OKTOBER Morgens: Jesaja 17–19 Abends: Epheser 5,17–33 SA 07.23 · SU 19.00 · KW 40 1 Dienstag So leid es mir tut: Aus Mangel an Zeit/Personal konnten die Andachten für dieses Quartal nicht aufbereitet werden. Die vorliegende Fassung ist eine maschinelle Konvertierung vom Druck-PDF in Word. Eine andere/bessere Datei kann ich den Webmastern diesmal nicht zur Verfügung stellen. Sollte sich jemand die Mühe machen, die Texte zu bereinigen, könnte er mir diese Datei senden, damit ich sie allen Webmastern auf unserer Internetseite zur Verfügung stellen kann. Ich hoffe, dass wir fürs nächste Jahr wieder die bereinigte Form der Andachten liefern können. Elí Diez-Prida [email protected] OKTOBER Morgens: Jesaja 17–19 Abends: Epheser 5,17–33 SA 07.23 · SU 19.00 · KW 40 1 Dienstag „Auch bis in euer Alter bin ich derselbe, und ich will euch tragen, bis ihr grau werdet. Ich habe es getan; ich will heben und tragen und erretten.“ Jesaja 46,4 Das Thema „älter werden“ ist so wichtig, dass die UNO ihm Ende 1990 den von da an jeweils am 1. Oktober stattfindenden International Day of Older Persons (Weltweiter Tag der älteren Menschen) gewidmet hat. Da die Weltbevölkerung statistisch immer älter wird und die Menschen (erfreulicherweise) immer länger leben, sind der Umgang mit älteren Menschen und ihre Teilhabe am sozialen Leben sowie das Einbringen ihres Potenzials zu immer stärker beachteten Themen geworden. Zahlreiche Autoren haben sich inzwischen – mehr oder weniger ernst- oder anekdotenhaft – mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Eine geniale Bearbeitung des Themas ist der deutsch-österreichische Film „Die Spätzünder“, in dem Rocco, ein zum Sozialdienst im Seniorenheim verdonnerter Sträfling (von Jan Josef Liefers gespielt), mit seiner Oldie-Band „Rocco und die Herzschrittmacher“ den ersten Preis eines Musikwettbewerbs gewinnt. Da die Heimleitung den Bewohnern absolute Ruhe und ein ereignisarmes, freudloses Dasein verordnet hat, müssen die betagten Musiker und Musikerinnen heimlich im Keller proben, was sie nicht daran hindert, mit einem Riesenspaß bei der Sache zu sein und ihr volles Potenzial zu entfalten. Altwerden ist nichts für Feiglinge, betitelte Joachim Fuchsberger seine Autobiografie. Sicherlich hat er Recht, wobei die wahre Herausforderung am Älterwerden wohl in erster Linie darin besteht, sich der eigenen Defizite und körperlichen Schwächen nicht zu schämen und einen neuen, andersartigen Lebensabschnitt zu akzeptieren. Das gelingt so manchen nach ihrem aktiven Berufsleben leider nicht. Die Bejahung dieses neuen Lebensabschnitts kann völlig neue Perspektiven und Möglichkeiten eröffnen, vielleicht auch noch einmal einen Neuanfang in einem anderen Umfeld unter veränderten Bedingungen. Das kann spannend und herausfordernd sein, aber man braucht Mut dazu! Eine Konstante bleibt jedoch: Unser Gott, der uns ein ganzes Leben begleitet, bis in die Ewigkeit: „Auch bis in euer Alter bin ich derselbe, und ich will euch tragen!“ Das gibt uns Hoffnung und Zuversicht. Und wir alle können auch heute völlig gelassen mit unserem Älterwerden umgehen und uns auf Neues einlassen! Heidemarie Klingeberg OKTOBER Morgens: Jesaja 20–22 Abends: Epheser 6 SA 07.24 · SU 18.57 · KW 40 2 Mittwoch „Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben … Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir [Jesus] getan.“ Matthäus 25,35a.40b Es war spät am Abend. Ich stand im Untergeschoss des Stuttgarter Bahnhofs und wartete auf die nächste U-Bahn nach Ostfildern. In solchen Situationen beobachte ich gern die Leute und versuche zu erahnen, wie sie ihr Leben gestalten. Oft begegnen mir Menschen, die gerade von einem Konzert, einem Fußballspiel oder sonst einer Veranstaltung kommen. Ihre Kleidung weist jedenfalls darauf hin. Meist sind junge Pärchen unterwegs, die – wie ich – froh sind, dass so spät noch Straßenbahnen fahren. An diesem Abend fiel mir nichts Besonderes auf – bis ich in einiger Entfernung einen Stadtstreicher entdeckte, der von einem zum anderen ging und seine Hand ausstreckte. Ich kannte ihn. Er war mir schon ein paar Mal in der Stadt begegnet und aufgefallen. Die Not war ihm anzusehen. Diesmal wollte ich ihn nicht leer ausgehen lassen. Ich griff nach meiner Geldbörse. Einen Euro hielt ich für angemessen. Wenn jeder so viel geben würde … Die meisten Passanten ließen ihn abblitzen. Bis er zu einem älteren Herrn kam, der wohlgekleidet wie ich einfach dastand und wartete. Als der verlotterte Mann die Hand ausstreckte, zog der Herr sein Portemonnaie aus der Manteltasche, entnahm einen Zehn-Euro-Schein und legte ihn lächelnd in die Hand des Bettlers. Er lächelte zurück. Sie wechselten kein Wort, aber ich hatte irgendwie den Eindruck, als würden sie sich kennen. Wortlos verschwand der Geldschein in der ausgebeulten Hosentasche. Danach drehte er sich zur Seite und steuerte mit etwas schnellerem Schritt als vorher auf die Rolltreppe zu. Als er an mir vorbeikam, wusste ich nicht, was ich tun sollte. Er blieb nicht stehen, sondern ging einfach an mir und den neben mir Stehenden vorüber. Ich hielt den Euro noch in meiner Hand … Ich war beschämt. Die Begegnung des Stadtstreichers mit dem älteren Herrn konnte ich nicht vergessen. Das Lächeln auf ihren Gesichtern sehe ich heute noch. Wie oft habe ich mich schon gefragt, ob es sinnvoll ist, einem Stadtstreicher etwas in den Hut zu werfen oder in die Hand zu geben. Warum frage ich eigentlich danach? Günther Machel OKTOBER Morgens: Jesaja 23–25 Abends: Philipper 1 SA 07.26 · SU 18.55 · KW 40 TAG DER DEUTSCHEN EINHEIT 3 Donnerstag Daher kann er auch allen, die sich durch ihn Gott nahen, vollkommene Errettung schenken; er lebt ja allezeit, um fürbittend für sie einzutreten. Hebräer 7,25 (Albrecht-Bibel) Am 3. Oktober 1567 wurde Pietro Carnesecchi in Rom von der Inquisition zum Feuertod verurteilt, weil er seit 1540 die „häretische, falsche, unverschämte und skandalöse Lehre“ der Rechtfertigung aus dem Glauben allein gelehrt hatte. Für uns Menschen des „ökumenischen“ Zeitalters klingen solche Berichte wie ein Raunen aus längst vergangener Zeit. Haben nicht am Ende des 20. Jahrhunderts Rom und der Lutherische Weltbund gerade in der Rechtfertigungslehre einen „Grundkonsens“ festgestellt? Hat nicht der gegenwärtige Papst dies als einen „Meilenstein“ in der Geschichte der Annäherung der Kirchen bezeichnet? Behaupten nicht manche Ökumeniker sogar, die ganze Sache der Reformation sei ein großes Missverständnis gewesen? Tatsächlich gibt es heute bei den Begriffen wie Gnade, Glaube und Werke eine Annäherung zwi- schen Katholiken und der Reformation. Der Kern der Sache freilich – kirchliche Heilsvermittlung oder direkter Glaubenszugang zu Gott – bleibt davon unberührt. Für den Verfasser des Hebräerbriefes gelangt der Gläubige über den Hohenpriester Christus direkt zu Gott. Eine Heilsvermittlung über einen irdischen Priester sowie der kirchliche Sakramentenmystizismus waren den ersten Christen unbekannt. Für sie galt nur das eine, am Kreuz vollendete Opfer von Jesus, der eine und sündlose Priester Christus und die durch ihn vermittelte Lossprechung von Sünden. Hier knüpfte die Reformation wieder an und befreite die Menschen aus der angemaßten Heilshierarchie (Papst, Bischof, Priester) und aus dem sakramentalen Heilsautomatismus. Das biblische Evangelium sichert uns zu, dass wir jederzeit und an jedem Ort ohne menschliche Vermittlung den himmlischen Hohenpriester anrufen dürfen, der uns Vergebung und Hilfe gewährt, solange wir im Glauben stehen (Hbr 4,16; 10,22–23). Diese Botschaft von der Nichtigkeit menschlicher Heilsinstanzen und menschlicher Gebote hin zum direkten Weg zu Gott über den Glauben ist eine Botschaft der persönlichen Befreiung und des Friedens. Unabhängig vom Urteil Anderer über mich darf ich im Glauben mein Herz zu Gott erheben und meiner Annahme bei ihm gewiss sein. Danke, Herr, für dieses wunderbare Vorrecht! Hans Heinz OKTOBER Morgens: Jesaja 26–27 Abends: Philipper 2 SA 07.27 · SU 18.53 · KW 40 4 Freitag Seid alle Zeit fröhlich, betet ohne Unterlass, seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch. 1. Thessalonicher 5,16–18 Einem Arzt fiel ein 96-jähriger Heimbewohner auf, der stets zufrieden und freundlich war. Als er ihn nach seinem Geheimnis fragte, lächelte der Alte verschmitzt: „Ich nehme täglich zwei Pillen ein, die mir helfen.“ Erstaunt erwiderte der Arzt: „Die habe ich Ihnen doch gar nicht verschrieben!“ Lächelnd entgegnete der Alte: „Das können Sie auch gar nicht, Herr Doktor. Am Morgen nehme ich die Pille Dankbarkeit und am Abend die Pille Zufriedenheit. Diese Tabletten haben ihre Wirkung noch nie verfehlt.“ Der Arzt meinte daraufhin: „Da haben Sie Recht, Dieses Rezept werde ich gerne weiterempfehlen.“ Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich die Gelegenheit, das Rezept auszuprobieren. Vor unserem Haus haben Bauarbeiter die Telefonkabel beim Baggern zerrissen. Nach zwei Tagen kam ein Tech- niker von der Telefongesellschaft, um den Schaden zu reparieren, aber er ging unverrichteter Dinge wieder weg, denn dafür sei ein anderer Techniker zuständig. Bei der Aussicht, erneut Tage warten zu müssen, wollte ich aus der Haut fahren und mich beschweren. Doch dann besann ich mich darauf, zufrieden und geduldig abzuwarten. Wie leicht und schnell verlieren wir Menschen die Balance! Dankbarkeit und Zufriedenheit sind geistliche Eigenschaften, um die zu bitten Paulus den Christen in Thessalonich eindringlich empfahl. Gott will unser Herz durch den Heiligen Geist mit seiner unerschöpflichen Liebe füllen. Jesus hat dafür sein Leben am Kreuz für jeden einzelnen hingegeben. Wenn das kein Grund ist, fröhlich und dankbar zu sein! Starten wir noch heute die Medikation mit den zwei „Wunderpillen“! Morgens gleich nach dem Aufwachen eine „Pille“ Dankbarkeit: dafür, dass wir überhaupt aufgewacht sind und auch für die Aussicht, diesen Tag mit Gott zu erleben. Abends die „Pille“ Zufriedenheit: nach dem Dank für das am Tag Erlebte die Bitte um Gelassenheit im Blick auf das, was wir nicht geschafft haben, und um Zufriedenheit mit dem Erreichten. Adam Schiller Der Dank ist eine Gewalt, vor der alle finsteren Mächte weichen. (Hermann Bezzel) Zufriedenheit wandelt in Gold, was immer sie berührt. (Benjamin Franklin) OKTOBER Morgens: Jesaja 28–29 Abends: Philipper 3 SA 07.29 · SU 18.51 · KW 40 5 Sabbat Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht. Matthäus 4,4b Erntedank. Das Getreide wuchs gut in unserem Land; es gibt genügend Brot und in außerordentlicher Vielfalt. Wir werden immer satt. Unser Körper wird durch Brot mit Energie versorgt – durch Mineralstoffe, Ballaststoffe und Vitamine. Es fehlt an nichts, und es gibt noch viele andere Lebensmittel in reicher Auswahl. Das war nicht immer so. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten wir – selbst auf dem Dorf lebend – quasi nichts zu essen. Zahllosen Menschen auf der Welt geht es heute genauso. Erntedank. Wir feiern in der Gemeinde. Ein reicher Gabentisch steht vorne. Wir geben ab von unserem Reichtum – an ärmere Menschen. Und das ist gut so. Gottes Wort wird auch als „Brot“ bezeichnet. Eine Bibel kann bei uns jeder kaufen – problemlos, ungestraft. Wir dürfen Gottesdienste besuchen, in denen Gottes Wort gepredigt wird. Öffentlich. Wir dürfen Bibelkreise abhalten, Bücher über Gott lesen, christliche Radio- und Fernsehsendungen produzieren, senden und anhören bzw. ansehen. Wir dürfen Urlaub mit Christen machen, an Bibelfreizeiten teilnehmen – alles möglich. Wort Gottes, Lebensbrot in Hülle und Fülle! Brot nützt unserem Körper nur, wenn wir es essen. Auch Gottes Wort entfaltet seine Kraft, wenn wir es zu uns nehmen, lesen, verinnerlichen, damit leben, es ausleben. „Der Mensch lebt nicht nur von Brot“, sagte Jesus. Auch der Bäcker und die Brotverkäuferin im Supermarkt, die am Brot verdienen, kommen an diesem Satz nicht vorbei: „Er lebt von jedem Wort, das Gott spricht.“ (GNB) Leben, das gelingen soll, braucht mehr als irdisches Brot, nämlich Orientierung, Zuspruch, Korrektur, Lebenssinn und ein Ziel. Erntedank. Dank für die Ernte, für das Brot, für das Lebensbrot! „Ich bin das Brot des Lebens“, sagte Jesus (Joh 6,35b). Wir sind auf ihn angewiesen, wenn wir nicht hungern wollen – hungern nach Sinn, hungern nach Ewigkeit. Darum bitte ich: „Brich mir das Lebensbrot, o lieber Herr, wie du das Brot einst brachst am stillen Meer … Du bist ja selber, Herr, das Lebensbrot, dein teures Wort macht frei von Sünd’ und Tod!“ (Wir loben Gott, Nr. 102) Albrecht Höschele Wie gefällt Ihnen dieses Andachtsbuch? Autoren und Verlagsteam haben ihr Bestes gegeben, damit Sie durch diese Andachten nicht nur angesprochen, sondern auch in Ihrer Beziehung zu Gott gestärkt werden. Wir würden uns sehr freuen, wenn das gelungen ist! Wenn Ihnen dieses Andachtsbuch (bzw. Andachtskalender) Freude bereitet, denken Sie bitte daran, rechtzeitig die Ausgabe für 2014 zu bestellen – für Sie selbst oder für Menschen, denen Sie zum Jahreswechsel ein wertvolles Geschenk machen möchten. Am besten gleich erledigen (Adressen siehe Rückseite), denn erfahrungsgemäß wird es am Jahresende knapp und dann könnte die von Ihnen bevorzugte Fassung (Buch bzw. Abreißkalender) vergriffen sein. Würden Sie gern das eine oder andere Thema, das in den Andachten angesprochen wurde, vertiefen? Dann sehen Sie sich unsere Buchempfehlungen am Ende des Buches an. Es sind alles sehr lebensnahe, leicht verständliche Bücher, die sich auch zum Weitergeben an interessierte Freunde eignen. Weiterhin viel Segen beim Lesen der Andachten während der drei nächsten Monate! Das Redaktionsteam des Advent-Verlags Bezugsquellen fürs Andachtsbuch 2014 (Preis im Internet oder auf Anfrage) Advent-Verlag (Deutschland) Pulverweg 6, 21337 Lüneburg Tel.: 0800 238 36 80 (kostenlos aus dem Festnetz) bzw. 04131 9835-02, Fax: 04131 9835-500 Online-Shop: www.adventist-media.de Top Life Center Wegweiser-Verlag (Österreich) Prager Straße 287, 1210 Wien Tel.: 01 229 4000, Fax: 01 229 4000 599 Internet: www.toplife-center.com Advent-Verlag (Schweiz) Leissigenstrasse 17, 3704 Krattigen Tel.: 033 654 10 65, Fax: 033 654 44 31 Internet: www.advent-verlag.ch OKTOBER Morgens: Jesaja 30–31 Abends: Philipper 4 SA 07.31 · SU 18.48 · KW 41 Erntedankfest 6 Sonntag Ein Mann war in Jerusalem, mit Namen Simeon; und dieser Mann war fromm und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels, und der Heilige Geist war mit ihm. Lukas 2,25 Wir wissen nichts über den Beruf, das Vermögen und den Familienstand von Simeon. Wahrscheinlich gehörte er eher zu jenem Teil der Bevölkerung, der nicht aus dem Vollen schöpfen konnte. Allerdings verrät uns der Text, dass er in Jerusalem wohnte. Diese Stadt hatte eine lange Geschichte und dazu eine besondere. Bedeutende Männer der Bibel hatten hier gelebt und gewirkt. Dabei erinnern wir uns an die Könige David und Salomo. Aber das lag schon rund 1000 Jahre zurück. Die großen Propheten Jesaja und Jeremia traten hier auf. Um 450 v. Chr. kamen Esra und Nehemia nach Jerusalem. Sie hatte Gott berufen, den Wiederauf bau der Stadt zum Abschluss zu bringen und dem geistlichen Leben neue Impulse zu geben. Man könnte weitere Namen nennen. Aber das Wahrzeichen und der Stolz der Stadt war ohne Frage der Tempel. Die frommen Juden glaubten: „Wo das Heiligtum steht, da ist Gott gegenwärtig.“ (Siehe 2 Mo 25,8.) Mehrfach in jedem Jahr strömten aus dem ganzen Land -zigtausend Menschen in die heilige Stadt, um große Feste zu feiern. Das erlebten Pilger und Einheimische als besondere Höhepunkte. Trotz ihrer großen Geschichte und Tradition bot die heilige Stadt keine Gewähr dafür, „fromm und gottesfürchtig“ zu werden wie Simeon. Auch Deutschland ist dafür ein beredtes Beispiel. In vier Jahren werden wir das 500-jährige Reformationsjubiläum feiern. Die Vorbereitungen dazu sind schon lange angelaufen. Doch was ist aus der Reformation in der Lutherstadt Wittenberg geworden? Dort gehörten 1945 90 Prozent der Einwohner zur evangelischen Kirche; heute sind es noch elf Prozent. Kein Wittenberger wird allein dadurch Lutheraner oder ein Christ, dass er bereits seit Jahrzehnten dort lebt. Wir können den Gedanken noch etwas weiter spinnen. Die Mitgliedschaft in einer Kirche ist keine Garantie dafür, auch fromm zu werden. Der Chemnitzer Evangelist Theo Lehmann brachte es einmal so auf den Punkt: „Aus einem Handwagen, der in einer Garage parkt, wird kein Auto, egal, wie lange es darin steht.“ Simeon wurde anscheinend „fromm und gottesfürchtig“, weil er auf das Werben des Heiligen Geistes reagierte und sich für ihn öffnete. Das ist bis heute der Weg dazu. Wilfried Krause OKTOBER Morgens: Jesaja 32–33 Abends: Kolosser 1 SA 07.32 · SU 18.46 · KW 41 7 Montag Fällt euch Reichtum zu, so hängt euer Herz nicht daran. Psalm 62,11b Das ahnten wir doch schon immer: Fahrer von teuren Autos sind im Straßenverkehr rücksichtsloser. Sie verletzen die Verkehrsregeln häufiger als Fahrer von Mittelklassewagen. Außerdem lügen und täuschen Angehörige der Oberschicht eher als Mitglieder unterer Schichten. Das bestätigte eine wissenschaftliche Untersuchung der Universität Kalifornien. Beobachtet wurde dabei unter anderem an einer Kreuzung, an der die Vorfahrt mit Stopp-Schildern geregelt war, ob und welche Autos anderen die Vorfahrt nahmen. Das Ergebnis: Fahrer von teuren Wagen missachteten häufiger die Verkehrsregeln. Sie ignorierten auch Fußgänger an einem Zebrastreifen wesentlich öfter. Verschiedene Beobachtungen ließen die Wissenschaftler schlussfolgern, dass reiche Menschen eine positivere Einstellung zur Gier haben. Sie nehmen sich, was sie haben wollen, und verletzen dabei eher die gängigen Regeln. Warum sollte jemand, der es sich leisten kann, nicht ein großes, teures Auto fahren? Denn reich und teuer sind relative Begriffe. Für einen Afrikaner auf dem Land, der schon von einem Fahrrad nur träumen kann, ist bereits ein altes, verbeultes Auto ein Luxusgegenstand. Wir dagegen würden solch ein Fahrzeug eher als „Rostlaube“ bezeichnen. Deshalb ist der Begriff „Reichtum“ kein Synonym für hohe Geldsummen. Es geht in dem zitierten Bibeltext um etwas anderes. Die Aufforderung „hängt euer Herz nicht daran“ ist eine Anfrage an jeden von uns: Beherrschen mich die Dinge, die ich besitze – ganz gleich, ob es viele oder wenige sind? Oder kann ich sie auch loslassen? Wo bestimmte Dinge die Herrschaft angetreten haben, ist die Gier nicht weit: Ich möchte noch mehr davon! Dann besteht die Gefahr, die schützenden Grenzen, die uns Gott auch in der Bibel gegeben hat, zu verletzen. Gefahren lauern auf beiden Seiten. Das lesen wir schon in Sprüche 30,9: „Habe ich zu viel, so sage ich vielleicht: ‚Wozu brauche ich den HERRN? ‘ Habe ich zu wenig, so fange ich vielleicht an zu stehlen.“ (GNB) Es mag ja sein, dass Fahrer teurer Autos rücksichtsloser im Straßenverkehr sind. Dennoch besteht kein Grund, mit dem Finger auf Andere zu zeigen. Auch wer nur einen Kleinwagen fährt, kann sein Herz an Dinge hängen, die ihn auf einen falschen Weg führen. Holger Teubert OKTOBER Morgens: Jesaja 34–36 Abends: Kolosser 2 SA 07.34 · SU 18.44 · KW 41 8 Dienstag Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. Römer 8,28 Oftmals wird dieser Bibeltext dazu verwendet, Menschen über schwere Schicksalsschläge hinwegzutrösten: „Es dient ja alles zu deinem Besten!“ Doch mancher leidende Mensch fragt sich: Was soll an dem Leiden gut sein? Ist Leid nicht sinnlos? Das folgende Gleichnis kann uns eine Teilantwort geben. „Es war einmal ein weiser Mann. Der lebte in einem alten Haus inmitten eines großen Gartens. Eines Tages hörte der Mann eine Stimme: „Geh und sammle bei den Menschen die Stunden, die nicht sein sollten!“ Der Mann folgte der Stimme und ließ sich überall dorthin führen, wo es Stunden gab, die nicht sein sollten. Er sammelte Stunden, in denen Menschen ihr Liebstes verloren hatten. Er sammelte Stunden, in denen ein Mensch schlimme Schmerzen aushalten musste. Er sammelte Stunden ohne Trost, Stunden, in denen das Leben eine Last war, Stunden des Zorns, Stunden der Trauer und Stunden der Einsamkeit. Der Mann sammelte sie alle ein. Dann wanderte er zurück in seinen Garten und legte die Stunden wie Samen in die Erde. Da fiel der Regen auf die Erde, die Sonne gab ihr Licht und schließlich bedeckte der Schnee alles. Im nächsten Frühling wuchsen Blumen und Bäume, und die Menschen kamen und bestaunten alles. So einen schönen Garten hatten sie noch nie gesehen!“ Schwere Stunden, Schicksalsschläge und Leiden können in der Tat Früchte in unserem Leben hervorbringen, die wir vorher nicht erahnt hätten. Was könnte das bei mir sein? Ich bin durch Leiden milder, nachsichtiger und verständnisvoller geworden. Ich kann mich durch die eigenen schmerzlichen Erfahrungen besser in Andere einfühlen, kann mitleiden und sie besser trösten. Ich habe mich besser kennengelernt – meine Charaktereigenschaften, meine Tragfähigkeit und meine Belastungsgrenze. Und Gott? Wo ist er in all dem, das mir widerfährt? Eine genauere Übersetzung gibt unseren Andachtstext so wieder: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken.“ (EB) Gott schickt das Leiden nicht; es ist auch an sich nicht gut. Gott schaut auch nicht tatenlos zu, sondern kann aus all den leidvollen Erfahrungen noch etwas Gutes werden lassen. Er kann auf krummen Linien gerade schreiben. Roland E. Fischer OKTOBER Morgens: Jesaja 37–38 Abends: Kolosser 3 SA 07.36 · SU 18.42 · KW 41 9 Mittwoch Darum sollt ihr meine Satzungen halten und meine Rechte. Denn der Mensch, der sie tut, wird durch sie leben; ich bin der HERR. 3. Mose 18,5 Das Leben scheint aus einer endlosen Kette von Entscheidungen zu bestehen. Das beginnt mit den kleinen, alltäglichen Dingen wie: Was soll ich anziehen? Was werde ich essen? Mit welchen Terminen und Aktivitäten fülle ich den heutigen Tag? Kann ich mir leisten, eine Stunde schwimmen zu gehen? Oder: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen? Was geht vor, der berufliche Erfolg oder die persönliche Zufriedenheit? Karriere oder Familie? Allzu leicht verzettelt man sich, wenn man alles auf einmal zu erreichen versucht. Es stimmt eben: Man kann nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Zum Glück gibt es verschiedene Hilfsangebote, um im Leben die richtigen Prioritäten zu setzen. Der Blick in die Bibel liefert Antworten auf die Frage nach den Prioritäten des Lebens, nach seinem Sinn. Jesus Christus stellte die Menschen immer wieder vor diese Frage. Einmal sagte er: „Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? ... Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes …“ (Mt 6,31.33a) Und bei einer anderen Gelegenheit fragte er: „Was hat ein Mensch davon, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber zuletzt sein Leben verliert? Womit will er es dann zurückkaufen? “ (Mt 16,26 GNB) Richtschnur und Maßstab für ein in diesem Sinne gelingendes Leben sind in der Bibel die Gebote. Sie wollen uns helfen zu entscheiden, wie wir uns verhalten sollen, die Prioritäten richtig zu setzen, und zu verhindern, dass wir uns verzetteln und unseren Leitstern verlieren. Die alten Gebote der Bibel haben für viele Menschen der modernen Gesellschaft ihre Strahlkraft verloren. Dabei gäbe es im Blick auf die Bibel und ihre großen Ideale manches zu entdecken, das auch dem modernen Menschen in Zeiten von Burnout und Depressionen, von Mobbing am Arbeitsplatz und im Internet unendlich gut täte. Die Gebote sind nämlich nicht das Gängelband, mit dem Gott uns an der kurzen Leine halten möchte. Vielmehr steht hinter den Geboten ein Gott, der den Menschen zutraut, ihre Umgebung zum Guten hin zu verändern. Und in jedem Gebot steckt auch seine Zusage: „Der Mensch, der sie tut, wird durch sie leben!“ Beate Strobel OKTOBER Morgens: Jesaja 39–40 Abends: Kolosser 4 SA 07.37 · SU 18.40 · KW 41 10 Donnerstag [Hiob sagte:] „Ich wartete auf das Gute, und es kam das Böse; ich hoffte auf Licht, und es kam Finsternis.“ Hiob 30,26 Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Niemand, der Gutes getan hat, hat nicht Enttäuschungen erlebt.“ Es gibt wohl kaum jemanden, der vor Enttäuschungen verschont geblieben ist. Das Wort Enttäuschung hat zunächst eine positive Bedeutung, nämlich aus einer Täuschung herausgerissen zu werden. Andererseits besagt es, dass einer Erwartung nicht entsprochen wurde. Enttäuschungen können zu harten Anfechtungen werden. Nicht nur Hiob erlebte das, wie unser Andachtswort zeigt. Von Jesus wird berichtet, dass er weinen musste, weil sich die Bewohner Jerusalems der von ihm angebotenen Erlösung verschlossen hatten (Mt 23,37; Lk 19,41). Wenn wir enttäuscht werden, meinen wir oft, andere seien daran schuld. Meist geben wir uns selbst zu wenig Rechenschaft darüber, wie viele Enttäuschungen wir anderen bereitet haben. Wenn wir gute Vorsätze gefasst haben, erleben wir häufig nach einiger Zeit, dass wir wieder ins gleiche Fahrwasser zurückgefallen sind, und sind enttäuscht über uns selbst. Es gibt aber auch Enttäuschungen, die ihre Ursache in falschen Gottesvorstellungen haben. Wir meinen, Gott müsse uns vor Krankheiten und Leid bewahren, weil wir seine Weisungen bezüglich einer gesunden Lebensführung beachten. Einige Enttäuschungen könnten wir uns als Christen ersparen, wenn wir nicht einem Idealbild der Gemeinde huldigen würden. Eine vollkommene Gemeinde gab es weder in der Urchristenheit noch unter den frühen Adventisten. Enttäuschungen können für uns aber zu Brücken, ja sogar zum Segen werden. Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass wir Menschen nur durch den Erfolg vorwärtskommen. Thomas A. Edison, der Erfinder der Glühbirne, berichtete, dass er Hunderte Misserfolge erlebte, ehe er Erfolg hatte. Enttäuschungen aufgrund von Misserfolgen sollten uns zum Nachdenken bringen. Jede Enttäuschung ist das Loskommen von einer Täuschung, also ein Schritt hin zur Wahrheit. Nicht selten aber müssen wir Leiden in Kauf nehmen. Diese werden durch die Gewissheit erträglicher, „dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken“ (Röm 8,28 EB). Manfred Böttcher OKTOBER Morgens: Jesaja 41–42 Abends: 1. Thessalonicher 1 SA 07.39 · SU 18.37 · KW 41 11 Freitag Wie lange muss ich noch warten? Wann gehst du endlich mit denen ins Gericht, die es auf mich abgesehen haben? Psalm 119,84 (Hoffnung für alle) Es war nach dem 2. Weltkrieg im Sommer 1945: Wir wurden aus unserer Heimat Schlesien vertrieben und landeten in der Mark Brandenburg. Unser Vater, im Krieg Soldat, war wahrscheinlich in Gefangenschaft geraten. Werden wir etwas von ihm hören? Werden wir ihn wiedersehen? Wenn ja, wann? Wie lange werden wir warten müssen? Monate später erreichte uns seine erste Post: eine vorgedruckte Karte aus einem polnischen Kriegsgefangenenlager. Das machte uns Hoffnung, aber die Frage blieb: Wie lange noch? Nach vier Jahren kam er endlich in die neue Heimat. Die alte Heimat mit allem, was er in den Jahren davor erworben hatte, war dahin. Und er erzählte, dass er in Gefangenschaft in besonderer Weise an die Juden denken musste, die nach Babel verschleppt wurden und auch die Frage stellten: „Herr, wie lange noch? “ Auch uns bewegt ja diese Frage wie schon Johann Sebastian Bach (1685–1750): „Liebster Herr Jesu, wo bleibst du so lange? Komm doch, mir wird hier auf Erden so bange. Komm doch, und wenn es dir also gefällt, nimm mich aus dieser so angstvollen Welt.“ Das hat sicher auch die Jünger von Jesus bewegt. Seine Antwort lautete: „Niemand weiß, wann das Ende kommen wird, weder die Engel im Himmel noch der Sohn. Den Tag und die Stunde kennt nur der Vater.“ (Mk 13,32 Hfa) Wir sollten uns nicht auf Spekulationen über den Zeitpunkt der Wiederkunft von Jesus einlassen, sondern vielmehr das tun, was wir können: Gottes Liebe erwidern, sie in Wort und Tat weitergeben und die Erlösung durch Jesus bezeugen. Gott erwartet von uns ein offenes Herz, das auf seine Liebe mit fröhlichem Vertrauen antwortet. Das kann sich in vielem äußern: dem Andern vergeben, statt unsern Ärger an ihm auszulassen; den Andern segnen, statt zu fluchen; einander umarmen, statt einander auf die Nerven zu gehen; Andere loben, statt sie schlecht zu machen … Gott erwartet von uns nicht eine lückenlose Theologie, sondern dass wir seinen Willen tun und unseren Nächsten so lieben wie uns selbst. Während wir warten, sollen wir beten: „Dein Reich komme“ (Mt 6,10a), und für die Aufrichtung der Herrschaft Christi im Leben vieler Menschen heute wirken. Heinz Weigmann OKTOBER Morgens: Jesaja 43–44 Abends: 1. Thessalonicher 2 SA 07.41 · SU 18.35 · KW 41 12 Sabbat In sechs Tagen hat der HERR Himmel, Erde und Meer mit allem, was lebt, geschaffen. Am siebten Tag aber ruhte er. 2. Mose 20,11 (Gute Nachricht Bibel) Heute ist wieder Sabbat – wie jede Woche einmal. Ein Tag wie jeder andere Wochentag? Gewiss nicht, sonst hätte der Herausgeber dieser Andachten diesen Tag nicht rot hervorgehoben. Der Sabbat fällt aus dem Rahmen. Er ist mehr als ein gewöhnlicher Tag. Am Sabbat lädt Gott uns ein, alle Arbeit beiseite zu lassen, um mit ihm Gemeinschaft zu pflegen und auch über Dinge nachzudenken, die für unsere Zukunft entscheidend sind. Eine dieser Fragen lautet: Kommt es darauf an, dem Leben mehr Tage, oder den Tagen mehr Leben hinzuzufügen? Wie oft hören wir ältere Menschen sagen: „Wo sind die Jahre bloß geblieben? “! Manchmal spüren wir so etwas wie Traurigkeit im Unterton, als suchten sie nach Antworten auf unausgesprochene Fragen wie: Welche Chancen habe ich verpasst? Welchen Traum würde ich gern noch verwirkli- chen? Gab es Schicksalsschläge, die mich in meiner Lebensplanung gelähmt haben? Hat mir der Mut gefehlt, meinem Leben eine andere Richtung zu geben? In Gottes ewig gültigen Ordnungen, den Zehn Geboten, beginnt das vierte mit der Aufforderung: „Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest.“ (2 Mo 20,8) „Gedenken“ meint mehr, als diesen Tag nur besonders vorzubereiten oder einen Gottesdienst zu besuchen. Mit dem Angebot, einen ganzen Tag von der Arbeit zu ruhen, bietet uns Gott so etwas wie einen Ausweg aus dem Hamsterrad der Hektik und Betriebsamkeit, eine Chance, aus der Herrschaft des Materiellen auszubrechen, einen Anker in der Zeit. Der Segen, den Gott uns durch diesen Tag vermitteln will, verleiht unserem Leben nicht mehr Länge, sondern mehr Tiefe; er erhöht nicht die Quantität, sondern die Qualität des Lebens, weil er uns (unter vielem anderen) mit Herzensfrieden erfüllt. Wir bekommen einen festen Bezug zu Gott, der die Quelle der Zuversicht, Zufriedenheit und Hoffnung ist. Am Sabbat über unser Leben nachdenken – wa-rum nicht? Weil Christus, der Herr des Sabbats (Mk 2,28), unser Schöpfer und Erlöser ist, wird uns dieses Nachdenken nicht depressiv stimmen, sondern mit der Freude über seine Erlösung und der Hoffnung auf ewiges Leben auf der neuen Erde anstecken. Ralf R. Eigenbrodt OKTOBER Morgens: Jesaja 45–46 Abends: 1. Thessalonicher 3 SA 07.42 · SU 18.33 · KW 42 13 Sonntag „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit allem Denken.“ Matthäus 22,37 (Albrecht-Übersetzung) Ein Sprichwort behauptet: „Man ist nicht, was man zu sein denkt, sondern man ist, was man denkt.“ Das bedeutet: Jeder Tat geht ein entsprechender Gedanke voraus. Jesus wies darauf hin, dass unsere Gedanken aus unserem Herzen kommen (Mt 15,19). In der Bibel ist „Herz“ das Zentrum von Denken, Fühlen und Wollen. Darum schließt Gott mit ganzem Herzen zu lieben ein, ihn auch mit unserem Denken zu lieben. Manfred Lütz, Psychotherapeut, Arzt und Theologe, berichtet in seinem Buch GOTT: Eine kleine Geschichte des Größten, die Hirnforschung habe „enthüllt, dass das Gehirn … sich im Laufe des Lebens je nach den Eindrücken, die es empfängt, und den Tätigkeiten, die es steuert, entwickelt. Das hat große Vorteile, da die Gehirnregionen, die man weniger braucht, im Laufe der Zeit immer kleiner werden und diejenigen Hirnteile, die man verstärkt nutzt, sich vergrößern. So wird die Region, die für die Bewegung des kleinen Fingers der linken Hand zuständig ist, bei Geigenspielern mit der Zeit immer größer, so dass sie schließlich um ein Mehrfaches umfangreicher ist als bei ‚normalen‘ Menschen. Es ist also nicht so, dass Menschen, die eine große Gehirnregion für den linken kleinen Finger reserviert haben, Geigenspieler werden, sondern im Wesentlichen umgekehrt … Das Gehirn entwickelt im Laufe des Lebens sozusagen bestimmte Trampelpfade, die es dann immer wieder benutzen kann.“ (S. 78f.) Womit wir uns intensiv beschäftigen, welche Bilder wir auf uns einwirken lassen, welche Bücher wir lesen, mit welchen Menschen wir Gemeinschaft pflegen, das alles erweitert verschiedene Gehirnregionen und lässt andere schrumpfen. Weil unsere Gedanken die Quelle alles Guten und Bösen sind, werden wir „von Gott durch Veränderung“ unserer „Denkweise in neue Menschen“ verwandelt, wie Paulus schrieb (Röm 12,2b NLB). „Für seine Gedanken wird niemand bestraft“, erklärte das Römische Recht. Das stimmt nur hinsichtlich der weltlichen Gerichtsbarkeit; wir bestrafen uns nämlich selbst, wenn wir dem Bösen in unserem Denken Raum geben und die Verbindung zu unserem Erlöser schwächen. Darum: „Richtet eure Gedanken auf das … was rein, liebenswert und ansprechend ist, auf alles, was Tugend heißt und Lob verdient.“ (Phil 4,8 GNB) Joachim Hildebrandt OKTOBER Morgens: Jesaja 47–49 Abends: 1. Thessalonicher 4 SA 07.44 · SU 18.31 · KW 42 14 Montag Denn der HERR war mit Joseph, und was er tat, dazu gab der HERR Glück. 1. Mose 39,23b Ich kann mich noch sehr genau an den schweren Autounfall erinnern, bei dem ich schwer verletzt wurde. Ein betrunkener Autofahrer hatte mich, als ich 20 Jahre alt war, an einer Kreuzung im wahrsten Sinne des Wortes über den Haufen gefahren und mich samt Auto (das völlig demoliert wurde) in eine Baugrube geschoben. Wie durch ein Wunder überlebte ich den Unfall schwer verletzt. Die Ärzte versorgten mich, so gut es ging und meine Mutter wachte an meinem Bett. Nach drei Wochen wurde ich entlassen und konnte ohne Unterbrechung mein Studium fortsetzen. Ich habe einige innere Vernarbungen davongetragen, die mich heute nur noch minimal behindern. Bei diesem Unfall kann man sicherlich von Glück sprechen, dass ich ihn überlebt habe. Ich bin allerdings der festen Überzeugung, dass bei dem Unglück Gott seine Hand schützend über mich gehalten hat, wie er auch die Hand über Josef hielt, als der durch Höhen und Tiefen ging. Wenn wir uns Glück wünschen, dann denken wir vielleicht an einen Sechser im Lotto, und meinen, alle Probleme wären damit gelöst. Sind bei diesem Glück dann auch wirklich alle glücklich? Sind damit alle Probleme gelöst? Oder denken wir an die vielen Schauspieler, Musiker oder berühmte Personen, die zwar viel Geld haben, aber keinesfalls glücklich sind. Wir brauchen nur eine Tageszeitung oder Illustrierte aufzuschlagen und schon lesen wir von deren Scheidungen, Abhängigkeiten usw. Woran liegt es, dass wir Menschen oft nicht glücklich sind, obwohl wir „Glück haben“? Zu dem, was Josef tat, „gab der HERR Glück“. Gott wünscht sich für jeden, der wie Josef mit ihm lebt, ein erfülltes und segensreiches Leben trotz Leid. Nach einer langen „Durstphase“ erlebte Josef, wie Gott sich zu ihm bekannte und ihm letztendlich ein glückliches und für Andere segensreiches Leben ermöglichte. Auch Jesus erlebte sehr schwere Stunden während seiner Zeit unter uns Menschen. Dennoch war er (laut Dorothee Sölle) „der glücklichste Mensch, der je gelebt hat“, weil er mit seinem Vater innig verbunden lebte und die Rettung der Menschen vollbrachte. Durch ihn fanden und finden Millionen ein glückliches, erfülltes und sogar das ewige Leben! Johannes Weigmann OKTOBER Morgens: Jesaja 50–52 Abends: 1. Thessalonicher 5 SA 07.46 · SU 18.29 · KW 42 15 Dienstag Als [Laban] den Stirnreif und die Armreifen an den Händen seiner Schwester gesehen hatte und die Worte Rebekkas, seiner Schwester, gehört hatte: „So hat mir der Mann gesagt“, da kam er zu dem Mann, und siehe, er stand bei den Kamelen am Brunnen. 1. Mose 24,30 Es glänzte so golden in der Sonne. Da war doch etwas an der Schwester, was sie vor wenigen Stunden noch nicht trug. Und was Rebekka erzählte, klang fast wie ein Märchen. Laban hatte das Gespür für gewinnbringende Geschäfte. Rasch lud er den Gast ein und versorgte ihn fürstlich. Bevor der Besucher wieder auf brach, ließ er reichlich wertvolle Geschenke da. Laban hatte sich nicht getäuscht. Auch in seinem weiteren Leben hielt Laban immer wieder nach lohnenden Geschäften Ausschau. Dabei machte er sich um die Fragen der Moral wenig Gedanken. Darum fiel es ihm nicht schwer, selbst seinen Neffen Jakob kräftig auszunutzen und übers Ohr zu hauen. Doch dann verlor er an einem Tag seine beiden Töchter und elf Enkelkinder. „Haben wir ihm doch gegolten wie die Fremden, denn er hat uns verkauft und unseren Kaufpreis verzehrt“ – so redeten die Töchter über ihren Vater (1 Mo 31,15). Worauf richtest du deinen Blick? Welche Gedanken bewegen dich, wenn Geld und Gold in deine Reichweite gelangen? Auch Gläubige sind in der Gefahr, ihre Gesinnung und ihre Ziele auf dem Altar des Materialismus zu opfern. Jeden Tag wird uns suggeriert, dass Besitz und Wohlstand die Quellen wahren Glückes und echter Freude sind. Dabei ist es dieser Irrglaube, der täglich unseren Planeten ruiniert – und auch jene, die dieser Denkweise Glauben schenken. Ganz anders als Laban war seine Schwester Rebekka. Aus tief im Herzen verwurzelter Freundlichkeit heraus hatte sie für den Diener Abrahams und dessen Kamele das viele Wasser aus dem tiefen Brunnen geschöpft. Nicht ein Gedanke an Lohn war der Antrieb ihres Handelns gewesen. So ein junges Mädchen konnte Gott gebrauchen: Sie wurde Isaaks Frau und später eine der Stammmütter unseres Erlösers Jesus Christus. Solltest du heute ein Superangebot, ein besonderes Geschäft präsentiert bekommen, so werde still und frage dich, ob es sich wirklich lohnt. Was unser Leben froh und glücklich macht, ist nicht das Ergebnis unserer Geschäftigkeit, sondern das sind Gottes Geschenke an uns. Albrecht Förster OKTOBER Morgens: Jesaja 53–55 Abends: 2. Thessalonicher 1 SA 07.48 · SU 18.27 · KW 42 16 Mittwoch Wenn ein Hausvater wüsste, zu in der Nacht der Dieb kommt, wachen und nicht in sein Haus sen. welcher Stunde so würde er ja einbrechen lasMatthäus 24,43 Am 22. Mai 2008 bekam Robert Salisbury auf der Arbeit einen Anruf. Eine Dame wollte sein Pferd haben. Er wäre ja umgezogen und bräuchte seine alten Sachen nicht mehr. So hätte sie es in einer Internet-Anzeige gelesen. Robert war entsetzt. „Nein, ich bin nicht umgezogen! Und ich will auch nichts verschenken!“ Alarmiert sprang er in sein Auto und raste nach Hause. Dort tummelten sich 30 Leute, die gerade sein Hab und Gut in Kisten packten. Auf seine Vorhaltungen zeigten sie ihm die Internet-Anzeige. Er musste die Polizei rufen. Jesus ermahnte seine Nachfolger zur Wachsamkeit und gebrauchte dabei das Bild des Hausvaters, der vom Einbruch eines Diebes nicht überrascht werden möchte. Wer wach ist, den trifft die Wiederkunft von Christus nicht unvorbereitet. Auch in unserem jetzigen Leben heißt es: Wach sein, Augen aufmachen! Die modernen Medien stoßen uns viele Fenster auf; sie erweitern unseren Horizont. Über Internet, Fernsehen und die sozialen Netzwerke können wir am Leben vieler Menschen teilhaben. Das ist eine große Bereicherung; gleichzeitig öffnet der Datenaustausch aber auch gefährliche Türen. Wir werden immer stärker zum gläsernen Menschen. Je stärker wir uns dem Einfluss der Medien aussetzen, umso mehr werden wir von ihnen geprägt. Wir merken vielleicht gar nicht, dass uns biblische Prinzipien wie Ehrlichkeit, Treue, Respekt vor dem Mitmenschen schon weitgehend gestohlen worden sind. An jedem Tag sieht der Fernsehzuschauer, wie Ehepartner sich betrügen, Freunde sich verraten und wie aus Geldgier geschachert, ja sogar gemordet wird. Zucken wir bei einer frechen oder bösartigen Antwort zusammen? Wo bleibt unsere Empörung, wenn die Würde der Frau zu Boden getrampelt wird, weil sie zum reinen Sexobjekt degradiert wird? Drückt es uns den Hals zu, wenn Männer als schlaffe Versager dargestellt werden? Regt es uns auf, wenn Freunde sich gegenseitig beschimpfen? Wenn sie fluchen oder Gott verspotten? Oder haben wir uns daran gewöhnt? Auch hier ist unsere Wachsamkeit gefragt! Lassen wir uns von den Medien nicht ausplündern! Nicht nur unsere persönlichen Daten sind gefährdet, sondern auch das, was uns wertvoll und heilig ist! Sylvia Renz OKTOBER Morgens: Jesaja 56–58 Abends: 2. Thessalonicher 2 SA 07.49 · SU 18.25 · KW 42 17 Donnerstag „Lieber Gajus! Ich hoffe, dass es dir gut geht und du an Leib und Seele so gesund bist wie in deinem Glauben.“ 3. Johannes 2 (Hoffnung für alle) „Hauptsache gesund!“ das hören wir oft. Und auch wir selbst wünschen uns Gesundheit und beten darum. Doch wer ist wirklich gesund und was bedeutet Gesundheit überhaupt? Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) versteht darunter den „Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens“. Ist das zu hoch gegriffen? Wer kann das von sich sagen? Ärzte sind bescheidener; sie erklären Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit. Was aber ist unter Krankheit zu verstehen? Beginnt der körperliche Verschleiß nicht schon sehr früh? Eine dritte, sehr nachdenkenswerte Definition formulierte die Schweizer Philosophin Jeanne Hersch (1910 –2000) so: „Gesundheit ist die Fähigkeit, mit Krankheit, Behinderungen und Schädigungen leben zu können.“ Es gibt Menschen mit schweren Behinderungen, die dennoch – ganz in diesem Sinne – gesünder sind als mancher bodygestylte Muskelprotz. Ein herausragendes biblisches Beispiel ist der Apostel Paulus. Wir wissen nicht genau, woran er litt, aber es muss ihn gequält haben, denn er sprach von einem „Stachel im Fleisch“, der ihn – so schlussfolgerte er schließlich nach der Enttäuschung über die Nichterhörung seiner Gebete um Heilung – vor Überheblichkeit bewahren sollte (2 Kor 12,7 GNB). So wichtig eine gesunde Lebensweise (Ernährung, Bewegung, Entspannung) auch ist: Die eigentliche, tiefere Gesundheit kommt von innen; sie ist ein Geschenk Gottes. Als junger Pastor habe ich sehr viel Kraft an Krankenbetten empfangen, obwohl ich doch zum Trösten hingegangen war. Diese Erfahrungen haben mich tief bewegt. Johannes wünschte seinem Glaubensbruder Gajus Gesundheit „in jeder Hinsicht“ (NLB) bzw. „an Leib und Seele“ (Hfa). So wünschen wir das auch untereinander. Der Apostel wusste: Entscheidend ist das innere Leben. Letztlich sind wir erst dann wirklich gesund, wenn wir Frieden mit Gott gefunden haben! Dieter Leutert Wenn Friede mit Gott meine Seele durchdringt, ob Stürme auch drohen von fern, mein Herze im Glauben doch allezeit singt: Mir ist wohl, mir ist wohl in dem Herrn! (Wir loben Gott, Nr. 244,1) OKTOBER Morgens: Jesaja 59–61 Abends: 2. Thessalonicher 3 SA 07.51 · SU 18.23 · KW 42 18 Freitag In der Gemeinde von Antiochia gab es eine Reihe von Propheten und Lehrern; es waren Barnabas, Simeon … Manaën, der zusammen mit dem Fürsten Herodes erzogen worden war, und Saulus. Apostelgeschichte 13,1 (Gute Nachricht Bibel) In diesem Bibeltext werden die Namen einiger Personen genannt. Bei zwei von ihnen besteht eine besondere Verbindung, weil sie zusammen aufgewachsen waren, wie Lukas erwähnte. Der eine ist uns eher unbekannt, der zweite ist berühmt geworden. Der erste hieß Manaën und war später ein Lehrer in der ersten Christengemeinde in Antiochia. Er hatte Jesus Christus näher kennengelernt und ihn als seinen Erlöser und Herrn angenommen. Manaën stellte sein Leben und seine Gaben Gott zur Verfügung, und so wurde er zu einem Werkzeug des Segens für die damals noch junge Gemeinde in Antiochia. Der zweite war der Fürst Herodes Antipas. Auch er lernte Jesus Christus persönlich kennen. Lukas berichtete: „Herodes freute sich sehr, Jesus kennenzulernen. Er hatte schon viel von ihm gehört und immer gehofft, einmal Zeuge eines seiner Wunder zu werden. Er stellte Jesus eine Frage nach der anderen, aber Jesus gab keine Antwort.“ (Lk 23,8–9 NLB) Die Neugier des Herodes schlug um in Hass. Er und seine Soldaten zeigten Jesus offen ihre Verachtung. Er trieb seinen Spott mit Jesus, ließ ihm ein Prunkgewand umhängen und schickte ihn zu Pilatus zurück. „An diesem Tag wurden Herodes und Pilatus, die bis dahin verfeindet gewesen waren, Freunde.“ (V. 11–12 NLB) Ein Freund Jesu zu werden, hat er abgelehnt. Welchen Wert hat der Sohn Gottes für uns? Gleichen wir einem Manaën oder einem Herodes? Der eine wurde zum Segen für andere Christen, der andere verachtete den, der ihn allein vor dem kommenden Gericht hätte retten können. Sich für oder gegen Jesus entscheiden – vor dieser Wahl steht auch heute noch jeder Mensch. Wer sich für Jesus Christus entscheidet, wählt das Leben, denn er ist „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Erlösung ist nur durch Jesus möglich. Er, der geschmäht und verachtet wurde und schließlich für unsere Sünden am Kreuz auf Golgatha gestorben ist, will uns erlösen. Nehmen wir ihn doch als unseren persönlichen Erlöser an und wir werden leben – für immer! Klaus Schulz OKTOBER Morgens: Jesaja 62–64 Abends: 1. Timotheus 1 SA 07.53 · SU 18.20 · KW 42 19 Sabbat Es war dir mein Gebein nicht verborgen, als ich im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet wurde unten in der Erde. Psalm 139,15 Auf den ersten Blick mutet es fremdartig an, dass David dichtete, er sei „unten in der Erde“ gebildet worden. Weiß er denn nicht, dass er ein Embryo im Mutterleib war und als Baby geboren wurde? Sicher, denn zwei Verse zuvor heißt es: „Im Leib meiner Mutter hast du mich gebildet.“ David wusste nicht nur, dass Menschen gezeugt und geboren werden, sondern er glaubte auch, dass dahinter Gottes Handeln steht. Dabei sah er Zeugung, Geburt und Wachstum nicht nur allgemein als Teil der Schöpfung Gottes. „Du hast mich im Mutterleib geformt“, schrieb David. Dass es ihn als Menschen gab, begriff er als Idee und Tat Gottes. Selbst als noch niemand die Schwangerschaft seiner Mutter bemerkte, hatte Gott ihn schon im Blick, weil Gott wollte, dass er lebt. Warum sagte er: „Ich wurde kunstvoll gebildet tief unten auf Erden“? David kannte die Schöpfungsgeschichte. Dort wird erzählt, dass Gott den ersten Menschen aus Erde formte und ihm den „Lebensatem“ einhauchte, sodass er „ein lebendiges Wesen“ wurde (1 Mo 2,7 GNB). David erkannte daraus nicht nur, wie unglaublich kunstvoll der Mensch gemacht ist, sondern er glaubte auch, dass Gott bei der Erschaffung Adams ihn bereits im Auge hatte. David nahm die Schöpfung persönlich. Der Schöpfungsbericht war für ihn nicht einfach eine Auskunft über den Anfang der Menschheit, sondern hatte ganz persönliche Bedeutung für sein Leben. So wie nicht bezweifelt werden kann, dass Gott Adam wollte, als er ihn schuf, so unzweifelhaft war es für David auch, dass Gott ihn genau so gewollt hatte. Darf ich das so auch für mein Leben glauben? „Schon bevor er die Welt erschuf, hat er uns vor Augen gehabt“, lesen wir im Neuen Testament (Eph 1,4 GNB). Damit werden wir eingeladen, die Schöpfung und Erlösung durch Jesus Christus genauso persönlich zu nehmen, wie es David tat. Und nicht nur das: „Aus Liebe hat er uns dazu bestimmt, seine Söhne und Töchter zu werden.“ (Eph 1,5 GNB) Welche Freude und Lebensgewissheit entsteht, wenn diese Zusagen Gottes persönlich geglaubt werden, spüre ich in den Worten des Apostels Johannes: „Seht doch, wie sehr uns der Vater geliebt hat! Seine Liebe ist so groß, dass er uns seine Kinder nennt. Und wir sind es wirklich: Gottes Kinder!“ (1 Joh 3,1 GNB) Lothar Wilhelm OKTOBER Morgens: Jesaja 65–66 Abends: 1. Timotheus 2 SA 07.54 · SU 18.18 · KW 43 20 Sonntag David sprach zu [Mephiboschet]: Fürchte dich nicht, denn ich will Barmherzigkeit an dir tun um deines Vaters Jonatan willen und ich will dir alle Felder deines Vaters Saul zurückgeben; du aber sollst täglich an meinem Tisch essen. 2. Samuel 9,7 Ich hatte eine schöne Kindheit. Gern denke ich an mein Elternhaus zurück, in dem ich Liebe und Geborgenheit erfuhr; an meine Freunde und die gemeinsamen Spiele. Solch eine behütete Kindheit erlebt nicht jeder. Mephiboschet erging es völlig anders. Zwar wa-ren die ersten fünf Jahre seines Lebens glücklich, doch dann kam die Katastrophe. Ein einziger Tag veränderte alles: Sein Großvater Saul und sein Vater Jonatan wurden von Feinden getötet; er fiel auf der Flucht seiner Amme aus den Armen und war fortan an beiden Füßen gelähmt (2 Sam 4,4). Seine Lebensqualität war auf dem Tiefpunkt angekommen. Sein neues Zuhause wurde LoDabar genannt, das heißt: wortlos, sprachlos (2 Sam 9,4). Vielleicht deutet es darauf hin, dass sein Leben fortan von Sprachlosigkeit geprägt war. Sprachlosigkeit gibt es vielfach auch heute: in Ehen und Familien, in Anfechtung, Not und Glaubenskrisen. Wie schwer müssen solche Situationen zu ertragen sein! Man fühlt sich nicht mehr verstanden; man führt sein Leben vereinsamt, quasi im Schatten. Dann aber erlebte Mephiboschet etwas Unerhörtes. König David trat in sein Leben: „Ich will Barmherzigkeit an dir tun …“ Dem Gemiedenen galt die Zusage der Barmherzigkeit. Das war zu viel des Guten; er hatte sich schließlich mit einem Leben im Schatten arrangiert. Die Botschaft von der Barmherzigkeit musste ihn geradezu „geschüttelt“ haben. Er erlebte noch einmal eine Lebenskrise, dieses Mal durch etwas unerwartet Wunderbares, die kaum fassbare Güte des Königs. Er erfuhr eine Erschütterung durch die ihm erwiesene Barmherzigkeit. Mit einem Leben im Schatten hatte er sich abgefunden; nun erlebte er die Lebenswende aufgrund erfahrener Barmherzigkeit, Güte und Liebe. Es macht Freude, von dem neuen Leben des Mephiboschet zu lesen. Endlich war er wieder zu Hause in Jerusalem und sogar am Tisch des Königs. Er genoss diese tägliche Tischgemeinschaft; die Sprachlosigkeit war Vergangenheit. Und was er zum Leben brauchte, lag für ihn bereit; es gab Nahrung, Zuwendung, Gemeinschaft. Barmherzigkeit hatte ihn und sein Leben neu gemacht. Wir können die grenzenlose Barmherzigkeit Gottes in Jesus Christus erfahren, die unser Leben neu macht (siehe Tit 3,4– 6). Hartwig Lüpke OKTOBER Morgens: Jeremia 1–2 Abends: 1. Timotheus 3 SA 07.56 · SU 18.16 · KW 43 21 Montag Der Herr antwortet: „Weil den Hilflosen Gewalt angetan wird und die Armen leiden, will ich eingreifen, um sie zu retten, ich will denen helfen, die sich danach sehnen!“ Psalm 12,6 (Neues Leben Bibel) Im Hallenschwimmbad entspanne ich mich am liebsten. Nachdem ich eine halbe Stunde das Wasser genossen habe, kann ich wunderbar auf einer Liege ausruhen. Und das besonders beim wohltuenden Lärm und Gejohle der Kinder, wenn sie sich bespritzen oder sich auf der Wasserrutsche austoben. Das gibt mir ein Gefühl der Harmonie. Die Kinder spielen, freuen sich, sind ausgelassen. Die Welt scheint in Ordnung zu sein. Szenenwechsel. In einer Ausgabe der Zeitschrift Cicero (Juni 2011) las ich von Kinderarbeit in Bang-ladesch. 158 Millionen Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren müssen unter schwersten Bedingungen ohne Arbeitsschutz in Fabriken und Steinbrüchen arbeiten. Viele erhalten keinen Lohn; sie werden als Sklaven ausgebeutet. Ich lese von Kindersoldaten, von Kinderprostituierten und von Kindesmissbrauch. Es ist schlecht bestellt um die Kinder in unserer Welt. Wer kann das aushalten? Wo ist die Gerechtigkeit, wenn die Seele dieser Kleinen zerstört wird? Wie lange noch wird es diese Zustände geben? Viele Fragen und wenige Antworten. Wir sehnen uns nach Heilung – und werden sie doch nicht finden auf dieser Welt. Gott hilft den Hilflosen, denen, die Unrecht leiden, und denen, die sich nicht wehren können. Das ist die Botschaft unseres Psalmtextes. Der Glaube an die Gerechtigkeit Gottes scheint die einzige Möglichkeit, die Ungerechtigkeit ertragen zu können. Wir wissen nicht, wann und wie Gott sie schaffen wird, aber er macht es wahr – spätestens in seinem Gericht. Schon dem Philosophen Voltaire (1694–1778) war klar, dass dieses Leben die Antworten nicht hat: „Einzig die Hoffnung auf ein anderes Leben hält uns davon ab, an diesem zu verzweifeln.“ (Zitiert in Susan Neiman, Das Böse denken, S. 213) Gott gibt seinen Leuten Mut und Hoffnung. Jesus bekräftigt das in der Bergpredigt: „Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.“ (Mt 5,4) Ich sehne mich danach, dass die traurigen, missbrauchten und leidenden Kinder wieder lachen können. Ich freue mich auf den Tag, wenn sie unbeschwert spielen, ausgelassen toben und mit viel Radau das Wasserrutschen genießen. Gott wird’s tun. „Ich will eingreifen, um sie zu retten“, sagt er. Daran glaube ich ganz fest. Roland Nickel OKTOBER Morgens: Jeremia 3–5 Abends: 1. Timotheus 4 SA 07.58 · SU 18.14 · KW 43 22 Dienstag Ein Mann aus vornehmer Familie reiste in ein fernes Land, um sich dort zum König über sein eigenes Land einsetzen zu lassen und dann zurückzukehren. Vor der Abreise rief er zehn seiner Diener zu sich und gab ihnen Geld, jedem ein Pfund. „Arbeitet damit, bis ich wiederkomme!“, sagte er. Lukas 19,12–13 (Neue Genfer Übersetzung) Harold Camping ist ein frommer Mann, der viel in der Bibel liest. Dabei entdeckte der Amerikaner, dass manche Prophezeiungen eine Zeitangabe enthalten, die man entschlüsseln kann. Er berechnete schließlich ein Datum für die Entrückung der Gläubigen in den Himmel. Daraufhin gründete er ein Radiomissionswerk und hielt unzählige Predigten, um die Menschen zur Bekehrung aufzurufen. Viele glaubten ihm, gaben ihre Arbeitsstellen auf, verkauften ihre Häuser und spendeten den Erlös seiner Evangelisationskampagne. Schließlich kam der ersehnte Tag – der 6. September 1994 – aber nichts geschah. Doch Harold Camping ließ nicht locker, und setzte weitere Daten fest – zuletzt den 21. Oktober 2011. Später räumte er zerknirscht ein, dass er sich in allem geirrt hatte. Ein anderer Prediger namens William Miller berechnete etwa 190 Jahre zuvor die Wiederkunft von Jesus auf das Jahr 1843. Auch er begann zu predigen, und viele glaubten an die baldige Wiederkunft. Samuel Snow präzisierte dann seine Berechnungen auf den 22. Oktober 1844. Viele gaben ihr bisheriges Leben auf. Als an dem Tag Christus nicht wiederkam, brach die Millerbewegung auseinander. Glücklicherweise gab es einige Gläubige, die nach dieser „großen Enttäuschung“ noch genauer in der Bibel forschten. Sie entdeckten, dass die Vorhersage in Daniel 8,14 ein Ereignis im Himmel meint und nicht die Wiederkunft, die man laut Jesus nicht berechnen kann (Mt 24,36). Sie erkannten, dass der Auftrag, von dem im obigen Gleichnis von dem anvertrauten Silbergeld die Rede ist, die beste Möglichkeit ist, die Zeit bis dahin zu nutzen. Wir sind die Diener, denen der Herr Fähigkeiten, Mittel, Ideen und Kraft anvertraut hat. Damit sollen wir arbeiten, um in dieser Welt Menschen für Christus zu gewinnen und praktische Nächstenliebe zu üben. Die aus der Millerbewegung entstandene Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten hat enorme missionarische und soziale Aktivitäten entfaltet und dadurch Millionen Menschen zu Christus geführt. Jeder Gläubige ist eingeladen, in seinem Umfeld die Liebe Christi weiterzugeben – mit allem, was ihm von Gott anvertraut wurde. Thomas Lobitz OKTOBER Morgens: Jeremia 6–8 Abends: 1. Timotheus 5 SA 07.59 · SU 18.12 · KW 43 23 Mittwoch Der Heilige Geist hilft uns in unserer Schwäche. Denn wir wissen ja nicht einmal, worum oder wie wir beten sollen. Doch der Heilige Geist betet für uns mit einem Seufzen, das sich nicht in Worte fassen lässt. Römer 8,26 (Neues Leben Bibel) Vor Jahren bat mich eine Freundin, ihr doch einmal ein Gebet aufzuschreiben, so wie ich immer beten würde. Sie war es nicht gewöhnt, frei zu beten. Bis dahin wusste ich nicht, wie schwer es manchen Menschen fällt, ein Gebet mit eigenen Worten zu formulieren, selbst wenn sie ganz allein sind und niemand zuhört. Der Gedanke, vor Gott müsse alles perfekt, wohl überlegt und gut formuliert sein, hindert sie, ein persönliches Gebet zu sprechen. Aber wer Gott als liebenden himmlischen Vater kennt, weiß, dass er dies nicht erwartet. Er bietet uns an: „Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten und du sollst mich preisen.“ (Ps 50,15) Diese Bibeltextangabe (50-15) wurde mir schon als Kind als „Telefonnummer“ Gottes vermittelt. Gott sagt uns: Ich bin immer für dich da; du kannst Tag und Nacht zu mir kommen, ohne Voranmel- dung und Vermittlung. Formulierungen sind dabei nicht wichtig; was das Herz sagt, das zählt. Und das Beruhigende ist, dass der Heilige Geist unsere Herzensanliegen versteht und zum Vater bringt. Selbst einen Seufzer übersetzt er. Ich bete gerne. Meistens finde ich auch Worte für meine Anliegen; aber manchmal fehlen sie mir auch, besonders, wenn ich Gott anbeten möchte. Dann singe ich einfach ein Anbetungslied. Gelegentlich bin ich abends auch zu müde, um nach Worten zu suchen. Dann bete ich ein altes Kinderlied: „Müde bin ich, geh zur Ruh, schließe beide Augen zu; Vater lass die Augen dein über meinem Bette sein. Hab ich Unrecht heut getan, sieh es, lieber Gott, nicht an. Deine Gnad und Jesu Blut macht ja allen Schaden gut. Alle, die mir sind verwandt, Gott lass ruh’n in deiner Hand. Alle Menschen, groß und klein, sollen dir befohlen sein.“ Dies genau sind auch Herzensgedanken von mir. Beim Beten kommt ein Kind zum Vater. Ob mit eigenen Worten, einem Lied, einem Gedicht oder auch ohne Worte: nichts ist verkehrt. Wichtig ist, dass wir überhaupt zu ihm gehen. Marli Weigt Vater, ich komme jetzt zu dir, als dein Kind lauf ich in deine Arme. Ich bin geborgen, du stehst zu mir, lieber Vater. Vater, bei dir bin ich zu Hause, Vater bei dir berge ich mich. Vater, bei dir finde ich Ruhe, o mein Vater, ich liebe dich. (Daniel Jakobi, Leben aus der Quelle, Nr. 118) OKTOBER Morgens: Jeremia 9–11 Abends: 1.Timotheus 6 SA 08.01 · SU 18.10 · KW 43 24 Donnerstag Da kam Amalek und kämpfte gegen Israel in Refidim. Da sprach Mose zu Josua: „Erwähle uns Männer, zieh aus und kämpfe gegen Amalek. Morgen will ich oben auf dem Hügel stehen mit dem Stab Gottes in meiner Hand.“ 2. Mose 17,8–9 Nach dem Auszug aus Ägypten, noch bevor die Israeliten den Sinai, den Berg der Gesetzgebung, erreichten, überfiel das Nomadenvolk der Amalekiter ihre Nachhut. Offenbar fürchteten die Amalekiter um ihr Weideland. Mose ließ daraufhin ein kleines Heer unter der Führung Josuas zusammenstellen. Er selbst wollte zur gleichen Zeit auf einer Anhöhe beten, von der aus das Kampffeld zu übersehen war. Es wurde also an zwei Fronten gekämpft: An der einen stand das unerfahrene Heer Josuas im Tal, an der anderen betete Mose auf dem Hügel. Welcher Zusammenhang zwischen den beiden Fronten bestand, ist Vers 11 zu entnehmen: „Solange Mose seine Hände mit dem Stab erhoben hatte, behielten die Israeliten im Kampf die Oberhand; ließ er die Hände sinken, waren die Amalekiter überlegen.“ (Hfa) Als mit der Zeit dem Mose die Arme schwer wurden, erhielt er durch Aaron und Hur Unterstützung, bis die Sonne unterging. „So konnte Josua das Heer der Amalekiter besiegen.“ (V. 13) Dieser alte Bericht vermittelt zwei wichtige Lehren. Erstens: Gott verzichtet nicht darauf, dass wir selbst etwas tun, denn er hat uns Kräfte und Fähigkeiten gegeben. Lebendiger Glaube ist nicht untätig, sondern bestrebt, die eigenen Möglichkeiten sinnvoll einzusetzen. Und zweitens: Unser Bemühen führt erst durch das Gebet, d. h. durch Gottes Hilfe zum Erfolg. Knapp und klar hat Jesus das später so zusammengefasst: „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“ (Joh 15,5b) Mönche des späten Mittelalters kleideten diese Erkenntnis in das Lateinische „Ora et labora“. Die Adventisten, die das Predigerseminar in Friedensau (Möckern bei Magdeburg) bauten, mauerten diese Worte in den Giebel des Schulgebäudes ein: „Bete und arbeite.“ Daraus ist sprichwörtlich geworden: „Bete, als hülfe kein Arbeiten, arbeite, als hülfe kein Beten!“ Hinter den Menschen (Predigern, Missionaren usw.), die wie Josua an der vorderen Front „den guten Kampf des Glaubens“ kämpfen (1 Tim 6,12), stehen Glaubensgeschwister, deren Gebet der Gemeinde siegen hilft. Jeder von uns wird an mindestens einer dieser Kampflinien gebraucht! An welcher bist du dabei? Gerhard Zahalka OKTOBER Morgens: Jeremia 12–14 Abends: 2. Timotheus 1 SA 08.3 · SU 18.08 · KW 43 25 Freitag „Jetzt habe ich große Angst. Soll ich deshalb beten: Vater, bewahre mich vor dem, was bald auf mich zukommt? Nein, denn ich bin in die Welt gekommen, um diese Stunde zu durchleiden. Vater, lass deinen Namen gerühmt und geehrt werden!“ Johannes 12,27–28a (Hoffnung für alle) Ich denke, dass wir alle schon einmal große Angst gehabt haben. Konkrete Anlässe dazu finden wir in unserem Alltag genug – ob es die Angst vor einer anstehenden Prüfung oder einem angekündigten Gespräch mit dem Chef ist, die Angst vor dem Verlust der Arbeitsstelle oder die vor der Diagnose beim Arztbesuch. So unterschiedlich die Anlässe sein mögen, so sehr ähneln sich unsere Gebete in solchen Situationen. Wir bitten Gott darum, er möge doch die Situation retten, uns eine neue Chance geben, uns im Beruf zu bewähren, oder eine Krankheit heilen oder sie zumindest zum Stillstand bringen. Am Ende soll gut werden, was gut werden kann. Darum geht es uns in der Regel. Als Jesus mit den Menschen, die ihm nahestanden, über seine Angst sprach, wusste er genau, was auf ihn zukommen würde. Die Zeit seiner Verhaftung und Hinrichtung stand unmittelbar bevor. Und ausgerechnet in dieser verzweifelten Situation lese ich nicht die Bitte, alles möge gut werden. Hier geht es nicht darum, dass eine ängstigende Situation sich zu Gunsten von Jesus klärt. Sein Gebet: „Vater, lass deinen Namen gerühmt und geehrt werden!“ stellt sein eigenes Wohlergehen völlig in den Hintergrund. Man könnte nun sagen, dieses Gebet könne nicht als Vorbild für unser Beten dienen. Schließlich hatte Jesus ja eine ganz besondere Gottesbeziehung. Aber in der Kirchengeschichte gibt es viele Berichte über Christen, die in den schlimmsten Augenblicken ihres Lebens ein Gebet oder Loblied auf den Lippen hatten. Mich fordert dieses Gebet von Jesus heraus. Ich möchte dich zu einem Experiment einladen: Lass uns heute nicht unsere Sorgen und Probleme, nicht unsere Ängste in den Mittelpunkt unserer Gebete stellen, sondern mit Jesus beten: In diesem Moment habe ich entsetzliche Angst vor dem, was mich heute erwartet. Aber ich weiß, dass du, Vater, bei mir sein willst. Und ich bitte dich, dass heute durch mein Leben dein Name gerühmt und geehrt wird. Ich wünsche dir in den Momenten deiner größten Angst die befreiende Gewissheit der Gegenwart Gottes. Tobias Friedel OKTOBER Morgens: Jeremia 15–17 Abends: 2. Timotheus 2 SA 08.5 · SU 18.06 · KW 43 ÖSTERR. NATIONALFEIERTAG 26 Sabbat Dabei ist mir [Paulus] klar … dass ich noch nicht am Ziel bin. Doch ich setze alles daran, das Ziel zu erreichen, damit der Siegespreis einmal mir gehört, wie ich jetzt schon zu Jesus Christus gehöre. Wie gesagt, meine lieben Brüder und Schwestern, ich weiß genau: Noch habe ich den Preis nicht in der Hand. Aber eins steht fest: Ich will alles vergessen, was hinter mir liegt, und schaue nur noch auf das Ziel vor mir. Philipper 3,12–13 (Hoffnung für alle) „Alles vergessen“ – wie soll das gehen? Ich befand mich im Foyer des Gottesdienstsaales. Jemand sagte mir etwas Unangenehmes, und ich ärgerte mich darüber. Ich ging in den Saal und setzte mich in die erste Reihe, denn ich sollte gleich die Predigt halten. Ich betete: „Lieber Gott, ich soll jetzt dein Wort verkündigen, aber das möchte ich nicht mit Ärger im Bauch tun. Nimm mir bitte dieses Gefühl weg!“ Kaum hatte ich diesen Satz ausgesprochen, wurde mein Gebet erhört. Heute weiß ich nicht mehr, wer und was der Auslöser meiner Reaktion war. Bei anderen Erfahrungen gelingt das „Vergessen“ nicht. Insbesondere, wenn es um widerfahrenes Unrecht geht, möchten viele, dass Gott die Erinnerung ausradiert. Um Gedächtnisschwund bitten? Das kann doch nicht ernst gemeint sein. Wahrscheinlich bleibt mir lange gegenwärtig, was vorgefallen ist oder wer mich beispielsweise beleidigt hat, aber ich rechne es ihm nicht auf irgendeinem Schuldkonto an, weil es längst bereinigt wurde. Vergessen ist es nicht (was entgegen landläufiger Meinung in der Bibel auch gar nicht gefordert wird), aber vergeben. Das reicht aus. Vor allem – und darauf bezog sich der Apostel Paulus in unserem Andachtswort – soll meine ganze Lebensorientierung nach vorne ausgerichtet sein. Der Zusammenhang obiger Bibeltexte macht deutlich, dass es damals Christen gab, die sich ihrer besonderen Fortschritte in der Heiligung rühmten. Paulus tat das nicht. Betreibe nicht jeden Tag „geistliche Nabelschau“. „Vergiss es!“, sagt man zu verschiedenen Gelegenheiten im Volksmund – das heißt: Kümmere dich nicht mehr darum. Deine Selbsteinschätzung kann je nach Stimmung sehr schwanken. Lebe mit Christus Tag um Tag und überlass ihm die letzte Bewertung. Sie wird ehrlich, aber auch barmherzig ausfallen. Was dir gestern ge- oder misslungen ist, braucht dein Leben heute nicht zu bestimmen, aber dein Streben nach dem von Gott vorgegebenen Ziel sollte es. Josef Butscher OKTOBER Morgens: Jeremia 18–19 Abends: 2. Timotheus 3 SA 07.06 · SU 17.05 · KW 44 (Ende der Sommerzeit) 27 Sonntag Von uns allen wurde der Schleier weggenommen, sodass wir die Herrlichkeit des Herrn wie in einem Spiegel sehen können. Und der Geist des Herrn wirkt in uns, sodass wir ihm immer ähnlicher werden und immer stärker seine Herrlichkeit widerspiegeln. 2. Korinther 3,18 (Neues Leben Bibel) Es ist ein strahlend schöner Herbsttag – tief blauer Himmel, leuchtende Herbstfarben der Bäume, bereits schneebedeckte Gipfel. Auf unserer Bergwanderung kommen wir hoch oben an einem See vorbei, der klein, flach und ganz unscheinbar ist, aber umgeben von hohen, schneebedeckten Bergen. In seiner glatten Wasseroberfläche spiegeln sich die Gipfel so klar, dass es uns schwerfällt, uns von diesem eindrucksvollen Bild zu trennen. Eine Stunde später erreichen wir einen Wasserfall. Tosend stürzt er über große Felsen in die Tiefe. In einer waghalsigen Kletterpartie versuchen wir, ihm möglichst nahe zu kommen. Von der gewal- tigen, brausenden Kraft des Wassers sind wir sehr beeindruckt. Dann treten wir den Rückweg an. In einiger Entfernung glitzert plötzlich etwas. Als wir näherkommen, sehen wir einen ganz kleinen Bach, eher ein flaches Rinnsal, das sich seinen Weg durch trockenes Gras, braune Erde und Steinbrocken bahnt. Wir hätten es gar nicht wahrgenommen, wenn sich nicht das Sonnenlicht in unzähligen strahlenden Lichtreflexen darin gespiegelt hätte. Beim Weitergehen wird mir plötzlich bewusst, dass dieses kleine, unscheinbare Rinnsal deutlicher das Sonnenlicht widergespiegelt hat als der große, beeindruckende Wasserfall. Wie oft meinen wir, es müsste etwas Beeindruckendes geschehen, damit wir Gott in dieser Welt sehen, bezeugen und verherrlichen können. Wir verausgaben uns manchmal in rauschendem Aktivismus und kräftezehrenden Strategien. Vielleicht würde mehr von Gottes Wesen in unserem Leben sichtbar werden, wenn wir in aller Stille seine Nähe suchen, auf ihn hören und ihm zugewandt leben würden, damit sein Licht sich in uns spiegeln kann. Großer Gott, bitte lass mich heute dir zugewandt sein, damit das Licht deiner Kraft und deiner Liebe sich in meinem Leben spiegeln kann. Angelika Gmehling OKTOBER Morgens: Jeremia 20–21 Abends: 2. Timotheus 4 SA 07.08 · SU 17.03 · KW 44 28 Montag Da brachte Andreas, der Bruder von Simon Petrus, ein Kind zu ihnen. „Hier ist ein Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische mitgebracht.“ Johannes 6,8–9 (Hoffnung für alle) Ambivalent nennt man etwas, das zwei konträre Seiten hat, das widersprüchlich ist oder zwiespältig gesehen werden kann. So auch die Beschreibung des Jüngers Andreas. Er war es immerhin, der seinen Bruder Simon überhaupt erst mit Jesus bekanntgemacht hatte. Er hatte den Messias „entdeckt“, nicht sein Bruder Simon, den Jesus dann Petrus nannte (Joh 1,40 –42). Und doch wird der Name des Andreas gern mit dem Zusatz „der Bruder von Simon Petrus“ versehen. Mit anderen Worten: Dich kennt keiner, aber wenn man deinen Bruder nennt, weiß jeder Bescheid. Ob Andreas das immer so gefallen hat – gewissermaßen schon durch die Namensnennung ein Anhängsel seines Bruders zu sein? Am Anfang der Bibel finden wir einen Bericht, dass ein Bruder den anderen umbrachte, weil er meinte, der wäre bei Gott besser angesehen als er. Doch so dachte Andreas nicht. Minderwertigkeitsgefühle haben keine Chance, wenn man weiß, wer man ist. Ich glaube, dass Andreas es wusste. Er war eigenständig genug, sich auf die Suche nach dem Messias, dem erhofften Befreier und Erlöser, zu machen. Und er fand ihn! Und er war aufmerksam anderen Menschen gegenüber. So aufmerksam, dass er in der Menge der vielen Tausend Zuhörer einen Jungen bemerkte, der ein kleines Bündel mit Essen trug, jene berühmten fünf Brotfladen und zwei Fische, aus denen Jesus im Speisungswunder die Nahrung für die große Menschenmenge schuf. Philippus hatte in der gleichen Situation die Kasse der kleinen Jüngergruppe im Blick (V. 7) und die anderen Freunde von Jesus machten sich Gedanken, wie man die Veranstaltung ohne Probleme auflösen konnte. Andreas aber sah den kleinen Jungen. Das finde ich anrührend. So konnte jemand, der sonst meist in der zweiten Reihe steht und eher durch den Namen seines Bruders als durch seinen eigenen identifiziert wird, den Auslöser für ein Wunder liefern, das vielen Menschen nützte. Das sollte uns allen, die wir mehr von der „stillen Sorte“ und nach innen gekehrt sind, Mut machen. Auch für uns hat Gott Platz in seinem Werk, auch wir sind bei Jesus gern gesehen und werden gebraucht. Wer weiß, wo das heute nötig wird! Matthias Müller OKTOBER Morgens: Jeremia 22–23 Abends: Titus 1 SA 07.10 · SU 17.01 · KW 44 29 Dienstag Da nahm Samuel einen Stein und stellte ihn auf zwischen Mizpa und Schen und nannte ihn „Eben-Eser“ und sprach: „Bis hierher hat uns der HERR geholfen.“ 1. Samuel 7,12 Es war in einem überfüllten Raum irgendwo in Deutschland in den 1920er-Jahren. Die Luft, von Hunderten qualmender Zigarren getrübt, hing schwer über der Versammlung. Zwei Stunden lang breitete sich der Redner sehr emotional über das Thema aus, dass es keinen Gott gäbe. Auf die Frage, ob jemand Einwände vorzubringen habe, meldete sich eine alte Dame und erzählte dann ihre Erfahrung: „Als vor vielen Jahren mein Mann im Krieg gefallen ist, wusste ich nicht, wie ich mich und meine kleinen Kinder durchbringen sollte. In meiner Verzweiflung bat ich Gott um Hilfe. Und ich kann heute bezeugen, dass er mich bisher kein einziges Mal im Stich gelassen hat!“ Auch bei den Israeliten ist nicht alles reibungslos verlaufen. Ständig sahen sie sich auf der Wüstenwanderung aufgrund von Rückschlägen mit der Frage konfrontiert: „Ist der HERR unter uns oder nicht? “ (2 Mo 17,7b) Als der Prophet Samuel Jahrhunderte später innehielt und auf die Ereignisse der Vergangenheit zurückblickte, kam er dankbar zu dem Ergebnis: „Bis hierher hat uns der HERR geholfen!“ Ist es nicht auch bei uns so gewesen? Was haben wir bisher erlebt, seit wir uns auf ein Leben mit Gott eingelassen haben? Haben wir nicht seine gnädige Hilfe erfahren? Ist nicht auch aus negativen Erlebnissen manches Positive erwachsen? Möglicherweise mussten wir manche Ängste, verzweifeltes Warten, allerlei Tränen und einiges Leid durchmachen. Aber können wir nicht wie Samuel bekennen, dass uns der Herr immer wieder seine Liebe bewiesen und uns wunderbar geholfen hat? Die Frage nach der Existenz Gottes ist damit beantwortet: Wir glauben ihm, weil wir immer wieder rückblickend feststellen können: Bis hierher hat uns Gott, unser HERR, geholfen. Was uns passiert ist, war kein bloßer Zufall, sondern sein Plan, uns zu verdeutlichen, dass er größtes Interesse daran hat, dass wir sein Geschenk der Erlösung annehmen und die Ewigkeit mit ihm verbringen. Jakob Wieck Dankbarkeit ist das Gedächtnis des Herzens. ( Jean Baptiste Massieu) OKTOBER Morgens: Jeremia 24–26 Abends: Titus 2 SA 07.12 · SU 16.59 · KW 44 30 Mittwoch Einige Kinder wurden zu Jesus gebracht. Er sollte ihnen die Hand auflegen und für sie beten. Doch die Jünger fuhren die Leute an, ihn nicht zu stören. Aber Jesus sagte: „Lasst die Kinder zu mir kommen. Haltet sie nicht zurück! Denn das Himmelreich gehört ihnen.“ Und er legte ihnen die Hände auf und segnete sie, bevor er weiterzog. Matthäus 19,13–15 (Neues Leben Bibel) Hattest du schon einmal beim Beten das Gefühl, du könntest Gott mit deinem Anliegen stören? Oder dein Gebet wäre nicht gut genug? Würdest du gern eine persönliche Beziehung zu Gott auf bauen, hast aber den Eindruck, du seist zu fehlerhaft dafür? Oder zu jung? Hat dir schon jemand den Weg zu Gott verbaut? Einige Kinder erlebten das. Sie wollten mit Jesus reden und Zeit mit ihm verbringen, aber seine Mitarbeiter hielten sie davon ab. Die Jünger hatten wohl den Eindruck, dass die Kinder noch zu klein wären und Jesus nur belästigen würden. Sie fuhren sie und ihre Eltern richtig an, was ihnen denn einfiele, Jesus stören zu wollen. Ich kann mir vorstellen, dass einige der Kinder erschrocken zusammengezuckt sind, den Kopf hängen ließen und leise davontrotten wollten. Vielleicht hat eines der Kinder den Jüngern insgeheim Recht gegeben. „Ich bin einfach noch zu klein. Es war dumm von mir, zu Jesus gehen zu wollen.“ Ich finde es fantastisch zu lesen, wie Jesus hier reagierte. Laut und deutlich sagte er: „Haltet sie nicht zurück! Denn das Himmelreich gehört ihnen.“ Er berührte jedes einzelne Kind und segnete es. Er nahm sich Zeit für die Kinder; erst danach zog er weiter. So reagiert Jesus: Wenn jemand zu ihm kommen will, dem gehört das Himmelreich, weil Jesus es ihm zuspricht. Jesus hat alles dafür getan, um Trennendes zwischen sich und den Menschen aus dem Weg zu räumen: „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern das ewige Leben hat.“ (Joh 3,16 NLB) Wenn du zu Jesus kommen möchtest, kannst du dir sicher sein: Niemand hat das Recht, dir den Weg zu ihm zu verbauen. Gott selbst hat das Trennende fortgeräumt. Lies den Andachtstext noch einmal und setze dort, wo „Kinder“ steht, deinen Namen ein. Gott will, dass du zu ihm kommst. Er will dir einen Platz in seinem Reich schenken, Zeit mit dir verbringen und dich segnen. Geh zu ihm; er wird dich mit offenen Armen empfangen! Sandra Wagner OKTOBER Morgens: Jeremia 27–29 Abends: Titus 3 SA 07.13 · SU 16.57 · KW 44 31 Donnerstag Dein Wort ist eine Leuchte für mein Leben, es gibt mir Licht für jeden nächsten Schritt. Psalm 119,105 (Gute Nachricht Bibel) In Adventgemeinden spielt das Wort Gottes eine wichtige Rolle. Der erste Teil des Gottesdienstes ist dem Bibelgespräch in Gruppen gewidmet; keine Predigt, in der nicht ein Bibeltext zitiert wird; und die meisten Adventisten besitzen mehr als eine Bibel (wenn sie auch nicht immer eine zum Gottesdienst mitbringen). Das alles hört sich zwar gut an, aber damit ist noch nicht die Frage beantwortet: Welche Bedeutung hat Gottes Wort für mich über den Gottesdienst hinaus? Es geht nämlich um mehr, als dass jemand den religiösen Wert der Bibel bejaht. Es genügt auch nicht, Gottes Wort zur Diskussionsgrundlage oder zur Fundgrube für religiöse (Streit-)Gespräche zu machen. „Licht für jeden nächsten Schritt“ bedeutet: Gottes Wort will uns leiten und an den Stellen den Weg zeigen, wo Entscheidungen in unserem Leben fallen. Es hat die Kraft, die Dunkelheit und Sünde aus unserem Herzen zu vertreiben, Mut zu machen und Trost zu spenden. Das freilich nur unter der Bedingung, dass wir sein Wort ernst nehmen und uns danach richten. Trotz aller Bibelkenntnis tun wir uns oft schwer, unseren Alltag und Gottes Wort miteinander in Verbindung zu bringen. Dabei weisen die bildhaften Ausdrücke des oben zitierten Psalms deutlich in eine bestimmte Richtung: Wer auf dem Weg nicht weiter weiß, sollte erst einmal stehenbleiben, in der Dunkelheit nach einem Licht Ausschau halten und Orientierungspunkte suchen. Dann kann es geschehen, dass er im Licht des Wortes Gottes dort einen Ausweg entdeckt, wo alles aussichtslos schien, neuen Mut oder neue Hoffnung schöpft oder (wieder) einen Sinn im Leben findet. Martin Luther war seinerzeit als Mönch zweifellos ein frommer Mann, dennoch wurde er von Zweifeln und Anfechtungen geplagt. Doch dann erlebte er, wie Worte aus dem Römerbrief ihn direkt beeinflussten. Als er begriff, dass Gott uns aus Gnade in Christus dessen Gerechtigkeit ohne eigene Werke zurechnet, wurde er ein neuer Mensch, ein „lebendiger“ Christ. Später schrieb er: „Es ist kein größer Ding, als dass wir glauben können, dass Gott mit uns redet.“ Gottes Wort will für uns Licht sein „für jeden nächsten Schritt“. Reicht denn das aus? Ja, es reicht, wenn wir eben diese Schritte auf dem von Gott gewiesenen Weg gehen! Günther Hampel NOVEMBER Morgens: Jeremia 30–31 Abends: Philemon SA 07.15 · SU 16.55 · KW 44 1 Freitag Als Jesus sah, welche Einsicht dieser Mann besaß, sagte er zu ihm: „Du bist nicht weit vom Reich Gottes entfernt.“ Markus 12,34a (Neues Leben Bibel) Ein Theologe fragte Jesus: „Welches von allen Geboten ist das wichtigste? “ (V. 28 NLB) Offensichtlich gehörte er zu den Wenigen seiner Zunft, die dem Rabbi aus Nazareth keine Falle stellen wollten, sondern an einer ehrlichen Antwort interessiert waren. So teilte ihm Jesus seine Erkenntnis ohne Umschweife mit. Ganz oben auf der Werteskala stand für ihn das Doppelgebot „Liebe Gott von ganzem Herzen …“ und „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Daraufhin bewertete der Schriftgelehrte Jesu Antwort schulmeisterlich mit einem „sehr gut“ und gab zu verstehen, dass er dem jungen Rabbi voll zustimmte. Dieses verbale Zuspiel nahm Jesus auf und entgegnete ihm: „Du bist nicht weit vom Reich Gottes entfernt.“ Wie ist die Aussage zu verstehen? Wollte sie Jesus eher als Lob verstanden wissen oder überwog der mahnende Charakter? Sicher beabsichtigte Jesus, ihn zu ermutigen. Er wollte ihm sagen: „Lieber Mann, ich kann dir bestätigen, dass bei dir die Richtung stimmt. Mach weiter so.“ Zugleich hören wir einen anderen Ton: „Mein Freund, es wäre schade, wenn du bei dieser Erkenntnis stehen bleibst.“ Was mag Jesus bewogen haben, den Gelehrten zu loben und ihn zugleich anzuspornen, weiterzugehen? Bereits am Ende der Bergpredigt nannte er jene klug, die seine Rede hören und auch tun. Offensichtlich standen die Theologen seiner Zeit in der Gefahr, die Theorie bestens zu beherrschen, aber in der Praxis eher schwach zu sein. Jesus sagte dem Volk kurz vor seiner Verhaftung: „Alles nun, was [die Schriftgelehrten] euch sagen, das tut und haltet, aber nach ihren Werken sollt ihr nicht handeln; denn sie sagen’s zwar, tun’s aber nicht.“ (Mt 23,3) Bis heute verfolgt uns dieses zwiespältige Erscheinungsbild. Gottesdienstbesucher und Bibelleser sind in der Regel recht gut mit der Lehre Jesu vertraut. Manchmal wird dem Pastor Zustimmung signalisiert. Wenn aber das Gehörte nicht im Alltag angewandt wird, dann fehlt der entscheidende zweite Schritt. Hier merken wir, wie der doppeldeutige Satz „Du bist nicht weit vom Reich Gottes entfernt“ auch uns berührt. Nachfolge Jesu ähnelt der Fahrschule: Der theoretische Teil ist unverzichtbar, reicht aber allein nicht aus, um verantwortungsvoll am Straßenverkehr teilzunehmen. So müssen die Lehren von Jesus auch ausgelebt werden. Wilfried Krause NOVEMBER Morgens: Jeremia 32–33 Abends: 1. Petrus 1 SA 07.17 · SU 16.54 · KW 44 2 Sabbat Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten. Epheser 5,14b Diese Worte sind kein unsanfter Ruf an einen Langschläfer, der morgens nicht aus den Federn findet, sondern es ist ein Weckruf an Menschen, die sich im Sündenschlaf und Sündentod befinden. Es ist kein Weckruf, sondern ein Erweckungsruf. Eine Erweckung ist das Dringendste, was wir als Christen brauchen, während wir auf die Wiederkunft von Jesus warten. Die Mehrheit der Christen ist nicht nur müde, sondern schläft so tief, dass noch so gutgemeinte menschliche Bemühungen keine Erweckung zustande bringen können. Wir brauchen eine wirkliche Erweckung, keine nur fieberhafte menschliche Aktivität. Früher musste man Autos noch mit einer Kurbel starten. Wenn allerdings der Kraftstofftank leer war, konnte man so fieberhaft mit der Kurbel drehen, dass einem der Schweiß von der Stirn lief: ein Motorstart war ausgeschlossen. Alles blieb tot, kalt und lautlos. Was ist echte Erweckung? Sie ist und bleibt ein Wunder Gottes – genauso wie eine Totenauferweckung. Sie kann nur durch das Wirken des Heiligen Geistes zustande kommen. Wenn er nicht wirkt bzw. wenn wir uns seinem Wirken in den Weg stellen, werden all unsere Bemühungen scheitern. Als der Geist Gottes zu Pfingsten in Fülle herniederkam, waren die Auswirkungen durch nichts und niemand einzudämmen (siehe Apg 2). An einem Tag ließen sich sogar 3000 Menschen taufen. Wie gelangen wir zu einer echten Erweckung? Sie kann nicht organisiert, nie von Menschen „gemacht“ werden, sondern die Voraussetzungen sind: Reue, Sündenbekenntnis, völlige Hingabe an Christus, Umkehr von verkehrten Wegen und vor allem ernstes Gebet in Gemeinschaft (als Gruppe oder Gemeinde). Ellen White schrieb dazu: „Unser himmlischer Vater gibt denen, die ihn darum bitten, den Heiligen Geist bereitwilliger, als Eltern ihren Kindern Gutes geben. Aber es ist unsere Aufgabe, durch Bekenntnis [der Sünden], Demut, Reue und ernsthaftes Gebet die Bedingungen zu erfüllen, unter denen Gott versprochen hat, uns seinen Segen zu geben. Eine Erweckung kann nur als Antwort auf Gebet erwartet werden.“ (Für die Gemeinde geschrieben, Bd. 1, S. 128, rev.; zitiert nach Unser größtes Bedürfnis, S. 65) Herr, schenke uns die ersehnte Erweckung und beginne damit bei mir! Reinhold Paul NOVEMBER Morgens: Jeremia 34–36 Abends: 1. Petrus 2 SA 07.19 · SU 16.52 · KW 45 3 Sonntag Gott gebe euch viel Gnade und Frieden durch die Erkenntnis Gottes und Jesu, unseres Herrn! 2. Petrus 1,2 „Wenn dein Gott tot ist, nimm doch meinen!“ Dieser Aufkleber an Autos sagt zwar nicht, welcher Gott hier angeboten wird, doch er drängt zu der Frage: Wie ist dein Gott? Stimmt dein Gottesbild mit dem überein, was uns Gott über sich in der Heiligen Schrift mitgeteilt hat? Oder sind deine Anschauungen über Gott von übernommenen Vorstellungen oder von deinen Wünschen geprägt? Auch wir Christen unterliegen der Gefahr, „die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes in ein Bild gleich dem eines Menschen zu verwandeln“ (Röm 1,23). Falsche Gottesvorstellungen hindern viele Menschen daran, ein Vertrauensverhältnis zu ihm aufzubauen. Manche Christen wenden sich von Gott ab, weil er ihre Erwartungen nicht erfüllt hat – die zu erfüllen er gar nicht versprochen hat. Andere wiederum wollen mit ihm nichts zu tun haben, weil sie auf seine Forderungen nicht eingehen möchten und Gehorsam seinen Geboten gegenüber als unzumutbar ansehen. Unser Andachtstext weist darauf hin, dass Gottes Gnade und sein Friede umso mehr in uns Raum finden, je tiefer unsere Gotteserkenntnis reicht. Darum darf unser Bemühen nie aufhören, Gott immer besser zu erkennen. Er versichert uns: „Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen.“ (Jer 29,13b–14a) Mit außerordentlichem Eifer suchte der Mönch Martin Luther Gott. Er quälte sich im Kloster mit einem Gott, vor dem er nicht bestehen konnte. Erst durch das eifrige Studium des Römerbriefes fand er den Gott, vor dem man wegen der eigenen Sünden nicht ständig Angst haben muss, sondern der allen Gläubigen durch Christus aus Gnade Vergebung, Gerechtigkeit und inneren Frieden schenkt. Das führte ihn zu einer radikalen Abwendung von einem falschen, bedrückenden Gottesverständnis. Wir verdanken also der Reformation eine Hinwendung zu dem wahren Gott, wie er uns in seinem Wort begegnet. Joachim Hildebrandt Gott, von dir sich abwenden, heißt fallen. Zu dir sich hinwenden, heißt aufstehen. In dir bleiben, heißt sicheren Bestand haben. Gott, dich verlassen, heißt sterben. Zu dir heimkehren, heißt zum Leben erwachen. In dir weilen, heißt leben. (Augustinus) NOVEMBER Morgens: Jeremia 37–39 Abends: 1. Petrus 3 SA 07.20 · SU 16.50 · KW 45 4 Montag Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen. Matthäus 6,9–13 Jesus betete während seines irdischen Dienstes oft lange und intensiv zu seinem Vater – und das hatte entsprechende Auswirkungen. Bei ihm holte er sich Kraft und Wegweisung. Solch eine Stärkung wünschten sich auch seine Jünger (Lk 11,1). Darum lehrte er sie dieses „Mustergebet“ (V. 2–4). Wie er selbst dürfen auch wir Gott „Vater“ nennen: „unser Vater“. Das ist ein Wunder: Der Mensch redet zum lebendigen, allmächtigen Gott vertrauensvoll wie zu einem Vater, und Gott hört ihn, erhört sein Gebet – nicht wie ein Automat, sondern in fürsorgender Liebe – eben wie ein guter Vater (siehe Mt 6,7–8). „Dein Name werde geheiligt.“ Wir treten für Gottes Ehre und Heiligkeit ein – in unserem Leben und auch im Leben Anderer. Mit der Bitte „Dein Reich komme“ bringen wir unsere Sehnsucht nach der Rückkehr von Jesus zum Ausdruck. Die dritte Bitte kann man so wiedergeben: „Verschaff deinem Willen Geltung, auf der Erde genauso wie im Himmel.“ (GNB) Wenn wir sie beten, erklären wir uns bereit, Gottes Willen zu tun. Bei der Bitte um das tägliche Brot ist all das Lebensnotwendige eingeschlossen. Auch die Bitte um Vergebung haben wir täglich nötig; der Nachsatz „wie auch wir unseren Schuldnern vergeben haben“ (EB) mahnt unsere Vergebungsbereitschaft an. Die Bitte um Schutz vor Versuchungen mahnt uns zugleich, vor Versuchungen die Türen zu verschließen. Die Bitte um Erlösung vom Bösen betrifft dieses Leben (Unrecht und Tod), aber auch die endgültige Befreiung von dem Bösen am Ende der Weltzeit. Am Ende dieses Gebets verherrlichen wir noch einmal Gott mit der Gewissheit seiner Herrschaft und dem Lob seiner Macht und Herrlichkeit. Solch ein Mustergebet kann für junge Christen eine gute Hilfe sein. Erfahrene Gläubige erinnert es an die Grundanliegen, die in jedes morgendliche Gebet gehören. Welch Vorrecht ist es, einen so wunderbaren Vater im Himmel zu haben, mit dem wir reden können und der sich um uns kümmert! Albrecht Höschele NOVEMBER Morgens: Jeremia 40–42 Abends: 1. Petrus 4 SA 07.22 · SU 16.48 · KW 45 5 Dienstag Josef brachte auch seinen Vater Jakob zum Pharao. Jakob begrüßte den Herrscher mit einem Segenswunsch. Der Pharao fragte ihn nach seinem Alter und Jakob erwiderte: „130 Jahre lebe ich jetzt als Fremder auf dieser Erde. Mein Leben ist kurz und leidvoll im Vergleich zu meinen Vorfahren, die heimatlos wie ich auf dieser Erde lebten.“ 1. Mose 47,7–8 (Gute Nachricht Bibel) Im Jahr 1791 wanderten meine Vorfahren nach Südosteuropa aus, weil dort die Lebensbedingungen besser waren. Sie machten das Land urbar, bauten sich Häuser und lebten glücklich als Fremde. 153 Jahre später, als der zweite Weltkrieg tobte, mussten sie Hals über Kopf fliehen, um ihr Leben zu retten. Sie kamen in das Land ihrer Väter zurück, wieder als Fremde. Es dauerte lange, bis sie hier heimisch wurden. Heimisch fühlte sich Abraham in Mesopotamien. Doch Gott wies ihn an: „Verlass deine Heimat … und zieh in das Land, das ich dir zeigen werde!“ (1 Mo 12,1 GNB) So lebte Abraham im Land Kanaan als Fremder. Er zog mit seinen Vieh- herden von einem Weideplatz zum anderen und wurde nicht sesshaft. Auch sein Sohn Isaak und sein Enkel Jakob lebten als Fremde im Land, ohne die Gewohnheiten der Kanaaniter mit ihrem Götzendienst anzunehmen. Sie starben dort, wurden dort begraben, und fühlten sich doch nicht zu Hause, denn sie warteten „auf die Stadt, die einen festen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist“ (Hbr 11,10). Auch wir als Christen sind – biblisch gesehen – „Heimatlose“ auf dieser Erde. Diese alte Welt wird eines Tages vergehen. Wir sind hier unterwegs zur himmlischen Heimat, dem neuen Jerusalem. Gott bereitet es für alle vor, die an Jesus glauben und ihm vertrauen. Dort wird es auch keine Angst geben, die Heimat wieder verlassen zu müssen. Wenn Gott alles neu geschaffen haben wird, wird das Dasein als Fremde für immer beendet sein. Bis diese Hoffnung in Erfüllung geht, leben wir im Glauben als Pilger in die himmlische Heimat – ähnlich wie Abraham. Worauf gründen wir diese Gewissheit? Kurz bevor Jesus am Kreuz starb und am dritten Tag auferstand, sagte er zu seinen Jüngern: „Es gibt viele Wohnungen im Haus meines Vaters, und ich gehe voraus, um euch einen Platz vorzubereiten. Wenn es nicht so wäre, hätte ich es euch dann so gesagt? “ (Joh 14,2 NLB) Ich freue mich auf diese neue Heimat! Adam Schiller NOVEMBER Morgens: Jeremia 43–45 Abends: 1. Petrus 5 SA 07.24 · SU 16.47 · KW 45 6 Mittwoch Philippus machte sich auf die Suche nach Nathanael und erzählte ihm: „Wir haben den gefunden, von dem Mose und die Propheten geschrieben haben! Es ist Jesus, der Sohn von Josef aus Nazareth.“ „Aus Nazareth!“, rief Nathanael aus. „Kann denn aus Nazareth etwas Gutes kommen?“ Johannes 1,45–46a (Neues Leben Bibel) Frauen können nicht einparken und Männer nicht zuhören. Beamte sind faul, Politiker korrupt, Professoren langweilig, Bodybuilder dumm. Solche Sätze hat wohl jeder schon einmal gehört, und bestimmt haben wir uns des Öfteren darüber geärgert. Trotzdem erwischen wir uns auch selbst manchmal bei dieser Art des Denkens. Oder wir pflegen sie sogar mehr oder weniger unbewusst – ganz nach dem Motto „typisch Mann“, „typisch Frau“ oder „einfach typisch“! Nathanael ging es damit nicht anders. Nazareth war damals ein so unbedeutender Ort in den Hügeln von Galiläa, dass es selbst für ihn, einen Galiläer, schwer vorstellbar war, dass der ange- kündigte Messias ausgerechnet von dort kommen könnte. Noch viel unglaublicher war dies für die gebildeten religiösen Führer in Jerusalem (siehe Joh 7,52). In ihren Augen waren die Galiläer ungebildet und primitiv, keine reinen Juden (weil dort viele nichtjüdische Einwanderer lebten), eigenartig (wegen ihres komischen Dialekts) und religiös abgefallen (wie die ganze Landbevölkerung). Was hier geschah, ist typisch für dieses Denken: Wir nehmen eine „Schublade“, „beschriften“ sie mit der gängigen Bezeichnung für eine Menschengruppe (Frauen, Männer, Ostfriesen, Bayern …) und ordnen ihr sehr vereinfachte Eigenschaften zu. Auf diese Weise schaffen wir „Ordnung“ in unserem Kopf und sind in der Lage, sehr schnell Entscheidungen zu treffen. Häufig reicht uns dafür schon eine Information aus: „Jesus kommt aus Nazareth in Galiläa? Dann kann er nicht der Messias sein!“ Spätestens dann, wenn ich selbst von Anderen in eine „Schublade“ gesteckt werde und mich ungerecht behandelt fühle, merke ich, dass diese Art des Denkens mir und auch Anderen nicht gerecht wird. Philippus hat Nathanael (und mir) geholfen, diese Falle zu umgehen: „Komm mit und überzeuge dich selbst!“ (Joh 1,46b NLB) Unser Umlernen beginnt mit der Bereitschaft, den Anderen persönlich kennenzulernen. Den Mut dazu wünsche ich uns allen! Jörg Böhrnsen NOVEMBER Morgens: Jeremia 46–47 Abends: 2. Petrus 1 SA 07.26 · SU 16.45 · KW 45 7 Donnerstag Deshalb werdet nicht müde zu tun, was gut ist. Lasst euch nicht entmutigen und gebt nie auf, denn zur gegebenen Zeit werden wir auch den entsprechenden Segen ernten. Lasst uns jede Gelegenheit nutzen, allen Menschen Gutes zu tun, besonders aber unseren Brüdern und Schwestern im Glauben. Galater 6,9–10 (Neues Leben Bibel) In der heutigen Zeit gibt es verstärkt Bemühungen, benachteiligten, verarmten und notleidenden Menschen zu helfen. Manche Nichtbeteiligte (darunter auch Christen) stellen sich die Frage, ob sich das denn überhaupt lohne und was es bringe. Am Anfang des Galaterbriefes erinnerte Paulus an Gottes Angebot für alle Menschen: Gott hat seinen Sohn für uns gegeben, damit alle, die an ihn glauben, ewiges Leben erlangen können. Das ist Gottes größtes Geschenk an uns. Wer jedoch meint, selbst etwas dem hinzufügen zu müssen, was Christus für unsere Erlösung getan hat, zeigt nur sein Misstrauen gegen Gottes Zusage. Am Ende seines Briefes forderte nun Paulus die Christen auf, jede Gelegenheit wahrzunehmen, Gutes an jedermann zu tun und darin nicht müde zu werden – aus Dankbarkeit, dass Gott sie so reich beschenkt hat! Da in unserer Gesellschaft viele Menschen keine Beziehung mehr zu Gott haben, wird unser Zeugnis erst durch unser Gutestun „beglaubigt“ und glaubwürdig – besonders dann, wenn es sich nicht allein auf Freunde und jene beschränkt, die uns sympathisch sind, sondern auch die Hilfsbedürftigen, die Verachteten und die Randsiedler der Gesellschaft umfasst. Weil es vorkommt, dass gut gemeinte Bemühungen nicht gewürdigt, häufig nicht einmal mit Dank bedacht werden, entsteht schnell die Frage: Ist der Betreffende es wert, dass wir ihm weiter Gutes erweisen? Unser Andachtswort ist eindeutig: Lasst uns nicht müde werden, Gutes zu tun, denn wir leben doch selbst von Gottes unverdienter Liebe. Paulus versicherte: „Zu gegebener Zeit werden wir den Segen“ dafür ernten, spätestens dann, wenn wir aus dem Mund von Jesus die Worte hören werden: „Kommt, ihr seid von meinem Vater gesegnet, ihr sollt das Reich Gottes erben … Was ihr für einen der Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan!“ (Mt 25,34.40 NLB) Manfred Böttcher NOVEMBER Morgens: Jeremia 48–49 Abends: 2. Petrus 2 SA 07.27 · SU 16.44 · KW 45 8 Freitag Sündigt nicht, wenn ihr zornig seid, und lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen. Epheser 4,26 (Neues Leben Bibel) Die Menschen vom Stamm der Makassas auf der indonesischen Insel Sulawesi können ihre Wut oder ihren Zorn mit 60 verschiedenen, fein abgestimmten Begriffen zum Ausdruck bringen. So wichtig scheint dieses Gefühl für die Bewohner der Insel zu sein. Wenn ein alter, weiser Mann von einem jüngeren Mann beleidigt wird, so gibt es ein bestimmtes Wort für diese gerechtfertigte Wut. „Amundjumundju“ ist dagegen ein körperlicher Ausdruck von Wut und bedeutet wörtlich übersetzt „ein zorniges Vorschieben der Lippe“. Wenn jemand bei den alten Makassas so reagiert, dann kündigt er eine unbändige Wut an, bei der gleich etwas passieren wird. Im Deutschen gibt es neben dem Ausdruck „Wut“ für dieses heftige Gefühl lediglich noch die Begriffe „Zorn“, „Groll“ und „Ärger“, aber dennoch kennen wir alle diese Verstimmungen, die schwerwiegende Folgen haben können. Horaz (65–8 v. Chr.) behauptete sogar: „Der Zorn ist ein kurzer Wahnsinn.“ Die Bibel warnt vor den Folgen eines ungezügelten Zorns: „Ein Narr lässt seinem Zorn freien Lauf, aber ein Weiser hält ihn zurück.“ (Spr 29,11 NLB) In unserem Andachtstext ging Paulus noch einen Schritt weiter. Er akzeptierte dieses negative Gefühl, wies aber darauf hin, dass wir dabei nicht in Sünde fallen sollen: „Sündigt nicht, wenn ihr zornig seid.“ Das bedeutet: Lasst euch nicht zu etwas hinreißen, das ihr hinterher bereut. Oft sind es Empfindlichkeiten und Missverständnisse, die unseren Ärger hochkochen lassen. Solche Dinge können meist durch eine Aussprache oder eine Entschuldigung schnell aus der Welt geschafft werden. Paulus riet: „Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.“ Je länger man wartet, desto schwerer fällt der Schritt zur Versöhnung, wie dieses Bild verdeutlicht: Wenn zwei Personen auf einer Eisscholle treiben und diese durch den Zorn zerbricht, so vergrößert sich die Entfernung voneinander, je länger man auf seiner Scholle bleibt. Manchmal gelingt der Sprung zurück überhaupt nicht mehr, weil die Kluft unüberwindbar geworden ist. Über die Pythagoreer wurde gesagt: Wenn sie sich im Zorn zu Beleidigungen hinreißen ließen, gaben sie sich vor Sonnenuntergang die rechte Hand und verabschiedeten sich mit einem Gruß. Wäre das nicht auch etwas für uns? Marit Krejcek NOVEMBER Morgens: Jeremia 50 Abends: 2. Petrus 3 SA 07.29 · SU 16.42 · KW 45 9 Sabbat Doch weil der Pharao sich die Frau Abrams genommen hatte, bestrafte der HERR ihn mit einer schweren Krankheit, ihn und alle andern in seinem Palast. Da ließ der Pharao Abram rufen und sagte zu ihm: „Warum hast du mir das angetan? Du hättest mir doch sagen können, dass sie deine Frau ist! Aber du hast sie für deine Schwester ausgegeben, nur deshalb habe ich sie mir zur Frau genommen.“ 1. Mose 12,17–19a (Gute Nachricht Bibel) Beinahe hätte ich diese Geschichte in der „Kinderstunde“ im Hausgottesdienst ausgelassen. Was sollten die Kinder damit schon anfangen? Aber dann wurde mir bewusst, dass diese Geschichte eine wichtige Lehre für Kinder (und natürlich auch für Erwachsene) enthält. Zugegeben: Ich bezweifelte, ob die dreijährige Salome sie verstehen würde, aber ihr sechsjähriger Bruder konnte es schon. Halten wir uns das vor Augen: Kurz, nachdem Gott Abram (er wurde später in Abraham umbenannt) mehrfach erschienen und ihm großartige Verheißungen gegeben hatte, zog Abram wegen einer Hungersnot in Kanaan nach Ägypten. Weil er Angst hatte, man würde ihn umbringen, um ihm seine schöne Frau Sara wegzunehmen, bat er sie zu sagen, dass sie seine Schwester wäre (1 Mo 12,10 – 13). Das stimmte zwar zum Teil (sie war seine Halbschwester, siehe 1 Mo 20,12), verbarg aber eindeutig seine wahre Beziehung zu ihr. Dem Pharao wurde tatsächlich diese schöne, fremde Frau empfohlen; er ließ sie zu sich in den Palast holen und gab Abram einen hohen Brautpreis an Tieren dafür (1 Mo 12,14–16). Der schwieg! Wie konnte er um seiner Sicherheit und seines Vorteiles willen seine Frau in solch eine Lage bringen? Und dann geschah das schier Unfassbare: Gott bestrafte nicht Abram, sondern den Pharao, der in dieser Sache doch unschuldig war! Häufig bekommen Kinder von ihren gläubigen Eltern (teils unbewusst) vermittelt, dass Gott nur die Gehorsamen segne und die bestrafe, die seine Gebote übertreten. Wenn man gesündigt hat, könne man seine Hilfe nicht erwarten. Auch erwachsene Christen denken (noch) manchmal so. Diese Geschichte wirft ein ganz anderes Licht auf Gottes Handeln und seine Treue zu seinen Kindern! Darüber kann man nur staunen! Werner E. Lange NOVEMBER Morgens: Jeremia 51–52 Abends: 1. Johannes 1 SA 07.31 · SU 16.40 · KW 46 10 Sonntag Wie habe ich dein Gesetz so lieb! Täglich sinne ich ihm nach … denn es ist ewiglich mein Schatz. Psalm 119,97–98 Ausgerechnet in der eritreischen Armee hatte Isaac den christlichen Glauben kennengelernt. Sein Trupp war überfallen worden, 450 Soldaten starben, er allein überlebte. „Du bist nicht umsonst am Leben geblieben, Gott hat noch etwas mit dir vor!“, meinte einer seiner Mitkämpfer und schenkte ihm eine Bibel. Er las sie heimlich, versteckte sie jedes Mal wieder – gut eingepackt – im Wüstensand. Sein Schatz wurde ihm immer wertvoller. Schließlich kam es doch ans Licht, dass er in der Bibel gelesen hatte. Isaac wurde verhaftet, gefoltert und sollte seinem christlichen Glauben abschwören. Gemeinsam mit anderen Christen steckte man ihn in einen Stahlcontainer, der nur einmal am Tag für eine Stunde geöffnet wurde. Statt sich sofort auf ihre spärliche Nahrung zu stürzen, nutzten die Gefangenen das Tageslicht, um einen Blick auf die wenigen Bibelseiten zu werfen, die sie heimlich untereinander austauschten. In Eritrea sind schätzungsweise 1000 Christen in solchen Gefängniscontainern inhaftiert. (Quelle: Open Doors) Ja, die Bibel ist ein gefährliches Buch! Die Regierungen aller Länder, in denen Christen verfolgt werden, fürchten dieses Buch und verbieten seine Lektüre und Verbreitung, denn es ist Gottes Wort, das Menschen begeistert und verändert, ihnen neues Leben gibt, die Angst wegnimmt, uns Mut macht und Kraft gibt. Kein Wunder, dass es viele wie der Psalmist und Isaac als einen Schatz ansehen. Die Adventgemeinde war von Anfang an eine Gemeinde des Wortes. Ihre Gründung war das Ergebnis intensiven Bibelstudiums. Bis heute ist sie die Glaubensgemeinschaft, die am konsequentesten an der biblischen Botschaft festhält. Umso erstaunlicher ist, dass im Jahr 2010 auf der Generalkonferenzversammlung in Atlanta eine Studie veröffentlicht wurde, die besagt, dass nur noch 51 Prozent der Adventisten regelmäßig in ihrer Bibel lesen. Manchmal frage ich mich, wann wir es bemerken würden, wenn über Nacht alle unsere Bibeln verschwunden wären. Am nächsten Morgen? Am folgenden Sabbat? Vielleicht erst nach Wochen – oder überhaupt nicht? Für verfolgte Christen ist das Wort Gottes das Lebenselixier. Warten wir nicht auf schwierige Zeiten, sondern nutzen wir diese Kraftquelle jeden Tag! Heidemarie Klingeberg NOVEMBER Morgens: Klagelieder 1–2 Abends: 1. Johannes 2 SA 07.33 · SU 16.39 · KW 46 11 Montag Verlässt du dich auf den zerbrochenen Rohrstab Ägypten, der jedem, der sich darauf stützt, in die Hand dringt und sie durchbohrt? Jesaja 36,6a Klarer Fall, magst du jetzt denken: Wer sich auf die „Welt“ (Ägypten) verlässt, der erleidet Schaden. Ein zweiter Blick auf die Rolle Ägyptens in der Geschichte des Volkes Gottes zeigt aber ein etwas anderes Bild. Während einer Hungersnot fand Abram in Ägypten Hilfe (1 Mo 12,10). Jahre später verwehrte Gott Isaak, wegen einer Hungersnot Hilfe in Ägypten zu suchen (1 Mo 26,2). Im Rahmen der Josefgeschichten (1 Mo 37ff.) wurde Ägypten zunächst Zufluchtsort für Josef selbst. Als Jahre später eine Hungersnot Josefs Familie in ihrer Heimat bedrohte, wurde Ägypten für Jakob und seine Sippe zum Rettungs- und Zufluchtsort. In der Zeit der alttestamentlichen Propheten waren politische und militärische Bündnisse mit Ägypten gegen Gottes Willen. Und einige Jahrhunderte später wies Gott Josef und Maria an, mit dem neugeborenen Jesus Zuflucht in Ägypten zu suchen (Mt 2,13). War die Suche nach Zuflucht in Ägypten nun nach Gottes Willen oder nicht? Manchmal Ja und manchmal Nein. In unserem persönlichen Leben wie auch in der Gemeinde kommen wir bei der Frage, wo wir gottgewollte Hilfe finden, aus eben diesem Grund oft nicht weiter. Allein menschliche Erfahrungswerte greifen zu kurz. Oft finden die Vertreter gegensätzlicher Positionen nachvollziehbare biblische Begründungen für ihre Haltung. Aber ist damit auch schon der Wille Gottes in der momentanen Situation geklärt? Für mich ergibt sich daraus, dass Gott den besseren Überblick hat, wo wir jeweils Hilfe und Zuflucht finden bzw. von wem wir lernen können oder auch nicht. Unsere menschlichen Erfahrungswerte können hilfreich sein und sollten in unsere Entscheidungen, wie wir unser Leben mit Gott führen wollen, einfließen. Aber viel entscheidender ist, wie Gott uns führen will – und das kann manchmal überraschend anders sein, als wir es uns vorstellen. Dazu ein Wort des weisen Salomo: „Verlass dich auf den HERRN von ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen.“ (Spr 3,5– 6) Ich wünsche dir für den heutigen Tag, dass du über allen Erfahrungswerten Gottes Stimme hörst und ihr folgen kannst, auch wenn dich seine Weisung überrascht. Ottmar Wander NOVEMBER Morgens: Klagelieder 3–5 Abends: 1. Johannes 3 SA 07.34 · SU 16.37 · KW 46 12 Dienstag Über dem allen, mein Sohn, lass dich warnen; denn des vielen Büchermachens ist kein Ende, und viel Studieren macht den Leib müde. Prediger 12,12 Wir leben in einer Zeit, in der sich das Wissen in immer kürzer werdenden Zeiträumen verdoppelt. Schon lange weiß niemand mehr alles, und Bücher gibt es so viele, dass wir bewusst auswählen müssen. Enzyklopädien sind so schnell überholt, dass sie nur noch in digitaler Form erscheinen. Zu den Büchern kommen noch Zeitschriften, das Internet und andere Medien hinzu, die uns mit Wissen versorgen. Die Kinder lernen in der Schule immer mehr und auch im Beruf müssen wir uns lebenslang weiterbilden. Wer nicht auf dem aktuellen Stand ist, verliert schnell den Anschluss. Lernen gehört zu unserem Leben und viele Annehmlichkeiten des heutigen Lebens gäbe es gar nicht, wenn nicht frühere Generationen durch ihr Wissen die Voraussetzungen dafür geschaffen hätten. Raubt unser Verlangen, immer mehr wissen zu wollen, uns so viel Zeit, dass uns für das wirklich Wichtige im Leben, für die Pflege von Beziehungen (zu Gott, zu unserer Familie und zu unseren Mitmenschen) keine Zeit mehr bleibt? Ein junger, wissbegieriger König wollte alles Wichtige über das Leben erfahren und bat deshalb die Weisen seines Landes, das aufzuschreiben. Sie machten sich an die Arbeit und legten dem König schließlich 1000 Bücher vor. Der war inzwischen 60 Jahre alt und wollte deshalb alles kürzer haben. Nach weiteren zehn Jahren war alles auf 100 Bände reduziert. „Schreibt nur das Allerwichtigste“, sagte der König zu ihnen. Als alles nur noch ein Buch umfasste, lag ihr Herr schon im Sterben. Die Gelehrten sollten das Ergebnis ihres Forschens nun in einem Satz zusammenfassen. Dieser lautete: „Die Menschen leben, leiden und sterben. Was wichtig ist und überlebt, ist die Liebe, die wir von Gott empfangen und geschenkt bekommen.“ Unserem Andachtswort folgt auch eine Zusammenfassung in einem Satz: „Lasst uns die Hauptsumme aller Lehre hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das gilt für alle Menschen.“ (Pred 12,13) Ehrfurcht vor Gott und Liebe zu ihm zeigt sich nicht zuerst in unserem Wissen – so wichtig dies auch ist – sondern darin, dass wir das tun, was uns sein Wort und speziell seine Gebote sagen. Wir sollen Täter des Wortes sein und nicht nur Hörer (Jak 1,22). Günter Schlicke NOVEMBER Morgens: Hesekiel 1–2 Abends: 1. Johannes 4 SA 07.36 · SU 16.36 · KW 46 13 Mittwoch Nach großer Aufregung und heftigen Auseinandersetzungen zwischen ihnen und Paulus und Barnabas beschloss man, Paulus und Barnabas und einige andere von ihnen sollten wegen dieser Streitfrage zu den Aposteln und Ältesten nach Jerusalem hinaufgehen. Apostelgeschichte 15,2 (Einheitsübersetzung) Eine Fabel erzählt: Es herrschte Streit im Tierreich um ein altes Wasserloch. Die Tiere im Urwald waren aufgebracht und in zwei Parteien gespalten. Die einen wollten das Wasserloch zuschütten, weil in der Nähe eine Quelle entstanden war; die andern wollten es erhalten, weil man schon seit Generationen daran gewöhnt war und die Quelle zu weit weg lag. Die Schildkröte sagte: „Ich mag keinen Streit, der Konflikt lässt sich sowieso nicht lösen. Ihr regt mich zu sehr auf!“ Und sie zog den Kopf ein und verkroch sich unter ihrem Panzer. Der Bär umarmte die anderen Tiere: „Ich will mich ja gar nicht streiten. Vergessen wir doch den Konflikt, und lasst uns gute Freunde sein.“ Darauf sagte der Tiger: „Gute Freunde sein hilft uns nicht weiter, wir müssen das Problem lösen. Ich weiß, wie wir es machen. Notfalls ziehe ich die Lösung auch alleine durch.“ „Ja“, sagte darauf der schlaue Fuchs, „wir müssen das Problem schon lösen. Aber suchen wir doch einen Kompromiss: Jeder gibt ein bisschen nach und jeder gewinnt ein bisschen.“ Lange Zeit hatte die weise Eule zugehört, dann meldete sie sich zu Wort: „Halbe Lösungen sind keine Lösungen, weil keiner damit richtig zufrieden ist. Wir brauchen einen Weg, wo der Konflikt offen angesprochen, das Problem gelöst wird und alle zufrieden sind.“ „Wie willst du denn das machen? “ fragten die Tiere. „Wir werden sehen“, antwortete die Eule und rief alle Tiere zusammen … Konflikte gibt es überall: in der Ehe, in der Familie, im Freundeskreis und auch in der Gemeinde. Selbst in der Urgemeinde kamen Streit und Zwiespalt auf, wie wir unserem Andachtswort entnehmen können. Da hilft es nicht, das Problem zu verdrängen, vorschnell nach Harmonie zu trachten, eine Lösung auf Biegen und Brechen durchzuziehen oder faule Kompromisse zu schmieden. Eine Lösung gibt es nur, wenn alle zusammenkommen, offen und fair miteinander reden und eine gemeinsame Lösung suchen. In der Urgemeinde ist das damals gelungen. Es funktioniert auch heute noch. Roland E. Fischer NOVEMBER Morgens: Hesekiel 3–4 Abends: 1. Johannes 5 SA 07.38 · SU 16.35 · KW 46 14 Donnerstag [Jesus sagte:] „Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben.“ Matthäus 11,28 (Hoffnung für alle) „Unter Korruption versteht man den Missbrauch einer Vertrauensstellung als Funktionsträger … zum persönlichen Vorteil … Der wichtigste Faktor, der aus ehrlichen Menschen korrupte Menschen macht, heißt Macht … Macht führt dazu, dass man ,Wasser predigt, aber selbst Wein trinkt‘ (Heinrich Heine) … Denn wer sich mächtig fühlt, der unterliegt selbst weniger der Regelung durch Andere …“ (Prof. Manfred Spitzer, „Korrupt ist jeder – mehr oder weniger“, Nordwestzeitung 19.1.2012) Auch im Bereich der Religion und des Glaubens gab es zu allen Zeiten das Problem des Machtmissbrauchs an meist hilflosen Opfern. An einer Auseinandersetzung mit diesem Thema kam auch Jesus nicht vorbei, wie wir z. B. seinem Gebet in Matthäus 11,25 entnehmen können: „Mein Vater … Ich danke dir, dass du die Wahrheit vor den Klugen und Gebildeten verbirgst und sie den Unwissenden enthüllst.“ (Hfa) Wie stand es denn um das einfache Volk zur Zeit von Jesus? Sie mussten glauben und tun, was ihnen angeordnet wurde. Sie wurden abhängig gemacht von menschlichen Regeln und Gesetzen – einer Last, die nur sehr schwer zu tragen und zu ertragen war. Während die einen unter dieser Knechtschaft demütig litten, wurden andere – wie z. B. die Zöllner – in Form von Machtmissbrauch selbst korrupt. Doch ein Problem hatten wohl alle – die Mächtigen und die Geknechteten, die Gebildeten und Unwissenden, die Armen und die Reichen: Sie suchten nach innerem Frieden, nach dem Sinn des Lebens, nach Ruhe und Angenommensein. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Wer aber wird diese Ruhe finden? Wer darf sie dauerhaft erleben? Jeder, der die Einladung von Jesus annimmt, wie unser Andachtstext sagt. Er wird den Unterschied zwischen menschlichem Zwang und der göttlichen Herrschaft kennenlernen. Die Einladung von Jesus gilt auch uns heute: „Lasst euch von mir in den Dienst nehmen und lernt von mir! Ich meine es gut mit euch und sehe auf niemanden herab. Bei mir findet ihr Ruhe für euer Leben. Mir zu dienen ist keine Bürde für euch, meine Last ist leicht.“ (V. 29–30 Hfa) Ich kann jedem aus eigener Erfahrung nur empfehlen, diese Einladung anzunehmen! Waltraud Schneider-Kalusche NOVEMBER Morgens: Hesekiel 5–7 Abends: 2. Johannes SA 07.39 · SU 16.33 · KW 46 15 Freitag O Herr, welch unermessliche Vielfalt zeigen deine Werke! Sie alle sind Zeugen deiner Weisheit, die ganze Erde ist voll von deinen Geschöpfen. Psalm 104,24 (Hoffnung für alle) Haben wir auch schon so empfunden? Wie vor Jahrtausenden kann die Schöpfung noch heute in ihrer Vielfalt, Farbenpracht und Zweckmäßigkeit entzücken, wenn wir uns ein offenes Auge, Ohr und Herz dafür bewahren. Der Psalmsänger konnte noch nicht wissen: dass Gott die Millionen von Dingen und Lebewesen – unsere gesamte materielle Welt – aus nur 92 Elementen erschuf, die ihrerseits aus winzigen Teilchen, den Atomen, bestehen. Dieses Wissen sollte unsere Bewunderung des Schöpfers vergrößern. Ein Atom ist unvorstellbar klein und leicht. Keine Waage kann sein Gewicht messen, kein Mikroskop kann es sichtbar machen. Und doch ist es da und lässt sich nachweisen. Man müsste etwa 100 Millionen Wasserstoffatome aneinanderlegen, wollte man die Länge eines einzigen Zentimeters erreichen. Ein Vergleich kann uns helfen, diese Dimensionen zu erfassen: Angenommen, wir würden die Welt hundertmal vergrößern, dann wären wir Menschen halb so groß wie der Berliner Fernsehturm, und die Maikäfer so groß wie Stiere; aber das Wasserstoffatom wäre noch nicht zu sehen. Nach erneuter hundertfacher Vergrößerung wären wir Menschen doppelt so groß wie der höchste Berg der Welt; die Maikäfer wären Ungeheuer von 300 Metern Länge – vom Atom wäre immer noch nichts zu sehen. Auch eine dritte Vergrößerung würde es nicht sichtbar machen; erst nach der vierten, bei der ein Ei die Größe unserer Erde und die Bakterien die der Wale hätten, würde das Atom in der Größe einer Weinbeere in unser Blickfeld kommen. Diese winzigen Atome hat der Schöpfer in unermesslicher Zahl geschaffen, zu unzählbaren Molekülen zusammengefügt und durch sie die materielle Welt und die Lebewesen aufgebaut. In einem Felsbrocken von einem Kubikmeter Größe befinden sich 27 Trillionen Atome (diese Zahl hat 18 Nullen). Wer kann schon solche Zahlen begreifen? Selbst die unsichtbaren Atome und die Moleküle zeugen, wie unser Andachtswort sagt, von der Vielfalt der Werke Gottes und von seiner Weisheit. Sie bestätigen die Worte, die Augustinus von Hippo (354–430) zugeschrieben werden: „Gott ist in den kleinsten Dingen am größten.“ Das ist ein weiterer Grund, unseren Schöpfer heute zu bewundern, ihm zu danken und ihn zu loben. Paul Gerhard Wiesenberg NOVEMBER Morgens: Hesekiel 8–10 Abends: 3. Johannes SA 07.41 · SU 16.32 · KW 46 16 Sabbat „… damit sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein.“ Johannes 17,21a Viele Gläubige sehnen sich danach, in ihren Gemeinden Einigkeit – das Einssein – zu erleben. Damit meinen sie oft, dass es keine Spannungen und Meinungsunterschiede geben darf. Ist diese Art von Einssein das, was Jesus in seinem hohenpriesterlichen Gebet (Joh 17) meinte, und zwar sowohl im Blick auf die einzelnen Gemeinden als auch auf die gesamte Christenheit (wie viele Ausleger meinen)? Jesus betete hier nicht für das Miteinander der Gemeindeglieder, sondern für das persönliche Einssein der Gläubigen mit ihm und dem Vater. So wie er mit dem Vater eins war und ist, so sollten alle, die durch das Zeugnis der Apostel zum Glauben kommen (V. 20), mit ihm eins sein, d. h. zu ihm eine enge Beziehung haben und mit ihm verbunden leben. Jesus zählte auf, was gläubige Menschen erkannt haben und wie er sie beschenken wollte: Die Gläu- bigen wissen, dass Gott seinen Sohn in diese Welt gesandt hat, weil er sie liebt (V. 23b). Christus hat ihnen seine Herrlichkeit gegeben (V. 22), d. h. Glanz und Ehre für die Erlösten, die zu einem neuen Leben auferstehen und Christus in seiner Herrlichkeit sehen werden (V. 24). Sie dürfen Erlösungsgewissheit haben, weil sie wissen, was Jesus auch weiterhin für sie tut: „Und ich habe ihnen deinen Namen [das Wesen des Vaters] kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.“ (V. 26) Sie leben so, dass die Menschen um sie herum erkennen, dass Gott die Welt liebt und Christus der von Gott gesandte Erlöser ist (V. 23). Weil Gottes Liebe in ihnen ist, werden sie dann auch das neue Gebot Jesu erfüllen können: „Ihr sollt einander lieben! Genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander lieben! An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid“ (Joh 13,34–35 GNB) Unterschiedliche Sichtweisen und kontroverse Diskussionen sind kein Zeichen dafür, dass es das persönliche Einssein mit Jesus in der Gemeinde nicht gibt oder die Einigkeit bei offenen Fragen nicht möglich wäre. Jeder, der aus dieser von Jesus erbetenen Beziehung mit ihm und dem Vater lebt, wird zur Liebe untereinander und damit auch zum Gemeindefrieden beitragen können. Harald Weigt NOVEMBER Morgens: Hesekiel 11–13 Abends: Hebräer 1 SA 07.43 · SU 16.31 · KW 47 17 Sonntag „Seht, ich [Gott, der Herr] öffne eure Gräber; ich lasse euch als mein Volk aus euren Gräbern steigen.“ Hesekiel 37,12 (Neues Leben Bibel) Es geschah nicht an einem Volkstrauertag, sondern mitten im Sommer des Jahres 2011: Der Präsident unserer Kirche, Pastor Ted Wilson, besuchte die Theologische Hochschule Friedensau. Ein Programmpunkt war die Führung durch den Ort und die anschließende Fahrt mit dem „Trabbi“ der Hochschule über das Gelände. Die sich auflösende Nationale Volksarmee der DDR schenkte uns Anfang der 1990er-Jahre einen Trabant-Kübelwagen. Es ist ein Cabrio, das ich häufig nutze, um Gästen das weitläufige Gelände der Hochschule zu zeigen. Auf der Fahrt wollte ich am kircheneigenen Friedhof nur kurz anhalten, aber Ted Wilson bestand darauf, auszusteigen und die Gräber zu besichtigen. Viele gläubige Menschen liegen auf diesem Friedhof begraben und es wurde richtig spannend, als ich ihm einiges über sie erzählte. Es lag nahe, dass wir uns dabei die Szene aus unserem Andachtstext vergegenwärtigt haben. Was wird das für ein großartiges Ereignis sein, wenn die Gräber sich öffnen und die auferweckten Gläubigen heraussteigen! Dem Prophet Hesekiel wurde das plastisch gezeigt; der Apostel Paulus bekräftigte diese Hoffnung, die bei der Wiederkunft Christi Wirklichkeit wird: „Denn der Herr selbst wird mit einem lauten Befehl, unter dem Ruf des Erzengels und dem Schall der Posaune Gottes vom Himmel herabkommen. Dann werden zuerst alle Gläubigen, die schon gestorben sind, aus ihren Gräbern auferstehen.“ (1 Ths 4,16 NLB) Dann wird einiges los sein auf dem kleinen Friedensauer Friedhof. Leben statt Tod, Lebendigkeit statt Ruhe und Stille werden an diesem Tage in Friedensau einziehen. Und die Gläubigen in Christus werden dann mit ihm ewig leben. Als Pastor Wilson, seine Begleiter und ich uns das bildlich vor Augen führten, wurden wir tief berührt. In solch einem Augenblick werden die Probleme der Kirche und das Management der Hochschule nebensächlich. Denn die Auferstehung ist unsere Hoffnung. Dafür leben wir, dafür arbeiten wir; dafür haben Gläubige gelitten und manche sind für die Sache Gottes gestorben. Sich vorzustellen, dass die Vielen auferstehen werden, dass Christus ihnen neues Leben schenkt und sie – zusammen mit den dann Lebenden – mitnimmt in seine neue Welt, schenkt uns Hoffnung, Zuversicht und Kraft. Auch schon für den heutigen Tag! Roland Nickel NOVEMBER Morgens: Hesekiel 14–15 Abends: Hebräer 2 SA 07.45 · SU 16.29 · KW 47 18 Montag Während Petrus im Gefängnis saß, betete die Gemeinde inständig für ihn zu Gott … Als [die Dienerin Rhode] seine Stimme erkannte, war sie so durcheinander vor Freude, dass sie ohne die Tür zu öffnen wieder zu den anderen zurücklief. „Petrus steht vor der Tür!“, rief sie. „Du bist von Sinnen“, meinten die anderen. Und als sie darauf beharrte, kamen sie zu dem Schluss: „Es muss wohl sein Engel sein.“ … Als sie schließlich die Tür öffneten und ihn sahen, waren sie außer sich vor Staunen. Apostelgeschichte 12,5.14–16 (Neues Leben Bibel) Ein erhörtes Gebet brachte einer Baptistengemeinde in den USA eine Schadensersatzklage ein: In einer kleinen Ortschaft im Bundesstaat Texas wollte ein Wirt seine Kneipe erweitern. Dagegen setzte sich die örtliche Baptistengemeinde mit Behördeneingaben und Gebeten zur Wehr. Die Folge: Etwa eine Woche vor der Wiedereröffnung schlug ein Blitz in Drummonds Bar ein; das Gebäude brannte ab. Die Christen rühmten – etwas vorlaut – die „Macht des Gebets“. Denn der Wirt verklagte die Gemeinde auf Schadensersatz: „Mittelbar oder unmittelbar“ sei sie für die Zerstörung des Hauses verantwortlich. Das wiederum stritt die Gemeinde ab. Nun hatte der Richter, der das Urteil sprechen sollte, ein Problem: „Ich weiß nicht, wie ich in dieser Sache entscheiden soll. Nach Aktenlage haben wir hier einen Wirt, der jetzt an die Macht des Gebets glaubt, und eine christliche Gemeinde, die nicht mehr daran glauben will.“ Wer also ernsthaft betet, sollte damit rechnen, dass Gott sein Gebet erhört! Eher selten tut er es so spektakulär und nicht immer sofort – und auch nicht immer so, wie wir uns das vorstellen. Aber wenn Gott uns „beim gebeteten Wort“ nimmt, dürfen wir mit Überraschungen rechnen – wie die ersten Christen, als sie gemeinsam um die Befreiung des Petrus beteten. Die junge Dienerin erkannte sofort, dass Gott die Gebete erhört hatte, und freute sich so sehr darüber, dass sie vergaß, Petrus die Tür zu öffnen. Die „frommen Beter“ hielten sie für nicht zurechnungsfähig und suchten sofort nach plausiblen Erklärungen für das, was ihnen zu wunderbar vorkam. Was erwarteten sie denn als Antwort auf ihre Gebete? Welch eine Vorstellung von Gott hatten sie? Was erwarten wir, wenn wir für Andere beten? Wie groß (oder klein) ist mein Gott? Was und wie viel traue ich ihm eigentlich zu? Herr, ich will dir kindlich vertrauen – wie damals die Dienerin Rhode! Elí Diez-Prida NOVEMBER Morgens: Hesekiel 16–17 Abends: Hebräer 3 SA 07.46 · SU 16.28 · KW 47 19 Dienstag Lasst euch von Gott als lebendige Steine in seinen geistlichen Tempel einbauen. 1. Petrus 2,5a (Neues Leben Bibel) Ein Farbiger berichtete einmal folgende Geschichte: „Bei uns im Dorf hatte ein Mann seine Hütte auf ein paar Pfähle gestellt, weil er am Fluss wohnte. Eines Tages entdeckte er an den Pfählen einige faule Stellen. Da ging er und holte ein sehr scharfes Messer. Damit schnitt er die faulen Stellen aus, aber das Schneiden machte ihm so viel Freude, dass er gar nicht aufhören konnte. Die Pfähle wurden immer dünner, und auf einmal brachen sie ab und die Hütte lag im Wasser. Der Mann konnte gerade noch an Land schwimmen, bevor ihn die Krokodile bemerkten, und so ging er zum weißen Vater [dem Missionar] und fragte ihn, wieso das so gekommen sei. Der weiße Vater antwortete: ‚Wenn man an Pfählen herumschnitzt, dann werden sie immer dünner, und schließlich brechen sie ab. Das hättest du eigentlich wissen können. Aber du hattest so viel Freude am Schneiden, dass du nicht aufhören konntest und gar nicht merktest, wie die Pfähle immer dünner wurden, bis du samt der Hütte im Wasser lagst. Besser wäre es gewesen, du hättest ein paar neue Pfähle eingerammt. Ist es besser, einen Unterbau zu stärken oder zu schwächen? ‘ Da dachte der Mann daran, wie er ins Wasser gefallen war, und an die Krokodile, und sagte: ‚Ich glaube, es ist besser, ihn zu stärken.‘“ (Aus: Michael Horatczak, Obolungwe oder ein Neger in Europa, Herder-Verlag 1961, S. 117f.) In der Bibel wird die Gemeinde mit einem Haus verglichen. Gibt es daran „faule“ Stellen? Wenn man genau hinsieht, leider mehr als genug. Was ist zu tun? Hilft es, die faulen Stellen herauszuschneiden? Manche würden gern alles Fehlerhafte entfernen. Dabei halten sie sich an die von ihnen für heilig erklärte Devise: „Lieber klein und rein.“ Eine sündlose Gemeinde hat es nie gegeben und wird es auch nie geben! Statt dauernd auf ihre Unzulänglichkeiten zu starren, statt dauernd – im übertragenen Sinne – daran herumzuschneiden, sollte man sich lieber bemühen, die Gemeinde zu bauen, und wenn es sein muss, auch morsche Pfähle zu ersetzen und neue einzurammen. „Lasst euch von Gott als lebendige Steine in seinen geistlichen Tempel einbauen“, das heißt: Bringt euch selbst mit aller Liebe und mit euren Kräften ein, um die Gemeinde mitzugestalten. Die Beurteilung darüber, was sich schlussendlich als standfest erweisen wird, können wir getrost Gott überlassen. Josef Butscher NOVEMBER Morgens: Hesekiel 18–19 Abends: Hebräer 4 SA 07.48 · SU 16.27 · KW 47 20 Mittwoch Legt von euch ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet. Erneuert euch aber in eurem Geist und Sinn und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit. Epheser 4,22–24 Im Frühjahr 2011 gelang Chirurgen des Bingham and Women’s Hospital in Boston (USA) eine spektakuläre Operation. Dem Texaner Dallas Wiens wurde ein komplett neues Gesicht transplantiert. Weil der 26-Jährige während seiner Arbeit auf einer Hebebühne mit einer Starkstromleitung in Berührung gekommen war, erlitt er schwerste Gesichtsverbrennungen. Das Ärzteteam tauschte in einer 15-stündigen Operation Nase, Lippen, Haut, Gesichtsmuskeln und -nerven gegen die eines anonymen Spenders aus, der bei einem Unfall ums Leben gekommen war. Nach der Operation bedankte sich Dallas Wiens überschwänglich: „Ich kann niemals mit Worten ausdrücken, was für mich getan wurde … Für mich fühlt sich das neue Gesicht an wie mein eigenes.“ (Nach Zeitungsmeldungen vom 11. Mai 2011.) Erneuerung ist etwas Wunderbares – vor allem dann, wenn Zerstörtes wiederhergestellt wird. Im Falle des überglücklichen Texaners ging es „nur“ um das Äußere. Christus bietet den Erlösten eine viel tiefer greifende, echte Umgestaltung an. Ihm geht es um das Innere des Menschen, sein Denken, Fühlen, Wollen und Handeln. Auch hier soll etwas Entstelltes wiederhergestellt werden, nämlich das Wesen des Menschen, wie er von Gott ursprünglich gedacht war – als sein Ebenbild und damit Ausdruck seiner Liebe und Gerechtigkeit. Diese Wiederherstellung ist Teil des Planes Gottes mit den Menschen. Die Sünde – der Zustand des Getrenntseins von Gott – wurde durch das Sterben und die Auferstehung Christi überwunden. Somit wurde die Ursache beseitigt, die unser Wesen zerstört hat. Damit die Erneuerung bei uns wirkt – sozusagen der „neue Mensch“ in uns hinein „transplantiert“ werden kann – ist es nötig, „den Sohn Gottes immer besser kennenzulernen, sodass unser Glaube zur vollen Reife gelangt und wir ganz von Christus erfüllt sind“ (Eph 4,13 NLB). Schauen wir also auf Christus! Beschäftigen wir uns mit seinem Leben und seinen Worten, dann geschieht diese Umwandlung tatsächlich. Für heute ist der Anfang schon gemacht. Thomas Lobitz NOVEMBER Morgens: Hesekiel 20.21 Abends: Hebräer 5 SA 07.49 · SU 16.26 · KW 47 21 Donnerstag Meine Gnade ist alles, was du brauchst! Denn gerade wenn du schwach bist, wirkt meine Kraft ganz besonders an dir. 2. Korinther 12,9a (Hoffnung für alle) Der jüdische Rabbiner Paulus sah Jesus in einer Vision und erkannte in ihm den Messias. Er stellte sein Leben ganz in den Dienst der Mission und gründete in vielen Städten neue Christengemeinden. An vielen Orten schlug ihm erbitterter Widerstand entgegen, doch davon ließ er sich nicht beirren. Prügelstrafen, Haft, Schiff bruch, Folter – all das konnte ihn nicht aufhalten. Man sollte meinen, dieser zähe Bursche sei ein Muster an Gesundheit und Ausdauer gewesen. Doch in seinen Briefen gestand Paulus, dass er unter Schmerzen litt, die ihm das Leben manchmal unerträglich machten. Dreimal hatte er Gott angefleht, ihn von diesem Leiden zu befreien (V. 7–8). Doch Gott gab ihm die Antwort des Andachtstextes. Und Paulus akzeptierte dieses Nein. Er grummelte und klagte nicht darüber, sondern schrieb: „Darum will ich vor allem auf meine Schwach- heit stolz sein. Dann nämlich erweist sich die Kraft Christi an mir. Und so trage ich alles, was Christus mir auferlegt hat – alle Misshandlungen und Entbehrungen, alle Verfolgungen und Ängste. Denn ich weiß: Gerade wenn ich schwach bin, bin ich stark.“ (V. 9b–10 Hfa) Wie können wir zu einer solchen Einstellung finden? Vor vielen Jahren bekam ein Architekt den Auftrag, einen Saal des Herrscherpalastes künstlerisch auszugestalten. Er wollte die Wände mit riesigen Spiegeln verkleiden. Doch als die erste Schiffsladung mit den Spiegeln aus Paris eintraf, entdeckte der Bauherr entsetzt, dass alle Spiegel zertrümmert waren! Er ließ den Scherbenhaufen auf den Müllplatz bringen und verständigte den Architekten von diesem Unglück. Der ließ alle Scherben wieder in Kisten schaufeln und zum Palast zurückbringen. Die zerbrochenen Spiegel sollten in noch kleinere Teile zerlegt werden. Aus diesen winzigen Teilchen komponierte der Architekt ein leuchtendes Spiegelmosaik. Die Wände funkelten wie Diamanten. Gerade durch das Zerbrechen der Spiegel wurde ihre Schönheit herausgehoben, denn nun standen nicht mehr die Spiegel im Mittelpunkt, sondern das Licht, das von den zahllosen Minispiegeln zurückgeworfen wurde. So kann mancher „Zerbruch“ in unserem Leben etwas Großes zum Vorschein bringen: die Macht Gottes, die uns auch im Unglück stehenbleiben lässt. Sylvia Renz NOVEMBER Morgens: Hesekiel 22.23 Abends: Hebräer 6 SA 07.51 · SU 16.25 · KW 47 22 Freitag Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. 1. Petrus 5,7 „Herr, könntest du nicht den Regen abstellen, wenigstens für ein paar Minuten? “ Ich hätte nie gewagt, ganz offiziell darum zu beten – es kam mir nur so in den Sinn an diesem total verregneten Morgen auf dem Weg zu unserer TV-Werkstatt. Unser Fernsehgerät brauchte ein Update, wie das halt so ist bei den modernen Geräten von heute. Und Feuchtigkeit jeder Art war das Letzte, was dieses Wunderwerk der Unterhaltungselektronik gebrauchen konnte. Daher machte ich mir Sorgen. Aber ganz ehrlich: Ich hatte nicht ernsthaft damit gerechnet, dass der große Gott auch eine derart profane Bitte erhören würde. Es ging ja wirklich nur um ein Fernsehgerät. Aber er ist immer für eine Überraschung gut. Und er überraschte mich auch an diesem trüben Vormittag. Kaum hatten wir den Parkplatz erreicht, hörte der Regen schlagartig auf. Für wenige Augenblicke brach sogar die Sonne durch, sodass wir nicht nur trockenen Fußes die Werkstatt erreichten, sondern das empfindliche Gerät auch problemlos über den Hof transportieren und in den Kofferraum stellen konnten. Der Regen legte tatsächlich eine Pause ein, bis wir zu Hause waren und das Fernsehgerät wieder an seinem gewohnten Platz in unserem Wohnzimmer stand – und setzte ganz heftig wieder ein, als die Arbeit getan war. Ich werde diese ganz besondere Erfahrung niemals vergessen. Bis zu diesem Vormittag hätte ich niemals gewagt, Gott mit derart profanen Sorgen zu belästigen. Seit diesem Erlebnis traue ich ihm buchstäblich alles zu, im besten Sinne des Wortes, denn ich weiß: Kein Problem ist zu groß, als dass er es nicht lösen könnte, und keine Sorge zu klein, als dass er sich nicht mit aller Liebe und Barmherzigkeit darum kümmern würde. Wenn mir jemand sagt: „Ich vertraue dem Herrn nur die wirklich wichtigen Dinge an“, dann antworte ich: „Wer den Herrn so einschränkt, der versäumt das Beste in seinem Leben.“ Gott will sich nämlich wirklich um alles kümmern, was uns Sorgen macht, und genau das will er auch heute tun. „Er sorgt für euch“, versicherte Petrus. So ist er. Er möchte auch heute unser Helfer sein und uns an diesem Tag begleiten. Behalte ihn in Gedanken, vertraue ihm alle deine Sorgen an (ob in der Andacht am Morgen oder ganz spontan) – und lass dich von ihm überraschen, denn er meint es auf der ganzen Linie gut mit dir! Friedhelm Klingeberg NOVEMBER Morgens: Hesekiel 24–26 Abends: Hebräer 7 SA 07.53 · SU 16.24 · KW 47 23 Sabbat Denke an den Sabbattag, um ihn heilig zu halten. Sechs Tage sollst du arbeiten und all deine Arbeit tun, aber der siebte Tag ist Sabbat für den HERRN, deinen Gott. Du sollst an ihm keinerlei Arbeit tun, du und dein Sohn und deine Tochter, dein Knecht und deine Magd und dein Vieh und der Fremde bei dir, der innerhalb deiner Tore wohnt. Denn in sechs Tagen hat der HERR den Himmel und die Erde gemacht, das Meer und alles, was in ihnen ist, und er ruhte am siebten Tag; darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn. 2. Mose 20,8–11 (Elberfelder Bibel) Es gibt immer wieder notwendige Amputationen von Gliedmaßen infolge schwerster Verletzungen oder Erkrankungen. Wer davon betroffen ist, leidet zeitlebens daran, weil Abgetrenntes nicht mehr nachwächst. Am tragischsten sind Fehlamputationen, die aufgrund von Verwechslungen passieren. So hatte man am 16. Juni 2010 im Krankenhaus St. Johann in Tirol einer 91-jährigen Frau versehentlich zunächst das gesunde rechte Bein amputiert, bevor wenige Tage später auch das kranke abgenommen wurde. Wie schrecklich! Was hat das mit unserem Andachtstext zu tun? Auf den ersten Blick sicher nichts, doch ist nicht vor allem am „völlig gesunden“ 4. Gebot eine überaus unangemessene „Amputation“ vorgenommen worden? Diese ausführlichste göttliche Weisung innerhalb des Dekalogs hat man derart „verstümmelt“, dass davon im evangelischen Katechismus nur noch fünf Wörter übriggeblieben sind: „Du sollst den Feiertag heiligen.“ Solch ein drastischer Eingriff kann nicht im Sinne dessen sein, der die Zehn Gebote selbst aufgeschrieben und seinem Volk übergeben hatte. Bei dieser von Menschen gemachten „Amputation“ wurden vier wesentliche Aussagen abgeschnitten: 1. Die Nennung des von Gott eingesetzten Ruhetages, nämlich des Sabbats, als ein von Gott gesegneter und geheiligter siebter Wochentag. 2. Der Arbeitsauftrag für die restlichen sechs Werktage. 3. Die generelle Sabbatruhe für Mensch und Vieh. 4. Die Beschreibung Gottes als den Schöpfer der Welt. Gerade der letzte Punkt hat dazu beigetragen, die Erinnerung an Gott als den Schöpfer allen Lebens in Vergessenheit geraten zu lassen. Doch wie können wir auf eine Neuschöpfung durch Jesus Christus hoffen, wenn wir die erste Schöpfung nicht für tatsächlich geschehen halten? Jürgen Schammer NOVEMBER Morgens: Hesekiel 27–29 Abends: Hebräer 8 SA 07.54 · SU 16.23 · KW 48 24 Sonntag Dass aber die Toten auferstehen, darauf hat auch Mose gedeutet beim Dornbusch, wo er den Herrn nennt Gott Abrahams und Gott Isaaks und Gott Jakobs [2 Mo 3,6]. Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden; denn ihm leben sie alle. Lukas 20,37–38 Der wahrscheinlich letzte Song, den Johnny Cash, der bekannte amerikanische Country-Sänger, vor seinem Tod schrieb, hat die Auferstehungshoffnung zum Thema. Titel und Refrain stammen aus 1. Korinther 15,55: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel? “ Dem Triumph des Todes folgt ein Lobpreis des Lebens („Du bist ein heller Weg“). Dann drückt der Sänger seine Hoffnung aus, in der Auferstehung Jesus zu begegnen („Der Erlöser wird ihm winken“). Das Leben davor gleiche einer Fahrt auf stürmischer See. Er bittet Gott, sein Schiff zu lenken und ihn dann und wann in einen sicheren Hafen und schließlich in den „Hafen des Lichts“ zu leiten, dorthin, wo alles leicht und hell sein wird. „Wohin gehen die Toten? “, fragen sich viele Menschen – nicht nur am Totensonntag. Jesus sagt, sie sind in Gott geborgen, sie „leben ihm“; d. h. sie sind ihm in seiner Erinnerung gegenwärtig. Sie, die wie Abraham, Isaak und Jakob längst verstorben und nach dem Zeugnis der Bibel und unserer eigenen Erfahrung zu „Staub“ geworden sind, bleiben in Gottes Gedanken lebendig. Und weil weder der Tod noch das Grab Gottes letztes Ziel sind – denn er will die Gläubigen an seinem immerwährenden Leben teilhaben lassen – blickt der Schöpfer auf sie schon als seine neuen Geschöpfe in der Auferstehung. Darum ist der Tod für Christen nur ein „Tödlein“, wie Martin Luther sagte. Wenn man ihn „in Christus anschaut“, dann muss man ihn nicht mehr fürchten. Sterben mag zwar bitter sein, aber wenn wir uns am Glauben ausrichten, so werde es für uns einen „süßen Tod“ geben. Zwar ist der Tod für den Menschen etwas anderes als für das Tier, denn an der menschlichen Todesfurcht zeigt sich, dass der Mensch für das Leben geschaffen ist. Das Leben aber ist für den Christen wesentlich nicht ein Wachsen und Vergehen, sondern eigentlich ein ewiges Bleiben, denn im Glauben ist er schon vom Tod zum Leben hindurchgedrungen (Joh 5,24) und besitzt von da an das ewige Leben (1 Joh 5,11–12). Herr, wir danken dir für die Zusage, dass wir mit Jesus Christus das wahre und ewige Leben bereits besitzen und auf die Auferstehung der Gerechten hoffen dürfen. Hans Heinz NOVEMBER Morgens: Hesekiel 30.31 Abends: Hebräer 9 SA 07.56 · SU 16.22 · KW 48 25 Montag Aber ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast. Offenbarung 2,4 (Elberfelder Bibel) Heute feiern wir unseren 23. Hochzeitstag, und ich habe ihn nicht vergessen! 23 Jahre sind kein Rekord oder Jubiläum und doch scheint es mir – wenn ich mich im Freundeskreis und der Gemeinde umsehe –, dass viele schon früher aufgegeben haben. Ehe ist oftmals zu anstrengend, zu schwierig, zu kompliziert. Viele dieser Ehepaare waren sehr verliebt, als sie ihre gemeinsame Lebensreise begannen. Sie freuten sich, Zeit mit dem Partner zu verbringen. Sie zählten die Stunden und Minuten, bis sie sich wiedersahen. Sie redeten viel miteinander, sie kochten füreinander, sie hielten einander an der Hand. Irgendetwas lief schief, irgendwann erschien alles einfach zu schwer zu sein; die Verletzungen konnten nicht mehr heilen. Unser heutiger Bibeltext beschreibt die frühe Christengemeinde, die trotz Verfolgung und innerer Probleme versuchte, Christus nicht aus den Augen zu verlieren. Jesus lobte viele Dinge in der Gemeinde von Ephesus: die Werke, die Mühe, das Ausharren, das genaue Prüfen der Wahrheit, das Leiden für Jesus (Off b 2,2–3). Aber dann steht da dieser eine Satz: „Ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast“! (V. 4 EB) Die erste Liebe zu Jesus ist eine besondere Liebe. Das ist etwas anderes als Leidenschaft und Lust. Da ist ein Gegenüber, jemand, der die Sehnsucht in mir stillen kann – die Sehnsucht nach Gemeinschaft mit Gott und nach Ganzheit, die Sehnsucht nach Eden und ein Vorgeschmack auf die neue Schöpfung. In meiner Arbeit verbringe ich (dienstlich) viele Stunden mit der Bibel. Auch nehme ich an vielen Sitzungen teil, in denen über wichtige theologische Fragen nachgedacht wird. Und doch merke ich: Das alles bewahrt mich nicht davor, dass die erste Liebe zu Jesus verlorengehen kann. Jesus weist uns auf ein Gegenmittel hin: „Bedenkt, von welcher Höhe ihr herabgestürzt seid! Kehrt um und handelt wieder so wie zu Beginn!“ (Off b 2,5 GNB) Erinnere dich und kehre um. Höre auf deine Sehnsucht. Lass dich von dieser Sehnsucht zu den Füßen Jesu leiten. Gib ihm deine Hand und sag dem, der dich unendlich liebt: „Ja, ich will – heute, morgen, und bis in die Ewigkeit.“ Nach 23 Jahren möchte ich das nicht nur wieder meiner Frau sagen, sondern auch dem, der mich geschaffen hat, mich sehr gut kennt – und mich dennoch liebt! Gerald A. Klingbeil NOVEMBER Morgens: Hesekiel 32.33 Abends: Hebräer 10,1–18 SA 07.57 · SU 16.21 · KW 48 26 Dienstag Gedenkt an eure Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben. Hebräer 13,7a Heute vor 186 Jahren – im Jahr 1827 – wurden in Gorham im US-Bundesstaat Maine (ganz im Nordosten gelegen), Zwillinge geboren: Ellen und Elisabeth Harmon. Ihr Vater war ein armer Hutmacher. Die Eltern zogen mit ihren acht Kindern später nach Portland. Dort hatte Ellen mit neun Jahren einen schweren Unfall. Ein Stein traf sie so unglücklich im Gesicht, dass sie wochenlang um das Überleben kämpfte. Sie genas, konnte aber die Schule nicht mehr besuchen. Hier fängt das Staunen an: Wie konnte Ellen, die mit 18 Jahren James White heiratete, trotz dieser Behinderung und ihrer nur vierjährigen Schulbildung so viele Briefe, Artikel und Bücher schreiben, die weitreichende Ratschläge bezüglich christlicher Lebensführung, Erziehung und Gesundheit enthalten, und solche wegweisenden Reden halten? Und das in einer Zeit, in der Frauen in der Öffentlichkeit wenig Einfluss hatten! Als Gott sie mit 17 Jahren zu einer prophetischen Aufgabe berief, meinte sie wie einst Mose und Jeremia: „Das kann ich nicht!“ Sie war schüchtern und lebte zurückgezogen. Aber nachdem sie den Auftrag angenommen hatte, wuchs mit der Aufgabe ihre Kraft. Auf den wenigen Bildern, die es von ihr gibt, sieht man eine strenge Frau – aber der Eindruck täuscht: „Unsere Oma war eine heitere Frau“, erzählten später ihre Enkel. „Sie konnte viel lachen.“ Ellen White lebte in einer Männerwelt, aber die Männer der Adventgemeinde hörten (meist) auf sie und respektierten ihren Rat. Taten sie es nicht, merkten sie bald, dass sie falsch gelegen hatten. Sie war nah am Puls der Zeit. Damals trugen Frauen lange, schwere Röcke, die den Schmutz der Straße aufwirbelten. „Das ist unvernünftig, macht sie kürzer!“, empfahl sie. Was sie traurig machte, war die Art und Weise, wie Meinungsverschiedenheiten in der Gemeinde ausgetragen wurden. Sie schrieb 1885: „Es ist ein großes Übel, das unter uns in großem Ausmaß existiert … alles infrage zu stellen und zu kritisieren, was ein Anderer tut, und so aus Maulwurfshügeln Berge zu machen.“ (Zitiert in Medical Ministry, S. 297) Für Menschen, die uns geistlich begleitet und mit Vorbild, Ermutigung und Ermahnung zur Seite gestanden haben, sollten wir Gott immer wieder danken. Und – falls sie noch leben – würden sie sich sicher sehr darüber freuen, von uns persönlich ein Wort des Dankes und der Wertschätzung zu hören. Lothar Reiche NOVEMBER Morgens: Hesekiel 34–36 Abends: Hebräer 10,19–39 SA 07.59 · SU 16.20 · KW 48 27 Mittwoch Gott hat euch zur Freiheit berufen, meine Brüder und Schwestern! Aber missbraucht eure Freiheit nicht als Freibrief zur Befriedigung eurer selbstsüchtigen Wünsche, sondern dient einander in Liebe. Galater 5,13 (Gute Nachricht Bibel) Als unsere Tochter klein war, hatte sie eine Lieblingspuppe, die überallhin mitmusste. Dazu gehörte ein roter Koffer, in dem alle Puppenkleider verstaut wurden. Dann bekam sie einen Roller geschenkt. An einem nasskalten Herbsttag wollten wir spazieren gehen, natürlich mit dem Roller, aber die Puppe und der Koffer sollten auch mit. Wir Eltern erhoben Einwände: „Beides wird nicht gehen, dann fällt dir die Puppe oder der Koffer vom Roller und alles wird dreckig!“ Nein, die Einwände galten nicht. Alles musste mit. Wir waren noch nicht weit, da passierte es. Der Koffer fiel runter, sprang auf und alles landete in der Pfütze. Das Geschrei war groß. Typisch Vater konnte ich es mir nicht verkneifen zu sagen: „Wir haben es dir ja vorher gesagt!“ Worauf sie ärgerlich entgegnete: „Und warum habt ihr es mir dann nicht verboten?!“ Geht es uns nicht allen so ähnlich? Menschen nehmen sich die Freiheit zu tun, was sie wollen. Wenn es dann aber schlimm ausgeht und sie unter den negativen Folgen leiden, dann fragen sie: „Warum lässt Gott das zu? “ Wir wurden von Gott zur Freiheit berufen. Sie ist Ausdruck von Vertrauen und Liebe und verleiht uns Würde. Gott ist die Freiheit so wichtig, dass er die Möglichkeit zur falschen Entscheidung nicht ausschloss, weil sie zur Freiheit gehört. Mit seinen Geboten warnt er zwar vor den negativen Folgen aus dem Missbrauch der Freiheit, aber er verhindert sie nicht auf ihre Kosten. Das ist nicht leicht zu verstehen – und noch schwerer zu ertragen. Weil sie die negativen Folgen der Freiheit fürchten, neigen Menschen dazu, einander die Freiheit zu nehmen. Die Diktatur des Proletariats war gut gemeint, endete aber mit dem Bau von Mauern. In der Gemeinde gehen fromme Menschen manchmal mit Andersdenkenden so um, dass es denen die Luft zum Atmen nimmt. Die Freiheit ist nicht nur gefährdet, sondern auch gefährlich. Was ist die Lösung? „Dient einander in Liebe!“ Freiheit lässt sich nicht mit Gewalt verteidigen. Sie kann sich nur da entfalten, wo Menschen einander mit Vertrauen und Güte begegnen. Wo wir ehrlich fragen: Wie kann ich dem Anderen beistehen oder helfen?, werden wir davor bewahrt, uns auf seine Kosten durchzusetzen und die Freiheit, zu der wir berufen sind, bleibt bewahrt. Lothar Wilhelm NOVEMBER Morgens: Hesekiel 37–39 Abends: Hebräer 11,1–19 SA 08.00 · SU 16.19 · KW 48 28 Donnerstag Ich [Paulus] habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet und bin im Glauben treu geblieben. 2. Timotheus 4,7 (Neues Leben Bibel) Wer so wie der Apostel Paulus gekämpft hat, dem wird die Gewissheit geschenkt, nicht vergeblich gekämpft zu haben. Darin ist er uns ein Vorbild. Es gibt solche Vorbilder auch heute, aber sie sind rar geworden. Jugendliche brauchen sie. Wie sieht es mit dir und mir diesbezüglich aus? In einer Abiturklasse fragten einmal die Schüler den Schulleiter: „Sagen Sie uns bitte, wann sich ein Leben gelohnt hat, und wann es sich nicht gelohnt hat. Sie haben doch Karriere gemacht!“ Der Direktor war Mathematiker und kein Religionslehrer, aber er gab den Schülern eine treffende und hilfreiche Antwort: „Wenn Sie sich am lieben Gott verrechnet haben, hat sich das Leben nicht gelohnt.“ Viele Rechenfehler im Leben können korrigiert werden, sogar Fehler in der Lebensführung. Doch wer Gott aus seinem Leben ausklammert, entzieht seinem Leben Fundament und Ziel. Die ganze Lebensaufgabe wird unbrauchbar, sinnlos und leer. Kardinal Faulhaber (1869–1952) wurde von Albert Einstein (1879–1955) einmal gefragt, was er tun würde, sollte die Mathematik beweisen, dass sein Glaube falsch sei. Darauf gab der Kardinal prompt zur Antwort: „Ich würde geduldig warten, bis Sie Ihren Rechenfehler gefunden haben.“ Wohl dem, der sich seines Glaubens an Gott so gewiss sein kann! Ob sich dahinter Überheblichkeit verbergen mag? Nicht, wenn derjenige die Versprechen Gottes in Anspruch nimmt und sich seinem Willen unterstellt. Der Hebräerbrief fordert uns auf, in der Bemühung, „ein heiliges Leben nach dem Willen Gottes zu führen“, nicht nachzulassen (12,14b NLB). Die Heiligung fordert unseren vollen Einsatz, aber dieser Einsatz geschieht nicht aus eigener Kraft, sondern in der Kraft von Jesus Christus, die sich gerade in jenen am eindrucksvollsten entfaltet, die sich ihrer Schwachheit bewusst sind (2 Kor 12,9). Im lebenslangen Prozess der Heiligung wird unser Charakter dem Wesen von Christus immer ähnlicher. Ein guter Kampf des Glaubens ist es, wenn wir erleben: „Unser Leben wird durch [Christus] geheiligt“ (1 Kor 1,30 NLB). Ich wünsche uns für den heutigen Tag, dass wir mit Jesus eng verbunden bleiben und ihm in jeder Situation die Treue halten und die Ehre geben. Egon Schramm NOVEMBER Morgens: Hesekiel 40.41 Abends: Hebräer 11,20–40 SA 08.02 · SU 16.19 · KW 48 29 Freitag Als Potifar das hörte, packte ihn der Zorn. Er ließ Josef festnehmen und in das königliche Gefängnis bringen. 1. Mose 39,20 (Gute Nachricht Bibel) Josef landete im Gefängnis, weil sein Chef Potifar der Lüge seiner Frau glaubte. Das ist sehr ungerecht, zumal Josef immer treu und zuverlässig seine Arbeit verrichtet hatte. Doch nun saß er im Gefängnis, und vermutlich gingen ihm viele Fragen durch den Kopf. Dennoch scheint Josef nicht verbittert gewesen zu sein, denn er verhielt sich so, dass der Aufseher des Gefängnisses schon bald seine Fähigkeiten und seine Vertrauenswürdigkeit erkannte und alle Aufgaben an Josef delegierte (V. 22–23). Hatte Josef je die Chance, die Ungerechtigkeit, die ihm durch Potifar widerfahren war, richtigzustellen? In der Bibel ist nichts mehr von Potifar oder einer Begegnung zwischen ihm und Josef berichtet. In meinem Leben bin ich stets darauf bedacht, dass mir Recht geschieht und Unrecht nicht auf mir sitzenbleibt. Ich bin immer schnell dabei, mich zu verteidigen, und wenn der Andere am längeren Hebel sitzt, dann schmolle ich auch einmal. Josef scheint nichts dergleichen getan zu haben. Sicherlich war er über das Unrecht, das man ihm angetan hatte, traurig, vielleicht auch wütend. Aber er scheint beschlossen zu haben, sich von dieser Sache nicht niederdrücken zu lassen und diesem Unrecht keine Macht über sein Leben zu geben. Können wir das auch? Können wir Unrecht, das uns angetan wurde, loslassen und vergeben, und weiter aufrichtig und geradlinig unser Leben führen, ohne zu verbittern? Geht das wirklich so einfach? Josef konnte es. In dieser Geschichte steht immer wieder der kleine Satz „… und der Herr war mit Josef“ (in V. 2.21.23). Vielleicht ist das der Schlüssel: Gott war mit ihm. Wo Gott ist und wo wir Gott Platz einräumen, werden wir dennoch manchmal – wie Josef – Unrecht erfahren. Vielleicht werden wir auch nie die Möglichkeit haben, uns zu verteidigen oder die Sache richtigzustellen. Dennoch: Wo Gott mit uns ist und wir mit ihm, werden wir nicht verbittert sein, sondern können Anderen vergeben und erfahren: Gott hilft auch dabei und schenkt uns die Kraft dazu. Herr, lass mich über das Unrecht, das mir geschieht, nicht bitter werden. Hilf, dass ich es loslassen und in deine Hand legen kann! Stephanie Kelm NOVEMBER Morgens: Hesekiel 42–44 Abends: Hebräer 12 SA 08.03 · SU 16.18 · KW 48 30 Sabbat Erhebe deine Stimme wie ein Horn und verkünde meinem Volk sein Vergehen und dem Haus Jakob seine Sünden! Jesaja 58,1b (Elberfelder Bibel) Ist diese Botschaft heute noch zeitgemäß oder verprellen wir damit nur unsere Mitmenschen? In der Annahme, dass nur Botschaften der Liebe und Gnade die Menschen retten, hat mancher Theologe die Worte Sünde und Schuld aus seinem Wortschatz verbannt. Gott sieht das anders und fordert seine Diener auf, Dinge, die nicht in Ordnung sind, in seinem Volk klar und deutlich anzusprechen. Wer schon einmal in einer fremden Stadt ohne Navigationsgerät unterwegs war, weiß, dass nur eine einzige Fehlentscheidung an einer der vielen Kreuzungen in eine völlig falsche Richtung führen kann. So ist es auch in unserem Leben: Sünde und Schuld bringen uns vom rechten Weg ab. Die Geschichte des Volkes Israel ist ein trauriges Beispiel dafür, dass Abweichungen von dem Weg, den Gott vorgegeben hatte, nicht die Ausnahme, sondern die Regel waren. Das Tragische ist, dass wir – ohne ein Eingreifen von außen – häufig unsere Situation falsch einschätzen. Wir glauben, alles sei in Ordnung, und erkennen erst am Ende mit Erschrecken, dass wir das Ziel verfehlt haben. Davor möchte Gott jeden Menschen bewahren. Deshalb hat uns der heutige Andachtstext zweierlei zu sagen: Lass Dich korrigieren! Nimm Kritik ernst und weise sie nicht vorschnell zurück. „Mängelanzeigen“ sind nicht angenehm, aber sie bieten eine große Chance zur Verbesserung. Dazu müssen wir innehalten und unseren tatsächlichen Zustand im Lichte des Wortes Gottes gründlich überprüfen. Er zeigt uns nicht nur, wie wir sein sollen, sondern schenkt uns zugleich die notwendige Kraft zur Veränderung. Habe den Mut, Unrecht beim Namen zu nennen! Mit einem Dritten über das Versagen und die Schuld deines Nächsten zu sprechen, das ist keine Kunst. Aber es kostet Mut, zu dem Betroffenen zu gehen und ihn direkt anzusprechen, wie Jesus seine Nachfolger angewiesen hat (Mt 18,15). Dabei sollten wir nicht vorwurfsvoll, lieblos oder taktlos vorgehen, sondern in der Liebe und Gesinnung von Christus. Am besten kann diesen seelsorgerlichen Dienst derjenige tun, der niemals vergisst, dass er selbst täglich auf Gottes Güte und Geduld angewiesen ist, der bereit ist, zuzuhören und sich in die Lage des Anderen zu versetzen, bevor er seinen Mund auftut. Albrecht Förster DEZEMBER Morgens: Hesekiel 45.46 Abends: Hebräer 13 SA 08.05 · SU 16.17 · KW 49 1 Sonntag Denn uns ist ein Kind geboren … Jesaja 9,5 Erwartungsvoll betritt eine Schulklasse unsere Einrichtung, um das Angebot „Heimlichkeiten im Advent“ kennenzulernen. Weihnachtsbäckerei, Geschenkwerkstatt, Weihnachtsliederraten und weihnachtliche Kleindarsteller sind die Stationen auf dem Programm. Bei Letzteren lesen und spielen die Kinder die Rolle von Maria und Joseph, sind Kaiser Augustus, König Herodes, einer von seinen Ratgebern oder stellen die drei Weisen aus dem Morgenland dar. Die Aufführung endet an der Krippe. Die Kinder knien davor, werden still und beten an. Auf diese Weise sind sie mittendrin, nicht nur dabei. „Denn uns ist ein Kind geboren!“ Uns? Jawohl, da steht wirklich uns. Darüber mache ich mir meine Gedanken. Ich stelle mir bildlich vor, es würde heute passieren. Wie könnte das ablaufen? Die Krippe fände nicht unsere Zustimmung; wir würden uns um eine geeignetere Unterkunft kümmern. Außerdem hat ein Stall eine begrenzte Kapazität. Wer dürfte unmittelbar an der Krippe dabei sein? Natürlich welche von uns, „denn uns ist ein Kind geboren“! Doch das Geschehen verlief anders: Ein Engel informierte zuerst eine Handvoll Hirten. Das waren sehr einfache Leute, die im Abseits der Gesellschaft lebten – ohne Sicherheiten und Hoffnung. Für sie machte Gott eine Lichtshow am Himmel und der Engel sagte: „Euch ist heute der Heiland geboren.“ Wieso denn das? Ich denke uns ist er geboren. Doch gerade mit diesen einfachen Zeitgenossen schrieb Gott Geschichte. Sie befanden sich an der Krippe quasi in der ersten Reihe und wurden zu Evangelisten, obwohl sie ungebildete Leute waren. Dann wurde es noch einmal hell am Himmel. Dieses Mal für jene, die genauer hinsahen. Ein Stern brachte Menschen auf die Idee, sich auf den Weg nach Bethlehem zu machen. Moment mal – gehören Sterndeuter auch zu uns? Erstaunlich, wie weit Gott den Kreis zog! Die Wohlhabenden aus dem Orient beschenkten Jesus mit Gold, Weihrauch und Myrre. Auffällig ist, dass sie, die „Reichen“, den beschwerlicheren Weg zur Krippe hatten. Und wo waren unsere Leute – diejenigen, die sich in der Prophetie gut auskannten? Ich weiß es nicht. Ich weiß aber: Jetzt ist eine gute Zeit, um Arme und Reiche, Junge und Alte, Laien und Gebildete einzuladen, sich auf den Weg zu Jesus zu machen. Denn uns ist schon lange ein Kind geboren! Jürgen Weller DEZEMBER Morgens: Hesekiel 47.48 Abends: Jakobus 1 SA 08.06 · SU 16.17 · KW 49 2 Montag Lachen hat seine Zeit … Prediger 3,4b Unlängst schenkte mir jemand ein Buch mit dem Titel „Selig sind die Humorvollen“. Das ist allerdings keine „Seligpreisung“ aus dem Munde Jesu. Er nannte die Leidtragenden, die Sanftmütigen und Andere glücklich (Mt 5,3–11), doch die Humorvollen fehlen in seiner Auflistung. Können wir uns vorstellen, dass Jesus solch einen Satz („Selig sind die Humorvollen“) aussprechen würde? Und wenn ja, wie würde er den zweiten Teil formulieren? („ … denn sie werden gesünder sein“?) Wer Humor besitzt, kann Missgeschicke leichter ertragen. Ein Mensch mit dieser Gabe ist fähig, die miese Stimmung in einer Gruppe aufzuhellen. Wer oft lacht, erhält seine Seele gesund. An humorvolle Stunden denkt jeder gern und lange zurück. Und auch der Körper profitiert vom Humor: Kranke, die viel lachen, werden schneller gesund. Der Andachtstext von Salomo bestätigt, dass Lachen zu unserem Leben gehört. Dabei stellt sich die Frage, ob Gott auch Humor besitzt. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass ein humorloser Schöpfer imstande gewesen wäre, so viele, teilweise lustig aussehende Tiere zu schaffen. Wenn Jesus an einer Hochzeitsfeier teilnahm oder ein Fest besuchte, hat er bestimmt nicht wie ein Trauerkloß herumgehangen. Nicht zuletzt war Jesus als Kinderfreund bekannt. Das setzt diese Gabe geradezu voraus. Wie oft mag er sich am „Kindermund“ erfreut haben! Ich bin sicher, schon damals regten die Kleinen die Lachmuskeln an. Das heutige Andachtswort fordert geradezu heraus, Kinder zu Wort kommen zu lassen. Im Urlaub im Allgäu sah ein Junge ein Kalb, das gerade bei der Kuh saugte. Die Mutter erklärte dem Dreijährigen: „Als du noch klein warst, hast du auch bei deiner Mama getrunken.“ Zu Hause angekommen, erzählte er der Oma seine Allgäuer Erlebnisse und meinte: „Als Mama noch eine Kuh war, habe ich auch bei ihr getrunken.“ Was ist aber, wenn mir nicht zum Lachen zumute ist? Salomo sagte: „Ein jegliches hat seine Zeit … weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit.“ (Pred 3,1.4) Es geht nicht darum, krampfhaft fröhlich zu sein. Immer wieder beeindruckt es mich, wie das leidgeprüfte Volk der Juden selbst in schwersten Zeiten den Humor nicht verlor. Sie setzten ihn als eine Waffe zum Überleben ein. Nicht jeder von uns besitzt die Gabe des Humors, doch Erlöste haben es leichter, fröhlich zu sein. Wilfried Krause DEZEMBER Morgens: Daniel 1.2 Abends: Jakobus 2 SA 08.07 · SU 16.16 · KW 49 3 Dienstag Christus ist deshalb für alle gestorben, damit alle, die leben, nicht länger für sich selbst leben, sondern für Christus, der für sie gestorben und auferstanden ist. 2. Korinther 5,15 (Hoffnung für alle) Wir drehen uns um die eigene Achse – das fällt heute schon bei Kindern auf. Sagte man früher: „Der Michael und ich …“, heißt das heute: „Ich und der Michael …“ Und statt zu beten: „Dein Wille geschehe“, denken selbst viele Christen nur noch an sich nach dem Motto: „Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.“ Wer daran festhält, nur für sich selbst zu leben, verpasst das Leben, das Jesus schenkt. Wer für sich selbst lebt, lebt in der Trennung von Gott (die einfachste Definition von „Sünde“) und schadet nicht nur sich selbst, sondern beraubt auch seinen Schöpfer und Erlöser: Er enthält ihm seine Gaben und Fähigkeiten vor, seine Zeit, seine Energie, sein Geld. Leben wir für uns selbst, stecken wir das „in die eigene Tasche“, was Gott uns zu treuen Händen anvertraut hat. Die Sünde (Einzahl), für die Jesus Christus starb, hat nicht vor allem mit unserem moralischen Versagen und unseren falschen Taten (Sünden in der Mehrzahl) zu tun, sondern damit, dass wir – von Jesus getrennt – ohne eine Vertrauensbeziehung zu ihm (Sünde in der Einzahl, siehe Joh 16,9a) egozentrisch leben und weder für ihn noch für unsere Mitmenschen. Wir ehren nicht ihn, sondern sind auf die eigene Ehre bedacht. Jesus ist gestorben, um uns aus diesem verhängnisvollen Kreislauf zu befreien. Wenn wir unsere Ausweglosigkeit einsehen und ihn als Herrn und Erlöser annehmen, macht er uns frei von unserem Egoismus; wir beginnen, für ihn zu leben, der sich ganz und gar für uns aufgeopfert hat. Bei Jesus finden wir unsere wahre Identität. Indem wir uns von ihm führen lassen, entfalten sich die Gaben, die Gott uns verliehen hat – und zwar umso besser, je mehr wir sie ihm und unseren Mitmenschen in den Dienst stellen. Wer diese Befreiung erlebt und nicht mehr zuerst nach der Erfüllung seiner Wünsche trachtet, sondern nach „dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit“ (Mt 6,33), wird erleben, wie ihm alles andere zufällt, was er zum Leben wirklich braucht. So hat es Jesus in seiner Bergpredigt versprochen: „Wenn ihr für ihn lebt und das Reich Gottes zu eurem wichtigsten Anliegen macht, wird er euch jeden Tag geben, was ihr braucht.“ (NLB) Albrecht Höschele DEZEMBER Morgens: Daniel 3.4 Abends: Jakobus 3 SA 08.09 · SU 16.16 · KW 49 4 Mittwoch Barsillai, der Gileaditer, kam herab von Roglim und zog mit dem König [David] an den Jordan, um ihn über den Jordan zu geleiten. Und Barsillai war sehr alt, wohl achtzig Jahre. Er hatte den König versorgt, als er in Mahanajim war. 2. Samuel 19,32–33 König David durchlitt gerade eine der schlimmsten Erfahrungen seines Lebens. In seiner Jugend hatte er jahrelang vor Saul, seinem Vorgänger auf dem Thron, fliehen müssen; nun aber war es sein eigener Sohn, der ihm nach dem Leben trachtete! Absalom war es gelungen, die Herzen des Volkes – vor allem der jungen Generation – zu stehlen und hatte eine Rebellion angezettelt, um seinen Vater zu entthronen. In dieser kritischen, ja fast hoffnungslosen Situation, trat ein den meisten Bibellesern wohl unbekannter 80-jähriger Mann auf, dessen Herz im vorgerückten Alter weiterhin treu für seinen König schlug. Barsillai ließ sich nicht von der Euphorie des Volkes für Absalom anstecken. Er tat, was ihm möglich war, und versorgte David und die wenigen, die zum König hielten, im Exil mit Lebensmitteln (2 Sam 17,27–29). Obwohl er nicht wissen konnte, wie die Sache ausgehen würde, blieb er David treu ergeben. Nach der Niederschlagung des Aufstandes begleitete Barsillai David zurück nach Jerusalem bis an den Jordan. David lud seinen Wohltäter ein, fortan am Königshof zu leben; Barsillai aber war sich seines Alters bewusst, lehnte dankend ab und verabschiedete sich. (2 Sam 19,34–38). Gott gibt auch alten Menschen Möglichkeiten, sich für andere, auch jüngere, einzusetzen. Als ich 18 Jahre alt war und mich in einer kritischen Phase befand, war es ein Ehepaar im Alter von über 70 Jahren, das mich häufig zu sich nach Hause einlud und mir Mut machte, mich für Christus zu entscheiden. Leider erlebten es diese liebenswürdigen Rentner nicht mehr, dass ich Prediger wurde. Auch in einer Kirchengemeinde gibt es viele Aufgaben, die von rüstigen Senioren übernommen werden können. Wohl denen, die sich bis ins hohe Alter für ihre Gemeinde einsetzen, selbst wenn sie Enttäuschungen und Undankbarkeit erlebt haben. Viele unter uns Älteren können dankbar bezeugen, dass Gott sie stets geführt und getragen hat. Die Dankbarkeit eines Älteren ist jungen Menschen ein glaubwürdigeres Zeugnis als viele fromme Worte. Manfred Böttcher DEZEMBER Morgens: Daniel 5–7 Abends: Jakobus 4 SA 08.10 · SU 16.15 · KW 49 5 Donnerstag Du aber, HERR, bist der Schild, der mich schützt, meine Ehre bist du allein. Du selbst richtest mich immer wieder auf. Psalm 3,4 (Neue Genfer Übersetzung) Im Jahr 1988 ging eine Geschichte durch die Medien, die vor nicht allzu langer Zeit auch verfilmt wurde (Der Ruf der Wale). Ein Walelternpaar mit seinem Jungen wurde durch einen zu frühen und sehr harten Wintereinbruch unweit des kleinen Inuit-Städtchens Point Barrow im Norden Alaskas von Eismassen in einer Bucht eingeschlossen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis auch das letzte verbliebene Atemloch zufrieren und die drei unter der geschlossenen Eisdecke zugrunde gehen würden. Retter gingen daran, alle 20 Meter Löcher in das 15 cm dicke Eis zu sägen, um so der kleinen Walfamilie Stück für Stück den kilometerlangen Weg zum offenen Meer zu bahnen. Schließlich gelang es mit der Hilfe eines russischen Eisbrechers, die letzte dicke Eisbarriere zu durchbrechen. Die amerikanisch-russische Zusammenarbeit war ein kleines Frühlingszeichen in der ansonsten eher frostigen politischen Welt jener Jahre. Das Waljunge überlebte die Prozedur leider nicht, aber beide Eltern schwammen unter den Augen der Medien aus aller Welt hinaus in die Freiheit. Die Geschichte erinnert mich an den Weg, den Gott mit uns geht. Er schafft uns immer wieder „Atemlöcher“, bei denen wir „auftauchen“ und „Luft holen“ können. Es ist gut, wenn wir Menschen um uns haben, die uns in schwierigen Situationen beistehen, uns ermutigen und aufrichten. Dafür gibt es die Gemeinde, dafür gibt es Familie und Freunde. Der Andachtstext jedoch weist auf einen Stärkeren hin. Gott ist unser Schild und er ist es, der uns immer wieder aufrichtet. Er sieht die Wolken, die sich über uns zusammenziehen. Er sieht den Kummer, den uns Andere vielleicht bereiten. Er sieht die Enttäuschung, die wir uns selbst eingebrockt haben – und das möglicherweise zum wiederholten Male. Dennoch: Er ist da und richtet uns immer wieder auf. Ihm liegt noch viel mehr an uns, als den Tierschützern an der Rettung der Wale. Richten wir auch heute den Blick zu ihm, schauen wir auf, atmen wir durch. Der Schöpfer des Himmels und der Erde vergisst seine Kinder nicht, selbst wenn es Tage geben sollte, an denen man unsicher werden könnte, ob seine Zusagen noch gelten. Vertrauen wir darauf: Er hält, was er verspricht! Matthias Müller DEZEMBER Morgens: Daniel 8–10 Abends: Jakobus 5 SA 08.11 · SU 16.15 · KW 49 6 Freitag Die Liebe fügt niemandem Schaden zu. Römer 13,10a (Neues Leben Bibel) Wladimir Klitschko, der amtierende Boxweltmeister im Schwergewicht und Doktor der Sportwissenschaft, ist kein ganz gewöhnlicher Mensch. Schon die 1,98 Meter und 110 Kilogramm machen ihn zu einer imposanten Erscheinung. Von 60 Kämpfen hat er 57 gewonnen, davon 50 durch K. o. Seine Kampftechnik hat ihm den Beinamen „Dr. Stahlhammer“ eingebracht. Klitschko ist nach eigenen Aussagen kaltblütig und emotionslos – jedenfalls im Kampf. Wenn er jedoch seinem Bruder Vitali beim Boxen zuschaut, kann er es kaum ertragen. Auf die Frage eines Reporters, ob er auch gegen seinen Bruder antreten würde, antwortete er: „Nicht um alles Geld in dieser Welt. Ich frage Sie: Was kostet das Herz Ihrer Mutter? “ (Time, 14.5.2012) Ein kaltblütiger Boxer mit Herz? So scheint es. Für Klitschko gibt es offensichtlich einen entscheidenden Unterschied zwischen seinem Bruder und den anderen Boxkämpfern, gegen die er im Ring antritt. Er ist doch mein Bruder! Wie könnte ich gegen ihn kämpfen, ihn k.o. schlagen, auf die Bretter schicken? Niemals! Genau. Man kann gegen einen Gegner kämpfen, einem Bruder aber muss man beistehen. Undenkbar, dass ich ihm Schaden zufügen oder Böses antun könnte. Kains Brudermord ist das erste und zugleich größte Verbrechen in der Geschichte der Menschheit. Jeder Mord ist Brudermord! Aus Sicht der Bibel resultiert zwischenmenschliche Schuld stets aus einem Mangel an Liebe. Umgekehrt gibt es kein anderes Gesetz als das Gebot der Liebe. „Wer den anderen liebt, hat damit das Gesetz Gottes erfüllt.“ (Röm 13,8 NLB) „Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses“ (V. 10a), sie fügt ihm keinen Schaden zu. Der Nächste aber ist mein Mitmensch und mein Bruder – selbst der vermeintliche Gegner und erbitterte Feind. Die einzig logische Konsequenz daraus lautet: „Die Liebe fügt niemandem Schaden zu.“ (NLB) Wie könnten wir es da ertragen, wenn jemandem Unrecht geschieht, wenn Menschen schlechtgeredet und Falschaussagen verbreitet werden (Rufmord)? Wie könnten wir schweigen oder wegschauen, wenn Menschen ausgegrenzt und diffamiert werden – auch im Namen der Moral und der Religion? Die Menschen, denen ich heute begegne, sind meine Schwestern und Brüder. Ich will sie als solche ansehen und behandeln, sie unterstützen und ihnen beistehen. Und ich darf hoffen, dass sie es genauso tun. Rolf J. Pöhler DEZEMBER Morgens: Daniel 11.12 Abends: Judas SA 08.12 · SU 16.15 · KW 49 7 Sabbat Darum lasst uns nicht mehr einer den anderen richten; sondern richtet vielmehr darauf euren Sinn, dass niemand seinem Bruder einen Anstoß oder Ärgernis bereite. Römer 14,13 Einen Jahresrückblick im Fernsehen schloss der Kommentator mit dem Satz: „Diese Welt ist kein Paradies.“ Daran wird wohl niemand zweifeln. Fachleute haben kürzlich herausgefunden, dass Streit und Ärgernisse zugenommen haben. Unser Andachtstext weist darauf hin, dass auch Gottes Gemeinden kein Paradies sind. Nachfolger von Jesus haben immer noch mit ihrem sündhaften Wesen zu kämpfen. „Wo Menschen sind, da menschelt es.“ Alles nicht so tragisch? Ja, wenn die Folgen nicht so tragisch wären. Streit belastet das Gemeindeleben, vergiftet die Atmosphäre. Daran stoßen sich manche so sehr, dass sie die Gemeinde wechseln oder verlassen. Andere schließen sich deshalb erst gar nicht der Gemeinde an. Es ist äußerst bedrückend zu erfahren, dass man durch liebloses Verhalten einen Menschen aus der Gemeinde vertrieben hat. Paulus erklärte uns, wie wir besser miteinander umgehen können. Zuerst kommt es darauf an, selbst darauf bedacht zu sein, keinen Anlass zum Ärgernis zu geben, weder durch Worte noch durch anstößiges Verhalten. Da dies weder mir noch meinen Mitchristen immer gelingt, sollen wir lernen, mit den Querelen positiv umzugehen; nicht Öl ins Feuer gießen, sondern helfen, das Feuer zu löschen. Wie das möglich wird, erklärte Paulus in Römer 14 und 15: Nicht richten und nicht verurteilen, denn beides steht nur Gott zu; den Anderen achten und nicht miteinander rivalisieren; nicht rechthaberisch sein, sondern andere Auffassungen gelten lassen; den Schwachen tragen und sich in dessen Denken und Situation hineinversetzen; barmherzig, weitherzig und zugleich selbstkritisch sein; Unrecht vergeben, wie Gott uns vergibt. So können wir verhindern, dass Gottes Gemeinde und ihre Glieder durch unsere Schwächen Schaden nehmen. „Nichts überzeugt stärker als die Liebe und Gemeinschaft unter Christen. Nichts zerstört die Einheit der Gemeinde schneller als Antipathien und Streit unter Christen. Eine schlechtere Werbung kann es gar nicht geben“, erklärte Klaus Baschang. Ich weiß, das alles ist leichter geschrieben als getan. Dennoch erwartet Jesus von uns, dass wir Friedensstifter sind (Mt 5,9 EB) – auch und vor allem in der Gemeinde! Wenn wir ihn ernstlich darum bitten, wird er uns die Kraft dazu geben. Joachim Hildebrandt DEZEMBER Morgens: Hosea 1–4 Abends: Offenbarung 1 SA 08.13 · SU 16.14 · KW 50 8 Sonntag HERR, leite mich in deiner Gerechtigkeit um meiner Feinde willen; ebne vor mir deinen Weg! Denn in ihrem Munde ist nichts Verlässliches; ihr Inneres ist Bosheit. Ihr Rachen ist ein offenes Grab; mit ihren Zungen heucheln sie. Psalm 5,9–10 Was tun, wenn Menschen, denen man vertraut, einem frech ins Gesicht lügen? Wenn man erfährt, dass sie hinterrücks alles tun, um einem zu schaden? Und dann kommen, um erneut verlogenfreundlich aufzutreten – als wäre nichts geschehen? Schlimmer noch: wenn sie einen trösten wollen für das, woran sie selbst nach Kräften mitgewirkt haben? Wir sollen unsere Feinde lieben, sagt Jesus in der Bergpredigt, weil es keine Kunst ist, die zu mögen, die einen auch gern haben (Mt 5,44.46). Natürlich ist es richtig, auch im Angesicht von Heuchelei anständig und freundlich zu bleiben. Man will sich ja nicht selbst auf ein niedriges Niveau begeben. Manches wird man auch gelassen ertragen können, weil es gar nicht die Mühe lohnt, jede kleine Gemeinheit zu enttarnen. Von permanenter Selbstverleugnung ist allerdings in der Bibel nicht die Rede – im Gegenteil: Wer Nächste und Fernste – seine Gegner – respektiert, der darf auch ein Auge auf sich selbst und das eigene Wohlbefinden haben. Dazu gehört es, gegebenenfalls Klartext zu reden, Andere damit zu konfrontieren, was sie Dritten gegenüber an Hetze oder Kritik geäußert haben. Wichtig ist dabei, nicht gleich spontan loszulegen, denn die Wut ist eine sehr schlechte Ratgeberin. Man kann sich Zeit nehmen und sich überlegen, was einen an der Heuchelei so trifft. Und welchen Respekt man für sich einfordert, nämlich dass man dem Anderen ein offenes Wort wert sein möchte. Trotzdem kann es sein, dass das alles nichts bringt. Dein Gegenüber ist vielleicht zu feige oder zu faul, sich der Mühe einer Auseinandersetzung zu unterziehen oder sich zu entschuldigen. „In ihrem Munde ist nichts Verlässliches“, heißt es in den Psalmen. „Mit ihren Zungen heucheln sie!“ Da hilft nur Distanz und ein klares Signal, was man von der oder dem Anderen keinesfalls mehr haben möchte: Nähe oder Gespräche, in denen so getan wird, als sei alles in bester Ordnung. Man sollte es sich einfach gönnen: den Umgang mit Menschen, die – anders als die im Psalm beschriebenen – zuverlässig und warmherzig sind, die die Wahrheit sagen, auch wenn sie unbequem ist, und dies taktvoll und aus Liebe und Respekt tun. Beate Strobel DEZEMBER Morgens: Hosea 5–8 Abends: Offenbarung 2 SA 08.14 · SU 16.14 · KW 50 9 Montag [Jesus sagte:] „Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.“ Matthäus 10,33 Eine junge Frau aus nichtchristlicher Familie interessierte sich für die Bibel und sah sich unter christlichen Gemeinden um. Da stellte sie fest, dass viele Gemeindemitglieder sich zwiespältig jenen gegenüber verhielten, die sie nicht besonders mochten. In deren Gegenwart waren sie sehr freundlich, aber kaum waren sie abwesend, redeten sie schlecht über sie. Diese Beobachtung gab mir zu denken: Was alles umfasst der Tatbestand, Jesus zu verleugnen? Sicher nimmt sich jeder Christ wie Petrus vor, ihn niemals zu verleugnen. Wir verleugnen Jesus, wenn wir aus Angst dann schweigen, wenn wir von ihm erzählen und uns als seine Nachfolger bekennen könnten. Ellen G. White schrieb: „Wer Christus bekennen will, muss natürlich eine lebendige Beziehung zu ihm haben. Man kann nicht anderen etwas weiter- geben, was man selber nicht hat. Christus bekennen heißt nämlich nicht, in beredten Worten von ihm zu sprechen oder seine Lehren zu vertreten. Es ist durchaus möglich, sich der Worte Jesu zu bedienen, ohne dass dabei etwas von seinem Geist und seiner Liebe mitschwingt. Was aber nicht im Geiste Christi geschieht, dient ihm nicht, gleichgültig welches Bekenntnis dabei abgelegt wird. Jesus verleugnen heißt nicht nur, sich von ihm abzuwenden oder sich gegen ihn zu stellen. Man kann ihn auch durch törichtes Geschwätz oder unaufrichtiges Verhalten verunehren. Christus wird auch verleugnet, wo man seine Pflichten vernachlässigt, fragwürdigen Vergnügungen nachgeht, sich der Welt anzupassen sucht oder starrsinnig an der eigenen Meinung festhält. Wo man sich so verhält, wird offenbar, dass man nicht vom Geist Christi regiert wird.“ (Der Sieger, S. 262) Christ zu sein ist nicht nur eine Frage des Erkennens. Wir können Christus nur in dem Maße bezeugen, wie wir seiner Gesinnung und seinem Geist Raum in unserem Herzen geben. Deshalb ist es eigentlich verwunderlich, dass wir ganze Strecken unseres Lebens ohne die nötige Verbindung mit ihm gehen. Herr, lass mich dich vor Augen behalten. Gib mir Kraft, dich heute durch mein Leben zu bekennen! Heiner Lachmann DEZEMBER Morgens: Hosea 9–11 Abends: Offenbarung 3 SA 08.16 · SU 16.14 · KW 50 10 Dienstag Zur Freiheit hat uns Christus befreit! Galater 5,1 Vor 65 Jahren, am 10. Dezember 1948, wurde in Paris die Charta der Vereinten Nationen mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet. Deshalb gilt der 10. Dezember weltweit als Tag der Menschenrechte. Nach zwei Weltkriegen, „die unsagbares Leid über die Menschheit gebracht haben“ (Präambel), wollten sich die Staaten der Völkergemeinschaft zu einer Organisation (UNO) zusammenschließen, um sich gemeinsam gegen alle Arten von Tyrannei zu wehren. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es in Artikel 18: „Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.“ Gewissensfreiheit und Achtung vor der menschlichen Würde war für Adventisten schon immer ein hohes Gut. Schon im Januar 1886 erschien mit der von Ellet J. Waggoner und Alonzo T. Jones gegründeten Zeitschrift The American Sentinel (heute: Liberty) ein Magazin „zur Förderung der Menschenrechte im zivilen und religiösen Leben“, das sich entschieden auch für die Trennung von Kirche und Staat einsetzt. Die 1893 von Adventisten gegründete International Religious Liberty Association (IRLA) war die erste internationale Vereinigung zum Schutz der Gewissensfreiheit. Auch sie feiert in diesem Jahr ein Jubiläum – 120 Jahre. Die IRLA setzt sich über alle staatlichen und konfessionellen Grenzen hinaus für Glaubens- und Gewissensfreiheit aller Religionen ein. Wir leben in Deutschland mit einer der besten Verfassungen der Welt. Menschenrechte und Gewissensfreiheit sind uns garantiert. Nehmen wir sie in Anspruch, setzen wir uns für sie ein (wenn nötig, auch vor Gericht und in der Öffentlichkeit), und vor allem: Üben wir sie gegenüber unseren Mitmenschen, ob es sich um unsere Geschwister im Glauben oder um Angehörige anderer Religionen handelt! Zur Freiheit hat uns Christus befreit! Die schließt auch die Freiheit zur Ausübung des Glaubens gemäß der eigenen Erkenntnis und des eigenen Gewissens ein. Nutzen wir diese Freiheit – auch heute! Heidemarie Klingeberg DEZEMBER Morgens: Hosea 12–14 Abends: Offenbarung 4 SA 08.17 · SU 16.14 · KW 50 11 Mittwoch Seid wachsam und nüchtern! 1. Petrus 5,8a (Gute Nachricht Bibel) Immer wieder muss ich darüber schmunzeln, wenn ich höre oder lese, wie Autofahrer in brenzlige Situationen geraten, weil sie sich blind auf das Navigationsgerät verlassen haben. Kürzlich las ich von drei Studenten aus Tokio, dass sie im Watt steckenblieben, weil sie auf dem direkten Weg die australische Insel Stradbroke erreichen wollten. Dieser aber führte über 15 km Meer! So zufrieden ich mit dem Navigationsgerät in meinem Wagen auch bin – mehrmals hat sich bereits bewährt, dass ich der freundlichen Stimme nicht blind gefolgt bin, sondern meinen Kopf eingeschaltet bzw. die altbewährte gedruckte Karte konsultiert habe. Es gibt einiges, was wir kritisch hinterfragen bzw. sorgfältig prüfen sollten: E-Mails zum Beispiel, die uns auffordern, auf einen Link zu klicken, weil die Post ein Paket wegen unvollständiger Adresse (angeblich) nicht liefern konnte; aber auch Berichte über Träume oder Visionen, durch die Gott etwas gesagt oder verordnet haben soll, das nicht durch sein Wort (die „gedruckte Karte“) gedeckt wird. Und selbst Predigten, die uns auf Anhieb begeistern und unsere Neugier befriedigen, sollten wir nachträglich in Ruhe wieder anhören, die Bibelzitate im Zusammenhang lesen, Gott um Schärfung unseres Urteilsvermögens bitten und mit Anderen darüber reden. So verstehe ich persönlich den Rat des Apostels Petrus, wachsam und nüchtern zu sein. Das war sicher zu allen Zeiten ratsam, denn „euer Feind, der Teufel, schleicht um die Herde wie ein hungriger Löwe. Er wartet nur darauf, dass er jemand von euch verschlingen kann“ (1 Ptr 5,8b GNB). Aber für uns, die wir in der letzten Zeit der Geschichte leben, ist besondere Wachsamkeit geboten, denn Satan „weiß, dass er wenig Zeit hat“ (Off b 12,12). Nur ungern will ich mich vom Teufel „motivieren“ lassen, wachsam und nüchtern zu sein. Viel lieber nehme ich mir Jesus Christus als Vorbild: Weil er alles mit der Heiligen Schrift prüfte, konnte er bei der Versuchung in der Wüste souverän reagieren und siegen. Statt den Versuchen seiner „Fans“ nachzugeben, suchte er einen kühlen Kopf im Gebet bei seinem Vater, als sie ihn zum König krönen wollten. Selbst die gutgemeinten, aber nicht zielführenden Vorschläge seiner Jünger wehrte er ab, weil er nur der „Navigationsstimme“ seines Vaters völlig vertraute. Danke, Herr, dass wir von dir lernen können, wachsam und nüchtern zu sein! Elí Diez-Prida DEZEMBER Morgens: Joel 1–4 Abends: Offenbarung 5 SA 08.18 · SU 16.14 · KW 50 12 Donnerstag Darum geben wir nicht auf. Wenn auch unsere körperlichen Kräfte aufgezehrt werden, wird doch das Leben, das Gott uns schenkt, von Tag zu Tag erneuert. 2. Korinther 4,16 (Hoffnung für alle) In einer Zeitschrift las ich einen Artikel mit der Überschrift: „Stärkungsmittel – verlorene Hoffnung“! Die Beurteilung der geprüften Stärkungsmittel fiel sehr negativ aus. Die Hoffnung, dank dieser Mittel dem Leistungs- und Erfolgsdruck besser gewachsen zu sein, sei trügerisch. Dennoch geben die Bundesbürger über 200 Millionen Euro jährlich dafür aus. Auch Werbefilme gaukeln uns vor, dass durch die Einnahme bestimmter Pillen alles besser werden kann. Ältere Menschen können angeblich wieder wie in jungen Jahren herumhüpfen. Aber auch Jüngere sollen damit ihre Leistung steigern können, um für Prüfungen und die Anforderungen im Berufsleben fit zu sein. Unser Tagestext bestätigt, was nicht zu leugnen ist: Unsere Lebenskräfte nehmen mit dem Älterwerden ab. „Unsere körperlichen Kräfte werden aufgezehrt“ (Lutherübersetzung: „unser äußerer Mensch verfällt“), schrieb Paulus an die Christen in Korinth. Wir sollten uns – bei aller empfehlenswerten Vorbeugung und gesunden Lebensweise – damit abfinden. Das ist aber kein Grund zu resignieren, den Mut zu verlieren oder gar aufzugeben: denn der innere Mensch wird durch „das Leben, das Gott uns schenkt, von Tag zu Tag erneuert“. Wie häufig hätte Paulus während seines Dienstes aufgeben können, hätte er nur die Müdigkeit, den Schmerz oder die Kritik vor Augen gehabt, die er immer wieder erlebte. Weil er selbst diese innere Belebung und Erneuerung seines Vertrauens, seiner Opferbereitschaft und Liebe erlebte, konnte er den Christen schreiben: „Lasst euch in eurem Denken erneuern durch den Geist, der euch geschenkt ist.“ (Eph 4,23 GNB) Gerade wenn wir uns schwach fühlen, kann Gott seine Kraft umso stärker zur Geltung kommen lassen. Als Gott zu Paulus sagte: „Meine Gnade ist alles, was du brauchst. Meine Kraft zeigt sich in deiner Schwäche“, wurde er innerlich ruhig: „Nun bin ich zufrieden mit meiner Schwäche, damit die Kraft von Christus durch mich wirken kann.“ (2 Kor 12,9 NLB) Den Älteren gilt außerdem die Zusage aus Jesaja 46,4: „Ich werde euch tragen, bis euer Haar vom Alter ergraut. Ich habe es getan und ich werde euch weiterhin tragen. Ich werde euch auf meine Schulter laden und euch retten.“ (NLB) Klaus Schulz DEZEMBER Morgens: Amos 1–3 Abends: Offenbarung 6 SA 08.19 · SU 16.14 · KW 50 13 Freitag Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. Jesaja 42,3a Studium abgeschlossen, Bewerbungen geschrieben, die gewünschte Stelle in einem großen Betrieb erhalten – was will ein junger Mensch mehr? Nach einiger Zeit erhielt der junge Ingenieur den Auftrag, ein großes Projekt umzusetzen. Er kam gut voran, doch dann passierte ihm ein eklatanter Fehler. Der Firma entstand ein Schaden im sechsstelligen Euro-Bereich. Den konnte auch der Abteilungsleiter nicht mehr geheim halten, und so ging die Sache in die Führungsetage, direkt zum Chef. Da sitzt er nun, der junge Mann, und lässt die Ansprache über sich ergehen. Als der Chef zu Ende ist, sagt der Ingenieur: „Na, dann geh ich mal und hole mir meine Papiere!“ „Was wollen Sie? Sie sind mein teuerster Mitarbeiter; ich habe gerade mehrere hunderttausend Euro in Ihre Ausbildung gesteckt. Glauben Sie etwa, da werfe ich Sie raus? “ Es ist gut, wenn Andere nicht nur unsere Fehler sehen, sondern das Lernpotenzial, das für uns dar- in steckt. Genau das meint unser Andachtswort im Hinblick auf Gott. Er hätte mehr als eine Berechtigung, jeden von uns „zu entlassen“. Wie häufig versagen wir im Umgang miteinander! Wie häufig gehen wir der Sünde auf den Leim – trotz aller Warnungen! Wie häufig verursachen wir schwere Verletzungen! Wir gehörten „gekündigt“, doch es ist wie bei dem obigen Chef: Du bist viel zu wertvoll, als dass Gott dich fallen lassen würde. Du bist viel zu wertvoll, als dass Gott auf dich verzichten wollte. Statt uns mal so richtig den Kopf zu waschen, mit Krankheit oder Unglück zu bestrafen, uns die „Suppe auslöffeln zu lassen“, erweist sich Gott als liebender Vater, der ein „Das-geschieht-dem-aber-zurecht“ nicht kennt. Wir Menschen lassen den Anderen sein Versagen manchmal gern durchleiden, weil er ja selbst schuld ist. Manche richten sich daran auf, dass es ihm nun verdientermaßen schlecht geht. Doch Gott kennt solche Gefühle bösartiger Genugtuung nicht. Er wendet sich stattdessen jedem Versager in grenzenloser Barmherzigkeit zu, was der Andachtstext über den Messias prophezeit und Jesus in seinem Dienst erfüllte. Für Gott sind wir seine Kinder, um die er sich intensiv kümmert und deren Leben er lebenswert und erfolgreich machen will. Deshalb kanzelt er uns nicht ab, sondern ermutigt uns und baut uns auf! Heinz-Ewald Gattmann DEZEMBER Morgens: Amos 4–6 Abends: Offenbarung 7 SA 08.19 · SU 16.14 · KW 50 14 Sabbat Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. 2. Timotheus 1,7 Furcht kann und wird sich unser immer wieder einmal bemächtigen. Die Macht der Angst aber ist nicht Gottes Prinzip. Er hat uns seinen Geist gegeben – und der hat andere Qualitäten. Er ist der Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Für Kraft steht im Grundtext des Neuen Testamentes dynamis. Erstaunlich, wie treffsicher Alfred Nobel seine Erfindung bezeichnete: Dynamit. Denn der wesentliche Unterschied zu Nitroglyzerin (dem Stoff, aus dem Dynamit hergestellt wird) ist die kontrollierte Sprengkraft. Nitroglyzerin dagegen geht bei Erschütterungen und bei bestimmten Temperaturen hoch. Das kennen wir doch auch: In manchen Gesprächen steigt die „Betriebstemperatur“; wir erhitzen uns immer mehr. Man gewinnt den Eindruck, dass gleich die Bombe platzt. Stößt man uns herum, ecken wir an, wird es anstößig, dann könnte uns nicht nur der Kragen platzen. Wir sind kurz davor, in die Luft zu gehen. Das geschieht nicht geräuschlos, da ist kein Schutz für die Umgebung. Denn das Merkmal einer Explosion ist eben, dass sie unkontrolliert losbricht. Deshalb muss ein „NitroglyzerinMensch“ immer in Watte gepackt werden. Er ist stets für unliebsame Überraschungen bereit und kann ohne Voranmeldung hochgehen. Gottes „Dynamit“ aber ist die Kraft der Liebe – eine Explosion, die Leben schafft, statt es zu gefährden oder gar zu zerstören. In seinem Relief Auferstehung deutete Ernst Barlach die Sprengkraft Gottes an: Christus schießt explosionsartig aus der Grube, sprengt die Pforten des Todes. Die Arme ausgebreitet – als Gekreuzigter erkennbar – umarmt er das Leben. So wirkt das „Dynamit“ der Liebe. In Gott ist dieses Paradox aufgelöst: Die Liebe kann Feinde vernichten, indem sie sie in Freunde verwandelt. Festungen der Angst werden gesprengt, denn „Furcht ist nicht in der Liebe“. Und dann gibt es noch das „Dynamit“ der Besonnenheit. Wo die Macher längst ihr Pulver verschossen haben, bleiben Beter beherzt am Drücker. Wo scharfe Argumente wie Seifenblasen zerplatzen, wirkt das behutsame Wort heilsam. Wo die Planierraupe der Rechthaberei jedes aufrichtige Pflänzchen platt macht, erhellt der Besonnene die düstere Stimmung mit seiner Strahlkraft und richtet Niedergedrückte auf. Werner Jelinek DEZEMBER Morgens: Amos 7–9 Abends: Offenbarung 8 SA 08.20 · SU 16.14 · KW 51 15 Sonntag Stellt euch vor, einer von euch hat hundert Schafe und eines davon verläuft sich. Lässt er dann nicht die neunundneunzig allein in der Steppe weitergrasen und sucht das verlorene so lange, bis er es findet? Lukas 15,4 (Gute Nachricht Bibel) Es geht hier nicht um Hirtenromantik oder Tierschutz. Sicher liebten die Menschen damals ihre Tiere, aber die waren keine Haustiere, sondern ihr Kapital. Wenn von hundert Tieren eines verloren geht, dann würden Finanzberater heute sagen: „Peanuts! Abschreiben!“ Aber für den, der zusehen muss, wie viel Monat am Ende des Geldes noch verbleibt, wäre das ein erheblicher Verlust. Daher hatte Jesus, der sich hier gerade mit ein paar schlecht gelaunten Pharisäern herumschlagen musste, sicherlich die Lacher auf seiner Seite: Man stelle sich nur einen Pharisäer vor, der einem rebellischen Schaf hinterherläuft (in der Antike betrachtete man das Laufen von Männern als nicht würdevoll)! Das Problem, das die murrenden Pharisäer mit Jesus hatten, war, dass er sich mit Sündern abgab (V. 2). Das ist wohl das erste Problem der Frommen: Sie sind offensichtlich in der Lage, Sünder zu identifizieren. Sie wissen, wer rechts und wer links ist, wer Recht hat und wer nicht. Der fromme Eiferer tut genau das, wovon Jesus in dem Gleichnis vom Unkraut im Weizen abrät: nämlich vor der Ernte schon zu sortieren. Warum? Zunächst einmal, weil es offensichtlich schlechte Laune macht. „Sie murrten“, steht zwei Verse vorher. Das Gleichnis vom verlorenen Schaf hat aber einen anderen Leitbegriff. Dem Wort „murren“ steht nämlich gleich dreimal das Wort „Freude“ gegenüber (V. 5–7). Gott freut sich über Menschen, die wissen, dass sie Sünder sind und sich wieder zu ihm wenden. Ja, der ganze Himmel freut sich. Jesus stritt den Vorwurf, dass er sich mit Sündern abgebe, also gar nicht ab; im Gegenteil, er bestätigte ihn. Und durch die Blume (das Gleichnis mit dem Schaf ) sagte er zusätzlich: Und wisst ihr was? Ich habe auch noch Freude dabei. Das ist kein schönes Gleichnis für diejenigen, die schon jetzt zu den Guten zählen und meinen, alle Anderen genau identifizieren zu können. Aber es ist ein festliches, fröhliches und befreiendes Gleichnis für alle, die schon einmal festgestellt haben: Sünder – damit bin auch ich gemeint. Wer dieses Verlorensein selbst erlebt hat und wer weiß, wie sich Nachhausekommen anfühlt, der kennt die Freude, von der Jesus hier spricht. Dennis Meier DEZEMBER Morgens: Obadja Abends: Offenbarung 9 SA 08.21 · SU 16.14 · KW 51 16 Montag Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Epheser 5,8b–9 Im Zusammenhang mit diesem Text von Paulus kommt mir ein Kinderlied in den Sinn. Wir haben es früher gern gesungen, manchmal auch mit einer Kerze in der Hand. Es heißt: „In der Welt ist’s dunkel, leuchten müssen wir. Du in deiner Ecke, ich in meiner hier.“ Wir klagen oft wie Menschen, die nicht an Gott glauben, darüber, dass es so viel Elend in dieser Welt gibt und so viel Schlimmes passiert. Ja, wir leiden auch an all dem Bösen in unserer Umwelt; wir kennen diese Art von Dunkelheit. Vielleicht fühlen wir uns manchmal hilflos in unserer „Ecke“. Aber da gibt es Hoffnung. Das einzige Mittel gegen Dunkelheit ist Licht. Je dunkler es ist, desto heller und hilfreicher erscheint selbst das kleinste Licht. Wenn du an Jesus glaubst und weißt, dass du von ihm angenommen bist, dann bist du ein Kind des Lichts. Er will in dir die guten Eigenschaften fördern, mit denen du Anderen leuchten kannst. Gute Eigenschaften machen das Miteinander hell und freundlich und geben positive Impulse. Paulus schrieb an die Christen in Galatien: „Der Geist Gottes … lässt als Frucht eine Fülle von Gutem wachsen, nämlich: Liebe, Freude und Frieden, Geduld, Freundlichkeit und Güte, Treue, Bescheidenheit und Selbstbeherrschung.“ (Gal 5,22–23a GNB) Alle diese Eigenschaften tun uns gut. Sie sind die Lichtlein, mit denen wir Anderen und uns selbst den Alltag hell machen können. Jesus sagte: Stellt euer Licht „auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind“ (Mt 5,15b). Darum sollen wir immer mehr Gottes gute Eigenschaften in uns reifen lassen, um im Namen Jesu Licht in diese bedrückend dunkle Welt zu bringen – zum Trost, zur Freude, zur Ermutigung, damit Menschen aufatmen können. Jeder, der schon einmal in völliger Finsternis war, weiß, dass bereits das kleine Licht eines Streichholzes die Dunkelheit vertreibt und von Angst befreit. Also leuchte! Mache Freude, schenke eine liebevolle Geste, ein Lächeln, ein gutes Wort, eine hilfreiche Hand, Geduld und Güte – und womit du sonst noch leuchten kannst. Gott segne dich dabei! Marli Weigt Mach aus mir einen Regenbogen, der alle Farben enthält, in denen dein Licht sich bricht. (Dom Hélder Câmara) DEZEMBER Morgens: Jona 1–4 Abends: Offenbarung 10 SA 08.22 · SU 16.14 · KW 51 17 Dienstag Denn darin sind die Menschen gleich: Alle sind Sünder und haben nichts aufzuweisen, was Gott gefallen könnte. Aber was sich keiner verdienen kann, schenkt Gott in seiner Güte: Er nimmt uns an, weil Jesus Christus uns erlöst hat. Römer 3,22b–24 (Hoffnung für alle) Warum fällt es uns so schwer, es als ein Geschenk anzusehen, dass Gott uns von unserer Schuld befreien und als seine Kinder annehmen will? Weshalb haben Religionen und Heilslehren Zulauf, die den Menschen die Hauptlast für ihre Erlösung aufbürden? Ein Grund dafür ist offenbar, dass sich manche Menschen nicht besonders schuldig fühlen, weil sie meinen, sich vorbildlich zu verhalten. Dieses tugendhafte Leben gleiche ihre gelegentlichen Fehltritte aus – ähnlich wie ein Wald, der als Ersatz für einen Kahlschlag an einer anderen Stelle angepflanzt wird. Eine „Begnadigung“ meinen sie nicht nötig zu haben; sie erarbeiten sich ihre Entlastung lieber selbst. Wissenschaftliche Untersuchungen haben bestätigt, dass dieses moralische Empfinden offenbar zu unserer mentalen Grundausstattung gehört. So fanden Forscher der Universität Toronto heraus, dass Versuchspersonen, die Ökoprodukte erworben hatten, anschließend eher dazu neigten, zu stehlen oder zu betrügen. Dieses scheinbar überraschende Ergebnis erklärten die Wissenschaftler damit, dass die Teilnehmer meinten, sie hätten mit dem Kauf von Ökolebensmitteln einen moralischen Kredit erworben, mit dem sie ein Fehlverhalten an anderer Stelle bezahlen könnten. Zahlreiche ähnliche Studien hatten vergleichbare Ergebnisse (Süddeutsche Zeitung vom 23. Mai 2012). Deshalb funktionierte der Ablasshandel so gut – sowohl im Mittelalter als auch in seiner säkularen Variante, beispielsweise in Form einer freiwilligen CO2 -Abgabe bei Flugreisen. Doch der Apostel Paulus weist in unserem Andachtstext derartige Überlegungen entschieden zurück. Alle Menschen sind vor Gott schuldig geworden – auch du und ich. Ein „Abarbeiten“ dieser Schuld ist nicht möglich. Diese Einsicht widerspricht zwar unseren natürlichen Impulsen, ist aber die unabdingbare Voraussetzung dafür, die Güte Gottes zu begreifen und das Erlösungsgeschenk annehmen zu können. Sie bewahrt uns auch davor, uns moralisch über unsere Mitmenschen zu erheben. Möge der Heilige Geist uns helfen, unseren wahren Zustand zu erkennen und die Gabe der Erlösung wirklich als ein Geschenk anzunehmen. Thomas Lobitz DEZEMBER Morgens: Micha 1–3 Abends: Offenbarung 11 SA 08.23 · SU 16.15 · KW 51 18 Mittwoch Rächt euch niemals selbst, sondern überlasst die Rache dem Zorn Gottes. Denn es steht geschrieben: „Ich allein will Rache nehmen; ich will das Unrecht vergelten“, spricht der Herr. Römer 12,19 (Neues Leben Bibel) Rache zu üben liegt seit dem Sündenfall in der Natur des Menschen. Auf den ersten Seiten der Bibel lesen wir von den Anfängen der Kultur, von Zither- und Flötenspielern, im gleichen Atemzug aber auch von finsteren Rachegelüsten: „Kain soll siebenmal gerächt werden, aber Lamech siebenundsiebzigmal.“ (1 Mo 4,24) Das Liebliche und Schöne lag immer dicht neben dem Finsteren und Bösen. Wir greifen heute nicht zum Knüppel, sondern verfügen über „feinere“, versteckte Methoden nach dem Motto: „Dem werd’ ich’s zeigen!“ Rache und Vergeltung haben uns Menschen unendliches Leid gebracht. Meist hindert uns der Stolz daran, Nachsicht zu üben. Der heutige Andachtstext erinnert daran, dass wir es Gott überlassen sollten, Rache zu üben. Wer das nicht tut, maßt sich ein Recht Gottes an und bestraft sich letztlich selbst. Der russisch-kirgisische Schriftsteller Tschingis Aitmatow (1928–2008) erzählte in seinem Buch Kindheit in Kirgisien (1998) ein Erlebnis aus dem Krieg. Der Vater war in einem Lager ums Leben gekommen. Die Mutter, eine Tante und die Kinder fristeten ein kümmerliches Dasein in einem kirgisischen Dorf. Das Einzige, was sie hatten, war eine Kuh. Die Kuh war ihr Leben. Doch eines Morgens sah der junge Tschingis entsetzt: Die Kuh war ihnen gestohlen worden! Wahnsinnig vor Wut griff er sich ein Gewehr und zog hinaus in die Steppe, den Dieb zu stellen und zu töten. Nach Stunden des Umherirrens begegnete er einem alten, ärmlich gekleideten Mann. Sie kamen ins Gespräch und der Alte warnte ihn: „Du sollst einen Menschen nicht einmal in Gedanken töten, auch wenn er ein verfluchter Dieb ist … Das Leben selbst bestraft jeden, der solches Übel anrichtet … Die Strafe wird ihm ewig auf den Fersen sein, sich mit ihm schlafen legen und mit ihm aufstehen. Aber dir wird das Leben Glück bringen, wenn du heimkehrst und aufhörst, an Mord zu denken. Geh heim Söhnchen, und erzähl’s deiner Mutter, geh heim! Denk nie mehr an Mord, ganz gleich, welches Übel man dir zufügt.“ Rache – egal in welcher Form – zerfrisst unsere Seele; der Verzicht auf Rache aber bringt uns lebenslangen Segen. Dieter Leutert DEZEMBER Morgens: Micha 4.5 Abends: Offenbarung 12 SA 08.23 · SU 16.15 · KW 51 19 Donnerstag Die Herrschaft Hiskias, des Sohnes von Ahas, über Juda begann im dritten Jahr der Regierungszeit König Hoscheas, des Sohnes Elas, in Israel. Er war 25 Jahre alt, als er König wurde, und er regierte 29 Jahre in Jerusalem. Seine Mutter war Abi, die Tochter Secharjas. Hiskia tat, was dem Herrn gefiel, so wie sein Stammvater David vor ihm. 2. Könige 18,1–3 (Neues Leben Bibel) Die Geschichte von Völkern wird häufig anhand der Reihenfolge der Könige dargestellt. Heute würde man die Regierungschefs oder die Präsidenten nennen. Soweit ich es überschaue, kommt heute kaum jemand Mitte Zwanzig an die politische Spitze eines Staates. Und durch die Wahlen bedingt sind zwei oder gar drei Legislaturperioden im Amt schon lange. Hiskia kam mit 25 an die Regierung und führte den Staat Juda fast 30 Jahre lang. Zu seiner Zeit wurde die Nation als eine Monarchie geführt und deshalb kam in der Regel der älteste Sohn des amtierenden Königs als Nachfolger auf den Thron, so auch Hiskia. Was war von seiner Regierungszeit berichtenswert? Im Bibeltext wird seine Mutter Abi erwähnt und sein Glaube an Gott nach dem Vorbild seines Stammvaters, König David. Manchmal frage ich mich, was wohl Chronisten über mein Leben, über das Leben der zurzeit Verantwortlichen in Politik, Gesellschaft oder Religion schreiben würden. Was würde ein von Gott inspirierter Berichterstatter heute über das Leben eines Menschen schreiben? Hat er getan, was dem Herrn wohlgefiel? Oder würde der Bericht – wie bei vielen anderen Königen im alten Juda und Israel – lauten: „Er tat, was dem Herrn missfiel“? Wenn man Geschichtsbücher studiert, kann man durchaus unterschiedliche Darstellungen über das Leben wichtiger Persönlichkeiten finden. Wer die aktuelle Politik und Kultur des Landes beobachtet, weiß, dass Bewertungen der Führungspersonen nicht immer gleich lauten. Was ist wirklich wichtig? Wird Gott im Rückblick auf den heutigen Tag sagen: Diese Frau, dieser Mann, dieses Kind hat heute etwas Gutes für Andere getan? Es ist wichtig, täglich Gottes Führung zu erbitten, etwas von der Liebe Gottes Anderen weiterzugeben und das Leben der Mitmenschen mit einem ermutigenden Wort zu erhellen. Anerkennung für den Einsatz ermutigt; Hoffnung auf Gott führt zur Hoffnung im eigenen Leben. Weil wir uns der Vergänglichkeit irdischer Werte bewusst sind, lasst uns heute göttliche Werte leben. Gerhard Wagner DEZEMBER Morgens: Micha 6.7 Abends: Offenbarung 13 SA 08.24 · SU 16.15 · KW 51 20 Freitag Wie sich im Wasser das Angesicht spiegelt, so ein Mensch im Herzen des andern. Sprüche 27,19 Nur wenige wissen, dass die Narzisse ihren Namen von einem Jüngling der griechischen Sage erhalten hat. Laut Pausanias verschmähte Narzissos die Liebe der Nymphe Echo und wurde dafür mit unstillbarer Selbstliebe bestraft. Eines Tages setzte er sich an einen See, um sich seines Spiegelbildes zu erfreuen, woraufhin durch göttliche Fügung ein Blatt ins Wasser fiel und es durch die erzeugten Wellen trübte. Schockiert von der vermeintlichen Erkenntnis, er sei hässlich, starb er. Nach seinem Tode wurde er in eine Narzisse verwandelt. Mit Narzissmus bezeichnet man deshalb die Verliebtheit in sich selbst; die eitle oder krankhafte Selbstbewunderung. Davor möchte Gott uns bewahren. Unsere Mitmenschen können und sollen uns dabei helfen. Wenn wir den Eindruck haben, dass jemand unser eigenes Spiegelbild ist, erkennen wir seine Schwächen als unsere. Und wenn der Andere uns sagt, wie er uns sieht, sollten wir seine Aussagen überdenken. Das ist die Chance, uns selbst gegenüber kritisch zu sein und Schwächen und ungute Eigenarten zu verändern. Geschieht das gegenseitige Spiegeln in Liebe, wird es das Leben sehr bereichern. Dann sagen wir nicht nur: „Gut, dass es dich gibt“, sondern meinen es auch so. Denn der Nächste ist uns auch dazu gegeben, dass wir an uns von Gott ein paar Schönheitskorrekturen vornehmen lassen. Weit mehr als üblich kann in uns verändert werden, wenn sich gläubige Menschen zuerst vor Gott „spiegeln“ und dann mit dieser Voraussetzung einer im anderen. Denn Gott sieht jeden Menschen nicht nur wie er ist, sondern auch, wie er durch sein Wirken noch werden kann. Wer die Eigenschaften seines Nächsten nur vom Augenblick der Wahrnehmung registriert, kann sehr frustriert werden; wer ihn aber auch immer schon ein Stück besser sieht, bringt für sich und den Anderen eine stark motivierende Hoffnung ins Spiel. Der Apostel Paulus schrieb: „Wir alle sehen in Christus mit unverhülltem Gesicht die Herrlichkeit Gottes wie in einem Spiegel. Dabei werden wir selbst in das Spiegelbild verwandelt und bekommen mehr und mehr Anteil an der göttlichen Herrlichkeit. Das bewirkt der Herr durch seinen Geist.“ (2 Kor 3,18 GNB) Setzen wir uns dem Wirken des Geistes Gottes aus, dann schafft er in uns etwas Neues und Gutes, das unsere Vorstellungskraft weit übersteigt. Josef Butscher DEZEMBER Morgens: Nahum 1–3 Abends: Offenbarung 14 SA 08.24 · SU 16.16 · KW 51 Winteranfang Ihr seid das Salz der Erde. 21 Sabbat Matthäus 5,13a „Salz der Erde“ sind die Gläubigen. Salz ist lebenswichtig. Schon ein paar Körner sind spürbar. So soll die Kirche wichtig für die ganze Welt sein. Allerdings ist es nicht die große Aufmerksamkeit, die die Kirche braucht. Viel Salz braucht man nicht, nur ein paar wenige Teelöffel für einen großen Topf Suppe. Salz muss man nicht herausschmecken, aber dennoch merkt man, wenn es fehlt. Wenn es keine Kirche gäbe, was fehlte dann? Wo würde man Abschied nehmen von tragisch Verunglückten? Wer sollte so etwas wie Telefonseelsorge machen? An wen könnte man sich wenden, wenn das Leben problematisch wird oder zu Ende geht? Vieles geschieht in den Kirchen – ganz unspektakulär. Das ist gut so. In mir steckt der Wunsch, dass meine Kirchengemeinde groß herauskommt. Etwas Sensationelles müsste geschehen, sodass die Massen herbeiströmen, sogar die Fernsehsender kommen. Es müsste etwas ausgehen von meiner Gemeinde, das die ganze Stadt erfasst – vielleicht sogar ein paar Wunder. Das wär’s doch. Ich bin mit diesem Wunsch nicht allein, viele Christen denken so. Selbst die, die nie zur Kirche gehen, erhoffen Großes von ihr. Sie sagen: „In der Kirche ist ja nichts los. Ja, es müsste richtig etwas los sein in der Kirche.“ Jesus sagte über die Gemeinde in seiner Erzählung vom Weltgericht noch etwas anderes: „‚Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen.‘ Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: ‚Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen …? ‘“ (Mt 25,35–37) Mit anderen Worten: Am Ende, wenn abgerechnet wird, wird der Richter feststellen – sinngemäß: Ich bin hungrig gewesen in Afrika, ihr habt Hilfe geschickt. Ich musste von Hartz 4 leben, ihr habt einen Mittagstisch und eine Kleiderkammer eingerichtet. Ich bin ein Asylbewerber gewesen, ihr habt mich freundlich aufgenommen. Ich bin verzweifelt gewesen, ihr hattet Zeit, mir zuzuhören. Dann – so erwartet es Jesus – werden die Gläubigen fragen: „Wann haben wir das alles getan? “ Es stand in keiner Zeitung. So soll Kirche sein. Bernhard Oestreich DEZEMBER Morgens: Habakuk 1–3 Abends: Offenbarung 15 SA 08.25 · SU 16.16 · KW 52 22 Sonntag Der HERR ist in seinem heiligen Tempel. Es sei vor ihm stille alle Welt! Habakuk 2,20 Von Jahr zu Jahr wird die Welt unruhiger und lauter. An Flugplätzen und Durchgangsstraßen wird der Lärm immer unerträglicher und macht Menschen krank. Der lebensfeindliche „Lärm“, den der Prophet Habakuk beklagte, ist anderer Art; denn er selbst wird laut gegenüber Gott: „Wie lange soll ich schreien, und du willst nicht hören? “ (Hab 1,2a) Und dann hält er Gott vor, dass die Welt voll Bosheit, Jammer, Raub und Frevel ist; Gewalt geht vor Recht, Menschen werden übervorteilt, es ergehen verkehrte Urteile und die gerechte Sache kann nicht gewinnen (V. 3–4). Nachdem der Prophet aufgezählt hat, was alles schief läuft in dieser Welt, muss er erst einmal tief Luft holen. Und dann gibt er Gott Gelegenheit, sich zu äußern: „Hier stehe ich auf meiner Warte und stelle mich auf meinen Turm und schaue und sehe zu, was er mir sagen und antworten werde auf das, was ich ihm vorgehalten habe.“ (Kap. 2,1) Erstaunlich, dass Gott sich auf solch einen dreisten und fordernden Ton einlässt! Aber seine Antwort ist klar und eindeutig und enthält einen Auftrag an den Propheten: Alles Unrecht in der Welt wird bei Gott registriert, nichts wird übersehen, und dem Durcheinander in der Welt setzt Gott sein planmäßiges Handeln entgegen, wie er es jeweils durch seine Propheten ankündigen lässt. Darauf können gläubige Menschen sich verlassen. Manchmal braucht es viel Geduld, aber seine Zusagen sind zuverlässig. Und für die Zeit des Wartens gilt: „Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben.“ (V. 4) Nachdem der Prophet diese Antwort auf seine Fragen erhalten hat, sieht er zwar immer noch Unrecht und Gewalt in seiner Umwelt; aber er sieht auch, dass ein Leben ohne oder gegen Gott keine Zukunft hat. Und während er anfangs laut beklagt hat, dass Gott dem heillosen Treiben der Menschen scheinbar schweigend und tatenlos zuschaut, weiß er es jetzt besser: „Aber der HERR ist in seinem heiligen Tempel. Es sei vor ihm stille alle Welt!“ (V. 20) Und weil er sich selbst in dieses Stillesein einbezieht und Gottes Handeln im Weltgeschehen und in seinem Leben vertraut, kommt nun ein neuer Grundton in sein Leben: „Aber ich will mich freuen des HERRN und fröhlich sein in Gott, meinem Heil.“ (Kap. 3,18) Danke, großer Gott, dass du alle Fäden in der Hand hältst und im Weltgeschehen und in unserem Leben das letzte Wort haben wirst! Johannes Fiedler DEZEMBER Morgens: Zefanja 1–3 Abends: Offenbarung 16 SA 08.25 · SU 16.17 · KW 52 23 Montag „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren.“ Lukas 2,10 –11a In der Adventszeit fiel mir ein Bild in die Hände, auf dem ein geschmückter Weihnachtsbaum abgebildet war, unter dem Berge von Geschenken lagen. Daneben stand in großen Lettern: „Die wichtigsten Dinge zu Weihnachten sind gar keine Dinge!“ Zunächst dachte ich: Das mag schon sein, aber Dinge sind doch auch wichtig – gerade zu Weihnachten. Doch dann begriff ich, was der Schreiber meinte. Wahrscheinlich haben wir uns alle so an Dinge gewöhnt, dass das eigentliche Geschehen, dessen wir uns an Weihnachten erinnern sollten, in den Hintergrund gerückt wird. Als Kind dachte ich immer: Was werde ich wohl in diesem Jahr bekommen? Heute frage ich: Was soll man Menschen schenken, die schon alles haben? Hand aufs Herz: Drehen sich unsere Gedanken nicht viel zu sehr um „Dinge“? Dabei möchte Gott unsern Blick von den „Dingen“ weg zu einer Person hin lenken: „Heute ist euch der Retter geboren worden, in der Stadt Davids: Christus, der Herr!“, verkündigten Engel den überraschten Hirten auf dem Feld (Lk 2,11 GNB). Haben wir es nicht alle schon erfahren, dass man um eines Menschen willen bereit war, „Dinge“ aufzugeben? Was bedeutet schon all das, was wir zu Weihnachten schenken oder geschenkt bekommen, wenn wir es an dem messen, was uns Gott in der Gabe seines Sohnes beschert hat? Geschenke können erfreuen, aber Jesus bringt das Heil; Gaben schaffen Befriedigung, aber der Herr schafft unvergängliches Leben. Vielleicht erlebt es mancher von uns in diesem Jahr, dass ihm der Retter, der in der Stadt Davids geboren wurde, wichtiger ist als die Geschenke. „Was ist los“, fragte der Pastor, „ihr seid ja plötzlich so still geworden? “ „Wir sehen die Krippe nicht mehr!“, rief ein Kind aufgeregt. „Die Geschenke stehen davor!“ Ein Junge fügte hinzu: „Aber die sollen doch nur Nebensache sein!“ Das traf den Kern, das Schenken richtig einzuordnen. Nun halfen viele fleißige Hände, die Pakete so aufzustellen, dass der Blick zur Krippe wieder frei war. Diese anschauliche Predigt haben alle begriffen: Geschenke? – Ja! Vorbereitungen? – Ja! Aber sie dürfen nur den Rahmen bilden zu der eigentlichen Weihnachtsfreude: „Euch ist heute der Heiland geboren.“ Günther Hampel DEZEMBER Morgens: Haggai 1.2 Abends: Offenbarung 17 SA 08.26 · SU 16.18 · KW 52 Heiligabend 24 Dienstag [Der Engel sagte zu den Hirten:] „Heute ist euch der Retter geboren worden, in der Stadt Davids: Christus, der Herr!“ Lukas 2,11 (Gute Nachricht Bibel) Beim grausamen Warschauer Aufstand im Herbst 1944 wurde die 15-jährige Blandyna L. von ihrer Familie getrennt. Plötzlich befand sie sich in einem überfüllten Viehwaggon – zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert. In Werl musste sie als Nummer 15516 täglich zwölf Stunden am Fließband in einer Munitionsfabrik schuften. Nur in der halbstündigen Mittagspause, bei der es Kartoffelschalensuppe und Steckrüben zu essen gab, durften die Frauen zur Toilette gehen. Ein kriegsversehrter deutscher Ingenieur überwachte und misshandelte die Frauen. Er schlug auch Blandyna während der Arbeit ins Gesicht. Sie war diesen harten Anforderungen nicht gewachsen, fand in der Werkhalle einen Strick und war fest entschlossen, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Während sie sich nach einem geeigneten Baum umsah, hörte sie die Melodie des Liedes „Stille Nacht“ – ein Weihnachtslied, das auch sie in ihrer Sprache kannte. Es war der Abend des 24. Dezember. Ihre ganze Not, Anspannung und Ausweglosigkeit entlud sich in hemmungslosem Weinen. Sie ließ den Strick fallen und kehrte in die Baracke zurück. „Dieses Lied hat mir das Leben gerettet“, sagte sie später. In der Nacht, als Jesus geboren wurde, bewachten Hirten ihre Herden auf dem Feld. Plötzlich trat der Engel Gottes zu ihnen und Gottes Licht umstrahlte sie. Die Hirten erschraken sehr, aber der Engel sagte: „Fürchtet euch nicht! Ich verkünde euch eine Botschaft, die das ganze Volk mit großer Freude erfüllt: Heute ist für euch … der lang ersehnte Retter zur Welt gekommen. Es ist Christus, der Herr.“ (Lk 2,8–11 Hfa) So ist auch der, von dem die Engel sangen, Blandynas persönlicher Lebensretter geworden. Einen anderen Retter gab und gibt es nicht. Der Mensch hat unsere Welt durch die Sünde in den Tod gerissen, aber sie zu retten, das vermag er nicht. Es haben sich schon viele als Retter angeboten, doch anstatt zu retten, haben sie die Welt nicht selten noch tiefer ins Elend gestoßen. Jesus ist und bleibt allein der Retter – nicht nur der Welt, sondern er will auch dein und mein Retter werden. Wenn wir das Lied so ernst nehmen, wie Blandyna es in jener Nacht tat, finden wir bei ihm Rettung. „Welt ging verloren, Christ ward geboren, Freue dich, ja freue dich, o Christenheit!“ Reinhold Paul DEZEMBER Morgens: Sacharja 1–4 Abends: Offenbarung 18 SA 08.26 · SU 16.18 · KW 52 1. WEIHNACHTSTAG 25 Mittwoch Als der festgesetzte Zeitpunkt da war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt. Galater 4,4 (Neues Leben Bibel) Gott wurde als Mensch in diese Welt geboren. Über 2000 Jahre ist das jetzt her. Seitdem denkt die Christenheit besonders in den Advents- und Weihnachtstagen an dieses Ereignis. „Alle Jahre wieder“ – wie gesungen wird – kommt zwar nicht das Christuskind auf die Erde, pflegt man aber die Bräuche und Zeremonien: Weihnachtsmärkte werden aufgebaut und Geschenke gekauft, Nadelbäume werden aufgestellt und geschmückt und Lichter angezündet, Lieder werden gesungen und Gottesdienste abgehalten. Für manche ist das eine nette Tradition, die sie mit schönen Erinnerungen und angenehmen Gefühlen verbinden. Was aber ist der Sinn dieses Festes? Wozu kam Jesus in diese Welt? Paulus macht das in den folgenden Versen deutlich: „Gott sandte ihn, um uns … als seine Kinder anzunehmen.“ (V. 5 NLB) Wir Menschen waren fern von Gott, hatten uns ihm entfremdet, ja wir waren bezüglich unserer Sünde und Schuld wie Gefangene. Aber durch Jesus Christus sind wir wieder frei geworden. Wir wurden Gott nahe gebracht, sind zu Söhnen bzw. Töchtern Gottes geworden. Daran möchte uns die Advents- und Weihnachtszeit erinnern: an Jesus Christus zu glauben, mit Gott zu leben, ja, Kinder Gottes zu sein! Ist das auch für dich der wahre Grund, Weihnachten zu feiern? Roland E. Fischer Ein Mensch, der als ein Taufscheinchrist, lang nicht mehr fromm gewesen ist, beschließt, es wieder mal zu wagen, in den Advents- und Weihnachtstagen. Er kauft sich Weihnachtskranz und Baum, singt Lieder und, man glaubt es kaum, geht in die Kirche dann und wann, auch zündet er sich Kerzen an. Wie er dann so in Stimmung kommt, denkt er, ob es ihm wohl auch frommt, der Sache auf den Grund zu gehen und nach dem Sinn des Fests zu sehen. Der Taufscheinchrist merkt, echt berührt, wohin Weihnachten ihn jetzt führt: wollt’ vormals er sich fromm gebärden, will er, dank Jesus, gläubig werden! (Roland E. Fischer) DEZEMBER Morgens: Sacharja 5–8 Abends: Offenbarung 19 SA 08.26 · SU 16.19 · KW 52 2. WEIHNACHTSTAG 26 Donnerstag Freut euch immerzu, mit der Freude, die vom Herrn kommt! Und noch einmal sage ich: Freut euch! Philipper 4,4 (Gute Nachricht Bibel) Man kann sich darüber nur wundern: Es gibt Menschen, denen man selbst im Urlaub oder an Feiertagen (zum Beispiel während der Weihnachtszeit) keine große Freude anmerkt. Ich hatte einmal einen Chef, der kam meist zu Beginn der Woche mit einem mürrischen Gesicht ins Büro. Wir fragten uns immer wieder: Was hat der Mann bloß am Wochenende gemacht? Von Freude war ihm äußerst selten etwas anzumerken – welch freudloser Alltag! Paulus wandte sich mit seinen Worten an Christen – also auch an uns. Er forderte direkt zur Freude auf. Und er hat Recht, wenn er sie uns eindringlich nahelegt. Es gehört zu einem Christen, dass er ein freudiger Mensch ist; denn die Gewissheit der Vergebung von Schuld und Fehlverhalten und die Hoffnung auf ein ewiges Leben sind mehr als genug Gründe, sich zu freuen und auch Freude zu verbreiten! Häufig fehlt uns der Blick für all die mehr oder weniger bedeutsamen Dinge, die uns freudig stimmen können. Paulus schrieb weiter an die Philipper: „Macht euch keine Sorgen, sondern wendet euch in jeder Lage an Gott und bringt eure Bitten vor ihn. Tut es mit Dank für das, was er euch geschenkt hat.“ (V. 6 GNB) Der größte Grund zur Freude ist wohl der, dass Jesus Christus auch für uns als Retter geboren wurde. So sagte es der Engel den Hirten: „Ich bringe eine gute Botschaft für alle Menschen! Der Retter – ja, Christus, der Herr – ist … geboren worden!“ (Lk 2,20b.11 NLB) Als Gerettete sind wir nun Geliebte Gottes. Jesus drückte es so aus: „Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch. Bleibt in meiner Liebe! … Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.“ (Joh 15,9.11) Vollkommene, unvergängliche Freude finden wir nur durch Christus und in der Gemeinschaft mit ihm. Hans Wilhelm Bald wird uns leuchten Gottes ewges Licht, / freue dich, Seele, und verzage nicht! / Lass die Klagen schweigen, wenn das Lied erschallt / fröhlichen Glaubens: Unser Herr kommt bald! / Quelle des Lebens und der Freude Quell, / du machst das Dunkel meiner Seele hell. / Du hörst mein Beten, hilfst aus aller Not, / Jesus, mein Heiland, mein Herr und Gott. (Leben aus der Quelle, Nr. 272) DEZEMBER Morgens: Sacharja 9–12 Abends: Offenbarung 20 SA 08.26 · SU 16.20 · KW 52 27 Freitag Denn ich allein weiß, was ich mit euch vorhabe: Ich, der Herr, werde euch Frieden schenken und euch aus dem Leid befreien. Ich gebe euch wieder Zukunft und Hoffnung. Jeremia 29,11 (Hoffnung für alle) Am 27. Dezember 2009 berichteten die Medien von drei Höhlenforschern, die in einer Grotte in den Pyrenäen eingeschlossen waren. Sieben Höhlenforscher wollten die Grotte über Weihnachten kartographieren, hatten jedoch nicht mit einer plötzlich einsetzenden Schneeschmelze gerechnet. Ein unterirdischer Fluss schwoll rasant an und schnitt drei Forschern den Weg ab. Die vier anderen befanden sich in einem Außenlager und konnten Alarm geben. Dann begann eine Rettungsaktion mit bis zu 36 Helfern im Wettlauf gegen die Zeit. Am Ende brachte das Wetter die Rettung: Der unterirdische Fluss verlor an Gewalt und die Eingeschlossenen konnten ihn aus eigener Kraft überwinden. „Ein wahres Wunder der Natur“ freute sich der Leiter des Bergungsteams. Einer der Geretteten erklärte: „Wir wussten, dass man uns holen würde und dass es mehrere Tage dauert.“ Wenn ich solche Berichte höre, kann ich nur staunen. Es ist wahrhaftig ein Wunder, dass alle Forscher wieder unversehrt aus der Grotte herauskamen. Schade ist allerdings, dass letzten Endes „der Natur“ die Ehre für dieses Wunder zugeschrieben wurde. Wem vertraust du und woran klammerst du dich, wenn du Probleme hast? Hoffst du darauf, dass dir schon irgendjemand helfen wird oder gar darauf, dass deine Probleme sich von allein lösen? Ich möchte Gott an meinem Leben teilhaben lassen und meine Sorgen und Nöte vor ihn bringen. Wenn ich ein Wunder erlebt habe, möchte ich Gott die Ehre geben und dies vor Anderen bekennen. Wir haben einen wunderbaren Schöpfer, der sich um uns kümmert, wenn wir ihn darum bitten. Jeder Mensch braucht eine Hoffnung – und dies nicht nur in schwierigen Lebenssituationen. Gott hat uns durch seinen Sohn Jesus Christus ein wunderbares Geschenk gemacht: das Geschenk der Erlösung. Er wartet darauf, dass du dein Herz öffnest und ihm dein Leben anvertraust. Was der Tag heute auch mit sich bringen mag, wir brauchen uns keine Zukunftssorgen zu machen, denn Gott hat durch Jeremia versprochen: „Ich gebe euch Hoffnung und Zukunft.“ Jeanette Schehrer DEZEMBER Morgens: Sacharja 13.14 Abends: Offenbarung 21 SA 08.27 · SU 16.21 · KW 52 28 Sabbat Jakob erwiderte: „Ich lasse dich nicht los, bevor du mich gesegnet hast!“ … Jakob nannte die Stätte Pnuël – „Angesicht Gottes“ –, denn er sagte: „Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und trotzdem bin ich noch am Leben!“ 1.Mose 32,27.31 (Neues Leben Bibel) Am Grenzfluss Jabbok rang Jakob, der künftige Erzvater, nachts mit einem ihm Unbekannten, den er zunächst für einen Feind hielt. Es war ein Kampf auf Leben und Tod. Dieser Unbekannte versetzte ihm solch einen Hüftschlag, dass die Hüfte verrenkt wurde, wodurch der Ringkampf entschieden war. Jakob wusste nun aber, dass sein Gegner übermenschlich war: Es war Gott selbst! Trotz seiner Niederlage gab sich Jakob weiterhin kämpferisch mit den Worten: „Ich lasse dich nicht los, bevor du mich gesegnet hast.“ Nachdem er seinen Namen auf Rückfrage genannt (und damit seine Sündhaftigkeit bekannt) hatte, erhielt er den Segen. Hinkend, aber gesegnet, zog er seines Weges. Immer wieder erleben und erleiden wir unsere Grenzen, zum Beispiel die Grenze unserer Bela- stungs- und Leistungsfähigkeit. Auch Alter und Krankheit sind bittere Grenzen, die oft mutterseelenallein durchlitten werden. Und wenn sich der Tod anmeldet, werden oft nach einem inneren Ringen ganz neue Schwerpunkte gesetzt. Wohl dem, der sich in schweren Zeiten auf Gott verlässt, sich dann auf einen „Kampf“ mit Gott einlässt und vor ihm kapituliert – sich ihm hingibt. Bis Jakob zu diesem Punkt kam, hatte er stets versucht, mit eigener Schlauheit, eigenen Strategien, Lug und Betrug die Probleme zu lösen. Nicht umsonst war er als Betrüger bekannt (siehe 1 Mo 27,36). In der Nacht des Ringens wurde ihm aber klar: Ohne den besonderen Segen Gottes kann ich nicht meinem Bruder begegnen und mein Leben nicht weiterführen. Bist du auch schon einmal in deinem Leben an deine existenziellen Grenzen gekommen? Ich erinnere mich an derartige schmerzliche Situationen, in denen ich Gott bat, mich geistig und geistlich gesunden zu lassen. Er hat meine Gebete erhört. Ich habe bis heute Segnungen erfahren, für die ich endlos dankbar bin. Diese Dankbarkeit, die aus meinem Ringen mit Gott erwuchs, war die tragende Kraft für mein vertrauensvolles Verhältnis zu ihm. Auch David erlebte die Nähe und Liebe Gottes sehr deutlich. Aus seiner Erfahrung heraus stammt sein Rat: „Befiehl dem HERRN deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohlmachen.“ (Ps 37,5) Wilfried Meier DEZEMBER Morgens: Maleachi 1 Abends: Offenbarung 22,1–5 SA 08.27 · SU 16.22 · KW 1 29 Sonntag „Nackt bin ich gekommen, und sterbe. Der Herr Herr hat es mir sei der Name des aus dem Leib meiner Mutter nackt werde ich sein, wenn ich hat mir alles gegeben und der wieder weggenommen. Gelobt Herrn!“ Hiob 1,21 (Neues Leben Bibel) Als der Zug „Pacific Express“ am 29. Dezember 1876 die Stadt Erie in Pennsylvania mit zwei Lokomotiven und elf Anhängern um 18 Uhr verließ, hatte er aufgrund der starken Schneefälle über zwei Stunden Verspätung. Als der Zug die neuartige Brücke über den Ashtabula River überquerte, nur etwa 100 Meter vom Bahnhof von Ashtabula in Ohio entfernt gelegen, hörten die Passagiere plötzlich ein lautes krachendes Geräusch. Die Brücke brach zusammen; nur die vordere Lokomotive schaffte es aufs sichere Festland. Die zweite Lokomotive stürzte mitsamt den elf Anhängern 20 Meter in die Tiefe. Der Fluss war zwar gefroren, aber weil die Waggons aus Holz waren und die Öfen und Lampen darin mit Kerosin befeuert wurden, gingen viele von ihnen in Flam- men auf. Wer den Sturz überlebte, der verbrannte; wer das Feuer überlebte, der ertrank möglicherweise, denn die Hitze des Feuers ließ das Eis des Flusses schmelzen, und einige Waggons gingen unter. Unter den 92 Toten (von 159 Passagieren) waren auch Philipp Paul Bliss und seine Ehefrau Lucy. Bliss war einer der bekanntesten US-amerikanischen Komponisten von Erweckungsliedern. Unter anderem dichtete er das Lied „Almost persuaded“ (dt.: „Völlig entschlossen, dir zu vertrauen“, Wir loben Gott, Nr. 210) und vertonte das bekannte Lied „When Peace Like a River …“ (dt.: „Wenn Friede mit Gott meine Seele durchdringt“, Wir loben Gott, Nr. 244). Bliss war auf der Reise zu einer Missionsveranstaltung, um die musikalische Begleitung der Evangelisation zu koordinieren und zu leiten. Er war also für einen guten Zweck unterwegs, als er im Alter von nur 38 Jahren tödlich verunglückte! Bei solchen und ähnlichen Ereignissen sind wir schockiert, fragen nach dem Warum und bekommen doch keine Antwort. Und was tun wir, wenn uns ein schweres Schicksal erreicht? Klagen wir Gott an? Im Andachtstext lesen wir, was Hiob sagte, als unsägliches Leid über seine Familie hereingebrochen war und er alle seine Kinder und seine gesamte Habe verloren hatte. Wohl dem, der mitten im Leid sein Vertrauen zu Gott nicht über Bord wirft, auch wenn er nicht begreifen kann, warum Gott das alles zulässt. Holger Hentschke DEZEMBER Morgens: Maleachi 2 Abends: Offenbarung 22,6–13 SA 08.27 · SU 16.23 · KW 1 30 Montag Wie goldene Äpfel auf einer silbernen Schale, so ist ein rechtes Wort zur rechten Zeit. Sprüche 25,11 (Hoffnung für alle) Zu diesem weisen Wort des Königs Salomo gibt es viele Zitate, die das Thema vertiefen und uns heute etwas nachdenklich machen sollen, zum Beispiel: „Manchmal rede ich, wo ich schweigen sollte, und manchmal schweige ich, wo ich reden sollte.“ Es ist oft nicht leicht, das eine vom anderen zu unterscheiden. Und manchmal würden wir mehr Gutes bewirken, wenn wir einfach den Mund hielten: „Selig, wer nichts zu sagen hat und trotzdem schweigt. Selig, wer nichts zu verschweigen hat, und doch nicht alles sagt.“ Im Neuen Testament beschreibt der Apostel Jakobus sehr anschaulich, welch ein gewaltiges „Mordwerkzeug“ die Zunge sein kann: „So kann auch die Zunge, so klein sie auch ist, enormen Schaden anrichten. Ein winziger Funke steckt einen großen Wald in Brand! Die Zunge ist wie eine Flamme und kann eine Welt voller Ungerechtigkeit sein.“ (Jak 3,5– 6a NLB) Aus diesem Grunde hat jemand gesagt: „Das meiste Leid, das Menschen aushalten müssen, wird nicht durch Hände oder Waffen zugefügt, sondern durch den Mund.“ Es ist bedauerlich – so Jakobus weiter –, dass wir Menschen es gelernt haben, wilde Tiere zu zähmen, es aber nicht schaffen, unsere Zunge im Zaum zu halten (V. 7–8). Ein Wort kann ein Wegweiser oder ein Sperrschild sein, eine Brücke oder ein Schlagbaum, ein Schlüssel oder ein Vorhängeschloss, ein Pflaster für eine Wunde oder eine Ohrfeige. Unser Andachtswort betont die positive Seite: „Ein rechtes Wort zur rechten Zeit“ kann weiterhelfen, Angst vertreiben, motivieren oder Mut machen, Verbindung schaffen, Mauern niederreißen, Vorurteile abbauen, aus Verzweiflung befreien, Hoffnung wecken, den Ausweg zeigen ... Es gibt ein Lied, in dem heißt es: „Lehre mich die Worte wägen, ehe sie die Zunge spricht. Mir ist viel daran gelegen, denn die Luft verweht sie nicht … Halte durch die Zucht der Gnade, mir die Zunge stets im Zaum. Sonst entstehet leicht ein Schade und der Leichtsinn merkt es kaum.“ (Wir loben Gott, Nr. 284) Und von Manfred Siebald stammt der Liedtext: „Gib mir die richtigen Worte, gib mir den richtigen Ton. Worte, die deutlich für jeden von dir reden – gib mir genug davon. Worte, die klären, Worte, die stören, wo man vorbeilebt an dir; Wunden zu finden und sie zu verbinden – gib mir die Worte dafür.“ (Leben aus der Quelle, Nr. 268,1) Gerhard Mellert DEZEMBER Morgens: Maleachi 3 Abends: Offenbarung 22,14–21 SA 08.27 · SU 16.23 · KW 1 31 Dienstag Auch Omri tat, was der Herr verabscheute; er trieb es schlimmer als alle seine Vorgänger. 1. Könige 16,25 (Hoffnung für alle) Das hört sich ja nicht wie ein schmeichelhafter Nachruf an! Der König Omri (er regierte 885–874 v. Chr.) kommt in dieser Beurteilung überhaupt nicht gut weg. Solche Beurteilungen finden sich regelmäßig am Ende der Geschichte jedes israelischen und jüdischen Herrschers im Buch der Könige. Insgesamt 16 kurze Verse beschäftigen sich in der gesamten Bibel mit Omri – viel Gutes ist nicht dabei. Wenn man allerdings anfängt, in außerbiblischer Literatur nach Omri zu suchen, dann taucht sein Name überraschenderweise relativ häufig auf. Eine Inschrift auf der bekannten Mescha-Stele (dem Moabiterstein) aus dem Jahre 840 v. Chr. berichtet: „Omri war König über Israel und bedrängte Moab viele Tage.“ Der Schwarze Obelisk, ein Gedenkstein aus der Zeit des neu-assyrischen Königs Salmanassar (827 v. Chr.) beschreibt in Text und Bild, wie „Jehu, Sohn des Omris“ dem assyrischen König Tribut zahlte. Ein Jahrhundert später wurde der assyrische König Sargon II. (722–705 v. Chr.) in zwei verschiedenen Inschriften mit dem Titel „Eroberer Samariens und des gesamten Landes des Hauses Omris“ genannt. Das bedeutet, dass das Volk Israel für mehr als 150 Jahre mit dem Namen Omri in Verbindung gebracht wurde. Innen- und außenpolitisch muss er also einiges geleistet haben, um zu solch einem Status zu gelangen, der nur wenigen Königen von Israel und Juda in der altorientalischen Geschichtsschreibung zuteil geworden ist. Ganz anders liest es sich in der Bibel. Das rückt unsere Kriterien für ein erfolgreich gelebtes Leben auf dramatische Weise zurecht. Während Omri es anscheinend zu einer historisch wichtigen Persönlichkeit brachte – und das sogar auf internationaler Ebene –, liest sich sein biblischer Nachruf eher bedrückend: „Omri tat, was der Herr verabscheute; er trieb es schlimmer als alle seine Vorgänger.“ Die letzten Tage eines Jahres eignen sich gut dafür, eine Art Zwischenbilanz unseres Lebens zu ziehen: Was sind unsere Ziele und Prioritäten? Wonach streben wir auf dieser Welt? Ist es Erfolg und Status oder sind es Werte, die auch Ewigkeitsbestand haben? Ich wünsche mir und dir, dass es unser lebendiges Verhältnis zu Gott ist, das uns zutreffend beschreibt und uns mit Zuversicht an der Schwelle zu einem neuen Jahr erfüllt. Martin Klingbeil