Maurice Ravel war eine eigenwillige

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Maurice Ravel:
Tzigane – Konzertrhapsodie für Violine
und Orchester
RSO CLASSIX am Mittag
Mittwoch, 29. Januar 2014, 13 Uhr
Liederhalle Stuttgart, Beethovensaal
Live-Übertragung in SWR2
Nemanja Radulovic, Violine
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR
Dirigent: Michel Tabachnik
Moderation: Kerstin Gebel
Autor: Joachim Westendorf, Sprachheilschule Villingen-Schwenningen
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung......................................................................................................................... 1
2. Maurice Ravel – Biografie ................................................................................................ 3
3. Kommentare und Anmerkungen zu „Tzigane“ .................................................................10
4. Vorschau: Internationales Musikfestival „Heidelberger Frühling“ ....................................14
5. Sehenswerte Filmbeiträge………………………………………………………….……………………………………15
6. Die Geige .......................................................................................................................15
7. Didaktische Hinweise……………………………………………………………………………………………………….19
8. Schülerarbeitsmaterialien ...............................................................................................20
1. Einleitung
1922 hörte Maurice Ravel die junge ungarische Virtuosin und Nichte Joseph Joachims, Jelly
D’Aranyi, in einem Konzert in London. Nach der Aufführung verbrachte Ravel den Rest des
Abends damit, D’Aranyi zahllose Zigeunermelodien auf ihrer Geige spielen zu lassen, wobei
er sie bat, die technischen Grenzen des Instruments auszuloten. Das Ergebnis dieser Begegnung ist Ravels virtuoser Klassiker Tzigane – Konzertstück für Solovioline und Orchester.
In der ursprünglichen Besetzung für Violine und Klavier bzw. Luthéal (einem Mechanismus,
der 1919 erfunden und in einen Flügel eingesetzt werden konnte und einen dem Cimbalon
ähnlichen Klang erzeugte) wurde Tzigane im April 1924 in London uraufgeführt, nachdem
der Komponist das Werk erst Tage zuvor vollendet hatte. Später orchestrierte Ravel das
Stück, und beide Fassungen gehören bis heute zum Standardrepertoire. Jelly D’Aranyi sollte
das Werk in beiden Fassungen viele Male im Laufe ihrer langen Karriere spielen.
Besetzung:
Violine Solo, 1. Flöte, 2. Flöte (Piccolo-Flöte) Oboe (2), Klarinette (2), Fagott (2), Horn (2),
Trompete, Percussion (Triangel, Timbre, Becken (Zimbel)) Celesta, Harfe, Violine (2), Viola,
Cello, Kontrabass. Dauer: ca. 10 Minuten
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Meine Unterrichtserfahrungen mit diesem Thema beziehen sich auf die Klassenstufe 3 in
einer Schule für Sprachbehinderte.
Im Rahmen der Unterrichtseinheit „Instrumentenkunde“ wurde die Geige vorgestellt, als
Instrument gezeigt, in Einzelheiten erklärt, vorgespielt, durfte ausprobiert werden, wurde
mit Arbeitsblättern besprochen. Wir hörten Violinmusik von Vivaldi, erlebten die Erzählfunktion der Musik, im Beispiel von „Peter“ und dem Wolf nach Prokofieff. Mit dieser Vorerfahrung präsentierte ich den Schülerinnen und Schülern ohne weiteren Kommentar Ravels
Tzigane. Nach erstmaligem Hören wurden die Kinder gebeten, ihre Höreindrücke zu verbalisieren. Erstaunlicherweise bildeten sich zunächst zwei (gleich große) Gruppen, die einerseits
diese Musik mochten oder andererseits stark ablehnten. Hier die spontanen ungefilterten
Kommentare:
cool
schön
sehr cool
interessant
romantisch
lustig
langweilig
sehr schrecklich
nicht best-of-king
super schrecklich
sehr übel
grauenhaft
Beim 2. Mal Anhören eine Unterrichtstunde und 2 Tage später durfte sich jedes Kind einen
bequemen Platz suchen, der Soloteil (ca. 4´ Dauer) konnte zweimal angehört werden. Zuvor
hatte ich die Kinder aufgefordert, ihre Fantasie spielen zu lassen, sich eine Geschichte einfallen zu lassen, die dazu passen würde. Die Vorgabe
hieß auch, anschließend etwas aus dieser Geschichte
gemalt-gezeichnet aufs Papier zu bringen. Alles sollte
ohne mündliche Äußerungen geschehen. So entstanden 12 bemalte Blätter, die anschließend in einem
Gesprächskreis erläutert und besprochen wurden.
Assoziierte Themen waren z.B. Märchen „Rotkäppchen“ (der Wolf wartet am Weg), „Peter und der
Wolf“, „Draculaura und Monsterhigh“, Jagdszene mit
einem Hirsch und 2 Jägern im Wald, Besuch im ChinaRestaurant von meiner Mutter und mir, Monsterbild
mit Riesenregentropfen. Die Aufmerksamkeit und das Interesse an der Musik nahm be-
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obachtbar bei jedem Hören zu, das war eine interessante Erfahrung. In Stichworten erfuhren
die Kinder abschließend noch die Entstehungsgeschichte des Stückes und erhielten Informationen zur Präsentation der ausgesuchten Musik, zum Solisten, Dirigenten und Orchester.
2. Maurice Ravel - Biografie
Geboren 07. März 1875 in Ciboure, Pyrénées Atlantiques
gestorben 28. Dezember 1937 in Paris
Von Maurice Ravel lässt sich nur sehr schwer ein persönliches Porträt zeichnen, da der
Künstler in privaten Dingen sehr verschlossen war. Doch es gab zwei elementare Ereignisse,
die unmittelbar hintereinander unauslöschliche Spuren in Maurice Ravels Leben hinterließen
und ihn schließlich aus der Bahn warfen: Der Erste Weltkrieg, an dem der Komponist aktiv
teilnahm, sowie der Tod seiner Mutter im Januar 1917, dem ihm am nächsten stehenden
Menschen.
Kindheit und Jugend
Joseph-Maurice Ravel wird am 7. März 1875 als ältester Sohn des Ingenieurs und Erfinders
Pierre-Joseph Ravel und seiner Frau Marie, einer spanischen Seefahrer-Tochter aus dem
Baskenland, in Ciboure, Département Basses-Pyrénées, geboren. Wenige Monate nach der
Geburt des Sohnes zieht die Familie in ein Haus in der Nähe des Montmartre in Paris.
Beide Elternteile fördern eine musikalische Entwicklung des Sohnes auf ihre Weise: Der Vater eröffnet Maurice frühzeitig einen Zugang zur Schatztruhe der abendländischen Musik,
die Mutter vermittelt dem Sohn die Welt der baskischen Volksmusik. Bereits im Alter von
sieben Jahren erhält Maurice erstmals auch gezielten Musikunterricht, und zwar sowohl in
der Praxis auf dem Klavier als auch in der Theorie. In dieser Zeit entstehen Ravels erste Kompositionen, u. a. für das Klavier geschriebene Variationen über Themen von Robert Schumann und Edvard Grieg. Ab 1888 erhält Maurice weiterführende pianistische Studien bei
Émile Descombes, einem Lehrer des Pariser Konservatoriums. Dort lernt Maurice den gleichaltrigen spanischen Pianisten Ricardo Viñes (1875-1945) kennen, der in den folgenden Jahren nicht nur sein engster Freund, sondern vor allem sein künstlerischer und geistiger Men-
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tor wird und mit seinem Freund auf „Schatzsuche" durch die Geschichte der Musik geht sowie Ravel die Welt der Literatur eröffnet.
Am Pariser Konservatorium
Nach einem Vorspiel am 4. November 1889 wird Maurice Ravel als Jungstudent am Konservatorium aufgenommen. Seine Lehrer sind Charles de Bériot (Klavier) und Émile Pessard
(Harmonielehre), die von dem mangelnden Ehrgeiz ihres Schülers tief enttäuscht sind. Als
auch bei den regelmäßig stattfindenden Prüfungen keine Erfolge zu verzeichnen sind, wird
der Student Ravel 1895 vom Unterricht ausgeschlossen und verlässt wenig später das Konservatorium.
Stattdessen hatte sich das kompositorische Talent mehr und mehr Bahn gebrochen. Inspiriert von Komponisten wie Emanuel Chabrier (1841-1894) und Erik Satie (1866-1925), entstehen in dieser Zeit u. a. das Menuet antique für Klavier zu zwei Händen und die Habanera
für zwei Klaviere (beide 1895). Sowohl Chabrier als auch Satie hat Ravel persönlich kennen
gelernt, insbesondere zu dem letzteren entwickelt sich spontan eine von gegenseitigem Respekt getragene Künstlerfreundschaft.
1897 nimmt Maurice Ravel einen zweiten Anlauf am Pariser Konservatorium, und diesmal
scheint er auf Lehrer gestoßen zu sein, die ihm schließlich doch noch das notwendige technische Rüstzeug vermitteln können wie André Gédalge (1856-1926) mit seiner undogmatischen Methode in den Fächern Kontrapunkt und Orchestration, und vor allem künstlerisch
inspirieren wie Gabriel Fauré (1845-1924) im Fach Komposition.
Steiniger Weg zum Ruhm
Die ersten Begegnungen des Pariser Publikums mit Ravels Musik gestalten sich zu einem
Fiasko: die zwei unter dem Titel Sites auriculaires (Hörlandschaften) zusammengefassten
Werke für zwei Klaviere in spanischem Kolorit sprechen das konservative Publikum ebenso
wenig an wie die Uraufführung der Ouvertüre Shéhérazade am 27. Mai 1899 unter der Leitung des Komponisten. Die Kritik zu diesem zweiten Konzert legt das Fundament für den sich
wenig später entwickelnden Debussy-Ravel-Dualismus, vor allem jedoch erschüttern die hämischen und abfälligen Bemerkungen das künstlerische Selbstbewusstsein des jungen Musikers nachdrücklich.
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Doch drei Jahre später beschert die Uraufführung der zwei Klavierwerke Pavane pour une
infante défunte und Jeux d'eau am 5. April 1902 durch seinen Freund Ricardo Viñes dem
Komponisten erstmals öffentliche Anerkennung und zwei Jahre später bedeutet die Premiere des Streichquartettes Quatuor à cordes am 5. März 1904 den endgültigen Durchbruch.
Ravel und Debussy
Claude Debussy (1861-1918), französischer Komponist.
Aus heutiger Sicht gelten Maurice Ravel und Claude Debussy als Inbegriff der Musik des Impressionismus. Und doch haben beide Komponisten nicht nur wenig künstlerisch gemeinsam, sondern sich unabhängig voneinander vehement dagegen gewehrt, ihre Musik als impressionistisch kategorisiert zu sehen oder in irgendeine andere Art von Schublade gesteckt
zu werden.
Das Verhältnis zwischen Ravel und dem zwölf Jahre jüngeren Debussy stellt sich heute ähnlich verzerrt dar wie die angebliche Feindschaft zwischen den beiden Walzerkönigen Lanner
und Strauß. Auch hier ist es in erster Linie das Publikum, das sich in die zwei Lager der Debussyisten und Ravelisten spaltet und Stimmung gegen den jeweils anderen Komponisten
macht. Zum Eklat kommt es schließlich, als auch die Presse auf diesen bereits fahrenden
Propagandazug aufspringt. Im Kernpunkt drehen sich die Kritiken um die Frage, wer wen
imitiert, wer zuerst den neuen Stil geprägt und damit das Anrecht darauf hat. Selbstverständlich hat die geistig-kulturelle Atmosphäre des Paris zu Beginn des 20. Jahrhunderts beide Komponisten geprägt und beeinflusst und dennoch haben sie sich jeweils individuell und
voneinander unterschiedlich künstlerisch entwickelt. Darüber hinaus haben sich beide Komponisten gegenseitig inspiriert und beeinflusst.
Erster künstlerischer Wendepunkt
Einen künstlerischen Wendepunkt hin zu freieren, improvisationsähnlichen Formen markiert
in Maurice Ravels Werk neben der Sonatine für Klavier das fünfsätzige Klavierwerk Miroirs
(1904/05), das am 6. Januar 1906 ebenso erfolgreich uraufgeführt wird wie zwei Monate
später die Sonatine. Endgültig gefestigt hat sich Ravels neue musikalische Richtung in den
Liedern Histoires naturelles nach Gedichten von Jules Renard (1864-1910), die allerdings in
ihrer Neuartigkeit bei der Uraufführung am 12. Januar 1907 einen ähnlichen Skandal provo-
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zieren wie ein Jahr zuvor Arnold Schönberg mit seiner Kammersinfonie und den Komponisten zur Gründung eines eigenen Forums für die Präsentation seiner und anderer zeitgenössischer Musik anregen. Das ist die Geburtsstunde der Société Musicale Indépendante, der als
Präsident der noch allem Neuen gegenüber aufgeschlossene "grande compositeur" Gabriel
Fauré vorsteht. Erstmalig einen Erfolg kann Ravel 1908 bei der Uraufführung der Rhapsodie
espagnole verbuchen.
Eine konsequente Fortsetzung in dieser Richtung bedeutet ab 1911 Ravels Motto „keine
Prinzipien". Damit weist der Komponist nicht nur auf seine Emanzipation von jeglichem Versuch der Einflussnahme hin, sondern gibt auch telegrammartig eine Vorschau auf sein zukünftiges Wirken, das ohne Einschränkung offen für alle Richtungen sein soll.
Inzwischen hat sich Ravels Ruf in Künstlerkreisen so weit verbreitet, dass Serge Diaghilew
(1872-1929) ihn im Juni 1909 zur Vertonung des Librettos von Daphnis und Chloé bittet. Obwohl sich die künstlerische Zusammenarbeit mit dem Librettisten Michail Fokine (18801942) aufgrund sprachlicher Probleme als schwierig erweist (das Libretto ist in russischer
Sprache verfasst), gelingt Ravel mit diesem Ballett eines seiner Meisterwerke, auch wenn
das Publikum der Pariser Uraufführung vom 5. August 1912 dies noch nicht zu würdigen
weiß.
Kriegsjahre
Auch an Maurice Ravel geht der Erste Weltkrieg nicht spurlos vorüber, im Unterschied zu
vielen anderen entscheidet sich der Komponist jedoch bewusst zu einer aktiven Beteiligung
am Krieg und zur Verteidigung der "Internationale(n) und (des) Friede(ns)". Nachdem er zunächst aufgrund seines Körpergewichtes (zwei Kilogramm zu leicht) abgelehnt worden ist,
wird er im März 1915 als LKW-Fahrer eingezogen.
Eine Bauchfellentzündung bereitet Ravels Kriegs-„Abenteuer" im September 1916 ein unerwartetes Ende. Als der Komponist wenige Wochen später nach Paris zurückkehrt, ist seine
Mutter schwer krank; sie stirbt nur wenige Monate später am 5. Januar 1917. Sowohl die
Kriegserlebnisse als auch der Tod der Mutter sollten in Ravel für den Rest seines Lebens unauslöschliche Spuren hinterlassen.
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Ein gebrochener Mann
Erst nach dem Tod seiner Mutter wird Maurice Ravel bewusst, wie sehr sich sein gesamtes
Leben und Schaffen um seine Mutter gedreht hatte, wie sehr sie ihn durch ihre Gegenwart
und Zuneigung inspirierte und ihm gleichzeitig Selbstbewusstsein vermittelte. Nach dem Tod
von Marie Ravel ist nichts wie vorher: Die Quellen des Komponisten Ravel trocknen zunehmend aus und versiegen schließlich fast vollständig, und der Mensch Ravel leidet seelisch,
aber auch körperlich, vor allem unter unerträglichen Kopf- und Nervenschmerzen. Ende des
Jahres 1917 vollendet Ravel den bereits drei Jahre zuvor begonnenen Klavierzyklus Le tombeau de Couperin (teilweise orchestriert 1919), eine Hommage an Couperin und die französische Musik des 18. Jahrhunderts. Die einzelnen Sätze dieses Werkes sind verschiedenen, im
Krieg gefallenen Freunden gewidmet.
Von herausragender Bedeutung in dieser Zeit ist die Vollendung der Ballettoper L'Enfant et
les sortilèges (Libretto: Colette). Das Werk wirkt wie ein künstlerisches Fazit des Komponisten Ravel, äußerst vielfarbig, vielgestaltig, einfallsreich und phantasievoll. Die Uraufführung
am 21. März 1925 in Monte Carlo unter der Leitung von Victor de Sabata gestaltet sich noch
einmal zu einem triumphalen Erfolg für den Komponisten.
Zweiter künstlerischer Wendepunkt
Trotz seiner zahlenmäßig geringen kompositorischen Ausbeute dieser Jahre stagniert der
Künstler Ravel nicht. Bester Beweis dafür ist die zwischen 1920 und 1922 entstandene und
dem 1918 verstorbenen Claude Debussy gewidmete Sonate für Violine und Violoncello. Das
Werk steht in deutlichem Kontrast zu Ravels früheren Werken und ist vor allem durch eine
„Askese der Mittel“ gekennzeichnet.
Anfang der 1920er Jahre verschlechtert sich Ravels Gesundheitszustand zunehmend. Seinen
Freunden und Bekannten zunächst noch weitgehend verborgen, gibt sich der mit einem realistischen Sinn ausgestattete Komponist selbst keinen Illusionen hin. Und obwohl ihm ein
Arzt 1927 ein Jahr Arbeitsruhe verordnet, stürzt Ravel sich wie ein Ertrinkender in neue Aufgaben - wenn auch nicht immer mit Erfolg. Auffällig füllt in diesen Jahren auch eine bis dahin
stets gemiedene internationale Konzerttätigkeit Ravels Leben an.
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Instrumentation eines Ausschnitts der Partitur, Teil der Promenade aus ‚Bilder einer Ausstellung‘ von M. Mussorgskij in der instrumentierten Fassung von Maurice Ravel; darunter in der
ursprünglichen Fassung für Klavier.
Trotz seiner zunehmenden gesundheitlichen Beeinträchtigung entstehen in den folgenden
Jahren noch einige von Ravels bedeutendsten und bis heute bekanntesten Werken:

die Orchesterfassung von Mussorgskijs Bilder einer Ausstellung (1922)

die virtuose Konzertrhapsodie Tzigane für Violine und Orchester (1924)

der avantgardistische Zyklus Chansons madécasses für Gesang, Flöte, Cello und Klavier nach Gedichten von Évariste de Parny

der 1928 komponierte Boléro, der seither einen solchen Siegeszug durch die Konzertsäle der ganzen Welt angetreten hat, dass daneben das restliche vielschichtige und
vielfarbige Œuvre des Komponisten oft zu verblassen droht

das Konzert für die linke Hand und Orchester (1929/30)

das Konzert für Klavier und Orchester (1929-1931)

die Filmmusik Trois Chanson de Don Quichotte à Dulcinée
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Im Oktober 1932 wird Ravel bei einem Verkehrsunfall leicht verletzt. Diese Verletzungen
reichen aus, um den schon seit längerer Zeit labilen Gesundheitszustand endgültig aus dem
Gleichgewicht zu bringen. In den folgenden fünf Jahren bis zu seinem Tod siecht Maurice
Ravel langsam dahin, unfähig sich weiter künstlerisch auszudrücken. Maurice Ravel stirbt am
28. Dezember 1937 nach einer wenige Tage zuvor erfolgten Gehirnoperation. Zwei Tage später wird sein Leichnam auf dem Friedhof von Levallois bei Paris beigesetzt.
Zusammenfassung zum Werk
Maurice Ravel war eine eigenwillige Persönlichkeit, was sich hörbar auch in seiner Musik
niedergeschlagen hat. Wesentlich geprägt wurde diese Persönlichkeit u. a. von seiner Mutter, deren baskisches Erbe sich auf vielfältige Art und Weise in seinem kompositorischen
Werk widerspiegelt. Maurice Ravels schöpferische Phantasie wird oft mit der eines Kindes
verglichen, bei dem noch keine Grenzen existieren und das Märchenhafte ein zentrales Element ist. Diese Phantasie ist bei Ravel mit einer meisterhaften Instrumentationskunst verbunden, wodurch Werke von außergewöhnlicher Farbigkeit und Lebendigkeit entstanden.
Maurice Ravels Werk lässt sich in drei Phasen gliedern: Nach einer impressionistisch beeinflussten Frühphase folgt eine Periode, in der Ravel sämtliche Grenzen zu sprengen versucht.
In seinem Spätwerk ab 1920 verfolgt der Komponist dagegen mit einer „Askese der Mittel“
das Ziel äußerster Vereinfachung - was ab 1930 in ähnlicher Intention Sergej Prokofjew mit
seiner „neuen Einfachheit“ beabsichtigt. Darüber hinaus hat sich Maurice Ravel von den verschiedensten musikalischen Einflüssen inspirieren lassen: Spanische Folklore oder Jazz,
„Klassiker“ oder zeitgenössische Komponisten.
Das Schwergewicht in Maurice Ravels Werk liegt in den Kompositionen für Klavier und in
vokalen Schöpfungen. In beiden Fällen verlangen die Werke vom Interpreten virtuose Technik, insbesondere die Vokalwerke setzen alle zur Verfügung stehenden Techniken ein und
sind von einem expressiven Deklamationsstil gekennzeichnet.
Aus: www.wissenmedia.de
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3. Kommentare und Anmerkungen zu Tzigane
Aus dem Programmheft des 5. Symphoniekonzerts der Hamburger Symphoniker am 20.
Januar 2013:
„Das heutige Konzert verbindet zwei sehr unterschiedliche Stücke von Maurice Ravel: die
virtuos-brillante Konzertrhapsodie für Violine und Orchester ‚Tzigane‘ und die Ballettsuite ‚Ma Mère l’Oye‘ (Meine Mutter, die Gans), das von Märchen aus dem 17. Jahrhundert
inspiriert ist. ‚Tzigane‘ bezieht sich bereits im Titel auf Zigeuner-Musik, in der virtuoses Violinspiel eine lange Tradition hat. Formal orientiert sich das Stück, wie die entsprechenden
Werke Béla Bartóks, mit der Abfolge Lassú - Friss - Csárdás an den Ungarischen Rhapsodien
von Liszt. Das Stück ist in drei Fassungen überliefert: mit Klavier, einem wie ein Cimbalom
klingenden Spezialklavier, und mit Orchester. Durch das Orchester war das Stück auch für
den Konzertsaal geeignet. Im Vordergrund steht hier die Virtuosität der Geiger in den Zigeunerkapellen: Kaum ein Stück häuft auf so engem Raum so viel spieltechnische Probleme auf.
Dabei gelingt Ravel das Kunststück, das effektvolle Werk als spontane Improvisation erscheinen zu lassen, obwohl es vom Gestaltungswillen des Komponisten bis ins Letzte durchgeformt ist. Die Uraufführungen mit Klavier und mit Orchester spielte Jelly d’Aranyi, eine
Großnichte des berühmten Geigers Joseph Joachim.“
Aus www.staatstheater-cottbus.de 2013:
„In Ravels ‚Tzigane‘ tanzt die Solovioline und genießt den großartigen Auftritt, den Ravel ihr
bereitet. Im Flair der ‚Zigeunertonleiter‘ schillert und strahlt sie in hochvirtuosen Drehungen
und Wendungen. Fast vier Minuten gehört ihr die Bühne allein, ehe das bis dahin gebannt
zuhörende Orchester mit flirrendem Klang einsetzt. Die Geiger in aller Welt sind Ravel noch
heute dankbar für dieses »Virtuosenstück im Geschmack einer Ungarischen Rhapsodie«, wie
er es selbst nannte. Die Inspiration für seine virtuose Konzert-Rhapsodie ‚Tzigane‘ bekam
Maurice Ravel 1924 durch die ungarische Geigerin Jelly d' Arányi. Anders als die virtuosen
Stücke Pablo Sarasates, seine ‚Zigeunerweisen‘ oder seine ‚Carmenfantasie‘, ist Maurice Ravels ‚Tzigane‘ eigentlich kein Stück, das den Interpreten mit eingängigen Melodien lockt. Eher ist es ein Stück über das Virtuosentum, das es wie aus der Distanz zu reflektieren scheint.
Eine Hintergründigkeit, die gerade den einen oder anderen Interpreten neugierig macht. Es
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beginnt mit einer langen Kadenz, bei der sich der Interpret entfalten und den satten Klang
der G-Seite zum Klingen bringen kann. Der Schluss ist dabei vor allem effektvoll zigeunerisch.
Aus www.br.de, 2010:
„Auskomponierte Improvisation: Nach einem Konzert der ungarischen Violinistin Jelly
d’Arányi im Jahr 1922, bei dem Ravel anwesend war, bat er sie, für ihn über Zigeunerweisen
zu improvisieren. Von der Virtuosität begeistert und durch die Melodien inspiriert, schrieb
Ravel der Ungarin das Stück auf den Leib. Womit er an Liszts ‚Ungarische Rhapsodien‘ und
Paganinis ‚Violin-Capricen‘ anknüpfte. Voller Zweifel schrieb Ravel vor der Uraufführung am
26. April 1924 an die Geigerin: „Einige Passagen könnten eine großartige Wirkung erzielen,
vorausgesetzt sie sind spielbar - worüber ich mir nicht völlig sicher bin." Ravels Bedenken
erwiesen sich als unbegründet. Ein halbes Jahr nach der Uraufführung erklang das vom Publikum gefeierte Bravourstück in einer Fassung für Violine und Lethéal, ähnlich einem ungarischen Zimbal, was den Klang noch exotischer machte. Dadurch, dass Ravels seine ‚Tzigane‘
am Klangbild zigeunerischer Musik angelehnt hat, wirkt es zumal sehr dunkel. Und obwohl er
das Werk auskomponiert hat, kann sich der Interpret doch ziemlich improvisatorisch entfalten. Eine Aspekt, der im klassischen Repertoire nicht sehr häufig vorkommt. Eine weitere
Besonderheit liegt darin, dass die ‚Tzigane‘ in zwei verschiedenen Versionen gespielt werden
kann: mit einer Klavier- oder Orchesterbegleitung.“
Aus www.dasorchester.de:
Maurice Ravels Konzertrhapsodie Tzigane gehört zu den populärsten und meistgespielten
Virtuosenstücken für Violine. Ravel hatte 1922 die ungarische Geigerin Jelly d’Arányi, eine
Großnichte der Violinlegende Joseph Joachim, kennen gelernt, als sie in Paris zusammen mit
Béla Bartók dessen brandneue erste Violinsonate vortrug. Persönlichkeit und Geigenspiel der
feurigen Ungarin beeindruckten ihn zutiefst. Den Plan, ihr eine Rhapsodie sozusagen maßgeschneidert ‚auf den Leib‘ zu schreiben, verwirklichte er aber erst zwei Jahre später: 1924
entstand Tzigane. Das Werk setzte sich in Windeseile durch, wiewohl die Rezeption von Beginn an geteilt war und es an kritischen Stimmen nie gefehlt hat, die die Komposition zum
Teil rundweg ablehnten. Hier mag manches Missverständnis mitschwingen. Ravels Ziel war
es, „ein Violinstück für Virtuosen zu schreiben“. Und weiter: „Es war nicht mein Bestreben,
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Ungarn heraufzubeschwören, das ich nicht kenne; meine Tzigane ist nicht das für Budapest,
was, unter meinen anderen Werken, La Valse für Wien und La Rhapsodie Espagnole für Spanien ist; es ist hauptsächlich ein Stück für die Violine.“ Und da es passend für Jelly d’Arányi
sein und ihre Art des Violinspiels reflektieren sollte, bot sich die Form einer ungarischen
Rhapsodie geradezu an. Ravel näherte sich dem Sujet mit der ihm eigenen respektvollironischen Distanz. Entstanden ist so ein Meisterwerk: raffiniert innovativ, temperamentvoll
und klangsinnlich, augenzwinkernd ironisch, poliert, extrem wirkungsvoll, virtuos, dabei aber
keineswegs überragend schwer zu spielen. Kein Wunder, dass es derart populär ist.
Die vorliegende Neuausgabe ist höchst willkommen. Christiane Baurs Einführung gibt kompetent und äußerst informativ Einblick in die Entstehungs- und Publikationsgeschichte, befasst sich mit den verschiedenen Fassungen des Werks – es existiert in drei Versionen: für
Violine entweder mit Luthéal- (präparierter Konzertflügel), Klavier- oder Orchesterbegleitung
–, mit frühen Aufführungen, Rezeption und Aufführungspraxis. Baurs Bemerkung, Ravel sei
mit Tzigane „an die Grenzen des technisch Machbaren gegangen“ darf man getrost ignorieren: kein Geiger heutzutage, der etwas auf sich hält, der es nicht im Repertoire hätte, es gibt
eindrucksvolle Aufnahmen im Dutzend. Der Ausgabe für Violine und Klavier sind zwei Geigenstimmen beigegeben, eine uneditierte Version und das Faksimile einer Einrichtung von
Adrienne Fachiri, einer Nichte Jelly d’Arányis, die eine Zeit lang Unterricht bei ihrer Tante
hatte und das Werk wohl (angeblich) mit der Widmungsadressatin – von der es weder eine
Einspielung noch eine eigenhändig eingerichtete Solostimme gibt – studiert hat. Wie weit
das nun authentisch und dann wiederum repräsentativ für Ravels Auffassung sein mag, sei
dahingestellt.
Der von Douglas Woodfull-Harris penibel sorgsam editierte Text der Neuausgabe hält einige
wenige Überraschungen parat, so z.B. das cis statt c in Takt 27 der großen Solokadenz. Sehr
zu loben, wiewohl leider durchaus nicht Standard aller heutigen Urtextausgaben, ist der sowohl der Orchesterpartitur als auch der Violin-Klavier-Ausgabe angefügte Kritische Kommentar. Da weiß man dann immerhin, woran man ist.“
Herwig Zack
Aus www.Anne-Sophie-Mutter.de :
„Tzigane, eine kleine Zigenuer-Geigen-Rhapsodie, schreibt Ravel 1924 für die ungarische
Geigerin Yelly d`Aranyi, der er das Stück auch widmet. Das Werk ist so tief in der ungarischen
Zigeunerfolklore und -musik verwurzelt, dass nicht wenige Zeitgenossen, die Ravels Sinn für
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musikalische Satiren kennen, sich fragen, ob dieses Stück nicht als eine Parodie auf all die
Liszt-Hubay-Brahms-Joachim-Schulen ungarischer Geigenmusik gedacht ist. Herbert Antcliff
ist sich jedoch sicher, dass Ravel es aufrichtig meinte. „Er ist zurückgekehrt zum Ursprung
aller guten Musik, zu den traditionellen Melodien und Gefühlen der Menschen, die nichts
auf Kunstfertigkeit und Konventionen geben." Das Werk ist auch deshalb so beeindruckend,
weil es idiomatisch so überaus korrekt geschrieben wurde, obwohl der Komponist Zeit seines Lebens nicht Geige gespielt hat. Tzigane beginnt mit einem Violinensolo, das lento in
eine lange Einleitung übergeht, ähnlich einer Kadenz oder freien Fantasie, und mit Doppelgrifftrillern endet. Danach setzt ein klarer Rhythmus ein, durch Pausen und gelegentliche
Klavierpassagen akzentuiert, die das Zigeunerkolorit der Musik hervorheben. Dieser Teil ist
eine darstellende Imitation eines typischen ungarischen Instrumentes, des Zymbals (eine Art
mit Saiten bespanntes Hackbrett, das mit zwei kleinen Holzhämmern gespielt wird). Gegen
Ende des Stückes wird das Tempo schneller, und der furiose, im Sechzehntelrhythmus gespielte Geigenpart endet abrupt in einer abschließenden Akkordfolge.“
4. Vorschau: Internationales Musikfestival Heidelberger Frühling
Schwerpunkt »Musik der Sinti und Roma«
Seit 600 Jahren leben Sinti und Roma in Europa. Ihre vielfältige Musikkultur, insbesondere
die ihrer ungarischen Musiker, prägte kontinuierlich die musikalischen Epochen auf dem
ganzen Kontinent. Die Violinmusik des 16. Jahrhunderts beispielsweise verdankt den Virtuosen der Sinti und Roma bedeutende Bereicherungen in der Spieltechnik wie den so genannten »Zigeunertriller«, ein in der Musikliteratur mittlerweile häufig zu findendes Zweifingervibrato. Im 17. Jahrhundert traten ungarische Roma-Geiger und -Ensembles an europäischen
Fürstenhöfen auf, unter ihnen Vorfahren der Musikerfamilie Lakatos, deren heute bekanntester Nachfahre der »Teufelsgeiger « Roby Lakatos ist. Der ungarische Tanz und Musikstil
Verbunko, als dessen Träger die Roma gelten, beeinflusste im späten 18. Jahrhundert die
»Wiener Klassiker« allen voran Joseph Haydn. Er pflegte als Kapellmeister bei der ungarischen Magnatenfamilie Esterházy persönlichen Kontakt zu Roma-Musikern. Aber auch Ludwig van Beethoven und später Franz Liszt hatten solche Kontakte. Sie waren Bekannte des
europaweit angesehenen Roma-Violinisten und -Komponisten János Bihari (1764-1827), der
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am Wiener Hof spielte. Zudem prägten Sinti und Roma im 19. Jahrhundert maßgeblich die
bürgerliche Musikkultur. Sie spielten in traditionell folkloristischen Musikgruppen, in den
aufkommenden Sinfonieorchestern, in Streichquartetten oder anderen Kammermusikformationen. Im 20. Jahrhundert schließlich war es wiederum ungarische Roma-Musik, die klassische Komponisten wie Ravel, Bartók, Strawinsky oder Kodály beeinflusste und ihnen Stilelemente lieferte. Aber nicht nur durch ihre Beiträge als Musiker hatten Sinti und Roma Einfluss auf die Entwicklung deutscher Musikkultur. Sie wurden ebenso »Vorbilder« für bestimmte musikalische Themen: Franz Liszts erste umfängliche Monografie zur sogenannten
»Zigeunermusik« und die damit verbundenen populären »Zigeunerthemen « wurden später
unter anderem von Brahms, Wolf und Mahler in der deutschen romantischen Musik aufgegriffen. Ein ideales Betätigungsfeld für Musiker der Sinti und Roma bot schließlich ab den
1920er Jahren der aufkommende Jazz. Als besonderes Stilmerkmal spielt hier die Geige im
Gegensatz zum klassischen Jazz eine tragende Rolle. Gerade der deutsche Sinti-Jazz brachte
viele bedeutende Jazz-Geiger wie Schnuckenack Reinhardt und Wedeli Köhler hervor.“
Prof. Max Peter Baumann
Kontakt: Internationales Musikfestival Heidelberger Frühling, Friedrich-Ebert-Anlage 27, 69117 Heidelberg
5. Sehenswerte Filmbeiträge
http://www.youtube.com/watch?v=m_7_SZNIMCY [mit Solist Nemanja Radulovic!]
http://www.youtube.com/watch?v=miNBWSLy0Ao
http://www.youtube.com/watch?v=vc4Dhipbo7U
http://www.youtube.com/watch?v=NFRscTuCFz8
6. Die Geige
Die Violine wird auch Geige genannt, obwohl dieser Begriff früher auch Bratschen, Celli, die
Vorläufer des Kontrabass und Gamben einschloss (siehe Namensursprung). Sie ist ein aus
verschiedenen Hölzern – oder neuerdings für experimentelle Zwecke auch aus Verbundwerkstoffen wie Carbon – gefertigtes Saiteninstrument. Ihre vier Saiten werden mit einem
Bogen gestrichen. In der Tradition der klassischen europäischen Musik spielt die Violine eine
wichtige Rolle, viele Komponisten haben ihr einen wichtigen Teil des Schaffens gewidmet.
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Violinen werden von Geigenbauern hergestellt. Die Bezeichnung Violine bedeutet eigentlich
„kleine Viola“ Der italienische Begriff Violino taucht erstmals um 1535 auf.
Die wichtigsten Bauteile
Teile der Violine im Querschnitt
Der Hals hat eine Länge von ca. 13 cm und ist mit dem Griffbrett (ca. 27 cm Länge) verleimt,
das etwa 14 cm über den Korpus ragt. Das Griffbrett ist aus Ebenholz und daher schwarz,
hart und verschleißfest. Der Korpus ist ein ca. 35 bis 36 cm langer Hohlkörper. Über den Sattel oder Obersattel am schmalen Griffbrettende führen die Saiten in den Wirbelkasten zu
den Wirbeln. Die Wirbel dienen zum Stimmen der Saiten. Die Schnecke am Ende des Wirbelkastens ist oft durch besondere Gestaltung ein Erkennungsmerkmal des Geigenbauers.
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Der Korpus hat folgenden Aufbau: Die Decke ist der mit zwei F-Löchern versehene, gewölbte, aus Fichtenholz gefertigte obere Teil. Die Decke ist fast immer aus zwei mittig miteinander verleimten Teilen gefertigt. Idealerweise wird „feinjähriges“ Holz (die Jahresringe liegen
eng und gleichmäßig) verwendet, das auf nährstoffarmem Boden in Hochgebirgsregionen
langsam gewachsen ist. Es wird in
der ersten Hälfte des Winters,
wenn sich möglichst wenig Saft im
Stamm befindet, geschlagen und
danach noch mehrere Jahre zur
weiteren Trocknung gelagert. Der
Boden bzw. Rücken ist meistens
aus Ahorn
gefertigt (seltener
kommen auch Pappel oder Weide
zur Verwendung) und ebenfalls
gewölbt. Der Boden kann einteilig
oder aus zwei miteinander verleimten Teilen gefertigt sein, was
an der Maserung des Holzes zu
erkennen ist. Die Zargen sind die
Seitenteile des Korpus und sind
mit Boden und Decke nutverleimt.
Sie bestehen meistens aus demselben Holz wie der Boden.
Der Steg ist auf die Decke aufgesetzt, jedoch nicht geleimt oder anderweitig befestigt. Über
ihn laufen die Saiten, deren Schwingung er auf den Korpus überträgt. Er besteht aus feinjährigem Ahorn. Am Saitenhalter können für die zwei hohen, meistens aus Stahl bestehenden
Saiten Feinstimmer oder Feinstimmräder angebracht sein. Sind alle Saiten aus Stahl, sind vier
Feinstimmer sinnvoll. Die Henkelsaite führt über den Untersattel und hält den Saitenhalter
am Endknopf in der Zarge.
Der Bassbalken ist eine in Faserrichtung verlaufende Fichtenholzleiste, die unter leichter
Vorspannung auf die Deckeninnenseite geleimt ist. Er erhöht sowohl die Anisotropie als auch
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die Steifigkeit der Decke. Der Bassbalken verläuft asymmetrisch unter dem bassseitigen
Stegfuß. Der Stimmstock (die Seele oder Stimme) und dessen präzise Platzierung beeinflusst
und reguliert den Klang der Violine erheblich. Es handelt sich bei ihm um einen zylindrischen
Fichtenholzstab (etwa 6 mm Durchmesser), der zwischen Decke und Boden eingepasst wird.
Seine Position ist etwa drei Millimeter unterhalb des diskantseitigen Stegfußes.
Der Lack schützt das Holz des Instrumentes vor Umwelteinflüssen, konserviert dessen
Schwingungseigenschaften und kann den Klang erheblich beeinflussen oder sogar deutlich
verbessern. Ebenso kann ein unfachmännisch aufgetragener Lack den Klang eines Instruments „töten“.
Zur Verleimung der einzelnen Bauteile wird ein spezieller Knochenleim (Heißleim) verwendet. Er besteht aus Proteinen, die aus Tierknochen oder -haut gewonnen werden. Seine besondere Eigenschaft besteht darin, dass er wasserlöslich ist und bei einer Temperatur von
etwa 50 bis 60 Grad Celsius weich wird und so das Instrument problemlos jederzeit auseinanderzunehmen ist, ohne dass Holz oder Lack Schaden nehmen.
Ober-, Unter- und Endklötze, sowie Reifchen im Innern des Korpus dienen der Stabilisierung
der Zargen. Die Klötze sind aus Fichtenholz, die Reifchen aus Fichte oder Weide gefertigt.
Sogenannte Einlagen oder Adern verzieren den Rand der Decke und des Bodens. Dies sind
drei nebeneinander liegende schmale, lange Holzstreifen, deren äußere schwarz gefärbt
sind. Sie werden in den Adergraben eingelegt und verleimt. Sie dienen außerdem der Stabilisierung der über den Zargenkranz hinausragenden Ränder von Decke und Boden.
Der Kinnhalter erleichtert das Halten des Instruments zwischen Kinn und Schulter, dem gleichen Zweck dient die Schulterstütze.
Saiten
Die vier Saiten bestehen aus mit Silber- oder Aluminiumdraht umsponnenem Naturdarm,
Kunststoff oder Stahldraht. Die höchste Saite ist die E-Seite und besteht meistens aus Stahldraht. Darmsaiten reagieren stärker auf Temperatur- und Feuchtigkeitsunterschiede, sie
werden hauptsächlich in der historischen Aufführungspraxis verwendet. Die Saiten heißen g,
d, a und e, sind also im Quintenabstand gestimmt.
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Bogen
Der Bogen ist mit 190 bis 250 Haaren vom Hengstschweif bestimmter Pferderassen bespannt. Die Bogenstange ist meistens aus Pernambukholz. Zunehmend wird aber - auch von
Berufsgeigern - mit Bögen aus Kohlefaser (Karbonfiber) gespielt. Der Frosch besteht aus
Ebenholz; mit dem Drehen seiner Schraube wird der Bezug des Bogens nach Benutzung entspannt. Oft befinden sich im Frosch zur Verzierung Perlmutt-Einlagen. Die Bespannung des
Bogens muss wiederholt durch Streichen auf einem Geigen-Kolophonium-Block mit dem
natürlichen Balsamharz Kolophonium präpariert werden, da nur so eine optimale Schwingung der Saiten erreicht werden kann.
Pädagogik
Kleine Geige im Geigenkasten
Das Violinspiel kann man bereits in sehr
frühem Kindesalter erlernen. Damit die
Kinder sich die Namen der Saiten merken können (G-D-A-E), haben sich Lehrer eine „Eselsbrücke“ ausgedacht: Geh Du Alter Esel. Pädagogen sind der Überzeugung, dass für eine erfolgreiche Karriere der frühestmögliche Start, etwa im Alter von 3 bis 6 Jahren, unerlässlich
sei. Deshalb existieren zahlreiche „kindgerechte“ Violinschulen. Ein weit verbreitetes Beispiel
zum frühen Erlernen des Geigenspiels ist die Suzuki-Methode, benannt nach ihrem Entwickler Shinichi Suzuki.
7. Didaktische Hinweise
Die aktuellen Bildungspläne für die Grundschule geben zunächst unmittelbar keine Bezüge
zu diesem Konzertprogramm her. Man muss die Unterrichtswerke „quer“ lesen, um das
Thema herauszufinden. Beispielsweise sind in „Mobile 3“ sowie „Mobile 4“ aus dem Westermann-Verlag immer wieder Unterrichtsthemen eingearbeitet, die auch Höreindrücke mit
klassischer Musik behandeln. Hier werden Orchestermusikstücke eingesetzt und vorgelegt,
die aber nicht weiter auf das Mitwirken von einzelnen Instrumenten hin analysiert werden.
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Doch damit findet sich für uns eine Tür zu dem Thema: Wir nehmen die Instrumentenfamilie
„Streichinstrumente“ näher in Augenschein. Sehr schöne Unterrichtsmaterialien finden sich
dazu in: Rondo 4, Mildenberger-Verlag,Thema: „Streichinstrumente“, Schülerbuch S. 18-21,
im Lehrerhandbuch dazu bei der U-Einheit 12 und 13, S. 29-32.
Auf diesem Wege lassen sich auch im Sinne der Kompetenzfelder des Bildungsplans neue
Erfahrungen für die Schüler herleiten.
Im dritten Bereich NATURPHÄNOMENE UND TECHNIK finden wir diese Ziele:
Die Schülerinnen und Schüler
1. kennen Leben und Werk bedeutender Erfinderinnen, Erfinder, Tüftlerinnen, Tüftler,
Künstlerinnen, Künstler, Komponistinnen und Komponisten und exemplarisch deren
Bedeutung für das Leben der Kinder heute;
2. können an einem Beispiel aus ihrem Alltag eine wichtige technische Erfindung nachvollziehen, in ihrer Bedeutung für die Menschen erfassen und in einen geschichtlichen Zusammenhang einordnen;
Dazu Angaben zu möglichen Inhalten:
Leben und Werk eines Künstlers oder Erfinders,
Klangkörper bauen und spielen
Die Offenheit des Bildungsplans ermöglicht es, uns bei der Behandlung des Themas auf verschiedenen Wegen zu nähern, sei es durch die Instrumentenkunde, den Bau eines einfachen
Saiteninstruments oder aber auch durch Aufgabenstellungen zum Thema Musikhören – Assoziationen. Das Umsetzen der Musikhörerlebnisse in bildnerische Eindrücke ist ebenso ein
möglicher Zugangsweg.
8. Schülerarbeitsmaterialien
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Weltberühmt als Komponist des „Bolero“
„Ich habe nur ein Meisterwerk gemacht, das ist der ‚Bolero’; leider enthält er keine Musik!“
Name des Komponisten:
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Lebensdaten _________________________________
Land _______________________________________
Seine aus Spanien stammende Mutter vermittelte ihm die Liebe zu Musik und Tanz. Dieser Einfluss ist auch in seinen Kompositionen wiederzufinden.
Bereits als Siebenjähriger erhielt er seinen ersten Klavierunterricht.
Ab 1889 besuchte Ravel das Konservatorium in Paris, wo er die Fächer
Klavier, Komposition, Kontrapunkt und Harmonielehre belegte. Ravel war der jedoch ein eher fauler Schüler, so
dass er sogar durch Zwischen-prüfungen fiel und seine Klasse verlassen musste. Ab dem Jahre 1900 bewarb
sich Ravel mehrfach um den „Prix de Rome“ – der damals wichtigsten Auszeichnung junger französischer Komponisten. 1902 schaffte Ravel den zweiten Platz. Der Preis selbst blieb ihm aufgrund seiner eigenwilligen und
auch gegen die musikalischen Regeln verstoßenden Kompositionsweise auch danach verwehrt. 1915 diente er
als Soldat im Ersten Weltkrieg.
Ab 1920 unternahm Ravel mehrere Studien- und Konzertreisen quer durch Europa, danach durch Kanada und
die USA. 1924 nach der Begegnung mit einer berühmten ungarischen Geigerin schrieb Ravel das Konzertstück
„Tzigane“ für Solovioline und Orchester.1928 entstand Ravels berühmteste Komposition: der 17 Minuten dauernde Bolero. Die Komposition wurde als Ballett mit der Tänzerin Ida Rubinstein uraufgeführt und wurde vom
Publikum begeistert aufgenommen. Ravel selbst bezeichnete sein Werk als „simple“ und als „Orchesterstoff
ohne Musik“. Ein Jahr später schrieb Ravel für den einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein das „Klavierkonzert
für die linke Hand", das von vielen als sein bedeutendstes Werk angesehen wird. Neben dem Einfluss spanischer Folklore sind auch Elemente des Jazz in seiner Musik anzutreffen.
Die Folgen eines Autounfalls, an dem er als Taxifahrgast beteiligt war, verschlimmerten seinen gesundheitlichen Zustand. Er hatte schon zuvor an unerträglichen Kopfschmerzen und Erschöpfungszuständen gelitten.
Schließlich starb er nach einer Schädeloperation am 28. Dezember 1937 in Paris. Ravel blieb trotz mehrfacher
Liebesbeziehungen ledig und kinderlos. Text: Martina Frietsch
Das Musikstück heißt _________________________________________________,
M. Ravel hat es im Jahre 1924 komponiert. Die Musik dauert etwa 10 Minuten lang.
Das Soloinstrument heißt _______________ .
Der Solist im Konzert am 29.01.2014 in der Stuttgarter Liederhalle heißt
_________________________________________________________________ ,
der Dirigent ist ______________________________________________________ .
Im Konzert will ich auf die verschiedenen Orchesterinstrumente achten,
besonders auf:
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