Sozialisation

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Sozialisation:
Begriff & Problem:
 lange Zeit in Soziologie: Anpassung des Menschen an die Gesellschaft bzw. Aneignung der herrschenden
Werte, Normen & Rollen

Probleme:

Neue Definition:
Sozialisation= Entwicklung der Persönlichkeit aufgrund ihrer Interaktion mit einer mit einer spezifischen
materiellen & sozialen Umwelt
1.) alle Sozialisationsprozesse, die von der Norm abweichen, fallen nicht unter den
Sozialisationsbegriff
2.) Subjekte= Ausführende von vorgegebenen Rollen eigener Beitrag zur Sozialisation
wird ignoriert
3.) schließt aus, dass Sozialisation auch für den sozialen Wandel wichtig ist
 zeigt: Umweltbedingungen haben Einfluss auf die Entwicklung der Persönlichkeit
 komplexe Wechselwirkung, in der das Subjekt aktiv beteiligt ist & sich zu einem Individuum entwickelt

Begriff Persönlichkeit spielt dabei eine wichtige Rolle: (normative Dimension)
 man will nicht bei einer willkürlichen Setzung bleiben, sondern benötigt eine Begründung!
 Handlung des Individuums beeinflusst die gesellschaftliche Entwicklung
 Begründungen werden somit gesellschaftstheoretisch reflektiert
 vorrangiges Interesse bei Untersuchungen: Entstehung gesellschaftlich handlungsfähiger Subjekte

Sozialisation= gegen die Meinung: (nativistische Position= wiederlegt für empirische
Sozialisaztionsforschung)
 dass der Mensch im Metaphysischen wurzelt (also: von empirischen Bedingungen unabhängig ist)
 dass Persönlichkeitsmerkmale angeboren sind oder sich im Laufe der Zeit aus sich selbst
herausentwickeln

Gegenteil: (anthropologische Tatsache)
 der angeborene Instinkt ist für Handlungen nicht ausreichend
 weiterer Fehlschluss: (sozialisationstheoretische Sicht) Intelligenz ist durch Vererbung festgelegt
 Wirklichkeit: Besonderheit des Menschen liegt in seinem Großhirn & der Fähigkeit zu lernen darauf
angewiesen!!!

Sozialisation= Wechselwirkung zwischen angeborenen Merkmalen & gesellschaftlichen
Umweltbedingungen

Unterschied Sozialisation – Erziehung:
Erziehung: beschränkt sich auf intentionales Verhältnis zwischen Erzieher & Zögling, Vermittlung
bestimmter Inhalte, bestimmte Institutionen
Sozialisation:  befasst sich mit allen Bedingungen der Persönlichkeitsentwicklung
weiter gefasst; schließt Erziehungsbegriff ein
Bedeutung für Pädagogik: erweitert das theoretische & praktische Wissen über die
Bedingungen der menschlichen Entwicklung & Bildung

Theorieansätze: (gibt keine fertig entwickelte Theorie)
 Grund: komplex & schließt verschiedene wissenschaftliche Disziplinen ein (Soziologie, Psychologie)
 4 Faktoren für die Persönlichkeitsentwicklung:
1.) jede Sozialisationsbedingung (z.b.: Elternverhalten)= Glied einer langen Kette von Bedingungen
2.) viele äußere Bedingungen sind gleichzeitig relevant (Eltern/ Schule/ kulturelles Milieu)
3.) hängt von den bereits erworbenen individuellen Strukturen ab
4.) zeitunabhängige lebensgeschichtliche Erfahrungen werden eigenständig verarbeitet, aber treten
trotzdem in Wechselwirkung
 zentrale Frage= Problem: wie Umwelteinflüsse bzw. Erfahrungen zu dauerhaften
Persönlichkeitsmerkmalen werden

Beiträge:
 Freud (Psychoanalyse):
o zwischen menschlicher Triebstruktur & der gesellschaftlichen Realität (Eltern) entsteht ein
Konflikt; Triebwünsche müssen zurückgewiesen werden (Ödipus-Situation)
o enstehende Charakterstruktur= Niederschlag wie Probleme verarbeitet werden
o Kern= Über-Ich-Modell des Gewissens
o geht um Sozialisation in der frühen Kindheit & in der Familie
o Analyse unbewusster Strukturen & ihrer Entwicklung
 Piaget (Theorie der kognitiven Entwicklung):
o Handlungen in Auseinandersetzung mit der Umwelt werden verinnerlicht (angenommen &
gewöhnt) & dann in einen systematisch-logischen Zusammenhang gebracht
o lassen sich neue Gegenstände nicht mehr begreifen mit vorhandenen Schemata (Assimilation/
Nachahmung) Weiterentwicklung (Akkomodation/ Anpassung)
o logisch-mathematisches Denken= Weiterentwicklung zu einer Theorie des moralischen
(soziales Bewusstsein) (Kohlberg)
 Aneignungstheorie (in materialistischer Psychologie):
o Verinnerlichung der Wirklichkeit im Bezug auf Arbeit, aber zielt stärker auf die
gesellschaftlichen, kulturellen & historischen Aspekte
o Sprache hat dabei eine wichtige Bedeutung
o behavioristische Lerntheorie hat sich nicht durchgesetzt wegen subjektfeindlichem
Menschenbild
 bisher nur ANREGUNGEN ZU HYPOTHESEN!!!

Empirische Forschungsschwerpunkte:
 Subjekte & deren Entwicklung gehen gesellschaftliche Momente ein Entstehung hat lange Tradition
 Drittel des 20. Jahrhunderts Versuch amerikanischer Kulturanthropologen
o Wie wirkt sich Art & Pfleg der Erziehung auf die Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen aus
(mit psychoanalytischer Theorie)
 50er Jahre amerikanische Gesellschaft untersucht
o Unterschiede familialer Situation zwischen verschiedenen sozialen Klassen
o Unterschiede des Erfolgs von Arbeiterkindern im Bildungssystem
 daraufhin Deutschland amerikanische Sozialisationsforschung auf Bildungsreform der 60er
übertragen
 70er Jahre zahlreiche Diskussionen & Forschungstätigkeiten
o Zuerst Soziologen, dann Psychologen & Erziehungswissenschaftler
o Immer mehr Lebensbereiche & Altersstufen umfasst

Sozialisation in der Familie: (am besten erforscht)
 hat historische Gründe & in den ersten Lebensjahren sehr entscheidend
 psychoanalytische Theorie Hospitalismus-Forschung in Säuglings- & Kinderheimen:
o wenn kein ausreichender Kontakt zu der Bezugsperson in den ersten paar Lebensjahren
besteht Folge: bleibende, psychische Schäden
o z.b.: Krankheiten in der Familie bedeutende Interaktionsmuster für frühkindliche
Sozialisation
o z.b.: neurotische Probleme der Eltern unbewusst Kinder in Rollen drängen
o z.b.: Geschwisterkonstellation hat Einwirkung auf späteres Verhalten gegenüber dem Partner
o z.b.: widersprüchliche Kommunikation (double bind) Ich-Defekte
 andere Forschungsrichtung; Mittelpunkt: Erziehungsstile als Kombination von Verhaltensmerkmalen &
Wirkungen auf das Kind

Schichtenspezifische Sozialisationsforschung der 60er & 70er:
 zwischen Eltern der sozialen Mittelschicht & Eltern aus der Unterschicht (Industriearbeiter) gibt es
charakteristische Unterschiede in erziehungsrelevanten Wertvorstellungen (Selbstständigkeit,
Eigenverantwortung, Gehorsam, Ordnung) & Erziehungspraktiken (Strafen)
 unterschiedlicher Sprachgebrauch (Bernstein)
 unterschiedliche Lebensstruktur (aufgrund von der Erfahrung am Arbeitsplatz)
 führt zu unterschiedlichen Ausprägungen bestimmter Persönlichkeitsmerkmale moralische
Orientierung, kontextabhängige Sprach- & Denkstrukturen, Leistungsmotive, Fähigkeit zum Aufschub
von Befriedigungen, Aggression,…
 neuer Begriff sozialstrukturelle Sozialisationsforschung statt schichtenspezifischer
Sozialisationsforschung
o zeigt: Abhängigkeit menschlicher Sozialisation von gesellschaftlichen Bedingungen
 Sozialisation= lebenslanger Prozess (andere Lebensalter, andere institutionelle Kontexte)

Sozialisation in der Schule:
 Unterrichtswirklichkeit kann als abweichender, „heimlicher“ Plan verstanden werden
 FEND Untersuchungen des inneren Schulmilieus
o Schule= soziales Erfahrungsfeld je nach Schultyp
 Analyse der psychischen Feinstruktur Etikettierungsansatz:
o geht davon aus, dass Erwartungen des Lehrers als Wirklichkeit interpretiert &
Handlungskonsequenzen hat
o kann führen zu Leistungssteigerung oder Entstehung von abweichendem Verhalten und/oder
verbrecherischen Karrieren (Delinquenz) STIGMATISIERUNG!! (schlechter Ruf,
Diskriminierung)
 Beziehung zwischen Schülern bzw. Gruppenprozesse peer group (Gruppe der Gleichaltrigen) wird als
eigene Sozialisationsinstanz gesehen

Sozialisation in der Arbeit:
 Arbeit verändert & bildet den Menschen (Marx)
 heute: Vielfalt von Arbeitstätigkeiten & entsprechende materielle & soziale Möglichkeiten der
Persönlichkeitsentwicklung, aber übergreifende Faktoren feststellbar
 unabhängig vom sozialen Status= z.b.: ob eine Tätigkeit bürokratischen oder unternehmerischen
Charakter hat
 KOHN folgende Merkmale des Arbeitsplatzes sind relevant:
o Organisationsstatus (Besitz an Produktionsmitteln versus Lohnabhängigkeit,
Bürokratisierungsgrad, Stellung in der Hierarchie)
o berufliche Autonomie (Grad der Überwachung, Routinisierung, Komplexität der Tätigkeit)
o Arbeitsbelastungen, Unsicherheiten
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Sozialisation in den Medien:
 POSTMAN; These Fernsehen verdrängt langfristig die bestehende Sprach- & Schriftkultur
 Arbeiten zu historischer Sozialisationsforschung auch bedeutend
 Sozialisation lässt sich auch nach Persönlichkeitsbereichen & -merkmalen aufschlüsseln, die sich in der
Entwicklung zeigen:
 Moral bzw. moralisches Bewusstsein
 Kongnitive Fähigkeiten
 Sprache & kommunikative Fähigkeiten
 soziale Kognition
 soziales Verhalten
 Geschlechtsidentität & geschlechtsspezifische Verhaltensweisen
 Leistungsmotive
 Aggressivität
 Delinquenz (über soziale Grenzen hinaus Straffälligkeit)
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