Führer` in der populären Kultur

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Universiteit van Amsterdam
Masterarbeit Literature and Culture: German 2015
Begleiterin: E. Huwiler
Zweitleserin: C. Dauven – van Knippenberg
Abgabe: 15.6.2015
Prüfung: 23.6.2015
Der Hitler-Mythos
Zum ‚Führer‘ in der populären Kultur
Coene Wouters
6288537
0
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
3
1. Halbwachs und Baudrillard - zur Methodik und Terminologie
8
1.1 Das kollektive Gedächtnis
8
1.2 Simulakren und Simulation
9
2. Der Hitler-Diskurs
11
2.1 Einleitung
11
2.2 Grundlagen des kollektiven Hitler-Bildes
12
2.3 Die ‚historische‘ Hitler-Figur
14
2.4 Die fiktionale Hitler-Figur
15
2.4.1 Der ‚subversive‘ Hitler
16
2.4.2 Der ‚ernsthafte‘ Hitler
19
2.5 Hitler-Simulakren
21
2.6 Fazit
24
3. Der Untergang – eine Analyse
25
3.1 Beschreibung
25
3.2 Analyse
28
3.2.1 Charakterisierung der Hitler-Figur
28
3.2.2 Die Hitler-Figur im Untergang als Simulakrum
30
3.3 Fazit
34
4. ADOLF. Ich hock‘ in meinem Bonker – eine Analyse
35
4.1 Beschreibung
35
4.2 Analyse
37
4.2.1 Charakterisierung der Hitler-Figur
37
4.2.2 ‚Adolf, die Nazi-Sau‘ als Simulakrum
39
4.3 Fazit
41
5. Er ist wieder da – eine Analyse
42
5.1 Beschreibung
42
1
5.2 Analyse
44
5.2.1 Charakterisierung der Hitler-Figur
44
5.2.2 Vermes’ Hitler als Simulakrum
47
5.3 Fazit
50
6. Die populäre Hitler-Figur – Parallelen
52
6.1 Tendenzen bezüglich der analysierten Hitler-Darstellungen
52
6.1.1 Der ‚Hitler‘-Hitler
52
6.1.2 Der nationalsozialistische Hitler
52
6.1.3 Der militaristische Hitler
52
6.1.4 Der narzisstische Hitler
53
6.1.5 Der realitätsentfremdete Hitler
53
6.1.6 Der nostalgische Hitler
54
6.1.7 Der sympathische Hitler
54
6.2 Die populäre Hitler-Figur - Evaluation
54
Konklusion
56
Literatur
59
Fernsehen
62
Filmographie
63
Sonstige Quellen
63
Bilderverzeichnis
64
2
Einleitung1
Noch vor sechzig Jahren hätte ich nicht den geringsten Wert darauf gelegt, unter al jenen unattraktiven
und unverständlichen Kopfgeburten einer vorgeblichen ‚Kultur‘ beschwätzt zu werden. Doch
zwischenzeitlich war eine Bewegung entstanden, nach der neuerdings so gut wie alles als Kultur gelten
kann oder auch zu einer solchen erhoben wird.2
Der Protagonist von Timur Vermes‘ 2012 erschienenem satirischem Roman Er ist wieder da
kann es kaum fassen: Mehr als sechzig Jahre nach seinem angeblichen Tod ist er Kultur. Dass
so etwas gerade ihn noch erwischen würde…
Indem er für manche als der „größte Verbrecher aller Zeiten“3 gilt, ist er offensichtlich
nicht der einzige, der auf diese Tatsache im Grunde „nicht den geringsten Wert“ legt. Zur
Illustration: Er habe bei vielen einen dermaßen schlechten Ruf, dass er Filmwissenschaftler
Klaus Kreimeier zufolge „[…] die einzige Figur in der deutschen Geschichte [sei], deren
künstlerische Nachbildung als anrüchig, ‚geschmacklos‘, ‚unmöglich‘ empfunden wird“.4
Dass es in Bezug auf ihn jedoch nichtdestotrotz zugleich so etwas wie eine ‚kollektive
Faszination‘ geben soll, war auch Thomas Mann schon klar: „Der Bursche ist eine
Katastrophe; das ist kein Grund, ihn als Charakter und Schicksal nicht interessant zu finden“.5
Eine mögliche Erklärung für die Faszination für den ‚Burschen‘ lässt sich einer seiner vielen
Autobiographien entnehmen:
Die bekannte Geschichte verzeichnet keine Erscheinung wie ihn; soll man ihn „groß“ nennen? Niemand
hat soviel [sic] Jubel, Hysterie und Heilserwartung erweckt wie er; niemand soviel Haß. Kein anderer
hat, in einem nur wenige Jahre dauernden Alleingang, dem Zeitlauf so unglaubliche Beschleunigungen
gegeben und den Weltzustand verändert wie er; keiner hat eine solche Spur von Trümmern
hinterlassen.6
Fast keiner ruft derartig gemischte Gefühle hervor wie der Mann, der in Er ist wieder da als
Hauptfigur aufgeführt wird. Sein Name: selbstverständlich Adolf Hitler.
Während der ehemalige ‚Führer‘ des Dritten Reichs (1889-1945) selbst seit seinem
Selbstmord vom Erdboden verschwunden ist, gilt er in der populären Kultur heutzutage als
1
Teile dieser Einleitung sind der Arbeit Diktator am Schirm. Zur Wahrnehmung der Fiktionalität bei Hitler
entnommen. Vgl. Coene Wouters: Diktator am Schirm. Zur Wahrnehmung der Fiktionalität bei Hitler.
Bachelorarbeit. Begleiter: Elke Huwiler. Universiteit van Amsterdam 2014. S. 3-4.
2
Timur Vermes: Er ist wieder da. Köln: Eichborn 2012. S. 293-294. Wird im laufenden Text weiter in
Klammern mit dem Sigel ‚EIWD‘ angegeben.
3
Margarete Wilhelm: Der größte Verbrecher aller Zeiten? Zu Hitlers Finanzierung. Mohrkirch: Kritik Verlag
1976.
4
Klaus Kreimeier: ‚Trennungen. G. W. Pabst und seine Filme‘. In: Wolfgang Jacobsen (Hg.): G. W. Pabst.
Berlin: Argon 1997. S. 117-122. S. 177.
5
Thomas Mann: Politische Schriften und Reden. Band 3. Frankfurt am Main: Fischer 1968. S. 54.
6
Joachim Fest: Hitler. Eine Biographie. Erster Band (‚Der Aufstieg‘). Berlin: Propyläen 1978. S. 17.
3
eine fast unverzichtbare Figur. Es gebe seit einigen Jahren einen richtigen „HitlerBoom[…]“7, so Filmwissenschaftlerin Sonja M. Schultz, überdies nach Journalistin Cornelia
Fiedler sogar eine Epidemie der „Hitleritis“8. „Irgendwann wird es einen kleinen Hitler als
Figur bei McDonalds, oder im Überraschungsei, oder im Souvenirshop geben“, so
Rechtsanwalt Ferdinand von Schirach, Enkel des Enkel des ehemaligen NSReichsjugendführers Baldur von Schirach (1907-1974).9
Wie populär die Figur Adolf Hitler tatsächlich ist, zeigt sich unter anderem im
Internet. Das online Videoportal YouTube alleine offeriert unter dem
Schlagwort ‚Hitler‘ zum Beispiel schon mehr als 3 Millionen Einträge10,
während ehemalige ‚Kollegen‘ wie Stalin und Mussolini mit 641 00011
beziehungsweise 158 00012 Einträgen von einer derartigen OnlineAbb.1: Den ‚Führer‘
trifft man überall.
Präsenz (bisher) weit entfernt bleiben. Wer sich im Internet noch weiter
nach dem ‚Führer‘ umschaut, kann weiterhin unter anderem auf die
Website Catsthatlooklikehitler.com treffen – eine Sammlung voller Fotos von Katzen, die
dank eines grillenhaften Spiels des Schicksals bemerkenswerte physische Ähnlichkeiten mit
dem früheren Diktator vorweisen (siehe Abbildung 1).13
Als sehr populäre Hitler-bezogene Produktion im Internet kann Felix Gönnerts 2006
erschienener Kurzfilm ADOLF. Ich hock‘ in meinem Bonker bezeichnet werden. Während um
seinen Bunker herum Bomben geworfen werden, singt im Video ein animierter Hitler namens
‚Adolf, die Nazi-Sau‘ wie viel er von Kapitulation hält („nix“). Der knapp drei Minuten
dauernder Clip, der ins Französische und ins Englische übersetzt wurde, ist in den online
Videoportalen YouTube und MyVideo seit seinem Erscheinen insgesamt mehr als 6
Millionen Mal aufgerufen worden14, und wurde außerdem ins Programm des Musiksenders
Sonja M. Schultz: ‚Hitler 2.0. Der Diktator im Internet‘. In: Rainer Rother und Karin Herbst-Meßlinger (Hg.):
Hitler darstellen. Zur Entwicklung und Bedeutung einer filmischen Figur. München: Richard Boorberg Verlag,
2008. S. 86-100. S. 89.
8
Cornelia Fiedler: ‚Ha, ha, Hitler‘. In: Süddeutsche.de. 9.1.2013. URL:
http://www.sueddeutsche.de/kultur/bestseller-roman-er-ist-wieder-da-ha-ha-hitler-1.1568685 (letzter Zugriff:
10.6.2015).
9
Jens Anker: ‚„Irgendwann gibt es Hitler im Überrasschungsei“‘. Interview mit Baldur von Schirach. In: Welt
Online. 27.7.2008. URL: http://www.welt.de/kultur/article2253401/Irgendwann-gibt-es-Hitler-imUeberraschungsei.html (letzter Zugriff: 10.6.2015).
10
YouTube.com. URL: http://www.youtube.com/results?search_query=hitler&sm=3 (letzter Zugriff: 10.6.2015).
11
Ebd. URL: http://www.youtube.com/results?search_query=stalin (letzter Zugriff: 10.6.2015).
12
Ebd. URL: http://www.youtube.com/results?search_query=mussolini&sm=3 (letzter Zugriff: 10.6.2015).
13
Die bezüglichen Katzen bezeichne man nach Angaben dieser Website als ‚Kitlers‘. Vgl.
Catshatlooklikehitler.com. URL: http://catsthatlooklikehitler.com/cgi-bin/seigmiaow.pl (letzter Zugriff:
10.6.2015).
14
Vgl. MyVideo.de. URL: http://www.myvideo.de/search?q=ich+hock+in+meinem+bonker (letzter Zugriff:
10.6.2015); YouTube.com. URL:
7
4
MTV Deutschland aufgenommen. Das Lied aus dem Video (komponiert und gesungen von
Thomas Pigor) erschien Anfang September 2006 als Single, und gelangte sogar in die
deutschen und österreichischen Charts.15
Nicht nur im Internet, sondern auch im Fernsehen und im Kino bildet die Hitler-Figur
seit Jahren eine feste Größe: Dokumentarfilme über den Zweiten Weltkrieg zeigen immer
wieder die mittlerweile kanonischen Archivbilder des ‚authentischen‘ Hitlers16, der Diktator
taucht in etlichen Sketchshows auf, und der ‚Führer‘ ist in den amerikanischen
Animationsserien Family Guy und The Simpsons sogar regelmäßig als Zeichentrickfigur zu
sehen. Die Zahl der filmischen Hitler-Darstellungen belief sich nach Angaben des
amerikanischen Filmexperten Charles P. Mitchell im Jahre 2000 schon auf mehr als 100.17
Seither erschienene Filme wie Daniel Levys Mein Führer – die wirklichste Wahrheit über
Adolf Hitler (2007), Bryan Singers Valkyrie (2008) und Quentin Tarantinos Inglorious
Basterds (2009) können zu dieser an sich schon beeindruckendem Zahl sogar noch
hinzugefügt werden.
Ein Film, der ebenfalls unbestreitbar in eine aktuelle Version von Mitchells
Filmographie aufgenommen werden sollte, ist die nach Zahlen bisher populärste deutsche
filmische Hitler-Darstellung aller Zeiten: Oliver Hirschbiegels Spielfilm Der Untergang
(2004). Der Film, in dem die letzten Tage des Dritten Reichs thematisiert werden, wurde von
September 2004 bis Februar 2005 in den deutschen Kinos von 4,5 Millionen Zuschauern
gesehen - eine Zahl, die in Deutschland vorher noch nie durch einen Film um die Figur Adolf
Hitler erreicht wurde.18
Obwohl nach Zahlen populär, war und ist Der Untergang offensichtlich nicht bei
jedem in gleichem Maße beliebt: Cineast Wim Wenders bezeichnete den Film kritisch als zu
empfindlich, und deswegen als „Verharmlosung“ der historischen Figur Adolf Hitler.19 Der
https://www.youtube.com/results?search_query=ich+hock+in+meinem+bonker+original+video (letzter Zugriff:
10.6.2015).
15
Vgl. ‚Adolf, die Nazi-Sau – Ich hock‘ in meinem Bonker‘. In: Chartsurfer.de. URL:
http://www.chartsurfer.de/artist/walter-moers-thomas-pigor/adolf-die-nazisau-ich-hock-in-meinem-bonkersong_fuehg.html (letzter Zugriff: 10.6.2015).
16
Zu denken is die hierbei zum Beispiel an Bilder wie die von Hitler in Nürnberg, Hitler auf der ChampsElysées, oder Hitler in seinem Feriendomizil auf dem Obersalzberg. Vgl. Martin Loiperdinger, Rudolf Herz,
Ulrich Pohlmann (Hg.): Führerbilder. Hitler, Mussolini, Roosevelt, Stalin in Fotographie und Film. München:
Piper 1995.
17
Vgl. Charles P. Mitchell: The Hitler Filmography. Jefferson (North Carolina): McFarland & Company 2002.
S. 1-2.
18
Vgl. Wilhelm Hofmann und Anna Baumert: ‚Hitler als Figur der psychologischen Medienforschung‘. In:
Rainer Rother und Karin Herbst-Meßlinger (Hg.): Hitler darstellen. Zur Entwicklung und Bedeutung einer
filmischen Figur. München: Richard Boorberg Verlag, 2008. S. 133-144. S. 134.
19
Wim Wenders: ‚Tja, dann wollen wir mal‘. In: Zeit.de. 21.10.2004. URL:
http://www.zeit.de/2004/44/Untergang_n (letzter Zugriff: 10.6.2015).
5
am Anfang dieser Einleitung erwähnte Roman Er ist wieder da, der bis auf Platz 1 der
Bestsellerliste der Zeitschrift Spiegel gelangte20, geriet bei seinem Erscheinen Ende 2012 in
ähnliche Kritik. Die Deutschen, so Rudolf Dreßler, deutscher Botschafter in Israel, in einer
Sendung der ARD-Talkshow Hart aber fair, haben hinsichtlich des Zweiten Weltkriegs eine
Verantwortung der Welt gegenüber: Die Figur Adolf Hitler sollte immer ernst genommen,
unter keiner Bedingung ‚entlarvt‘ werden.21
Das Darstellen Adolf Hitlers ist offenbar immer wieder Stoff zur Diskussion. Die
Frage stellt sich im Hintergrund jedoch, was die (Verwendung der) Hitler-Figur in der
populären Kultur tatsächlich kennzeichnet: Wie lassen sich die populärsten HitlerDarstellungen genau charakterisieren? In anderen Worten: Wie und warum wird der „größte
Verbrecher aller Zeiten“ in diesen Fällen eigentlich dargestellt? Diese Studie versucht diese
Frage zu beantworten in Bezug auf drei der populärsten deutschen Hitler-bezogenen
Kunstwerke der letzten Jahre: Hirschbiegels Untergang, Gönnerts Ich hock‘ in meinem
Bonker und Vermes‘ Er ist wieder da. Wie wird die Hitler-Figur in diesen Werken
dargestellt? Zu welchen Zielen und mit welchen Mitteln wird sie aufgeführt? Auf welche
Hitler-Bilder beziehen sich diese Darstellungen? Und woher stammen diese Bilder?
Die Methodik zur Ausführung dieser Analyse liefern zwei französische
Sozialphilosophen, die sich in ihren Werken beide weitgehend mit gerade dem
Zustandekommen von Bilderdiskursen beschäftigen: Jean Baudrillard (1929-2007) und
Maurice Halbwachs (1877-1945). Baudrillard bezeichnet in seinem Werk Simulacres et
simulation (1981) Kunstwerke als ‚Simulakren‘, also Repräsentationen eines bestimmten
Objekts. Manche Simulakren sind Repräsentationen anderer Simulakren, und haben deshalb
streng genommen keine Bindung zur faktischen Welt.22 In Bezug auf die Analyse ist relevant,
auf welche Objekte die besprochenen Hitler-Darstellungen tatsächlich Bezug nehmen:
Beziehen sich die analysierten Hitler-Bilder (nur) auf eine historische Figur, oder (auch)
aufeinander?
Ein ähnlich hilfreicher Ansatz zur Analyse der Hitler-Bilder ist bei Maurice
Halbwachs zu finden. In seinem postmortal publizierten Werk La mémoire collective (1950)
vertritt Halbwachs die Ansicht, dass es bestimmte Ideen und Assoziationen gibt, die nicht nur
Vgl. ‚Belletristik‘. In: Spiegel Online. 17.12.2012. URL: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-90157613.html
(letzter Zugriff: 10.6.2015).
21
Vgl. Hart aber fair: ‚Hitler als Witzfigur – worüber darf Deutschland lachen?‘. Talkshow im ARD.
25.02.2013.
22
Vgl. Jean Baudrillard: Simulacra and simulation [Simulacres et simulation, 1981]. Aus dem Französischen ins
Englische übersetzt von Sheila Faria Glaser. Ann Arbor: University of Michigan Press, 1994. P. 3-7. Wird im
laufenden Text weiter in Klammern mit dem Sigel ‚SaS‘ angegeben.
20
6
als individuelles Wissen, sondern auch als die Gedächtnisleistung einer Gruppe von
Menschen zu bezeichnen sind. Dieses ‚kollektive Gedächtnis‘ ist ein soziales Konstrukt: Es
nimmt keinen Bezug auf (historische) Fakte, sondern vielmehr auf geteilte, aus bestimmten
sozialen und kulturellen Verhältnissen hervorgehende Weltansichten.23 Da zu behaupten ist,
dass es auch im Fall-Hitler gewisse ‚kollektive‘ Bilder und Gedanken gibt, kann unter
anderem die Frage sein, auf welche dieser gemeinsamen Ideen sich die drei zu besprechenden
Kunstwerke beziehen.
Eine ausführlichere Erklärung zur Methodik und Terminologie der Analyse findet sich
in Kapitel 1. In Kapitel 2 ist eine Auseinandersetzung mit dem breiteren (Bilder-)Diskurs um
die Figur Adolf Hitler zu finden, in der die Fragen beantwortet werden, wie man sich diese
Figur üblicherweise vorstellt, und wonach sich die kollektiven Hitler-Bilder formen. In den
Kapiteln 3, 4 und 5 finden sich Analysen zu dem Untergang, Ich hock‘ in meinem Bonker
beziehungsweise Er ist wieder da, wobei jeweils die Frage ist, wie die besprochene HitlerDarstellung im betreffenden Kunstwerk zu charakterisieren ist. In Kapitel 6 findet sich
schließlich eine Auseinandersetzung mit den interessantesten Parallelen zwischen den drei
besprochenen Kunstwerken: Welche Gemeinsamkeiten kennzeichnen diese rezenten HitlerDarstellungen?
23
Vgl. Maurice Halbwachs: Das kollektive Gedächtnis [La mémoire collective, 1950]. Aus dem Französischen
ins Deutsche übersetzt von Holde Lhoest-Offermann. Stuttgart: Ferdinand Enke, 1967. P. 66-71. Wird im
laufenden Text weiter in Klammern mit dem Sigel ‚DKG‘ angegeben.
7
1. Halbwachs und Baudrillard - zur Methodik und Terminologie
In diesem Kapitel findet sich eine Erklärung zu der für diese Untersuchung angewendeten
Analysemethodik, und den dafür relevanten Begriffen. Die Methodik basiert auf Maurice
Halbwachs‘ La Mémoire Collective und Jean Baudrillards Simulacres et Simulation und wird,
wenn nötig, unter Erwähnung der jeweiligen Titel anhand weiterer Werke ergänzt oder
erklärt.
1.1 Das kollektive Gedächtnis
In seinem postum veröffentlichten Werk La Mémoire Collective (1950) vertritt der
französische Soziologe Maurice Halbwachs (1877-1945) die Ansicht, dass bestimmte Ideen
und Assoziationen nicht nur als individuelles Wissen, sondern auch als die Gedächtnisleistung
einer Gruppe von Menschen zu bezeichnen sind: Neben der individuellen Erinnerung, so
Halbwachs, gibt es ein kollektives Gedächtnis. Dieses kollektive Gedächtnis unterscheidet
sich von der individuellen Erinnerung, indem es nicht aus individueller Perzeption, sondern
vielmehr aus sozialer Zugehörigkeit hervorgeht:
Es kommt recht häufig vor, dass wir uns selbst Vorstellungen und Überlegungen oder Gefühle und
Leidenschaften zuschreiben […], die uns von unserer Gruppe eingegeben worden sind. Dann sind wir
so gut auf unsere Mitmenschen abgestimmt, dass wir mit ihnen „im Gleichtakt schwingen“ und nicht
mehr wissen, wo der Ausgangspunkt der Schwingungen liegt, ob in uns oder in den anderen. Wie oft
bringt man dann nicht mit einer ganz persönlich scheinenden Überzeugung Überlegungen zum
Ausdruck, die man einer Zeitung, einem Buch oder einer Unterhaltung übernommen hat?
(DKG, S. 26-27).
Das kollektive Gedächtnis ist der Rahmen des gemeinsamen Wissens einer bestimmten
Gruppe, und enthält demnach Erinnerungsbildern, die nicht nur innerhalb, sondern auch
außerhalb des Individuums existieren (DKG, S. 1-12). Obwohl diese Erinnerungsbilder durch
Institutionalisierung zu geschichtlichen Fakten werden können (DKG, S. 66-71), nehmen sie
nicht notwendigerweise Bezug auf dasjenige, was als ‚historisch korrekt‘ bezeichnet wird:
„[D]as kollektive Gedächtnis ist nicht mit der Geschichte zu verwechseln“, so Halbwachs
(DKG, S. 66). Vielmehr ist das kollektive Wissen als soziales Konstrukt zu charakterisieren:
Die gemeinsame Erinnerungsbilder entsprechen der kulturellen Identität einer bestimmten
Gruppe, und können an neue Mitglieder dieser Gruppe weitergereicht werden.
Die Trennungslinie zwischen kollektiven und individuellen Erinnerungsbilder ist
Halbwachs zufolge prinzipiell unklar. Alle individuellen Erinnerungen können zu kollektiven
Erinnerungen werden und vice versa:
8
[U]nsere Erinnerungen [sind] kollektiv und werden uns von anderen Menschen ins Gedächtnis
zurückgerufen – selbst dann wenn es sich um Ereignisse handelt, die allein wir durchlebt und um
Gegenstände, die alle allein wir gesehen haben. Das bedeutet, dass wir in Wirklichkeit niemals allein
sind. Es ist nicht notwendig, dass andere Menschen anwesend sind, die sich materiell von uns
unterscheiden: denn wir tragen stets eine Anzahl unverwechselbarer Personen mit und in uns.
(DKG, S. 2).
1.2. Simulakren und Simulation
In seinem Schlüsselwerk Simulacres et Simulation (1981) reflektiert der französische
Sozialphilosoph Jean Baudrillard (1929-2007) auf die Beziehung zwischen Bildern,
Gesellschaft und Realität. Es gibt nach Baudrillard vier Arten oder Ordnungen24 eines Bildes:
it is the reflection of a profound reality;
it masks and denatures a profound reality;
it masks the absence of a profound reality;
it has no relation to any reality whatsoever:
it is its own pure simulacrum.
(SaS, S. 6).
Nur ein Bild der ersten Ordnung ist das, was man in strengem Sinne als die ‚naturgemäße‘
Wiedergabe von einem Aspekt der Wirklichkeit charakterisieren könnte – Bilder der drei
weiteren Ordnung bieten keine Repräsentationen eines ‚echten‘ Objektes, sondern bearbeitete
Versionen dieses Objektes (die zweite Ordnung), beziehungsweise konstruierte Wahrheiten,
die sich für bestimmte ‚echte‘ Objekte ausgeben (die dritte Ordnung), sowie Vorstellungen,
die überhaupt in keinerlei Beziehung zur Wirklichkeit stehen (die vierte Ordnung). Die Bilder
der letzten drei Kategorien bezeichnet Baudrillard als Simulakren [simulacres], die
Wiedergabe eines nicht existenten Objektes als Simulation [simulation] (SaS, S. 6-7).25
In der (post)modernen Gesellschaft sind Simulakren wegen der Allgegenwärtigkeit der
Medien nicht nur omnipräsent, sondern Baudrillard zufolge auch unmöglich von dem zu
unterscheiden, was man als ‚Realität‘ bezeichnen würde: Simulakren spiegeln andere
Simulakren. Es gibt folglich eine Genese der Simulakren [précession des simulacres]: Weil
die Wirklichkeit und Simulationen der Wirklichkeit nicht differenzierbar sind, hat sich die
Perzeption der Realität völlig nach Simulationen geformt. Die Landschaft definiert so nicht
die Landkarte, sondern umgekehrt: Die Welt an sich wird durch simulierte Wirklichkeiten
Die deutsche Fassungen der Baudrillard’schen Begrifflichkeiten sind der deutschen Übersetzung seines
Werkes L’échange symbolique et la mort entnommen. Vgl. Jean Baudrillard: Der symbolische Tausch und der
Tod [L’échange symbolique et la mort, 1976]. Aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt von Gerd
Bergfleth, Gabriel Ricke und Ronald Voullié. München: Matthes & Seitz 1982. S. 90.
25
Die Begriffe ‘Simulakrum’ und ‘Simulation’ werden von Baudrillard manchmal auswechselbar gebraucht.
Vgl. u.a. SaS, S. 12-14.
24
9
erfahren. Die Qualifikationen ‚echt‘ und ‚unecht‘ sind inhaltlos – Simulationen sind überall
(SaS, S. 1-3).26
Wenn eine Simulation zur ‚neuen‘ Wahrheit wird, ist die Rede von einer Hyperrealität
[hyperréalité]. Eine Repräsentation ohne Referenten wird in diesem Szenario als ‚echt‘
erfahren. Ein Beispiel einer solchen Hyperrealität ist die Ökonomie. Die Ökonomie ist ein im
Grunde ‚leeres‘ Symbol: Sie ist ein Modell, in dem auf Objekte wie aus Papier hergestellte
Banknoten ein bestimmter ‚Wert‘ projiziert wird, über den sie streng genommen nicht
verfügen. Trotz seiner Fiktionalität bildet dieses System jedoch unbestreitbar einen wichtigen
Teil des gesellschaftlichen Lebens: Eine Simulation wird zur Realität.
Auch beispielhaft in Bezug auf Hyperrealität ist Disneyland. Im Fall dieses
Vergnügungsparks ist es aber nicht die Simulation an sich, die als Wirklichkeit verstanden
wird, sondern ihre Implikation, dass die Welt außer Disneyland die ‚echte‘ ist. Simulationen
beschränken sich laut Baudrillard nicht exklusiv auf Vergnügungsparks, sondern bestimmen
überall im gesellschaftlichen Leben, wie man die Welt wahrnimmt und versteht. Disneyland
ist demnach nicht nur als Simulakrum der zweiten (man könnte meinen, dass der Park eine
Verarbeitung der amerikanischen Lebensweise bietet) und vierten (der Park zeigt Märchen),
sondern vor allem als Simulakrum der dritten Ordnung zu bezeichnen: Disneyland prätendiert
fiktional zu sein, was es aber nicht ist – nicht mehr, auf jeden Fall, als der Rest der Welt (SaS,
S. 12-14).
Das Konzept des Realen fungiert Baudrillard zufolge nicht selten als ‚Alibi‘ um gewisse Machtstrukturen zu
schützen. Vgl. unter anderem SaS, S. 14-19.
26
10
2. Der Hitler-Diskurs27
Dieses Kapitel untersucht die Wirkung des Hitler-Diskurses. Wie stellt man (sich) Hitler
üblicherweise vor? Wie erkennt man den Diktator? Welche Wesenszüge bringt man mit ihm
in Verbindung? Und wonach formt sich das kollektive Hitler-Bild?
2.1 Einleitung
In strengem Sinne ist ein Konzept wie ‚Identität‘ immer als ‚diskursiv‘ zu bezeichnen: Ein
Objekt als etwas zu erkennen hat ja nicht nur mit dem Objekt an sich, sondern vielmehr mit
der Beziehung zwischen Wahrnehmer und Objekt zu tun – einer Beziehung, in der sozial
bestimmte Konventionen entscheidend sind. Anders formuliert: Es geht in der Wahrnehmung
einer Figur nicht um die Merkmale, die diese Figur definieren, sondern um die Merkmale, von
denen man es aus diskursiven Gründen gewohnt ist, dass sie die betreffende Figur definieren.
Identität, so ist zu behaupten, ist ein Konstrukt.28
Vor allem beim Erkennen von einer Figur wie Adolf Hitler spielt dieses Prinzip eine
große Rolle. Fast jeder, der den Namen des Diktators hört, ‚weiß‘, wer gemeint wird. Es kann
daher durchaus behauptet werden, dass die Hitler-Figur dasjenige repräsentiert, was vom im
vorigen Kapitel aufgeführten Soziologen Maurice Halbwachs als kollektives Erinnerungsbild
bezeichnet wird: Man hört den Namen Hitler oder sieht ein bestimmtes Bild, und bezieht
diese Wahrnehmungen auf die eigenen Vorstellungen der historischen Figur Adolf Hitler –
Vorstellungen, die bei vielen durchaus ähnlich aussehen.
Da man also - nicht unberechtigt - meinen könnte, dass das Erkennen der Hitler-Figur
aus einem Diskurs hervorgeht, macht es hier Sinn, diesen Diskurs der Hitler-Bilder näher zu
betrachten. Wie erkennt man, nach dem vorherrschenden Diskurs, Adolf Hitler? Wie sehen
die kollektiven Hitler-Bilder aus, worauf sich auch die in den Kapiteln 3, 4 und 5 zu
besprechenden Kunstwerke beziehen?
In dieser Analyse den ganzen Hitler-Diskurs durchzuleuchten, wäre alleine schon
wegen der fast unendlichen Zahl der verfügbaren Hitler-Bilder ein wenig zu ambitiös: Mit
schon mehr als 3,2 Millionen Einträgen im online Video-Portal YouTube alleine, sind die als
‚Hitler-Bild‘ zu bezeichnenden Bilder fast allgegenwärtig. Ein zu mehr oder weniger
generellen Erkenntnissen führender Durchblick bietet sich aufgrund eines Durchschnitts
dieser Bilder jedoch schon.
27
Teile dieses Kapitels sind der Arbeit Diktator am Schirm. Zur Wahrnehmung der Fiktionalität bei Hitler
entnommen. Vgl. Wouters 2014. S. 7-9, 21-24.
28
Vgl. Baudrillard 1982. S. 90.
11
Von den Grundlagen dieses kollektiven Hitler-Bildes handelt es in 2.2: Welche
Merkmale braucht man, damit man etwas als Verweis auf Hitler erkennt? In 2.3 geht es um
das kollektive Bild des ‚authentischen‘ Hitlers, und wird die Frage beantwortet, welche
Wesenszüge dem Diskurs zufolge generell als Eigenheiten der historischen Figur Adolf Hitler
anzudeuten sind. Um die Fragen, was im Allgemeinen die fiktionalen Darstellungen der
Hitler-Figur kennzeichnet, und wie sich diese Adaptionen zu den kollektiven Bildern des
‚historischen‘ Hitlers verhalten, handeln sich schließlich 2.4 und 2.5. Was charakterisiert den
Hitler-Diskurs?
2.2 Grundlagen des kollektiven Hitler-Bildes
Die Frage „Wie erkennt man Adolf Hitler?“, so ergibt sich ziemlich schnell, lässt sich erstens
und vor allem anhand eines einzigen körperlichen Merkmals beantworten: eines Schnurrbarts.
Es wäre nicht unberechtigt, den kleinen, schwarzen Schnurrbart als bedeutendstes HitlerAttribut zu bezeichnen: Wo Hitler ist, ist der Schnurrbart, und - so ist zudem erkennbar - wo
der Schnurrbart ist, ist Hitler. Der schwarze Schnurbart und, in geringerem Mäße, die
schwarze Seitenscheitel bilden einen roten Faden durch die Mehrheit der als Hitler-Bild
bezeichneten Bildnisse.
Beispielhaft für die Wirkung des Hitler-Schnurrbarts sind die
Abbildungen 3, 4, 5, 6 und 7. Die wiedergegebenen Bilder zeigen
zwar keinen ‚authentischen‘ Hitler, haben aber schon bewiesen, im
kollektiven Gedächtnis das Bild des Diktators hervorrufen zu können.
Abbildung 2, zum Beispiel, zeigt ein Foto, das von der Internetseite
Abb. 2: HitlerKatze.
Catsthatlooklikehitler.com stammt – einer Site voller Fotos von
Katzen, die in physischer Hinsicht, zumindest nach der Meinung der
Website-Besucher, irgendwie Adolf Hitler ähneln.29 In Abbildung 3
ist der Umschlag des in Kapitel 4 näher zu betrachtenden Bestsellers
Er ist wieder da (2012) zu sehen. Auch hier wird durch die
Wiedergabe eines (in diesem Fall aus Buchstaben zusammengestellten) Abb. 3: HitlerSchnurrbarts in Kombination mit einer schwarzen Seitenscheitel eine
Umschlag.
Hitler-Assoziation hervorgerufen. Abbildung 4 zeigt eine Teekanne, die im Jahre 2013 von
der amerikanischen Firma J.C. Penney ins Sortiment aufgenommen wurde. Wegen ihrer
angeblichen Ähnlichkeiten mit Adolf Hitler entwickelte sich diese Kanne bald zu einem
29
Vgl. Catsthatlooklikehitler.com.
12
Kultobjekt, und wurde gleich darauf aus dem Handel genommen.30 Die Teekanne verfügt auf
dem Foto nicht nur über Schnurrbart und Seitenscheitel, sondern scheint mit ihrer Tülle sogar
einen Hitlergruß abzubilden. In Abbildung 5 ergibt sich, dass auch schon relativ bekannte
Figuren wie der russische Präsident Vladimir Putin durch Hinzufügung einer gewissen Frisur
zu einer erkennbaren Hitler-Figur gemacht werden können.31 Ähnliches passiert in
Abbildung 6, in diesem Fall jedoch auf eigene Initiative der ‚hitlerisierten‘ Person. PegidaParteivorsitzender Lutz Bachmann posiert auf diesem Anfang
2015 im sozialen Netzwerk Facebook aufgefundenen Foto mit
‚klassischer‘ Hitler-Frisur. Der Verweis auf Hitler sei hier – nach
Abb. 4: Hitler-Teekanne.
Angaben des Protagonisten – als „Scherz“
gemeint: „Ich hatte das Foto zur
Veröffentlichung des Satire-Hörbuchs von Er ist wieder da beim
Friseur geknipst und [Hörbuchsprecher, CW] Christoph Maria Herbst
auf die Pinwand gepostet“, wurde der
Abb. 5: Hitler-Putin.
32
Politiker zitiert. Die ungewollte
Veröffentlichung des ‚scherzhaften‘ Fotos stellte Bachmann
jedoch ins Zentrum der öffentlichen Kritik, wobei auch die rechte
Abb. 6: Hitler-Bachmann.
Signatur seiner Partei eine Rolle zu spielen schien: „Wer sich in
der Politik wie Hitler maskiert, ist entweder ein ziemlicher Idiot
oder ein Nazi“, so SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel.33 Bachmann trat (zwar zeitlich) als
Pegida-Vorsitzender zurück – ein Zeichen dafür, was eine einfache Frisur bedeuten kann.
Nicht nur rein visuelle Aspekte können zu den Grundlagen einer auf Hitler
verweisenden Figur gezählt werden, sondern auch bestimmte auditive Elemente. Hierbei ist
vor allem zu denken an diejenige Sprechweise, die im kollektiven Gedächtnis als
Sprachduktus des ‚Führers‘ gilt. Wer den Diktator verbal zu imitieren versucht, bedient sich
durchaus eines Sprachduktus, der von einer charakteristischen, generell Hitler
Vgl. ‚Das Ende der Hitler-Teekanne‘. N24.de. 30.5.2013. URL:
http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Panorama/d/2922574/das-ende-der-hitler-teekanne.html (letzter Zugriff:
10.6.2015).
31
Vgl. Jan Hunin: ‚“Vladimir Poetin is de nieuwe Adolf Hitler“‘. In: Volkskrant.nl. 14.3.2014. URL:
http://www.volkskrant.nl/vk/nl/30323/Onrust-in-Oekraine/article/detail/3607100/2014/03/04/Vladimir-Poetin-isde-nieuwe-Adolf-Hitler.dhtml (letzter Zugriff: 10.6.2015).
32
‚Pegida-Gründer spielt Hitler‘. In: FAZ.net. 21.1.2015. URL: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/lutzbachmann-pegida-gruender-spielt-hitler-13382531.html (letzter Zugriff: 10.6.2015). Bachmanns Darstellung
wurde von Herbst später durch dessen Anwalt dementiert. Vgl. ‚Pegida-Gründer Bachmann verteidigt HitlerFoto auf Facebook als Spaß‘. In: Focus Online. 21.1.2015. URL:
http://www.focus.de/politik/deutschland/umstrittenes-selfie-nur-spass-pegida-gruender-verteidigt-hitlerfoto_id_4418414.html (letzter Zugriff: 10.6.2015).
33
‚Pegida-Gründer spielt Hitler‘.
30
13
zugeschriebenen Betonung der Worten geprägt wird. Als beispielhaft für diese spezifische
Interpretation des Hitler’schen Sprechens können unter anderem Hitler-Imitationen etlicher
Kabarettisten34 bezeichnet werden, wie auch ein bis vor kurzem im Internet verfügbares
Sprachprogramm namens Hitlerizer, das einen beliebigen Text unter anderem durch
Hinzufügung rollender ‚R‘s‘ ‚hitlerisiert‘35. Auch im verbalen Bereich gilt also, dass die
Frage, inwieweit eine Hitler-Imitation überhaupt dem des ‚historischen‘ Diktators ähnelt, für
eine gelungene Hitler-Imitation eigentlich nur in geringem Maße relevant ist: Man braucht
nur einfache Grundlagen, um im kollektiven Gedächtnis das Bild der historischen Figur Adolf
Hitler hervorzurufen.
2.3 Die ‚historische‘ Hitler-Figur
Die obenstehenden Beispiele illustrieren, dass eine Figur nur ein paar Merkmale (eine HitlerFrisur, eine gewisse Körperhaltung, eine bestimmte Art und Weise des Sprechens) braucht,
um im kollektiven Gedächtnis Adolf Hitler hervorzurufen, und daher als Hitler-Figur zu
gelten. Als Bilder des ‚echten‘ Hitlers werden eine Teekanne oder ein Buchumschlag von den
meisten wahrscheinlich aber nicht wahrgenommen. Wie ist nach dem heutigen Diskurs dieser
‚authentische‘ Hitler zu charakterisieren?
Eine Antwort auf diese Frage liegt in den Bildern der
historischen Figur Adolf Hitler, und in deren Verarbeitung
in zum Beispiel Dokumentarfilmen. Hitler kennt man
demzufolge als ein meist uniformierter, mit Schnurrbart und
Seitenscheitel versehener, deutschsprachiger Mann, der nicht
nur sein Volk einen Gruß mit seinem eigenen Namen
Abb. 7: Adolf Hitler in Leni
Riefenstahls Triumph des
Willens (1935).
verwenden lässt, sondern auch während emotionaler Reden,
wie es Hitler-Biograph Joachim Fest bezeichnet, als „große[r] Demagoge“ Ideen und Worten
„als Instrumente“ verwendet36. Ikonische Bilder bilden diesbezüglich zum Beispiel Hitlers
von unter anderem Fotografen Heinrich Hoffmann37 und Filmregisseurin Leni Riefenstahl38
verewigten Reden in Nürnberg (siehe Abbildung 7).
Vgl. u.a. ‚Harald Schmidt als Hitler verkleidet‘. In: Youtube.com. 6.11.2006. URL:
https://www.youtube.com/watch?v=yCLralhpcdI (letzter Zugriff: 10.6.2015).
35
Vgl. Daniel Erk: ‚Es geht om Doitschland‘. In: Hitler-Blog. 15.10.2006. URL:
http://blogs.taz.de/hitlerblog/2006/10/15/es-geht-om-doitschland/ (letzter Zugriff: 10.6.2015).
36
Joachim Fest: Hitler. Eine Biographie. Zweiter Band (‚Der Führer‘). Berlin: Propyläen 1978. S. 1041
37
Hoffmann (1885-1857) galt als bevorzugter Fotograf Hitlers, und war für einen großen Teil der offiziellen
Hitler-Fotos verantwortlich. Vgl. Loiperdinger 1995.
38
Vgl. Leni Riefenstahl (Regie, Produktion): Triumph des Willens. Dokumentarfilm. Deutschland: Leni
Riefenstahl-Produktion, 1935.
34
14
Zu den etwas weniger bekannten (wobei ‚etwas weniger bekannt‘ hier als relative
Andeutung gelten soll), nichtsdestotrotz aber im kollektiven Gedächtnis gespeicherten,
‚kanonischen‘ Merkmalen des historischen Hitlers können unter anderem die ihn
kennzeichnenden Körperhaltungen, etliche biographische ‚Fakten‘ wie Hitlers (historisch
belegte) Vorliebe für Kuchen39 und die Opern Wagners40, und Zitate wie „Seit 5 Uhr 45 wird
jetzt zurückgeschossen!“41 gerechnet werden. Weiterhin ist der ‚echte‘ Hitler im kollektiven
Gedächtnis eng verknüpft mit seinem aus mittlerweile ebenfalls als ‚ikonisch‘ zu
bezeichnenden Figuren bestehenden Umfeld: Propagandaminister Joseph Goebbels,
Reichsmarschall Hermann Goering, SS-Führer Heinrich Himmler, dem italienischen Duce
Benito Mussolini, Architekten Albert Speer, Eva Braun oder sogar Blondi, dem Hund des
Diktators.
Eines der wichtigsten im kollektiven Gedächtnis mit dem Namen ‚Adolf Hitler‘
assoziierten Konzepte bildet jedoch dasjenige, was den ‚Führer‘ vielen zufolge bis heute zum
‚Symbol des Bösen‘ machen wird: seine Ideologie. Unumgänglich im Hitler-Diskurs ist die
durch unter anderem Militarismus und ausgeprägten Antisemitismus gekennzeichnete
nationalsozialistische Politik, und Hitlers spezifische Rolle innerhalb dieser Politik:
Da [der Faschismus] in so hohem Maße Reaktion und verzweifelter Abwehrreflex ist, liegt es in der
Natur seines Wesens, dass die Voraussetzungen, auf die er gründet, nur Voraussetzungen sind; das
heißt, faschistische Bewegungen bedürfen, stärker als andere politische Gruppierungen, des
überragenden Führers. Er sammelt die Ressentiments, bezeichnet die Feinde, verwandelt die Depression
in Rausch und bringt die Schwäche zum Bewusstsein ihrer Kraft. 42
Adolf Hitler als berechnender Volksverführer, rücksichtloser Diktator, Megalomaner,
eigenartiger Redner, Symbol des Bösen, Antisemit, Tierfreund und/oder Wagner-Fan – alles
dominante Vorstellungen über die historische Figur Hitler. Inwieweit widerspiegeln sich diese
Ideen in den fiktionalen Darstellungen Hitlers?
2.4 Die fiktionale Hitler-Figur
Zahlreicher noch als die Auftritte des ‚authentischen‘ Hitlers sind die fiktionalen
Darstellungen des Diktators. Da diese unzähligen (künstlerischen) Adaptionen der Figur
‚Adolf Hitler‘ – sei es nur wegen der Diskussionen um den rezenten „Hitler-Boom“ - einen
unumgänglichen Beitrag leisten zu demjenigen Diskurs, mit dem auch die in den Kapiteln 3, 4
Fest 1978 (‚Der Führer‘). S. 992.
Vgl. u.a. Ian Kershaw: Hitler 1936-1945: Nemesis. London: Penguin 2000. S. 13, 16.
41
Hitler am 1. September im Reichstag zum Anfang des Polenfeldzugs. 1978 (‚Der Führer‘). S. 823.
42
Fest 1978 (‚Der Führer‘). S. 1041.
39
40
15
und 5 zu besprechenden Kunstwerke eng verknüpft sind, wäre eine Betrachtung des
Durchschnitts der Hitler-Bilder ohne Bezugnahme auf die fiktionalen Diktator-Vorstellungen
alles andere als vollständig. Zu welchen allgemeinen Erkenntnissen führt diese Bezugnahme?
Und wie verhält sich der fiktionale Hitler generell zum ‚authentischen‘ Hitler?
Im Feld der künstlerischen Hitler-Darstellungen gibt es Filmwissenschaftlerin Margrit
Fröhlich zufolge „im wesentlichen“ zwei Zugänge: die „um Geschichtsdeutung und
Aufklärung bemühte ernsthafte Auseinandersetzung“ einerseits, den respektlose[n],
subversive[n] Umgang […]“ andererseits. Beide Darstellungsarten würden sich
unterschiedlich zum Führerbild der NS-Propaganda verhalten: Die „ernsthafte
Auseinandersetzung“ bediene sich einer „realistischen oder pseudorealistischen
Rekonstruktion historischer Ereignisse“, während die „subversive“ Darstellung der HitlerFigur „bevorzugt die burleske Karikatur und das Lächerlichmachen als wirksame Mittel“
einsetze.43
Obwohl Fröhlichs Unterschied, wie in §2.5 zu lesen sein wird, prinzipiell nicht zu
behaupten ist, reicht er im Rahmen dieses Kapitels nichtsdestotrotz als provisorischer
Ausgangspunkt für eine – wiederum – unmöglich zu vervollständigende, aber dennoch zu
generellen Erkenntnissen führende Übersicht über das (breite) Spektrum der fiktionalen
Hitler-Darstellungen.44
2.4.1 Der ‚subversive‘ Hitler
An erster Stelle zu besprechen in dieser Übersicht ist der nach Fröhlich als ‚subversiv‘ zu
bezeichnende Zugang zur Hitler-Figur. Als besonders beispielhaft für diese Gattung der
Führer-Adaptionen kann ihr als ältester kommerziell erfolgreicher45 – und, nach vieler
Behauptung, einflussreichster46 – Exponent bezeichnet werden: Charlie Chaplins Spielfilm
The Great Dictator (USA, 1940). In diesem 124 Minuten dauernden und heutzutage als fester
Vgl. Margrit Fröhlich: ‚Tot oder lebendig. Hitler als Figur im Spielfilm‘. In: Rainer Rother und Karin HerbstMeßlinger (Hg.): Hitler darstellen. Zur Entwicklung und Bedeutung einer filmischen Figur. München: Richard
Boorberg Verlag, 2008. S. 13-33. S. 13-14.
44
Der Spielfilm Der Untergang, der Internetclip Ich hock‘ in meinem Bonker und der Roman Er ist wieder da
sind in diese Übersicht nicht oder nur indirekt aufgenommen, und werden in den Kapiteln 3, 4, 5 und 6
ausführlich besprochen. Ebenfalls außer Betracht gelassen werden, ihrer relativen Obskurität wegen,
pornografische und rechtsextreme Hitler-Darstellungen. Vgl. Mitchell 2000. S. 2; Sonja M.: ‚Hitler 2.0. Der
Diktator im Internet‘. In: Rainer Rother und Karin Herbst-Meßlinger (Hg.): Hitler darstellen. Zur Entwicklung
und Bedeutung einer filmischen Figur. München: Richard Boorberg Verlag, 2008. S. 86-100. S. 95-97.
45
Vgl. Mitchell 2000
46
Vgl. u.a. Mitchell 2000: S. 78-81; Fröhlich 2008: 20-22.
43
16
Teil des kinematographischen Kanons geltenden47 Film spielt der (zudem für Regie und
Szenario verantwortliche) amerikanische Komiker Charlie Chaplin sowohl einen jüdischen
Friseur als auch einen Hitler ähnelnden Diktator namens Adenoid Hynkel.48 Die von Chaplin
dargestellte Hitler-Figur bezieht sich hierbei aus gegenwärtiger Sicht nachdrücklich auf
mehrere der in §2.2 und §2.3 erwähnten Hitler-Vorstellungen.
Wer sich den Spielfilm – der sich, wie im Vorspann erwähnt wird, zwischen zwei
Weltkriegen abspielt - anschaut, stößt bei Adenoid Hynkel auf die ‚Basismerkmale‘ einer
Hitler-Figur: den Schnurrbart und die Seitenscheitel. Chaplins Diktator trägt zudem eine
Uniform, ist überzeugter Antisemit, lässt sich mit „Hail Hynkel!“ begrüßen, und arbeitet in
einem Palast – allesamt Merkmale, die auf das (zumindest) heutzutage gültige kollektive Bild
des ‚authentischen‘ Hitlers verweisen.
Besonders beispielhaft für die Beziehung des Chaplin-Films zum Bild des ‚echten‘
Hitlers sind Szenen wie die, worin Hynkel eine öffentliche Rede hält. Szenen wie diese sind
fast als ‚Bildzitate‘ zu betrachten: Viele Elemente um die im Film dargestellte Rede
verweisen mehr oder weniger direkt auf diejenigen Reden, die den ‚echten‘ Hitler im
kollektiven Gedächtnis kennzeichnen. Wer sich von Hynkels Rede in The Great Dictator zum
Beispiel nur die Inszenierung anschaut, wird wahrscheinlich schon bewusst oder unbewusst
an bestimmte historische Bilder erinnert (vgl. Abbildungen 8 und 9). Auch bezüglich der
Rede an sich werden einige im heutigen Diskurs übliche Bilder Hitlers aufgerufen: Heftig
gestikulierend redet Chaplins
Diktator in höchst emotionaler
Weise, wobei ihm die
anwesende Menschenmasse
regelmäßig zujauchzt. Das
Abb. 8: Adenoid Hynkel in The
Great Dictator…
Abb. 9: … Adolf Hitler bei einem
NSDAP-Ortsgruppenfeier.
soziale Umfeld des Diktators
besteht unterdessen aus Figuren
wie Garbitsch – einer, der nicht
nur durch das von ihm bekleideten Amt des Propagandaministers, sondern auch seines
Äußeres und seines Namens wegen den ‚echten‘ Propagandaminister des Dritten Reichs,
Vgl. u.a. Charles Robert Cole: ‚Anglo-American Anti-fascist Film Propaganda in a Time of Neutrality: „The
Great Dictator“ (1940)’. In : Historical Journal of Film, Radio and Television 21:2 (2001). S. 137-152; Adrian
Daub: ‚"Hannah, can you hear me?" : Chaplin's "Great Dictator", "Schtonk", and the vicissitudes of voice’.
Criticism 51:3 (2009). S. 451-482.
48
Vgl. Charlie Chaplin (Produzent, Regisseur): The Great Dictator. Spielfilm. USA: United Artists, 1940.
47
17
Joseph Goebbels, in Erinnerung ruft - Kriegsminister Herring (Goering?) und einem in
italienischem Akzent sprechenden Staatsoberhaupt namens Napaloni (Mussolini?).
Chaplin stellt seinen Diktator als selbstverliebte, sich selbst inszenierende,
megalomane Figur dar, die mehrmals zum gleichen Zeitpunkt für sowohl einen Maler als
auch für einen Bildhauer posiert, und ständig das besuchende Staatsoberhaupt Napaloni
psychologisch zu erniedrigen versucht. Illustrativ ist auch die Szene, in der Hynkel unter den
Klängen von Wagners Lohengrin – einem Verweis auf den bevorzugten Komponisten des
‚echten‘ Hitlers - fast kindisch mit einer Weltkugel tanzt, bis dieser ihm schließlich unter den
Händen zerplatzt. Kennzeichnend für Chaplins Hitler-Darstellung ist zudem die Bearbeitung
des emotionalen Hitler’schen Sprechens, in dem keine Botschaft – oder überhaupt Kohärenz erscheint, und nur ab zu Wörter wie „Schnitzel“, „Wurst und “Katzenjammer“ erkennbar sind.
Obwohl sich der Protagonist des Great Dictator in vielerlei Hinsicht klar auf die
historische Figur Adolf Hitler bezieht, wird man ihn durchaus nicht als punktgenaue Kopie
dieser Figur betrachten. Vielmehr handelt es sich in Chaplins Film um eine Adaption, wobei
die Diktator-Figur durch Hervorhebung - oder vielleicht
sogar Hinzufügung? - bestimmter Wesenszüge (Eitelkeit, fast
infantiler Megalomanie) lächerlich gemacht wird. Zudem
wirkt die Hitler-Figur in The Great Dictator komisch (oder
sogar ‚entlarvt‘), indem sie in Situationen gezeigt wird, die
kontrastieren mit dem Bild des ‚monumentalen‘ Hitlers: Es
findet eine Neukontextualisierung des Diktators statt.
Die gezielte Übertreibung und Neukontextualisierung
Abb. 10: ‚Respektlose‘
Neukontextualisierung der
Hitler-Figur: In
Trainingsanzug…
der historischen Figur Adolf Hitler bilden Elemente, die
generell in jedem als ‚respektlose‘ Auseinandersetzung mit
dem ‚Führer‘ zu bezeichnenden Kunstwerk aufzufinden sind.
In Dani Levys populärer Komödie Mein Führer – die
wirklichste Wahrheit über Adolf Hitler (2007) wird Hitler
zum Beispiel unter anderem in unvorteilhaftem
Abb. 11: …und in der Badewanne.
Trainingsanzug (Abbildung 10) und mit einer Modellschiff
in einer Badewanne gezeigt (Abbildung 11) 49, während er in Mel Brooks‘ im Jahre 2005
neuverfilmten The Producers (USA, 1968) begleitet von einem SS-Showballet in einem
Dani Levy (Regie), Stefan Arndt (Produktion): Mein Führer – die wirklichste Wahrheit über Adolf Hitler.
Spielfilm. Deutschland: X Filme 2007.
49
18
Musical auftaucht.50 Im Videoclip zum Song To Be or Not to Be (The Hitler Rap) rapt der
Regisseur des letztgenannten Films in der Rolle Adolf Hitlers über die wichtigsten Ereignisse
im Leben des Diktators. Hierbei ist zu sehen, wie der ‚Führer‘
Breakdance macht.51 Mit dem schon in §2.2 erwähnten Hitlerizer
wird die Figur Hitler auf einen für ihn charakteristisch geachteten
Sprachduktus reduziert und in einem neuen Kontext dargestellt,
Abb. 12: Adolf Hitler mit
seinem Bruder Peter.
indem man ‚‘Hitler‘ jeden beliebigen Text aussprechen lassen kann.
In der amerikanischen Zeichentrickserie Family Guy wird gezeigt,
wie Hitler während einer Rede in München von seinem dicken Bruder Peter geärgert wird
(Abbildung 12) . Dieser bringt schließlich das Volk zum Jubeln, indem er „Free beer on this
Motherführer!“ durch das Mikrofon ruft.52 Dass sich die scherzhaft gemeinte
Neukontextualisierung der Hitler-Figur offenbar auch in weniger gelungener Form
präsentieren kann, zeigt schließlich der Fall Lutz Bachmann (siehe §2.2).
Dass eine groteske, unrealistische Hitler-Darstellung nicht immer eindeutig ‚lustig‘
gemeint zu sein braucht, zeigt das Beispiel des amerikanischen Computerspiels Wolfenstein.
Im Spiel tritt ein Zombie-Hitler als Antagonist des Spielers auf.53 Obwohl in hohem Maße
fraglich sein darf, inwieweit hier von einer programmatischen Entmystifizierung des ‚Führers‘
die Rede ist, wird der Diktator in diesem Fall, ähnlich wie bei den eindeutig satirisch
gemeinten Hitler-Darstellungen, in einer gewissen Weise karikiert, indem sein Ruf als idealer
Bösewicht ad absurdum geführt wird.
2.4.2 Der ‚ernsthafte‘ Hitler
Während es sich bei den als ‚respektlos‘ zu bezeichnenden ‚Führer‘-Darstellungen im
Allgemeinen um nicht selten scherzhaft intendierte Neukontextualisierungen und
Übertreibungen der historischen Figur Adolf Hitler handelt, sind bei den von Fröhlich als
„ernsthaft[…]“ charakterisierten Auseinandersetzungen mit dieser Figur im Allgemeinen
andere Tendenzen wahrnehmbar. Als beispielhaft für diese Tendenzen kann hier der – wie
The Great Dictator mittlerweile als ‚kanonisch‘ zu bezeichnenden54 - Spielfilm Der letzte Akt
50
Vgl. Mel Brooks (Regie), Sidney Glazier (Produktion): The Producers. USA: Embassy Pictures, 1968.
Vgl. Mel Brooks (Regie): To Be or Not to Be (The Hitler Rap). Videoclip. USA: Island Records, 1983
52
Vgl. Zac Moncrief (Regie), Seth MacFarlane (Produktion): Family Guy, Saison 4, Folge 27 (‚The Griffin
Family History‘). Animation. USA: 20th Century Fox Television 2006.
53
Vgl. id Software: Wolfenstein. Computerspiel. USA: Raven Software 2009.
54
Vgl. unter anderem Andreas Kilb: ‚Ein Mahnmal, ein Reißer, ein Meisterwerk? Das Ende Adolf Hitlers: Der
letzte Akt von Georg Wilhelm Pabst und Der Untergang von Oliver Hirschbiegel im Vergleich‘. In: Margrit
Fröhlich, Christian Schneider, Karsten Visarius (Hg.): Das Böse im Blick. Die Gegenwart des
Nationalsozialismus im Film. München: Edition Text + Kritik 2007. S. 87-97; Mitchell 137-139.
51
19
(BRD, 1955) aufgeführt werden. Georg Wilhelm Pabsts Drama – der erste deutschsprachige
Film, in dem Hitler von einem Schauspieler dargestellt wird55 - handelt vom in der
Filmgeschichte öfter adaptierten (siehe Kapitel 3) Motiv der letzten zehn Tage Hitlers in
seinem Bunker in Berlin.56 Dass sich Der letzte Akt – zumindest programmatisch – von den
‚respektlosen‘ Auseinandersetzungen mit der Figur Hitler unterscheidet, zeigt unter anderem
der erste Text im Vorspann zum Film:
Dieser Film erzählt die Geschichte einer Zeit, wie sie war und nie mehr wiederkehren darf. Berichte der
Überlebenden und geschichtliche Quellen lieferten den Stoff für die Gestaltung des Drehbuches.
Inwieweit die in Pabsts Film wiedergegebenen Ereignisse und Figuren wirklich als
geschichtlich völlig akkurat zu bezeichnen sind, gilt als umstritten.57 Anders als bei zum
Beispiel The Great Dictator gibt es hier jedoch anscheinend den Anspruch, irgendwie ein
(zum größten Teil) geschichtlich untermauertes‚ wahrhaftes‘ Bild der Figur Adolf Hitler
wiederzugeben, wie auch die Absicht, sie zu deuten. Hierbei wird in vielerlei Hinsicht enger
Bezug genommen auf das in §2.3 skizzierte (zumindest zum heutigen Tag gültige) kollektive
Bild des ‚echten‘ Diktators als bei den ‚subversiven‘ Hitler-Darstellungen. Weiterhin wird
dieses Bild nicht in einer ‚burlesken‘, sondern eher in einer als ‚tragisch‘ zu bezeichnenden
Weise adaptiert.
Beispielhaft ist diesbezüglich eine Szene in Pabsts Film, in der sich Hitler (Albin
Skoda) alleine in seinem Arbeitszimmer im Bunker einem – historisch belegten58 – Porträt des
preußischen Königs Friedrich des Großen
gegenüber in einer ‚hitlerisch‘ anmutenden Rede
verliert (Abbildung 13). Anders als bei den
bekannten Reden Hitlers ist hier Ratlosigkeit, und
sogar Manie spürbar, indem der Diktator mit
seinem Ende in Sicht mit sich selbst redet. Skoda
erklärte zu seiner Hitler-Darstellung: „Die äußere
Abb. 13: Albin Skoda als Adolf Hitler
(Der letzte Akt).
Erscheinung meines Hitlers gleicht zwangsläufig
nicht dem Führer der Parteitage, Paraden und Postkarten, meinem Hitler fehlen Posen und
Pathos. Ohne Masken und ohne Nerven wütet er im Bunker unter der zerstörten
55
Vgl. Fröhlich 2008. S.14-15.
Vgl. Georg Wilhelm Pabst (Regie), Carl Skozoll (Produktion): Der letzte Akt. BRD, Österreich: CosmopolFilm 1955
57
Vgl. Mitchell 2000. S. 139.
58
Vgl. Fest 1978 (‚Der Führer‘). S. 991.
56
20
Reichskanzlei, ein Vernichteter mit krummem Rücken, mit schleppendem Fuß, das
schlurfende Wrack eines Tyrannen. […] Mein Hitler ist ein Demaskierter ohne Gloriole“.59
Ziel des Regisseurs sei es mittlerweile gewesen, „[…] die Shakespearsche Tragödie des
Menschen Hitler und seiner letzten Tage [zu] gestalten“.60
Der letzte Akt kann hinsichtlich seiner Absichten in Bezug auf die Hitler-Figur als
exemplarisch für eine bestimmte Kategorie der Hitler-Darstellungen angesehen werden, der
auch ein Spielfilm wie Valkyrie (2008)61 zuzuordnen ist. In den dieser Kategorie zugehörigen
Kunstwerken wird durchaus – nicht selten mithilfe des ‚Authentizitätsgestus‘ der
geschichtlichen Fakten – versucht, die Figur Hitler in irgendeiner Weise zu deuten. Sie wird
‚hinter den Kulissen‘ gezeigt, und mithin – wie sich zeigt am Beispiel von Pabsts Film psychologisiert. Hierbei werden oft ‚menschliche‘ Eigentümlichkeiten auf den Diktator
projiziert, die den Archivbildern des rücksichtlosen, furiosen Redners zwar nicht immer direkt
entsprechen, aber trotzdem mit diesen Bildern in Verbindung zu setzen sind. Vermeintliche
Wesenszüge Hitlers werden aufgegriffen, um im jeweiligen Kunstwerk einen ‚glaubwürdig‘
geachteten Hitler darzustellen – eine Figur, die dementsprechend nicht allzu sehr vom
kollektiven Bild des Diktators abweicht, aber nichtsdestotrotz dasjenige repräsentiert, was als
eine ‚interessant‘ zu bezeichnende dramatische Figur definiert.
2.5 Hitler-Simulakren
Wie schwierig die von Fröhlich vorgeschlagene Dichotomie zwischen „ernsthaften“ und
„subversiven“ Hitler-Darstellungen zu verteidigen ist, zeigt sich anhand des Beispiels von
Oliver Hirschbiegels in Kapitel 3 zu besprechenden Spielfilm Der Untergang - einem Film,
den man im Grunde durchaus als ‚ernsthafte‘ Auseinandersetzung mit Adolf Hitler
charakterisieren würde. Zahlreiche einzelne Szenen aus dem Film sind im Internet
aufzufinden, manchmal mit anderssprachigen Untertiteln. Oft geht es hierbei um (mehr oder
weniger) korrekte Übersetzungen der jeweiligen Szenen, nicht selten aber auch um gezielte
Persiflagen, in denen zwar der gesprochene Originaltext erhalten geblieben ist, dieser Text in
den Untertiteln aber als ernsthafte Auseinandersetzung mit einem Thema wie der
‚Größer Schauspieler als Hitler! Burgschauspieler Albin Skoda spielt in dem Cosmopol-Film der Columbia
die Rolle Adolf Hitlers‘. In: Columbia Filmgesellschaft mbH (Hg.): Columbia hilft werben! Presseheft zum
Spielfilm Der letzte Akt. Heidelberg: Columbia 1955. Zitiert in: Fröhlich 2008. S. 16.
60
Zitiert in Kilb 2007. S. 88.
61
Vgl. Bryan Slinger (Regie, Produktion), Christopher McQuarrie (Produktion): Valkyrie. Spielfilm. USA:
United Artists 2008.
59
21
Fußballweltmeisterschaft in Brasilien (2014)62 oder Pferde-Viagra63 übersetzt wird. Der
Effekt: Hitler erlebt in seinem Bunker einen emotionalen Wutausbruch, während dem er
seinen Generälen das Ignorieren seiner Befehle vorwirft. Den Untertiteln zufolge beschwert
sich der ‚Führer‘ jedoch darüber, dass die Generale im Toto fälschlich auf einen 5:1-Sieg von
Spanien gegen die Niederlande gewettet haben. Eine angeblich ‚ernsthafte‘
Auseinandersetzung mit der historischen Figur Adolf Hitler wird demzufolge durch
Hinzufügung einer Unterschrift zu einer Satire, in der die Hitler-Figur, indem sie sich über
Themen wie Viagra aufregt, eine Neukontextualisierung erfährt. Da die Tatsache, dass der
gesprochene Text nicht mit den Untertiteln übereinstimmt, hierbei für ein nichtdeutschsprachiges Publikum nicht erkennbar zu sein braucht, ist ein Unterschied zwischen
Ernst und Satire hier in manchen Fällen nicht oder kaum festzustellen.
Es darf sogar angezweifelt werden, ob dieser Unterschied in Bezug auf HitlerDarstellungen überhaupt festzustellen ist. Diejenigen Elemente, die als Merkmale einer
Hitler-Satire bezeichnet werden können – ein beabsichtigter komisch-kritischer Effekt,
Übertreibung, Neukontextualisierung – sind innerhalb eines Kunstwerks prinzipiell ja nicht
objektiv als solche erkennbar. Eine gewisse Absicht, zum einen, lässt sich nur aus (im Grunde
arbiträr zu interpretierenden64) Symbolen erschließen. Das Erkennen von sowohl
Übertreibung als auch Neukontextualisierung, zum zweiten, gründet bezüglich der HitlerFigur auf einem objektiven Unterschied zwischen dem ‚authentischen‘, vom jeweiligen
Kunstwerk zu kritisierenden Hitler einerseits und einem fiktionalen, burlesken Hitler
andererseits. Gerade diese Grenze ist jedoch vage.
Dass das kollektive Bild des ‚authentischen‘ Hitlers nicht nur auf historischem
Material gründet, sondern auch von Hitler-bezogener Fiktion beeinflusst wird, ist evident:
Fast alle Bilder mit dem ‚authentischen‘ Hitler sind Propagandafilme65, demnach in gewissem
Maße inszeniert, und daher in strengem Sinne als eine Art Fiktion zu bezeichnen. Zudem ist
durchaus zu behaupten, dass (fiktionale) Filme, Bücher und Fernsehserien über Hitler einen
bestimmten Einfluss auf historische Studien nach dem, und daher auf den Diskurs um den
‚echten‘ Hitler ausüben.66
Vgl. ‚Hitler voorspelt WK wedstrijd Spanje Nederland‘ [sic]. Internetclip. In: Youtube.com. 14.6.2011. URL:
https://www.youtube.com/watch?v=YBdmNGPR7tM (letzter Zugriff: 10.6.2015).
63
Vgl. ‚Hitler takes too much Viagra‘. Internetclip. In: Youtube.com. 6.9.2011. URL:
https://www.youtube.com/watch?v=wAqyWpBo9OU (letzter Zugriff: 10.6.2015).
64
Vgl. Baudrillard 1982. S. 90.
65
Vgl. Fröhlich 2008. S. 13-14.
66
Vgl. Michael Wildt: ‚Hitler goes Fiction. Hitler-Filme und Geschichtswissenschaft’. In: Rainer Rother und
Karin Herbst-Meßlinger (Hg.): Hitler darstellen. Zur Entwicklung und Bedeutung einer filmischen Figur.
München: Richard Boorberg Verlag 2008. S. 113-120.
62
22
Es ist daher fraglich, inwieweit die in 2.3 erwähnten kollektiven Bilder dem
historischen Hitler entsprechen, oder Hitler-bezogener Fiktion entstammen. Verweist Chaplin
in The Great Dictator zum Beispiel auf Hitler-Bilder, die schon kollektive Bilder sind, oder
macht er sie zu kollektiven Bildern, indem er auf sie verweist? Reproduziert Chaplin gewisse
Hitler-Bilder, oder produziert er sie? Ist Pabsts Hitler nicht ebenso karikaturistisch wie
Adenoid Hynkel? Eine Antwort auf diese Fragen ist kaum festzulegen. Zu behaupten ist aber
schon, dass – auch wegen der in Bezug auf die historische Figur Adolf Hitler gültige
Dominanz der Propagandabilder - eine ‚wahrhafte‘ Hitler-Adaption zudem eine Adaption
anderer Hitler-Adaptionen, und dementsprechend irgendwie eine Repräsentation des vom
Diskurs erschaffenen Bildes des Diktators ist. Was genau den ‚wahren‘ Hitler charakterisieren
soll, ist prinzipiell nicht festzustellen.
In Bezug auf den Hitler-Diskurs scheint sich gerade dasjenige abzuspielen, was von
Jean Baudrillard als Genese der Simulakren bezeichnet wird: Weil die Hitler-Figur in der (vor
allem im 20. und 21. Jahrhundert rasch zunehmenden) Vielheit der Bilder allgegenwärtig ist,
sind die Begriffe ‚echt‘ und ‚unecht‘ bezüglich dieser Figur inhaltslos geworden. Der HitlerDiskurs wird von einer dermaßen komplizierten Intertextualität gekennzeichnet, dass nicht
abzuleiten ist, inwieweit sich die Adaptionen auf eine ‚echte‘ Person beziehen.
Dass die bezügliche ‚echte‘ Person schon seit 1945 vom Erdboden verschwunden ist,
und von ihr vor allem Propagandabilder und zeitgenössische Zeugnisse überliefert sind, spielt
hierbei eine erhebliche Rolle. Wer die Figur Adolf Hitler – sei es in Worten, sei es in Bildern
– medial zu verarbeiten versucht, kann sich in diesem Prozess nur auf Erinnerungskonstrukte
und Hitler-Darstellungen anderer verlassen. Die Archivbilder des ‚echten‘ Hitlers zu
verwenden, würde eine Neukontextualisierung bedeuten, die dem (von Baudrillard in diesem
Fall also nicht zu Unrecht verworfenen) Konzept des Realen auch nicht entsprechen würde.
Die Vorstellung der Figur Adolf Hitler ändert sich im kollektiven Gedächtnis
dementsprechend ständig, indem sie sich von jedem (sich auf andere Hitler-Vorstellungen
beziehenden) Film, Text oder Bild beeinflussen lässt, worin auf Hitler verwiesen wird.
Simulationen bestimmen also das Bild des Diktators. Alle medialen Anwendungen der Figur
Adolf Hitler - seien sie Filme wie The Great Dictator oder Der Untergang oder die von
Joachim Fest erstellte Biographie - sind im Grunde Simulakren, die anderen Simulakren
widerspiegeln. Wie es Baudrillard umschreibt:
Kunst ist daher überall, denn das Künstlerische steht im Zentrum der Realität. Die Kunst ist daher tot,
nicht nur weil ihre kritische Transzendenz tot ist , sondern weil die Realität selbst […] mit ihrem
eigenen Bild verschmolzen ist. Sie hat noch nicht einmal mehr Zeit, den Anschein von Realität
23
anzunehmen. Sie überbietet auch die Fiktion nicht mehr: sie ergreift jeden Traum, bevor er den
Anschein eines Traumes bekommt. Ein schizophrener Rausch von seriellen Zeichen, die keine
Imitation, keine Sublimierung kennen, die in ihrer Wiederholung eingeschlossen sind – wer könnte
sagen, wo die Realität dessen ist, was sie simulieren? […] Das Simulationsprinzip überwindet das
Realitätsprinzip […].67
Eine Darstellung der Figur Adolf Hitler wird immer ein Simulakrum sein. Interessant ist
diesbezüglich, was genau simuliert wird: Wie lassen sich die heutigen Hitler-Simulakren
definieren? Welche Hitler-Bilder werden (re)produziert? Mögliche Antworten präsentieren
sich in den nächsten drei Kapiteln anhand dreier Analysen populärer rezenter HitlerDarstellungen.
2.6 Fazit
Um die Figur Adolf Hitler findet sich ein umfangreicher, ständig wechselnder Diskurs, der
bestimmten mit dem Diktator in Verbindung zu bringenden Wesenszügen eine prominente
Stelle im kollektiven Gedächtnis verliehen hat. Zu diesem Diskurs trägt nicht nur die
Gesamtheit der Archivbilder des historischen ‚Führers‘ bei, sondern auch die Hitler-bezogene
Fiktion. Da fiktionale Vorstellungen des Diktators also das kollektive Hitler-Bild
beeinflussen, ist im Grunde keine klare Grenze zu ziehen zwischen dem ‚echten‘ Hitler,
‚ernsthaften‘ Hitler-Darstellungen und Hitler-Karikaturen. Eine Hitler-Darstellung darf daher
– auch wegen der Absenz eines ‚echten‘ Hitlers und aufgrund der propagandistischen Art der
Archivbilder dieser Figur - im Sinne Jean Baudrillards durchaus als Simulakrum gelten.
67
Baudrillard 1982. S. 119.
24
3. Der Untergang – eine Analyse
In diesem Kapitel finden sich eine Beschreibung (§3.1) und Analyse (§3.2) des Spielfilms Der
Untergang (2004). Fokus bildet die von Bruno Ganz dargestellte Hitler-Figur. Die
Beschreibung und die Analyse beziehen sich auf die 175 Minuten dauernde TV-Fassung des
Films. Die kommentierten Szenen sind mit einer globalen, auf die Dauer des gesamten
Spielfilms zutreffenden Zeitangabe versehen. Wie ist die Hitler-Darstellung im Untergang zu
charakterisieren? Auf welche Hitler-Bilder wird implizit oder explizit Bezug genommen? Und
zu welchen Zielen wird die Hitler-Figur abgebildet?
3.1 Beschreibung
Der Untergang ist ein Spielfilm des deutschen Regisseurs Oliver Hirschbiegel (1957). Der
unter anderem auf dem gleichnamigen Werk des Historikers Joachim Fest (1926-2006)68 und
den Memoiren von Hitlers Sekretärin Traudl Junge (1920-2002)69 basierende Film
thematisiert die letzten Tage des Dritten Reichs und das Ende Adolf Hitlers. Der Untergang
feierte am 14. September 2004 seine internationale Premiere auf dem Toronto International
Film Festival, und wurde 2005 für den Oscar in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film
nominiert. In Deutschland wurde der Film von September 2004 bis Februar 2005 von 4,5
Millionen Zuschauern gesehen - eine Zahl, die in Deutschland vorher noch nie durch einen
Film um die Figur Adolf Hitler erreicht wurde.70
Nach einem Fragment aus einem aus dem Dokumentarfilm Im toten Winkel (2002)
stammenden Interview mit Traudl Junge71 fängt Der Untergang im Jahre 1942 an im
ostpreußischen ‚Führerhauptquartier Wolfsschanze‘. Zu sehen ist, wie fünf junge Frauen sich
bewerben für eine Stelle als Privatsekretärin Adolf Hitlers (0:01:30-0:06:30). Der vom
schweizerischen Schauspieler Bruno Ganz dargestellte Hitler – in Anzug gestochen,
sprechend mit rollendem ‚R‘, und leicht bucklig - begrüßt die Frauen freundlich, und erbittet
sie das übliche „Heil, mein Führer“ zu unterlassen. Traudl Junge (Alexandra Maria Lara) - zu
dieser Zeitpunkt im Film noch Traudl Humps (nach ihrem Geburtsnamen) - stellt sich vor als
Münchnerin, und wird von Hitler gleich zum Büroraum gebeten für eine
Tauglichkeitsprüfung. Im Büro stellt der Diktator Junge seinen Hund Blondi vor
68
Vgl. Traudl Junge und Melissa Müller: Bis zur letzten Stunde. Hitlers Sekretärin erzählt ihr Leben. München:
Claassen Verlag 2002.
69
Vgl. Joachim Fest: Der Untergang. Berlin: Alexander Fest Verlag 2002.
70
Vgl. Hofmann und Baumert 2008. S. 134.
71
Vgl. André Heller und Othmar Schmiederer (Regie), Danny Krausz und Kurt Stocker (Produktion): Im toten
Winkel. Dokumentarfilm. Österreich: Dor Film, 2002.
25
(„intelligenter als die meisten Menschen“) und versucht er die nervöse junge Frau zu
beruhigen („Ich mache bei meinen Diktaten so viele Fehler, so viele können sie unmöglich
machen“). Trotz erheblicher Fehler beim Transkribieren eines Hitler-Diktats wird Junge als
Sekretärin angestellt.
Die nächste Szene (0:06:30-0:08:40) spielt sich im kriegszerstörten Berlin ab. Das
Datum ist laut einem ins Bild einblendenden Text der 20. April 1945: der 56. Geburtstag
Adolf Hitlers. Nach einem Artillerieangriff erfährt Hitler in seinem Bunker telefonisch, dass
„der Russe“ sich bis auf 12 Kilometer vom Stadtkern genähert hat. Während der Diktator den
Hörer mit Gewalt auflegt, entbrennt er in Wut („Man müsse die ganze Luftwaffe-Führung
sofort aufhängen!“). Der linke Hand Hitlers erscheint hierbei spastisch. Es wird der ‚Fall
Clausewitz‘ ausgegeben: Berlin wird zur Frontstadt erklärt. SS-Führer Heinrich Himmler
(Ulrich Noethen) und Walther Hewel (Gerald Held) versuchen Hitler davon zu überzeugen,
die Hauptstadt zu verlassen. Dieser aber insistiert darauf, zu bleiben (0:11:45-0:13:00), und
treibt mit Architekten Albert Speer (Heino Ferch) sogar schon architektonische Planungen für
die Periode nach dem „Endsieg“ voran (0:14:40-0:16:50).
Die Rote Armee rückt auf. Nachdem Hitler eine offenbar unrealistische Strategie zur
Verteidigung Berlins entfaltet hat (0:18:40-0:21:00) und zur Aussage gekommen ist, dass er
das deutsche Volk lieber sterben als kapitulieren sieht (0:26:30-0:25:40), entsteht unter dessen
Generälen Uneinigkeit darüber, ob der ‚Führer‘ vielleicht „den Sinn für die Realität“ verloren
habe. Als vier Generale Hitler die aussichtslose Lage im Streit um Berlin klarzumachen
versuchen, reagiert dieser mit einem Wutausbruch (0:38:50-0:44:00). Der Diktator bezeichnet
seine Generale als „treulose Feiglinge“ und erklärt, dass er sich vom ganzen Militärwesen
verraten fühlt. „Es ist aus, der Krieg ist verloren“, sagt er zum Schluss.
Während in Berlin Chaos herrscht, gibt es unter den unterschiedlichen hohen
Offizieren und politischen Führungsleuten des Dritten Reichs offenbar divergierende
Interessen. Propagandaminister Joseph Goebbels (Ulrich Matthes), der einem Militär
gegenüber erklärt, dass das deutsche Volk seinem Untergang selbst schuld ist (0:51:400:52:50), lässt seine Frau und Kinder im Führerbunker unterbringen. Die sechs GoebbelsKinder singen ein Lied für den Diktator („Onkel Hitler“), was dieser offenbar zu schätzen
weiß (0:54:10-0:54:40). In der nächsten Szene (0:54:40-0:56:00) bespricht Hitler mit Eva
Braun und seinen Sekretärinnen das Thema ‚Suizid‘. Die Frauen würden im Fall eines
Selbstmordes einen Blausäurekapsel bevorzugen, Hitler favorisiert einen Pistolenschuss.
„[D]ann platzt der Schädel“, lautet seine plastische Beschreibung dieses Vorgangs.
26
Hitler erfährt, dass drei seiner engsten Vertrauten gegen seine Befehle handeln: Göring
(Mathias Gnädiger), der Berlin entflohen ist, versucht von außen die Regierungsgewalt zu
übernehmen (1:02:40-1:04:50), Speer gibt offen zu, seit Monaten Hitlers ‚Taktik der
verbrennten Erde‘ nicht zur Ausführung zu bringen (1:04:50-1:13:00), und Himmler
unterbreitet den Alliierten in Lübeck ein Kapitulationsangebot (1:15:20-1:18:30). Nach den
Berichten Görings und Himmlers reagiert Hitler mit weiteren Wutausbrüchen, Speers
Bekenntnis ruft beim Diktator nur stilles Entsetzen hervor. Hitler, der offenbar doch noch an
einen Endsieg glaubt, nimmt sich vor Göring und Himmler zu strafen. Er ernennt Robert
Ritter von Reims (Dittrich Hollinderbäumer) als Nachfolger Görings.
Hitler lässt Verbindungsoffizier Hermann Fegelein (Thomas Kretschmann), den
Schwager von Eva Braun, wegen ‚Fahnenflucht‘ erschießen (1:28:20-1:29:00): „Mit
Verrätern gibt es kein Mitleid“, so der Diktator (1:24:20). Während die russische Armee
weiter aufrückt, diktiert Hitler Traudl Junge sein politisches Testament (1:29:40-1:31:50).
Eine Szene später heiratet er im Bunker Eva Braun (1:32:00-1:33:00). Als Hitler erfährt, dass
die Russen dem Bunker – in dem mittlerweile exzessiv getrunken wird - bis auf einige
hunderte Meter genähert sind und zudem die von ihm erhoffte Militärhilfe von außen
ausbleiben wird, entscheidet er sich dafür, sich das Leben zu nehmen (1:35:00-1:38:00):
Zuerst tötet er seinen Hund Blondi (1:41:00-1:42:00), dann begeht er zusammen mit Eva
Braun Selbstmord (1:52:00-1:53:00). Ihre Leichname werden vor der Reichskanzlei mit
Benzin übergossen und verbrannt (1:53:00-1:55:00). Auch das Ehepaar Goebbels begeht,
nachdem Magda Goebbels (Corinna Harfouch) zuerst ihre Kinder mit Blausäurekapseln
umgebracht hat (2:03:00-2:05:00), Selbstmord (2:10:00-2:11:30). Traudl Junge entflieht dem
Führerbunker (2:12:00-2:23:30)
Die Handlung des Films endet mit der Kapitulation der Wehrmacht (2:22:30-2:23:30).
Es folgt ein Nachspann, in dem über die weiteren Lebenswege der dargestellten historischen
Figuren zu lesen ist (2:24:50-2:27:20). Darauf wird, wie am Anfang des Films, ein Fragment
aus einem Interview mit der ‚echten‘ Traudl Junge (2:27:20-2:28:40) gezeigt. Letztlich sind
die Schlusstitel zu sehen.
27
3.2 Analyse
3.2.1 Charakterisierung der Hitler-Figur
Im Untergang handelt es sich um eine filmische Adaption der Figur Adolf Hitler. Die Mittel,
mit denen der Diktator dargestellt wird, sind demnach visuell (bewegender Farbfilm) wie
auch auditiv (Tonband).
In visueller Hinsicht fällt auf, dass die vom Schauspieler Bruno Ganz verkörperte
Vorstellung des ‚Führers‘ äußerlich in hohem Maße den kollektiven Bildern des ‚historischen‘
Hitlers entspricht (vgl. Abbildungen 14 und 15). Nähere Beachtung verdienen diesbezüglich
jedoch einige Details der
körperlichen Verfassung, in der
Hitler – vor allem in den
Bunkerszenen - vorgestellt wird:
Anders als der ‚monumentale‘
Diktator der Archivbilder läuft Ganz‘
Hitler mühsam, wobei die linke Hand
Abb. 14: Bruno Ganz als Hitler
im Spielfilm Der Untergang…
Abb. 15: …und Adolf Hitler
als Hitler in Leni Riefenstahls
Triumph des Willens.
zittert, und in Nahaufnahmen graue Haare sichtbar sind. Der
Untergang zeigt einen ‚alten‘, gebrechlichen Hitler.
Dieser ‚alte‘ Hitler wird in einer Umgebung dargestellt, die scheinbar weitgehend nach
geschichtlichen ‚Fakten‘ modelliert ist: Die Zeit (Der Zweite Weltkrieg) und der Ort (ein
Bunker unter der Reichskanzlei) der Handlung, wie auch das Umfeld der dargestellten HitlerFigur (von Himmler und Goebbels bis auf weniger bekannte Teile der Entourage wie SSOffizier Fegelein) werden im kollektiven Gedächtnis durchaus in engem Zusammenhang mit
dem historischen Diktator stehen. Auch Details wie das als Bild im kollektiven Gedächtnis
wahrscheinlich weniger weitverbreite aber nichtsdestotrotz als historisch belegt geltende72
Porträt Friedrichs des Großen im Arbeitszimmer Hitlers (0:59:00-0:59:30) unterstützen hier
die Idee einer in geschichtlicher Hinsicht ‚wahrhaften‘ Hitler-Darstellung.
Nicht nur visuell, sondern auch sprachlich entspricht die Hitler-Figur im Untergang
dem Bild des ‚echten‘ Hitlers, indem sich der Protagonist des Films mit seinem Akzent, seiner
Betonung und seiner auch in Privatgesprächen oft pathetisch anmutenden Wortwahl („Das
Leben vergibt keine Schwäche“ (1:16:25)) des aus den Reden Hitlers bekannten Sprachduktus
bedient. Auffällig sind hierbei die Wutanfälle des Diktators, während deren er schreit, fast
72
Vgl. Fest 1978 (‚Der Führer‘). S. 991.
28
spastisch mit dem Oberkörper bewegt, und seinen Generälen unter anderem zufügt, er hätte
gut daran getan, sie alle liquidieren zu lassen (0:38:50-0:44:00).
Trotz der für die deutsche Armee (und damit für ihn persönlich) aussichtslosen Lage
des Krieges, hält der Hitler im Untergang – zumindest gegenüber seinem Umfeld - lange stur
daran fest, dass es noch einen Endsieg geben wird. Freiwillig abgesperrt von der Außenwelt
denkt er sich eigenwillig unrealistisch anmutende Gegenoffensive gegen die russische Armee
aus, und setzt er sich persönlich mit den architektonischen Planungen für die Periode nach
dem Endsieg auseinander. Exemplarisch ist hierbei Hitlers Vertrauen in die eigene
Fähigkeiten. Der Diktator wähnt sich als einer, der sich im Leben durch Kampf eigenmächtig
‚hochgearbeitet‘ hat – ein Vorgang, der ihm mit dem Architekten Albert Speer gleichsetzen
und ihm im Vergleich zu ausgebildeten Militärangehörigen sogar die bessere Position
verschaffen würde. Hitler wird dargestellt, als sehe er sich als Selfmademan: „Ich war nie auf
der [Militär-]Akademie, und doch habe ich alleine, alleine auf mich gestellt, ganz Europa
erobert“, fügt er der Generalität beispielsweise zu (0:41:20-0:41:35).
Später im Film zeigt sich ein Hitler, der seine ambitionierte Selbstüberzeugung und
sein vermeintes Auf-Sich-Gestellt-Sein in einer eher melancholischen Weise kanalisiert
(1:10:00-1:11:00). Hierbei ergibt sich auch das bekannte Bild des rücksichtlosen, überzeugt
antisemitischen Diktators:
Ich habe Großes vorgehabt mit den Deutschen und mit der Welt. Keiner hat mich begriffen, nicht
einmal meine ältesten Mitkämpfer. […] Das Einzige, was ich mir zugutehalten kann, ist, dass ich die
Juden immer mit offenem Visier bekämpft habe, und das ich den deutschen Lebensraum vom jüdischen
Gift gesäubert habe.
Kapitulation kommt nach der Ideologie des Diktators nicht in Frage („Ich werde niemals
kapitulieren, niemals!“ (1:36:00)), und für ‚Verlierer‘ gibt es keinen Platz. Diesen
Auffassungen zufolge lässt er eine dezimierte, sich teilweise aus Kindern zusammensetzende
(u.a. 0:16:50-0:18:40) Streitmacht trotz fehlender Perspektive gegen die Russen
weiterkämpfen, und wählt er selbst schließlich den Freitod (1:52:00-1:53:00). Beschwerden
seiner Vertrauten zum Trotz lässt er zudem den Befehl ausgehen, alle wichtige Infrastruktur
zu zerstören. Der Stärkere werde immer gewinnen, und Selbstmord und Selbstzerstörung
seien einer Niederlage jederzeit vorzuziehen, monologisiert er hinsichtlich dieses Befehls
gelassen im Beisein Speers (0:26:30-0:25:40):
Wenn der Krieg verloren geht, ist es vollkommen wurscht, wenn auch das Volk verloren geht.
Es ist nicht notwendig, auf die Grundlagen, die das deutsche Volk zu seinem primitivsten Weiterleben
braucht, Rücksicht zu nehmen. Im Gegenteil: Es ist besser, diese Dinge selbst zu zerstören. Denn das
29
Volk hat sich als das schwächere erwiesen und es ist nur ein Naturgesetz, dass es dann eben ausgerottet
wird.
Hitlers scheinbare Entfernung von der Realität hat unter anderem zu Folge, dass seine mentale
Gesundheit im Umfeld angezweifelt wird (0:21:00-0:21:40), und unrealistisch anmutende
Befehle des Diktators von mehreren hohen Offizieren (u.a. 0:38:50-0:44:00), wie auch von
engen Vertrauten wie Himmler (1:15:20-1:18:30) und Speer (1:04:50-1:13:00) mutwillig
ignoriert werden. Dieser „Verrat“ (1:17:15) ruft bei Hitler sowohl die schon beschriebenen
Wutanfälle (im Fall der Offiziere und im Fall Himmlers) als auch heftige Enttäuschung (im
Fall Speers, wobei der Diktator sogar weint) hervor. Im Kontext seiner perspektivlosen Lage,
seines fehlenden Realitätssinns und seiner schlechten körperlichen Verfassung muten die
unkontrollierten Wutanfälle und das Weinen Hitler verzweifelt und machtlos an: Es wird ein
Hitler dargestellt, dessen Autorität als souveräner ‚Führer‘ angetastet scheint. Im Untergang
erscheint die Hitler-Figur trotz ihrer als mindestens ‚sehr zweifelhaft‘ einzustufenden
Auffassungen nicht eindeutig als berechnendes ‚Symbol des Bösen‘: Der Diktator ist hier vor
allem ‚menschlich‘.
Der ‚menschliche‘ Hitler zeigt sich weiterhin unter anderem in seinem liebevollen
Umgang mit seinem Hund Blondi, der Sekretärin Traudl Junge (beides u.a. 0:01:30-0:06:30)
und den Kindern des Ehepaars Goebbels (1:44:20-1:44:50). Der scheinbare Unterschied
zwischen diesem ‚menschlichen‘ Hitler und dem rücksichtlosen Diktator wird in einem
Dialog zwischen Junge und Eva Braun direkt angesprochen:
Traudl Junge: Manchmal glaube ich, dass er niemanden in sich hereinschauen lassen will. So richtig
meine ich… Wenn er privat ist… Er kann so fürsorglich sein. Und dann wieder…sagt er brutales an.
Eva Braun: Sie meinen: Wenn er ‚der Führer‘ ist?
Mittels der von Braun gestellten Frage schlägt der Film eine Erklärung bezüglich der
paradoxalen Charakteristika der im Untergang dargestellten Hitler-Figur vor: Es gebe sowohl
einen einfühlsamen, ‚privaten‘ Hitler als auch einen harten, brutalen Hitler. Der Protagonist
des Films wird dem Zuschauer mithin psychologisch gedeutet: Hinter dem ‚Monster‘ stecke
ein Mensch, so wird impliziert.
3.2.2 Die Hitler-Figur im Untergang als Simulakrum
Zur weiteren Charakterisierung der Hitler-Darstellung im Spielfilm Der Untergang kann Jean
Baudrillards Simulationstheorie beitragen.
In Simulacres et simulations bietet Baudrillard eine für diese Analyse hilfreiche und
30
interessante Perspektive auf die Adaption geschichtlicher Materie im Film. „History is our
lost referential, that is to say our myth“, behauptet er (SaS, S. 43) – Geschichte erfülle im
Zeitalter der Postmoderne die Funktion einer neuen ‚Mythologie‘. Im postmodernen
Bilderfluss gebe es eine Sehnsucht nach der (im Diskurs im Allgemeinen durch ihre Extreme
gekennzeichneten) Vergangenheit. Dass sich zur Erfüllung dieser Sehnsucht insbesondere
eine Figur wie Adolf Hitler eignet, sei der Theorie des französischen Sozialphilosophen
zufolge als logisch zu bezeichnen:
Whereas so many generations […] lived in the march of history […] – today one has the impression that
history has retreated, leaving behind it an indifferent nebula, traversed by currents, but emptied of
references. It is into this void that the phantasms of a past history recede, the panoply of events,
ideologies, retro fashions – no longer because people believe in them or still place hope in them, but
simply to resurrect the period when at least there was history, at least there was violence (albeit fascist),
when at least life and death were at stake. […] [T]he fetishized history will preferably be the one
immediately preceding our ‘irreferential’ era. Whence the omnipresence of fascism and of war in retro –
a coincidence, an affinity that is not at all political; it is naïve to conclude that the evocation of fascism
signals a current renewal of fascism (it is precisely because one is no longer there, because one is in
something else, which is still less amusing, it is for this reason that fascism can again become
fascinating in its filtered cruelty, aestheticized by retro).
(SaS, S. 43-44).
Obwohl in Frage gestellt werden darf, inwieweit das Adaptieren geschichtlicher Themen, wie
Baudrillard behauptet, tatsächlich vorwiegend aus Sensationsgier hervorgeht – eine Frage, die
diese Arbeit nicht behandeln wird - ist die hier aufgeworfene Idee der geschichtlichen
‚Mythologie‘ eine interessante. Eine Adaption geschichtlicher Vorgänge erhält, wie die
Bezeichnung ‚Mythologie‘ schon impliziert, faktisch fast ausschließlich ‚leere‘ Symbole, da
nicht auf etwas Reales verwiesen werden kann: Geschichtliche Vorgänge sind von ihrer
Definition her schon geschehen. Eine Verarbeitung dieser Vorgänge wäre daher nach
Baudrillards Klassifikation als Simulakrum der dritten Ordnung – also als eine Maskierung
davon, dass es keinen realen Referenten gibt - zu bezeichnen. Als Simulakrum bezieht sich
ein historischer Film dementsprechend nicht auf die zu verarbeitenden Vorgänge an sich,
sondern – wie schon in 2.5 besprochen – auf Simulakren dieser Vorgänge. Da,
zurückkommend auf die von Baudrillard selbst formulierte Theorie, ein historischer Film also
prinzipiell nur auf andere Simulakren verweisen kann, ist in Bezug auf die vorgestellten
Vorgänge die Rede von Hyperrealität:
[…] [T]he history that is “given back” to us […] has no more of a relation to a “historical real” than
neofiguration in painting does to the classical figuration of the real. Neofiguration is an invocation of
resemblance, but at the same time the flagrant proof of the disappearance of objects in their very
representation: hyperreal.
(SaS, S. 45).
31
Der Untergang ist als Spielfilm einzuordnen, in Bezug auf den in mehreren Weisen
historische Authentizität versprochen wird. Innerhalb des Films suggerieren zum Beispiel
unter anderem das Aufführen eines Interviews mit der ‚echten‘ Traudl Junge am Anfang und
am Ende des Films und die Verwendung der eingeblendeten Textstellen mit historischen
Daten (u.a. 0:01:30, 0:06:30) eine gewisse geschichtliche Wahrhaftigkeit der gezeigten
Bilder. Ebenfalls als illustrativ zu bezeichnen ist eine April 2003 von Produzent und
Drehbuchautor Bernd Eichinger in der Zeitschrift Spiegel formulierte Ambition bezüglich des
damals noch nicht vollendeten Filmprojekts: „Wir machen einen großen epischen Film fürs
Kino. Allerdings halten wir uns dabei an die Dokumente. An Stenogramme der
Lagenbesprechungen und an die Aufzeichnungen von Zeitungen. Was historisch nicht belegt
ist, kommt nicht vor. […] Ich denke, unser Film wird authentischer als alle vorherigen“.73
Zu den Simulakren, die im Spielfilm Der Untergang am explizitesten wahrnehmbar
‚zitiert‘ werden, gehören, wie die Worten Eichingers schon vermuten lassen, vor allem
‚historisch belegte’ Texte. Das Bild des alten, gebrechlichen Hitlers, zum Beispiel, ist unter
anderem in Joachim Fests Biographie des Diktators anzutreffen:
„[Hitler] bot körperlich ein furchtbares Bild. Er schleppte sich mühsam und schwerfällig, der
Oberkörper vorwärts werfend, die Beine nachziehend von seinem Wohnraum in den Besprechungsraum
des Bunkers […]. Die Augen waren blutunterlaufen; obgleich alle für ihn bestimmte Schriftstücke mit
dreimal vergrößerten Buchstaben […] geschrieben waren, konnte er sie nur mit einer scharfen Brille
lesen. Aus den Mundwinkeln traf häufig der Speichel…“.74
In Fests als Grundlage zum Film dienenden75 Werk Der Untergang (2002) ist sogar eine
bildlich fast integral ‚übersetzte‘ Szene (vgl. 0:38:50-0:44:00) vorzufinden:
In einem Ausbruch, wie ihn keiner der Anwesenden je erlebt hatte, fuhr Hitler plötzlich aus seinem
Sessel hoch, warf die farbigen Stifte, die er während der Lagebesprechung stets bei sich trug, mit einem
zornigen Bewegung über den Tisch und begann zu schreien. Seine seit Wochen matte und tonlose
Stimme gewann noch einmal etwas von ihrer einstigen Kraft. […] Er schmähte die Generalität, die
unausgesetzten Widerstände, mit denen er sich habe herumschlagen müssen, seit Jahren sei er von
Verrätern und Versagern umgeben. […] [A]ußer sich schlug er mit der Faust in die offenen Hand,
während ihm Tränen über die Wangen liefen: Unter diesen Umständen, wiederholte er viele Male,
könne er nicht länger führen, seine Befehle seien in den Wind gesprochen, er wisse nicht mehr weiter.
„Der Krieg ist verloren!“, rief er.76
‚Ich halte mich ausschließlich an die Geschichte‘. Interview mit Bernd Eichinger. In: Der Spiegel. 19.4.2003.
S. 153.
74
Fest 1978 (‚Der Führer‘). S. 991.
75
Vgl. ebd.
76
Fest 2002. S. 78-79.
73
32
Der Hitler, der sich aus den ‚zitierten‘ Simulakren ergibt, entspricht in mehreren Hinsichten
nicht dem aus der NS-Propaganda bekannten ‚Führer‘. Dem furiosen Redner der Archivbilder
(siehe 2.3) wird im Film ein durch historische Quellen ‚belegter‘ Hitler gegenübergesetzt, der
unter anderem als kränkelnde, weinende, machtlos anmutende Figur dargestellt wird.
Dass gerade der letztere Hitler aufgeführt wird, als sei er „authentischer“ (Eichinger)
als die meisten anderen Interpretationen des Diktators, und Schauspieler Bruno Ganz über
seine Rollenauffassung erklärte, er habe von sich erfahren wollen, „ob es möglich ist, diese
als unspielbar geltende Figur plausibel und für uns nachvollziehbar darzustellen“, kann
hinsichtlich der Charakterisierung der Hitler-Darstellung im Untergang als bezeichnend
aufgefasst werden: Es handelt sich hier um die nach Margrit Fröhlichs (im Grunde
problematischer) Dichotomie (siehe 2.4, 2.5) als „ernsthaft“ zu bezeichnenden Zugang zur
Hitler-Figur. Der Spielfilm Der Untergang präsentiert sich als (und wird präsentiert als)
dasjenige, was von Fröhlich als „um Geschichtsdeutung und Aufklärung bemühte ernsthafte
Auseinandersetzung“ durch „realistische[…] oder pseudorealistische[…] Rekonstruktion
historischer Ereignisse“ charakterisiert wird. Die Auffassung, dass die historische Figur Hitler
Deutung bedarf, deren Handeln erklärt werden soll, und die Bilder der NS-Propaganda nicht
den ‚ganzen‘ Hitler zeigen, scheint im Film ein primärer Triebfeder zur Hitler-Darstellung zu
sein.
Vom Film wird dementsprechend ein enger Bezug zwischen ‚seinem‘ menschlichen,
„nachvollziehbare[n]“, nach historischen Quellen gestalteten Hitler einerseits und dem
historischen Diktator andererseits impliziert. Es wird suggeriert, dass es einen idealen,
‚echten‘ Hitler gebe, den es darzustellen gilt – einen Hitler, den Bruno Ganz so gut wie
möglich zu verkörpern versuche. Der Film präsentiert sich als künstlerische Bearbeitung eines
realen Objekts, und demnach im Sinne Baudrillards als Simulakrum der zweiten Ordnung.
Das im Untergang vorgestellte Bild Hitlers basiert mittlerweile jedoch nicht auf der (nicht
weiterexistierenden) Person Adolf Hitler an sich, sondern, wie besprochen, auf (schriftlichen)
Bildnissen dieser Person: Ganz‘ Darstellung ist - wie am Anfang dieses Abschnitts in Bezug
auf die Idee des historischen Films im Allgemeinen schon angesprochen – nicht als
Simulakrum der zweiten, sondern als Simulakrum der dritten Ordnung anzumerken.
Die Darstellung des ‚Führers‘ im Untergang wirkt bezüglich des in Kapitel 2
skizzierten Hitler-Diskurs ähnlich wie das von Baudrillard bezeichnete Beispiel des
Vergnügungsparks Disneyworld: Es wird die Idee einer Realität (in diesem Fall das Bild eines
‚authentischen‘ Hitlers) angesprochen, die im Grunde nicht in solcher Weise anzudeuten ist.
Die Vorstellung im Spielfilm ist in Bezug auf andere Hitler-Bilder prinzipiell nicht objektiv
33
als ‚authentischer‘ oder ‚realitätsnäher‘ zu bewerten. Die Simulation betrifft hier also nicht
nur die Darstellung des ‚Führers‘ an sich, sondern auch die Voraussetzung einer realisierbaren
‚wahrhaften‘ Hitler-Darstellung. Dass die tatsächliche Ausarbeitung dieser Voraussetzung das
kollektive Erinnerungsbild des historischen Hitlers beeinflusst, darf in diesem Fall also nach
Baudrillard als Hyperrealität bezeichnet werden - eine historische Figur wird zum ‚Mythos‘.
3.3 Fazit
Im Spielfilm Der Untergang wird dem ‚Führer‘ Hitler der ‚Mensch‘ Hitler gegenübergestellt,
indem die von Bruno Ganz verkörperte Hitler-Figur nicht nur über die Wesenszüge des
‚monumentalen‘ Diktators, sondern auch über die eines gebrechlichen, alten, vielleicht sogar
realitätsentfernten Mannes verfügt.
Die Hitler-Darstellung im Film bezieht sich explizit auf als ‚historische Quellen‘ zu
bezeichnende Dokumente, und ist als Simulakrum der dritten Ordnung anzudeuten, indem auf
einen als ‚real‘ aufgeführten Referenten verwiesen wird, den es nicht (mehr) gibt: Adolf
Hitler. Weiterhin handelt es sich um einen Versuch, die historische Figur Adolf Hitler zu
deuten und verständlich zu machen. Die Voraussetzung, dass diese Figur ‚wahrhaftig‘
dargestellt werden kann, ist als prominentes Charakteristikum des Films zu bezeichnen.
34
4. ADOLF. Ich hock‘ in meinem Bonker – eine Analyse
In diesem Kapitel finden sich eine Beschreibung (3.1) und Analyse (3.2) des Internetclips
ADOLF. Ich hock‘ in meinem Bonker. Wie wird in diesem Kurzfilm die Hitler-Figur
dargestellt? Die Beschreibung und die Analyse beziehen sich auf die im online Videoportal
YouTube verfügbare Version des Videos.
4.1 Beschreibung
ADOLF. Ich hock‘ in meinem Bonker ist ein 2006 im Internet erschienener Kurzfilm von
Felix Gönnert (1975). Den Protagonisten des Videos bildet eine animierte Version der von
Walter Moers (1957) erschaffenen Comic-Figur ‚Adolf, die Nazi-Sau‘.77 Der knapp drei
Minuten dauernder Clip, der ins Französische und ins Englische übersetzt wurde, ist in den
online Videoportalen YouTube und MyVideo seit seinem Erscheinen insgesamt mehr als 6
Millionen Mal aufgerufen worden78, und wurde außerdem ins Programm des Musiksenders
MTV Deutschland aufgenommen. Das Lied aus dem Video (komponiert und gesungen von
Thomas Pigor) erschien Anfang September 2006 als
Single, und gelangte in die deutschen und
österreichischen Charts.79
Wer sich die deutsche Fassung des Internetclips
ADOLF. Ich hock‘ in meinem Bonker anschaut, sieht
sich zuerst mit einem Vorspann konfrontiert, in dem
vor einem schwarzen Hintergrund in roten und weißen
Buchstaben der Titel des Videos wiedergegeben wird.
Abb. 16: Miniaturbunker der ‚NaziSau‘.
Gleich darauf sind Sirenen zu hören. Es wird ein
einleitender Text eingeblendet, der von einem unsichtbaren Erzähler (dem deutschen
Journalisten Sven Kuntze) vorgelesen wird:
Berlin, 30. April 1945.
Die Welt brennt, Deutschland
liegt in Schutt und Asche,
und Japan geht es auch nicht mehr so gut.
77
Vgl. unter Anderem Walter Moers: Adolf. Äch bin wieder da!!. Frankfurt am Main: Eichborn, 1998; Walter
Moers: Adolf. Äch bin schon wieder da!!. Frankfurt am Main: Eichborn, 1999.
78
Vgl. MyVideo.de; YouTube.com.
79
Vgl. Chartsurfer.de.
35
Aber einer lässt sich nicht unterkriegen.
Im Führerbunker brennt noch Licht…
Es wird eine ‚postapokalyptische‘ Szenerie gezeigt, in der vor einer nächtlichen Kulisse des
zerstörten Berlins ein mit Graffiti beschmierter Miniaturbunker steht (siehe Abbildung 16).
Als sich die Kamera dem Bunker annähert, stellt sich heraus, dass er nur ein schwarz-rot-weiß
gekacheltes Badezimmer beherbergt. In diesem Badezimmer befinden sich Adolf (‚die NaziSau‘) und sein Hund Blondi. Der Diktator ist nackt, klein, dick, und hat eine Knollennase.
Begleitet von entspannter Reggae-Musik fängt er an zu singen:
Ich hock‘ in meinem Bonker mitten in Berlin
Ich habe Blausäurekapseln und genug Benzin
Die Luftwaffe ist futsch, die Marine das Heer
Der Zweite Weltkrieg macht keinen Spaß mehr
Kapitulation, nö da halt ich nix davon
Ich habe über mir drei Meter Stahlbeton
Kapitulation? Nö nö
Mir bleibt doch Blondi
Und 'ne Flasche Rosé
Während Adolf singt, sind im Badezimmer Details
wahrnehmbar wie eine das Hitler-Antlitz imitierende
Toilettenrolle-Halterung und ein mit einem kapitalen ‚A‘
bedruckter Klobürstenhalter (siehe Abbildung 17). An
der Wand hängen Fotos des Protagonisten in etlichen
Rednerposen. Adolf selbst sitzt mittlerweile abwechselnd
auf der – ebenfalls mit der Großbuchstabe ‚A‘
Abb. 17: ‚Adolf’ in seinem
Badezimmer.
versehenden – Klosettschüssel und in der Badewanne mit seinem Hund. Als er vor dem
Spiegel steht, singt ihm eine sich aus seinen Spiegelbildern zusammengesetzte Vokalgruppe
in Close Harmony den Refrain zu:
Adolf, du alte Nazi-Sau,
Kapitulier‘ doch endlich
Adolf, du alte Nazi-Sau
Adolf, du alte Nazi-Sau
Kapitulier‘ doch endlich
Adolf, du Sau
Adolf hat offenbar keine Lust auf Kapitulation, und muckt während des Refrains, dass er sich
niemals ergeben wird. Nach dem Refrain singt er selbst weiter:
36
Ich bin mit 53 Ländern im Kriegszustand
Und die Bomben nicht auf England, sondern Deutschland
Diese alliierten Bomberverbände nerven
Weil die nicht nur Bomben, sondern Bombenteppiche werfen
Keiner hört mehr auf mich, jeder macht, was er will
Und hinter allem steckt dieser Churchill
Das tut weh, das tut weh
Ich steh‘ allein da mit Blondi
Und 'ner Flasche Rosé
Nach die zweite Strophe Adolfs klingt wieder der mehrstimmige Refrain, jetzt gesungen von
drei Hitler-förmigen Badeenten. Der Diktator schaut kurz in seine (halbleere) Flasche Rosé,
fängt wieder an zu protestieren („Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage, dass sich der
Churchill hinterher noch ins Fäustchen lacht… Nein, dieser Churchill… Ich kapituliere nicht!
Ich kapituliere niemals!“), und versenkt schließlich die singenden Badeenten. Die Musik hört
hierauf kurz auf. Adolf spricht Blondi beruhigend zu:
Is [sic] ja gut Blondi, is ja gut Blondi… Wir kapitulieren nicht. Nein, keine Angst […]. Wir könnten
den Krieg vielleicht sogar noch gewinnen. [Blondi bellt.] Denke schon… Bin auch ganz zuversichtlich,
eigentlich…
Während ein kurzes Outro spielt, entfernt sich die Kamera aus dem Führerbunker. Das Licht
im Bunker geht aus. Es folgt ein Abspann, der von Adolf mit Kommentar versehen wird
(„Halt! Das is ja viel zu schnell!“). Als am Ende des Abspanns die Abkürzung GFP (German
Film Productions) erscheint, spricht der Diktator seine für diesen Kurzfilm wohl letzten
Worte: „G-F-P: Großer Führerbunker. Wahrscheinlich falsch geschrieben…“.
4.2 Analyse
4.2.1 Charakterisierung der Hitler-Figur
Als Diktator-Porträt scheint Ich hock‘ in meinem Bonker
auf erster Sicht einen total anderen Ton anzuschlagen als
Der Untergang. Hinweise auf diese andere Art der von
Moers und Gönnert erschaffenen Hitler-Figur lassen sich
schon am Anfang des kaum drei Minuten dauernden
Clips erkennen: „Adolf. Ich hock‘ in meinem Bonker“,
heißt es im Vorspann des Videos, wobei man diese
Titelwiedergabe aufgrund ihrer wenig sachlich
Abb. 18: Ich hock’ in meinem
Bonker: Titelwiedergabe.
anmutenden Schriftart und Wortwahl eher mit einem Comicbuch als mit einem historischen
Drama in Verbindung bringen würde (siehe Abbildung 18). Eine ähnliche Assoziation ruft
37
der einleitende Text hervor. Während eine einführende Texteinblendung mit historischen
Daten im kollektiven Gedächtnis nicht selten als Mittel gesehen wird, das in Spielfilmen
geschichtliche Wahrhaftigkeit suggerieren soll80, wird sie hier vom Inhalt her darüber hinaus
noch ein vollkommen anderes, aber ebenso deutlich im kollektiven Gedächtnis gespeichertes
Phänomen in Erinnerung rufen:
Wir befinden uns im Jahre 50 v.Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt... Ganz Gallien? Nein!
Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu
leisten.81
Mit einem ähnlichen Text („[…] einer lässt sich nicht unterkriegen… Im Führerbunker brennt
noch Licht“) wie am Anfang jedes Abenteuers der mittlerweile als
‚kanonisch‘ zu bezeichnenden Comicfigur Asterix wird Moers‘
Hitler-Figur als standhafter ‚Underdog‘ introduziert. Tatsächlich
ist im Video anschließend zu sehen, wie ‚Adolf, die Nazi-Sau‘,
ähnlich wie Asterix und seine Gallier, als einsamer
‚Widerstandskämpfer‘ beharrlich ein nicht allzu großes Habitat zu
verteidigen versucht. Hierbei weist die Hitler-Figur sogar gewisse
physische Ähnlichkeiten mit Asterix (siehe Abbildung 19) auf:
‚Adolf, die Nazi-Sau‘ verfügt zwar über (den fast obligatorischen)
Abb. 19: Asterix der Gallier.
Schnurrbart und Seitenscheitel, ist sonst aber - wie Uderzos
Gallier – klein, gedrungen und versehen mit einer Knollennase.
Anders als Asterix führt ‚Adolf‘ jedoch einen scheinbar ziemlich perspektivlosen
Kampf: Wo die Gallier noch auf ihren Zaubertrank zurückgreifen können, versteckt sich der
Diktator alleine mit seinem Hund in einem mit Texten wie „Nazis raus!“ beschmierten
Bunker. Er gibt hierbei eine allesamt tragische Figur ab: Nackt, machtlos („Keiner hört mehr
auf mich, jeder macht, was er will“) und mit hängenden Schultern sitzt er auf der Toilette. Der
Krieg scheint verloren: „Der Zweite Weltkrieg macht keinen Spaß mehr“, singt er, während
um den Bunker herum Bombenteppiche geworfen werden. Dem ‚Führer‘ bleiben nur noch der
von ihm voller Zuneigung gebadeten und zugesprochenen Hund Blondi und eine Flasche
Rosé – ein Getränk, das hinsichtlich der vermeintlichen Abstinenz des ‚echten‘ Hitlers als
weiterer Beleg dafür gesehen werden kann, dass ‚Adolf, die Nazi-Sau‘ in einer grundsätzlich
80
Sonja M. Schultz. S. 87.
Vgl. u.a. Goscinny, René (Autor) und Albert Uderzo (Illustrator): Asterix der Gallier [Astérix le Gaulois].
Comicheft. Berlin: Egmont Ehapa Verlag, 1966. S. 3
81
38
anderen Beziehung zum ‚historischen‘ Diktator steht als die auf geschichtliche Details
fokussierte Hitler-Darstellung im Untergang.
Ähnlich sind jedoch in beiden Werken die Beharrlichkeit und der demnach als
‚fehlend‘ zu bezeichnende Realitätssinn der Hitler-Figur: Obwohl sich ‚Adolf‘ in einer
aussichtslosen Lage befindet, weigert er sich, zu kapitulieren. Der Diktator verharrt stur in
seinem Bunker, und verspricht Blondi sogar noch den Endsieg im Krieg. Als ein Chor aus
Miniatur-Hitlern – ins Leben gerufen, so ist anzunehmen, von ‚Adolfs‘ Alkoholeinnahme ihn singend zu überreden versucht, sich zu ergeben, beantwortet er diesen Vorschlag
schließlich mit einem Wutausbruch: Auch wenn der Diktator eigentlich schon weiß, dass der
Krieg für ihn zu Ende ist, beharrt er krampfhaft in seinem Glauben an den Endsieg, so scheint
impliziert zu werden.
Dass ‚Adolf‘ in ein Gespräch tritt mit einer multiplizierten Version seiner eigenen
Person, ist exemplarisch für einen weiteren prominent hervorgehobenen Charakterzug der in
Ich hock‘ in meinem Bonker aufgeführten Hitler-Figur: Narzissmus. Überall im Bunker ist das
Hitler-Antlitz erkennbar: auf den Badeenten, an der Wand, und sogar in der Form der
Toilettenrolle-Halterung. Das ganze Badezimmer ist überdies in den NSDAP-Farben
Schwarz, Weiß und Rot gekachelt, während das Toilettenpapier und etliche andere Objekte
im Raum mit dem Großbuchstaben ‚A‘ versehen sind. Die Figur ‚Adolf Hitler‘ ist im Bunker
in jeder Hinsicht allgegenwärtig. Auch während des Abspanns des Kurzfilms zeigt sich
‚Adolfs‘ selbstzentriertes Weltbild, indem der Diktator die Abkürzung GFP als „Großer
Führerbunker“ interpretiert.
4.2.2 ‚Adolf, die Nazi-Sau‘ als Simulakrum
Bei Ich hock‘ in meinem Bunker handelt es sich wie beim im vorigen Kapitel besprochenen
Spielfilm Der Untergang um eine filmische Appropriation der Figur Adolf Hitler: Die
Diktator-Figur ist als bewegendes Bild zu sehen und – in diesem Fall sogar singend – zu
hören. Anders als in Hirschbiegels ‚Epos‘ manifestiert sich die Hitler-Figur in Gönnerts
Kurzfilm jedoch nicht in der Gestalt eines Schauspielers, sondern als 3D-Animation.
Dass Moers‘ Hitler-Figur äußerlich in geringerem Maße Bezug nimmt auf die
historischen Bilder des ‚echten‘ Diktators als zum Beispiel Bruno Ganz‘ Hitler-Darstellung
im Untergang, ist hinsichtlich der Knollennase und kleinen, dicken Gestalt klar. Trotz der
(fast obligatorischen) Hitler-Frisur wirkt Ich hock‘ in meinem Bonker nicht als ein Versuch,
den ‚echten‘ Hitler so genau wie möglich nachzuahmen. Obwohl mit unter anderem dem
Bunker im kriegszerstörten Berlin, Blondi, und dem schon im Titel des Kurzfilms
39
widerspiegelten Sprachduktus des ‚Führers‘ bestimmte Eigenheiten aufgegriffen werden, die
in anderen ‚Texten‘ mit der Figur Adolf Hitler in Verbindung gebracht werden, wird hierbei
nicht der Schein geweckt, dass es sich im Video um einen Versuch handelt, den Diktator so
‚authentisch‘ wie möglich darzustellen. Ich hock‘ in meinem Bonker bezieht sich zwar auf
dasjenige, was im kollektiven Gedächtnis mit der historischen Figur Adolf Hitler assoziiert
wird, kopiert diese Figur aber nicht.
Vielmehr scheint hier die Rede von einem im Kontext der kollektiven Bilder des
‚echten‘ Hitlers durchaus als ‚Satire‘ zu charakterisierenden Zugang zur Hitler-Figur zu sein.
Dieser Zugang beinhaltet, wie unter anderem in 2.4.1 besprochen, einen scherzhaft
intendierten, „respektlosen“ (Fröhlich) Umgang mit der historischen Figur des ‚Führers‘. Die
bevorzugten Mittel eines solchen Umgangs – Übertreibung und Neukontextualisierung – sind
in Ich hock‘ in meinem Bonker deutlich erkennbar: Übertreibung, zum einen, ist unter
anderem wahrnehmbar in ‚Adolfs‘ ad absurdum geführtem Eigendünkel, eine ‚entlarvende‘
Neukontextualisierung erfährt die Hitler-Figur zum anderen, indem sie nackt und singend –
und überdies: als Comicfigur - im Badezimmer dargestellt wird.
Als satirische Bearbeitung der historischen Figur Adolf Hitler ist Ich hock‘ in meinem
Bonker als Simulakrum der dritten Ordnung zu bezeichnen. Obwohl in keinerlei Hinsicht der
Eindruck erweckt wird, dass es sich im Internetclip, wie im Untergang, um eine geschichtlich
korrekte Auseinandersetzung mit dem ‚echten‘ Diktator handele, wird im Grunde Bezug
genommen auf gleichartiges ‚Ausgangsmaterial‘: die historischen ‚Fakten‘ um Adolf Hitler.82
Fraglich darf jedoch sein, ob in Ich hock‘ in meinem Bonker nur die historische Figur
Adolf Hitler parodiert wird. Nicht unwahrscheinlich, sogar plausibel ist die Theorie der
deutschen Filmjournalistin und Kunsthistorikerin Sonja M. Schultz, dass es sich im Fall des
Internetvideos ebenfalls um eine satirische Auseinandersetzung mit dem „Detailfetischismus
von Filmdramen mit historischem Anspruch wie Der Untergang“ handelt.83
Für Schultz‘ Theorie spricht, dass in Ich hock‘ in meinem Bonker (2006) auf Elemente
verwiesen wird, die auch im erst zwei Jahre zuvor erschienen Untergang eine (teilweise sehr
prominente) Rolle spielen: Nicht nur die einblendenden Textstellen, die im Untergang als
Mittel zur Suggestion historischer ‚Wahrhaftigkeit‘ zu fungieren scheinen, werden im
Internetclip aufgegriffen, sondern auch das Motiv des im Bunker beharrenden Diktators,
Blausäurekapsel und Benzin, und Blondi. Anders als in Hirschbiegels Film werden diese
82
Ein Zugang, der nach Baudrillards Theorie nicht als Verneinung des dominanten Hitler-Bildes gelten soll,
sondern vielmehr als Bestätigung.
83
Vgl. Schultz 2006. S. 89.
40
Elemente im Internetvideo jedoch in einem allesamt scherzhaften Kontext dargestellt. Die im
Untergang unter anderem durch detaillierte historische Quellen belegte ‚Vermenschlichung‘
Hitlers (siehe Kapitel 3) scheint in Ich hock‘ in meinem Bonker ins Lächerliche durchgezogen
zu werden, indem der ‚Führer‘, der im Spielfilm unter anderem unter anderem weinend zu
sehen ist, in Ich hock‘ in meinem Bonker sogar in der ‚ultimativen‘ Privatsituation gezeigt
wird: auf der Toilette.
Als satirische Auseinandersetzung mit einem Film wie dem Untergang wäre Ich hock‘
in meinem Bonker nicht nur als Simulakrum der dritten, sondern auch als Simulakrum der
zweiten Ordnung zu bezeichnen, da in diesem Fall neben einer nicht-(weiter)existierenden
Figur (Adolf Hitler), auch ein reales Objekt (einen Film) adaptiert wird.
4.3 Fazit
Im kurzen Animationsfilm Ich hock‘ in meinem Bonker wird eine singende, comicartige, als
‚Karikatur‘ zu bezeichnende Adaption Hitlers dargestellt. Der Protagonist des Clips (‚Adolf,
die Nazi-Sau‘) beharrt krampfhaft in seiner Badewanne statt zu kapitulieren, und zeigt mithin
Realitätsentfremdung und Narzissmus auf.
Die Darstellung ist sowohl als Hitler-Persiflage als auch als Parodie eines
Geschichtsdramas aufzufassen. Als satirische Wiedergabe der historischen Figur Adolf Hitler
ist sie als Simulakrum der zweiten, als intendierte Parodie auf einen spezifischen Film wie
Der Untergang zudem als Simulakrum der dritten Ordnung anzusehen.
41
5. Er ist wieder da – eine Analyse
In diesem Kapitel finden sich eine Beschreibung (4.1) und Analyse (4.2) des Romans Er ist
wieder da. Wie stellt Timur Vermes mit literarischen Mitteln die Hitler-Figur dar?
5.1 Beschreibung
Er ist wieder da ist der Debütroman des deutschen Autors und Journalisten Timur Vermes
(1967). Protagonist des Romans ist ein im Jahre 2011 ins Leben zurückgekehrter Adolf Hitler.
Er ist wieder da gelangte bis auf Platz 1 der Bestsellerliste der Zeitschrift Spiegel84. Eine vom
deutschen Schauspieler Christoph Maria Herbst (1966) gelesene Hörspielausgabe des Romans
wurde mehr als 400.000 Mal verkauft, und ist daher derzeit das meistverkaufte
deutschsprachige Hörbuch aller Zeiten.85
In Er ist wieder da wird - aus der Perspektive des Diktators selbst - über eine
‚Auferstehung‘ Hitlers im modernen Deutschland erzählt. Der ‚Führer‘ kommentiert hierbei,
nicht ohne Rücksichtnahme auf seine eigene Vergangenheit, seine Erlebnisse in der heutigen
Gesellschaft.
Die Handlung des Romans fängt an mit dem Erwachen Hitlers auf einer Wiese in
Berlin-Mitte (EIWD, S. 10). Der Diktator - fest davon überzeugt, dass immer noch Krieg
herrsche – wird entdeckt von einer Truppe Fußball spielender Jungen, die ihn jedoch nicht
erkennt (EIWD, S. 13). Als sich der uniformierte Hitler in die Stadt begibt, meint er zu sehen,
dass das Deutsche Reich während seiner Absenz den Zweiten Weltkrieg gewonnen habe. Die
Türken seien an diesem Endsieg wahrscheinlich maßgeblich beteiligt, folgert er aufgrund der
ethnischen Varietät im Straßenbild (EIWD, S. 19).
An einem Kiosk findet Hitler das Datum heraus: den 11. August 2011. Der
Kioskinhaber, der es nach einem Gespräch mit dem Diktator glaubt mit einem obdachlosen
Schauspieler zu tun zu haben glaubt, bietet Hitler seinen Kiosk als Schlafplatz an.
Beeindruckt von der „Hitler-Nummer“ seines Gastes bringt er ihn in Kontakt mit Joachim
Sensenbrink und Frank Sawatzki der Agentur Flashlight. Sensenbrink und Sawatzki sind
dermaßen begeistert vom ‚Komiker‘ Hitler, dass sie ihm vorschlagen, ihm „ein paar Leute in
der Firma“ vorzustellen (EIWD, S. 68). Der Diktator nimmt dieses Angebot an.
Vgl. ‚Belletristik‘.
Stefan Krombach: ‚„Er ist wieder da“ ist erfolgreichstes Hörbuch aller Zeiten‘. In: Hörspiel-News.de.
17.12.2013. URL: http://www.hoerspiel-news.de/2013/12/17/news/zahlen-fakten/er-ist-wieder-da-isterfolgreichstes-hoerbuch-aller-zeiten/ (letzter Zugriff: 10.6.2015).
84
85
42
Hitler wird hierauf von Flashlight in einem Hotelzimmer untergebracht, wo er
Bekanntschaft mit der modernen deutschen Fernsehlandschaft macht (EIWD, S. 71-86). Er
trifft auf ‚Frau Bellini‘, den Vizepräsidenten der Agentur (EIWD, S. 90). Bei der Firma
versteht man alles, was Hitler macht, als eine brillante Parodie. Dem Diktator wird hierauf ein
Dauerauftritt in der Fernsehshow ‚Krass, Alter‘ des türkischstämmigen Komikers Ali Wizgür
in Aussicht gestellt. Hitler glaubt, dass man ihm bei Flashlight nicht als Komiker, sondern als
Politiker ein Podium bieten möchte, und nimmt das Angebot an. In seinem ersten Auftritt hält
er eine von jedem als Comedy aufgefasste, von ihm selbst jedoch ernst gemeinte Rede über
Ausländer (EIWD, S. 161-163).
Obwohl Wizgür alles andere als begeistert ist von Hitler, werden dessen Beiträge über
die deutsche Politik vom großen Publikum in zunehmender Maße geschätzt. Auch Online
wird Hitler, der das Internet als „Propagandamittel“ entdeckt hat, zu einem großen Hit. Als
die Popularität des Diktators wächst, fängt jedoch auch die negative Berichterstattung an: Die
wegen ihrer Themenwahl anfangs noch von Hitler geschätzte Boulevardzeitung Bild nennt
den ‚Führer‘ „geschmacklos[..]“ (EIWD, S. 219) und berichtet, der Diktator habe ein
Verhältnis zu seiner Sekretärin Vera Krömeier (EIWD, S. 233).
Hitler verabredet sich mit einer Bild-Journalistin im Berliner Hotel Adlon Kempinski
für ein Interview. Im Fragegespräch erklärt er offen, dass er ein Nazi sei, worauf die
Redakteurin der Boulevardzeitung, die sich erhofft hatte, mehr über die ‚wahre‘ Identität des
„Youtube-Hitler[s]“ (EIWD, S. 227) herauszufinden, das Interview frühzeitig beendet
(EIWD, S. 255-257). „Das ist keine Satire mehr“, heißt es im folgenden Bild-Artikel, „das ist
Volksverhetzung (…). Wann ermittelt endlich der Staatsanwalt?“ (EIWD, S. 278). Mit einem
Foto, worauf zu sehen ist, wie die Bild-Redakteurin nach dem Interview die Rechnung im
Adlon zählt, gelingt Hitler eine Revanche: Er fängt an, unter dem Slogan “Bild finanzierte den
Führer“ Merchandising-Produkte zu verkaufen, was seine Popularität erheblich steigert
(EIWD, 287-292).
Der Diktator, der im Internet mittlerweile über eine Homepage namens
‚Führerhauptquartier‘ verfügt (EIWD, S. 241), bekommt in der Presse immer mehr positive
Kritiken. Für eine Sonderreportage, in der Hitler die Parteizentrale der
Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) besucht und dort die Partei und deren
Mitglieder kritisiert (EIWD, S. 260-272), erhält er den Grimme-Preis (EIWD, S. 303). Der
‚Führer‘, der von jedem für einen parodierenden Kabarettisten gehalten wird, bekommt eine
eigene Show, in der er wöchentlich Gäste wie Grünen-Politiker Renate Künast empfängt
43
(EIWD, S. 333-339). Die neue Show, deren Dekor dem ‚Führerhauptquartier Wolfsschanze‘
ähnelt, wird zu einem großen Erfolg: Hitler gilt jetzt als ‚Fernsehstar‘ (EIWD, S. 339).
Nachdem Hitler in München das Oktoberfest besucht hat, wo er auf (ihm unbekannte)
Prominente wie Lothar Matthäus trifft (EIWD, S. 353), geht er auf Wohnungssuche in Berlin.
Ein passendes Objekt findet er am Prenzlauer Berg, nicht weit entfernt vom
„Regierungsviertel“ – „man konnte ja nicht wissen, wie schnell die Nähe dorthin nötig
würde“, so der Diktator (EIWD, S. 369). Am selben Abend wird Hitler verprügelt von
rechtsextremen Skinheads, die ihm vorwerfen, den Nationalsozialismus - und insbesondere
die Figur Adolf Hitler – lächerlich zu machen (EIWD, S. 372-373). Im Krankenhaus
bekommt der verletzte Hitler daraufhin Anrufe von mehreren Politikern, die seinen
‚Bürgermut‘ loben, und ihn bitten, in ihre jeweilige Parteien einzutreten (EIWD, S. 384-387).
Zudem unterbreitet ein Verlag Hitler telefonisch das Angebot, ein von ihm zu schreibendes
Buch zu publizieren – eine Offerte, die der Diktator annimmt (EIWD, S. 387-388).
Am Ende des Romans gründet Hitler mit seiner Agentur eine neue politische
Bewegung - „Es war nicht alles schlecht“, lautet der Slogan (EIWD, S. 396).
5.2 Analyse
5.2.1 Charakterisierung der Hitler-Figur
Bei Er ist wieder da handelt es sich, anders als bei den anderen besprochenen Beispielen,
nicht um eine filmische, sondern um eine literarische Appropriation der Figur Adolf Hitler.
Die Mittel, mit denen die Hitler-Figur porträtiert wird, unterscheiden sich demnach
grundsätzlich von denen, die in Bezug auf den Untergang und Ich hock‘ in meinem Bonker
verwendet werden: Der Diktator wird nicht mit tatsächlichen Bildern, sondern – mit
Ausnahme des Buchumschlags - ausschließlich mit Worten charakterisiert. Die in dieser
Analyse zu besprechenden Merkmale der Hitler-Figur sind hier also literarischen ‚Bildern‘ zu
entnehmen, was im Fall des Romans Er ist wieder da konkret heißt: den Worten ‚Adolf
Hitlers‘.
Das erste Vermes‘ Hitler-Figur zuzuschreibende Charakteristikum entspricht gerade
dem Medium ‚Literatur‘: Der literarische Stil des Diktators. Im völlig als ‚Memoirenband‘
Hitlers geschriebenen Roman ist eine Sprache zu lesen, die wegen ihrer oft pathetisch
anmutenden Wortwahl und Satzstruktur Assoziationen mit dem Vokabular des ‚echten‘
Adolf Hitlers hervorruft:
44
Es gibt für eine junge Bewegung nichts Gefährlicheres als den raschen Erfolg […]. Was hatte ich 1919,
1920 noch kämpfen müssen, ringen, was hatte mir damals der Sturm der Medien in das Antlitz
geblasen, der Geifer der bürgerlichen Parteien, was hatte ich mühsam Lage um Lage des jüdischen
Lügengewirks zerfetzt, nur um mich hernach abermals noch klebriger umsponnen zu sehen aus den
Drüsen jenes Ungeziefers, alldieweil der Gegner in hundertfacher, tausendfacher Übermacht sein immer
neues und immer widerwärtigeres Gift versprühte […].
(EIWD, S. 97).
Ich gehe meinem Volk jetzt voran als sein erster Soldat, und hinter mir, das mag die Welt wissen,
marschiert jetzt ein Volk, und zwar ein anderes als das vom Jahre 1918… Es wird meinen Willen als
seinen Willen empfinden, genauso wie ich seine Zukunft und sein Schicksal als den Auftraggeber
meines Handelns ansehe! Und wir wollen diesen gemeinsamen Willen jetzt so stärken, wie wir ihn in
der Kampfzeit besaßen, in der Zeit, in der ich noch als einfacher unbekannter Soldat auszog, um einen
Reich zu erobern…86
(Adolf Hitler, Rede im Berliner Sportpalast am 26. September 1938. Fragment).
Wie der ‚authentische‘ Hitler im obenstehenden Fragment präsentiert sich der Protagonist in
Er ist wieder da in seinen Monologen als rücksichtloser, pflichttreuer Einzelgänger („Der
Starke ist am mächtigsten allein“, EIWD, S. 275), der sich – sich hierbei vorzugsweise eines
militaristischen Idioms bedienend - ständig fest davon überzeugt zeigt, immer das Richtige für
‚sein‘ Volk zu machen (vgl. u.a. EIWD, S. 97-98). Er scheut es hierbei nicht, die Rolle der
eigenen Person hervorzuheben und zu mythologisieren:
Es sind die Momente der Krise, die den wahren Führer offenbaren. In denen er Nervenstärke zeigt,
Durchhaltewillen, unbedingte Entschlossenheit, obgleich die Welt sich gegen ihn stellt. Wenn
Deutschland mich nicht gehabt hätte, wäre 1936 niemand ins Rheinland einmarschiert. Alle haben sie
gezittert, wir hätten nichts tun können, wenn der Gegner sich zum Losschlagen entschlossen hätte.
Gerade mal fünf Divisionen hatten wir einsatzbereit, die Franzosen allein das Sechsfache, und dennoch
habe ich es gewagt. Niemand hätte das getan außer mir, und ich habe in jener Zeit genau beobachtet,
wer zu mir stand, mit den Beinen oder mit dem Herzen, das Schwert in der Hand, Seite an Seite.
(EIWD, S. 167).
Obwohl Vermes‘ Hitler, wie sich aus dessen vielen Monologen herausstellt, unbestreitbar
über narzisstische Züge verfügt, sieht er sich nicht als Alleskönner: Als ‚Führer‘ sei man
nichts ohne „exzellente Mitarbeiter“, so der Diktator (EIWD, S. 208). Vieles hält er demnach
von dem, was er selbst als Loyalität an seiner Person wahrnimmt. Dies zeigt sich vor allem in
seiner Beziehung zu Sawatzki, Bellini und Krömeier, die – obwohl tatsächlich ‚nur‘
Angestellte der Produktionsfirma – Hitler zufolge alles dafür machen würden, um ihm die
Rückkehr in die deutsche Politik zu ermöglichen. Himmler sei ein indes „ein Brillen
tragendes Verrätertum“ (EIWD, S. 279).
Vermes‘ Hitler präsentiert sich als Tierfreund (u.a. EIWD, S. 373), Kinderfreund (u.a.
EIWD, S. 188, S. 327), und Umweltschützer (EIWD, S. 328-330). Vor allem bezeichnet er
sich aber als Nationalsozialist, was dem Diskurs um den ‚historischen‘ Diktator ebenso
86
Fest 1978 (‚Der Führer‘). S. 766.
45
entspricht wie seine Feindseligkeit gegenüber Sozialdemokraten (EIWD, S. 282), sein
Rassismus (EIWD, S. 153) und sein rabiater, dezidiert geäußerter Antisemitismus:
[E]s ist bei großen Aufgaben immer ein unseriöses Vorgehen, die unbedeutenden Einzelfälle
aufzuzeigen, in denen das Vorhaben vorübergehend kleinere Unerfreulichkeiten mit sich bringt […].
Aber deshalb kann ich doch die Zukunft des Volkes nicht ignorieren? Und wenn man die
Notwendigkeit erkennt hat, Millionen Juden, und so viele sind es nun einmal damals gewesen,
Millionen Juden auszurotten, da findet man natürlich immer wieder mal einen, bei dem sich der
mitfühlende einfache Deutsche denkt, ach, nun ja, so sehr schlimm war jetzt dieser Jude nicht, den oder
auch jenen Juden dort hätte man schon noch einige Jahre ertragen können [...]. Es ist dies ein altes Lied:
Jeder ist überzeugt von der Bekämpfung der Ratten, aber wenn es zur Sache geht, ist das Mitleid mit der
einzelnen Ratte groß. Wohlgemerkt: lediglich das Mitleid, nicht der Wunsch, die Ratte zu behalten.
(EIWD, S. 230-231).
Vermes charakterisiert seinen Protagonisten als pragmatischen Demagogen, der weit geht, um
‚sein‘ Volk erreichen zu können. Obwohl Hitler das Niveau der Fernsehshow Krass, alter
beispielsweise eindeutig kritisch beäugt, gibt es bei ihm keinen Zweifel über das Angebot, im
Programm aufzutreten: „Ich habe schon frühzeitig Goebbels klargemacht, dass ich notfalls
auch bereit bin, den Hanswurst zu geben, sofern ich nur die Aufmerksamkeit der Menschen
bekomme“, so der Diktator (EIWD, S. 151-152). Der ‚Führer‘ in Er ist wieder da verwendet
diesbezüglich sogar Humor als Instrument: In seiner eigenen Fernsehshow lässt er als festes
Element im Programm irgendwo im Studio eine tickende Aktentasche verstecken, in Bezug
auf die er sich während der Sendung, wenn der jeweilige Gast die Tasche entdeckt, laut die
Frage stellt, wo „Stauffenberg“ denn eigentlich geblieben sei (EIWD, S. 338-339).
Hitler zeigt die feste Überzeugung auf, die Welt aus einer nationalsozialistischen
Perspektive erklären zu können: Die ihm unbekannte online Enzyklopädie Wikipedia sei dem
Diktator zufolge nach den Wikingern genannt (EIWD, S. 133), einen Mann, den er erfolglos
einen Laubbläser verwenden sieht, bezeichnet er als Symbol des deutschen
Durchhaltevermögens („[E]r erfüllte tapfer und stoisch lärmend seine Pflicht. Wie die treuen
Männer der SS“ (EIWD, S. 112)). Auf seiner Homepage namens „Führerhauptquartier“
beantwortet Hitler eine im Grunde aller Wahrscheinlichkeit nach ironisch gemeinte Frage
über Hundezucht („[W]er ist der Jude unter den Hunden?“) mit einer „des Führers würdigen
Gründlichkeit“ (EIWD, S. 243):
Der deutscheste aller Hunde ist der Schäferhund, dann kommen in absteigender Reihenfolge die Dogge,
der Dobermann, der Schweizer Sennenhund (aber nur aus der deutschsprachigen Schweiz), der
Rottweiler, sämtliche Schnauzer, Münsterländer und meinetwegen auch noch der schon bei Wilhelm
Busch erwähnte Spitz. Undeutsche Hunde hingegen sind – abgesehen von den ohnehin fremdländisch
eingeführten Hunden wie Terrier, Bassett und ähnlichem Hundegesindel der Weimaraner (nomen est
omen!) – der eitle Spaniel, der unsportliche Mops wie überhaupt sämtliche degenerierten Zierhunde.
(EIWD, S. 245).
46
Die von Vermes‘ Hitler erdachteten ‚Lösungen‘ gehen offensichtlich nicht nur aus einer
politischen Ideologie, sondern auch aus einem spezifischen, scheinbar auf den Amt des
‚Führers‘ Bezug habenden Würdigkeitsbegriff hervor. Beispielhaft ist diesbezüglich unter
anderem, dass der Diktator als Klingelton Wagners Walküre bevorzugt: ‚Normale‘ Tone
würden ihm zufolge klingen, „[…] als spiele ein betrunkener Clown Xylophon“ (EIWD, S.
190)). Auch illustrativ ist Hitlers Reaktion, als seine eigentliche Uniform in der Reinigung ist,
und ihm der Kioskinhaber demzufolge ein Hemd und ein Paar Jeans ausleiht:
Ich beschloss, dem Ensemble mit meinen bescheidenen Mitteln so weit als möglich Würde zu verleihen,
indem ich entgegen seiner bizarren Vorstellung, das Hemd einfach lose über der Hose zu tragen, das
Hemd sogar besonders tief in meinen Hosenbund schob. Mit meinem Gürtel gelang es mir, die etwas zu
weite, aber stramm hochgezogene Hose ordentlich zu befestigen. Dann schnallte ich meinen Riemen
über die rechte Schulter. Der Gesamteindruck war zwar nicht die einer deutschen Uniform, aber doch in
jedem Falle wenigstens der eines Mannes, der sich anständig zu kleiden wusste.
(EIWD, S. 51).
Indem der Protagonist des Romans seine (veralteten) Denkmuster auf eine moderne
Gesellschaft projiziert, erhält er nicht nur eine komische, sondern auch eine tragische
Dimension: Er wird als Anachronismus dargestellt. Hitler, der, wie besprochen, bereit sei,
„den Hanswurst zu geben, sofern [er] nur die Aufmerksamkeit der Menschen bekomme“, gibt
unbewusst den ‚Hanswurst‘, indem sein ernst gemeintes Verhalten oft nicht nur komisch
wirkt, sondern sogar als Comedy interpretiert wird. Es wird in dieser Weise ein ‚Führer‘
gezeigt, der sich in einer Welt zurechtzufinden versucht, die ihn einerseits nicht versteht, und
anderseits von ihm selbst nicht verstanden wird – Hitler ist unbewusst Mittelpunkt einer
Komödie.
5.2.2 Vermes‘ Hitler als Simulakrum
Obwohl in Er ist wieder da explizit die Rede scheint von einer aus satirischen Gründen
aufgeführten Hitler-Figur („Eine Persiflage? Eine Satire? Eine Polit-Comedy? All das und
mehr […]“, verspricht der Umschlag), soll die Hitler-Figur an sich dem Vorwort des Romans
zufolge nicht ohne weiteres als Satire angesehen werden:
Er ist wieder da – aber was könnte Hitler denn heute noch ausrichten? Diese bitterböse Satire probiert es
einfach aus, indem sie ihn im heutigen Berlin wiedererweckt. Und sie trifft deshalb von der ersten Seite
so schmerzhaft, weil ihr Protagonist der echte Hitler ist. Nicht der TV-Ulkhitler, nicht Hollywoods
Haudraufhitler, sondern der Mann, der seine Umwelt eigenwillig analysiert. Der messerscharf und
blitzartig die Schwächen der Menschen erkennt. Der sturheil seiner bizarren Logik folgt, verbohrt, aber
eben nicht bescheuert.
(EIWD, S. 3).
47
Das Versprechen, dass es sich im Roman nicht um eine Hitler-Parodie, sondern vielmehr um
eine ins moderne Deutschland versetzte, in hohem Maße als ‚wahrheitsgetreu‘ zu
bezeichnende schriftliche Adaption des Diktators handelt, macht auch Autor Timur Vermes:
Das Szenario Hitler in die Gegenwart zu versetzen, ist ein phantastisches Element, das ich mir erlaubt
habe. Des Weiteren habe ich versucht, nicht zu flunkern, sondern nahe an der historischen Figur zu
bleiben. So stammt der Stil aus "Mein Kampf": Er kommt von Hölzchen zu Stöckchen, ist prätentiös,
wie einer aus kleinen Verhältnissen glaubt, dass ein Buch sein müsste. Inhaltlich haben seine Monologe
im Führerhauptquartier weitergeholfen.87
Der Hitler in Er ist wieder da repräsentiere im Roman nach den Worten des Autors den
‚authentischen‘ Hitler, und sei literarisch und charakterlich nach dem Schreibstil dieser
historischen Figur gebildet. Im Sinne Baudrillards wäre er demnach – wie der Hitler im
Untergang - als Simulakrum der dritten Ordnung zu charakterisieren. Ähnlich wie beim
Spielfilm gibt es hier zudem offenbar die Absicht, durch eine künstlerische Verarbeitung der
Hitler-Figur den historischen ‚Führer‘ in gewissen Maße nachvollziehbar zu machen:
Die Medien zeigen heute vor allem den Monsterhitler, der alle einschüchtert, und den Kasperhitler.
Seine Wähler von damals sehen von diesem Standpunkt aus wie Idioten. Und wir zappen beruhigt
weiter: Heute sind wir schlauer, wir würden nie Monstern oder Kaspern nachlaufen. So schlau wie wir
waren die damals aber schon auch. Hitler konnte offensichtlich auch freundlich, klug und charmant
wirken. Das ist der Punkt, mit dem wir uns ziemlich schwertun. Ein monströser Hitler macht es uns
einfach. Denn je unwiderstehlicher das Böse war, desto weniger Schuld scheinen diejenigen auf sich
geladen zu haben, die ihm eifrig geholfen haben. Im Umkehrschluss: Wenn Hitler nicht absolut böse
war, sondern auch nette Seiten hatte, kann das mit dem Monster so nicht stimmen. Dann wird plötzlich
deutlich, dass viel mehr Menschen freiwillig mitgemacht haben.88
Obwohl der Protagonist des Romans nach Vermes kein „Kasperhitler“ sei, wirkt er trotzdem
komisch, indem er in prätentiöser Weise seine Ideologie auf die moderne Gesellschaft
projiziert (siehe 5.2.1). Dass gerade dieser ‚anachronistische‘ Hitler im Roman
nichtsdestotrotz zu einem erfolg- und einflussreichen Fernsehstar, Autor und – wie im
Schlusskapitel impliziert wird – Politiker aufsteigen kann, scheint ein zentrales Thema bei
dieser ‚Führer‘-Darstellung: Die Bezeichnung ‚Satire‘, so wird offenbar beabsichtigt, hat an
erster Stelle nicht so sehr einen spezifischen Bezug auf die Figur des Diktators selbst, sondern
vielmehr auf das im Roman skizzierte Deutschland (Vermes: „Ich habe versucht zu zeigen,
dass Hitler [heutzutage] durchaus eine Chance hätte, Erfolg zu haben - nur etwas anders“89).
Oliver Das Gupta: ‚“Wir haben zu viel vom gleichen Hitler“‘. Interview mit Timur Vermes. In:
Süddeutsche.de. 13.12.2012. URL: http://www.sueddeutsche.de/kultur/bestseller-autor-timur-vermes-wir-habenzu-viel-vom-gleichen-hitler-1.1548976 (letzter Zugriff: 10.6.2015).
88
Ebd.
89
Ebd.
87
48
Nochmals zurückgreifend auf den von Fröhlich definierten Unterschied zwischen
„ernsthaften“ und „respektlose[n]“ Zugängen zur Hitler-Figur, ist der Protagonist in Er ist
wieder da als eine in diesem Kontext interessante ‚Hybride‘ anzusehen: Die Hitler-Figur wird
einerseits satirisch eingesetzt, soll aber andererseits offenbar nicht weitgehend vom ‚echten‘
Hitler abweichen, und zur Deutung dieser historischen Figur beitragen. Im Endeffekt führt
diese Ambivalenz zu einer Hitler-Figur, die zwar nicht durch (charakterliche) Übertreibung
lächerlich gemacht ist, durch eine radikale Neukontextualisierung jedoch nichtsdestotrotz
lächerlich wirkt.90
Die Idee der ‚Hitler-Simulakren‘ ist bei Er ist wieder da nicht nur hinsichtlich der
Charakterisierung des Protagonisten, sondern vor allem auch in Bezug auf die Thematik des
Romans von zentraler Bedeutung, indem die Problematik eines Unterschieds zwischen dem
‚echten‘ Hitler einerseits und ein Simulakrum des ‚echten‘ Hitlers andererseits von Vermes in
mehreren Weise zum Thema gemacht wird. Es ist gerade diese prinzipiell als arbiträr zu
charakterisierende Differenz zwischen Original und Simulakrum, die im Roman dem raschen
‚Aufstieg‘ des Protagonisten zugrunde liegt: Weil Hitler als Hitler-Imitator angesehen wird,
und alles, was er sagt, demnach ironisch interpretiert wird, gilt er nicht als staatsgefährdendes
Individuum, sondern als genialer Komiker. Die Idee wird aufgegriffen, dass ein satirischer
Hitler irgendwie ‚entlarvt‘ sei, und deshalb keine bedeutenden Aussagen machen könne.
„Herr Hitler hat alles, was er gesagt hat, als Adolf Hitler gesagt“, lautet beispielsweise
Verteidigung der Produktionsfirma, als Hitler in einem Interview mit Bild behauptet, er sei
ein Nazi (EIWD, S. 277). Dass „Adolf Hitler“ hierbei tatsächlich Adolf Hitler ist, und der
Unterschied zwischen Ernst und Satire demnach nur von der Interpretation des jeweiligen
Zuhörers abhängig ist, zeichnet die schon in 2.5 besprochene Problematik der HitlerDarstellungen aus: ‚Echt‘ und ‚unecht‘ sind hier im Grunde inhaltslose Begriffe.
Nicht nur der Unterschied zwischen Ernst und Satire, sondern auch die Diskrepanz
zwischen kollektiven Hitler-Bildern und der historischen Figur des Diktators wird von
Vermes thematisiert. Adolf Hitler sieht sich in Er ist wieder da mit einer Differenz
konfrontiert zwischen seinem tatsächlichen Habitus und den üblichen Weisen, in denen er fast
siebzig Jahre nach seinem angeblichen Tod im kollektiven Gedächtnis vorgestellt wird. Bei
den anderen im Roman aufgeführten Figuren existieren gemäß diesen kollektiven Bildern
Vorstellungen eines ‚echten‘ Hitlers, die nicht aus dem im Roman aufgeführten ‚Führer‘,
sondern aus (Hitler-)Simulakren hervorgehen. Es treten hierbei als Hyperrealität zu
90
Hierbei kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass von Vermes die Gedanke zum Ausgangspunkt
genommen wird, dass die historische Figur Adolf Hitler an sich schon eine im Grunde lächerliche Figur sei.
49
bezeichnende Situationen auf: Vera Krömeier bringt den Diktator – fälschlich, so stellt sich
heraus – mit geschrienen Hitler-Grüßen (EIWD, S. 126) und der Verwendung der
Bezeichnung „Schweinehund“ (EIWD, S. 211) in Verbindung, Ali Wizgür zeigt sich damit
unzufrieden, dass Hitlers Auftreten in Krass, Alter nicht seiner Vorstellung einer „NaziNummer“ (EIWD, S. 158) entspricht („Du bist ein Amateur“ (EIWD, S. 165)). Bestimmte
kollektive Hitler-Bilder werden in diesen Situationen (unbewusst) als ‚authentischer‘
angesehen als der ‚echte‘ Hitler – im Sinne Baudrillards eine klare Genese der Simulakren.
In der Diskrepanz zwischen Vermes‘ Hitler-Darstellung und den im Roman
aufgeführten kollektiven ‚Führer‘-Bildern ist, wie vom Autor selbst im hier zitierten Interview
schon angesprochen, ein gewisser Kommentar zum Diskurs der populären Hitler-Bilder
erkennbar. Es wird darauf angespielt, dass das Aufführen der Hitler-Figur einen einfachen
Weg zu (kommerziellem) Erfolg bildet – Sawatzki rät dem Diktator unter anderem einen
„Ratgeber à la Hitler“ mit dem Titel Mein Kampf – mit meiner Frau zu schreiben („Das
verkauft sich schon durch den Titel wie geschnitten [sic] Brot“ (EIWD, S. 179) – und
mehrmals wird impliziert, dass die populären Darstellungsarten der Hitler-Figur weitgehend
vom als Protagonist auftretenden ‚echten‘ Diktator differieren. Auf dem Münchner
Oktoberfest wird die Hauptfigur beispielsweise mit dem im Vorwort von Vermes
angesprochenen „TV-Ulkhitler“ verglichen:
„[D]as ist der Hitler von Wizgür. Freitags bei MyTV! Oder nein, der hat jetzt eine eigene Sendung.
Mussdu gucken, du schmeißt dich weg“.
„Aber ganz anders als sonst, das ist irgendwie auch politisch, […] fast wie Harald Schmidt“.
(EIWD, S. 49).
Ein ‚ultimativer‘ Fall der Hyperrealität hinsichtlich der Hitler-Figur ist letztlich in der Szene
in der türkischen Reinigung zu finden. Die Arbeitnehmer kennen die historische Figur Adolf
Hitler offensichtlich nicht, und identifizieren den Diktator als einen (tatsächlich Hitler
parodierenden) Schauspieler aus der Comedy-Serie Switch reloaded (EIWD, S. 60-61). Die
historische Figur Adolf Hitler wird hier nicht nur einem bestimmten Simulakrum
untergeordnet, sondern sogar dargestellt, als existiere sie im kollektiven Gedächtnis überhaupt
nicht: Der ‚populäre‘ Hitler hat den historischen Hitler überwunden.
5.3 Fazit
Timur Vermes‘ Roman Er ist wieder da zeigt einen im gegenwärtigen Deutschland
wiedererweckten Adolf Hitler, der prätentiöse, ‚hitlerisch‘ anmutende Weltanschauungen auf
50
die moderne Gesellschaft projiziert. Der Protagonist im als ‚Satire‘ zu bezeichnenden Roman
gründet auf historischen Quellen um die historische Figur Adolf Hitler, und ist demnach als
Simulakrum der dritten Ordnung anzudeuten.
Der Roman ist als Versuch, die historische Figur Adolf Hitler zu deuten, wie auch als
Gesellschaftssatire zu charakterisieren Auch das Thema ‚Hitler darstellen‘ wird thematisiert,
indem in mehreren Weisen der Diskurs der (populären) Hitler-Bilder kommentiert wird.
51
6. Die populäre Hitler-Figur – Parallelen
In diesem letzten Kapitel findet sich eine Auseinandersetzung mit den relevantesten zwischen
den drei besprochenen Kunstwerken aufzuzeigenden Parallelen: Welche bemerkenswerten
Gemeinsamkeiten kennzeichnen diese rezenten Hitler-Darstellungen? Gibt es bezüglich dieser
Darstellungen bestimmte dominante Hitler-Bilder? In 6.1 ist eine mit Beispielen belegte
Auflistung der auffälligsten gemeinsamen (charakterlichen) Wesenszüge der aufgeführten
Hitler-Figuren zu finden, in 6.2 eine Evaluation der aufgezeigten Tendenzen.
6.1 Tendenzen bezüglich der analysierten Hitler-Darstellungen
6.1.1 Der ‚Hitler‘-Hitler
Das erste als charakteristisch zu bezeichnende gemeinsame Merkmal der drei besprochenen
Kunstwerke bildet die vielleicht als selbstverständlich anmutende, deshalb aber nicht weniger
relevante Gegebenheit, dass jede der aufgeführten Hitler-Figuren über die in 2.2 besprochenen
Grundlagen einer Hitler-Darstellung verfügt. Sowohl im Untergang als auch in Ich hock‘ in
meinem Bonker wird eine mit schwarzem Schnurrbart, Seitenscheitel und ‚Hitler‘scher‘
Sprechweise versehene Figur aufgeführt. Der Protagonist in Er ist wieder da lässt diese
Grundlagen in literarischer Form ebenfalls vermuten:
Ich sah [den Kioskinhaber] empört an: „Sehe ich aus wie ein Verbrecher?“. Er sah mich an: „Sie sehen
aus wie Adolf Hitler“.
„Eben“, sagte ich.
(EIWD, S. 29).
6.1.2 Der nationalsozialistische Hitler
Ebenfalls kaum überraschend, aber trotzdem erwähnenswert ist die Tatsache, dass die HitlerFigur in den drei besprochenen Kunstwerken jeweils mit der politischen Ideologie des
Nationalsozialismus in Verbindung gebracht wird: Der Hauptdarsteller des Internetclips wird
als ‚Nazi-Sau‘ charakterisiert, im Spielfilm und im Roman setzen sich die betreffenden
Protagonisten sogar inhaltlich mit der Ideologie auseinander.
6.1.3 Der militaristische Hitler
Adolf Hitler wird in den analysierten Exponenten der populären Kultur als auf Kampf und
Krieg fixierte Figur dargestellt, die geradlinig mit beinahe jedem Aspekt ihres Handelns
52
bestimmte als militärisch zu bezeichnende Prinzipien verknüpft. Alle dargestellten Hitler
legen offensichtlich großen Wert auf (meistens mit dem Zweiten Weltkrieg in Verbindung zu
bringende) Kriegführung und militären Erfolg. In Ich hock‘ in meinem Bonker beschwert sich
‚Adolf, die Nazi-Sau‘ sogar darüber, der Zweite Weltkrieg mache „keinen Spaß“ mehr, mithin
implizierend, dass ihm das Phänomen ‚Krieg‘ normalerweise eine gewisse Freude bereiten
würde.
Die aufgeführten Hitler betrachten Kapitulation als weitgehenden Gesichtsverlust: Im
Untergang und in Ich hock‘ in meinem Bonker bevorzugen die jeweiligen Hauptfiguren
Selbstmord (‚Adolf‘: „Ich habe Blausäurekapsel und genug Benzin“), in Er ist wieder da
versucht der Protagonist während des Angriffs der rechtsextremen Skinheads, „Haltung und
Stolz zu wahren“ (EIWD, S. 372). Auffällig ist weiterhin, dass die drei aufgeführten HitlerFiguren allesamt großen Wert auf Autorität und Loyalität legen. Im Untergang wird der
Diktator – vor allem, wenn es seine „treuesten Mitkämpfer“ betrifft - emotional, als seine
Befehle verweigert werden; im Internetclip zeigt sich ‚Adolf‘ unzufrieden darüber, dass außer
Blondi keiner mehr auf ihn hört; im Roman lobt Hitler unter anderem die ‚Loyalität‘ seiner
Agentur und die ‚Pflichttreue‘ bezüglich des Laubbläsers („Befehl ist Befehl“, EIWD, S.
113).
6.1.4 Der narzisstische Hitler
In den drei besprochenen Kunstwerken wird Adolf Hitler als Figur mit narzisstischen Zügen
dargestellt. Vermes‘ Hitler ist ein ‚Besserwisser‘, der ständig alles nur aus seiner eigenen
(nationalsozialistischen) Perspektive erklärt. Wie der Hitler im Untergang mythologisiert er
zudem konsequent das eigene Selbst. Weiterhin glauben beide ‚Führer‘ für fast jeden Auftraf
geeignet zu sein: Die Hauptfigur im Spielfilm denkt ‚zusammen‘ mit Albert Speer ein neues
Berlin aus, der Protagonist des Romans entwirft in seiner Freizeit unter anderem eine Brücke
nach England und zwei Opernhäuser mit jeweils 150 000 Sitzplätzen. „[W]er macht so etwas,
wenn ich es nicht selbst in die Hand nehme?“, lautet seine diesbezüglich illustrative
rhetorische Frage (EIWD, S. 275-276). ‚Adolf‘ zeigt in Ich hock‘ in meinem Bonker eine in
ihrer Extremität sogar als comicartig zu bezeichnende Selbstverliebtheit auf, indem er sich mit
Hitler-Bildnissen umgibt.
6.1.5 Der realitätsentfremdete Hitler
Die drei dargestellten Hitler-Figuren weisen allesamt eine gewisse Verfremdung von der
Realität auf. Diese Realitätsentfremdung geht in allen drei Fällen aus den in 6.1.4.
53
besprochenen Selbstbildern hervor, und ergibt sich ebenfalls aus unter anderem
unrealistischem Siegesglauben (Der Untergang und Ich hock‘ in meinem Bonker) und
tiefgreifendem Unverständnis hinsichtlich (der eigenen Position in) der modernen
Gesellschaft.
6.1.6 Der nostalgische Hitler
In jedem der drei besprochenen Kunstwerken wird bei der Hauptfigur eine gewisse Nostalgie
suggeriert: Im Untergang reflektiert Hitler melancholisch über seine einstigen
Zukunftsperspektiven („Ich habe Großes vorgehabt mit den Deutschen […]“), ‚Adolf‘ sehnt
In ich hock‘ in meinem Bonker nach der Zeit zurück, als der Krieg offenbar noch „Spaß“
machte, und der Protagonist in Er ist wieder da wird nostalgisch, als er auf die Periode nach
der Ersten Weltkrieg zurückblickt (u.a. EIWD, S. 97).
6.1.7 Der sympathische Hitler
Ein letztes hier zu besprechendes gemeinsames Merkmal der drei besprochenen Darstellungen
bildet die Idee eines ‚sympathischen‘ Hitlers. Die Hitler-Figur, nicht selten eindeutig als
Symbol des Bösen angesehen, verfugt in jedem der analysierten Kunstwerke über eine
‚menschliche‘, sogar als ‚sympathisch‘ anzudeutende Seite. Der Spielfilm-Hitler ist zwar
rücksichtlos und antisemitisch, unter anderem aber auch freundlich und empathisch seiner
Sekretärin gegenüber; der Roman-Hitler ist ein gefährlicher Narzisst, zugleich aber auch ein
anständiger Umweltschützer und Kinderfreund; der badende Internet-Hitler kümmert sich um
seinen Hund, und – auch wegen seiner Gestalt - mutet allesamt fast total ungefährlich an.
6.2 Die populäre Hitler-Figur - Evaluation
Der Untergang, Ich hock‘ in meinem Bonker, und Er ist wieder da weisen, wie besprochen in
den jeweiligen Kapiteln, als Hitler-Darstellung im Vergleich zueinander strukturelle
Unterschiede auf. Nicht nur gibt es bei jedem Kunstwerk bezüglich des Aufführens der HitlerFigur offensichtlich andere Zielsetzungen (Deutung, Satire, beziehungsweise Deutung und
Satire), auch wird der Diktator in jedem besprochen Fall mit anderen ‚Mitteln‘ dargestellt: Im
Untergang wird Hitler von einem Schauspieler gespielt, in Ich hock‘ in meinem Bonker durch
eine animierte 3D-Figur dargestellt, in Er ist wieder da literarisch gestaltet.
Den Unterschieden zum Trotz sind, wie aufgelistet und belegt in 6.1, in Bezug auf die
Charakterisierung der Hitler-Figur bestimmte Parallelen aufzuzeigen. Hinsichtlich dieser
Parallelen fällt auf, dass keine der besprochenen Hitler-Darstellungen die Figur des ‚Führers‘
54
(völlig) aus ihrem historischen Kontext loslöst: Obwohl Ich hock‘ in meinem Bonker den
Diktator als karikaturistische Comicfigur darstellt, und Vermes ihn im gegenwärtigen
Deutschland aufführt, wird die Hitler-Figur in den drei analysierten Kunstwerken konsequent
mit unter anderem Deutschland, dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg in
Verbindung gebracht. Adolf Hitler entspricht hier allen manchmal phantastischen Elementen
zum Trotz immer noch dem kollektiven Bild des nationalsozialistischen Diktators. Bei Er ist
wieder da und dem Untergang ist dieser klare Bezug auf die Geschichte damit zu erklären,
dass es sich bei beiden Kunstwerken offensichtlich um Versuche handelt, die historische
Figur Adolf Hitler zu deuten – ein völlig außerhalb seines ursprünglichen Kontextes
dargestellter ‚Führer‘ würde kaum noch auf kollektive Hitler-Bilder verweisen, und einen
solchen Versuch somit erheblich erschweren. Indem Ich hock‘ in meinem Bonker teilweise als
Hitler-Persiflage, teilweise als satirische Auseinandersetzung mit Geschichtsdramen
anzusehen ist, ist auch hinsichtlich ‚Adolf, die Nazi-Sau‘ den klaren Bezug auf den
historischen Hitler erklärbar.
Bemerkenswert ist evenfalls die Tatsache, dass die Hitler-Figur in allen drei Fällen
nicht ausschließlich über negativ konnotierte Eigenschaften verfügt. Der Diktator bekommt in
den besprochenen Kunstwerken eine ‚menschliche‘ Seite: Er wird nicht (nur) als „Größte[r]
Verbrecher aller Zeiten“, sondern auch als unter anderem aufrichtig liebevoller Mensch,
anständiger Herr und Umweltschützer dargestellt. Eine mögliche Erklärung zum
‚menschlichen‘ Hitler-Bild bietet in Bezug auf Spielfilm und Roman auch hier die
beabsichtigte Deutung des historischen Diktators: Gerade die (teilweise) historisch belegten
als ‚menschlich‘ zu bezeichnenden Eigenschaften Hitlers machen ihn nachvollziehbar, so
könnte hier der logische Hintergedanke sein. Bei Ich hock‘ in meinem Bonker könnte die
weitgehende Vermenschlichung (‚Adolf‘ in der Badewanne mit seinem Hund) gerade eine
Übertreibung bilden von diesem ‚Nachvollziehbar-Machen‘ Hitlers.
Allen möglichen Erklärungen zu den in den besprochenen Kunstwerken aufgeführten
Wahl der Hitler-Bilder zum Trotz ist klar, dass bestimmte Hitler-Bilder in Bezug auf die drei
besprochenen Kunstwerke als ‚dominant‘ zu bezeichnen sind. Inwieweit diese Bilder in
Bezug auf den historischen Diktator als Produktion, und inwieweit als Reproduktion zu
charakterisieren sind, muss man jedoch unbedingt als unklar bezeichnen – die HitlerSimulakren definieren den Diskurs.
55
Konklusion
Wer sich das breite Spektrum der Hitler-Darstellungen – Kapitel 2 dieser Arbeit kann
diesbezüglich selbstverständlich nur einen kleinen Durchschnitt zeigen – anschaut, kann nur
zum Schluss kommen, dass dieses Spektrum durch eine Variation gekennzeichnet wird, wofür
man sich bei der Getränkeabteilung eines durchschnittlichen Supermarktes überhaupt nicht zu
schämen brauchte. Hitler als heißblütige Zeichentrickfigur, Hitler als Tier, Hitler als sensibler
Politiker, Hitler als Zombie – eine vollständige Liste der unterschiedlichen Darstellungen des
alten Diktators würde gewiss mehrere Seiten brauchen.
Im Vergleich von drei sehr populären rezenten deutschen Hitler-bezogenen
Kunstwerken – dem Spielfilm Der Untergang, dem Internetclip Ich hock‘ in meinem Bonker
und dem Roman Er ist wieder da - ist im Hinblick auf die Darstellung der ‚Führer‘-Figur eine
ähnlich interessante Verschiedenheit wahrnehmbar. Obwohl bezüglich der Charakterisierung
der aufgeführten Hitler-Figuren, wie besprochen in Kapitel 6, klare Parallelen aufzuzeigen
sind, sind in Bezug auf Ziel und Ausarbeitung der Hitler-Darstellungen wie auch hinsichtlich
ihrer jeweiligen Beziehung zur historischen Figur Adolf-Hitler mehrere Extreme anzutreffen.
Der in Kapitel 3 besprochene Spielfilm Der Untergang handelt von den letzten zehn
Tagen Adolf Hitlers. Der Film versucht eine so wahrheitsgetreu wie mögliche Dramatisierung
bestimmter historischen Ereignisse. Mithin wird prätendiert, dass eine ziemlich akkurate
Darstellung Hitlers dargeboten wird.
Im Internetclip Ich hock‘ in meinem Bonker (Kapitel 4) wird, anders als beim
Untergang, mit dem Aufführen der Hitler-Figur ein satirisches Kommentar betrachtet. Im
Animationsfilm sitzt die Hauptfigur ‚Adolf, die Nazi-Sau‘ – ein comicartiger Hitler – nackt
im Badezimmer ihres Bunkers. Der Kurzfilm persifliert durch Übertreibung und komisch
wirkende Neukontextualisierung die historische Figur Adolf Hitler wie auch deren
Verarbeitung in Dramen wie Der Untergang.
In Timur Vermes‘ Er ist wieder da wird Adolf Hitler 2011 in Berlin wiedererweckt. In
Monologform wird vom Diktator beschrieben, wie er als Komiker zum Fernsehstar aufsteigt.
‚Hitlerisch‘ anmutende Weltanschauungen bilden, wie besprochen in Kapitel 5, einen roten
Faden durch den als satirisch zu bezeichnenden Roman, indem der Protagonist ohne jeden
Zweifel am eigenen Kenntnisstand bezüglich der gegenwärtigen Gesellschaft die moderne
Welt kommentiert. Die aufgeführte Hitler-Figur ist wie beim Untergang nach geschichtlichen
Quellen um Adolf Hitler geformt. Der radikalen Neukontextualisierung zum Trotz ist
versucht, die Hauptfigur historisch korrekt darzustellen, und diese dem Leser mithin in
56
irgendeiner Weise nachvollziehbar zu machen. Im Roman bildet in erster Linie nicht Adolf
Hitler selbst, sondern eher dessen Rolle in der gegenwärtigen Gesellschaft das Objekt der
Satire: Hitler wird nicht persifliert, sondern als Mittel verwendet, um die Gesellschaft wie
auch der Diskurs der populären Hitler-Bilder satirisch zu kommentieren.
Eine Tendenz, die in dieser Arbeit in Bezug auf jedes der analysierten Kunstwerken
angesprochen worden, und hinsichtlich einer Hitler-Darstellung als prinzipiell unumgänglich
zu bezeichnen ist, ist das ‚Zitieren‘ anderer Hitler-Darstellungen. Der Untergang präsentiert
explizit ein Werk Joachim Fests und die Memoiren der Hitler-Sekretärin Traudl Junge als
Grundlagen der Hitler-Darstellung. Bei Ich hock‘ in meinem Bonker und Er ist wieder da gibt
es bezüglich der Darstellung des Diktators sogar eine Metaebene: Nicht (nur) die Figur Adolf
Hitler an sich, sondern auch deren Erscheinen in anderen Medien ist Thema der Vorstellung.
In anderen Worten: Nicht nur das Bild, sondern auch das Abbilden wird thematisiert. Obwohl
immer noch eine Beziehung zum historischen ‚Führer‘ suggeriert wird, stehen Verweise auf
andere Hitler-Darstellungen bei diesen Kunstwerken mindestens ebenso deutlich im Zentrum
der Vorstellung wie „der größte Verbrecher aller Zeiten“ selbst.
Dass mediale Hitler-Bilder keine ‚realen‘ Objekte, sondern andere mediale Bilder
verarbeiten ist, wie besprochen in Kapitel 2, unumgänglich, dass dieser Bilderdiskurs
schließlich selbst zum Thema wird eine vielleicht logische Folge. Keine unsinnige Idee
scheint jedenfalls der in Kapitel 3 angesprochene ‚Hitler-Mythos‘. Hitler ist als nicht (weiter-)
existierende Figur zu bezeichnen, die wegen ihrer Rolle in der Weltgeschichte und ihrer
weitgehenden Monumentalisierung und ‚Entmenschlichung‘ heutzutage nicht nur als
allgemein bekannt, sondern in gewissem Maße auch als mysteriös gelten darf, und deshalb
sowohl einen guten Bezugspunkt als eine ideale Projektionsfläche bildet. Ob Geschichtsdeuter
oder Internetbastler: Mit dem alten Diktator kann jedem etwas anfangen.
Das kollektive Hitler-Bild wird nicht nur von medialen Bildern widerspiegelt, sondern
auch von medialen Bildern erschaffen. Der historische Adolf Hitler spielt also, wie
durchgehend angesprochen und aufgezeigt, im Bilderfluss bezüglich seiner Person in
strengem Sinne eine eher untergeordnete Rolle: Er dient vor allem zum Ausgangspunkt.
Für Adolf Hitler gibt es, seinen unzähligen gegenwärtigen Media-Auftritten nach,
siebzig Jahre nach seinem Tod nur noch einen Bereich, in dem er in gewissem Maße noch als
einer der absoluten ‚Führer‘ anzudeuten wäre: die populäre Kultur. Wie Joachim Fest schon
schrieb über den Diktator: „Unter den Dokumenten, die von der psychischen Gewalt seiner
57
Erscheinung zeugen, blieb nicht viel mehr als der Eindruck seiner Stimme […]“.91
Und die können wir mittlerweile alle nachahmen.
91
Fest 1978 (‚Der Führer‘). S. 1041.
58
Literatur
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
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
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mbH (Hg.): Columbia hilft werben! Presseheft zum Spielfilm Der letzte Akt.
Heidelberg: Columbia 1955.

‚Ich halte mich ausschließlich an die Geschichte‘. Interview mit Bernd Eichinger. In:
Der Spiegel. 19.4.2003. S. 153.

‚Pegida-Gründer Bachmann verteidigt Hitler-Foto auf Facebook als Spaß‘. In: Focus
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
‚Pegida-Gründer spielt Hitler‘. In: FAZ.net. 21.1.2015. URL:
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
Anker, Jens: ‚„Irgendwann gibt es Hitler im Überrasschungsei“‘. Interview mit Baldur
von Schirach. In: Welt Online. 27.7.2008. URL:
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Baudrillard, Jean: Der symbolische Tausch und der Tod [L’échange symbolique et la
mort, 1976]. Aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt von Gerd Bergfleth,
Gabriel Ricke und Ronald Voullié. München: Matthes & Seitz 1982.
59

Baudrillard, Jean: Simulacra and simulation [Simulacres et simulation, 1981]. Aus
dem Französischen ins Englische übersetzt von Sheila Faria Glaser. Ann Arbor:
University of Michigan Press 1994.
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Catshatlooklikehitler.com. URL: http://catsthatlooklikehitler.com/cgibin/seigmiaow.pl (letzter Zugriff: 10.6.2015).
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Neutrality: „The Great Dictator“ (1940)’. In : Historical Journal of Film, Radio and
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
Das Gupta, Oliver: ‚“Wir haben zu viel vom gleichen Hitler“‘. Interview mit Timur
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Fest, Joachim: Hitler. Eine Biographie. Erster Band (‚Der Aufstieg‘). Berlin:
Propyläen 1978.
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Fest, Joachim: Hitler. Eine Biographie. Zweiter Band (‚Der Führer‘). Berlin:
Propyläen 1978.
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Fiedler, Cornelia: ‚Ha, ha, Hitler‘. In: Süddeutsche.de. 9.1.2013. URL:
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Kilb, Andreas: ‚Ein Mahnmal, ein Reißer, ein Meisterwerk? Das Ende Adolf Hitlers:
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Wilhelm, Margarete: Der größte Verbrecher aller Zeiten? Zu Hitlers Finanzierung.
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Wouters, Coene: Diktator am Schirm. Zur Wahrnehmung der Fiktionalität bei Hitler.
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
Youtube.com. Online Videoportal. URL: http://www.youtube.com (letzter Zugriff:
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Fernsehen
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Hart aber fair: ‚Hitler als Witzfigur – worüber darf Deutschland lachen?‘. Talkshow
im ARD. 25.02.2013.

Moncrief, Zac (Regie), Seth MacFarlane (Produktion): Family Guy, Saison 4, Folge
27 (‚The Griffin Family History‘). Animation. USA: 20th Century Fox Television
2006.
62
Filmographie

‚Harald Schmidt als Hitler verkleidet‘. In: Youtube.com. 6.11.2006. URL:
https://www.youtube.com/watch?v=yCLralhpcdI (letzter Zugriff: 10.6.2015).
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‚Hitler takes too much Viagra‘. Internetclip. In: Youtube.com. 6.9.2011. URL:
https://www.youtube.com/watch?v=wAqyWpBo9OU (letzter Zugriff: 10.6.2015).

‚Hitler voorspelt WK wedstrijd Spanje Nederland‘ [sic]. Internetclip. In:
Youtube.com. 14.6.2014. URL: https://www.youtube.com/watch?v=YBdmNGPR7tM
(letzter Zugriff: 10.6.2015).

Brooks, Mel (Regie), Sidney Glazier (Produktion): The Producers. Spielfilm. USA:
Embassy Pictures 1968.

Brooks, Mel (Regie): To Be or Not to Be (The Hitler Rap). Videoclip. USA: Island
Records, 1983.

Chaplin, Charlie (Produktion, Regie): The Great Dictator. Spielfilm. USA: United
Artists 1940.

Gönnert, Felix (Regie), Walter Moers (Produktion): Adolf. Ich hock‘ in meinem
Bonker. Internetclip. Deutschland: GFP 2012. URL:
https://www.youtube.com/watch?v=uZ82cwTCYDs (letzter Zugriff: 10.6.2015).

Heller, André und Othmar Schmiederer (Regie), Danny Krausz und Kurt Stocker
(Produktion): Im toten Winkel. Dokumentarfilm. Österreich: Dor Film 2002.

Hirschbiegel, Oliver (Regie), Bernd Eichinger (Produktion): Der Untergang.
Spielfilm. Deutschland: Constantin Film 2004.

Levy, Dani (Regie), Stefan Arndt (Produktion): Mein Führer – die wirklichste
Wahrheit über Adolf Hitler. Spielfilm. Deutschland: X Filme 2007.

Pabst, Georg Wilhelm (Regie), Carl Skozoll (Produktion): Der letzte Akt. Spielfilm.
BRD, Österreich: Cosmopol-Film 1955.

Riefenstahl, Leni (Regie, Produktion): Triumph des Willens. Dokumentarfilm.
Deutschland: Leni Riefenstahl-Produktion 1935.

Singer, Bryan (Regie, Produktion), Christopher McQuarrie (Produktion): Valkyrie.
Spielfilm. USA: United Artists 2008.
Sonstige Quellen

id Software: Wolfenstein. Computerspiel. USA: Raven Software 2009.
63
Bilderverzeichnis

Abbildung 1 (S. 4): Catsthatlooklikehitler.com. Foto. URL:
http://www.catsthatlooklikehitler.com/cgi-bin/seigboard.pl?289 (10.6.2015).

Abbildung 2 (S. 12): Catsthatlooklikehitler.com. Foto. URL:
http://www.catsthatlooklikehitler.com/cgi-bin/seigboard.pl?8 (letzter Zugriff:
10.6.2015).

Abbildung 3 (ebd.): Johannes Wiebel, punchdesign: Umschlag zum Roman Er ist
wieder da.

Abbildung 4 (S. 13): J.C. Penney. Foto. In: ‚Das Ende der Hitler-Teekanne‘.

Abbildung 5 (ebd.): AFP. Foto. In: Hunin 2014.

Abbildung 6 (ebd.): Twitter, Civitas Livertatis, Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Screenshot. In: ‚Pegida-Gründer spielt Hitler‘.

Abbildung 7 (S. 14): Leni Riefenstahl: Triumph des Willens. Still aus dem Spielfilm.

Abbildung 8 (S. 17): Charlie Chaplin: The Great Dictator. Still aus dem Spielfilm.

Abbildung 9 (ebd.): Bundesarchiv: Bild 119-11-19-12, Adolf Hitler bei
Ortsgruppenfeier der NSDAP Rosenheim. Zudem verfügbar bei Wikimedia
Commons. URL: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_11911-19-12,_Adolf_Hitler_bei_Ortsgruppenfeier_der_NSDAP_Rosenheim.jpg (letzter
Zugriff: 10.6.2015).

Abbildung 10 (S. 18): Daniel Levy: Mein Führer – die wirklichste Wahrheit über
Adolf Hitler. Still aus dem Spielfilm.

Abbildung 11 (ebd.): Idem.

Abbildung 12 (S. 19): Zac Moncrief: Family Guy, Saison 4, Folge 27 (‚The Griffin
Family History‘). Still aus der Fernsehserie.

Abbildung 13 (S. 20): Georg Wilhelm Pabst: Der letzte Akt. Still aus dem Spielfilm.

Abbildung 14 (S. 28): Oliver Hirschbiegel: Der Untergang. Still aus dem Spielfilm.

Abbildung 15 (ebd.): Leni Riefenstahl: Triumph des Willens. Still aus dem Spielfilm.

Abbildung 16 (S. 35): Felix Gönnert: Adolf. Ich hock‘ in meinem Bonker. Still aus
dem Internetclip.

Abbildung 17 (S. 36): Idem.

Abbildung 18 (S. 37): Idem.
64

Abbildung 19 (S. 38): René Goscinny, Albert Uderzo: Umschlag zum Comicheft
Astérix le Gaulois.
65
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