DEUTSCHLAND UND BERLIN VOM JAHRE 1945 BIS ZUR

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DEUTSCHLAND UND BERLIN VOM JAHRE 1945 BIS ZUR WIEDERVEREINIGUNG (1990)
Der Kalte Krieg
Im Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands und dem
Zusammenbruch der nationalsozialistischen Diktatur. Siegermächte waren die USA, die Sowjetunion,
Großbritannien und Frankreich. Die amerikanischen und britischen Bombardierungen hatten Deutschland zu
einer Trümmerlandschaft gemacht, in der die Menschen um das Überleben kämpften. Auf zwei Konferenzen
(Yalta, Februar 1945; Potsdam, Juli-August 1945] beschlossen die Alliierten die ,,Entnazifizierung"
Deutschlands:
- das Land wurde entmilitarisiert;
- die Gebiete östlich der Flüsse Oder und Neiße wurden an Polen angegliedert und
die deutschen Bewohner von dort vertrieben;
- das Deutsche Reich wurde in vier Besatzungszonen geteilt. Jede Siegermacht kontrollierte und
verwaltete eine Zone. Die Hauptstadt Berlin wurde entsprechend in vier Sektoren geteilt. Das oberste
Regierungsorgan in Deutschland war der Alliierte Kontrollrat mit Sitz in Berlin. Die gemeinsame Verwaltung
Deutschlands durch die Alliierten erwies sich als problematisch. Während die USA, Großbritannien und
Frankreich nach den demokratischen Traditionen des Westens regierten, passte die Sowjetunion die eigene BZone dem eigenen kommunistischen System an. 1947 beschlossen die drei westlichen Siegermachte, ihre BZonen politisch und wirtschaftlich zu vereinen (Trizone]. Im März 1948 verließ der sowjetische Vertreter den
Kontrollrat. Der Kalte Krieg zwischen West und Ost begann. In der Trizone setzte der wirtschaftliche
Wiederaufstieg ein, vor allem dank der amerikanischen Finanzierungen des Marshall-Plans1. Die
Währungsreform 1948 mit der Einführung der neuen Deutschen Mark stabilisierte diesen Aufschwung. Als die
Währungsreform auch auf die westlichen Sektoren von Berlin ausgedehnt wurde, blockierte die Sowjetunion
den freien Zugang von Gutertransporten in die Stadt und forderte die Westmächte auf, die Stadt Berlin - die sich
innerhalb der sowjetischen Zone befand - zu verlassen. Die USA und Groftbritannien organisierten die so
genannte Luftbrücke: Mit Flugzeugen versorgten sie elf Monate lang die Westberliner mit Lebensmitteln,
Rohstoffen und Waren des täglichen Bedarfs, bis die Sowjetunion die Berliner Blockade aufhob.
1. Marshall-Plan = finanzielles Hilfsprogramm der nachkriegsjahre von 1948 bis 1951 zum wirtschaftlichen
Wieder aufbau der zerstörten europäischen Länder
Die Teilung Deutschlands
1949 wurde Deutschland in zwei Staaten geteilt, in denen sich zwei Gesellschaftssysteme entwickelten.
BRD
Im Westen entstand am 23. Mai die Bundesrepublik Deutschland (BRD), eine parlamentarische Demokratie nach
westlichem Muster. Erster Bundeskanzler wurde Konrad Adenauer, dessen größter politischer Verdienst die
Wiedereingliederung Deutschlands in Europa war (deutsch-französische Aussöhnung, Einbindung der BRD in das
militärische Bündnis des Westens). Die freie Marktwirtschaft, die Hilfen des Marshall-Plans und der starke Aufbauwille
des Volkes ermoglichten eine rasche Industrialisierung. Es kam in den 50er Jahren zum Wirtschaftswunder. Nicht
nur wurde die Arbeitslosigkeit beseitigt, man musste sogar Arbeitskräfte in anderen Ländern suchen. Arbeiter kamen
zuerst aus der DDR, bis die Flucht in den Westen gestoppt wurde. Dann wurden Arbeitskräfte in südeuropäischen
Landern (Italien, Griechenland, Türkei) angeworben.
DDR
Am 7. Oktober entstand in der Sowjetischen Besatzungszone die Deutsche Demokratische Republik (DDR), eine
Volksdemokratie unter der Herrschaft der SED (Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands). Eingeführt wurde die
Planwirtschaft nach dem sozialistischen Vorbild. Ein wirtschaftlicher Wiederaufstieg in Ostdeutschland kam nicht
zustande (die DDR konnte nicht von der finanziellen Hilfe des Marshall-Plans profitieren). Löhne und Gehälter waren
niedrig. Am 17. Juni 1953 protestierte die Bevölkerung in Ost-Berlin gegen das System der Planwirtschaft. Der
Aufstand wurde von der DDR-Regierung mit der Hilfe der sowjetischen Armee niedergeschlagen. Viele DDR-Bürger
versuchten die Flucht uber West-Berlin in den Westen. Um den Flüchtlingsstrom zu stoppen, stellte die DDRRegierung ab 1959 die ,,Republikflucht" unter Strafe. Dennoch verlieBen taglich Hunderte von Menschen den Staat.
Willy Brandt und die Ostpolitik
In der Nacht zum 13. August 1961 wurde die Grenze zwischen DDR und BRD (der „eiserne Vorhang") durch eine
Mauer in Berlin geschlossen, um den Bewohnern der DDR die Flucht in den Westen zu verhindern. Bürgermeister
West-Berlins war damals Willy Brandt. Willy Brandt betrachtete die Wiedervereinigung Deutschlands als sein
erstes politisches Ziel. Als er 1969 Bundeskanzler einer sozialliberalen Koalition wurde, hob er die HallsteinDoktrin 1 auf und begann eine neue Ostpolitik. Er arbeitete an der Entspannung der westöstlichen
Verhältnisse und suchte auch das Gespräch mit der DDR. 1970 wurde zum Jahr der Ostpolitik.
Im März traf Brandt den SED-Ministerpräsidenten Willi Stoph in Erfurt. Zwei Monate später fand ein zweites
Treffen in Kassel statt.
Im August unterzeichnete Brandt in der Sowjetunion den Moskauer Vertrag, in dem vereinbart wurde:

Gewaltverzicht und Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen;

Verzicht der BRD auf die Alleinvertretung;

Verzicht der BRD auf Gebietsansprüche gegenüber dritten Staaten und . Anerkennung der OderNeiße-Linie;

Ausbau freundschaftlicher Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjetunion.
Im Dezember 1970 reiste Brandt nach Polen und unterzeichnete dort den Warschauer Vertrag zur Aussöhnung mit
Polen: Hauptbedingungen waren auch in diesem Fall Gewaltverzicht, Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen und
Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen. Bei diesem Anlass besuchte Willy Brandt das Warschauer Getto. Am
Mahnmal für die im Jahre 1943 ermordeten Juden legte er einen Kranz nieder. Er stand einen Augenblick in
protokollarischer Pose, dann kniete er spontan nieder. Das Bild des knienden Kanzlers ging um die ganze Welt und
wurde zum Symbol des Wandels.
1971 erhielt Willy Brandt den Friedensnobelpreis mit der Begründung: „Bundeskanzler Willy Brandt hat
als Chef der westdeutschen Regierung und im Namen des deutschen Volkes die Hand zu einer
Versöhnungspolitik zwischen alten Feindländern ausgestreckt. Er hat im
Geiste des guten Willens einen hervorragenden Einsatz geleistet, um Voraussetzungen für den Frieden in
Europa zu schaffen."
Nach zähenVerhandlungen wurden von der DDR-Regierung 1972 Reiseerleichterungen eingeführt: Die
Einwohner von West-Berlin durften nach Jahren erstmals wieder nach Ost-Berlin. Im selben Jahr wurde der
deutsch-deutsche Grundlagenvertrag unterzeichnet, der am 21.06.1973 in Kraft trat.
In diesem Vertrag vereinbarten die BRD und die DDR den gegenseitigen Respekt der Staatlichkeit, die Anerkennung der Grenzen, den Gewaltverzicht. Zu einer richtigen Annäherung der beiden deutschen Staaten kam es
jedoch erst in den 80er Jahren. Die Kontakte wurden enger: Staats- und Parteichef Erich Honecker traf 1981
Bundeskanzler Helmut Schmidt. Inzwischen wuchs die Unzufriedenheit der DDR-Bürger mit den politischen
und ökonomischen Verhältnissen. Die Zahl der Ausreiseanträge stieg.
1985 wurde Michail Gorbatschow Generalsekretär der UdSSR. Durch seine Politik von Perestroika (Umbau)
und Glasnost (Transparenz, Öffnung der Medien) versuchte er, das russische Wirtschafts -und
Gesellschaftssystem zu reformieren. Auf außenpolitischem Gebiet hatte diese politische Wende positive Folgen:
- Sie ermutigte auch andere Länder des Ostblocks zu Reformen.
- Sie veränderte das bisher erstarrte Verhältnis zwischen der Sowjetunion und den USA.
Die Präsidenten der beiden Großmächte, Gorbatschow und Reagan, verfolgten eine Politik, die zur Lösung
der deutsch-deutschen Frage entscheidend beitrug (aus diesem Grund wurde Gorbatschow 1990 der
Friedensnobelpreis verliehen). In der DDR gab die Staatsführung dem Wunsch der Bevölkerung nach mehr
Wohlstand und Freizügigkeit nach. Der Import von Westwaren wurde erleichtert, Reisen in den Westen wurden
einfacher.
1.
Hallstein-Doktrin = Bonns Politik der Nichtanerkennung der DDR. Es handelte sich um einen
außenpolitischen Grundsatz, nach dem die BRD den Anspruch erhob, für das gesamte deutsche Volk zu
sprechen. Zu Staaten, die die DDR anerkennen (Ausnahme: die Sowietunion als Siegermacht des Zeiten
Weltkrieges) , wurden keine diplomatischen Beziehungen unterhalten. Die Hallstein-Doktrin wurde gegen
Jugoslawien (1957), gegen Cuba (1963) und die arabischen Länder (1965) angewandt.
Die Wende
Das Jahr 1989 markierte die Wende. Im Januar 1989 besetzte eine Gruppe DDR-Bürger die Botschaft der
BRD in Ost-Berlin, um die Ausreise in die BRD zu erzwingen. Danach besetzten im Sommer Tausende von
DDR-Bürgern die westdeutschen Botschaften in Prag, Warschau und Budapest. Sie konnten in die BRD
ausreisen. Als Ungarn im September seine Grenze zu Österreich öffnete, flohen DDR-Bürger über Ungarn in
den Westen. Der „Eiserne Vorhang" zwischen Ost und West, der den europäischen Kontinent über vierzig
Jahre geteilt hatte, brach auf. Im Oktober 1989, während die DDR den 40. Jahrestag ihrer Gründung feierte,
kam es in vielen DDR-Großstädten zu Massendemonstrationen.
Die friedliche Revolution war ausgebrochen. Mit dem Ruf „Wir sind das Volk" forderten die DDR-Bürger
demokratische Reformen. Leipzig war schon seit September Schwerpunkt der Opposition: Jeden Montagabend
wurde eine Massenkundgebung organisiert, die so genannte Montagsdemonstration.
Auch in den anderen DDR-Städten gingen Tausende Bürger auf die Straße. Unter diesem Druck musste Erich Honecker
zurücktreten. Die neue SED-Führung unter Generalsekretär Egon Krenz gewährte/erlaubte/gestattete Reisefreiheit für alle
DDR-Bürger.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Tausende von Menschen strömten über die
Grenzübergänge nach West-Berlin und feierten mit ihren Landsleuten. Am 22. Dezember wurde das Brandenburger Tor, das
Zentrum der ehemaligen Hauptstadt Berlins, wieder geöffnet.
Die deutsche Einheit
In den folgenden zwei Jahren wurden Verhandlungen zur offiziellen Wiedervereinigung geführt. Am 1. Juli
1990 trat die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion in Kraft. Die D-Mark wurde in ganz Deutschland
gültige Währung. Am 12. September 1990 wurde der 2+4 Vertrag unterzeichnet: Die vier alliierten
Siegermächte verließen Deutschland und räumten den beiden deutschen Staaten die volle Souveränität ein.
Am 3. Oktober 1990 trat die DDR der Bundesrepublik bei.
Am 2. Dezember fanden die ersten gesamtdeutschen Wahlen statt. Die CDU/CSU gewann die Wahlen
und bildete eine Regierungskoalition mit der FDP. Bundeskanzler blieb Helmut Kohl, der seit 1982 die
Regierung geführt hatte. 1991 wurde Berlin wieder die Hauptstadt von Deutschland.
„In wenigen Stunden wird ein Traum Wirklichkeit. Nach über vierzig bitteren Jahren der Teilung ist Deutschland,
unser Vaterland, wieder vereint. Für mich ist dieser Augenblick einer der glücklichsten in meinem Leben; und aus
vielen Briefen und Gesprächen weiß ich, welche große Freude auch die allermeisten von Ihnen empfinden."
(aus der Rundfunk- und Fernsehansprache von Bundeskanzler Helmut Kohl am 2.10.1990)
Nach anfänglicher Euphorie erwies sich der Prozess der Wiedervereinigung als sehr schwierig.- Die
ostdeutschen Länder befanden sich in einem schweren wirtschaftlichen Rückstand. Die Staatsverschuldung
war sehr hoch. Die Anlagen der ostdeutschen Industrie waren veraltet. Die planwirtschaftlich organisierte
Landwirtschaft musste umgestaltet werden. Es ging darum, die Ex-DDR in die soziale Marktwirtschaft
einzugliedern, um in Ost und West einheitliche Lebensverhältnisse zu ermöglichen. Für die Umgestaltung der
Industrie und Landwirtschaft, die Entwicklung der Dienstleistungen, die Beseitigung der Umweltschäden waren
enorme Geldsummen erforderlich. Das finanzielle Hilfsprogramm betrug in den ersten Jahren nach dem
Mauerfall 4 bis 5 Prozent des westdeutschen Bruttoinlandsprodukts.
Im Laufe des letzten Jahrzehnts ist vieles erfolgreich unternommen worden. Der Lebensstandard ist
gestiegen: Löhne, Gehälter und Renten in den neuen Ländern haben sich mehr als verdoppelt. Rund 5 Millionen
Wohnungen, Straßen, Autobahnen und Eisenbahnen und das Telekommunikationsnetz sind erneuert worden.
Überall wurden Einkaufszentren gebaut.
Trotzdem haben die neuen Länder noch viel nachzuholen. Die Arbeitslosenzahl im Osten ist immer noch
doppelt so groß wie im Westen. Das Inlandsprodukt bleibt noch immer weit hinter dem westdeutschen zurück.
„Ossis" und „Wessis"
Die deutsche Einheit führte zu Spannungen zwischen Ossis (ostdeutschen) und Wessis (westdeutschen
Bürgern]. Die hohen Ausgaben für die Aufbauhilfe im Osten irritierten die Westdeutschen. Umfragen ergaben,
dass die „Wessis" ihre östlichen Landsleute für faul hielten, während die „Ossis" die Westdeutschen als
überheblich ansahen.
Die „Ossis" fühlten sich orientierungslos. Die Transformation des planwirtschaftlichen Systems in das
marktwirtschaftliche hatte große Umwälzungen in den neuen Bundesländern gebracht, u.a. eine massenhafte
Arbeitslosigkeit, die hauptsächlich durch die Umgestaltung der Fabriken (Privatisierung] bedingt war. Über
zehn Jahre nach der Wiedervereinigung ist die psychologische (und auch die ökonomische) Kluft zwischen Ost und West
immer noch sehr groß.
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