Handout 1.1: Sichtweisen zu häuslicher Gewalt Beurteilen Sie die folgenden Aussagen auf einer Skala von 1 bis 5. Eine Bewertung mit 1 bedeutet, dass die Aussage überhaupt nicht zutrifft. Eine Bewertung mit 5 bedeutet, dass die Aussage voll und ganz zutrifft. Ihre Antworten sowie bestehende Stärken und Problemfelder, die vielleicht aufgetaucht sind, dienen als Basis für das Erarbeiten von Best-Practice-Beispielen oder Schritten zu einer verbesserten Zusammenarbeit im Umgang mit hochgefährdeten Gewaltopfern. Wählen Sie eine Ihrer Beobachtungen aus und diskutieren Sie sie mit anderen TeilnehmerInnen. Überlegen Sie mögliche Schritte zur Lösung des Problems und besprechen Sie positive Aspekte als Ausgangsbasis für weitere Verbesserungen. Greifen Sie einen der Diskussionspunkte für die Behandlung in der Gesamtgruppe heraus. 1. Gewalt gegen Frauen wird meistens als Privatangelegenheit betrachtet. trifft überhaupt nicht trifft voll und ganz zu zu 1 2 3 4 5 2. In meiner Einrichtung wird das Thema Gewalt gegen Frauen engagiert behandelt. trifft überhaupt nicht trifft voll und ganz zu zu 1 2 3 4 5 3. Wir haben wenig bis keine gesetzliche Handhabe zum Schutz von Frauen. trifft überhaupt nicht trifft voll und ganz zu zu 1 2 3 4 5 4. Ich halte mein Wissen und Verständnis zum Thema für unzulänglich. trifft überhaupt nicht trifft voll und ganz zu zu 1 2 3 4 5 5. In meiner Einrichtung gibt es eine klare Vorstellung davon, welche Stoßrichtung das Angebot für gewaltbetroffene Frauen haben soll. trifft überhaupt nicht zu 1 trifft voll und ganz zu 2 3 4 5 6. Es gibt ein landesweit abgestimmtes Herangehen an dieses Thema. trifft überhaupt nicht trifft voll und ganz zu zu 1 2 3 4 5 7. Ich habe eine klare Vorstellung von meinen Aufgaben und Verantwortlichkeiten in Bezug auf Gewalt gegen Frauen. trifft überhaupt nicht trifft voll und ganz zu zu 1 2 3 4 5 8. In meiner Arbeit mit gewaltbetroffenen Frauen fühle ich mich allein gelassen. trifft überhaupt nicht zu 1 trifft voll und ganz zu 2 3 4 5 9. Es ist mir klar, inwiefern Gewalt gegen Frauen mit Macht und Kontrolle zusammenhängt. trifft überhaupt nicht zu 1 trifft voll und ganz zu 2 3 4 5 10. Die Häufigkeit von Gewalt gegen Frauen wird unterschätzt. trifft überhaupt nicht zu 1 trifft voll und ganz zu 2 3 4 5 11. Gewaltbetroffene Frauen rechnen eher nicht damit, von Einrichtungen Unterstützung zu erhalten. trifft überhaupt nicht zu 1 trifft voll und ganz zu 2 3 4 5 12. Ich weiß gut darüber Bescheid, wie andere Einrichtungen mit dem Thema umgehen. trifft überhaupt nicht zu 1 trifft voll und ganz zu 2 3 4 5 Handout 1.2a: Begriffsbestimmungen und Rechte 1. Gewalt gegen Frauen – Begriffsbestimmung Gewalt gegen Frauen ist „ ... jede gegen Frauen auf Grund ihrer Geschlechtszugehörigkeit gerichtete Gewalthandlung, durch die Frauen körperlicher, sexueller oder psychologischer Schaden oder Leid zugefügt wird oder zugefügt werden kann, einschließlich der Androhung derartiger Handlungen, der Nötigung und der willkürlichen Freiheitsberaubung, gleichviel ob im öffentlichen oder im privaten Bereich.“ Erklärung der Vereinten Nationen 1992, Abs. 6 und Aktionsplattform der 4. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen, vgl. WAVE 2000, S. 14 2. Recht auf ein Leben frei von Gewalt Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen und sonstigen Maßnahmen zur Förderung und zum Schutz des Rechts jeder Person, insbesondere von Frauen, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich frei von Gewalt zu leben. Konvention des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, 2011, Artikel 4 Fragen zu Definitionen und Standpunkten Beantworten Sie die folgenden Fragen zunächst in Einzelarbeit. Diskutieren Sie sie dann in Kleingruppen von zwei bis drei Personen. Die Ergebnisse werden anschließend der Gesamtgruppe präsentiert. 1. Kann ich diesen Definitionen der internationalen Organisationen bzw. Menschenrechtsdokumente zustimmen? 2. Werden sie in meiner Einrichtung verwendet? 3. Wenn nicht - welche Begriffsbestimmung wird angewendet? Inwiefern unterscheidet sie sich von den hier angeführten? 4. Fehlt in unserer Begriffsbestimmung ein Aspekt? 5. Welche Schritte setze ich (bzw. setzen wir in der Einrichtung), um die oben angeführten Begriffsbestimmungen und Aussagen umzusetzen? 6. Welche Maßnahmen, die ich setze (bzw. die wir in der Einrichtung setzen), könnten dieser Definition und dem Recht auf Leben frei von Gewalt zuwiderlaufen? 7. Inwiefern ist meine Sichtweise von meinen Aufgaben im Beruf und in meiner Organisation geprägt? Handout 1.2b: Der gemeinsame Nenner Behandeln Sie die folgenden Punkte zum Thema Gewalt gegen Frauen in Kleingruppen von zwei bis drei Personen. Besprechen Sie, warum Sie die Fragen so und nicht anders beantwortet haben. Die Ergebnisse sollen später der Gesamtgruppe präsentiert werden. 1. In den meisten Fällen ist das Ende einer Beziehung bzw. eine Scheidung nicht mit häuslicher Gewalt verbunden. Richtig oder falsch? 2. Den gewalttätigen Partner zu verlassen, ist eine der wirksamsten Sicherheitsstrategien, um der Gewalt zu entkommen. Richtig oder falsch? 3. Auch wenn ein Partner gewalttätig ist, ist es für das Kind gut, Kontakt zu beiden Eltern zu haben. Richtig oder falsch? 4. Gewalt gegen Frauen ist oft ein einmaliger Ausrutscher. Richtig oder falsch? 5. Kinder werden häufiger von der Mutter getötet als vom Vater. Richtig oder falsch? 6. Die Eltern wissen am besten, was für ihre Kinder gut ist. Richtig oder falsch? Nach dem Besprechen der einzelnen Aussagen erhalten die TeilnehmerInnen Rückmeldungen und Hinweise durch die TrainerIn. Dann werden in der Gruppe die folgenden Fragen behandelt: 7. Wenn ein gemeinsamer Nenner für diese und ähnliche Fragen in Zusammenhang mit Gewalt gegen Frauen gefunden werden kann – inwiefern kann sich das positiv auf die Maßnahmen der jeweiligen Einrichtungen und auf Strategien zum Schutz der betroffenen Frauen und Kinder auswirken? 8. Bei welchen Punkten ist es schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden? 9. Wie kann man mit diesen Unterschieden zwischen den einzelnen Einrichtungen konstruktiv umgehen? Handout 1.3: Die Prinzipien Empowerment, Beteiligung und Unterstützung Die positiven Auswirkungen eines opferzentrierten Ansatzes Die Frau spielt eine aktive Rolle bei der Entscheidungsfindung und Umsetzung von Schritten zur Gewährleistung ihrer Sicherheit. Ihr wird zugehört. Es wird auf sie Bezug genommen. Die Verantwortung für die Sicherheitsstrategie wird gemeinsam übernommen. Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist höher. Anerkennung der zentralen Rolle der gewaltbetroffenen Frau bei Risikoidentifizierung und Sicherheitsmanagement Die wichtigste Informationsquelle ist die Frau selbst. Die Gewaltbetroffene stärken und unterstützen und ihr Vertrauen gewinnen Alle Rechte und Verantwortlichkeiten werden klar definiert, gemeinsam besprochen und vereinbart. Die Vertretung der Rechte, sowohl des Opfers als auch der Kinder, ist Bestandteil der Partnerschaft. Die Verantwortung liegt weiterhin bei den Einrichtungen; sie gewährleisten konsequent die Durchführung der vereinbarten Maßnahmen und Hilfestellungen. Auf Informationen über Veränderungen in der Sachlage wird prompt reagiert. Handout 1.4a: Zur Diskussion Stellen Sie sich die Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt gegen Frauen in ihrem örtlichen und regionalen Arbeitsumfeld in Form eines Rades der partnerschaftlichen Zusammenarbeit vor. Geben Sie an, wo in Ihrem regionalen Rad der partnerschaftlichen Zusammenarbeit stabile Verbindungen bestehen. Inwiefern verringern diese starken Verbindungen die Wahrscheinlichkeit eines Wiederauftretens von Gewalt für hochgefährdete Opfer? Anschließend: Geben Sie an, wo die Verbindungen in Ihrem regionalen Rad der partnerschaftlichen Zusammenarbeit schwach sind. Inwiefern können diese schwachen Verbindungen die Gefahr eines Wiederauftretens von Gewalt erhöhen? Geben Sie an, mit welchen Maßnahmen auf lokaler Ebene die partnerschaftliche Zusammenarbeit verbessert werden könnte. Abschließend: Gibt es Erkenntnisse aus Ihren Antworten über die „Stärken“, die Sie dazu verwenden könnten, die ermittelten Schwachstellen zu verbessern? Erfolge und Partnerschaften in einer Region lassen sich beispielsweise auf eine andere übertragen. Wenn mehrere Einrichtungen übereinstimmend eine Verbindung als schwach und als Bedrohung für die Sicherheit des Opfers bezeichnen, kann das ein erster Schritt zur Veränderung sein. Notieren Sie hilfreiche Erkenntnisse oder Punkte hier: Handout 1.4b Handout 1.4c Handout 1.4d: Erforderliche Maßnahmen Mit wem arbeiten Sie derzeit erfolgreich zusammen? Kann/Können diese Person/en Ihnen bei der Kontaktaufnahme mit anderen Stellen helfen? Mit wem werden Sie Kontakt aufnehmen, und was werden Sie sagen? Welche gemeinsamen Ziele können Sie setzen? Würden Ihnen Fakten, Zahlen und die Berichte von Opfern bei der Argumentation helfen? Legen Sie das Hauptaugenmerk auf die Verbesserung der Sicherheit des Opfers und arbeiten Sie darauf hin, dass dieses Ziel als Grundwert anerkannt wird. Überlegen Sie, welche minimale Arbeitsstruktur für den Anfang erforderlich wäre. Handout 1.4e: Wie sehen wir andere Organisationen/Einrichtungen? Wie sehen sie uns? Nehmen Sie sich ungefähr 10 Minuten Zeit. Bei partnerschaftlicher Zusammenarbeit ist es wichtig, darüber nachzudenken, wie wir andere Einrichtungen/Organisationen sehen und wie diese uns sehen könnten. Wählen Sie eine Organisation/Einrichtung, mit der Sie derzeit zusammenarbeiten oder gerne zusammenarbeiten würden, und denken Sie über folgende Fragen nach: Was sind Ziel und Zweck dieser Organisation? Wie wird sie finanziert und geführt? Welchen Beitrag leistet sie bei der Verringerung der Gefahr von häuslicher Gewalt gegen Frauen? Was könnte sie beitragen? Fällt Ihnen irgendein Grund ein, der diese Organisation dazu bewegen könnte, eine ihrer Leistungen nicht mehr anzubieten? Was halten Sie von dieser Organisation/Einrichtung? Welche Erfahrungen haben Sie in der Zusammenarbeit gemacht? Was war positiv und hat gut geklappt? Gab es Probleme? Haben Sie Vertrauen zu ihr? Halten Sie ihre Aufgaben für leichter als Ihre eigenen? Hat Ihre eigene Organisation/Einrichtung mehr oder weniger Einfluss als die andere? Handout 1.4f: Schritte zu erfolgreichen Kooperationspartnerschaften Der Weg zu erfolgreichen Partnerschaften ist mit Zeit und Mühe verbunden, und es gilt Schwierigkeiten und Hindernisse zu überwinden: Mangel an einrichtungsübergreifender strategischer Planung. Mangelndes Vertrauen zwischen den Einrichtungen. NGOs und staatliche Einrichtungen, aber auch verschiedene staatliche Einrichtungen haben unterschiedliche Werte, Perspektiven und Interessen. Widersprüchliche Rechtsvorschriften. Finanzielle Engpässe und beschränkte Mittel. ABER SIE KÖNNEN NICHT WARTEN, BIS ALLES PASST! GEHEN SIE ES AN! Nach Lloyd (1994)1; Hague, Malos und Dear (1996)2 Siehe auch Bridging Gaps (2006), Kapitel 9 und 10, WAVE. Verfügbar unter: http://www.wave-network.org/start.asp?ID=289&b=15 1 Lloyd, C. (1994) The welfare net: how well does the net work? Oxford: Oxford Brookes University 2 Hague, G., Malos, E. und Dear, W. (1996) Multi-agency work and domestic violence: A national study of interagency initiatives. Bristol: The Policy Press Handout 1.4g: Ergebnisse einer deutschen Untersuchung über einrichtungsübergreifende Arbeit Interventionsprojekte3 führen zu nachhaltigen und umfassenden Veränderungen, wenn es gelingt, bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen: Top-down-Strategien (vom Management ausgehend) mit Bottom-up-Strategien (von den Fachkräften ausgehend) zu koppeln. Strukturen und Aktivitäten auf Landesebene mit regionalen Strukturen und Aktivitäten zu verschränken. Arbeitsergebnisse fest in den Strukturen aller beteiligten Einrichtungen zu verankern. Kooperationsgremien verbindlich und bedarfsgerecht zu etablieren. eine Koordinationsstelle zu bestimmen. (Deutsches Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2004: Gemeinsam gegen häusliche Gewalt. Kooperation, Intervention, Begleitforschung. Forschungsergebnisse der Wissenschaftlichen Begleitung der Interventionsprojekte gegen häusliche Gewalt, Berlin) 3 Der Ausdruck „Interventionsprojekte“ für einrichtungsübergreifende Bündnisse auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene mit unterschiedlichem Institutionalisierungsgrad ist nur im deutschsprachigen Bereich (Deutschland, Schweiz, Österreich) üblich. Handout 1.4h: Kriterien für erfolgreiche einrichtungsübergreifende Arbeit Verpflichtung jeder Einrichtung zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit und zur regelmäßigen und aktiven Beteiligung daran. Bestimmung einer/eines Verantwortlichen mit Entscheidungskompetenz. Verpflichtung zur Umsetzung der gemeinsam getroffenen Vereinbarungen innerhalb jeder einzelnen Organisation. eine Koordinationsstelle für die einrichtungsübergreifende Partnerschaft (eventuell rotierend). Zuteilung grundlegender Ressourcen für die partnerschaftliche Arbeit (Personal, Geld, Material etc.). eine gemeinsame Definition des Problems. eine gemeinsam zu vertretende Leitlinie und Vision. Analyse des Ist-Status und der notwendigen Veränderungen. regelmäßige Einbeziehung der Gewaltbetroffenen. Erarbeitung klarer Zielsetzungen und operativer Ziele für die Partnerschaft sowie einvernehmlicher Strategien zum Erreichen dieser Ziele. ein schriftlicher Aktionsplan für die Weiterentwicklung der Partnerschaft und ein entsprechender Zeitplan. regelmäßige Evaluierung und entsprechende Anpassung der Tätigkeiten. Zusammenarbeit der einrichtungsübergreifenden Partnerschaft mit anderen Initiativen in diesem Bereich. Handout 1.5a: Ein risikoorientierter Ansatz Ziel eines risikoorientierten Ansatzes ist es, das Risiko für Frauen und ihre Kinder festzustellen und zu bewerten, um die Gefahr einer körperlichen Verletzung und einer Verletzung der Rechte zu verringern. Man kann sagen, dass beim Engagement der Frauenbewegung gegen Gewalt im Grunde immer implizit von einem risikoorientierten Ansatz ausgegangen wurde: Die Einrichtung von Frauenhäusern anerkannte nicht nur, dass Frauen und ihre Kinder Gefahr laufen, wiederholt viktimisiert und verletzt zu werden, sie bot ihnen auch eine Alternative zum Zusammenleben mit dem gewalttätigen Partner und Vater. Einen sicheren Platz zu bieten, ist das wichtigste Ziel der Frauenhäuser, und zur Frauenhausarbeit gehören technische Sicherheitsvorkehrungen ebenso wie individuelle Sicherheitsplanung für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder. Die Begriffe „Risiko“, „Risikoeinschätzung“ oder „Risikomanagement“ kamen in den Anfangszeiten der Arbeit gegen Gewalt an Frauen und ihren Kindern nicht vor. Frauenhäuser achteten zwar immer auf Risikofaktoren, indem sie sich die Gewaltgeschichten der Frauen aufmerksam anhörten; der Schwerpunkt ihrer Arbeit lag aber bei der Sicherheitsplanung für Frauen und Kinder und nicht bei der Gefährdungseinschätzung. Das Bewusstsein, dass für Frauen und Kinder oft schwere oder wiederholte Verletzungs- oder sogar Lebensgefahr bestand, floss immer in die fachliche Beurteilung in Frauenhäusern ein, auch wenn das nicht „Gefährdungseinschätzung“ genannt wurde. WAVE (2004) Ein Weg aus der Gewalt. Handbuch zum Aufbau und zur Organisation eines Frauenhauses, Wien Handout 1.5b: Einige wichtige Fragen Warum ist es sinnvoll, die Gefährdung in den Mittelpunkt zu stellen? Dieser Ansatz kann uns helfen festzustellen, für welche Frauen Gefahr besteht, Opfer von wiederholter Gewalt, schwerer Verletzung oder einer Tötung zu werden, sowie in welchen Fällen Gewalt eskaliert. Wenn die Gefährdung und insbesondere Fälle, in denen hohe Verletzungsgefahr besteht, im Mittelpunkt stehen, heißt das, dass wir andere Fälle vernachlässigen? Nein. Alle Opfer haben das Recht, entsprechend den Bedürfnissen und Gefahren, denen sie ausgesetzt sind, betreut zu werden; es gibt jedoch unterschiedliche Arten von Betreuung und Interventionen für Gewaltbetroffene. Den Schwerpunkt auf hohe Gefährdung zu legen, macht klar, dass hochgefährdete Opfer, bei denen die Gefahr schwerer Verletzungen besteht, verstärkter Koordination und intensiver Betreuung bedürfen und dass die Maßnahmen auf die Bedürfnisse jeder einzelnen Gewaltbetroffenen und ihre Gefährdung zugeschnitten sein müssen. Dabei wird auch berücksichtigt, dass das Risikoniveau sich mit der Zeit verändern kann und dass veränderte Umstände dazu führen können, dass eine geringe zu einer hohen Gefährdung wird, die ganz andere Interventionen erfordert. Können wir bei häuslicher Gewalt eine Gefährdung mit ausreichender Genauigkeit vorhersagen? Risikovorhersage ist schwierig und keine exakte Wissenschaft. Mittlerweile gibt es Instrumente zur Risikoeinschätzung, und es herrscht Einigkeit über die wesentlichen Risikofaktoren für häusliche Gewalt, einschließlich für hochgefährdete Opfer (zu diesen Risikofaktoren siehe Modul 2, Abschnitt 2.2). In diesen Schulungsunterlagen geht es stärker um Gefährdungseinschätzung als um -voraussage, denn wir können nicht unbedingt vorhersagen, was Täter tun werden. Es geht hier in erster Linie um die Gefährdungseinschätzung mit dem Opfer, bei der die Situation eingehend beurteilt wird und ausgehend davon wirksame Sicherheitspläne entwickelt werden (siehe Modul 2). Wobei hilft eine Schwerpunktsetzung auf Gefährdung? Sie kann uns helfen, die in Anbetracht der Problemlage geeignetsten Interventionen zu ermitteln. In komplexen Fällen können koordinierte Interventionen mehrerer Einrichtungen klare Vorteile bieten. Diese Schwerpunktsetzung ermöglicht eine ganzheitliche Herangehensweise, bei der die betroffenen Frauen im Mittelpunkt stehen, und kann uns helfen, gewaltgefährdete Frauen und Kinder effizient zu unterstützen. Ist Gefährdungseinschätzung ein Ziel als solches? Nein, Gefährdungseinschätzung ist, wie bereits erwähnt, nur der Beginn und muss mit effizientem Sicherheitsmanagement einhergehen. (siehe Abschnitt 2.4 in Modul 2). Handout 1.5c: Überlegungen zur Gefährdung 1. Denken Sie an Ihren Arbeitsalltag und an die Entscheidungen, die Sie üblicherweise treffen: Wie viele davon sind implizite Risikoentscheidungen? 2. Wie nehmen Sie derzeit Gefährdungseinschätzungen vor? 3. Wie genau sind diese Gefährdungseinschätzungen Ihrer Meinung nach? 4. Welche Entscheidungen treffen Sie ausgehend von Gefährdungseinschätzungen? 5. Wie gut sind diese Entscheidungen Ihrer Meinung nach? 6. Wie führen Sie derzeit Sicherheitsplanungen durch? Stimmen Sie sie mit den Gefährdungseinschätzungen ab und wenn ja, wie? Und nun: 7. Welche Vorteile hätten Sie und Ihre Einrichtung von expliziteren, verlässlicheren und genaueren Gefährdungseinschätzungen? 8. Was würde sich an den Interventionen für Gewaltbetroffene verbessern, wenn Sie sich für einen risikoorientierten Ansatz entscheiden würden? Handout 1.5d: Was haben Opfer davon, wenn die Gefährdung stärker im Mittelpunkt steht? Besser abgestimmte Maßnahmen, wenn sich die Lage verschlechtert und Gewalt eskaliert. Bessere Anpassung von Sicherheitsplänen an Ausmaß und Art der Gefährdung. Koordinierte Interventionen mehrerer Einrichtungen in komplexen Fällen. Bessere Sicherheitsplanung und mehr Schutz für Frauen und ihre Kinder. Handout 2.1a: Hauptmerkmale von Good Practice bei einrichtungsinternem Risiko- und Sicherheitsmanagement für gewaltbetroffene Frauen 1. Klare schriftliche Strategien und Richtlinien für den Umgang der Einrichtung mit Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt; konsequente Umsetzung und regelmäßige Evaluierung (auch über Rückmeldungen seitens der Gewaltbetroffenen) dieser Richtlinien. 2. Spezialisierte Abteilungen oder MitarbeiterInnen in der Einrichtung, die im Umgang mit der Problematik Kompetenz und Erfahrung erwerben. 3. Eingeführte Vorgehensweisen bei der Identifizierung von wiederholter und schwerer Gewalt, die konsequent angewendet werden, um zu gewährleisten, dass alle Fälle sachgemäß behandelt werden. 4. Gefährdungseinschätzung und Sicherheitsplanung unter aktiver Beteiligung aller Opfer als Standardverfahren. (Die Abschnitte 2.2 und 2.3 dieser Schulungsunterlagen befassen sich damit ausführlicher). 5. Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Gewaltbetroffenen, wenn diese Kontakt mit der Einrichtung und ihren MitarbeiterInnen aufnehmen. (Ist gewährleistet, dass die Opfer ungefährdet an den Ort des Treffens kommen, sich dort aufhalten und ihn wieder verlassen können?). 6. Sicherheitsmaßnahmen für die MitarbeiterInnen, damit auch diese ihrer Arbeit ungefährdet nachgehen können (einrichtungsinterner Sicherheitsplan). 7. Es gibt in der Einrichtung regelmäßige Fallbesprechungen über extreme Gewalt, Femizid und versuchten Femizid, um Mängel und verbesserungsbedürftige Bereiche herauszuarbeiten und Strategien und Vorgehensweisen entsprechend anzupassen. 8. Im Sinne des Risiko- und Sicherheitsmanagements beteiligen sich die Einrichtungen an einrichtungsübergreifenden Partnerschaften. (Abschnitt 2.5 befasst sich ausführlicher mit diesem Punkt). Handout 2.1b: Arbeitsblatt für TeilnehmerInnen Sehen Sie sich die Voraussetzungen für Good Practice bei Risiko- und Sicherheitsmanagement in Handout 2.1a an. Beschäftigen Sie sich nun mit folgenden Fragen: 1. Kennen Sie Beispiele oder haben Sie Erfahrungen mit Good-Practice-Lösungen dieser Art, und wenn ja, welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht ? 2. Können Sie genauere Beispiele für Good-Practice-Lösungen dieser Art in Ihrer eigenen oder in anderen Einrichtungen angeben? (Was beinhalten die schriftlichen Regelungen, wie setzen Sie sie um, welche Maßnahmen bestehen zur Sicherheit von Opfern, die Ihre Einrichtung aufsuchen, gibt es einen Sicherheitsplan für die MitarbeiterInnen, was beinhaltet er, …?) 3. Wo könnte es bei der Umsetzung anerkannter Good-Practice-Lösungen in anderen Bereichen Schwierigkeiten geben? 4. Welche Schritte könnten Sie zur Umsetzung anerkannter Good-Practice-Lösungen in anderen Bereichen machen? Beispiele, Erfahrungen 1. Schriftliche einrichtungsinterne Grundsätze und Richtlinien 2. Spezialisierte Abteilungen Schwierigkeiten Schritte zur Umsetzung 3. Vorkehrungen zu Identifizierung von und Umgang mit wiederholter und schwerer Gewalt 4. Aktive Einbeziehung der Gewaltbetroffenen in Gefährdungseinschätzung und Sicherheitsplanung 5. Gewährleistung der Opfersicherheit beim Kontakt mit der Einrichtung 6. Maßnahmen für die Sicherheit der MitarbeiterInnen 7. Fallbesprechungen wirken sich auf die Entwicklung von Strategien und Praxis aus 8. Beteiligung an einrichtungsübergreifender Arbeit Handout 2.1c: Ausreichende Versorgung mit Frauenhilfseinrichtungen Die Europaratskonvention 2011 fordert die Vertragsstaaten auf, eine kostenlose, landesweite und täglich rund um die Uhr erreichbare Telefonberatung für gewaltbetroffene Frauen einzurichten (Artikel 24). Im erläuternden Bericht wird darüber hinaus empfohlen, in allen Regionen sichere Unterkünfte in Frauenhäusern mit einer Familienwohneinheit4 pro 10.000 EinwohnerInnen zur Verfügung zu stellen. geeignete Krisenzentren für Opfer von Vergewaltigung und sexueller Gewalt einzurichten, wobei empfohlen wird, dass es pro 200.000 EinwohnerInnen ein solches Zentrum geben sollte. Europarat (2011): Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, Artikel 23, 24, 25 und erläuternder Bericht Diskutieren Sie in Kleingruppen über Folgendes: Welche Frauenunterstützungseinrichtungen gibt es in Ihrer Region? Welchen ungedeckten Bedarf gibt es? Was können Sie gemeinsam in einrichtungsübergreifenden Partnerschaften tun, um diese Bedarfslücken zu schließen? Notieren Sie Ihre Antworten auf Flipchartpapier, um Ihre Ideen anschließend in der Großgruppe zu präsentieren. 4 Familienwohneinheit: ein Platz/Bett für jede Frau und ihre Kinder Handout 2.2a: Liste von Risikofaktoren Mögliche Auslöser: Neben der nachstehenden Liste von Risikofaktoren müssen Fachkräfte auf Situationen achten, die zur Eskalation von Gewalt führen können. Dazu zählen Veränderungen in der Situation der Frau, eine Verschlimmerung des Verhaltens des Täters und potenzielle Gefahrensituationen wie Scheidungs- und Gerichtstermine. Risikofaktor Risikokategorie I. Geschichte der Gewalt 1. Vorangegangene In den Untersuchungen über Risikofaktoren bei häuslicher häusliche Gewalt Gewalt gegen Frauen ist vorangegangene häusliche gegen Frauen Gewalt der verbreitetste Risikofaktor.5, 6, 7, 8 5 Kropp, R. und Hart, S. (2000) The Spousal Assault Risk Assessment (SARA) Guide: Reliability and validity in adult male offenders. Law and Human Behavior, Bd. 24, Nr. 1, S. 101–118, http://www.springerlink.com/content/n1716vh2852l3637/, 16.11.2010 6 Grann, M. und Wedin, I. (2002) Risk Factors for Recidivism among Spousal Assault and Spousal Homicide Offenders. Psychology, Crime & Law, Bd. 8, Nr. 1, S. 5–23 7 Snider, C., Webster, D., O’Sullivan, C. und Campbell, J. C. (2009) Intimate Partner Violence: Development of a Brief Risk Assessment for the Emergency Department. Society for Academic Emergency Medicine, Bd. 16, Nr. 11, S. 1208–1216, http://www.dangerassessment.org/uploads/Snider%20et%20al_%20Brief%20IPV%20Risk%20Assessment_SAEM_AEM_bli nded%20doc.pdf, 16.11.2010 8 Campbell J. C., Webster, D. W., Glass, N. (2009) The Danger Assessment, Validation of a Lethality Risk Assessment Instrument for Intimate Partner Femicide, Journal of Interpersonal Violence, Bd. 24, Nr. 4, Sage Publications, S. 653–674 2. Gewalt gegen Kinder oder andere Angehörige Häufig sind von häuslicher Gewalt auch andere Familienmitglieder, z. B. Kinder betroffen. Bei der Befassung mit der Sicherheit des Kindes können viel umfassendere Gewaltmuster in einer Familie zutage treten. Kinder können etwa vom Täter instrumentalisiert werden, um das Opfer emotional zu manipulieren und zu beherrschen (Duluth-Modell über häusliche Gewalt)9. Es ist nachgewiesen, dass die Gefährdung gewaltbetroffener Kinder oft nicht ernst genommen wird.10 Kinderrechte und Sicherheitsmaßnahmen für Kinder müssen von Fachkräften bei der Gefährdungseinschätzung ebenfalls berücksichtigt werden. 3. Generell gewalttätiges Verhalten Bei Tätern, die häusliche Gewalttaten begehen, lassen sich oft generell asoziale Haltungen und Verhaltensweisen sowie Gewaltanwendung außerhalb des häuslichen Bereichs beobachten.11, 12 Gewalt außerhalb der Familie ist ein Indiz für eine generelle Neigung zur Gewaltanwendung; sie kann die Gefährdung der gewaltbetroffenen Frau erhöhen und auch eine Gefahr für andere, unter anderem für die unterstützenden Fachkräfte darstellen. 4. Verstoß gegen Der Verstoß gegen Schutzverfügungen (von Polizei, Straf- Schutzverfügungen oder Zivilgerichten) oder Kontaktverbote wird mit einer erhöhten Gefahr zukünftiger Gewalt in Zusammenhang gebracht.13, 14 9 Paymar, M. und Barnes, G. (2004) Countering Confusion about the Duluth Model, abgefragt am 29.2.2012 unter http://www.theduluthmodel.org/pdf/CounteringConfusion.pdf 10 Mullender, A., Hague, G., Imam, U. F., Kelly, L., Malos, E. & Regan, L. (2002) Children's Perspectives on Domestic Violence. London: Sage 11 Hester, M. (2006) Asking about domestic violence – implications for practice in Humphreys, C. und Stanley, N. (Hg.) Domestic Violence and Child Protection – directions for good practice. London: Jessica Kingsley 12 Dutton, D.G. & Knopp, R. P. (2000). A review of Domestic Violence risk instruments in Trauma. Violence and Abuse. Bd. 1, Nr. 2, S. 171–181 13 Kropp, R. und Hart, St. (2000) The Spousal Assault Risk Assessment (SARA) Guide: Reliability and validity in adult male offenders. Law and Human Behavior, Bd. 24, Nr. 1, S. 101–118, http://www.springerlink.com/content/n1716vh2852l3637/, 16.11.2010 II. Gewaltformen und -muster 5. Schwere und Zunehmende Schwere und Häufigkeit gewalttätiger Häufigkeit Handlungen gehören zu den signifikantesten Faktoren für gewalttätiger schwere und potenziell tödliche Körperverletzung.15 Handlungen 6. (Angedrohter) Tatsächlicher oder angedrohter Waffengebrauch ist ein Waffengebrauch signifikanter Risikofaktor für schwere und tödliche Gewalt. Bei häuslicher Gewalt müssen alle Waffen berücksichtigt werden, also Schusswaffen, Messer und gefährliche Gegenstände, mit denen dem Opfer Verletzungen zugefügt werden können.16, 17, 18, 19, 20 14 Grann, M., Wedin, I. (2002) Risk Factors for Recidivism among Spousal Assault and Spousal Homicide Offenders. Psychology, Crime & Law, Bd. 8, Nr. 1, S. 5–23 15 Snider, C., Webster, D., O’Sullivan, C. und Campbell, J. C. (2009) Intimate Partner Violence: Development of a Brief Risk Assessment for the Emergency Department. Society for Academic Emergency Medicine. Bd. 16, Nr. 11, S. 1208–1216, http://www.dangerassessment.org/uploads/Snider%20et%20al_%20Brief%20IPV%20Risk%20Assessment_SAEM_AEM_bli nded%20doc.pdf, 16.11.2010 16 Snider, C., Webster, D., O’Sullivan, C. und Campbell, J.C. (2009) Intimate Partner Violence: Development of a Brief Risk Assessment for the Emergency Department, Society for Academic Emergency Medicine. Bd. 16, Nr. 11, S. 1208–1216, http://www.dangerassessment.org/uploads/Snider%20et%20al_%20Brief%20IPV%20Risk%20Assessment_SAEM_AEM_bli nded%20doc.pdf, 16.11.2010 Echeburua E, Fernandez-Montalvo J, de Corral P, Lopez-Goñi J (2009): Assessing Risk Markers in Intimate Partner Femicide and Severe Violence. Journal of Interpersonal Violence, Bd. 24, Nr. 6, Sage Publications, S. 925–939 17 Humphreys, C., Thiara, R., Regan, L., Lovett, J., Kennedy, L. und Gibson, A. (2005) Prevention not prediction? A preliminary evaluation of the Metropolitan Police Domestic Violence Risk Assessment Model (SPECCS). Centre for the Study of Safety and Wellbeing, University of Warwick and Child and Woman Abuse Study Unit, London Metropolitan University, London 18 Echeburua E, Fernandez-Montalvo J, de Corral P, Lopez-Goñi J (2009): Assessing Risk Markers in Intimate Partner Femicide and Severe Violence. Journal of Interpersonal Violence, Bd. 24, Nr. 6, Sage Publications, S. 925–939 19 Campbell J. C., Webster D W., Koziol-McLain, J., Block Carolyn, R., Campbell, D., CurryMarry, A., Gary, F., Glass, N., McFarlane, J., Sachs, C., Sharps, P., Ulrich, Y., Wilt, S., Manganello, J., Xu, X., Schollenberger, J., Frye, V., und Laughon, K. (2003): Risk Factors for Femicide in Abusive Relationships: Results From a Multisite Case Control Study, American Journal of Public Health, Bd. 93, Νr. 7, S. 1089–1097 20 Bailey, J., Kellerman, A., Somes, G., Banton, J., Rivara, F., Rushford, N. (1997): Risk factors for violent death of women in the home. Archives of Internal Medicine, Bd. 157, Nr. 7, S. 777–782 7. Kontrollierendes Kontrollierendes Verhalten gilt als signifikanter Verhalten und Risikofaktor für wiederholte schwere und potenziell Isolation tödliche Gewalt.21, 22, 23 Isolation ist eine verbreitete Kontrollstrategie und kann schwere Formen wie Freiheitsberaubung (Einsperren der Frau) annehmen. 8. Stalking Stalking steht im Zusammenhang mit tödlicher und schwerer Gewalt gegen Frauen und, verknüpft mit körperlichen Übergriffen, in einem signifikanten Zusammenhang mit Mord und Mordversuchen.24 9. Sexuelle Gewalt Sexuelle Gewalt ist im Allgemeinen Bestandteil von häuslicher Gewalt gegen Frauen.25 Für Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt wurden, besteht eine höhere Gefahr, bei häuslicher Gewalt schwer verletzt und wiederholt misshandelt werden.26 10. Androhung von In der Praxis hat sich gezeigt, dass schwerer Gewalt oft Tötung oder Drohungen vorangehen. Nötigung kann unterschiedliche Verletzung, Nötigung schwere Formen annehmen, dazu zählt auch Zwangsheirat.27 21 Decker M R., Martin S L., Moracco K E. (2004): Homicide Risk Factors among Pregnant Women Abused by Their Partners, Violence against Women, Bd. 10, Nr. 5, Sage Publications, S. 498–513 22 Humphreys C, Thiara R, Regan L, Lovett J, Kennedy L, Gibson A (2005) Prevention not prediction? A preliminary evaluation of the Metropolitan Police Domestic Violence Risk Assessment Model (SPECCS). Centre for the Study of Safety and Wellbeing, University of Warwick and Child and Woman Abuse Study Unit, London Metropolitan University, London 23 Echeburua E, Fernandez-Montalvo J, de Corral P Lopez-Goñi J (2009) Assessing Risk Markers in Intimate Partner Femicide and Severe Violence, Journal of Interpersonal Violence, Bd. 24, Nr. 6, Sage Publications, S. 925–939 24 McFarlane JM, Campbell J, Wilt S, Sach C, Ulrich Y und Xu X (1999) Stalking and Intimate Partner Femicide, Homicide Studies November 1999 Bd. 3 Nr. 4 S: 300–316 25 Howarth, E., Stimpson, L., Barran, D. und Robinson, A (2009) Safety in Numbers: A Multi-Site Evaluation of Independent domestic Violence Advisor Services, London 26 Humphreys C, Thiara R, Regan L, Lovett Jo, Kennedy L, Gibson A (2005) Prevention not prediction? A preliminary evaluation of the Metropolitan Police Domestic Violence Risk Assessment Model (SPECCS). Centre for the Study of Safety and Wellbeing, University of Warwick and Child and Woman Abuse Study Unit, London Metropolitan University, London 27 Robinson, A (2010) Risk and intimate partner violence in: H Kemshall und B Wilkinson (Hg.) Good practice in risk assessment and risk management (3. Auflage) London : Jessica Kingsley S. 123 11. Strangulieren und Strangulieren und Würgen sind sehr gefährliche Würgen Gewaltformen; rund die Hälfte der Femizid-Opfer wurde im Jahr vor ihrer Tötung gewürgt.28, 29, 30 III. Risikofaktoren aufgrund des Verhaltens des Täters 12. Probleme im Der Konsum oder Missbrauch von Drogen und Alkohol ist Zusammenhang mit kein Grund und keine Entschuldigung für häusliche Gewalt Drogen- und gegen Frauen, allerdings geht ein Alkohol- oder Alkoholmissbrauch Drogenmissbrauch des Täters mit einer erhöhten Gefahr von Femiziden oder schwerer Gewalt einher.31, 32 13. Besitzansprüche, Extreme Eifersucht und Besitzansprüche werden ebenfalls extreme Eifersucht mit schwerer Gewalt in Verbindung gebracht.33, 34 Darüber und andere hinaus können sich patriarchale Einstellungen bei Tätern – beeinträchtigende etwa sehr rigide Vorstellungen von Männer- oder Einstellungen Familienehre – auf das Risiko auswirken.35, 36 28 Glass, N., Laughon, K., Campbell, J. C., Block, R. B., Hanson, G., & Sharps, P.S. (2008) Strangulation is an important risk factor for attempted and completed femicides. Journal of Emergency Medicine, 35, S. 329–335. 29 Block, C. R., Devitt, C. O., Fonda, D., Fugate, M., Martin, C., McFarlane, J., et al. (2000) The Chicago Women’s Health Study: Risk of serious injury or death in intimate violence: A collaborative research project. Washington, DC: U.S. Department of Justice, National Institute of Justice 30 Snider C, Webster D, O’Sullivan C, Campbell J C. (2009): Intimate Partner Violence: Development of a Brief Risk Assessment for the Emergency Department, Society for Academic Emergency Medicine, Bd. 16, Nr. 11, S. 1208–1216, http://www.dangerassessment.org/uploads/Snider%20et%20al_%20Brief%20IPV%20Risk%20Assessment_SAEM_AEM_bli nded%20doc.pdf, 16.11.2010 31 Decker M R., Martin S L., Moracco K E. (2004): Homicide Risk Factors among Pregnant Women Abused by Their Partners, Violence against Women, Bd. 10, Nr. 5, Sage Publications, S. 498–513 32 Bailey J, Kellerman A, Somes G, Banton J, Rivara F, Rushford N (1997): Risk factors for violent death of women in the home, Archives of Internal Medicine, Bd. 157, Nr. 7, S. 777–782 33 Robinson A, L. (2006): Reducing Repeat Victimization among High-Risk Victims of Domestic Violence, the Benefits of a Coordinated Community Response in Cardiff, Wales. Violence against Women, Bd. 12. Nr. 8, Sage Publications, S. 761–788 34 Snider C, Webster D, O’Sullivan C, Campbell J. C. (2009): Intimate Partner Violence: Development of a Brief Risk Assessment for the Emergency Department, Society for Academic Emergency Medicine. Bd. 16, Nr. 11, S. 1208–1216, http://www.dangerassessment.org/uploads/Snider%20et%20al_%20Brief%20IPV%20Risk%20Assessment_SAEM_AEM_bli nded%20doc.pdf, 16.11.2010 35 Dutton DG & Knopp R P (2000) A review of domestic violence risk instruments in: Trauma, Violence and Abuse. Bd. 1 Nr. 2 36 Hilton NZ, Harris GT und Rice ME (2001) Predicting Violence by serious wife assaulters. Journal of Interpersonal Violence. Bd. 16 Nr. 5 S. 408–423 14. Probleme aufgrund Psychische Probleme oder Depressionen des Täters schlechter gehen mit einem erhöhten Risiko wiederholter und psychischer schwerer Gewalt einher. Selbstmorddrohungen und eine Verfassung, schlechte psychische Verfassung des Täters sind Selbstmorddrohungen Risikofaktoren für Femizide mit anschließendem und -versuche Selbstmord. In 32 % der Femizidfälle beging der Täter anschließend Selbstmord.37, 38, 39 15. Finanzielle Eine Verschlechterung der finanziellen Situation sowie die Belastungen Arbeitslosigkeit des Täters sind gewichtige Risikofaktoren für Femizide in Zusammenhang mit häuslicher Gewalt; sie haben mit Männlichkeitskonzepten und Geschlechterrollen zu tun.40 IV. Einschätzung der Gefahrenlage durch die Gewaltbetroffene 16. Angst um sich selbst Untersuchungen zeigen, dass eine starke Korrelation und andere zwischen der Einschätzung des Risikos durch die Gewaltbetroffene und der tatsächlichen Gewaltanwendung durch den Täter besteht. Manche Gewaltopfer jedoch bagatellisieren und unterschätzen die Gewalt. In einer Studie über Femizid (Campbell et al., 2003) war rund der Hälfte der Opfer nicht klar, dass die Gefahr bestand, dass der Täter sie töten würde.41, 42, 43, 44, 45 37 K Randall, Hart S (2000): The Spousal Assault Risk Assessment (SARA) Guide: Reliability and validity in adult male offenders, Law and Human Behavior, Bd. 24, Nr. 1, S. 101–118, http://www.springerlink.com/content/n1716vh2852l3637/, 16.11.2010 38 Regan L, Kelly L, Morris und Dibb, E (2007) If Only We’d Known: An exploratory Study of Severe Intimate Partner Homicides in Engleshire. CWASU. London Metropolitan University 39 Campbell J. C., Webster D W., Koziol-McLain J, Block C R, Campbell D, Curry M A, Gary F, Glass N, McFarlane J, Sachs C, Sharps P, Ulrich Y, Wilt S, Manganello J, Xu X, Schollenberger J, Frye V, und Laughon K (2003): Risk Factors for Femicide in Abusive Relationships: Results From a Multisite Case Control Study, American Journal of Public Health, Bd. 93, Nr. 7, S. 1089–1097 40 Campbell J C, Webster D W., Glass N (2009): The Danger Assessment, Validation of a Lethality Risk Assessment Instrument for Intimate Partner Femicide, Journal of Interpersonal Violence, Bd. 24, Nr. 4, Sage Publications, S. 653–674 41 Roehl J, O’Sullivan C, Webster D und Campbell J (2005). Intimate Partner Violence Risk Assessment Validation Study. Final report. US Department of Justice 42 Weisz, A., Tolman, R. & Saunders, D. G. (2000). Assessing the risk of severe domestic violence. Journal of Interpersonal Violence 15 (1), S. 75–90 V. Erschwerende Faktoren 17. Trennung Trennung gilt allgemein als signifikanter Risikofaktor für schwere Verletzung oder Femizid.46 18. Kontakt mit den Nach Trennungen sind Konflikte im Zusammenhang im Kindern Umgang mit den Kindern weit verbreitet und bergen oft die Gefahr wiederholter Gewalt gegenüber Frau und Kindern.47 19. 20. Stiefkinder im Ein Risikofaktor für tödliche Beziehungsgewalt liegt auch gemeinsamen vor, wenn Stiefkinder des Täters im gemeinsamen Haushalt Haushalt leben.48 Gewalt während der In rund 30 % der Fälle beginnt häusliche Gewalt während Schwangerschaft der Schwangerschaft. Gewalt in der Schwangerschaft ist ein Risikofaktor für schwere und tödliche Gewalt. Für schwangere Frauen besteht ein, im Vergleich zu Nichtschwangeren, höheres Risiko sowohl leichter als auch schwerer Gewalt.49, 50, 51, 52, 53, 54 43 Gondolf, E. W., & Heckert, D. A. (2003). Determinants of women's perceptions of risk in battering relationships. Violence & Victims 18 (4): S. 371–386, 2003 44 Heckert, D. A., & Gondolf, E. W. (2004). Battered women's perceptions of risk versus risk factors and instruments in predicting repeat reassault. Journal of Interpersonal Violence 19 (7), S. 778–800 45 Campbell J C., Webster D W., Koziol-McLain J, Block C R, Campbell D, Curry M A, Gary F, Glass N, McFarlane J, Sachs C, Sharps P, Ulrich Y, Wilt S, Manganello J, Xu X, Schollenberger J, Frye V, und Laughon K (2003): Risk Factors for Femicide in Abusive Relationships: Results From a Multisite Case Control Study, American Journal of Public Health, Bd. 93, Nr. 7, S. 1089–1097 46 Humphreys, C., & Thiara, R. K. (2003). Neither justice nor protection: Women’s experiences of post separation violence. Journal of Social Welfare and Family Law, 25, S. 195–214 47 Ibid. 48 Campbell J C., Webster D W., Koziol-McLain J, Block C R, Campbell D, Curry M A, Gary F, Glass N, McFarlane J, Sachs C, Sharps P, Ulrich Y, Wilt S, Manganello J, Xu X, Schollenberger J, Frye V, und Laughon K (2003): Risk Factors for Femicide in Abusive Relationships: Results From a Multisite Case Control Study, American Journal of Public Health, Bd. 93, Nr. 7, S. 1089–1097 49 Humphreys C, Thiara R, Regan L, Lovett J, Kennedy L, Gibson A (2005): Prevention not prediction? A preliminary evaluation of the Metropolitan Police Domestic Violence Risk Assessment Model (SPECCS). Centre for the Study of Safety and Wellbeing, University of Warwick and Child and Woman Abuse Study Unit, London Metropolitan University, London 50 Snider C, Webster D, O’Sullivan C, Campbell J C. (2009): Intimate Partner Violence: Development of a Brief Risk Assessment for the Emergency Department, Society for Academic Emergency Medicine. Bd. 16, Nr. 11, S. 1208–1216, http://www.dangerassessment.org/uploads/Snider%20et%20al_%20Brief%20IPV%20Risk%20Assessment_SAEM_AEM_bli nded%20doc.pdf, 16.11.2010 Handout 2.2b: Fallstudie Maria und Walter sind seit zehn Jahren verheiratet. Walter arbeitet als Buchhalter in einem Hotel am Wohnort, Maria ist Lehrerin. Maria hat ein Kind aus einer früheren Beziehung, sie und Walter haben zwei gemeinsame Kinder. Walter ist polizeibekannt, weil er wegen Körperverletzung an einer früheren Partnerin belangt wurde. Walter hat eine sehr strikte Vorstellung von Haushaltsführung und beharrt darauf, dass Maria alle Hausarbeiten erledigt. Walter griff Maria während ihrer Schwangerschaft zum ersten Mal tätlich an: er schlug sie ins Gesicht. Walter entschuldigte sich für diesen Übergriff, hat aber Maria seither wieder geschlagen, sie getreten und mit Haushaltsgegenständen – unter anderem einem Porzellanteller – nach ihr geworfen. Maria hofft, dass sich Walters Verhalten ändert, wenn er Hilfe bei seinen Problemen bekommt. Sie entschuldigt sein Benehmen oft und denkt, dass Walter nicht so wütend auf sie wäre, wenn sie sich mehr anstrengen und besser benehmen würde. Gleichzeitig befürchtet sie, Walter könnte einmal völlig die Kontrolle verlieren, und hat Angst vor dem, wozu er fähig sein könnte. Maria hat vor, aus der Wohnung, die sie mit Walter bewohnt, auszuziehen, weil sie findet, sie braucht eine Zeitlang Raum für sich. Zugleich ängstigt sie der Gedanke, weil sie Angst vor seiner Reaktion und nur wenige FreundInnen hat und von ihrer Familie keine Unterstützung zu erwarten ist (diese ist mit ihrer Ehe mit Walter nicht einverstanden). Geschichte der Gewalt Gewaltformen undmuster Risikofaktoren aufgrund des Verhaltens des Täters Einschätzung der Gefahrenlage durch die Gewaltbetroffene Erschwerende Faktoren 51 Lewis, G, Drife, J, et al. (2001) Why mothers die: Report from the confidential enquiries into maternal deaths in the UK 1997– 99; commissioned by Department of Health from RCOG and NICE (London: RCOG Press) 52 Lewis, G, and Drife, J (2005) Why Mothers Die 2000-2002: Report on confidential enquiries into maternal deaths in the United Kingdom (CEMACH) 53 McWilliams, M. und McKiernan, J. (1993) Bringing it out into the open 54 Gelles, R. J. (1988). Violence and pregnancy: are pregnant women at greater risk of abuse. J. Marriage Fam. 50, S. 841 Erkennbare Risikofaktoren Bedenken bei fachlicher Beurteilung Handout 2.3a: Was haben Opfer davon, wenn die Gefährdung stärker im Mittelpunkt steht? Besser abgestimmte Maßnahmen, wenn sich die Lage verschlechtert und Gewalt eskaliert. Bessere Anpassung von Sicherheitsplänen an Ausmaß und Art der Gefährdung. Koordinierte Interventionen mehrerer Einrichtungen in komplexen Fällen. Bessere Sicherheitsplanung und mehr Schutz für Frauen und ihre Kinder. Handout 2.3b: Beispiele für opferzentrierte Instrumente zur Gefährdungseinschätzung Methode Beschreibung Durchführung Haupteinsatzgebiet Danger 20 Ja/Nein-Fragen zu Befragung des Einschätzung der Gefahr Assessment Risikofaktoren, die gewichtet Opfers – meist schwerer und tödlicher (DA)55 werden und zu vier durch Gewaltausübung zur Risikokategorien führen. BeraterInnen. Information des Opfers, Einträge im Bewusstseinsbildung, Kalender Sicherheitsplanung und für ebenfalls Unterstützungsmaßnahme gemeinsam mit n. Häufigkeit und Schwere der Übergriffe des vergangenen Jahres werden mithilfe eines Kalenders aufgezeichnet. BeraterInnen. Brief Risk Kurzform des Danger Befragung des Entwickelt für Assessment Assessment mit fünf Fragen. Opfers durch MitarbeiterInnen der for the Werden drei oder mehr mit Ja MitarbeiterInne Notaufnahme zum Emergency beantwortet, ist von einem n der Identifizieren von Opfern Depart- hohen Risiko schwerer Notaufnahme. mit besonders hohem 56 ment Gewaltausübung (83 %) Risiko, schwere auszugehen. Verletzungen oder tödliche Übergriffe zu erleiden. 55 Campbell, J. C, Webster, D. W., Koziol-McLain, J., Block, C.R., Campbell, D., Curry, M.A., Gary, F., Glass, N., McFarlane, J., Sachs, C., Sharps, P., Ulrich, Y., Wilt, S., Manganello, J., Xu, X., Schollenberger, J., Frye, V., und Laughon, K. (2003) Risk Factors for Femicide in Abusive Relationships: Results From a Multisite Case Control Study, American Journal of Public Health, Bd. 93, Nr. 7, S. 1089–1097, http://www.dangerassessment.org/DATools.aspx 56 Snider, C., Webster, D., O’Sullivan, C., Campbell, J.C. (2009) Intimate Partner Violence: Development of a Brief Risk Assessment for the Emergency Department, Society for Academic Emergency Medicine. Bd. 16, Nr. 11, S. 1208–1216 CAADADASH57 Checkliste 24 Fragen zu Risikofaktoren. Befragung des Unterstützt Fachkräfte bei 10 Ja-Antworten gelten als Opfers durch der Identifizierung hohe Gefährdung, bei 14 oder geschulte hochgefährdeter Fälle von mehr Ja-Antworten ExpertInnen, häuslicher Gewalt, Zuweisung des Falls an eine die in der Stalking und Gewalt im MARAC (Multi Agency Risk Identifizierung Namen der „Ehre. Assessment Conference, von häuslicher inter-institutionelle Gewalt Risikoeinschätzungskonferen erfahren sind. z). Entscheidungshilfe, welche Fälle einer MARAC zugewiesen werden sollen und welche anderen Bei diesem Instrument ist Formen der Unterstützung Platz für die fachliche gegebenenfalls Beurteilung durch die erforderlich sind. Fachkräfte. Befähigt Einrichtungen zu vertretbaren Entscheidungen auf der Grundlage von Beweisen aus ausführlichen Untersuchungen von Fällen. 57 CAADA: Coordinated Action against Domestic abuse = koordinierte Maßnahmen gegen häusliche Gewalt; DASH: Domestic Abuse, Stalking, and Honour based violence = häusliche Gewalt, Stalking und Gewalt im Namen der „Ehre“ CAADA (2011) Domestic abuse Stalking and Harassment and Honour Based Violence (DASH) verfügbar unter http://www.caada.org.uk/practitioner_resources/riskresources.htm Handout 2.3c: Bewährter Ablaufplan zur Einschätzung der Gefährdung von Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind Informieren Sie die Gewaltbetroffene über das Ziel der Gefährdungseinschätzung und erläutern Sie die Vertraulichkeitsvereinbarung. Sicheres Setting Stellen Sie respektvolle, feinfühlige Fragen, aus denen Ihr Wissen und Ihre Kompetenz über häusliche Gewalt hervorgehen. (Gibt es eine Person, die Sie verletzt oder vor der Sie Angst haben? Fühlen Sie sich zu Hause in Sicherheit?) Sorgen Sie für eine sichere, ungestörte Umgebung, in der die Frau frei sprechen kann. Berücksichtigen und respektieren Sie die soziale Vielfalt (Diversität). Gefährdungseinschätzungen geschehen im Rahmen klarer einrichtungsinterner Grundsätze und Richtlinien sowie unterstützender Supervision. Systematischer Ansatz Auf der Grundlage der einrichtungsinternen Grundsätze ist mit jedem Opfer eine Gefährdungseinschätzung durchzuführen (elementare Gefährdungseinschätzung in allgemeinen Einrichtungen, eingehende Gefährdungseinschätzung in spezialisierten Frauenunterstützungseinrichtungen). Die Gefährdungseinschätzung soll anhand einer Checkliste zusammen mit der betroffenen Frau und unter Berücksichtigung der bekannten Risikofaktoren für häusliche Gewalt gegen Frauen vorgenommen werden. Relevante Informationen Dabei sind relevante Informationen aus verschiedenen Quellen einzuholen. Die Frau kennt ihre eigene Situation und die Möglichkeiten genau und kann beurteilen, welche Sicherheitsmaßnahmen am besten für ihre persönliche Situation geeignet sind. Es ist wichtig, dass der Frau geglaubt wird und sie Bestätigung erfährt. Fachliche Begutachtung Fachliche Beurteilung entsteht durch Erfahrung in der Arbeit mit Opfern von häuslicher Gewalt, daher sollten sich allgemeine Einrichtungen an SpezialistInnen wenden. Wenn Ihre Fachmeinung nur auf Intuition beruht, ist sie klarerweise sehr subjektiv. Dass intuitive Entscheidungen verschiedener Fachleute übereinstimmen, ist kaum belegt (Hart, 2008). Bei der fachlichen Beurteilung müssen Art und Schwere des letzten Vorfalls, die daraus resultierenden Verletzungen sowie Umfeld und Situation der jeweiligen Frau berücksichtigt werden. Im Anschluss an die Gefährdungseinschätzung sind Sicherheitsmaßnahmen zur Verringerung der Gefährdung, der die Frau ausgesetzt ist, und zur Erhöhung ihrer Sicherheit zu treffen. Sicherheitsplanung Wer eine Gefährdungseinschätzung vornimmt, muss wissen, was als nächstes zu tun ist und welche Einrichtungen der Frau am effizientesten helfen können. Wird nach häuslicher Gewalt eine einrichtungsübergreifende Intervention vorgeschlagen, kann Zuweisung an dieses Forum anhand der Checkliste zur Risikoidentifizierung geschehen. Nach CAADA 2011 Handout 2.3d: Erhebung der Opferzufriedenheit 1. Mit Ihnen wurde soeben eine Gefährdungseinschätzung durchgeführt. Die Gründe für die Gefährdungseinschätzung wurden Ihnen ausführlich erklärt, und Ihnen war klar, warum Ihnen diese Fragen gestellt wurden. trifft überhaupt nicht trifft voll und ganz zu zu 1 2. 2 3 4 5 Die MitarbeiterInnen der Einrichtung haben Ihnen zugehört und geglaubt und Sie respektvoll behandelt. trifft überhaupt nicht trifft voll und ganz zu zu 1 3. 2 3 4 5 Sie hatten das Gefühl, an dem Ort, an dem das Gespräch stattfand, in Sicherheit zu sein, und es gab keine störenden Unterbrechungen (Telefonanrufe, hereinkommende Menschen etc.). trifft überhaupt nicht trifft voll und ganz zu zu 1 4. 2 3 4 5 Ihnen wurde erklärt, welche weiteren Ermittlungen durchgeführt werden, und Sie wurden um Ihre Einwilligung gebeten, bevor bei anderen Einrichtungen Erkundigungen eingezogen werden. trifft überhaupt nicht trifft voll und ganz zu zu 1 2 3 4 5 5. Im Anschluss an die Gefährdungseinschätzung wurde gemeinsam mit Ihnen ein Sicherheitsplan für Sie und Ihre Kinder erarbeitet. trifft überhaupt nicht trifft voll und ganz zu zu 1 6. 2 3 4 5 Sie haben insgesamt den Eindruck, dass die MitarbeiterInnen dieser Einrichtung fachlich kompetent und am besten geeignet sind, Sie und Ihre Kinder auf dem Weg zur Sicherheit zu unterstützen. trifft überhaupt nicht trifft voll und ganz zu zu 1 2 3 4 5 Handout 2.4a: Die Hauptaspekte der Sicherheitsplanung Wichtige Merkmale und Voraussetzungen von Sicherheitsplänen: maßgeschneidert fachliche Beratung durch Unterstützungseinrichtungen gegen häusliche Gewalt sensibel für gesellschaftliche Vielfalt umfassend opferzentriert – die Frau steht im Mittelpunkt vertrauliche Informationen offene und feinfühlige Ansprechpersonen von der Betroffenen ausgehend Handout 2.4b: Überlegungen zur Sicherheitsplanung Die Sicherheitsplanung muss die bei der Gefährdungseinschätzung ermittelten Risiken berücksichtigen und folgende Bereiche umfassen: Sicherheit in der Wohnung der Gewaltbetroffenen (Sicherheitstüren und -schlösser) Sicherheit der Kinder: Maßnahmen, mit denen eine Entführung durch den Gewalttäter verhindert werden kann, rechtliche Vorkehrungen für die Sicherheit der Kinder. Sicherheit am Arbeitsplatz. Sicherheit an anderen Orten (Schule, Kindergarten). Sicherheit, wenn die Gewaltbetroffene weiter mit dem gewalttätigen Partner zusammenlebt. Sicherheit, wenn die Gewaltbetroffene den Täter verlässt (Vorbereitung auf die Trennung, sichere Unterkunft, Packen einer Tasche mit dem Nötigsten). Sicherheit in gefährlichen Situationen (Gerichtstermine). Beantragung rechtlicher Schutzmaßnahmen sowie Strategien für deren effiziente Umsetzung und Kontrolle. Näheres zur Sicherheitsplanung in Ein Weg aus der Gewalt (WAVE 2004)58 58 WAVE (2004) Ein Weg aus der Gewalt: http://www.wave-network.org/images/doku/manual-druck_ger_pdf.pdf, S. 69–73 und S. 121–122 Welche Risikofaktoren sind zu berücksichtigen? vereinbarte Maßnahme(n) Wer erledigt das? Bis wann? Anmerkungen Handout 2.4c: Sicherheitsplan Handout 2.4.1a: Das Drei-Planeten-Modell Häusliche Gewalt: Frauenhäuser und andere Anlaufstellen bei häuslicher Gewalt sowie straf- und zivilrechtliche Einrichtungen, die sich mit den Tätern befassen. Kinderschutz: behördliche und andere Einrichtungen für Kinderschutz sowie Jugendämter. Kontaktregelung: Familiengerichte und andere Einrichtungen, die sich vorwiegend mit Kontaktregelungen zwischen Kindern und Eltern befassen. Hester argumentiert, dass diese Bereiche besonders schwer zu einem gemeinsamen, koordinierten Vorgehen zu bewegen sind, weil sie getrennt voneinander ihre jeweils eigenen Kulturen und Gesetze entwickelt haben und tatsächlich so etwas wie „verschiedene Planeten“ sind. Daneben kommt nach Hester hier auch eine andere Einflussgröße zum Tragen: die Zuschreibung von Geschlechterrollen, bedingt durch die ständige Wiederholung und Fortschreibung geschlechtsspezifischer Ungleichbehandlung in der Gesellschaft. Bei häuslicher Gewalt kann das dazu führen, dass Frauen als „schuldige Opfer“ gesehen werden, die irgendwie verantwortlich dafür sind, dass sie Gewalt erfahren haben (Hester 201159). Weil es diese drei „Planeten“ gibt, sind gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder oft mit widersprüchlichen Interventionen konfrontiert. Auf dem Planeten der häuslichen Gewalt sollen Opfer die Gewalttat zur Anzeige bringen und rechtliche Schritte zu ihrem Schutz ergreifen, auf dem Kinderschutz-Planeten wird von den Frauen erwartet, dass sie den gewalttätigen Partner verlassen, um ihre Kinder zu schützen, und auf dem KontaktregelungsPlaneten trägt man den Müttern auf, den Kindern Kontakt zum gewalttätigen Partner/Vater zu ermöglichen. Um die Sicherheit der Kinder und ihrer Mütter nicht zu gefährden, ist es ganz wichtig, dass im Mittelpunkt der einrichtungsübergreifenden Arbeit der Versuch steht, aus den drei Planeten einen einzigen zu machen – einen Planeten, auf dem jede Frau und jedes Kind frei von Gewalt leben kann. Übung 2.4.1 Erforderliche Materialien Handout 2.2b: Fallstudie. Handout 2.4.1a (Drei-Planeten-Modell), 2.4.1b (Fortsetzung der Fallstudie) und 2.4.1c (Wichtigste Überlegungen), auch als PowerPoint-Folie verwendbar. Anweisungen an die TeilnehmerInnen In den Abschnitten 2.2 und 2.4 wurden anhand der Fallstudie über Walter und Maria erste Überlegungen zur Risikoidentifizierung und Sicherheitsplanung bei häuslicher Gewalt angestellt. Die vorliegende Übung enthält weitere Informationen über den Fall (Handout 2.4.1b), anhand derer die TeilnehmerInnen sich mit der Sicherheit von Kindern, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, sowie damit befassen, wie sich das Drei-Planeten-Modell auf die Praxis auswirkt. Anmerkung für TrainerInnen Je nach den lokalen, regionalen und nationalen politischen Gegebenheiten und den verschiedenen 59 zuständigen Einrichtungen, gesetzlichen Bestimmungen und Hester, Marianne (2011) The Three Planet Model: Towards an Understanding of Contradictions in Approaches to Women and Children’s Safety in Contexts of Domestic Violence, British Journal of Social Work, Bd. 41, Nr. 5 S. 837–853 Verpflichtungen in den einzelnen europäischen Staaten ergeben sich aus der Fallstudie über Walter und Maria unterschiedliche Maßnahmen zum Schutz der Kinder. Es ist vielleicht sinnvoll, wenn die TrainerInnen eigene Fallstudien erstellen, um den örtlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Handout 2.4.1b: Fallstudie (Fortsetzung) Walters Gewaltausbrüche dauern an und werden immer heftiger. Polizei und Jugendamt werden tätig und bestärken Maria darin, ihn im Interesse ihrer Sicherheit und der ihrer Kinder zu verlassen. Maria verlässt Walter tatsächlich und zieht mit den drei Kindern – Mary, 12 (Walters Stieftochter), Klaus, 6, und Marco, 1 Jahr alt – ins Frauenhaus. Walter leitet ein Besuchsrechtsverfahren ein. In Anbetracht der bisherigen und der neuen Informationen über diese Familie überlegen Sie bitte folgende Fragen: 1. Welche Bedenken über die möglichen Auswirkungen der häuslichen Gewalt auf diese Kinder tauchen bei Ihnen als erstes auf? 2. Diese Familie wird voraussichtlich mit Fachkräften von allen drei Planeten zu tun haben: Welche Schwierigkeiten könnten sich daraus für Maria und ihre Kinder ergeben? Welche Einrichtungen wären das in Ihrem Wohnort, in Ihrer Region, in Ihrem Arbeitsumfeld? 3. Was lässt sich tun, um die Koordination zwischen den Fachkräften dieser drei Planeten zu verbessern? Rückmeldungen/Hinweise Die Kinder haben häusliche Gewalt miterlebt, und das erhöht die Gefahr, dass sie selbst Gewalt erfahren. In ihrem Zuhause wurde Regeln und deren Durchsetzung große Bedeutung zugemessen, ihre Erziehung war also möglicherweise sehr autoritär geprägt. Die TrainerIn soll anhand der Informationen in diesem Abschnitt die möglichen Gefahren für und Auswirkungen auf Mary, Klaus und Marco umreißen. Es wäre auch sinnvoll, die Auswirkungen dieser Erlebnisse im Zusammenhang mit dem Alter der Kinder zu sehen. Ältere Geschwister kümmern sich meistens um die jüngeren – hat Mary diese Rolle übernommen? Wo ist Marco während der Gewaltszenen? Mit einem Jahr ist er noch nicht sehr mobil und kann leicht verletzt werden, wenn es zu Gewalt kommt. Dem sechsjährigen Klaus wird in der Schule möglicherweise klar, dass sein Familienleben anders ist als das seiner MitschülerInnen. Wie sieht er wohl seine Eltern, und wie ist sein Verhältnis zu ihnen? Das Drei-Planeten-Modell Die TrainerIn fordert die TeilnehmerInnen auf, sich anhand der Skizze von Hesters Modell vorzustellen, wo es zu Konflikten und Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den jeweiligen ExpertInnen kommen kann. Bessere Koordination Hesters Modell bezieht sich auf das britische System. Wie lässt es sich auf die hiesigen Gegebenheiten umlegen? Welche Probleme bestehen hier, und wie lassen sich hier Fortschritte erzielen? Wichtigste Lerninhalte – Basiswissen über den Schutz von Kindern60 Die meisten Kindesmisshandlungen geschehen im Kontext von häuslicher Gewalt. Je massiver die häusliche Gewalt gegen eine Frau, desto massiver auch die Misshandlung von Kindern im selben Umfeld. Untersuchungen haben ergeben, dass für Kinder beim Kontakt mit dem gewalttätigen Vater/Partner (siehe auch Risikofaktoren, Abschnitt 2.2) die Gefahr besteht, erneut Gewalt durch diesen zu erleiden. Aus einer britischen Studie über hochgefährdete Opfer geht hervor, dass bei vier Prozent der betroffenen Kinder ein massiver Konflikt über Besuchsrechte vorlag.61 Die Stiefkinder von Tätern und deren Mütter sind oft besonders gefährdet: Untersuchungen zeigen, dass im selben Haushalt lebende Stiefkinder von Tätern ein Risikofaktor für tödliche Beziehungsgewalt sind (siehe auch Risikofaktoren, Abschnitt 2.2). 60 Hester, M, Pearson, C, Harwin, N & Abrahams, HA, (2007), Making an Impact: Children and Domestic Violence: 2. Auflage, Jessica Kingsley 61 Howard, E., Stimpson, L., Barran, D. und Robinson, A (2009) Safety in Numbers: A Multi-Site Evaluation of Independent domestic Violence Advisor Services, London Häusliche Gewalt kann auch für Kinder tödlich sein, wie sich an einem Fall zeigt, der vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kam: Zwei Kinder wurden von ihrem Vater, der seine Frau wiederholt misshandelt hatte, getötet. Nach einem gewalttätigen Angriff konnte die Frau fliehen, die Kinder blieben jedoch beim Vater, und die Behörden taten nichts, um sie vor weiterer Gewalt zu schützen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte, dass die staatlichen Behörden es verabsäumt hatten, das Recht der beiden Kinder auf Leben zu schützen (siehe Kontrová gegen Slowakei 200762, Näheres dazu in Abschnitt 1.1). 62 Europarat (2007): Fall Kontrová gegen Slowakei, Antrag Nr. 7510/04: http://www.coe.int/t/dg2/equality/domesticviolencecampaign/resources/Kontrova%20v.%20Slovakia_en.asp Handout 2.4.1c Die wichtigsten Aspekte, die bei Interventionen zum Schutz der Sicherheit von Kindern zu berücksichtigen sind: Angemessener Schutz und Hilfe für die Mütter ist die beste Voraussetzung für die Sicherheit sowohl der Mütter als auch der Kinder (Hester 200763). Den Frauen darf weder die Verantwortung dafür zugeschoben werden, ihre Kinder vor Gewalt zu schützen, noch sollen ihnen Sanktionen – etwa die Drohung ihr die Kinder wegzunehmen - angedroht werden. Das ist kontraproduktiv, löst bei den Opfern Angst aus und trägt nicht dazu bei, dass der Gewalttäter zur Rechenschaft gezogen wird. Artikel 19 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes besagt, dass jedes Kind das Recht auf ein Leben frei von Gewalt hat (siehe Einleitung, Seite 15). Die Kinderrechtskonvention spricht darüber hinaus vom Recht des Kindes (nicht dem Recht der Eltern!), mit beiden Elternteilen Kontakt zu pflegen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.64 Bei Entscheidungen über Besuchs- und Sorgerecht müssen Gewalttaten berücksichtigt65 und es muss dem Recht auf Sicherheit der Kinder und ihrer Mütter gegenüber dem Recht auf Kontakt zum gewalttätigen Vater Vorrang gegeben werden. SozialarbeiterInnen, die Kinder betreuen, müssen ihre Fähigkeiten und ihr Selbstvertrauen bei der Arbeit mit gewalttätigen Vätern ausbauen (Stanley et al. 201166 ). . 63 Hester, M, Pearson, C, Harwin, N & Abrahams, HA. (2007) Making an Impact: Children and Domestic Violence: 2. Auflage, Jessica Kingsley. 64 Vereinte Nationen (1989), Übereinkommens über die Rechte des Kindes, Artikel 9, Absatz 3: Die Vertragsstaaten achten das Recht des Kindes, das von einem oder beiden Elternteilen getrennt ist, regelmäßige persönliche Beziehungen und unmittelbare Kontakte zu beiden Elternteilen zu pflegen, soweit dies nicht dem Wohl des Kindes widerspricht. 65 Übereinkommen des Europarats 2011, Artikel 31. 66 Stanley, N., Miller, P., Richardson-Foster, H. und Thomson, G. (2011) Children's Experience of Domestic Violence: Developing an Integrated Response from Police and Child Protection Services. Journal of Interpersonal Violence, 25, 12, S. 2372– 2391. Handout 2.5: Grundsätze für Good Practice in einrichtungsübergreifenden Fallkonferenzen (MACC) Grundsatz Erklärung erste Schritte angestrebtes Ziel 1. Unabhängige Einverständnis der Welche unabhängigen Es ist sehr wichtig, dass Vertretung und Gewaltbetroffenen und Frauenunterstützungs- Opfer durchgängig von Unterstützung der gemeinsame einrichtungen gibt es in unabhängigen VertreterInnen Opfer Vorbereitung mit ihr sind der Region / im Land, unterstützt und vertreten wesentlich für die wo bestehen werden, die dem Aspekt der Zuweisung eines Falls Versorgungslücken, und Sicherheit während des an die MACC. wie lassen sie sich gesamten Verlaufs der MACC schließen? Priorität verleihen. Jede Gewaltbetroffene wird in der MACC von Das bedeutet effiziente Hilfe einer unabhängigen im Vorfeld der Sitzung, Frauenunterstützungs- Vertretung der Standpunkte, einrichtung vertreten, Bedürfnisse und Rechte der der die vertraut Gewaltbetroffenen während der Sitzung, Eintreten für ihre Sicherheit sowie Information und Unterstützung der Frau nach der Sitzung, sofern das keine weitere Gefährdung für sie bedeutet. Im Idealfall hat die Frauenunterstützungseinrichtung die Gewaltbetroffene schon vor dem MACC-Prozess unterstützt und tut das auch danach (wenn sie – hoffentlich – nicht mehr hochgefährdet ist), um kontinuierliche Betreuung zu gewährleisten. 2. Identifizierung Die Einrichtungen sind Recherchen über Unabhängig davon, an sich der Risiken bei Instrumente zur welche Stelle sich eine Frau häuslicher Gewalt Gefährdungseinschätzu wendet, sind alle imstande, bewusst; sie können ng durchführen. eine grundlegende mithilfe eines Gefährdungseinschätzung Einschätzungsinstrumen Prospektive durchzuführen (siehe ts und fachlicher Partnereinrichtungen Abschnitt 2.3). Beurteilung Opfer von besuchen und ihnen das wiederholter und Konzept der Die angesprochene Stelle schwerer Gewalt Gefährdungseinschätzu ergreift geeignete identifizieren. ng präsentieren. Maßnahmen zum Schutz des Opfers, dazu gehört auch die Zuweisung an eine einrichtungsübergreifende Fallkonferenz und an eine spezialisierte Frauenunterstützungseinricht ung. 3. Zuweisung Die Einrichtungen Sammeln von Daten Es muss klare, konsequent wissen, welche Fälle über häusliche Gewalt angewendete und einer MACC gegen Frauen vor Ort kommunizierte Kriterien zuzuweisen sind, weil (Wie viele Taten werden geben, so dass alle diesen es dafür klare und der Polizei gemeldet? Kriterien entsprechenden gemeinsam vereinbarte Wie viele Frauen Fälle der Kriterien gibt. kommen im Jahr ins einrichtungsübergreifenden örtliche Frauenhaus?), Fallkonferenz zugewiesen um ein Bild davon zu werden. bekommen, wie häufig häusliche Gewalt gegen Zuweisungen sollten Frauen in der Region staatlichen Einrichtungen ist. Zur Erhöhung der ebenso von Sicherheit kommen. hochgefährdeter Opfer ist zu überlegen, eine MACC einzurichten, die sich mit den höchstgefährdeten Fällen (10 %) befasst. wie von NGOs 4. Alle maßgeblichen Klären, welche Die Einrichtungen müssen Einrichtungsübergreife Einrichtungen sollen Einrichtungen vertreten sich in schriftlichen nde Beteiligung sich angemessen und sein müssen, um eine Protokollen zur Einhaltung der kontinuierlich in einer einrichtungsübergreifen Grundsätze der MACC einrichtungsübergreifen de Fallkonferenz ins verpflichten. den Fallkonferenz Leben zu rufen. Die beteiligten Einrichtungen beteiligen. Erste Gespräche mit sollen Erfordernisse und diesen Einrichtungen Diversität in der Region führen. widerspiegeln. Es muss den SitzungsteilnehmerInnen möglich sein, innerhalb ihrer eigenen Einrichtung Zugang zu den relevanten Informationen zu bekommen, diese vorzulegen und im Namen ihrer Einrichtung aufzutreten. 5. Erhebung und Die Da der Austausch von Im Sinne einer Austausch von Verschwiegenheitspflich persönlichen Daten den funktionierenden Arbeit Informationen t gegenüber der Frau in Ihrem Land geltenden müssen die TeilnehmerInnen wird eingehalten, aber Datenschutzbestimmun an wenn eine Gefährdung gen unterliegt, müssen einrichtungsübergreifenden vorliegt, werden die Sie diesbezüglich Fallkonferenzen Fälle Informationen über die juristischen Rat untersuchen und für Risiken, die für die Frau einholen, bevor die Risikoeinschätzung und bestehen, in Arbeit der MACC Sicherheitsplanung relevante angemessener und beginnen kann. und angemessene vertretbarer Weise in Informationen austauschen. Übereinstimmung mit Das nationale den rechtlichen Datenschutzgesetz und Es werden nur für Datenschutzbestimmun die für die MACC Risikoeinschätzung und gen ausgetauscht. maßgeblichen Sicherheitsplanung relevante Richtlinien und Informationen ausgetauscht. Verfahrensweisen sind in einem Protokoll Durch die Einhaltung der festzuhalten, das für alle Verfahrensbestimmungen Partnereinrichtungen sind Sicherheit und verpflichtend gilt. Verschwiegenheit jederzeit gewährleistet. 6. Maßnahmenplanung Erstellung von Überlegen, welche Bei der Sitzung werden Maßnahmenplänen für Maßnahmen bei anhand der ausgetauschten den Umgang mit den einrichtungsübergreifen Informationen alle identifizierten Risiken. den Fallkonferenzen maßgeblichen Risiken für das Maßnahmenpläne geplant werden sollen Opfer, andere gefährdete beinhalten effiziente und und welche Personen und Fachkräfte bestärkende Einrichtungen diese identifiziert. Sicherheitsmaßnahmen Maßnahmen zum Schutz des Opfers durchführen können. Der Maßnahmenplan spiegelt und zur Verhütung die identifizierten Risiken weiterer Gewalt und wider und befasst sich mit der Eskalation und ziehen Sicherheit. den Täter zur Verantwortung. Die Gewaltbetroffene ist durch die Frauenunterstützungseinricht ung über die Maßnahmen zu verständigen. Die Verantwortung, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, liegt bei den einzelnen Einrichtungen; sie wird nicht an die MACC übertragen. Die Einrichtungen sollten mit Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit eines hochgefährdeten Opfers von häuslicher Gewalt niemals bis zur nächsten MACC warten. Die MACC dient gewissermaßen der Intensivversorgung, die „normale“ Versorgung muss jedoch immer gesichert sein, vor, während und nach einer MACC – andernfalls kann die MACC ihre Aufgabe nicht erfüllen. 7. Anzahl der Fälle und Die MACC muss Die ersten In einer Kapazitäten ausreichende Fallkonferenzen sollten einrichtungsübergreifenden Kapazitäten haben, um am besten monatlich Fallkonferenz müssen auch allen Opfern, für die die stattfinden, da das ausreichende Kapazitäten für Gefahr von wiederholter Identifizieren aller Fälle unabhängige Vertretung und und schwerer Gewalt eine Zeitlang dauern kontinuierliche Unterstützung besteht, auf lokaler kann. Es ist jedoch der Gewaltbetroffenen Ebene Unterstützung damit zu rechnen, dass eingeplant werden. gewähren zu können. die Sitzungen häufiger werden, wenn die Zahl der am Prozess beteiligten Einrichtungen und der identifizierten hochgefährdeten Opfer steigt. 8. Gleichbehandlung Die MACC muss sich Einbinden Die Zuweisungen an eine und dafür engagieren, für lokaler/regionaler einrichtungsübergreifende Nichtdiskriminierung alle Gewaltbetroffenen Einrichtungen, die mit Fallkonferenz sollte die unabhängig von deren Menschen örtliche Bevölkerung in ihrer Herkunft und unterschiedlicher Vielfalt widerspiegeln. Zugehörigkeit tätig zu Herkunft/Zugehörigkeit werden, also auch für befasst sind. Migrantinnen, Angehörige Migrantinnen, ethnischer Minderheiten und Angehörige ethnischer Flüchtlinge sollen nach Minderheiten sowie Möglichkeit von Flüchtlingsfrauen und unabhängigen ihre Kinder, unabhängig Frauenunterstützungsein- von deren Rechts- und richtungen vertreten werden, Aufenthaltsstatus. die auf die Betreuung dieser Gruppen spezialisiert sind. Die unterschiedlichen Rechte und Bedürfnisse müssen auch in die Maßnahmenpläne einfließen. 9. Operative Kontinuierliche Überlegungen, wie die Die operative Unterstützung Unterstützung Koordination und einrichtungsübergreifen der MACC verstärkt das Organisation zur de Fallkonferenz Bewusstsein für die Arbeit der Unterstützung der organisiert werden Konferenz und fördert die funktionierenden Arbeit kann: Kann eine Beteiligung an der der einrichtungsüber- Einrichtung eine einrichtungsübergreifenden greifenden Mitarbeiterin / einen Fallkonferenz. Fallkonferenz. Mitarbeiter mit der Organisation der Eine Person sollte für Sitzungen betrauen? organisatorische Belange zuständig sein, dazu gehört die Aussendung der Liste der zu behandelnden Fälle bzw. der Tagesordnung, die Führung eines genauen Sitzungsprotokolls, die Nachverfolgung der Maßnahmen und die Erhebung von Daten. 10. Verantwortlichkeit Eine Gruppe von Die Mitglieder der Die Steuerungsgruppe hat die Entscheidungsträ- Gruppe von Aufgaben, gerInnen aus jeder EntscheidungsträgerInn - das Ausführungsmanage- Partnereinrichtung sollte en sollen aufgrund ihres ment zu beobachten, regelmäßig Ranges imstande sein, - bei auftretenden Problemen zusammenkommen, um Einfluss auf lokale Maßnahmen zu ergreifen und Ausführung, Leitlinien und Strategien deren Auswirkungen zu Nachhaltigkeit und zu nehmen. beobachten, Verantwortlichkeit der MACC zu überprüfen. - Lösungen für auftretende Überlegen Sie, wie die operative Probleme zu finden, MACC am besten in die - die Verbindung mit anderen praktische Arbeit in einrichtungsübergreifenden Ihrem Bereich Foren herzustellen, um die eingebunden werden Zusammenarbeit effizient zu kann. gestalten und Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. 11. Evaluierung und Evaluierung und Zusammenarbeit mit Die Rückmeldungen der Rückmeldungen von regelmäßige den Einrichtungen, die Gewaltbetroffenen werden Gewaltbetroffenen Rückmeldungen von am häufigsten Kontakt zugleich mit anderen Daten Gewaltbetroffenen und mit hochgefährdeten von der MACC- MACC-TeilnehmerInnen Opfern von häuslicher Steuerungsgruppe analysiert; gewährleisten, dass die Gewalt gegen Frauen anhand der Ergebnisse wird Arbeit der haben, und die Arbeit der MACC einrichtungsübergreifen gemeinsame verbessert. den Fallkonferenzen Überlegungen, wie erfolgreich und diese Frauen bestärkend ist. ungefährdet Rückmeldungen über die Auswirkungen der MACC auf ihre Sicherheit und die ihrer Kinder geben können.