PROF. DR. DR. DR. H.C. MULT. KLAUS J. HOPT, HAMBURG
Empfehlen
sich
besondere
Regeln
für
börsennotierte
und
für
geschlossene Gesellschaften?
In der Abteilung Wirtschaftsrecht ging es um Differenzierung und Deregulierung im
Aktienrecht. Die Frage lautete: „Empfehlen sich besondere Regeln für börsennotierte
und für geschlossene Gesellschaften?“
1. Einem generellen Plädoyer für Differenzierung und Deregulierung vermochte sich
die Mehrheit nicht anzuschließen. Sie stimmte aber für eine Erweiterung des Begriffs
der börsennotierten Gesellschaft im Aktiengesetz. Auch eine generelle Einräumung
von mehr Satzungsautonomie an die Aktiengesellschaften vorbehaltlich des
zwingenden Rechts wurde ganz überwiegend abgelehnt. Stattdessen entschied sich
die Mehrheit für die Überprüfung konkreter Problemkreise bei börsennotierten und
bei nichtbörsennotierten Gesellschaften.
2. Den Bedürfnissen der börsennotierten Gesellschaften sollte der Gesetzgeber in
einer Reihe von einzelnen Punkten mehr entgegenkommen. Die künftige
Ausgestaltung des Rechts der börsennotierten Gesellschaft ist stärker auf den
Vermögensschutz des Anlegers (statt auf den Mitgliederschutz des Aktionärs)
auszurichten. Für Abfindungen und entsprechende Bewertungen
sollte bei
börsennotierten Gesellschaften im Rahmen der verfassungsmäßigen Grenzen
grundsätzlich
auf
einen
durchschnittlichen
Börsenkurs
abgestellt
werden.
Einschränkungen des Entsendungsrechts und der Möglichkeit der Vinkulierung von
Aktien
wurden
abgelehnt,
die
Möglichkeit
zum
börsenkursnahen
Bezugsrechtsausschluss soll hingegen erweitert werden. Für gesellschaftsrechtliche
Streitigkeiten empfiehlt sich ein zweistufiger Instanzenzug.
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 30
3. Größere Gestaltungsfreiheit in nichtbörsennotierten Gesellschaften will die
Mehrheit nicht eingeräumen.
4. Der Wechsel von der börsennotierten Gesellschaft zur nicht börsennotierten
Gesellschaft (Delisting) sollte von der Hauptversammlung beschlossen werden und
nur gegen Abfindung möglich sein. Ein Hauptversammlungsbeschluss sollte auch für
den Wechsel von der nichtbörsennotierten Gesellschaft zur börsennotierten
Gesellschaft (Börsengang) notwendig sein.
5. Für alle Gesellschaften, börsennotierte und nichtbörsennotierte, ist das Problem
der räuberischen Aktionäre gravierend und dringlich. Hierzu wurden verschiedene
Schritte empfohlen.
Der erste, begrüßenswerte Schritt zur Einschränkung der Möglichkeiten der
Anfechtungsklage könnte – noch in dieser Legislaturperiode – mit dem laufenden
Gesetzgebungsverfahren (ARUG) gemacht werden. Die jetzige Fassung reicht aber
nach der ganz überwiegenden Mehrheit nicht aus. Dem Gesetzgeber empfohlen
werden
vielmehr:
zunächst
ein
Quorum,
das
heißt
bei
börsennotierten
Gesellschaften sollte nur eine qualifizierte Aktionärsminderheit klageberechtigt sein
(nicht unter einem Prozent des Nennkapitals bzw. 100.000 Euro).
Sodann sollte aber das Beschlussmängelrecht im Grundsätzlichen reformiert
werden. Anfechtungsklagen sollten eine Registereintragung nur blockieren, wenn ein
Gericht die Registersperre anordnet (umgekehrtes Freigabeverfahren). Besser wäre
es noch, das Freigabeverfahren durch eine beschleunigte Eintragungsfreigabe im
Hauptsacheverfahren zu ersetzten (Zwischenverfahren).
Nur
gravierende
Mängel
Beschlussmängelklagen
sollte
sollten
das
zur
Nichtigkeitsfolge
Oberlandesgericht
als
führen.
Für
Eingangsinstanz
vorgesehen werden.
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Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 31
6. Zu weiteren Reformen gab es unterschiedliche Meinungen.
Das Recht, einige wenige Minderheitsaktionäre auszuschließen (squeeze-out), sollte
sowohl im Aktien- als auch im Übernahmerecht reformiert werden.
Eine Wahlfreiheit zwischen dem dualistischen (Aufsichtsrats-) und dem monistischen
(Verwaltungsrats-) System – wie in vielen unserer Nachbarstaaten – hielt die
Mehrheit dagegen für nicht notwendig.
Sie hielt auch eine Fortentwicklung des Deutschen Corporate Governance Kodex mit
Blick auf nichtbörsennotierte, aber kapitalmarktorientierte Gesellschaften nicht für
angezeigt.
Nahezu einstimmig wird dem Gesetzgeber dagegen eine bessere Abstimmung des
Aktien- und des Kapitalmarktrechts aufeinander empfohlen.
ABTEILUNG FAMILIENRECHT:
BERICHT DES ABTEILUNGSVORSITZENDEN
PROF. DR. INGEBORG SCHWENZER, LL.M., BASEL
Unterhalt,
Zugewinn,
Versorgungsausgleich
–
Sind
unsere
familienrechtlichen Ausgleichsysteme noch zeitgemäß?
Die zivilrechtliche Abteilung des 67. Deutschen Juristentages hat sich mit der Frage
beschäftigt, ob unsere familienrechtlichen Ausgleichssysteme noch zeitgemäß sind.
Dabei ging es weniger um Detailfragen, um das Kurieren an Symptomen, wie wir es
bei den gerade in Kraft getretenen und noch ausstehenden Reformen beobachten
können. Ziel sollte vielmehr sein, angesichts all der hektischen Reformtätigkeit im
Familienrecht
sich
vermögensrechtlichen
zurückzulehnen
Ausgleichs
nach
und
sich
mit
Grundfragen
des
Auflösung
von
Partnerschaften
zu
beschäftigen. Wie lassen sich überhaupt Ausgleichsleistungen rechtspolitisch und
rechtsethisch begründen? Ist es sinnvoll drei verschiedene Ausgleichssysteme –
Unterhalt, Versorgungsausgleich, Güterrecht – vorzusehen? Sind Unterschiede
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Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 32
zwischen den verschiedenen Systemen gerechtfertigt oder sollten die Systeme
besser miteinander in Einklang gebracht werden? Und schließlich: Kann angesichts
der
wachsenden
Zahl
von
nichtehelichen
Lebensgemeinschaften
vermögensrechtlicher Ausgleich auf Ehen beschränkt werden oder ist nicht auch in
Deutschland ein statusunabhängies Ausgleichssystem zu schaffen?
Die Abteilung hat erfreulichen Zuspruch erfahren. Ca. 400 Teilnehmer haben die
Referate gehört, die Zahl der Teilnehmer während der Diskussion bewegte sich
konstant zwischen 150 und 200.
Ca. 50 Diskussionsbeiträge ermöglichten eine lebhafte und außerordentlich
niveauvolle Erörterung in ausgesprochen sachlicher und angenehmer Atmosphäre.
Die Diskussion bewegte sich überwiegend auf höchstem wissenschaftlichen Niveau.
Besonders hervorzuheben ist die Teilnahme von mehreren Studierendengruppen,
die mit Posterbeiträgen die Diskussion bereicherten. Bei der den Studierenden und
Referendaren vorbehaltenen Veranstaltung nahmen ca. 80 junge Juristinnen und
Juristen Teil.
Bei der Schlussabstimmung beteiligten sich im Durchschnitt nur ca. 35 Personen.
Die Abstimmungsergebnisse spiegeln eine eher strukturkonservative Haltung jedoch
mit deutlichen Flexibilisierungstendenzen wider.
Im Einzeln sprachen sich die Teilnehmenden mit deutlicher Mehrheit für eine
Beibehaltung
des
Verknüpfung
der
Dreisäulenprinzips
Ausgleichssysteme
aus,
wobei
gefordert
die
wurde.
Durchlässigkeit
Auch
eine
und
stärkere
Verankerung von Generalklauseln zur Sicherung der Einzelfallgerechtigkeit fand
überwiegende Zustimmung. Im Bereich des Unterhaltsrechtes wurde deutlich, dass
dem Betreuungsunterhalt als Ausdruck der gemeinsamen Elternverantwortung für
das Kind eine Sonderstellung einzuräumen ist. Es wurde befürwortet, diesen als Teil
des Kindesunterhalts zu begreifen und völlig einheitlich für alle betreuenden Eltern
unabhängig vom jeweiligen Status zu regeln. Besonders hervorzuheben ist auch,
dass der Betreuungsunterhalt nicht bei Wiederverheiratung oder Eingehen einer
neuen Lebensgemeinschaft entfallen soll.
bid
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Im Bereich anderer Unterhaltsansprüche als dem Betreuungsunterhalt war ein
deutliche Abkehr vom Prinzip der Statussicherung zu verzeichnen. Befürwortet
wurde nachehelicher Unterhalt als Ausgleich ehebedingter Nach- und Vorteile.
Fehlen solche, soll ein Solidarunterhalt nur für eine Übergangszeit geschuldet sein.
Im Bereich von Zugewinn- und Versorgungsausgleich wurde mit großer Mehrheit ein
Festhalten
am
sogenannten
Halbteilungsgrundsatz
befürwortet.
Notwendige
Korrekturen wurden insoweit bejaht, als eheneutraler Erwerb von der Teilung
ausgenommen werden soll. Für beide Ausgleichssysteme wurde mit großer Mehrheit
eine
Flexibilisierung
befürwortet,
insbesondere
durch
die
Möglichkeit
der
Übertragung von Vermögensgegenständen und Verrechnung zwischen Positionen
des Zugewinn- und Versorgungsausgleichs.
Nicht erwärmen konnten sich die Teilnehmer für die gänzliche Abkehr vom
Statusprinzip im Bereich der vermögensrechtlichen Ausgleichssysteme, wonach
Ausgleichsansprüche
bei
Auflösung
nichtehelicher
Lebensgemeinschaften
entsprechend der tatsächlich gelebten Beziehung zu gewähren wären. Auf
Zustimmung stieß jedoch das Petitum, Ausgleichsansprüche bei Auflösung
nichtehelicher Lebensgemeinschaften, in denen ein Partner aufgrund gemeinsamer
Entscheidung Kinder betreut hat, vorzusehen. Einstimmig wurde auch die Forderung
nach Zuständigkeit des Familiengerichts für Ansprüche einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft gutgeheißen.
Insgesamt kann damit festgehalten werden, dass nach Auffassung der Mehrheit der
Teilnehmer
im
grundstürzenden
Bereich
der
Neuerungen
familienrechtlichen
erforderlich
sind,
Ausgleichssysteme
dass
jedoch
die
keine
Ansätze,
Kindesinteressen auch hier in den Vordergrund zu stellen, weiterzuverfolgen und
deutlich auszubauen sind.
bid
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67. Deutscher Juristentag (djt) in Erfurt:
Die endgültigen Beschlüsse aller Abteilungen
Abteilung Familienrecht:
Unterhalt,
Zugewinn, Versorgungsausgleich
Ausgleichssysteme noch zeitgemäß?
–
Sind
unsere
familienrechtlichen
A. Allgemeines
I. Ein- oder Drei-Säulenprinzip
1. Das derzeitige Drei-Säulenprinzip (Unterhalt, Zugewinn-, Versorgungsausgleich) ist zu Gunsten eines
einheitlichen vermögensrechtlichen Ausgleichsanspruchs aufzugeben. abgelehnt 3:30:1
2. Die Ausgleichssysteme sind durchlässiger zu gestalten, so dass Defizite in einem Ausgleichssystem in
einem anderen kompensiert werden können. angenommen 24:5:3
3. Die Ausgleichssysteme sind im Hinblick auf Voraussetzungen und Ausschlusstatbestände kohärenter zu
gestalten. angenommen 31:0:1
II. Verfahren
1. Zur Durchlässigkeit und Verknüpfung der Ausgleichssysteme sind vertragliche Vereinbarungen zu
fördern. Insbesondere ist neben Prozess- und Beratungshilfe eine „Vertragskostenhilfe“ vorzusehen.
angenommen 27:6:2
2. Der gesamte Ausgleich findet bei entsprechender Antragsstellung in einem umfassenden Verfahren
statt, das neben Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich auch die Verteilung des Hausrats und die
Zuweisung der Ehewohnung sowie sonstige Ansprüche umfasst (Verbund). angenommen 30:4:0
III. Regelungsdichte
1. Zur Sicherung der Einzelfallgerechtigkeit ist an Generalklauseln anzuknüpfen. angenommen 23:8:4
2. Im Bereich der Ausgleichssysteme ist zur Förderung der Rechtssicherheit eine weitergehende
Typisierung anzustreben. Zur Sicherung der Einzelfallgerechtigkeit sind Härteklauseln vorzusehen.
abgelehnt 12:19:3
IV. Abkehr vom Statusprinzip
1. Ausgleichsansprüche sind grundsätzlich abhängig von der jeweils tatsächlich gelebten Beziehung, aber
unabhängig vom Status (Ehe, nichteheliche Lebensgemeinschaft) zu gewähren. abgelehnt 4:31:0
2. Bei Auflösung dauerhafter oder verfestigter nichtehelicher Lebensgemeinschaften ist ein Ausgleich des
wirtschaftlichen Ungleichgewichts vorzusehen. abgelehnt 5:29:0
3. Bei Auflösung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, in denen ein Partner aufgrund gemeinsamer
Entscheidung Kinder betreut hat, hat ein Ausgleich des wirtschaftlichen Ungleichgewichts statt zu finden.
angenommen: 17:10:8 67. Deutscher Juristentag Erfurt 2008 3
4. Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ist insbesondere in Bezug auf Vermögensübertragungen wie
eine Gütertrennungsehe zu behandeln. abgelehnt 8:22:4
5. Die Zuständigkeit des Familiengerichts ist auf Ansprüche zwischen den Partnern einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft zu erstrecken. angenommen 32:0:2
B. Unterhalt
I. Betreuungsunterhalt
1. Der Betreuungsunterhalt ist Ausdruck der gemeinsamen Elternverantwortung für das Kind.
angenommen 34:0:0
2. Der Betreuungsunterhalt ist als Teil des Kindesunterhalts zu begreifen. angenommen 16:12:5
3. Notwendige Drittbetreuungskosten sind Teil des Kindesunterhalts. angenommen 30:2:3
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4. Die Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder ist dadurch zu verwirklichen, dass der
Betreuungsunterhalt für alle betreuenden Eltern einheitlich in einer Norm geregelt wird. angenommen
24:6:3
5. Die Dauer des Betreuungsunterhalts
a) ist im Einzelfall zu bestimmen. abgelehnt 12:18:2
b) ist im Wege eines von der Rechtsprechung zu entwickelnden zeitgemäßen Altersphasenmodells zu
bestimmen, das im Interesse des Kindeswohls eine abweichende Bemessung im Einzelfall erlaubt.
angenommen 21:11:0
6. Die Bemessung des Betreuungsunterhalts richtet sich
a) nach den Lebensverhältnissen beider Eltern. abgelehnt 12:18:1
b) nach den Lebensverhältnissen beider Eltern, soweit diese in einer ehelichen oder nichtehelichen
Lebensgemeinschaft gelebt haben. angenommen 25:3:4
7. Auf Betreuungsunterhalt kann nicht verzichtet werden. angenommen 27:7:1
8. Erlöschen und Verwirkung
a) Das Eingehen einer Ehe, Lebenspartnerschaft oder Vorliegen einer verfestigten nichtehelichen
Lebensgemeinschaft führt nicht zum Erlöschen beziehungsweise zur Verwirkung des
Betreuungsunterhalts, sondern allenfalls zu einer Aufteilung bei Hinzukommen weiterer Kinder.
angenommen 18:15:1
b) Eine Verwirkung des Betreuungsunterhalts bei persönlichem Fehlverhalten des betreuenden Elternteils
ist ausgeschlossen. abgelehnt 13:20:1
c) Soweit eine Verwirkung angenommen wird, ist der Schutz des Kindesinteresses zu verstärken.
angenommen 31:2:0
II. Die rechtsethische Rechtfertigung anderer nachehelicher Unterhaltstatbestände fußt auf dem
Grundsatz
1. der nachehelichen Solidarität, abgelehnt 8:19:7
2. des Ausgleichs ehebedingter Nachteile und Vorteile. angenommen 19:4:9
III. Ausgleichsunterhalt
1. Für Dauer und Umfang des Ausgleichsunterhalts ist grundsätzlich auszugehen
a) vom Einkommen des Berechtigten im Zeitpunkt der Eingehung der Ehe und möglichen
hypothetischen Steigerungen. abgelehnt 13:15:4
b) in typisierter Form von einem die Arbeitsteilung und das Vorhandensein gemeinsamer Kinder
berücksichtigenden, mit zunehmender Ehedauer steigenden Anteil der Einkommensdifferenz zwischen
den Partnern. abgelehnt 11:19:3
c) von den ehelichen Lebensverhältnissen. angenommen 21:13:1
2. Erlöschen und Verwirkung
a) Das Eingehen einer Ehe, Lebenspartnerschaft oder Vorliegen einer verfestigten nichtehelichen
Lebensgemeinschaft führt
aa) nicht zum Erlöschen beziehungsweise zur Verwirkung des Ausgleichsunterhalts. abgelehnt 7:29:0
bb) nur dann zum Erlöschen beziehungsweise zur Verwirkung des Ausgleichsunterhalts, wenn der neue
Partner leistungsfähig ist. abgelehnt 6:24:2
b) Eine Verwirkung des Ausgleichsunterhalts bei persönlichem Fehlverhalten ist ausgeschlossen.
abgelehnt 5:29:1
IV. Solidarunterhalt
Unabhängig vom Ausgleichsunterhalt ist Unterhalt
1. aufgrund nachehelicher Solidarität geschuldet. abgelehnt 3:20:10
2. für eine Übergangszeit geschuldet, damit sich der Berechtigte auf die veränderte Situation einstellen
kann. angenommen 21:5:8
V. Form des Unterhalts
1. Unterhalt kann in Form einer Geldrente oder einer Abfindung zu gewährt werden.
angenommen 33:0:0
2. Im Interesse eines clean break ist einer Abfindung grundsätzlich der Vorzug zu geben.
abgelehnt 11:19:3
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3. Eine Abfindung kann auch durch Übertragung von Vermögensgegenständen (insbesondere
Miteigentum an der Familienwohnung) erfolgen. angenommen 33:1:0
VI. Rang
Ehen von langer Dauer sind Ehen kürzerer Dauer, an die sich längere Zeiten persönlicher
Kinderbetreuung anschließen, im Rang gleichzustellen. angenommen 23:7:7
C. Zugewinnausgleich
I. Grundlagen
1. Grundsätzlich ist am Zugewinnausgleich mit dem Halbteilungsgrundsatz festzuhalten.
angenommen 32:0:0
2. Für kurze kinderlose Ehen ist eine Ausnahmeklausel vorzusehen. angenommen 22:13:1
3. Im Rahmen einer Härteklausel kann ökonomisches, nicht jedoch persönliches Fehlverhalten
berücksichtigt werden. angenommen 21:8:4
II. Gegenstand des Ausgleichs
1. Eheneutraler Erwerb ist von der Teilung auszunehmen. angenommen 23:8:3
2. Schulden bei Eingehung und Beendigung der Ehe sind zu berücksichtigen. angenommen 36:0:0
III. Zeitpunkte
1. Der Teilung unterliegt das Vermögen, das während der Dauer der tatsächlichen Lebensgemeinschaft
erworben wurde. abgelehnt 12:25:0
2. Für den Beginn ist abzustellen auf den Zeitpunkt der Eheschließung. angenommen 28:6:1
3. Als Endzeitpunkt ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Trennung abzustellen.
angenommen 22:11:4
IV. Form des Ausgleichs
Der Ausgleich durch Übertragung von Vermögensgegenständen ist zu verstärken. angenommen 29:4:2
D. Versorgungsausgleich
I. Grundlagen
1. Grundsätzlich ist am Versorgungsausgleich mit dem Halbteilungsgrundsatz festzuhalten.
angenommen 34:0:0
2. Eine Ausnahmeklausel ist vorzusehen
a) für kurze Ehen. angenommen 17:14:1
b) für kinderlose Doppelverdienerehen. abgelehnt 10:22:1
3. Härteklausel
a) Im Rahmen einer negativen Härteklausel kann ökonomisches, nicht jedoch persönliches Fehlverhalten
berücksichtigt werden. abgelehnt 12:16:6
b) Im Rahmen einer positiven Härteklausel kann insbesondere bei illoyalen Manipulationen durch den
Pflichtigen dem Berechtigten mehr als die Hälfte des Ausgleichswerts zugesprochen werden.
angenommen 24:7:4 67.
II. Gegenstand des Ausgleichs
1. Es sind nur diejenigen Versorgungsanrechte zu teilen, die auf einer gemeinsamen Lebensleistung der
Ehegatten während der Ehe beruhen. angenommen 22:4:4
2. Soweit nicht im Zugewinnausgleich berücksichtigt, sind wahlweise auf Kapital- oder Rentenleistung
gerichtete Versicherungen dem Versorgungsausgleich zu unterwerfen.
angenommen 28:0:6
III. Form des Ausgleichs
1. Der systeminternen Teilung von Versorgungsanwartschaften ist der Vorzug zu geben.
angenommen 30:2:3
2. Eine Verrechnung zwischen Positionen des Versorgungsausgleichs und des güterrechtlichen Ausgleichs
ist zu ermöglichen. angenommen 27:6:1
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IV. Vertragliche Vereinbarungen
1. Durch notariell beurkundete Vereinbarung kann der Versorgungsausgleich – auch rückwirkend – auf
den Zeitraum einer nicht kurzen nichtehelichen Lebensgemeinschaft erstreckt werden. abgelehnt 9:24:2
2. Mit Zustimmung beider Ehegatten kann der Versorgungsausgleich auf die Zeit vorehelichen
Zusammenlebens erstreckt werden. abgelehnt 16:18:3 67.
Abteilung Arbeits- und Sozialrecht:
Alternde Arbeitswelt – Welche arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen empfehlen sich zur
Anpassung der Rechtsstellung und zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer
Arbeitnehmer?
I. Arbeitsrecht
1. Gesetzliche Anreize für ein frühzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben sind konsequent
abzubauen. angenommen 71:66:2
2. a) Die Förderung von Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit muss wie gesetzlich vorgesehen
ab Ende 2009 insgesamt auslaufen. abgelehnt 61:75:5
b) Für den Fall der Ablehnung:
Nur echte Altersteilzeit sollte staatlicherseits gefördert werden, nicht aber das zurzeit fast durchgehend
praktizierte Blockmodell. Dieses sollte über 2009 hinaus nicht mehr staatlich gefördert werden. abgelehnt
14:136:4
c) Für den Fall der Ablehnung von b):
aa) Das Blockmodell in der Altersteilzeit sollte weiterhin (z.B. durch Aufstockung der
Sozialversicherungsbeiträge und/oder steuerliche Begünstigung von Aufstockungsbeträgen) staatlich
gefördert werden als privat-/tarifautonom gestaltete sozialversicherungsneutrale (also bis zur
Regelaltersgrenze reichende) Form der vorgezogenen Beendigung der Erwerbsarbeit. angenommen
121:14:9
bb) Ist der nahtlose Übergang von Altersteilzeit in die Regelaltersrente sichergestellt, sollte ein Zuschuss
der Bundesagentur für Arbeit dann erfolgen, wenn der Betrieb Arbeitslose oder Auszubildende zusätzlich
einstellt, um auch dem Aspekt der Vermeidung von Arbeitslosigkeit Älterer und zugleich der
Umverteilung von Arbeit Rechnung zu tragen. angenommen 86:56:8
3. a) § 6 BetrAVG, der die vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente zusammen mit der
gesetzlichen Vollrente regelt, sollte ergänzt werden. Für die vorgezogene Inanspruchnahme sollte ein
versicherungsmathematischer (Höchst-)Abschlag, für die Weiterarbeit über die vereinbarte Altersgrenze
hinaus ein versicherungsmathematischer (Mindest-)Zuschlag gesetzlich festgelegt werden. angenommen
85:58:7
b) Bei der vorgezogenen Inanspruchnahme einer Betriebsrente sollten auch für besonders langjährig
Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung die gleichen Abschläge vorgenommen werden dürfen
wie für sonstige Arbeitnehmer auch (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). abgelehnt 59:79:12
4. a) Absolute Höchstaltersgrenzen für den Ausstieg aus dem Berufsleben sollten durch den Gesetzgeber
nur noch dann zugelassen werden, wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls oder Grundrechte Dritter
diese erfordern. angenommen 88:58:8
b) Arbeitsvertragliche Altersgrenzen sollten nur für zulässig erklärt werden, wenn die individuelle
Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers gewährleistet ist. abgelehnt 19:150:6
Im Fall der Annahme von Beschluss 4 a), b) oder c):
5. a) Der Gesetzgeber sollte das Kündigungsrecht anpassen. Der Kündigungsschutz sollte für
Arbeitnehmer aufgehoben werden, die das für sie maßgebliche Renteneintrittsalter vollendet und von
ihrem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung über den vereinbarten Beendigungszeitpunkt hinaus
erfolgreich verlangt haben. abgelehnt 62:91:4
b) Der Gesetzgeber sollte im Gegenzug das Kündigungsrecht anpassen durch Umkehr der Beweislast:
Der Arbeitnehmer kann grundsätzlich die Weiterbeschäftigung über das gesetzliche Rentenalter hinaus
verlangen, der Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung indes aus Leistungsgründen oder zur Erhaltung einer
ausgewogenen Altersstruktur ablehnen. Dem Arbeitnehmer obliegt dann in einem Prozess auf
Weiterbeschäftigung die Darlegungs- und Beweislast, dass die vom Arbeitgeber vorgebrachten Gründe
nicht vorliegen. abgelehnt 62:87:8
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6. a) Das Lebensalter sollte kein gesetzliches Kriterium der Sozialauswahl bei betriebsbedingten
Kündigungen (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG) sein. Das AGG bietet insoweit einen ausreichenden Schutz
älterer Arbeitnehmer. abgelehnt 66:88:2
7. Der Gesetzgeber sollte durch Änderung des § 1 Abs. 2 KSchG festschreiben, dass bei einer Kündigung
aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Rahmen der Sozialauswahl der Anspruch eines
Arbeitnehmers auf eine Rente wegen Alters nicht berücksichtigt werden darf. angenommen 77:66:9
8. a) Der Einsatz der Abfindungen für die Alterssicherung ist in geeigneter Weise steuerlich zu fördern.
angenommen 102:42:10
b) § 187 a SGB VI sollte dahingehend erweitert werden, dass bei vorzeitigem Rentenbeginn nicht nur die
Abschläge, sondern auch die bis zum vollen Rentenalter fehlenden Rentenversicherungsbeiträge
ausgeglichen werden können. angenommen 144:0:5
9. a) Die sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 3 TzBfG ist ersatzlos zu streichen. angenommen
98:59:2
10. Das Einstellungsverhalten gegenüber älteren Menschen kann auch durch Entbürokratisierung von
Verfahrensvorschriften positiv verändert werden. Hinzu sollten arbeitsgerichtliche Verfahren über den
Bestandsschutz Schwerbehinderter mit dem Verfahren über die Zustimmung des Integrationsamts zur
Kündigung einheitlich vor den Gerichten für Arbeitssachen durchgeführt werden. angenommen 78:73:7
11. Die in § 74 SGB V nur sehr rudimentär ausgestaltete stufenweise Wiedereingliederung ist in einen
Rechtsanspruch auf Wiedereingliederung zu verstärken. Bei jeder länger dauernden Arbeitsunfähigkeit
muss (bisher: soll) der Arzt die Möglichkeit einer „stufenweise Eingliederung“ nach § 74 SGB V
routinemäßig prüfen. Wird eine stufenweise Eingliederung empfohlen, ist diese durchzuführen (teilweise
Arbeitsleistung, Gewährung von Krankengeld, keine Pflicht zur Zahlung von Entgelt). angenommen
98:59:5
12. Ausgehend von der individualrechtlichen Lösung des § 84 Abs. 1 SGB IX und dem – in einem ganz
anderen Bereich wirksamen – Modell der Tarifvertragsparteien des Garten- und Landschaftsbaus im
Bereich der Berufsausbildung, sollte für die Bewältigung effektiver Weiterbildung insb. älterer
Arbeitnehmer und für die Vermittlung älterer leistungsveränderter Arbeitnehmer vorrangig innerhalb der
Branche eine gesetzliche Grundlage für „joint ventures“ zwischen den für diese Aufgaben zu schaffenden
gemeinsamen Einrichtungen von Tarifvertragsparteien und öffentlichrechtlichen Institutionen,
insbesondere Integrationsämtern und Agenturen für Arbeit, geschaffen werden. Nichtbefassung 81:58:0
13. Der Gesetzgeber sollte steuerliche Anreize dafür bieten, dass Tarifvertrags- und
Arbeitsvertragsparteien Ansprüche auf zusätzliche Entgelte für Weiterbildungen mit von ihnen
bestimmter und nachprüfbar erfüllter Intensität einräumen. angenommen 90:61:5
II. Sozialrecht
1. a) Die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I sollte nicht nach dem Alter differenziert werden.
abgelehnt 72:84:1
2. a) Ein flexibles Renteneintrittsalter dient der Verbesserung der Berufschancen Älterer. Die
Rentenversicherung sollte sich darauf beschränken, neben Mindestversicherungszeiten den Zeitpunkt zu
bestimmen, zu dem bei erstmaligem Rentenbeginn eine zu- und abschlagsfreie Rente gezahlt wird
(„Normalrente“ oder „100% Rente“). Bei frühem Rentenbeginn sind – wie bisher - wegen längerer
Rentenbezugszeiten versicherungsmathematisch hinreichend sicher berechnete Abschläge vorzunehmen.
Bei spätem Rentenbeginn sind wegen kürzerer Rentenbezugszeit entsprechende Zuschläge zu zahlen.
abgelehnt 63:82:10
b) Der Versicherte ist vor Vollendung des 67. Lebensjahres auch im Falle von Arbeitslosigkeit nicht
verpflichtet, Altersrente in Anspruch zu nehmen. angenommen 94:52:6
3. a) Hinzuverdienstgrenzen (mit Ausnahme der Erwerbsminderungsrenten) im Recht der gesetzlichen
Rentenversicherung sollten aufgegeben werden, wo eine sachliche Rechtfertigung nicht dargelegt wird.
angenommen 76:75:4
4. a) Auch erwerbsgeminderte Arbeitnehmer sollten unbeschränkt hinzuverdienen dürfen, soweit die
zeitlichen Voraussetzungen der Erwerbsminderungsrenten (volle Erwerbsminderung: weniger als drei
Stunden, teilweise Erwerbsminderung: weniger als sechs Stunden) dies zulassen. abgelehnt 68:76:9
b) Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderungsrenten im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung
sollten aufgehoben werden. angenommen 84:47:20
5. a) Lang- und Lebensarbeitszeitkonten können ein Instrument sein, das den Übergang aus dem
Erwerbsleben in den Ruhestand unterstützt. Dazu müssen die Regelungen im SGB IV möglichst
unbürokratisch sein und Platz für flexible Lösungen bereithalten. angenommen 144:1:3
bid
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b) Arbeitnehmer, die für die Zeit einer beabsichtigten Freistellung von der Arbeit (sabbatical etc.) ein
Zeit/Wertguthaben angespart haben (vgl. § 7 Abs. 1a SGB IV), sollten zusätzliche Anreize erhalten, wenn
sie die Freistellungsphase für eine Qualifizierungsmaßnahme oder Weiterbildung nutzen. angenommen
98:54:1
aa) Der Anreiz sollte in einer Verdoppelung der angesparten Zeit bestehen, wobei dem Arbeitgeber keine
zusätzlichen Entgeltzahlungen auferlegt werden sollten. Die 2. Hälfte wird sozialversicherungsrechtlich
wie die 1. Hälfte behandelt (auch bzgl. Rentenanwartschaften, fiktive Beiträge), das Arbeitsentgelt auch
der 1. Hälfte steuerfrei gestellt und der Arbeitgeber zur „erweiterten Freistellung wegen Fortbildung“
verpflichtet. angenommen 80:60:12
bb) Liegt die Qualifizierung oder Weiterbildung auch im betrieblichen Interesse, ist vom Arbeitgeber ein
(ggf. fondsgespeister) Unterhaltszuschuss zu zahlen. angenommen 82:65:5
6. Wird bei einem Arbeitnehmer erkennbar, dass neue Qualifikationen oder eine Weiterqualifizierung
erforderlich sind, weil der Beruf z.B. infolge der technischen Entwicklung neue Anforderungen stellt oder
ist aus gesundheitlichen Gründen in Berufen mit starker körperlicher oder psychischer Belastung zur
Vermeidung einer Erwerbsminderung eine Umorientierung zu weniger belastenden Tätigkeiten angezeigt,
müssen erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen während eines laufenden Beschäftigungsverhältnisses
möglich sein. angenommen 98:52:2
a) Die Förderung nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB IX sollte insoweit entsprechend angewendet und
ausgeweitet werden. angenommen 96:49:7
b) Dies sollte ergänzt werden um eine angemessene Eigenbeteiligung des Arbeitnehmers im Hinblick auf
anschließend erweiterte Verdienstchancen. abgelehnt 65:81:4
c) Die Teilnahme an Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen führt nicht zur Minderung des
Arbeitslosengeldes I. angenommen 85:50:12
7. a) In Bezug auf ältere Arbeitnehmer sollte eine spezielle Beratungspflicht der BA über konkret zur
Verfügung stehende Bildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten kodifiziert werden. Ein Beratungsbedarf
sollte auch vom Arbeitgeber oder Betriebsrat angezeigt werden können. angenommen 88:54:5
Im Falle der Annahme von a):
b) Die Anzeige von Beratungsbedarf begründet eine Obliegenheit des Versicherten, deren Verletzung im
Falle nachfolgender Arbeitslosigkeit zu Sanktionen führt (Sperrzeit). Nichtbefassung 115:27
8. Die 2007 eingeführten Instrumente der „betrieblichen Gesundheitsförderung“ (§ 20a SGB V) sowie der
„Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren“ (§ 20b SGB V) sind auszubauen. Die gesetzliche
Begrenzung der Ausgaben hierfür sowie für „Prävention und Selbsthilfe“ (§ 20 SGB V) in Höhe von
insgesamt 2,74 Euro je Versicherten im Jahr (Stand 2006) ist als unverhältnismäßig gering aufzuheben.
angenommen 93:52:4
9. a) Die Regelung des § 417 SGB III (Förderung beschäftigter, über 45jähriger Arbeitnehmer) ist über
2010 hinaus als unbefristete Regelung auszugestalten. angenommen 89:56:3
b) Für den Fall der Annahme von a):
Die Förderung ist auf betriebsinterne Weiterbildung zu erweitern, sofern der Betrieb hierfür geeignet ist
und es bei der Maßnahme nicht nur um Anpassungen an neue Produktionsprozesse oder sonstige
ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers liegende Weiterbildung geht. angenommen 82:54:10
10. a) Tritt nach Aufnahme einer geringer bezahlten Beschäftigung mit Entgeltsicherung für über
50Jährige (§ 421 j SGB III) Arbeitslosigkeit (erneut) ein, sollte zur Sicherung der Anreizstruktur das
Arbeitslosengeld generell nach dem Entgelt in der vorletzten Beschäftigung bemessen werden. Die
Befristung der Regelung bis Ende 2009 (§ 421j Abs. 7 SGB III) sollte aufgehoben werden.angenommen
89:51:6
b) Für den Fall der Annahme von a):
Im Übrigen sollte die Entgeltsicherung über die Dauer von 2 Jahren hinaus gewährt werden, wenn die
geringer bezahlte Beschäftigung aufgenommen wird, weil der Arbeitnehmer die Anforderungen im
bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen kann. angenommen 85:58:3
Abteilung Strafrecht:
Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote im Spannungsfeld zwischen den Garantien
des Rechtsstaates und der effektiven Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus
I. Grundsätzliches
1. Recht und Praxis der Beweisverbote müssen fortentwickelt und verbessert werden. angenommen 61:4:7
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2. Ziele der Fortentwicklung und Verbesserung sind insbesondere
a) Stärkung der Effektivität des Strafverfahrens. angenommen 38:27:10
b) stärkere Beachtung der verfassungsrechtlichen Grundlagen des fairen Verfahrens.angenommen
42:23:11
c) verlässlichere Vorhersehbarkeit der Anerkennung und der Reichweite von Beweisverboten.
angenommen 64:4:8
d) die Aufrechterhaltung der Normtreue der Strafverfolgungsbehörden. abgelehnt 31:42:5
3. Fortentwicklung und Verbesserung des Rechts der Beweisverbote
a) bedürfen der Normierung eines Gesamtkonzeptes durch den Gesetzgeber ("Allgemeiner Teil der
Beweisverbote") abgelehnt 9:58:5
b) bedürfen bei jeder gesetzlichen Beweiserhebungsregelung, die in verfassungsrechtlich geschützte
Positionen eingreift, einer Rahmenvorgabe des Gesetzgebers hinsichtlich der Verwendung und
Verwertung der hierdurch gewonnenen Beweise, abgelehnt 11:54:11
c) bedürfen der Schaffung weiterer Einzelregelungen durch den Gesetzgeber. abgelehnt 29:38:6
(d) können ohne Eingreifen des Gesetzgebers durch die Rechtsprechung geleistet werden. angenommen
46:15:15
4. Als Alternative zu Beweisverwertungsverboten können bei Verstößen gegen Vorschriften zur
Beweiserhebung auch andere Kompensationsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden (z. B.
Feststellung des Rechtsverstoßes im Urteil, Kompensation bei der Strafzumessung). abgelehnt 7:67:4
II. Generelle Voraussetzungen von Beweisverwertungsverboten
5. a) Verstöße gegen Vorschriften des einfachen Rechts, die der Gewährleistung der Grundsätze des fairen
Verfahrens, insbesondere dem Schutz von Grundrechten dienen, führen stets zu einem
Verwertungsverbot. abgelehnt 28:48:3
b) Bei Verstößen gegen Vorschriften des einfachen Rechts, die der Gewährleistung der Grundsätze des
fairen Verfahrens dienen, bedarf es zusätzlich einer Abwägung aller wesentlichen Umstände des
Einzelfalls. angenommen 54:16:6
c) In die Abwägung sind einzustellen: 67. Deutscher Juristentag Erfurt 2008 12
aa) das Gewicht des Verfahrensverstoßes, angenommen 69:0:5
bb) das Maß der Pflichtwidrigkeit seitens der Strafverfolgungsbehörde, angenommen 55:12:11
cc) die Schwere des Schuldvorwurfes, angenommen 40:35:4
dd) das konkrete Beweisbedürfnis, abgelehnt 9:64:7
ee) die Möglichkeit eines rechtmäßigen hypothetischen Ermittlungsverlaufs, abgelehnt 10:57:10
ff) die Interessen der Opfer, abgelehnt 16:52:7
gg) das Interesse der Allgemeinheit an einem rechtsstaatlichen Strafverfahren, angenommen 45:26:5
hh) die Gefährdung des Ansehens staatlicher Strafverfolgungsbehörden bei folgenloser Hinnahme
gravierender Rechtsverstöße. abgelehnt 26:43:8
6. Auch unabhängig von einer gesetzeswidrigen Beweiserhebung ist die Beweisverwertung unstatthaft,
wenn sie in Grundrechte eingreift und der Eingriff schwerer wiegt als die betroffenen
Strafverfolgungsinteressen (selbstständige Beweisverwertungsverbote). angenommen 37:26:13
III. Reichweite von Beweisverwertungsverboten
7. a) Ein Beweisverwertungsverbot entfaltet in jedem Fall Fernwirkung (fruit of the poisonous treedoctrine). abgelehnt 1:65:11
b) Ein Beweisverwertungsverbot entfaltet Fernwirkung, wenn dies der Zweck der verletzten Norm
erfordert. angenommen 48:15:10
c) Ein Beweisverwertungsverbot bezieht sich nur auf das unmittelbar davon betroffene Beweismittel.
abgelehnt 19:47:11
8. Beweismittel, die einem Verwertungsverbot unterliegen,
a) können einen Anfangsverdacht begründen, angenommen 39:31:5
b) dürfen als Ermittlungsansatz verwendet werden, angenommen 48:12:17
c) können prozessuale Zwangsmaßnahmen begründen. abgelehnt 0:60:15
9. a) Beweisverwertungsverbote wirken nur zu Gunsten desjenigen, dessen Rechte unmittelbar betroffen
sind. angenommen 39:32:3
b) In gleicher Weise wie bei unmittelbarer Betroffenheit eigener Rechte des Angeklagten ist ein
Beweisverwertungsverbot auch anzuerkennen, wenn andernfalls die Grundsätze des fairen Verfahrens
oder unverzichtbare Rechte Dritter verletzt würden. angenommen 33:17:15
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c) Da der Angeklagte das Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren hat, kann er sich auf ein
Beweisverwertungsverbot auch dann berufen, wenn es nicht unmittelbar dem Schutz seiner Rechte dient.
abgelehnt 17:47:7
IV. Geltendmachung und Nachweis von Beweisverwertungsverboten
10. a) Die Berücksichtigung von Beweisverwertungsverboten setzt den rechtzeitigen (§ 257 StPO) und
substantiierten Widerspruch voraus (Widerspruchslösung). abgelehnt 19:44:9
b) Der Widerspruch gegen die Verwertung eines Beweismittels ist keine Voraussetzung für das Eingreifen
eines Beweisverwertungsverbotes. abgelehnt 28:32:11
c) Der Widerspruch gegen die Verwertung eines Beweismittels ist nur dann Voraussetzung für das
Eingreifen eines Beweisverwertungsverbotes, wenn gegen §§ 136 Abs. 1 Satz 2, 163 a Abs. 4, Satz, 168 c
Abs. 5 StPO verstoßen wurde. angenommen 38:24:9
d) Ein Beweismittel, das an sich einem Verwertungsverbot unterliegt, darf, sofern dies nicht gesetzlich
ausgeschlossen ist, mit Zustimmung des Angeklagten verwertet werden (Zustimmungsmodell).
angenommen 40:23:7
e) Zum Verlust der Revisionsrüge führt es, wenn der Angeklagte es unterlässt, die Missachtung eines
Beweisverbotes in der Hauptverhandlung gemäß § 238 Abs. 2 StPO zu beanstanden. Einer Beanstandung
bedarf es nur (Rügepräklusionsmodell),
– wenn das Verwertungsverbot daraus folgt, dass das Beweismittel unter Überschreitung eines den
Strafverfolgungsorganen gesetzlich eingeräumten Beurteilungsspielraums oder Ermessens gewonnen
worden ist,
– oder wenn der Vorsitzende bei seiner Beweisanordnung selbst einen ihm gesetzlich eröffneten
Beurteilungsspielraum überschritten oder ihm eingeräumtes Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat.
abgelehnt 18:38:12
f) Zu Gunsten des Angeklagten darf das Gericht Beweismittel auch dann nicht außer Acht lassen, wenn
sie an sich einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. angenommen 33:24:8
11. a) Für die Feststellung der tatsächlichen Grundlagen von Beweisverwertungsverboten gilt der
Grundsatz in dubio pro reo. abgelehnt 3:57:6
b) Der Beweis eines Verstoßes gegen Beweiserhebungsvorschriften ist schon dann erbracht, wenn aus
Gründen, die in der Sphäre der Justiz liegen, die Vermutung der Rechtmäßigkeit und Justizförmigkeit des
staatlichen Verfahrens durch feststellbare verdächtige Umstände ernsthaft erschüttert ist. abgelehnt
28:39:1
c) Die ein Beweisverwertungsverbot begründenden Umstände bedürfen des vollen Nachweises im
Einzelfall. angenommen 44:23:1
d) Ein verbleibender Verdacht der unrechtmäßigen Beweisgewinnung ist bei der Beweiswürdigung zum
Schuldvorwurf zu berücksichtigen. abgelehnt 24:28:1967.
V. Verwertbarkeit privater und ausländischer Beweiserkenntnisse
12. Die Erkenntnisse aus Ermittlungen von Privatpersonen
a) sind stets verwertbar, abgelehnt 9:53:3
b) sind nur verwertbar, wenn bei den privaten Ermittlungen die für staatliche Ermittlungsbehörden
verbindlichen Grundsätze des fairen Verfahrens gewahrt wurden, abgelehnt 25:35:4
c) sind unverwertbar, wenn sie
aa) unter wirtschaftlichem Druck erlangt worden sind, abgelehnt 20:31:8
bb) mit rechtswidrigen Mitteln erlangt worden sind, abgelehnt 24:28:9
cc) mit strafbaren Mitteln erlangt worden sind, angenommen 41:11:8
dd) unter Verletzung der Menschenwürde erlangt worden sind. angenommen 53:1:8
13. Die Gefährdungen durch neue Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität und des
international operierenden Terrorismus rechtfertigen keine Abkehr von rechtstaatlichen Grundsätzen
(kein „prozessuales Feindstrafrecht“). angenommen 58:0:0
14. Will sich die deutsche Strafrechtspflege nicht international isolieren, darf sie ausländische
Erkenntnisquellen nicht – je nach Herkunftsland – pauschal verwerfen. angenommen 45:3:7
15. Entsprach die im Ausland erfolgte Beweiserhebung dem ausländischen Recht, weist dieses aber ein
gegenüber dem deutschen Recht niedrigeres Schutzniveau auf,
a) sind die im Ausland gewonnenen Erkenntnisse gleichwohl uneingeschränkt verwertbar,
abgelehnt 12:40:3
b) so hängt die Verwertbarkeit vom (deutschen) ordre public ab, angenommen 40:11:3
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c) so darf auch in diesem Fall das Schutzniveau des deutschen Rechts nicht unterschritten werden.
abgelehnt 17:29:8
16. Verletzt die im Ausland vorgenommene Beweiserhebung dort geltende Verfahrensregeln,
a) so sind die erlangten Beweise für das inländische Verfahren unverwertbar, abgelehnt 13:35:5
b) so kommt es für das inländische Verfahren darauf an, ob der Verstoß nach deutschem Recht zu einem
Verwertungsverbot führen würde, angenommen 41:8:2
VI. Europäische Regelungen
17. a) Auf europäischer Ebene sollten möglichst bald Regelungen erlassen werden, die eine
grenzüberschreitende Verkehrsfähigkeit der Beweise ermöglichen. Soweit den Anforderungen der EMRK
genügt wird, können Abstriche gegenüber dem bisherigen Schutzstandard hingenommen werden.
angenommen 25:21:8
b) Im Bereich der Beweisverbote sollte der europäische Gesetzgeber eine Erleichterung der
grenzüberschreitenden Verkehrsfähigkeit von Beweismitteln erst dann anstreben, wenn hinreichende
rechtstaatliche Standards hierfür geschaffen worden sind. angenommen 25:22:6 67. Deutscher Juristentag
Erfurt 2008 15
Abteilung Öffentliches Recht:
Privatisierung öffentlicher Aufgaben – Gestaltungsmöglichkeiten, Grenzen, Regelungsbedarf
I. Grundlagen
1. Privatisierung ist eine dauerhafte ordnungspolitische Option für politische Entscheidungsträger, die
wesentlich zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Staatswesens und zur Stärkung des
Wirtschaftsstandortes beitragen kann, wenn die betreffende öffentliche Aufgabe privatisierungsgeeignet
ist, hierdurch nicht öffentliche Monopole durch private Monopole ersetzt werden und der Staat eine
gegebenenfalls im Interesse des Gemeinwohls erforderliche Gewährleistungsverantwortung übernimmt.
angenommen 56:1:2
2. Öffentliche Unternehmen leisten einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung des Gemeinwohls.
angenommen 55:1:3
3. a) Der Staat darf und sollte auch Vorteile einer Kooperation mit Privaten nutzen, zum Beispiel durch
Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP). ÖPP dürfen aber nicht dazu missbraucht werden, staatliche
Verschuldung zu verlagern oder Risiken beim Betrieb derart finanzierter Projekte einseitig dem Staat
zuzuordnen. angenommen 59:0:0
b) Der Staat muss dafür Sorge tragen, dass die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheit durch die privaten
Partner mit dem Allgemeinwohl und mit den Grundrechten Drittbetroffener vereinbar bleibt.
angenommen 59:0:0
c) Der Staat bleibt bei Privatisierungen denen verpflichtet, die er in ein öffentlich-rechtliches Dienst- und
Treueverhältnis berufen hat. angenommen 56:0:3
4. Gegenwärtig wird die Rechtsanwendung dadurch erschwert, dass die vorhandenen Erkenntnisse zu
Grenzen und Maßstäben von Privatisierungsentscheidungen und zum Privatisierungsfolgenrecht in nur
geringem Maße kanonisiert sind. angenommen 58:0:2
II. Änderungsbedarf auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts
5. Das gemeinschaftliche Beihilfenrecht bedarf einer verbreiterten sekundärrechtlichen Grundlegung,
namentlich für die Anwendung des sog. privaten Investortests, die Erfassung von Ausgleichsleistungen
und Unterstützungszahlungen sowie für die Behandlung von Quersubventionen. An der Stelle von
Leitlinien und Mitteilungen der Kommission sind entsprechende Regelungen auf der Grundlage von Art.
89 EG zu erlassen. angenommen 48:0:12
6. Die zukünftig auf der Grundlage von Art. 14 Satz 2 AEU zu erlassenden Vorschriften haben die
besonderen Funktionsbedingungen der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ebenso zu
gewährleisten wie die unverfälschten Wettbewerbsbedingungen. angenommen 29:22:8
7. Im Interesse der Wettbewerbsgleichheit sollten die Anforderungen an die Erbringung von
Universaldienstleistungen in stärkerem Maße angeglichen werden, soweit sie zu Kostenunterschieden
führen, die sich nicht unwesentlich auf die Wettbewerbsverhältnisse der betroffenen Unternehmen
auswirken. angenommen 44:2:13
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8. a) Art und Umfang der Anwendbarkeit des Vergaberechts auf Privatisierungsvorgänge sind
abschließend im Rahmen der Vergaberichtlinien zu regeln. Es empfiehlt sich eine differenzierende
Bestimmung, die einerseits nach dem Wert der Vergabe sowie andererseits nach Art und Maß der
vergaberechtlichen Pflichten unterscheidet. angenommen 54:0:5
b) Als nicht vergabepflichtig anzusehen sind die Realisierung gesetzlich vorgesehener Formen der
Verwaltungszusammenarbeit ohne private Beteiligung sowie die Beleihung, soweit sie mit der
Vorbereitung, dem Erlass und der Durchführung von Verwaltungsakten zusammenhängt. angenommen
52:1:7
c) Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen sollte durch eine EU-Richtlinie reglementiert werden.
angenommen 40:9:10
III. Änderungsbedarf auf der Ebene des deutschen Verfassungsrechts
9. Es bedarf nicht der Aufnahme einer Subsidiaritätsklausel in das Grundgesetz, nach der Privatisierungen
verfassungsrechtlich geboten sind, wenn der Rückgriff auf private Strukturen möglich ist und dies die
Aufgabenerfüllung qualitativ besser und effizienter macht. angenommen 58:0:2
10. Zur Erleichterung von Privatisierungen bedarf es keiner Änderung des in Art. 33 Abs. 4 GG
vorgegebenen Regel-Ausnahme-Verhältnisses. angenommen 58:3:0
11. Parlamente dürfen öffentliche Aufgaben, die privaten Trägern übertragen sind, kontrollieren; soweit
durch die Öffentlichkeit der Kontrolle schutzwürdige Interessen verletzt würden, sind Vorkehrungen
gegen das öffentliche Bekanntwerden von geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen zu treffen. angenommen
51:6:4
IV. Änderungen des einfachen Gesetzesrechts
12. a) Einfachgesetzliche Subsidiaritätsklauseln und Privatisierungspflichten laufen dem Ziel zuwider,
aufgaben- und situationsgerechte Einzelentscheidungen bei möglichst klar definierten Tatbeständen zu
ermöglichen. angenommen 53:2:6
b) Eine aufgabenübergreifende Privatisierungspflicht zulasten der Kommunen ist mit der
Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG nicht vereinbar. angenommen 58:0:2
13. a) Im Kernbereich der öffentlichen Sicherheit und der Justiz verbieten sich Privatisierungen.
angenommen 61:0:0
b) Sind Aufgaben nur unter Ausübung hoheitlicher Befugnisse wahrnehmbar, können Private diese
Aufgaben nur erfüllen, wenn sie mit Hoheitsgewalt beliehen sind und ihr Handeln einer effektiven
Fachaufsicht durch demokratisch legitimierte Amtswalter unterworfen wird. angenommen 58:0:4
c) Bestehende Befugnislücken bei verschiedenen Sicherheits- und Vollzugsaufgaben sind durch zusätzliche
Beleihungstatbestände und bei gewaltgeneigten Aufgaben durch eine Kodifizierung des Rechts der
Sicherheitspartnerschaften zu schließen. angenommen 42:7:11
14. Im Bereich der staatlichen Wirtschaftsüberwachung können die staatliche bzw. beliehene
Akkreditierungsstelle und private Zertifizierungsstellen zusammenwirken; hierzu sollten in einem
Allgemeinen Akkreditierungsgesetz Rahmenvorschriften vorgesehen werden, die insbesondere die
Struktur dieses Zusammenwirkens und das Verhältnis zu den überwachten Wirtschaftsteilnehmern regeln.
angenommen 48:0:12
15. a) Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit darf nicht auf finanzwirtschaftliche Aspekte beschränkt
werden, sondern ist ergebnisoffen im Sinne einer umfassenden Nutzenbewertung unter Einbeziehung
auch nichtmonetärer Vor- und Nachteile zu verstehen, in die namentlich auch die mit einer Privatisierung
67. Deutscher Juristentag Erfurt 2008 17
verbundene Risikoverteilung einfließt und die nach der Höhe der jeweiligen Transaktionsvolumina
differenziert. angenommen 58:1:0
b) Ferner sollte eine Pflicht zur Berichterstattung gegenüber den für die Privatisierungsentscheidung
zuständigen Organen über die Realisierung der bei der Privatisierungsentscheidung erwarteten
Wirtschaftlichkeit vorgesehen werden. angenommen 58:1:2
c) § 26 Nr. 1 VOB/A und VOL/A sind um Regelungen zu ergänzen, welche die Aufhebung der
Ausschreibung für den Fall gestatten, dass diese, auch im Vergleich mit dem Ergebnis der
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für die Eigenrealisierung, kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt hat.
angenommen 50:3:7
d) Im Zuwendungsrecht ist sicherzustellen, dass die Erbringung des Wirtschaftlichkeitsnachweises nach
erfolgter Wirtschaftlichkeitsuntersuchung als notwendige Fördervoraussetzung formuliert ist.
angenommen 52:0:9
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 44
16. a) Übernimmt der Staat im Zusammenhang mit der Privatisierung öffentlicher Aufgaben eine
Gewährleistungsverantwortung, so ist regelmäßig ein Gewährleistungsverwaltungsrecht zu schaffen, das
neben dem Grundsatz der Privatisierungstransparenz weitere materielle, organisations- und
verfahrensbezogene Vorgaben für die Gewährleistungsverwaltung beinhaltet. angenommen 56:0:5
b) Privatisierungen müssen gegebenenfalls durch wettbewerbssichernde Maßnahmen sowie durch
Anreizmechanismen flankiert werden, die sicherstellen, dass die Individualinteressen mit den
Gemeinwohlinteressen in Übereinstimmung stehen. angenommen 52:1:8
c) Die staatliche Gewährleistungsverantwortung kann sich bei lebensnotwendigen Infrastrukturaufgaben
zu einer Pflicht zur Sicherstellung der Dienstleistungserbringung verdichten. angenommen 56:0:5
17. a) Das wichtigste Instrument der Gewährleistungsverantwortung ist die Gewährleistungsvereinbarung
zwischen dem Staat und dem Privaten. angenommen 51:1:5
b) Die wichtigsten Inhalte dieser Gewährleistungsvereinbarung sind entwicklungsoffen zu regeln. Sie
werden ergänzt durch eine eigenständige Fehlerfolgenregelung, die nach Art und Schwere der
Missachtung der Gewährleistungsverantwortung differenziert. Im Übrigen finden die allgemeinen Regeln
des BGB und VwVfG ergänzende Anwendung. angenommen 52:3:5
18. Einer Modifizierung des Gesellschaftsrechts in Richtung eines „Verwaltungsgesellschaftsrechts“
bedarf es nicht. angenommen 40:13:7
19. a) Private, die im Rahmen einer Privatisierung in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben einbezogen sind,
dürfen – sofern sie nicht Beliehene sind – strafrechtlich nicht als Amtsträger i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c)
StGB behandelt werden. angenommen 46:7:5
b) Allerdings sollten die Korruptionstatbestände tatbestandlich auf das Zusammenwirken von Privaten
und dem Staat im Rahmen einer institutionalisierten ÖPP ausgedehnt werden. angenommen 54:1:6
20. Eine Umsatzbesteuerung von kommunalen Dienstleistungsunternehmen des öffentlichen Rechts im
Aufgabenfeld der Abwasserentsorgung kommt solange nicht in Betracht, wie nicht auf der
Durchführungs- bzw. auf der Trägerebene der Markt für die Erbringung der entsprechenden
Dienstleistungen eröffnet ist. angenommen 45:3:11
21. Wenn sich aufgrund einer Beteiligung von Investoren aus Nicht-EWR-Staaten an privatisierten
deutschen Unternehmen schwerwiegende Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Sinne
des EG-Rechts in Deutschland ergeben, sollen nach dem Außenwirtschaftsgesetz und der
Außenwirtschaftsverordnung Investitionen untersagt oder mit Auflagen versehen werden können.
angenommen 50:2:7
22. Für die vertragsbasierten und die institutionalisierten ÖPP sollten in einem Allgemeinen ÖPP-Gesetz
auf Bundes- und Landesebene Regelungen über die privatisierungsspezifische Neuausrichtung des
Wirtschaftlichkeitsgebots,
die
staatliche
Gewährleistungsverantwortung
und
die
Gewährleistungsvereinbarung sowie die Privatisierungstransparenz kodifiziert werden. angenommen
53:3:3
Abteilung Wirtschaftsrecht
Empfehlen sich besondere Regeln für börsennotierte und für
geschlossene Gesellschaften?
I. Differenzierung verschiedener Typen von Aktiengesellschaften
1. Eine stärkere Differenzierung könnte Vorteile bieten: Der nichtbörsennotierten Gesellschaft ein Mehr
an Gestaltungsfreiheit, der börsennotierten Gesellschaft eine stärkere Ausrichtung an den Bedürfnissen
des Kapitalmarkts und der Kapitalanleger. Mit einer stärkeren Differenzierung würde Deutschland im
Wettbewerb der Rechtsordnungen konkurrenzfähiger. abgelehnt: 29:47:1
2. Die Attraktivität der Aktiengesellschaft für den Mittelstand kann durch eine weitere Deregulierung des
Aktienrechts deutlich erhöht werden. An zwingendem Recht ist nur festzuhalten, soweit dies zum Schutz
der Aktionäre, der Gläubiger oder des Kapitalmarkts notwendig ist. abgelehnt: 18:57:4
3. Die Definition der börsennotierten Gesellschaft in § 3 Abs. 2 AktG sollte zusätzlich auch
Gesellschaften umfassen, deren Aktien mit ihrem Willen im Freiverkehr oder an einem nichtbörslichen
multilateralen Handelssystem gehandelt werden. angenommen: 46:17:14
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II. Deregulierung und Anpassung des Aktienrechts
A. Satzungsautonomie
4. § 23 Abs. 5 AktG ist zu streichen, zwingendes Recht bleibt unberührt:
a) für nichtbörsennotierte Gesellschaften, abgelehnt: 6:71:1
b) für börsennotierte Gesellschaften. abgelehnt: 1:84:1
B. Börsennotierte Gesellschaften
5. Für die künftige Ausgestaltung des Rechts der börsennotierten Gesellschaft ist stärker auf den
Vermögensschutz zu fokussieren. angenommen: 39:21:19
6. Für Abfindungen und entsprechende Bewertungen ist bei börsennotierten Gesellschaften im Rahmen
der verfassungsmäßigen Grenzen grundsätzlich auf einen durchschnittlichen Börsenkurs abzustellen.
angenommen: 48:16:12
7. a) Das Entsendungsrecht in der börsennotierten Gesellschaft sollte eingeschränkt werden.
abgelehnt: 10:63:6
b) Die Möglichkeit der Vinkulierung von Aktien sollte bei der börsennotierten Gesellschaft eingeschränkt
werden. abgelehnt: 7:65:7
c) Die Möglichkeiten zum börsenkursnahen Bezugsrechtsausschluss sind bei der börsennotierten
Gesellschaft zu erweitern. angenommen: 34:31:13
8. Für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten sollte bei börsennotierten Gesellschaften ein zweistufiger
Instanzenzug eingeführt werden. angenommen: 65:3:12 67. Deutscher Juristentag Erfurt 2008 20
C. Nichtbörsennotierte Gesellschaften
9. Größere Gestaltungsfreiheit kann in nichtbörsennotierten Gesellschaften insbesondere in den
Rechtsbeziehungen der Aktionäre zueinander gewährt werden. abgelehnt: 36:38:4
10. Satzungsmäßige Ankaufsrechte oder -pflichten (squeeze-out und sell-out) sollten bei
nichtbörsennotierten Gesellschaften ermöglicht werden. abgelehnt: 25:49:5
11. Entsendungsrechte der Aktionäre in den Vorstand sollten bei nichtbörsennotierten Gesellschaften
vorgesehen werden können. abgelehnt: 7:69:2
12. Zustimmungsvorbehalte sollten bei nichtbörsennotierten Gesellschaften vorgesehen werden können.
abgelehnt: 16:61:3
13. Weisungsrechte der Aktionäre sollten bei nichtbörsennotierten Gesellschaften vorgesehen werden
können. abgelehnt: 2:78:0
D. Börsennotierte / nichtbörsennotierte Gesellschaften
14. Die Möglichkeiten der Anfechtungsklage sind weiter einzuschränken. Mit dem ARUG kann ein erster
begrüßenswerter Schritt dazu getan werden. angenommen: 62:12:5
15. Bei börsennotierten Gesellschaften ist auf eine qualifizierte Aktionärsminderheit abzustellen, die nicht
unter einem Prozent des Nennkapitals / 100.000 Euro liegen sollte. angenommen: 47:28:4
16. a) Das Beschlussmängelrecht ist im Grundsätzlichen zu reformieren. angenommen: 65:3:10
b) Anfechtungsklagen sollten eine Registereintragung nur blockieren, wenn ein Gericht die Registersperre
anordnet (umgekehrtes Freigabeverfahren). angenommen: 52:15:10
c) Das Freigabeverfahren soll durch eine beschleunigte Eintragungsfreigabe im Hauptsacheverfahren
ersetzt werden (Zwischenverfahren). angenommen: 43:22:13
d) Nur gravierende (besonders schwere) Mängel, die eine Tolerierung durch die Rechtsordnung nicht
dulden, sollten zur Nichtigkeitsfolge führen. angenommen: 62:8:9
17. Für Beschlussmängelklagen sollte das Oberlandesgericht als Eingangsinstanz vorgesehen werden.
angenommen: 63:4:13
18. Das Recht des squeeze-out ist verfahrensmäßig zu reformieren:
a) Beim aktienrechtlichen squeeze-out sollte das Erfordernis eines Beschlusses der Hauptversammlung
entfallen. Wie beim übernahmerechtlichen squeeze-out sollte direkt bei Gericht ein Antrag auf Ausschluss
gestellt werden. angenommen: 35:29:16
b) Beim übernahmerechtlichen squeeze-out sollte wie beim aktienrechtlichen squeeze-out die
Angemessenheit der Abfindung im Spruchverfahren geklärt werden. angenommen: 50:4:27
19. Wahlfreiheit zwischen dem dualistischen (Aufsichtsrats-) und dem monistischen (Verwaltungsrats-)
System sollte gewährt werden:
a) nichtbörsennotierten Gesellschaften, abgelehnt: 32:45:3
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 46
b) börsennotierten Gesellschaften. abgelehnt: 27:49:4 67. Deutscher Juristentag Erfurt 2008 21
III. Wechsel der Gesellschaftsform
20. Der Wechsel von der börsennotierten Gesellschaft zur nichtbörsennotierten Gesellschaft (Delisting)
sollte:
a) aufgrund eines Beschlusses der Verwaltungsorgane möglich sein, abgelehnt: 0:79:1
b) von der Hauptversammlung beschlossen werden, angenommen: 79:0:1
c) nur gegen Abfindung möglich sein. angenommen 73:3:6
21. Der Wechsel von der nichtbörsennotierten Gesellschaft zur börsennotierten Gesellschaft
(Börsengang) sollte:
a) aufgrund eines Beschlusses der Verwaltungsorgane möglich sein, abgelehnt: 9:69:3
b) von der Hauptversammlung beschlossen werden. angenommen: 69:7:4
IV. Verhältnis zum Börsen- und Kapitalmarktrecht
22. Der Gesetzgeber sollte die Vorschriften des Aktienrechts und des Kapitalmarktrechts besser
aufeinander abstimmen. angenommen: 77:0:4
23. Der Deutsche Corporate Governance Kodex sollte mit Blick auf kapitalmarktorientierte
Gesellschaften, die nicht an der Börse notiert sind, fortentwickelt werden. abgelehnt: 26:43:
Abteilung Mediation
Mediation und weitere Verfahren konsensualer Streitbeilegung – Regelungsbedarf im
Verfahrens- und Berufsrecht?
A. Allgemeines
1. Die zunehmende Akzeptanz von Formen der konsensualen Streitbeilegung ist zu begrüßen. Sie schafft
eine neue Streitkultur und eröffnet erweiterte Lösungsmöglichkeiten zur Wiederherstellung des
Rechtsfriedens. angenommen 62:0:1
2. Zur Förderung der Mediation besteht Handlungsbedarf. Der Gesetzgeber sollte deswegen die
Umsetzung der auf grenzüberschreitende Verfahren beschränkten EU-Mediationsrichtlinie (EU-MedRL)
zum Anlass nehmen, für grenzüberschreitende und innerstaatliche Mediationsverfahren einheitliche
Vorschriften zu erlassen (Gesetz zur Förderung der Mediation). angenommen 63:4:0
3. Der Bundesgesetzgeber sollte in diesem Zusammenhang zur Vermeidung einer Rechtszersplitterung
von seiner konkurrierenden Gesetzgebung in der Weise Gebrauch machen, dass für landesrechtliche
verfahrens- und berufsrechtliche Regelungen zur Mediation kein Raum bleibt. angenommen 58:5:3
4. In der Bevölkerung besteht ein erhebliches Informationsdefizit über die verschiedenen Möglichkeiten
der Konfliktbeilegung. Gerichte und die in der Rechtspflege tätigen Berufsangehörigen sollten deswegen
gesetzlich verpflichtet sein, über das gesamte Spektrum der verfügbaren Konfliktlösungsverfahren (der
gerichtlichen und der alternativen, insbesondere über die Mediation) hinsichtlich deren jeweiligen Vorund Nachteilen im konkreten Einzelfall zu informieren. angenommen 41:14:7
B. Begriffsbildung
5. Die gesetzlichen Vorschriften sollten in Übereinstimmung mit Art. 3 a EU-MedRL für alle
strukturierten Verfahren unabhängig von deren Bezeichnung gelten, in denen zwei oder mehrere Parteien
mit Hilfe eines Dritten (des Mediators) auf freiwilliger Basis selbst versuchen, eine Vereinbarung über die
Beilegung ihrer Streitigkeiten zu erzielen (Legaldefinition der „Mediation“). angenommen 52:3:7
6. Die Regeln sollten auch gelten, wenn Mediation zur Konfliktvermeidung in Anspruch genommen wird.
angenommen 45:5:12
7. Die die Mediation betreffenden Vorschriften sollten unterscheiden zwischen Mediation aufgrund
entsprechender Parteivereinbarung durch einen externen Mediator (sog. „vertragsautonome Mediation“),
die – nach Anhängigkeit eines Gerichtsverfahrens über den Streitfall – auch vom Gericht angeregt werden
kann (sog. „gerichtsnahe Mediation“), und Mediation über einen bei Gericht anhängigen Streitfall durch
einen Richtermediator (sog. „gerichtsinterne Mediation“). angenommen 43:10:10
C. Regelungsbedarf bei der vertragsautonomen Mediation
8. a) Als Mediator sollte nur tätig werden dürfen, wer zu dieser Tätigkeit zugelassen worden ist. Der
Gesetzgeber sollte durch Schaffung eines regulierten Berufsbildes die Anforderungen an den Zugang zum
Beruf des Mediators regeln. abgelehnt 9:53:2
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b) Die Tätigkeit als Mediator sollte jedem offen stehen. Der Gesetzgeber sollte jedoch regeln, dass, unter
welchen Voraussetzungen und mit welchen Rechtsfolgen Mediatoren staatlich anerkannt werden können.
abgelehnt 27:38:0 67.
c) Der Gesetzgeber sollte für Mediatoren kein Zulassungs- oder Anerkennungsverfahren einführen. Es
genügt, die jeweiligen Anforderungen im Berufsrecht der Herkunftsberufe festzulegen, in deren Ausübung
der Berufsangehörige als Mediator tätig werden will. abgelehnt 24:37:5
d) Normativer berufsrechtlicher Regelungen bedarf es nicht. abgelehnt 20:34:8
9. a) Im RDG sollte ausdrücklich geregelt werden, dass Mediation einschließlich der Herbeiführung und
Abfassung einer rechtsverbindlichen Abschlussvereinbarung keine Rechtsdienstleistung ist. Die zwingende
Beteiligung von Anwälten oder Notaren in der Mediation widerspricht dem Charakter der Mediation als
einem privat-autonomen Konfliktlösungsverfahren. abgelehnt 7:50:4
b) Im RDG sollte ausdrücklich geregelt werden, dass Mediation einschließlich der Herbeiführung und
Abfassung einer rechtsverbindlichen Abschlussvereinbarung unter folgenden Voraussetzungen keine
Rechtsdienstleistung ist. Der Mediator muss die Parteien auf seine fehlende juristische Qualifikation und
die Notwendigkeit rechtlicher Beratung hinweisen, wenn er nicht zu Rechtsdienstleistungen befugt ist.
Und: Der Mediator darf keine rechtlichen Hinweise, rechtlichen Bewertungen oder Regelungsvorschläge
geben. angenommen 31:25:7
10. a) Das Gesetz sollte die Zulässigkeit der Tätigkeit als Mediator von bestimmten berufsübergreifend
festgelegten Ausbildungserfordernissen abhängig machen. abgelehnt 13:48:1
b) Das Gesetz sollte die Zulässigkeit der Tätigkeit als Mediator von keinen Ausbildungserfordernissen
abhängig machen, sondern die Festlegung etwaiger Ausbildungserfordernisse autonomen
berufsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Herkunftsberufes überlassen. angenommen 36:18:8
c) So sollte die Satzungsversammlung bei der Bundesrechtsanwaltskammer durch Erweiterung der
Satzungsermächtigung des § 59 b Abs. 2 BRAO ermächtigt werden, die Ausbildungsstandards für
Anwaltsmediatoren in der BORA näher zu regeln. angenommen 17:13:34
11. Um das Vertrauen in die Qualität der Mediation zu fördern, ist ein bundesweit einheitliches staatliches
Anerkennungsverfahren für fachlich qualifizierte Mediatoren einzuführen, wobei die Anerkennung in
einer behördlich zu führenden Mediatorenliste dokumentiert werden sollte. abgelehnt 15:43:4
12. Das Gesetz sollte aus Gründen der Inkompatibilität als Mediator ausschließen:
a) Personen in Angelegenheiten, in denen diese selbst, ihre Ehe- oder Lebenspartner oder
Verwandte/Verschwägerte (bis zu einem zu bestimmenden Grad) Partei sind, angenommen 38:15:8
b) Personen in Angelegenheiten von Parteien, mit denen sie sich zur gemeinschaftlichen Berufsausübung
verbunden haben, angenommen 31:19:13
c) Personen in Angelegenheiten von Parteien, von denen sie, ihre Ehe- oder Lebenspartner, ihre
Verwandten oder solche, mit denen sie den Beruf gemeinschaftlich ausüben, zur Vertretung
bevollmächtigt oder als gesetzliche Vertreter oder Parteien kraft Amtes zu handeln berechtigt sind oder
waren, angenommen 37:16:10
d) Letzteres gilt nicht, wenn die Vertretung oder Befugnis beendet ist und der Mediator von den Parteien
in Kenntnis der Vorbefassung zum Mediator bestimmt wird. angenommen 28:15:19
13. a) Eine wesentliche Grundlage der Mediation ist die Vertraulichkeit, die gesetzlich geschützt sein
sollte. Hierzu empfiehlt sich, im Zivilprozess ein Beweisverwertungsverbot etwa wie folgt vorzusehen:
„Vorbehaltlich der Zustimmung der Parteien des Mediationsverfahrens dürfen im Mediationsverfahren
erlangte Informationen im gerichtlichen oder schiedsgerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden, es
sei denn, dies ist zum Schutz des Kindeswohls, zur Abwendung einer Beeinträchtigung der physischen
oder psychischen Integrität einer Person oder aus sonstigen vorrangigen Gründen der öffentlichen 67.
Deutscher Juristentag Erfurt 2008 24
Ordnung geboten oder die Auskunft ist für die Erfüllung oder Vollstreckung der Abschlussvereinbarung
erforderlich. angenommen 32:26:5
Dies gilt in allen weiteren Verfahrensordnungen. abgelehnt 8:49:5
b) Zusätzlich empfiehlt sich, im Zivilprozess eine Regelung vorzusehen, gemäß der, sofern die Parteien
nichts anderes vereinbaren, der Mediator und die in die Durchführung des Mediationsverfahrens
einbezogenen Personen berechtigt und verpflichtet sind, im Gerichts- oder Schiedsverfahren Aussagen zu
Informationen zu verweigern, die sich aus einem Mediationsverfahren oder im Zusammenhang mit einem
solchen ergeben, es sei denn, dies ist zum Schutz des Kindeswohls, zur Abwendung einer
Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität einer Person oder aus sonstigen vorrangigen
Gründen der öffentlichen Ordnung geboten, oder die Auskunft ist für die Erfüllung oder Vollstreckung
der Abschlussvereinbarung erforderlich.
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Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 48
angenommen 42:10:13
Dies gilt in allen weiteren Verfahrensordnungen. angenommen 26:23:9
14. Die unterschiedliche Ausrichtung der Tätigkeit des Rechtsanwalts als Interessenvertreter seines
Mandanten und des Anwaltsmediators als Vermittler zwischen den Parteien und Helfer für beide Parteien
macht bei Fortgeltung der allgemeinen anwaltlichen Berufspflichten im Übrigen eine eigenständige
normative Regelung über die besonderen Berufspflichten des Anwaltsmediators – in ihren Grundzügen in
der BRAO und in ihren Einzelheiten aufgrund entsprechender Ermächtigung der Satzungsversammlung
in der BORA – erforderlich.
abgelehnt 21:31:9
15 a) In der ZPO sollte neben den schon gegebenen Möglichkeiten der Titulierung der im
Mediationsverfahren erzielten rechtsverbindlichen Abschlussvereinbarung (Anwaltsvergleich § 796 a;
vollstreckbare notarielle Urkunde § 794 Abs.1 Nr. 5) als einfachere und kostengünstigere Variante die
Titulierung als „Mediationsvergleich“ in der Weise vorgesehen werden, dass der Mediator die von den
Parteien unterzeichnete, die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung enthaltende
Abschlussvereinbarung beim zuständigen Amtsgericht hinterlegt, das sie auf Antrag beider Parteien oder
einer Partei mit Zustimmung der anderen Partei nach Rechtskontrolle für vollstreckbar erklären kann bei
Gewährung der Rechtsschutzmöglichkeiten entsprechend § 796 c Abs. 2 S. 2 ZPO. abgelehnt 13:39:7
b) In den Verfahrensordnungen sollte der Landesgesetzgeber ermächtigt werden, Mediatoren unter
gesetzlich näher festzulegenden Voraussetzungen als Gütestellen anzuerkennen, die die
Abschlussvereinbarung gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 4 b ZPO zu titulieren berechtigt sind.abgelehnt 17:37:8
c) Es empfiehlt sich nicht, in den Verfahrensordnungen den Landesgesetzgeber zu ermächtigen,
Mediatoren als Gütestellen anzuerkennen, die die Abschlussvereinbarung gemäß § 794 Abs.1 Nr. 4 b ZPO
zu titulieren berechtigt sind. Die Titulierung der Abschlussvereinbarung durch Nichtjuristen genügt nicht
dem rechtsstaatlichen Erfordernis ihrer rechtlichen Überprüfung auf Übereinstimmung mit zwingendem
Recht. angenommen 39:5:17
16. Regelungen der Verjährungshemmung während eines Mediationsverfahrens über § 203 BGB hinaus
sind nicht erforderlich. Das Gesetz sollte aber klarstellen, dass die Verjährungshemmung des § 203 Abs.1
BGB auch für die Mediation gilt. angenommen 50:6:3
17. a) Zur Förderung der vertragsautonomen Mediation sollte für bedürftige Parteien eine
Mediationskostenhilfe eingeführt werden. abgelehnt 9:47:8
b) Die Einführung einer allgemeinen Mediationskostenhilfe empfiehlt sich nicht. Mediationsverfahren, auf
die das Gericht die Parteien verweist, sollten jedoch in die Prozesskostenhilfe einbezogen werden.
angenommen 54:5:5 67. Deutscher Juristentag Erfurt 2008 25
18. a) Die Verfahrensordnungen sollten die Kostenverteilungsregelungen der §§ 91 ff. ZPO dahin
ergänzen, dass die fehlende Bereitschaft einer Partei, sich auf ein Mediationsverfahren einzulassen, bei der
Kostenverteilung vom Gericht zu berücksichtigen ist. abgelehnt 0:60:1
b) Die Verfahrensordnungen sollten die Kostenverteilungsregelungen der §§ 91 ff. ZPO dahin ergänzen,
dass die fehlende Bereitschaft einer Partei, sich auf ein Mediationsverfahren einzulassen, bei der
Kostenverteilung vom Gericht berücksichtigt werden kann. abgelehnt 23:39:1
c) Sanktionen als Folge der fehlenden Bereitschaft, sich auf eine Mediation einzulassen, empfehlen sich
derzeit nicht. angenommen 51:4:7
D. Besonderer Regelungsbedarf bei der Mediation im öffentlichen Recht
19. a) Das Verwaltungsverfahrensrecht sollte ausdrücklich die Möglichkeit regeln, ein Mediationsverfahren
„im“ oder parallel zum Verwaltungsverfahren durchzuführen. angenommen 41:3:10
b) Die Behörde kann die Vorbereitung und Durchführung einzelner Abschnitte des Verwaltungs- oder
Widerspruchsverfahrens, insbesondere auch eines Erörterungstermins, einem Verfahrensmittler
übertragen. angenommen 26:5:27
c) Die Behörde kann das Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren aussetzen, damit ein
Mediationsverfahren durchgeführt werden kann. angenommen 42:0:16
20. a) Im öffentlichen Recht bedarf die Vertraulichkeit wegen des Amtsermittlungsprinzips einer
speziellen Regelung. angenommen 35:6:14
b) Vorbehaltlich der Zustimmung der Beteiligten unterliegen im Mediationsverfahren erlangte
Informationen, soweit sie nicht für die behördliche oder verwaltungsgerichtliche Entscheidung
unerlässlich sind, der Geheimhaltung. angenommen 21:9:27
bid
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Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 49
c) Im Mediationsverfahren erhobene „Beweise“ (z. B. Hinzuziehung eines Sachverständigen) können nur
mit Zustimmung aller Beteiligten in das Verwaltungs- oder Verwaltungsgerichtsverfahren eingeführt
werden. angenommen 26:7:23
E. Regelungsbedarf bei der gerichtsinternen Mediation
21. In den Verfahrensordnungen sollte vorgesehen werden, dass die Parteien, ggf. auch auf Anregung des
Gerichts, beantragen können, ihre Streitigkeit an einen nicht für die streitige Entscheidung zuständigen
Richtermediator oder externen Mediator zu verweisen. angenommen 48:3:5
22- a) § 278 Abs.2 ZPO sollte dahin ergänzt werden, dass die Güteverhandlung mit Einverständnis der
Parteien auch als gerichtsinterne Mediation durch einen für die Streitentscheidung nicht zuständigen
Richter durchgeführt werden kann und der Rechtsstreit für diesen Fall an den Richtermediator zu
verweisen ist. Entsprechende Regelungen sollten in den anderen Verfahrensordnungen vorgesehen
werden. angenommen 42:9:4
b) § 278 Abs.5 ZPO sollte sowohl die Möglichkeit der Verweisung an einen externen Mediator als auch
die Verweisung an einen Richtermediator vorsehen. angenommen 55:2:2
23. Das Gesetz sollte regeln, dass der Richtermediator berechtigt ist, die in der Mediation erzielte
Abschlussvereinbarung als gerichtlichen Vergleich zu protokollieren. angenommen 52:4:0
24. a) Der im Falle der gerichtsinternen Mediation tätig werdende Richtermediator sollte nicht von den
Parteien gewählt werden können, sondern sich als der für diesen Fall gesetzliche Richter aus dem
Geschäftsverteilungsplan ergeben. abgelehnt 10:45:3
b) Der im Falle der gerichtsinternen Mediation tätig werdende Richtermediator sollte aufgrund
gerichtsinterner Regelungen bestimmt werden. angenommen 27:22:9
25. Das Gesetz sollte regeln, dass als Richtermediator nur tätig werden darf, wer die dafür hinsichtlich
Inhalt und Umfang festgelegte Mediatorenausbildung erfolgreich abgeschlossen hat. abgelehnt 16:36:4
26. In die Verfahrensordnungen ist eine Bestimmung aufzunehmen, inwieweit der Richtermediator bei
fortbestehender Bindung an die Verfahrensordnung und das ihn betreffende Berufsrecht im Übrigen
besondere Regelungen für die gerichtsinterne Mediation zu beachten hat. abgelehnt 10:47:5
27. Das Mediationsgeheimnis sollte für die gerichtsinterne Mediation in gleicher Weise wie bei der
vertragsautonomen Mediation geschützt werden. angenommen 50:3:2
28. Die Mediation beruht auf freiwilliger Teilnahme. Die Möglichkeit, eine Mediation gerichtlich oder
behördlich anzuordnen, sollte deswegen weder bei der gerichtsnahen noch bei der gerichtsinternen
Mediation vorgesehen werden. angenommen 46:6:5
29. a) Die gerichtsinterne Mediation sollte das Gerichtverfahren weder für den Staat noch für die Parteien
verteuern. Sie sollte deswegen keine gesonderten Gerichtskosten auslösen, sondern mit den
Gerichtsgebühren des Verfahrens abgegolten sein. angenommen 45:3:8
b) Die gerichtsinterne Mediation sollte das Gerichtverfahren weder für den Staat noch für die Parteien
verteuern. Sie sollte deswegen über eine etwaige Vergleichsgebühr hinaus keine zusätzlichen
Anwaltsgebühren auslösen, sondern mit den durch das Streitverfahren ausgelösten Anwaltsgebühren
abgegolten sein. angenommen 43:8:7
30. Soweit das Gericht die Mediation durch einen externen Mediator empfohlen hat, ist gesetzlich zu
regeln, dass der Mediator nicht von den Parteien, sondern aus der Staatskasse bezahlt wird. abgelehnt
12:41:5
31. Im Falle einer gütlichen Einigung vor Gericht oder dem Mediator sollte die Erstattung der
Gerichtsgebühren entfallen. abgelehnt 21:30:6
32. Das landesgesetzlich gemäß § 15a EGZPO zwingend vorgeschaltete Schlichtungsverfahren hat sich
nicht bewährt. § 15a EGZPO sollte aufgehoben werden. angenommen 33:13:13
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Informationsdienst RECHT: Aktuelle Nachrichten
Ausgabe vom 15.05.2016 / Seite 50
67. Deutscher Juristentag (djt) in Erfurt:
Erwartungen wurden deutlich übertroffen
Einladung zum 68. Deutschen Juristentag Berlin 2010
Exakt 2 872 Juristinnen und Juristen waren es dann letztendlich, die am
67. Deutschen Juristentag 2008 in Erfurt teilgenommen hatten. Damit wurden
die Erwartungen deutlich übertroffen.
Erfurt.(bid) „Den Weg in die Juristenstadt Erfurt haben mehr Juristen gefunden, als
wir erwartet hatten. Für mich war es besonders schön, zu sehen, wie viele junge
Teilnehmer sich auf den Weg nach Erfurt gemacht haben“, sagte der Präsident des
67. Deutschen Juristentags, Prof. Dr. Martin Henssler, am Freitag in Erfurt.
Während der Schlusssitzung gab Prof. Henssler auch die Wahlergebnisse der
Ergänzungswahlen zur Ständigen Deputation, dem Vorstand des Deutschen
Juristentages e.V., bekannt: Neugewählt in den Vorstand wurde Rechtsanwalt Dr.
Rainer Klocke, Köln. Wiedergewählt wurden Rechtsanwalt Felix Busse, Bonn,
Richter
am
Europäischen
Gerichtshof
Prof.
Dr.
Thomas
von
Danwitz,
Luxemburg/Köln, Rechtsanwalt Prof. Dr. Thomas Mayen, Bonn, Vorsitzende
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ingeborg Tepperwien, Karlsruhe und Prof. Dr.
Gregor
Thüsing,
LL.M.,
Bonn.
Bestätigt
wurde
die
Kooptation
von
Ministerialdirektorin im Bundesjustizministerium Marie-Luise Graf-Schlicker, Berlin.
Prof. Henssler lud schon jetzt die deutschen Juristen zum 68. Deutschen Juristentag
2010 in Berlin ein. Der Juristentag, der vom 21. – 24. September 2010 tagt, findet im
Jubiläumsjahr des 150-jährigen Bestehens des Deutschen Juristentags e.V. statt.
Außerdem freut sich der Deutsche Juristentag besonders, wenn auch möglich viele
deutsche Juristen den Weg zum 5. Europäischen Juristentag von 1. – 3. Oktober
2009 in Budapest finden (weitere Informationen unter www.eurojurist2009.hu).
bid
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