Rassismus und Vorurteile „Schleich di, du Neger!“, „Verschwind zruck in dein Land, du Zigeuner!“, „Ihr scheiß Jugos nehmts uns nur die Arbeitsplätze weg, fort mit euch!“ Entschuldigen Sie bitte meine vulgäre Ausdrucksweise, doch sind dies nicht die typischen Aussagen, die wir immer wieder aufschnappen oder womöglich schon einmal selbst verwendet haben? Verehrte Jury, liebes Publikum! Mein Name ist Lucija Lukic und ich besuche das Zweisprachige Gymnasium in Oberwart. Moment, zweisprachig? Sie fragen sich nun bestimmt, welche diese zweite Unterrichtssprache an meiner Schule ist. Englisch? Nein, in meinem Fall ist es Kroatisch! Habe ich nicht gerade noch von den „scheiß Jugos“ gesprochen? Obwohl es Jugoslawien schon längst nicht mehr gibt, wird das Wort „Jugo“ nach wie vor häufig als Schimpfwort verwendet. Ich lerne an meiner Schule also quasi eine „Jugo-Sprache“?! Dies ist für Sie aber noch lange kein Grund, um mir oder meiner Schule gegenüber Vorurteile zu haben, oder? Ich sehe für Sie doch bestimmt wie eine typische Österreicherin, was auch immer das ist, aus, stimmt´s? Ich spreche akzentfrei Deutsch und besuche das Zweisprachige Gymnasium sicher nicht nur wegen der kroatischen Sprache, denken Sie nun vielleicht. Nun, dem ist nicht so! Ja, ich bin der Staatsbürgerschaft nach Österreicherin, und auch im Herzen bin ich es, aber ich bin nicht NUR Österreicherin! Mein Papa stammt aus Kroatien, meine Muttersprache ist Kroatisch und ich bin stolz darauf, zweisprachig und mit der Kultur zweier Länder aufgewachsen zu sein! Bin ich jetzt auch ein „scheiß Jugo“? Oder ist das in meinem Fall etwas KOMPLETT ANDERES? Da ich mich dazu bekenne neben einer Österreicherin auch eine Kroatin zu sein, dürfen jene, die Hass gegenüber Ausländern empfinden, mich sehr gerne in einen Topf mit all den anderen „scheiß Jugos“ werfen! So viel zu meiner Person, nun zu Ihnen, verehrtes Publikum! Sind Sie rassistisch? NEIN, natürlich nicht! Alle Menschen sind gleich, keiner soll diskriminiert werden, jeder ist genauso viel wert, wir haben uns alle lieb…. ja ja, die alte Leier! In der Theorie wissen wir das alles, aber wie sieht es in der Praxis aus? Ich wage zu behaupten, dass jeder von uns schon einmal ein Vorurteil gegenüber einer fremden Person gehegt hat und nehme mich dabei gar nicht aus. Aber beginnt hier bereits Rassismus? Meiner Meinung nach beginnt Rassismus in dem Moment, in dem wir typisches Verhalten einem Land zuweisen. Wir meinen oft bereits auf den ersten Blick zu wissen, wer woher kommt und meinen den Charakter dieser Menschen zu kennen, zu wissen, wie sie ticken und wie sie uns womöglich sogar schaden könnten. Doch WARUM ist die Herkunft unser erster Gedanke, wo wir der Theorie nach doch verstehen, dass es darauf nicht ankommt und ganz andere Dinge, wie zum Beispiel der Charakter wichtig sind!? Für mich ist die Schule das beste Beispiel für einen Ort, an dem Rassismus präsent ist. Bereits in der Volksschule werden ausländische Kinder oft ausgeschlossen. Es ist fast unmöglich dazu zu stehen, dass die eigene Muttersprache in Österreich eine andere als Deutsch ist, ohne dabei schiefe Blicke zugeworfen zu bekommen. Auch ich selbst konnte mich lange Zeit nicht zu meiner Muttersprache bekennen. Ich wollte dazugehören, nicht „anders sein“. Jetzt denke ich, was spricht gegen dieses „Anderssein“? Dass ich eine andere Muttersprache habe, vermindert doch nicht meinen menschlichen Wert! Dass ich zweisprachig aufgewachsen bin, ändert NICHTS an mir, es bereichert mich sogar. Meinen Charakter und meine Einstellung beeinflusst nicht, ob ich nun Deutsch, Kroatisch, Ungarisch oder Chinesisch spreche! Interessant dabei ist, dass es oft nur Vorurteile bei einer anderen MUTTERSPRACHE gibt. Ansonsten heißt es: „Sprache ist Macht!“ Und viele von uns streben danach, so viele Sprachen wie möglich zu lernen. Meiner Meinung nach ist dies ein Widerspruch, da es für Außenstehende vollkommen irrelevant sein sollte, WANN ich eine Sprache lerne. Für mich ist es natürlich wichtig, Kroatisch meine Muttersprache zu nennen! Nelson Mandela sagte einst, dass niemand von uns hassend geboren wird, wir lernen erst zu hassen. Wir lernen also zu hassen, wir lernen zu diskriminieren, wir lernen rassistisch zu sein, aber wo? Und vor allem: Bereits als Kinder? In den seltensten Fällen wird Kindern von ihren Eltern und Mitmenschen direkt vermittelt, dass Schwarze Drogendealer, Jugos Verbrecher, oder Zigeuner Diebe sind. Und doch sind dies die typischen Vorurteile. Ich denke, dass wir diese „typischen Vorurteile“ nicht nur von unseren Eltern, sondern vor allem unbewusst über Medien oder von Vorbildern übernehmen. Mandela sagte weiters, dass, wenn wir lernen können zu hassen, wir auch lernen können zu lieben, da Liebe auf einem viel natürlicheren Weg zu unseren Herzen kommt, als Hass. Und genau das ist der springende Punkt: Bereits Kinder sollen lernen zu lieben, anstatt zu hassen, zu schätzen, anstatt zu missachten, zu respektieren, anstatt bloß zu tolerieren. Dies müssen wir aber zunächst einmal selbst verstehen, um es auch Kindern beibringen zu können. Besonders wichtig ist, Kindern schon in der Schule nahezubringen, dass Rassismus nicht der richtige Weg ist. Doch genau dabei ist Vorsicht geboten, denn gerade beim Besprechen des Themas Rassismus entstehen oft Vorurteile. Hier ein konkretes Beispiel: In meinem diesjährigen Geographie-Buch wird das Wort „fremd“ sowohl als „ausländisch“ als auch als „seltsam“ definiert. Bei dieser Definition stellen sich mir die Haare auf. Wie kann man ohne Vorurteile gegenüber Fremden durchs Leben gehen, wenn einem das Fremde bereits in der Schule als seltsam vermittelt wird?! Worauf ich nun alles in allem hinaus möchte ist, dass WIR ALLE unsere Denkweise über NichtStaatsbürger von Grund auf ändern müssen. Erst, wenn wir verstehen, dass jeder von uns gleich viel wert ist, wenn wir verstehen, dass wir die Blockade in unseren Köpfen eliminieren müssen, wenn wir verstehen, dass nicht zählt, WOHER man ist, sondern WER man ist, können wir den Rassismus erfolgreich bekämpfen! Denn egal, ob schwarz oder weiß, egal ob arm oder reich, egal ob mutig oder feige, egal ob laut oder leise… wichtig ist UNSERE Denkweise und wer WIR sind! Dankeschön!