Seite - beim Kanton Aargau

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GROSSER RAT
WORTPROTOKOLL
55. Sitzung vom 5. Mai 2015 von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr (Art. 0843-0848)
Vorsitzender:
Dr. Markus Dieth, Wettingen
Protokollführung:
Rahel Ommerli-Peyer, Ratssekretärin
Präsenz:
Anwesend 132 Mitglieder
(Elisabeth Burgener bis 15.45 Uhr; Lilian Studer bis 16.05 Uhr; Ruedi
Weber bis 16.15 Uhr; Erwin Baumgartner bis 16.30 Uhr; Ruedi Donat
bis 16.45 Uhr; Martin Christen bis 16.47 Uhr)
Abwesend mit Entschuldigung 8 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Dr. Anna Andermatt, Wettingen; Dr. Marcel
Bruggisser, Aarau; Dr. Roland Frauchiger, Thalheim; Esther
Gebhard-Schöni, Möriken-Wildegg; Thomas Inniger, Hägglingen;
Andrea
Moll-Reutercrona,
Sins;
Martin
Steinacher-Eckert,
Gansingen; Herbert Strebel, Muri
Behandelte Traktanden
Seite
0843 Postulat der GLP-Fraktion (Sprecherin Renata Siegrist-Bachmann, Zofingen) vom 5. Mai 2015
betreffend Fehlanreize und Überversorgung im Aargauischen Gesundheitswesen;
Einreichung und schriftliche Begründung
2362
0844 Bad Zurzach; K 286, Ostumfahrung; Mehrkosten; Zusatzkredit; Beschlussfassung; fakultatives
Referendum
2363
0845 Limmattalbahn; Investitionsbeitrag zum Bau der Bahninfrastruktur; Verpflichtungskredit;
Beschlussfassung; fakultative Referenden
2369
0846 Massnahmen zur Sicherstellung genügender Asylunterkünfte; Gesetz über die öffentliche
Sozialhilfe und die soziale Prävention (Sozialhilfe- und Präventionsgesetz, SPG); Änderung;
Bericht und Entwurf zur 2. Beratung; Eintreten, Detailberatung und Schlussabstimmung;
fakultatives Referendum; Abschreibung der Motion 12.37 und der Postulate 12.38, 12.97,
12.113 und 12.178
2380
0847 Motion der Fraktion der Grünen, der SP und der GLP (Sprecherin Kathrin Fricker, Grüne,
Baden) vom 18. November 2014 betreffend Ergänzung des Sozialhilfe- und
Präventionsgesetzes (SPG) um die Regelung der Unterbringung und Betreuung von
unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden; Überweisung an den Regierungsrat und
gleichzeitige Abschreibung
2396
0848 Interpellation Lilian Studer, EVP, Wettingen, vom 18. November 2014 betreffend Situation der
unbegleiteten minderjährigen Asylbewerber (UMA) im Kanton Aargau; Beantwortung und
Erledigung
2399
2361
Vorsitzender: Ich begrüsse Sie zur 55. Sitzung der Legislaturperiode 2013/2016.
0843 Postulat der GLP-Fraktion (Sprecherin Renata Siegrist-Bachmann, Zofingen) vom 5.
Mai 2015 betreffend Fehlanreize und Überversorgung im Aargauischen Gesundheitswesen;
Einreichung und schriftliche Begründung
Von der GLP-Fraktion wird folgendes Postulat eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, in einem Bericht aufzuzeigen, welche Dichte der stationären Angebote im Kanton Aargau in Bezug auf die stationären medizinischen Leistungen besteht, wie einer
allfälligen Überversorgung begegnet werden kann und wie Fehlanreize verhindert werden können.
Begründung:
Das Schweizer Gesundheitswesen gehört bereits zu den teuersten weltweit. Die insgesamt sehr
hohen und stetig wachsenden Kosten geben auch im Kanton Aargau Anlass zur Sorge und lassen
sich nicht allein durch die steigende Qualität erklären.
Ein Teil des Kostenwachstums geht auf die Organisation der obligatorischen Grundversicherung
zurück. Ein anderer Teil jedoch wird durch die Politik ausgelöst. Die Schweiz besitzt eigentlich nicht
nur ein nationales Gesundheitswesen sondern 26 kantonale. Die hohe Souveränität der Kantone im
Gesundheitsbereich erhöht die Kosten. So werden eher Leistungen und Mengen ausgebaut als sich
mit den Nachbarkantonen abzustimmen. Dieser Fehlanreiz steigert stetig die Ausgaben und führt zu
allfälligen Überkapazitäten. Da alle Kantone gleichermassen betroffen sind, ist es oft schwer, Lösungen zu finden. Schnell gehen Sparanreize verloren, denn Einsparungen ziehen fast zwangsläufig
Einschränkungen mit sich.
Im Gesundheitswesen reagieren die Preise nicht auf Angebot und Nachfrage sondern sie sind reguliert. Dies animiert zur Ausweitung des Angebots und generiert demzufolge höhere Kosten. Auf der
Nachfrageseite des Gesundheitsmarktes stehen die Patienten. Diese wünschen sich eine möglichst
gute Gesundheitsversorgung auf kurzen Wegen. Als Folge fragen sie deshalb auch
Gesundheitsleistungen nach, die über das medizinisch Notwendige hinausgehen. So werden die
Anbieter (z. B. Ärzte, Spitäler) wiederum angereizt, immer mehr Produkte und Dienstleistungen
anzubieten.
Der Kanton Aargau grenzt mit seinen ländlichen Regionen nahe an städtische Zentren, die bereits
eine hohe Dichte an Spitälern und Kliniken aufweisen. Daher sollte die Frage gestellt werden, ob
eine allfällige kantonsübergreifende Kooperation oder eine Zentralisierung notwendig wäre und sich
kostendämpfend auswirken würde.
Wir bitten den Regierungsrat, einen Bericht vorzulegen der folgende Fragen beantwortet
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-
Nach welchen Kriterien werden die Leistungsvereinbarungen an die Spitäler und Kliniken
vergeben?
Wird dabei das bestehende regionale Angebot in Bezug auf die Bevölkerungszahl
berücksichtigt?
Wird dabei auch auf die bereits angebotenen medizinischen Leistungen in benachbarten Kliniken
geachtet?
An welchen Qualitätskriterien orientiert sich eine Leistungsvereinbarung?
Wie bewegen sich die Patientenströme im Kanton Aargau?
Besteht ein Überangebot in der kantonalen Gesundheitsversorgung im Bereich
der stationären Akutversorgung?
der stationären Rehabilitation?
der stationären Psychiatrie?
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Falls eine Überversorgung bestehen sollte, wie könnte diese abgebaut und die Zusammenarbeit
unter den Spitälern gefördert werden?
Welche Massnahmen müssten ergriffen werden, damit Doppelspurigkeiten bei den
medizinischen Angeboten verhindert werden?
Was wäre nötig, damit die Wertschöpfung der Spitäler trotzdem im Kanton bleibt und die
Arbeitsplätze erhalten werden.
Braucht es allenfalls eine neuerliche Diskussion über eine zentralistische Struktur (Zentralspital)?
0844 Bad Zurzach; K 286, Ostumfahrung; Mehrkosten; Zusatzkredit; Beschlussfassung;
fakultatives Referendum
(Vorlage-Nr. 15.15-1 des Regierungsrats vom 14. Januar 2015)
Renate Gautschy, FDP, Gontenschwil, Präsidentin der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr,
Energie und Raumordnung (UBV): Zur Ausgangslage: Der Bau der Ostumfahrung von Bad Zurzach
wird voraussichtlich rund 75,3 Millionen Franken kosten. Ursprünglich ging man von einem Betrag
von 59,4 Millionen Franken aus. Die geologische Situation im Bereich des Tagbautunnels sowie
höhere Aufwendungen für Sicherheit und Lärmschutz sind die Ursachen dieser Kostensteigerung.
Zur Beratung in der Kommission: Die Kommission UBV hat die Vorlage an ihrer Sitzung vom 12.
März 2015 beraten. Eintreten war unbestritten. Die Kommission hat die Vorlage eingehend und
teilweise kontrovers diskutiert.
Die Mitglieder der Kommission UBV kritisierten, dass der Grosse Rat erneut einen umfangreichen
Zusatzkredit sprechen soll, weil beim ursprünglichen Kreditbeschluss allenfalls ein zu wenig
detailliert ausgearbeitetes Projekt vorgelegt wurde. Die Kommission anerkannte die aufgrund von
Durchgangsverkehr und Grenznähe schwierige Situation von Bad Zurzach. Es zeigt sich auch immer
wieder, dass Projektplanungen in diesen Bereichen bezüglich Details grösste Anforderungen stellen.
Bei der Realisierung sind Anpassungen und Änderungen häufig nötig. Die Projektanpassungen
wurden deshalb von einer Mehrheit der Kommissionsmitglieder als unumgänglich und nötig erachtet.
Ein Teil der Kommissionsmitglieder bezweifelte aber, dass mit dem Bau einer Ortsumfahrung eine
Entlastung und Belebung des Ortskerns von Bad Zurzach erreicht werden könne; dies muss aber
das Ziel sein.
Zudem wurde zum Teil beanstandet, dass der Beitrag der Gemeinde Bad Zurzach an das Projekt
betragsmässig unverändert bleiben solle. Ganz allgemein wurde die Pauschalisierung von
Gemeindebeiträgen an Strassenbauprojekte und ähnliche Projekte kritisiert. Anerkannt wurde von
der Mehrheit der Kommission, dass der Durchgangsverkehr die Gemeinde überproportional fordert
und eine zusätzliche Belastung der Gemeinde Bad Zurzach nicht richtig wäre.
Bei 13 Anwesenden wurden in der Kommission die folgenden Anträge gestellt:
1. Die Ostumfahrung Bad Zurzach sei als Tunnelvariante für Mehrkosten von 10 Millionen Franken
auszuführen. Dieser Antrag wurde nach Ergänzungen zurückgezogen.
2. Die Kostenbeteiligung der Gemeinde Bad Zurzach sei proportional zu rechnen, somit also
betragsmässig nicht unverändert zu belassen.
Dieser Antrag wurde nach eingehender Diskussion ebenfalls zurückgezogen.
Abstimmungen in der Kommission über den Antrag der Botschaft: Der Antrag der Botschaft wurde
mit 10 gegen 3 Stimmen angenommen.
Die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung (UBV) beantragt dem Ratsplenum Eintreten und Beschlussfassung gemäss dem Antrag des Regierungsrats.
Hansjörg Wittwer, Grüne, Aarau: Die Grünen haben schon bei der Projektierung das Kosten-NutzenVerhältnis infrage gestellt und dieses abgelehnt. Wir propagierten damals, es sei das "Berner Modell"
anzuwenden. Beim sogenannten "Berner Modell" gilt der Grundsatz: "Koexistenz statt Dominanz im
Strassenverkehr". Damit werden die Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen wie Autos,
Velos, öffentliche Verkehrsmittel und Fussgängerinnen und Fussgänger gleichermassen
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berücksichtigt. Genau diese Anwendung der Koexistenz würde Sinn machen – Sinn für die Lösung
der Mobilitätsstrukturen in Bad Zurzach. Dies, weil mit weniger als 10'000 Fahrten pro Tag eben
diese Koexistenz sinnvoll und effektiv machbar wäre.
Jetzt einen Nachtrag vorzulegen, der mehr als 26,0 Prozent Zusatzkosten veranschlagt, ist mehr als
unschön und weit entfernt von voraussehbaren Ungenauigkeiten und Unvorhergesehenem.
Die logische Konsequenz für die Grünen: Wir lehnen auch den Zusatzkredit ab, gestärkt durch die
aus dem Ruder laufenden Kosten und durch das damit noch schlechtere Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Rosmarie Groux, SP, Berikon: Die SP-Fraktion wird den enormen Zusatzkredit von 15,8 Millionen
Franken für die Ortsumfahrung Bad Zurzach grossmehrheitlich ablehnen. Die Kritik an den
nachträglich nötigen sicherheits- und lärmschutzrelevanten Verbesserungen des Projekts und an den
hohen Mehrkosten wurde bereits in der Kommissionssitzung angebracht.
Bereits das erste Projekt der Ortsumfahrung wurde von der SP abgelehnt, mit der Forderung, die
Tunnelvariante nochmals zu prüfen. Wenn schon eine Umfahrung, dann bitte die bestmögliche
Variante. Wir verzichten auf einen Rückweisungsantrag und eine erneute Prüfung der
Tunnelvariante.
Auch die pauschale Kostenbeteiligung von 10 Millionen Franken von Bad Zurzach war früher schon
ein Kritikpunkt. Durch den Gesamtkredit von 75,3 Millionen Franken verstärkt sich die Kritik.
Die Belastungen für Bewohner, Fussgänger und Fahrradfahrer durch den motorisierten
Individualverkehr (MIV) bei Ortsdurchfahrten, nicht nur in Bad Zurzach, sind uns bekannt. Wir
wünschen uns für alle Verkehrsteilnehmer sichere und gute Bedingungen auf der Strasse. Daher
können wir uns sehr gut eine Entlastung des Fleckens durch das "Berner Modell" der "Koexistenz
statt Dominanz im Strassenverkehr" vorstellen – ohne grosse Umfahrung und hohe Kosten.
Aber davor schreckt unser Kanton offenbar zurück. Lieber baut er teure Umfahrungsstrassen und
bietet dem MIV weiteren Strassenraum.
Die SP tritt auf das Geschäft ein, wird aber grossmehrheitlich gegen den Zusatzkredit stimmen.
Sandra Lehmann, GLP, Wohlen: Die grünliberale Fraktion hat bei der Behandlung des Geschäfts im
Januar 2013 dem ursprünglichen Kredit zugestimmt – dies aufgrund der speziellen Ausgangslage.
Der historische Ortskern von Bad Zurzach ist schützenswert und die Aufwertung der Altstadt ist nur
mit Hilfe des in Aussicht gestellten Fleckenkonzepts möglich. Zudem ist eine Fussgängerzone
vorgesehen. Die Tatsache, dass die Umfahrung schon seit längerem im Richtplan festgesetzt ist, hat
zur Entscheidung der GLP beigetragen. Die GLP hat allerdings schon damals die Kosten von 60
Millionen Franken für den Bau einer nur einen Kilometer langen Strasse als hoch bewertet.
Wir sind deshalb überrascht, dass nun Mehrkosten von 16 Millionen Franken anfallen. Die
aufgelisteten Begründungen mögen zwar einleuchtend und nachvollziehbar sein, warum sie aber
beim Vorprojekt noch nicht bekannt waren beziehungsweise warum die entsprechenden
Abklärungen nicht schon damals gemacht wurden, erstaunt uns. Insbesondere die Notausgänge zur
Selbstrettung im Brandfall sowie die bereits erwähnten Lärmschutzmassnahmen hätten damals
berücksichtigt werden sollen.
Die GLP tritt auf das Geschäft ein und wird aufgrund der Wichtigkeit des Projekts dem Zusatzkredit
zustimmen. Wir wären aber dankbar, wenn künftig die Vorabklärungen im Zusammenhang mit
derartigen Projekten vertiefter durchgeführt würden.
Gottlieb Trachsler, EVP, Gontenschwil: Die EVP-Fraktion tritt auf das Geschäft Bad Zurzach,
Ostumfahrung; Zusatzkredit von 15,8 Millionen Franken ein. Dies trotz einem klaren Unbehagen ob
den nun präsentierten Mehrkosten. Diese wurden aber auch in der Kommission plausibel erklärt und
begründet. Die Forderung nach grösserer Projektierungstiefe, bevor ein Geschäft dem Rat vorgelegt
wird, ist begründet und zu begrüssen. Wir müssen aber auch bedenken, dass diese Abklärungs- und
Projektierungskosten die Projektierungskredite entsprechend in die Höhe treiben und allenfalls dann
auch in den Sand gesetzt werden.
Allgemein kann man sagen, dass es bei diesem Geschäft um einen grossen Betrag geht, welchen
wir hier wieder in die Strasseninfrastruktur stecken.
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Die EVP-Fraktion ist eigentlich der Meinung – auch aus Überlegungen, die bereits genannt wurden –
dass dieses Projekt zur Entlastung des Ortskerns in Bad Zurzach realisiert werden soll. Wir sagen ja
zum hohen Betrag und stimmen zu! Aber halten wir auch bei anderen Aufgaben die Augen offen und
sind bereit, Beträge zu sprechen.
Thierry Burkart, FDP, Baden: Ich darf Ihnen mitteilen, dass die FDP einstimmig für Eintreten und
Zustimmung zu den gestellten Anträgen ist. Wir tun dies aus drei Gründen:
Der erste Punkt: Die FDP-Fraktion hat seinerzeit der Vorlage betreffend Umfahrung von Bad Zurzach
zugestimmt. Dies hat auch der Grosse Rat am 15. Januar 2013 mit 97 gegen 17 Stimmen deutlich
und auch mit gutem Grund getan. Wer die besondere Verkehrssituation im Flecken Bad Zurzach
kennt, weiss, dass diese Ortschaft vom täglichen Durchgangsverkehr von rund 11'000 Fahrzeugen
entlastet werden muss. Dies kommt nicht nur dem individuellen, mobilen Verkehr zugute, sondern
auch dem öffentlichen Verkehr (ÖV) und nicht zuletzt auch dem Langsamverkehr.
Wir sind daher der Meinung, dass wir dieses Projekt weiter vorantreiben sollten; es sei denn, es
sprächen ganz gewichtige Gründe dagegen.
Der zweite Punkt behandelt den Aspekt der ungenauen Projekttiefe. Das ist in der Tat unerfreulich
und zu beanstanden. Wir fordern selbstverständlich, dass die Projektierungsqualität künftig
verbessert wird. Es ist bei den genannten Gründen tatsächlich nicht einsichtig, weshalb diese Punkte
erst im Nachhinein erkannt werden konnten. Es wurde gesagt, es gehe dabei um die Notausgänge
und auch um das Thema Lärmschutz. Nichtdestotrotz sind wir der Auffassung, dass diese Mängel in
der Projektierungsqualität nicht ausreichen, um bei diesem wichtigen Projekt ein Exempel zu
statuieren. Aus diesem Grund soll das Vorhaben unterstützt werden.
Der dritte Punkt: Die Umfahrung Bad Zurzach kommt nicht nur dem Flecken Bad Zurzach zugute,
sondern einem breiteren Umfeld im Zurzibiet. Dies mit dem Hinweis auf die unterdurchschnittliche
Entwicklung des Zurzibiets in den letzten Jahren. Wer aber auch weiss, welches Potenzial das
Zurzibiet in seiner Entwicklung hat, der muss davon ausgehen, dass dieses Projekt dem Zurzibiet
nützt. Wir sind der Auffassung: Wenn etwas dem Zurzibiet nützt, kann man es durchaus
unterstützen. Ich danke Ihnen, wenn auch Sie es unterstützen.
Rolf Ryser, SVP, Würenlingen: Vorweg: Die SVP tritt auf das Geschäft Bad Zurzach ein. Die
Vorlage, mit der wir uns heute befassen müssen, ist wahrlich kein Ruhmesblatt. Es fällt wirklich nicht
leicht, die Gründe für die unglaublichen Mehrkosten von 15,9 Millionen Franken, sprich plus 26,7
Prozent, nachvollziehen zu können und – allen Beteuerungen zum Trotz – zu verstehen, warum die
entsprechenden Kosten nicht bereits im ursprünglichen Konzept berücksichtigt werden konnten.
Auch mit Blick auf das Projekt Mühlethal/Zofingen ist es schwierig, innert so kurzer Zeit schon wieder
mit einem unverhältnismässig hohen Zusatzkredit konfrontiert zu werden. Trotz grossem Unbehagen
müssen auch wir von der SVP in den sauren Apfel beissen und somit dem Antrag des
Regierungsrats zustimmen.
Mit der Ostumfahrung soll Bad Zurzach vom Durchgangsverkehr befreit werden. Der Nordsüdverkehr
soll aus dem Ortskern gelenkt werden. Damit soll Bad Zurzach als Wohnort gestärkt werden. Die
anderen historischen Aargauer Altstädte wurden bereits vor Jahren vom Durchgangsverkehr befreit.
Auch wir von der SVP anerkennen, dass die Umfahrung des Fleckens ein wichtiges Werkzeug ist,
um den historischen, national bedeutsamen Flecken vom Durchgangsverkehr zu befreien und vor
weiteren Schäden zu bewahren. Ich kenne das Zurzibiet und natürlich die Situation von Bad Zurzach
bestens. Mir ist klar, dass dieses Projekt die Grundlage dafür bieten wird, den Flecken neu zu
beleben. Abgesehen davon, ist die Ortsumfahrung auch für die Anbindung des unteren Aaretals
bedeutsam. Wir können damit einer Randregion die Tür zur grossen weiten Welt öffnen.
In diesem Sinne stimmt die SVP der Erhöhung des Verpflichtungskredits von 59'408'000 Franken um
15'852'000 auf neu 75,26 Millionen Franken zu. Die SVP möchte aber ausdrücklich festhalten, dass
derart hohe Kostenüberschreitungen nicht mehr vorkommen dürfen. Der Steuerzahler hat dafür kein
Verständnis. So wird das Verständnis der Stimmbürger bezüglich Glaubwürdigkeit und Seriosität von
Kostenberechnungen aufs Äusserste strapaziert. Ich glaube, das wollen wir alle nicht.
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Fabian Hauser, BDP, Birmenstorf: Mehrkosten sind ein leidiges Thema. Leider wurden genau bei
diesem Geschäft Mehrkosten in hohem Masse generiert. Nach dem Studium der Akten kann ich aber
sagen, dass diese hier prozessgetreu entstanden sind. Wir könnten ja die Prozesse abändern und
hätten dann bei jedem Projekt viel teurere Vorabklärungen, was dann insgesamt auch nicht zum
Sparen beitragen würde.
Nach der Entnahme von Bodenproben und weiteren vertieften Untersuchungen wissen wir jetzt,
warum es teurer wird. Wir wissen auch, dass alle Varianten teurer geworden wären. Der
Kostenfixpreis für die Gemeinde muss leider zum jetzigen Stand des Geschäfts belassen werden.
Bei einer Änderung wären die Zeitverluste und deren Mehrkosten wieder unvorteilhaft für die ganze
Sache. Aktuell erhalten wir die gewünschte Umfahrung, ausreichende Sicherheit nach aktuellem
Stand der Technik, Lärmschutz und eine Ausführung, die wir noch erleben können. Bad Zurzach
kann somit bald aufleben. Wir von der BDP stimmen dem Zusatzkredit einstimmig, aber freudlos zu.
Hans-Ruedi Hottiger, Parteilos, Zofingen: Mehrkosten und Zusatzkredite sind immer unangenehm.
Die Verantwortlichen sind dann gezwungen, die Gründe für diese Zusatzkosten minuziös zu
erläutern und darzulegen, warum der zusätzliche Kredit jetzt unbedingt notwendig ist.
Unsere Fraktion meint, dass dies den Verantwortlichen der Abteilung Tiefbau des Departements
Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) im Rahmen der vorliegenden Botschaft ganz gut gelungen ist.
Das Projekt Ortsumfahrung ist nicht nur für die Standortqualität des Fleckens Bad Zurzach von
grosser Bedeutung, sondern auch für die ganze verkehrliche Anbindung des unteren Aaretals
entscheidend. Ohne den Zusatzkredit kann die Ortsumfahrung Bad Zurzach nicht realisiert werden.
Damit bliebe die historische Altstadt mit ihrem Ortsbild von nationaler Bedeutung weiterhin stark mit
Verkehr belastet. Der dringend erforderliche Verkehrsrückgang und die Steigerung der Lebens- und
Aufenthaltsqualität wären so nicht zu erreichen.
In der öffentlichen Anhörung wurde vereinzelt gefordert, den Gemeindeanteil von 10 Millionen
Franken wegen des erforderlichen Zusatzkredits zu erhöhen. Wir sind in unserer Fraktion nicht
dieser Meinung. Besondere bauliche Schwierigkeiten, die bei einem Kantonsstrassenbauprojekt für
eine Reduktion des Gemeindeanteils vorausgesetzt werden, sind mit der aufwendigen Tunnellösung
gegeben. Darum haben wir – der Grosse Rat – den Beitrag der Gemeinde Bad Zurzach an die
Ortsumfahrung auf pauschal 10 Millionen Franken festgelegt. Diese baulichen Schwierigkeiten sind
nun mit den Mehrkosten natürlich in zusätzlichem Masse gegeben. Diese sind zur Hauptsache auf
eine bedeutend aufwendigere Bauweise zurückzuführen. Die Gemeinde kann die Bedingungen, die
zu diesen Mehrkosten führen, nicht entscheidend beeinflussen. Umgekehrt bleibt das Konzept eines
Tagbautunnels unverändert, um die Ziele des Projekts zu erreichen. Für die Gemeinde entsteht also
kein Mehrnutzen. Aus diesen Gründen ist es unserer Ansicht nach nicht gerechtfertigt, die Gemeinde
Bad Zurzach an den Mehrkosten zu beteiligen.
Dass es zu dieser Zusatzkreditvorlage habe kommen müssen, sei sicherlich kein Ruhmesblatt, sagte
der Baudirektor bei der Vorberatung der Botschaft in der Kommission. Wir sind natürlich gleicher
Meinung. Grundsätzlich sollte es nicht nötig sein, dass der Grosse Rat Zusatzkredite in diesem
Ausmass bewilligen muss. Besonders befremdlich ist – das haben wir heute auch schon von meinen
Vorrednern gehört – dass nach dem im Jahre 2013 gesprochenen Zusatzkredit für den
Kantonsstrassenausbau in Zofingen/Mühlethal nun bereits wieder Mehrkosten in solch bedeutendem
Umfang für ein Vorhaben entstehen – und zwar für ein Vorhaben, dessen Kreditbeschluss auf einem
sehr wenig detailliert ausgearbeiteten Projekt basierte.
Der Baudirektor und der Kantonsingenieur haben Besserung versprochen. Man sei dabei, die
entsprechenden Prozesse zu überdenken, so dass die Kostengenauigkeit der im Grossen Rat
beantragten Kredite grösser werde, insbesondere bei grossen Tiefbauprojekten, wie es eben eine
solche Umfahrung ist. Um eine grössere Kostengenauigkeit zu erreichen, prüfe man verschiedenste
Szenarien. Wir sind zuversichtlich und zugleich gespannt und werden die Abteilung Tiefbau und das
Departement BVU an den diesbezüglichen Fortschritten messen. Wir hoffen sehr, dass bei einem
nächsten Kreditantrag die Kostengenauigkeit um einiges besser ist. Da wir aber von der
Notwenigkeit der Realisation dieses Bauwerks sehr überzeugt sind, werden wir auch dem
Zusatzkredit zustimmen.
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René Huber, CVP, Leuggern: In meiner Zeit als Gemeindeschreiber von Bad Zurzach, deren
Tätigkeit ich 16 Jahre lang bis Ende September 2013 ausgeübt habe, durfte ich die gesamte
Planungsphase der Ostumfahrung Bad Zurzach miterleben und mitgestalten. So habe ich unter
anderem meine Diplomarbeit zum Abschluss meines MAS-Studiums (Master of Advanced Studies)
diesem Jahrhundertprojekt, was es für die Gemeinde Bad Zurzach tatsächlich ist, gewidmet. Ich
erlaube
mir
deshalb, als Einzelvotant ein paar Worte zu diesem für die Gemeinde Bad Zurzach existenziell wichtigen
Projekt an Sie zu richten.
Der historische Ortskern von nationaler Bedeutung ist heute sehr stark vom Durchgangsverkehr,
insbesondere auch der Grenzgänger wegen, beeinträchtigt. Obwohl die mittelalterlichen Häuser mit
wunderschönen Hinterhöfen eine hohe Wohnqualität bieten würden, ist ein "normales" Leben mitten
in diesem Verkehr unmöglich. Die Substanz der historischen Liegenschaften leidet massiv, eine
Gettoisierung und Verwahrlosung ist unübersehbar und die Wohnungen sind kaum vermietbar. Da
liegt ein riesiges Potenzial für verdichtetes Bauen und Wohnen in wunderschöner Umgebung einfach
brach. Die Antwort darauf ist die Realisierung der Ostumfahrung.
Um das Ziel der Aufwertung des historischen Fleckens von nationaler Bedeutung aber umfassend zu
erreichen, sind zwingend flankierende Massnahmen notwendig. Das bereits vor Jahren begonnene
"Fleckenkonzept" beinhaltet diverse Sanierungs- und Aufwertungsmassnahmen, welche die
Gemeinde vollumfänglich selber finanzieren muss. Dafür wurden im 10-Jahresfinanzplan über 10
Millionen Franken eingeplant, zusätzlich zum Gemeindeanteil von 10 Millionen Franken an die
Ostumfahrung.
Die Aufwertung des historischen Altstadtteils bringt nicht nur zusätzliche Wohnqualität und erfüllt mit
der verdichteten Bauweise die Vorgaben des Raumplanungsgesetzes, sondern es ist eine
entscheidende Chance für Bad Zurzach als Tourismus- und Gesundheitsort. Von insgesamt 2'800
Arbeitsplätzen in Bad Zurzach sind über die Hälfte, nämlich 1'800, in der Tourismus- und
Gesundheitsbranche angesiedelt. Mit rund 500'000 Eintritten im Thermalbad halten sich täglich
durchschnittlich 1'400 Badegäste in Bad Zurzach auf. Aufgrund der heutigen Unattraktivität wegen
des Verkehrslärms und der Abgase meiden viele dieser Tagesgäste einen Besuch des historischen
Altstadtteils. Alleine diese tägliche Gästeschar bietet ein grosses Potenzial für den heute vom
Aussterben bedrohten Flecken, sobald die flankierenden Sanierungs- und Aufwertungsmassnahmen
umgesetzt sind. Dies gelingt der Gemeinde Bad Zurzach aber nur, wenn sie die finanziellen Mittel
auch dafür einsetzen kann und nicht einen beachtlichen weiteren Beitrag an die Umfahrungsstrasse
leisten muss.
Mit der damaligen Kreditgenehmigung durch den Grossen Rat im Januar 2013 haben Sie die
Dringlichkeit dieser Umfahrung – notabene die letzte noch nicht gebaute Umfahrungsstrasse der
historischen Altstädte im Kanton Aargau – erkannt. Auch wenn ein solch hoher Zusatzkredit
unangenehm ist, bitte ich Sie, dem Antrag von Regierungsrat und Kommission BVU zu folgen. Sie
leisten damit den voraussetzenden Beitrag, dass sich der Flecken Bad Zurzach in ein paar Jahren
als Bijou und stolze Aargauer Gemeinde national und international präsentieren darf.
Zum Schluss möchte ich noch kurz auf den Brief von Benno Rohrer und Renate Schnidrig, welcher
von insgesamt rund 30 Personen mitunterzeichnet und an Sie alle zugestellt wurde, eingehen. Als
damals noch im Amt stehender Gemeindeschreiber von Bad Zurzach habe ich die eindrückliche und
noch nie dagewesene Einwohnergemeindeversammlung vom 26. Januar 2012 aktiv miterlebt. Von
2'295 Stimmberechtigten waren deren 780 anwesend. Mit deutlichen 495 Ja- gegen 270 NeinStimmen, bei 15 Enthaltungen, wurde in einer geheimen Abstimmung dem Umfahrungskredit, also
dem Gemeindeanteil von 10 Millionen Franken, zugestimmt. Mit dieser zustimmenden zwei DrittelMehrheit war das definitive Beschlussquorum erreicht und somit sofort in Rechtskraft erwachsen.
Das, liebe Grossratskolleginnen und -kollegen, ist gelebte Demokratie, auf welche wir Schweizer zu
Recht stolz sind. Nun appelliere ich an Sie, diesen eindrücklichen demokratischen Entscheid auch zu
leben und umzusetzen. Eine Grundsatzdiskussion über die Ostumfahrung Bad Zurzach hat meines
Erachtens hier und heute keine Berechtigung mehr. Zudem sei zu erwähnen, dass gerade das
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Eingehen auf verschiedene Bedürfnisse der Anwohner respektive Mitunterzeichner dieses Briefes
auch einen Anteil der Mehrkosten umfasst.
Die Gemeinde Bad Zurzach hat diese einmalige Chance für ihre eigene Entwicklung nach
jahrelanger Vorarbeit und finanziellen Vorleistungen in Millionenhöhe mehr als verdient. Ich danke
Ihnen herzlich für die Zustimmung des vorliegenden Antrags von Regierungsrat und Kommission.
Stephan Attiger, Regierungsrat, FDP: Es wurde gesagt: Zusatzkosten sind immer unangenehm.
Dass wir hier einen Zusatzkredit beantragen müssen, ist kein Ruhmesblatt. Ich verstehe das
Unbehagen und ich verstehe auch die Kritik.
Es wurde aber von der BDP-Fraktion richtig erwähnt: Wir müssen die Prozesse hinterfragen. Wir
müssen bei Grossprojekten hinterfragen, wann wir ein Begehren für einen Projektierungskredit an
den Grossen Rat und wann wir den Baukredit direkt aufgrund eines Vorprojekts stellen. Während
diesem Prozess wird die Kostenprognose vom Vorprojekt zum eigentlichen Projekt natürlich viel
deutlicher beziehungsweise viel präziser. Dies wurde in der Zwischenzeit erarbeitet und die
Zusatzkosten in der Botschaft begründet.
Es ist mir wichtig, zu erwähnen, dass dies keinen Einfluss auf den Variantenentscheid hat, wenn
man die Varianten der verschiedenen Ostumfahrungen vergleicht. Auch bei den anderen Varianten
wären diese Zusatzkosten dazugekommen, weil wir dieselben Untergrundprobleme haben und die
Lärmsituation bei den Eingangsachsen auch dieselbe ist.
Insofern handelt es sich hier nach wie vor um die richtig gewählte Variante, die das beste KostenNutzen-Verhältnis aufweist – auch mit den beantragten zusätzlichen Kosten.
Zum Kostenteiler Bad Zurzach: Es wurde auch gesagt, dass man bei diesen Projekten eine
Kostenreduktion machen kann, insbesondere bei baulichen Schwierigkeiten und bei hohem
Durchgangsverkehr. Beides ist hier angezeigt.
Es wurde weiter auch erläutert, dass Bad Zurzach zu diesen 10 Millionen Franken Grossinvestitionen
in das Fleckenkonzept machen muss. Die bestehende Strasse muss saniert und neu gestaltet
werden. Das ist eine Entlastung für den Kanton, der diese Strasse abgibt.
In diesem Sinne danke ich für die Zustimmung des Zusatzkredits. Immerhin konnten wir heute
nochmals eine Grundsatzdiskussion führen. Der Bau hat noch nicht begonnen und es wurde noch
kein Präjudiz geschaffen.
Ich danke für die konstruktive Kritik und für eine Zustimmung.
Vorsitzender: Eintreten ist unbestritten.
Detailberatung / Antrag gemäss Botschaft
Keine Wortmeldungen.
Abstimmung
Der regierungsrätliche Antrag wird mit 97 gegen 25 Stimmen gutgeheissen.
Beschluss
Der Verpflichtungskredit zulasten der Spezialfinanzierung Strassenrechnung für den Bau der Ostumfahrung Bad Zurzach mit einem einmaligen Bruttoaufwand von Fr. 59'408'000.– wird um einen Zusatzverpflichtungskredit von Fr. 15'852'000.– auf Fr. 75'260'000.– erhöht (Produktionskosten-Index
des Schweizerischen Baumeister-Verbands, Stand vom 1. Januar 2014; Indexstand von 238,7). Der
Verpflichtungskredit passt sich um die indexbedingten Mehr- und Minderaufwendungen an.
Fakultatives Referendum
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Der Beschluss untersteht dem fakultativen Referendum gemäss § 63 Abs. 1 lit. d der Kantonsverfassung.
0845 Limmattalbahn; Investitionsbeitrag zum Bau der Bahninfrastruktur; Verpflichtungskredit;
Beschlussfassung; fakultative Referenden
(Vorlage-Nr. 15.19-1 des Regierungsrats vom 14. Januar 2015)
Renate Gautschy, FDP, Gontenschwil, Präsidentin der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr,
Energie und Raumordnung (UBV): Zur Ausgangslage: Die Limmattalbahn (LTB) zwischen ZürichAltstätten und Killwangen soll die Mobilität und Erreichbarkeit im Limmattal mittel- und langfristig
sicherstellen. Es handelt sich um ein Jahrhundertprojekt und soll die Gemeinden und die Region
optimal erschliessen. Dabei sollen zusätzliches Wachstum und Innenverdichtung berücksichtigt
werden, sodass die Limmattalbahn einen entscheidenden Beitrag zur städtebaulichen und
wirtschaftlichen Entwicklung in dieser Region leisten kann. Für dieses Projekt beantragt der
Regierungsrat einen Verpflichtungskredit in Höhe von 179,5 Millionen Franken.
Zur Beratung in der Kommission: Die Kommission UBV hat die Vorlage an ihrer Sitzung vom
12. März 2015 beraten. Eintreten auf die Vorlage war unbestritten. Die Kommissionsmitglieder waren
mit dem wegweisenden Projekt grundsätzlich einverstanden. Vor allem begrüssten sie, dass
angesichts der Bevölkerungs- und Wirtschaftsprognosen für das Limmattal frühzeitig Lösungen im
Bereich Verkehr an die Hand genommen werden. Das Limmattal braucht für die Gestaltung der
Zukunft die Strassen und die Bahn, darüber waren sich die Kommissionsmitglieder einig.
Da die Limmattalbahn zu einer Entlastung der Kantonsstrassen im Limmattal führen wird und auch
Optimierungen bei Anschlüssen an die Gemeindestrassen vorgesehen sind, schlägt der
Regierungsrat in Antrag 2 der Botschaft einen Beitrag an die Projektkosten in Höhe von 34 Millionen
Franken aus der Strassenkasse vor. Ein Teil der Kommissionsmitglieder argumentierte aber, dass
das Projekt zusätzlich mit Mitteln aus dem Agglomerationsprogramm in Höhe von 58,6 Millionen
Franken finanziert werde. Diese Mittel würden ebenfalls vollumfänglich von den
Strassenbenützerinnen und Strassenbenützern stammen, sodass der vom Regierungsrat
vorgesehene strassenseitige Beitrag bei über 50,0 Prozent liege. Das sei zu hoch. Bei der
Abwägung wurde aber auch berücksichtigt, dass die Strassenbenützer einen zügigen Verkehrsfluss
schätzen. Ich werde im Laufe der Verhandlung zu den einzelnen Anträgen noch detaillierter Stellung
nehmen.
Hansjörg Wittwer, Grüne, Aarau: Der zusammengefasste Anlagebeschrieb zeigt, dass die
Limmattalbahn eine metrige und doppelspurige Stadtbahn sein wird, die grösstenteils ebenerdig
geführt wird. Das Streckennetz beträgt 13,4 Kilometer und weist 27 Haltestellen auf. Sie liegt zu
einem Viertel im Kanton Aargau und zu drei Vierteln im Kanton Zürich. Busse erschliessen die
Quartiere, welche die Limmattalbahn nicht bedient und bilden so das ergänzende
Feinverteilungsnetz. Es wird mit einer durchschnittlichen Beförderungsgeschwindigkeit von
22 Kilometern pro Stunde gerechnet. Die Limmattalbahn ist also mit der Glatttalbahn vergleichbar.
Gesamthaft betrachtet wird das ein effizientes Verkehrssystem werden. Zusammen mit den lokalen
Busbetrieben, dem motorisierten Individualverkehr (MIV), dem Langsamverkehr und der S-Bahn soll
das deutlich steigende Verkehrsaufkommen bewältigt werden können. Die Limmattalbahn trägt also
zu einem grossen Teil dazu bei, dass unsere Mobilitätsströme auch zukünftig funktionieren werden.
Aus diesen Gründen werden die Grünen für die Entnahme von 34 Millionen Franken aus der
Strassenkasse stimmen. Trotz Absegnung durch die Kommission UBV lehnen wir den Antrag der
Vertreter und Vertreterinnen der motorisierten Individualverkehrslobby für einen um 7 Millionen
Franken reduzierten Beitrag aus der Strassenkasse ab. Und zwar, weil es ein Projekt ist, das als Teil
des Systems hilft, dass die Verkehrsflüsse auch zukünftig einigermassen funktionieren können. Dazu
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soll die immer noch gut gefüllte Strassenkasse ihren Beitrag leisten; eben auch, weil die
Limmattalbahn eine Strassenbahn ist.
Martin Brügger, SP, Brugg: Für die SP-Fraktion ist das Eintreten unbestritten. Das Projekt ist mutig,
gleichzeitig aber umsichtig. Es ist modern, zukunftsträchtig und vor allem ist es notwendig. Es ist
notwendig aus der Gesamtverkehrssicht. Das Projekt ist geprägt von vielen positiven Impulsen für
das Limmattal. Die Aspekte der gemeinsamen Standortförderung zwischen den Kantonen Aargau
und Zürich und auch umgekehrt sind nicht nur symbolträchtig, sondern auch gut und nützlich. Das
Referenzprojekt Glatttalbahn hat sich erfolgreich etabliert und schafft das Vertrauen, dass eine gute
Umsetzung möglich ist. Aus Sicht der Gemeinden im Glatttal konnte eine Förderung und
Wertsteigerung zu Gunsten von Standort, Wirtschaft und Bevölkerung erfolgen, welche grösser war
als erwartet. Die Kommission UBV konnte sich vor Ort, zum Beispiel beim Stadtpräsidenten von
Zürich-Wallisellen, von der Wertschöpfung dieser Bahn informieren.
Die Limmattalbahn ist ebenso wichtig für die Entwicklung des Limmattals, aber auch für den
gesamten Kanton Aargau. Die SP unterstützt geschlossen den Finanzierungsschlüssel des
Regierungsrats. Dieser ist fundiert und umsichtig gewählt. Mittel im Umfang von 34 Millionen
Franken sollen der Strassenkasse entnommen werden. Dieser Beitrag hätte sehr wohl auch höher
ausfallen können. Die Festlegung des Betrags durch den Regierungsrat ist aber vernünftig und
ausgewogen. Darin sind viele Strassenbauten und Massnahmen integriert, welche der
Gesamtleistung des Verkehrs dienen und für den öffentlichen und Individualverkehr notwendig sind,
um damit unnötigen Verkehr auch von der Strasse wegzubringen.
Wenn man dieses Projekt jetzt direkt von diesen 34 Millionen Franken abhängig macht, wäre dies
fatal. Machen Sie es gleich wie der Kanton Zürich. Dort wurde die Limmattalbahn durch den Zürcher
Kantonsrat mit nur 2 Gegenstimmen eindrücklich gutgeheissen. Bringen wir die Limmattalbahn auf
die Schiene respektive aus Aargauer Sicht zum Fliegen!
Sandra Lehmann, GLP, Wohlen: Das Limmattal ist ein Entwicklungsraum von nationaler Bedeutung.
Die Region ist hoch attraktiv, sie liegt direkt beim Wirtschaftsraum Zürich und in Nähe des
Flughafens Kloten. Dieser Entwicklungsraum soll mit dem vorliegenden Projekt Limmattalbahn nun
zukunftsorientiert erschlossen werden. Es handelt sich um ein Generationenprojekt in
hervorragender Qualität. Es ist zukunftsweisend, dass hier Siedlungs- und Verkehrsentwicklung
unter Einbezug des Langsamverkehrs gemeinsam betrachtet wurden. Die Fraktion der Grünliberalen
steht hinter diesem Jahrhundertprojekt. Wir fordern aber auch eine frühe Konkretisierung der
Weiterführung der Limmat-talbahn in die Region Baden und möglicherweise darüber hinaus. Zudem
soll die Planung und Realisierung der Limmattalbahn in Abstimmung mit der Raumplanung und einer
räumlichen Entwicklung in Richtung qualitativer Urbanisierung, Verdichtung und gleichzeitigem
Schutz von Freiflächen und Erholungsräumen laufen. Das prognostizierte Bevölkerungswachstum
darf sich nicht einfach in ausufernden Siedlungsgebieten abspielen, auch wenn sie mit einer Bahn
erschlossen sind, sondern in geplanter Urbanität von hoher Lebensqualität.
Zur Finanzierung: Die GLP ist mit der vom Regierungsrat vorgeschlagenen Finanzierungsform
einverstanden und wird den Antrag des Regierungsrats mit einem Beitrag aus der Strassenkasse in
Höhe von 34 Millionen Franken unterstützen.
Wir erachten diesen Beitrag aus der Strassenkasse als gerechtfertigt. Denn einerseits handelt es
sich ja um ein Jahrhundertprojekt mit entsprechendem Entwicklungspotenzial, andererseits ist die
Mitfinanzierung über das Agglomerationsprogramm Verkehr noch nicht definitiv zugesichert. Bei der
Frage der Finanzierung gilt es auch zu beachten, dass die Limmattalbahn wichtige Impulse setzt und
wesentliche Investitionen auf privater Seite stimulieren wird. Auch dürfen wir davon ausgehen, dass
die Limmattalbahn die relative Steuerkraft des Kantons Aargau sowie der Aargauer Gemeinden im
Limmattal erhöhen wird und als Katalysator auf dem Immobilien- und Grundstücksmarkt wirkt. Die
Fraktion der Grünliberalen tritt auf das Geschäft ein und unterstützt die regierungsrätlichen Anträge.
Lilian Studer, EVP, Wettingen: Schon beim Vorprojekt hatte die EVP ihre Zustimmung zur
Realisierung der Limmattalbahn bekundet. Erwähnen muss ich in diesem Saal sicherlich nicht, dass
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uns die Kosten erstaunen. Das Wachstum der Bevölkerung im Limmattal wird jedoch als steigend
prognostiziert und es ist uns allen klar, dass neben diversen Massnahmen auch bei der Mobilität
etwas getan werden muss. Somit werden diese Ausgaben auch seitens der EVP geschluckt. Sei es
in Stosszeiten abends oder morgens – trotz Extrazügen ist die Bahn schon jetzt ausgelastet. Dies ist
meine persönliche Erfahrung. Bei einer steigenden Bevölkerungszahl wird der Mobilitätswunsch nicht
kleiner. Es ist klar, dass die Weiterführung in Richtung Wettingen, Baden – oder allenfalls noch
weiter,
auch wenn dies jetzt nicht Inhalt ist – für uns der nächste Schritt sein muss, damit der Nutzen
umfassender sein kann.
Nennenswert ist auch die interkantonale Zusammenarbeit und Erarbeitung, die wir sehr begrüssen.
Negativ bewerten wir, dass in der Botschaft über weitere Massnahmen und Auswirkungen kein Wort
fällt. Eigentlich ist es verständlich, da es ein anderes Departement betrifft. Trotzdem, die EVP hätte
eine Gesamtübersicht erwartet oder gewünscht.
Zu den Anträgen: Die Unterstützung des ÖV aus der Strassenrechnung ist immer und immer wieder
ein Thema. Dazu gibt es diverse Meinungen und Haltungen. Sofern die prognostizierten
Wachstumsprognosen eintreffen, kommen auf den MIV grössere Probleme zu. Die Strassen werden
mit diesem Projekt auch stark entlastet und werden entsprechend profitieren, das möchte ich hier im
Saal gesagt haben. Denn irgendwie muss diese Menschenmasse, die gezwungen ist, mobil zu sein,
auch transportiert werden können.
Das Geld aus der Strassenkasse ist somit nicht einfach nur als ein Zustupf an den ÖV zu sehen,
sondern dazu gedacht, die Strassen nicht mehr zu belasten, als es heute schon der Fall ist. Welcher
Antrag durchkommen wird ist nun dem Grossen Rat überlassen. Die EVP bittet Sie aber, diesen
Punkt bei Ihrer Entscheidung mitzuberücksichtigen. Die EVP tritt auf die Vorlage ein.
Thierry Burkart, FDP, Baden: Die FDP-Fraktion unterstützt das Eintreten auf die Vorlage und bittet
Sie, die Anträge gemäss Kommission zu unterstützen. Wir unterstützen die Limmattalbahn eigentlich
aus Überzeugung. Erlauben Sie mir aber trotzdem, drei Bemerkungen dazu zu machen.
1. Positiv an diesem Projekt ist in der Tat, dass hier die Mobilität vorausschauend geplant wird. Wir
alle wissen, dass üblicherweise zuerst gebaut wird und man sich dann wundert, dass auf den
Strassen Stau herrscht und der öffentliche Verkehr verstopft ist. Hier wird vorausschauend geplant.
Wir befinden uns hier immerhin in einem der dichtest besiedelten Gebiete der ganzen Schweiz. Wir
erwarten ein Wachstum im Bereich der Arbeitsplätze von rund 30,0 Prozent und im Bereich der
Bewohnerinnen und Bewohner von rund 17,0 Prozent bis ins Jahr 2030. Es tut daher not, dass wir
hier Verkehrskapazitäten schaffen. Wir brauchen diese Kapazitäten im Bereich des öffentlichen
Verkehrs und tun dies hier mit dem Bau der Limmattalbahn. Und wir werden – und das garantiere ich
Ihnen bereits jetzt – irgendwann auch einmal im Bereich der Strassen mehr Kapazitäten brauchen.
Ich gehe davon aus, dass in diesem Bereich, wenn eine politische Vorlage kommt, die politischen
Mehrheitsverhältnisse leider anders ausfallen werden.
2. Wir müssen uns bewusst sein, dieses Projekt ist sehr teuer. Wenn man die Vorprojektierungs- und
Projektierungskosten einberechnet, kommt man auf einen Betrag von 194,2 Millionen Franken für
3,3 Kilometer Streckenlänge. Das ist viel. Daher war die FDP selbstverständlich gesund kritisch. Wir
sind aber zur Auffassung gelangt, dass der Betrag durchaus gerechtfertigt ist. Wir müssen uns aber
auch bewusst sein, dass man nicht nur die Investitionskosten betrachten sollte, sondern auch die
Betriebskosten, was leider in der Politik sehr oft unterlassen wird. Bei den Betriebskosten geht man
davon aus, dass jährlich ein Defizit von rund 4 – 5 Millionen Franken resultieren wird, welches
natürlich auch irgendwie bezahlt werden muss. Dies müssen wir uns einfach bewusst machen.
3. Zum Teil der Finanzierung: Wir haben vorhin festgestellt, dass es sich um ein teures Projekt im
Umfang von rund 194,2 Millionen Franken handelt. Dies soll einerseits durch den Steuerzahler,
andererseits durch das Agglomerationsprogramm und drittens durch den Strassenkassenbeitrag
finanziert
werden.
Die
Agglomerationsbeiträge
stammen
vollumfänglich
von
den
Strassenbenutzerinnen und -benutzern, ebenso diejenigen aus der Strassenkasse. Daraus resultiert
gemäss Antrag des Regierungsrats ein Beitrag der Strassenbenützerinnen und -benützer zugunsten
der Limmattalbahn in Höhe von 52,0 Prozent.
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Wir sind der Auffassung, dass ist dann doch des Guten etwas zu viel, ohne infrage stellen zu wollen,
dass ein Anteil aus der Strassenkasse selbstverständlich herangezogen werden kann. Wir haben
vorhin das Argument von Lilian Studer gehört, dass dadurch ja auch die Strasse entlastet wird. Das
mag wohl stimmen. Ich bin aber gespannt, wann denn einmal das gegenteilige Argument bei einem
Strassenbau benützt wird. Ich wäre froh, wenn angeboten würde, dass dann auch der öffentliche
Verkehr einen Anteil dazu beiträgt, eine Strasse zu bauen, weil diese ja dann auch den öffentlichen
Verkehr entlasten würde. Aber dieses Argument besteht ideologisch leider nur einseitig. Wir sind
daher der Auffassung, dass es gerechtfertigt ist, dass man hier seitens der
Strassenkassenfinanzierung gemäss dem Antrag der Kommission etwas zurückbuchstabiert. Wir
befinden uns da immer noch bei einem Anteil der Mitfinanzierung des privaten Verkehrs von
44,0 Prozent. Sehr verehrte Damen und Herren, auch auf der linken Seite dieses Rats, ich meine,
das ist nichts Unanständiges. Ich glaube, 44,0 Prozent sind immer noch äusserst grosszügig. In
diesem Sinne bitte ich Sie, die Limmattalbahn zu unterstützen. Ich bitte Sie aber auch, die neue
Finanzierung, so wie es die Kommission UBV vorschlägt, zu unterstützen. Damit schaffen wir einen
relativ breiten Kompromiss und eine relativ breite Unterstützung, die diese Limmattalbahn auch
verdient hat.
Martin Keller, SVP, Obersiggenthal: Die SVP steht nicht einstimmig, aber mehrheitlich für die
Limmattalbahn ein. Im Normalfall werden die Verkehrsträger erst nach der Überlastung erstellt, wie
vom Vorredner erwähnt, und ausgebaut. Dass dies hier nicht so ist, ist äusserst zu begrüssen. Das
rasch wachsende Gebiet im Limmattal, welches ein grosses Entwicklungspotenzial aufweist und sich
an der Grenze zum Kanton Zürich befindet, wird somit optimal durch den ÖV erschlossen. Die
vorgesehene Limmattalbahn ist sicher das effizienteste Verkehrsmittel für dieses Gebiet. Auch
positiv zu werten gilt, dass das Logistikzentrum beziehungsweise das Tramdepot auf Zürcher
Kantonsgebiet zu liegen kommt. Weitere Ausführungen wurden bereits gemacht, die positiven und
negativen Auswirkungen wurden erwähnt.
Erlauben Sie mir bitte trotzdem, vier Punkte, die uns speziell am Herzen liegen, vorzutragen:
1. Die Verkehrssicherheit: Es darf und kann nicht sein, dass die Limmattalbahn zur gleichen
Unfallbahn wie die Glatttalbahn wird. Auch wenn dies vonseiten der Glatttalbahn stets bestritten wird,
war die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer nicht von Anfang an voll gewährleistet. Ich
appelliere an die verantwortlichen Behörden und Planer, dies bei der Limmattalbahn von Anfang an
besser zu machen. Gute und umsichtige Planung zahlt sich immer aus und muss sich weder auf die
Benachteiligung des MIV noch auf die Kosten niederschlagen.
2. Der motorisierte Individualverkehr (MIV): Die Grössenordnung in Höhe von 44,0 Prozent, die der
MIV an das Projekt LTB mitbezahlt, wie es Thierry Burkart erwähnt hat, wird wohl in etwa auch der
Selbstfinanzierungsgrad sein. Ich musste kurz schmunzeln. Einmal mehr gilt es an dieser Stelle zu
unterstreichen, dass der MIV und der ÖV nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen, so wie es
die notorischen Verkehrsverhinderer vor allem aus der linken Ratshälfte immer fordern. Denn nur
eine Vernetzung bringt wirklich den gewünschten Erfolg. Daher wird der Regierungsrat aufgefordert,
die nötigen verkehrstechnischen und baulichen Massnahmen entlang der Limmattalbahn rasch und
zeitgleich an die Hand zu nehmen, sodass auch der MIV einen Mehrwert in diesem Gebiet erfahren
wird. Der Kanton Zürich hat sich hiermit eigentlich schon dafür ausgesprochen und über
130 Millionen Franken zur Verfügung gestellt. Ich bitte den Regierungsrat, dazu ebenfalls ein
commitment abzugeben.
3. Eine eventuelle Verlängerung der LTB: Das vorliegende Projekt mit dem entsprechenden
Verpflichtungskredit ist in sich ein durchdachtes Projekt, welches mit dem bestehenden Busnetz der
regionalen Verkehrsbetriebe Baden–Wettingen optimal abgestimmt werden kann. Auch die
Endschleife beim Bahnhof Killwangen–Spreitenbach macht absolut Sinn. Eine baldige Verlängerung,
ohne reichliche Erfahrung aus dem zu realisierenden ersten Projekt, ist für die SVP zurzeit kein
Thema. Denn geballte Lebensräume wie Baden und Wettingen sind mit dem viel feineren Busnetz
der RVBW (Regionale Verkehrsbetriebe Baden-Wettingen), bei welchem die entsprechenden
Bahnhöfe schnell angefahren werden, besser, flexibler und kostengünstiger. Dazu erwarten wir
ebenfalls ein klares Statement von Regierungsrat Attiger.
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4. Der Strassenkassenbeitrag: Für die SVP-Fraktion ist es oder war es unverständlich, dass der vom
Regierungsrat in der Botschaft vorgeschlagene Betrag nach der Anhörung nicht korrigiert wurde.
Dies zeigt einmal mehr ganz deutlich den Stellenwert einer Anhörung, welche aus Sicht des
Regierungsrats wahrscheinlich nur eine unnötige Zusatzrunde darstellt. Der Betrag von 25 Millionen
Franken aus der Spezialfinanzierung Strassenkasse, so wie von der Kommission UBV in der gelben
Synopse vorgeschlagen, ist für die SVP-Fraktion der höchstmögliche Betrag. Wie der Botschaft zu
entnehmen ist, reduzieren allfällig zu erwartende Bundesbeiträge den heute zu bewilligenden Kredit.
Wir gehen davon aus, dass auch der Betrag aus der Strassenkasse von dieser Subventionierung
profitiert und entsprechend reduziert wird. Wir bitten den Herrn Regierungsrat, auch dazu ein Statement
abzugeben.
Im Namen der mehrheitlichen SVP-Fraktion bitte ich Sie, die vorliegende Botschaft zur
Limmattalbahn sowie die von der Kommission UBV vorgeschlagenen Anpassungen zu unterstützen.
Heinz Graf, BDP, Oberrohrdorf: Es gibt in einem Politikerleben Augenblicke, die ausserordentlich
bedeutend sind. Wir stimmen heute über ein Jahrhundertprojekt ab. Es ist ein zukunftsweisendes
Projekt, bei dem die Siedlungs- und Verkehrsentwicklung unter Einbezug des Langsamverkehrs
gemeinsam betrachtet wird. Es ist mutig, modern und zukunftsträchtig. Das Limmattal ist
eingebunden in den Wirtschaftsraum Zürich und mit dem internationalen Flughafen Kloten ist es ein
Entwicklungsraum von nationaler Bedeutung. Die Einwohnerzahl im Limmattal soll bis zum
Jahr 2030 auf 105'000 und die Anzahl der Beschäftigten auf 65'000 Personen steigen. Der Kanton
Aargau wird von dieser Entwicklung profitieren, die auf den ganzen Kanton ausstrahlen wird. Positiv
ist, dass man sich angesichts der Wirtschafts- und Bevölkerungsprognosen – wie es Thierry Burkart
bereits ausführte – frühzeitig Gedanken über die Verkehrssituation macht und die Weichen
rechtzeitig stellt. Wichtig ist, dass die Limmattalbahn als ein Bestandteil des Gesamtverkehrs
betrachtet und auch das heutige Strassensystem mit seinen täglichen Stauentwicklungen verbessert
wird. Mich würde aber auch interessieren, wie es in der Region Baden weitergeht, denn wir haben
keine Gesamtübersicht, wie es Lilian Studer ausführte.
Erlauben Sie mir, eine Frage in Bezug auf die Zukunft zu stellen: In Baden wartet man auf den Start
des Schulhausplatz-Umbaus und gibt dafür sehr viel Geld aus. In der Region Baden spricht man von
einem Jahrhundertbauwerk und wartet noch, bis die letzte Einsprache abgehandelt ist. Eine Frage
an den Herrn Baudirektor: Kann er uns versichern, dass man die Limmattalbahn in diesem Badener
Millionenprojekt angemessen berücksichtigt hat?
Ich möchte noch erwähnen, dass wir natürlich im Kanton auch davon abhängig sind, dass das
nationale Strassennetz weiterentwickelt wird. Mit einer Standesinitiative hat der Grosse Rat ja bereits
entsprechende Signale nach Bern übermittelt.
Die BDP-Fraktion tritt auf die Vorlage ein und wird ihr grossmehrheitlich zustimmen.
Hans-Ruedi Hottiger, Parteilos, Zofingen: Das Wichtigste vorweg: Die CVP-Fraktion wird den
Verpflichtungskredit unterstützen. Beim Limmattal handelt es sich nicht nur um den am dichtest
besiedelten Raum im Kanton Aargau, sondern auch um einen Entwicklungsraum von nationaler
Bedeutung. Die Region ist hoch attraktiv, gehört zum potenten Wirtschaftsraum Zürich, liegt in
Flughafennähe und ist damit auch international bestens angebunden. Das sage ich als
Westaargauer und ganz ohne Neid. Denn die Entwicklungspotenziale des Limmattals strahlen auf
den gesamten Kanton Aargau aus. Der gesamte Kanton kann von diesen besonderen Umständen
profitieren. Das Limmattal dürfte sich mit der Limmattalbahn noch etwas positiver entwickeln.
Aufgrund der Erfahrungen mit der Glatttalbahn und von schon bestehenden Investorenanfragen
weiss man heute bereits, dass die Bahn ein wichtiger qualitativer Entwicklungstreiber sein und in
ihrem Einzugsgebiet zu einer langfristigen und hohen Investitionssicherheit beitragen wird.
Das Projekt Limmattalbahn nimmt die Überlegungen, welche wir bei der Beratung zur Festlegung
des Siedlungsgebiets bei der Richtplananpassung angestellt haben, wieder auf. Auch beim
vorliegenden Vorhaben geht es um die Abstimmung von Siedlungs- und Verkehrsentwicklung, um
die umweltverträgliche Bewältigung des Bevölkerungswachstums, das wir zu erwarten haben. In
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diesem Zusammenhang ist es unserer Fraktion ganz besonders wichtig, dass die Linienführung der
Limmattalbahn nicht isoliert nur für die Bahn, sondern in einem gesamtverkehrlichen Kontext, also
zusammen mit der Strasse, geplant wird. Es wäre illusorisch zu glauben, dass nach dem Bau der
Limmattalbahn keiner mehr mit dem Auto durchs Limmattal fährt. Deshalb muss dafür gesorgt
werden, dass die verschiedenen Verkehrsträger aufeinander abgestimmt sind und das
Gesamtsystem für alle Verkehrsteilnehmende, auch für den Langsamverkehr, funktionsfähig bleibt.
Das vorliegende Projekt hilft mit, die heutigen und künftigen Verkehrsprobleme im Griff zu behalten.
Erlauben Sie mir zum Schluss noch einige Gedanken zur Höhe des Beitrags aus der Strassenkasse.
Dazu haben Sie heute ja schon einiges gehört. Zuerst eine Vorbemerkung: Wir finden es nicht zielführend, wenn wir – und das hat Martin Keller schon betont – den MIV gegen den ÖV und den
Langsamverkehr ausspielen – und nicht nur das, sondern eben auch die Finanzierung dieser
verschiedenen Verkehrsarten! Wenn wir Mobilität wollen, dann brauchen wir alle Arten! Wir brauchen
den MIV, ÖV und Langsamverkehr. Darum sollten wir uns auch bemühen, diese verschiedenen
Verkehrsarten optimal einzusetzen, kombinierte Verkehrslösungen zu suchen und bezüglich
Finanzierung den "Schwarzen Peter" nicht dauernd von einer Seite zur anderen zu schieben. Wir
haben raumplanerische, siedlungsmässige Voraussetzungen, die nicht ideal sind, nicht alles ist gut
gelaufen. Nun können wir aber nicht von heute auf morgen einfach das Gefühl haben, wir könnten
jetzt eine Verkehrsart forcieren, denn wir haben nach anderen Kriterien geplant. Wir haben unsere
Siedlungen recht dezentral angeordnet. Das heisst, wir brauchen alle Verkehrsarten: MIV, ÖV und
Langsamverkehr.
Ich komme zurück zur Limmattalbahn. Es ist wohl allen klar, dass die Strasse ebenfalls von diesem
Projekt profitiert. Es fragt sich allerdings, in welchem Ausmass. Es ist allgemein anerkannt, dass die
Strassenkasse auch einen Beitrag an das Projekt leisten soll. Letztendlich handelt es sich bei der
Festlegung des Kostenteilers um eine politische Frage. Also können wir da voll mitmischen.
Bezüglich Beitragshöhe aus der Strassenkasse sollte nach unserer Ansicht Hand für einen
politischen Kompromiss geboten werden. Den Antrag der Kommission UBV für den Kostenteiler
erachten wir als einen solchen Kompromiss. Unsere Fraktion wird diesem Antrag und damit einem
Gesamtbeitrag in Höhe von 25 Millionen Franken aus der Strassenkasse zustimmen. Die CVPFraktion wird bei den Anträgen Nr. 2, 3 und 5 grossmehrheitlich die Vorschläge der Kommission UBV
unterstützen und bei allen anderen Anträgen dem Regierungsrat folgen.
Jürg Caflisch, SP, Baden: Die Limmattalbahn ist tatsächlich ein Jahrhundertbauwerk, das darf man
bei schienengebundenen Anlagen in dieser Grössenordnung sagen. Raumplanerisch macht das
Projekt Sinn. Das Limmattal hat Verdichtungspotenzial. Die Wachstumsprognosen sind hoch:
29,0 Prozent bei den Beschäftigten bis ins Jahr 2030. Ein schienengebundener öffentlicher Verkehr
macht aber heute schon ohne diese Wachstumsprognosen Sinn. Ohne Limmattalbahn werden die
Gebiete der geplanten Bahn im MIV-Stau versinken. Darum, die Limmattalbahn ist mehr als ein ÖVProjekt. Sie ist eine unabdingbare Voraussetzung der Siedlungsentwicklung und -erneuerung im
Limmattal. Diese Entwicklung haben wir zu unterstützen, um die Lebensqualität für die
Bewohnerinnen und Bewohner zu stärken. Das Projekt wurde im Kantonsrat Zürich mit grossem
Mehr angenommen. Es gab eine geschlossene bürgerliche – praktisch einstimmige – Zustimmung
bei der SVP. Ein SVP-Parlamentarier aus dem Limmattal hatte an die Sitzung sogar die Hellebarde
mitgenommen, um seinen Kampfgeist zu bezeugen. Ein anderer SVP-Vertreter von der Goldküste
hat sich zur Bemerkung hinreissen lassen, das Projekt sei eine "Schmalspur-Spanisch-Brötli-Bahn"
in die Aargauer Provinz. Solche Despektierlichkeiten haben das Projekt und wir als Aargauer und
Aargauerinnen nicht nötig. Und auch die etwas kleinliche Diskussion, aus welcher Kasse das Ganze
jetzt finanziert werden soll, finde ich aufgrund des Jahrhundertprojekts und seiner Bedeutung
eigentlich zweitrangig. Wichtig ist, dass wir dem Projekt, welches viel für uns und den ganzen Kanton
bringt, mit Überzeugung zustimmen. Ich bitte Sie, dies auch zu tun!
Stefan Haller, BDP, Dottikon: Auch wenn ich die Anliegen für den Bau der Limmattalbahn (LTB)
grundsätzlich durchaus nachvollziehen und unterstützen kann, so ist mir die LTB dennoch ein Dorn
im Auge. Wir haben viele lobende Worte gehört. Schön und gut, gerne würde ich Ihnen aber
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erläutern, warum mir die Bahn ein Dorn im Auge ist. Die Limmattalbahn soll gemäss Projekt als
eigentrassierte Linie realisiert werden. Das wäre ja gut, nur wird es leider viele Punkte auf dieser
Linie geben, welche Strassenkreuzungen und weiteres betreffen, wo der Individualverkehr zum Teil
massiv beschnitten werden wird. Ich erwähne ein paar Beispiele. Beispiel 1: Zwischen Bahnhof
Altstetten bis Station Farbhof wird die Bahn nicht eigentrassiert fahren können, da schlicht nicht
genug Platz vorhanden ist. Nach meiner Einschätzung wird es gerade hier in den
Hauptverkehrszeiten wieder zu längeren Ein- und Aussteigezeiten kommen, während denen sich die
Fahrzeugkolonne hinter der Bahn anstaut.
Beispiel 2: Die Kreuzung in Schlieren Richtung Ober- und Unterengstringen, welche vor allem in den
Abend- und Morgenstunden sehr frequentiert ist, wird zugunsten der Bahn komplett geschlossen,
wie in den Berichten zu lesen ist. Das ist ein sicherheitstechnisches Unding für mich! Ähnliche
Szenarien gibt es jetzt auch bei der Glatttalbahn, wo immer wieder Unfälle passieren.
Beispiel 3: Birmensdorferstrasse in Dietikon, hier werden wohl Parkplätze der blauen Zone wegfallen
müssen. Auch hier sind die Platzverhältnisse eigentlich zu eng, als dass man noch eine Bahn
hineinquetschen könnte.
Beispiel 4: Hier trifft die LTB auf die BDWM (Bremgarten-Dietikon/Wohlen-Meisterschwanden-Bahn).
Zum Glück sind die Spurweiten der beiden Bahnen nach jetzigem Plan identisch, sodass die Gleise
der BDWM mitverwendet werden könnten. Durch die höhere Frequenz der LTB wird es aber
unangenehm, sobald etwas im empfindlichen System der beiden Netze nicht funktioniert. Sobald wir
in den Aargau kommen, wird es weniger dramatisch, weil hier noch weniger verbaut ist. Hier wird
vorwiegend Land verbraucht. Aber auch hier gibt es das Beispiel 5 Furttalstrasse. Hier wird die Bahn
direkt durch einen der wenigen gut funktionierenden und sinnvollen Kreisel geführt. Mit anderen
Worten: Bei Durchfahrt der Bahn muss der Kreisel komplett gesperrt werden. In den
Hauptverkehrszeiten verursacht dies wiederum Rückstaus auf allen Seiten.
Im Hinblick auf verdichtetes Bauen und das weitere Wachstum im Limmattal – das Limmattal geht
auch bis nach Zürich und dann reden wir nicht von hunderttausend, sondern von einer knappen
Million Personen heutzutage – wäre es in meinen Augen bedeutend sinnvoller, die Bahn als Metro zu
bauen, vielleicht mit etwas weniger Haltestellen. Man müsste folglich die Reisenden in die äusseren
Quartiere mit Bussen an den zentralen Punkten bedienen. Insbesondere an den Stellen auf
Aargauer Boden, wo zukünftig Wohn- und Arbeitsraum entstehen wird, könnte der durch das
Bahntrassee wegfallende Platz beispielsweise als Parkplatz für Besucher von Wohnhäusern
und/oder Arbeitsgebäuden verwendet werden.
178 Millionen Franken sind eine Menge Geld für ein Vorhaben, das nicht über alle Zweifel erhaben
ist – auch in der Form eines Darlehens. Meine Damen und Herren, entscheiden Sie, wie Sie es für
richtig halten.
Josef Bütler, FDP, Spreitenbach: Ich spreche hier als Limmattaler und im Speziellen als
Spreitenbacher und Killwanger. Zu Stefan Haller: Ein kleiner Hinweis, im Jahr 1974 gab es in Zürich
eine Urabstimmung über das Vorhaben, eine Metro in Richtung Spreitenbach zu führen, mit der
Endhaltestelle unterhalb des Tivoli-Komplexes. Das Vorhaben wurde abgelehnt. Es sind Ideen, die
früher schon obsolet wurden. Sehr viel Gutes wurde hier vorne erwähnt. Für mich als direkt
Betroffener ist dieses grenzübergreifende Generationenprojekt selbstverständlich sehr
identitätsfördernd – für Aargauer und Zürcher Limmattaler. Wir wissen, es geht um sehr viel Geld.
Aber wir brauchen diesen Verkehrsträger. Heute gibt es Zeiten, in denen wir Spreitenbacher nicht
mehr aus unserem Dorf hinauskommen. Es darf nicht wieder passieren, dass der kleine Josi auf dem
grosselterlichen Hof 10 Minuten warten muss, bis er über die Landstrasse auf die andere Seite zu
den frischen Kirschen kommt.
Zu Jürg Caflisch: Ein kleiner Seitenhieb sei mir hier erlaubt. Spreitenbach hat 170 Jahre nach der
Spanisch-Brötli-Bahn die Chance, einen guten Bahnhof zu erhalten. Vor 170 Jahren waren es meine
Vorfahren, die nicht wollten, dass sich das feuerspeiende Ungetüm durchs Dorf quält. Denn das
Feuer, welches ausgespuckt wurde, hat die Felder angezündet. Deshalb wollten wir in Spreitenbach
keinen Bahnhof. Nun haben wir die Chance, mit der Limmattalbahn einen funktionierenden Bahnhof
in der Nähe unseres Zentrums zu erhalten. Ich verstehe nicht, wieso der Verkehrs-Club der Schweiz
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(VCS), der immer für ÖV-Anbindung ist, dieses Projekt mit allen möglichen Mitteln verhindert. Wir
sprechen hier von guter Verdichtungsqualität. Wir haben bei diesem Projekt den Hauptbahnhof direkt
unterhalb der Einkaufszentren, darüber gibt es einen Begegnungsplatz. Vorgesehen sind zwei
weitere Hochhäuser; es wird also dort verdichtet, wo bereits etwas vorhanden ist, mit Wohnraum für
Jung und Alt. Das Wohnen im Alter ist angedacht, Kinderspielplätze und ein Kindergarten sind
vorgesehen, alles ist zu Fuss mit Brückenverbindungen bis zur IKEA erreichbar. Da fehlt mir das
Verständnis, wieso der VCS dieses Projekt mit allen möglichen Mitteln verhindert. Ich hoffe als
Spreitenbacher, dass unsere Investoren hier genügend Geduld und auch Geld haben, damit dieses
zentrale Projekt auch realisiert wird. Die Einkaufszentren sind bereits heute sehr an der Bahn
interessiert und sehen die Chance dieses Verkehrsträgers. Sie beteiligen sich an öffentlichen
Investitionen vor allem bei den Haltestellen. Ich habe eine Metapher. Wir alle kennen den Film "Spiel
mir
das
Lied
vom
Tod".
Am Anfang des Films wartet die Gangsterbande mitten in der Wüste auf einem einsamen Bahnhof
auf die Bahn. Ich hoffe nicht, dass wir Spreitenbacher auf einem einsamen Bahnhof auf die
Limmattalbahn warten müssen.
Zum Schluss: Es wurde oft gesagt, es sei ein geschichtsträchtiger Entscheid. Denn die LTB wird
unseren zukünftigen Generationen die Möglichkeit geben, dass sie sich im Limmattal bewegen
können. Ich bedanke mich schon heute im Namen meiner Kinder, Enkelkinder und der Limmattaler,
dass wir heute den richtigen Entscheid mit Weitsicht und Verstand treffen. Dies, damit wir uns auch
in 30 oder in 50 Jahren im Limmattal noch fortbewegen können.
Stephan Attiger, Regierungsrat, FDP: Besten Dank für die grosse Zustimmung in Ihren Voten zur
Limmattalbahn (LTB). Es wurde richtig bemerkt, dass es sich hier um ein Generationenprojekt
handelt. Es ist für die Zukunft wichtig, dass wir die Verkehrsinfrastrukturen rechtzeitig und im
Einklang mit der baulichen Entwicklung bereitstellen. Das Limmattal ist eine Boomregion. Es ist
attraktiv und gut gelegen und erschlossen im Wirtschaftsraum Zürich. Heute ist es erreichbar; aber
mit der von uns in dieser Region erwarteten Entwicklung wird die Erreichbarkeit eingeschränkt,
deshalb braucht es diese Investitionen.
Der Variantenentscheid hat gezeigt, dass die Bahn das geeignetste Verkehrsmittel ist, um dieses
Wachstum aufzunehmen und die Verkehrsinfrastruktur zu ergänzen. Selbstverständlich muss es mit
dem Busangebot und dem MIV abgestimmt werden. Darauf komme ich noch zurück.
Insofern ist es tatsächlich eine einmalige Gelegenheit, die Investition gleichzeitig mit dem Wachstum
zu tätigen und nicht erst hinterher nach Lösungen zu suchen. Die Bahn bringt eine Qualität, die auch
die Investoren mit guten Projekten gutheissen werden. Sie werden bei einer vorhandenen Bahn
dementsprechend auch Grossinvestitionen in der Region tätigen. Das Wachstum wird mit einer Bahn
anders sein als ohne.
Zu dem verschiedenen angesprochenen Punkten:
1. Die Weiterführung: Die Weiterführung bis Baden ist momentan kein Thema. Das wird aus unserer
Sicht frühestens ab 2030 ein Thema werden. Es ist aber wichtig, dass wir die Linie sichern und im
Richtplan einen Korridor freihalten, der für eine zukünftige mögliche Bahn bereitsteht. Vielleicht gibt
es auch eine Buslösung, das muss verifiziert werden. In der ersten Phase ist es ganz sicher eine
Buslösung, die ergänzend zur LTB die Erschliessung bis nach Baden gewährleistet.
2. Zur Sicherheit: Die Sicherheit ist ein wesentlicher Faktor im Betrieb, das wurde richtig gesagt. Man
hat aus den Fehlern der Glatttalbahn gelernt. Beispielsweise wurden Knotenentflechtungen etc.
bereits in die Projektierung aufgenommen, damit der Bahnbetrieb möglichst unfallfrei abgewickelt
werden kann. Das kann ich Ihnen zusichern. Der Sicherheit wird grosse Beachtung geschenkt. Es ist
wichtig, dass wir hier von Anfang an Sicherheitsmassnahmen miteinplanen und die Erkenntnisse der
Glatttalbahn berücksichtigen. Das wird sichergestellt.
3. Zur flexiblen Abstimmung mit dem Bus: Ich versichere Ihnen, das erfolgt so. Das ist auch der
Punkt, warum heute noch kein Buskonzept vorliegt. Es soll flexibel gestaltet werden und muss die
Entwicklung der nächsten Jahre aufnehmen. Dementsprechend werden wir die Busplanung bis zur
Eröffnung der LTB vornehmen und in der Zwischenzeit das Wachstum entsprechend
berücksichtigen.
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2376
4. Die MIV-Bauten sind in der Botschaft erläutert. Die LTB dient auch dem MIV, nicht nur als
Entlastung der Verkehrsströme, sondern es werden auch Knotenentflechtungen gemacht. Bei der
Industriestrasse in Mutschellen sowie entlang von Industriestrasse und Landstrasse in Spreitenbach
gibt es solche Knotenentflechtungen, die auch dem MIV dienen. Weitere Projekte sind in der
Pipeline, beispielsweise der Ausbau des Anschlusses Dietikon, gemeinsam mit dem Kanton Zürich
und dem ASTRA (Bundesamt für Strassen). Aber Sie wissen, auch die Autobahn A1 hat die
Kapazitätsgrenzen erreicht, hier wartet man auf den Ausbau des Gubristtunnels. Die Abhängigkeit
mit der A1 und dem ASTRA ist selbstverständlich gegeben.
5. Zur Reduktion des Strassenkassenbeitrags: Den Strassenkassenbeitrag legen Sie heute fix fest.
Das ist auch richtig so. Dieser wird definiert und ist nicht abhängig vom Agglomerationsbeitrag. Sonst
würde die Argumentation mit den 44,0 Prozent in sich ja auch nicht mehr stimmen.
6. Zur Höhe des Strassenkassenbeitrags: Der Vorschlag der Kommission UBV lautet 20 Millionen
Franken plus 5 Millionen Franken. Die 20 Millionen Franken stehen dem Antrag des Regierungsrats
von 34 Millionen Franken gegenüber. Die 5 Millionen Franken betreffen die in der Botschaft
ausgewiesenen Kosten für den MIV. Der Regierungsrat hält es für angemessen und auch nicht für
unanständig, einen Beitrag in Höhe von 34 Millionen Franken gemäss ursprünglicher Botschaft zu
beantragen. Es gibt keine klare Berechnung, wie man jetzt einen Strassenkassenbeitrag berechnen
soll. Aber in Anbetracht der Kosten, die für den Strassenausbau entstehen würden, damit dieses
Gebiet erschlossen werden könnte, erachten wir den Betrag im Umfang von 34 Millionen Franken als
angemessen. Ich bitte Sie auch hier, den Anträgen des Regierungsrats zu folgen.
7. Frage der BDP zum Schulhausplatz Baden und allfälliger Berücksichtigung der Linienführungen
der LTB in diesem Jahrhundertprojekt: Es werden keine Vorinvestitionen gemacht, aber eine
allfällige Linienführung ist berücksichtigt. Dies heisst konkret, dass Tragwerkskonstruktionen etc.
verstärkt werden müssten. Diese Vorinvestitionen werden jedoch nicht gemacht. Aber die LTB
könnte ins Zentrum geführt werden, diese Möglichkeit wurde berücksichtigt.
8. Zum Schluss zum Votum von CVP-Sprecher Hans-Ruedi Hottiger: Selbstverständlich geht es um
ein Gesamtverkehrskonzept, das kann ich Ihnen versichern. Es muss mit dem MIV und dem
Langsamverkehr abgestimmt sein. Hier haben insbesondere die Gemeinden noch eine Aufgabe zu
erledigen und Investitionen zu tätigen, damit die Haltestellen gut erschlossen werden können. Die
Abstimmung mit dem Bus habe ich bereits erwähnt.
9. Ganz zum Schluss noch zum Vorschlag einer Metro: Das wäre dann eine andere Dimension. Sie
müsste von Zürich her erschlossen werden. Wir bringen ja die LTB aufgrund eines
Systementscheids in Zürich in den Kanton Aargau. Mit der Metro müssen wir ins Zentrum von Zürich
fahren und das halten wir für unrealistisch. Umso mehr, weil ja die LTB ein Nahverkehrsmittel ist und
die Erschliessung in die verschiedenen Quartiere gewährleistet und keine S-Bahn-Alternative ist.
Insofern erachten wir hier die Metro als nicht geeignet beziehungsweise als nicht realistisch.
In diesem Sinne danke ich, wenn Sie den Anträgen des Regierungsrats folgen.
Vorsitzender: Eintreten ist unbestritten.
Detailberatung / Anträge gemäss Botschaft bzw. Synopse
Keine Wortmeldungen.
Renate Gautschy, FDP, Gontenschwil, Präsidentin der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr,
Energie und Raumordnung (UBV): Bei 13 anwesenden Mitgliedern wurden in der Kommission die
folgenden Anträge gestellt:
1. Antrag 2 der Botschaft sei wie folgt anzupassen: "Aus der Spezialfinanzierung Strassenrechnung
wird im Rahmen des Verpflichtungskredits ein Beitrag von 25 Millionen Franken geleistet. Dieser
Beitrag umfasst den Investitionsbeitrag für die schienenseitigen Massnahmen gemäss § 7 lit. b Ziff. 2
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StrG von 20 Millionen Franken sowie den Investitionsbeitrag für die mit dem Bau der Limmattalbahn
verbundenen strassenseitigen Massnahmen gemäss § 7 lit. a StrG von 5 Millionen Franken."
Der Antrag wurde mit 8 gegen 4 Stimmen, bei 1 Enthaltung, angenommen.
2. Antrag 3 der Botschaft sei wie folgt anzupassen: "Der Kantonsanteil wird mittels eines Darlehens
an eine Finanzierungsgesellschaft geleistet. Das Darlehen wird gemäss den geltenden
finanzrechtlichen Vorgaben verzinst und innert 40 Jahren amortisiert." Das ist eine Abweichung von
5 Jahren zum Antrag des Regierungsrats, der 35 Jahre vorgesehen hat.
Der Antrag wurde mit 10 gegen 3 Stimmen angenommen.
3. Der Regierungsrat sei zu ermächtigen, den in Antrag 5 der Botschaft genannten Betrag von
136,6 Millionen Franken zuzüglich der gemäss Antrag 3 – gemäss Antrag Thierry Burkart –
anfallenden Zusatzkosten aufzunehmen. Insgesamt wird der Regierungsrat ermächtigt, zusätzliche
fremde
Gelder in Höhe von 150,63 Millionen Franken aufzunehmen; siehe Synopse. Der Antrag wurde mit
10 gegen 3 Stimmen angenommen.
Zu den Abstimmungen in der Kommission über die Anträge der Botschaft bei 13 Anwesenden:
Antrag 1 der Botschaft wurde einstimmig mit 13 gegen 0 Stimmen angenommen.
Antrag 2 der Botschaft – wie aus der Beratung hervorgegangen – wurde mit 11 gegen 2 Stimmen
angenommen.
Antrag 3 der Botschaft – wie aus der Beratung hervorgegangen – wurde mit 11 gegen 0 Stimmen,
bei 2 Enthaltungen, angenommen.
Antrag 4 der Botschaft wurde einstimmig mit 13 gegen 0 Stimmen angenommen.
Antrag 5 der Botschaft – wie aus der Beratung hervorgegangen – wurde einstimmig mit 13 gegen 0
Stimmen angenommen.
Antrag 6 der Botschaft wurde einstimmig mit 13 gegen 0 Stimmen angenommen.
Die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung (UBV) beantragt dem Ratsplenum Eintreten und Beschlussfassung gemäss den bereinigten Anträgen des Regierungsrats.
Antrag 1
"Für das Bauvorhaben Limmattalbahn zwischen den Bahnhöfen Zürich Altstetten und KillwangenSpreitenbach wird ein Verpflichtungskredit für einen einmaligen Bruttoaufwand von Fr. 179'500'000.–
(Grundlage Bahnteuerungsindex, Preisbasis 30. Juni 2013, Indexstand 131,5) beschlossen. Der
Verpflichtungskredit passt sich an die baukostenindex- und zinsbedingten Mehr- und
Minderaufwendungen an. Der vorgesehene Kantonsanteil beträgt Fr. 120'900'000.–."
Abstimmung
Antrag 1 wird mit 117 gegen 11 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 2
Fassung Regierungsrat: "Aus der Spezialfinanzierung Strassenrechnung wird im Rahmen des
Verpflichtungskredits ein Beitrag von Fr. 34'000'000.– geleistet."
Fassung Kommission UBV: "Aus der Spezialfinanzierung Strassenrechnung wird im
Verpflichtungskredits ein Beitrag von Fr. 25'000'000.– geleistet. Dieser Beitrag
Investitionsbeitrag für die schienenseitigen Massnahmen gemäss § 7 lit. b Ziff.
Fr. 20'000'000.– sowie den Investitionsbeitrag für die mit dem Bau der Limmattalbahn
strassenseitigen Massnahmen gemäss § 7 lit. a StrG von Fr. 5'000'000.–."
Rahmen des
umfasst den
2 StrG von
verbundenen
Der Regierungsrat hält an seiner Fassung fest.
Abstimmung, Gegenüberstellung
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Fassung Kommission 84 Stimmen
Fassung Regierungsrat 44 Stimmen
Hauptabstimmung gemäss Fassung Kommission UBV
Dem bereinigten Antrag 2 wird mit 112 gegen 9 Stimmen zugestimmt.
Antrag 3
Fassung Regierungsrat: "Der Kantonsanteil wird mittels eines Darlehens an eine Finanzierungsgesellschaft geleistet. Das Darlehen wird gemäss den geltenden finanzrechtlichen Vorgaben verzinst
und innert 35 Jahren amortisiert."
Fassung Kommission UBV: "Der Kantonsanteil wird mittels eines Darlehens an eine Finanzierungsgesellschaft geleistet. Das Darlehen wird gemäss den geltenden finanzrechtlichen Vorgaben verzinst
und innert 40 Jahren amortisiert."
Der Regierungsrat stimmt der Kommissionsfassung aufgrund des Entscheids zu Antrag 2 zu.
Abstimmung
Antrag 3 gemäss Kommissionsfassung wird mit 119 gegen 9 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 4
"Es wird eine steuerbefreite kantonale Finanzierungsgesellschaft "Limmattalbahn" in Form einer privatrechtlichen Aktiengesellschaft gegründet. Sie steht als Verwaltungsvermögen im 100%igen Eigentum des Kantons."
Abstimmung
Antrag 4 wird mit 119 gegen 9 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 5
Fassung Regierungsrat: "Der Regierungsrat wird ermächtigt, für das Bauvorhaben Limmattalbahn
zwischen den Bahnhöfen Zürich Altstetten und Killwangen-Spreitenbach einen Betrag von Fr.
136'600'000.– zusätzliche fremde Gelder aufzunehmen. Der Betrag passt sich an die baukostenindex- und zinsbedingten Mehr- und Minderaufwendungen an und reduziert sich um die Bundesbeiträge. Der Beschluss untersteht dem fakultativen Referendum nach § 63 Abs. 1 lit. e der Kantonsverfassung."
Fassung UBV: "Der Regierungsrat wird ermächtigt, für das Bauvorhaben Limmattalbahn zwischen
den Bahnhöfen Zürich Altstetten und Killwangen-Spreitenbach einen Betrag von Fr. 150'630'000.–
zusätzliche fremde Gelder aufzunehmen. Der Betrag passt sich an die baukostenindex- und zinsbedingten Mehr- und Minderaufwendungen an und reduziert sich um die Bundesbeiträge. Der Beschluss untersteht dem fakultativen Referendum nach § 63 Abs. 1 lit. e der Kantonsverfassung."
Der Regierungsrat stimmt der Kommissionsfassung aufgrund des Entscheids zu Antrag 2 zu.
Abstimmung
Antrag 5 gemäss Kommissionsfassung wird mit 113 gegen 10 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 6
Der Beitrag steht unter dem Vorbehalt der gesicherten Finanzierung des vom Kanton Zürich zu erbringenden Investitionsanteils.
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Abstimmung
Antrag 6 wird mit 126 gegen 2 Stimmen gutgeheissen.
Renate Gautschy, FDP, Gontenschwil, Präsidentin der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr,
Energie und Raumordnung (UBV): Im Namen der Kommission bedanke ich mich ganz herzlich für
die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem Departement BVU und für die bestens vorbereiteten
Entscheidungsgrundlagen.
Beschluss
1. Für das Bauvorhaben Limmattalbahn zwischen den Bahnhöfen Zürich Altstetten und KillwangenSpreitenbach wird ein Verpflichtungskredit für einen einmaligen Bruttoaufwand von
Fr. 179'500'000.– (Grundlage Bahnteuerungsindex, Preisbasis 30. Juni 2013, Indexstand 131,5)
beschlossen. Der Verpflichtungskredit passt sich an die baukostenindex- und zinsbedingten Mehrund Minderaufwendungen an. Der vorgesehene Kantonsanteil beträgt Fr. 120'900'000.–.
2. Aus der Spezialfinanzierung Strassenrechnung wird im Rahmen des Verpflichtungskredits ein
Beitrag von Fr. 25'000'000.– geleistet. Dieser Beitrag umfasst den Investitionsbeitrag für die schienenseitigen Massnahmen gemäss § 7 lit. b Ziff. 2 StrG von Fr. 20'000'000.– sowie den Investitionsbeitrag für die mit dem Bau der Limmattalbahn verbundenen strassenseitigen Massnahmen
gemäss § 7 lit. a StrG von Fr. 5'000'000.–.
3. Der Kantonsanteil wird mittels eines Darlehens an eine Finanzierungsgesellschaft geleistet. Das
Darlehen wird gemäss den geltenden finanzrechtlichen Vorgaben verzinst und innert 40 Jahren
amortisiert.
4. Es wird eine steuerbefreite kantonale Finanzierungsgesellschaft "Limmattalbahn" in Form einer
privatrechtlichen Aktiengesellschaft gegründet. Sie steht als Verwaltungsvermögen im 100%igen
Eigentum des Kantons.
5. Der Regierungsrat wird ermächtigt, für das Bauvorhaben Limmattalbahn zwischen den Bahnhöfen
Zürich Altstetten und Killwangen-Spreitenbach einen Betrag von Fr. 150'630'000.– zusätzliche
fremde Gelder aufzunehmen. Der Betrag passt sich an die baukostenindex- und zinsbedingten
Mehr- und Minderaufwendungen an und reduziert sich um die Bundesbeiträge. Der Beschluss
untersteht dem fakultativen Referendum nach § 63 Abs. 1 lit. e der Kantonsverfassung.
6. Der Beitrag steht unter dem Vorbehalt der gesicherten Finanzierung des vom Kanton Zürich zu erbringenden Investitionsanteils.
Fakultatives Referendum
Der Beschluss gemäss Ziffer 1 untersteht dem fakultativen Referendum gemäss § 63 Abs. 1 lit. d der
Kantonsverfassung.
0846 Massnahmen zur Sicherstellung genügender Asylunterkünfte; Gesetz über die
öffentliche Sozialhilfe und die soziale Prävention (Sozialhilfe- und Präventionsgesetz, SPG);
Änderung; Bericht und Entwurf zur 2. Beratung; Eintreten, Detailberatung und
Schlussabstimmung; fakultatives Referendum; Abschreibung der Motion 12.37 und der
Postulate 12.38, 12.97, 12.113 und 12.178
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Art.-Nr. 0845
2380
(Vorlage-Nr. 15.23-1 des Regierungsrats vom 25. Februar 2015)
Hans Dössegger, SVP, Seon, Präsident der Kommission für Gesundheit und Sozialwesen (GSW):
Die Kommission für Gesundheit und Sozialwesen (GSW) hat die Botschaft 15.23 Massnahmen zur
Sicherstellung genügender Asylunterkünfte; Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sozialhilfe
und die soziale Prävention (Sozialhilfe- und Präventionsgesetz SPG) in 2. Lesung an der Sitzung
vom 27. März 2015 im Beisein von Frau Landstatthalter Susanne Hochuli, Herrn Stephan Campi,
Generalsekretär des Departements Gesundheit und Soziales (DGS), Herrn Markus Notter, Leiter
Rechtsdienst DGS, Frau Cornelia Breitschmid, Leiterin Kantonaler Sozialdienst und Herrn Hans
Peter Fricker, Generalsekretär des Departements Volkswirtschaft und Inneres (DVI) beraten.
Obwohl es sich um die 2. Lesung handelt, wurde sehr intensiv diskutiert und wie Sie der Synopse
entnehmen können, resultierten daraus auch einige Änderungsanträge.
Da wir in der 2. Lesung sind, kann ich hier auf die Schilderung der Ausgangslage verzichten und auf
einige Punkte eingehen, die in der Kommission diskutiert wurden. Wie in einer 2. Lesung üblich,
wurde ausgiebig über die reichlich eingegangenen Prüfungsaufträge aus 1. Lesung diskutiert
beziehungsweise über deren Umsetzung oder Erklärungen.
Die Lösung als Verbundsaufgabe war unbestritten. Durch redaktionelle Anpassungen von § 17a
konnten zudem Unklarheiten ausgeräumt werden.
Die Ersatzvornahme, welche markant höher sein wird als heute, wurde intensiv diskutiert. Da
gemäss Lehre und Rechtsprechung bei Ersatzhandlungen immer nur die Kosten für eine
zweckmässige Ersatzvornahme auferlegt werden dürfen, wurde auf eine entsprechende Ergänzung
der Regelung verzichtet.
Bei der Berechnungsbasis für die Aufnahmepflicht der Gemeinden entschied sich die Mehrheit der
Kommission, den Wortlaut der 1. Lesung zu bevorzugen, also auf die Einwohnerzahl und nicht auf
die schweizerische Wohnbevölkerung abzustellen.
Beim Thema Anreizsysteme geht es teilweise auch um Bedenken der Gemeinden, dass ihnen
Zusatzkosten aus dem Betrieb kantonaler Unterkünfte entstehen könnten. Durch eine
Umformulierung von § 19a wird das geklärt. Auf ein Anreizsystem wurde wegen fehlender messbarer
Kriterien und wegen der unklaren Situation, ob nur die Standort- oder auch eine Nachbargemeinde
belastet wird, aber verzichtet.
Neu in die Diskussion eingeflossen ist das Thema der sogenannten UMA (unbegleitete minderjährige
Asylsuchende). Dieses Thema wurde im vergangenen November im Rat mit Vorstössen
aufgegriffen. Im Entwurf des Regierungsrats zu § 19a Abs. 2 wurde dem Problem Rechnung
getragen. Bei der Forderung nach geschlossenen Unterkünften steht unter anderem die Angst vor
renitenten und randalierenden Asylbewerbern im Vordergrund. In diesem Zusammenhang wurde auf
die Motion Müller im Bundesparlament hingewiesen. Diese scheint mehrheitsfähig und ermöglicht
eine Rückverlegung solch schwieriger Bewerber in ein Bundeszentrum. Zudem besteht auch die
Möglichkeit ei-ner Rückverlegung in eine kantonale Unterkunft. Bereits in der 1. Lesung wurde
zudem § 19a Abs. 3 noch verschärft.
Schlussendlich wurde auf den Hauptantrag einer kantonalen Nutzungsplanung, wie er in der 1.
Lesung gestellt wurde, verzichtet. Unter dem Strich dürften diese Anpassungen für die Gemeinden
wohl zu einer etwas besseren Verträglichkeit führen.
Eintreten in der Kommission war unbestritten.
Ich empfehle Ihnen namens der Kommission GSW, ebenfalls einzutreten.
Eintreten
Vorsitzender: Ich begrüsse auf der Regierungsbank Herrn Markus Notter, Leiter Rechtsdienst DGS.
Eva Eliassen Vecko, Grüne, Turgi: Die Grünen treten auf das Geschäft ein und werden es in der
vorliegenden Version unterstützen. Wir sind erfreut darüber, dass das vorliegende Geschäft
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Art.-Nr. 0846
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weitgehend zur Zufriedenheit der Mehrheit der Fraktionen erarbeitet werden konnte. Das Problem
drängt, hat vielfältige Aspekte und führt in der Öffentlichkeit immer wieder zu Diskussionen. Die
neuen Präzisierungen der einzelnen Abschnitte bringen Klarheit in die Zuständigkeiten und
Abgrenzungen bei den Aufgaben des Kantons und der Gemeinden.
Wir stellen fest, dass mit der vorliegenden Botschaft sachgerechte und allgemein tragfähige
Lösungen vorgeschlagen werden und danken dem Departement für die umsichtige Ausarbeitung und
der Kommission für die in weiten Teilen sachbezogene Beratung.
Wir befürworten die Ersatzvornahme, die eine gerechtere Verteilung unter den Gemeinden anstrebt.
Ein schwerfälliges Bonus-/Malus-System ist wegen der geringen Anzahl der den Gemeinden
zugewiesenen vorläufig Aufgenommenen ohne Flüchtlingseigenschaft gar nicht sinnvoll.
Den Minderheitsantrag aus der Kommission, § 19c, lehnen wir entschieden ab. Wir werden dann bei
der Detailberatung näher darauf eingehen.
Wir unterstützen mehrheitlich die vom Regierungsrat vorgeschlagenen und von der Mehrheit der
Kommission beschlossenen Präzisierungen und Formulierungen. Sie erfüllen den Anspruch auf
Sorgfalt im Umgang einerseits mit besonders schutzbedürftigen Personen, anderseits ermöglichen
sie ein entschlossenes Vorgehen bei schwierigem und unrechtmässigem Verhalten von einzelnen
Personen des Asylwesens. Sie tragen somit den Sorgen der Bevölkerung vor Übergriffen Rechnung.
Dr. Jürg Knuchel, SP, Aarau: Die ganze Asylproblematik – wir wissen es alle – ist aktueller denn je.
Vor allem, seit der Fluchtweg übers Mittelmeer zunehmend zu einem Massengrab geworden ist und
die Anzahl der flüchtenden Menschen in absehbarer Zeit noch erheblich zunehmen wird.
Wir können und dürfen uns dieser humanitären Pflicht nicht entziehen und sind es – sowohl den
hilfesuchenden Menschen wie auch unserer Bevölkerung – schuldig, tragfähige Lösungen zu finden
und auch zu realisieren. Die Sicherstellung genügender Asylunterkünfte ist dabei von zentraler
Bedeutung. Der Grosse Rat hat anlässlich seiner 1. Lesung das vorliegende Konzept mit klarer
Aufgabenverteilung zwischen Kanton und Gemeinden und der Schaffung von Grossunterkünften im
kantonalen Zuständigkeitsbereich denn auch klar und deutlich gutgeheissen. Ebenso hat er sich
hinter die Aufnahmepflicht der Gemeinden gemäss Verteilschlüssel und hinter eine kostendeckende
Ersatzvornahme bei Ablehnung gestellt.
Wir unterstützen die Anwendung eines kantonsweit einheitlichen Kostensatzes, wie er nun
vorgeschlagen wird, welcher für alle Beteiligten transparent ist und sowohl der angestrebten
Kostenwahrheit wie auch dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung tragen wird. Dass sich
der Verteilschlüssel allerdings nicht nach der gesamten Einwohnerzahl, sondern exklusiv nach der
schweizerischen Wohnbevölkerung bemessen soll, erachten wir als eine unnötige und
diskriminierende Provokation unserer ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Zudem ergeben
sich durch die Bestimmung nur geringfügige Veränderungen der kommunalen Aufnahmepflicht.
Wir unterstützen deshalb grossmehrheitlich den Kommissionsantrag auf Beibehaltung der
ursprünglichen neutralen Formulierung. Den Minderheitsantrag der Ratsrechten auf die Schaffung
von geschlossenen Internierungslagern mit vollständigem Freiheitsentzug lehnen wir als gesetzesund verfassungswidrig und zugleich auch nicht menschenrechtskonform klar und unmissverständlich
ab. Der vollständige Freiheitsentzug ist und bleibt dem Strafrecht vorbehalten.
Ich frage Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie wollen wir glaubwürdig rechtsstaatliches
Handeln einfordern, wenn wir selber die rechtsstaatlichen Prinzipien nicht einhalten?
Insgesamt tritt die SP-Fraktion auf die Vorlage ein und unterstützt die Zielrichtung der
vorgeschlagenen Gesetzesänderung.
Renata Siegrist-Bachmann, GLP, Zofingen: Die Grünliberalen nehmen die vorliegende Botschaft zur
2. Lesung wohlwollend zur Kenntnis. Wir sind überzeugt, dass die Gesetzesänderungen im
Sozialhilfe- und Präventionsgesetz (SPG) endlich die Zuteilung der Kompetenzen klarer aufzeigt und
die Gemeinden hart, aber fair an ihre Aufnahmepflicht erinnert. Die vorgeschlagene pauschale
Abgeltung anstelle einer Ersatzabgabe ist begrüssenswert. Allerdings erachten wir den Betrag als zu
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2382
moderat. Ein tiefer Pauschalabzug verleitet gerade dazu, lieber zu zahlen, als Asylbewerber
aufzunehmen. Damit wären wir dann beinahe wieder bei der alten Geschichte.
Sehr erfreut sind wir hingegen über die rasche Regelung der Unterbringung von unbegleiteten
Jugendlichen. Wir wünschen uns, dass diese Kinder und Jugendlichen, die ja mit grosser
Wahrscheinlichkeit auch bei uns bleiben und aufwachsen werden, mit Sorgfalt und den nötigen
Ressourcen betreut werden können. Diese Kinder haben unglaubliche Strapazen und traumatische
Erfahrungen in ihrem kurzen Leben machen müssen. Wir tun gut daran, ihnen hier eine zweite
Chance für ein besseres Leben zu bieten.
Erfreulich erachten wir zudem den Verzicht auf eine bestimmende Nutzungsplanung. Der
stattdessen gewählte Weg eines breit abgestützten Findungsprozesses mit den Gemeinden ist wohl
eher zielführend. Die Thematik braucht auch viel Fingerspitzengefühl und sicher auch genügend Zeit,
um einen gemeinsamen Konsens entstehen zu lassen.
Wie mit besonders schwierigen oder renitenten Asylsuchenden umzugehen ist, wird bereits auf
Bundesebene geregelt. Dies bedeutet, es handelt sich um eine übergeordnete Gesetzgebung. Der
Kanton hat eigentlich keine Rechtsetzungskompetenz in dieser Angelegenheit.
Trotzdem haben wir in der Fraktion die drei Minderheitsanträge – damit sind § 19c und d neu in der
Synopse und die Aufrechterhaltung des Postulats 12.113 der SVP – sehr intensiv diskutiert. Wir
anerkennen die Problematik des Umgangs mit Asylbewerbern, die die öffentliche Ruhe und Ordnung
gefährden und sind der Meinung, dass für diese Einzelfälle ein striktes Vorgehen notwendig ist. Wir
haben in diesem Zusammenhang auch grosses Verständnis für die Verunsicherung grosser Teile der
Bevölkerung.
Es fällt uns aber schwer, über einen neuen Gesetzesartikel zu befinden, ohne dass wir über die
Kostenfolgen informiert worden sind. Wir nehmen an, dass sich die Vertreter der SVP bestimmt
Gedanken über die finanziellen Auswirkungen ihres Antrags eines beschleunigten Rechtsverfahrens
und der Unterbringung in geschlossenen Unterkünften gemacht haben.
Wir bitten deshalb den Sprecher der SVP, dies darzulegen und über die zu erwartenden
Kostenfolgen ihres Antrags Auskunft zu geben. Konsequenterweise erwarten wir aber im Falle einer
Zustimmung zu § 19c und d neu auch die Zusage zur Berücksichtigung dieser Kosten im AFP
(Aufgaben- und Finanzplan) und die Bereitschaft, diese dannzumal aber auch mitzutragen. Sollten
die Kostenfolgen einer internierenden Unterbringung von Asylbewerbern nicht schlüssig dargelegt
werden können und sollte kein Versprechen abgelegt werden, kann die Fraktion der GLP den Antrag
aber nicht unterstützen.
Erlauben Sie mir noch eine persönliche Anmerkung: Wir wissen alle, dass die Diskussion um die
Aufnahme und Unterbringung von asylsuchenden Personen in den vergangenen Monaten und in den
letzten Tagen sehr emotional geführt wurde. Zu oft wurden harsche Worte und Kritik an die
ausführenden Personen und Behördenmitgliedern adressiert. Ich bin froh, dass bei der vorliegenden
Gesetzesberatung zu diesem Thema sowohl im Rat wie auch in der Kommission die Diskussion
zwar kontrovers, aber fair geführt werden konnte. Ich bin Ihnen dankbar, wenn auch heute eine
respektvolle Diskussion möglich ist, die der Würde dieses Rats Rechnung trägt.
Die grünliberale Fraktion unterstützt den vorliegenden Antrag des Regierungsrats zur Sicherstellung
genügender Asylunterkünfte und tritt auf das Geschäft ein.
Lilian Studer, EVP, Wettingen: Ich möchte für die EVP-Fraktion und für das Eintreten drei Punkte
erwähnen.
1. Die EVP wird wie in der 1. Lesung eintreten. Wir haben zwei Gründe dafür: Erstens: Das
Asylwesen ist eine Verbundaufgabe. Das wissen wir und trotzdem wird es nicht so gelebt. Diese
Gesetzesrevision soll dazu führen, dass diese Verbundaufgabe wieder gestärkt wird und es eine
gute Lösung gibt. Zweitens: Es gibt eine verbesserte Klarheit bei der Handhabung und den Aufgaben
innerhalb des Kantons in Bezug auf das Asylwesen.
2. Eine 2. Lesung in einer Gesetzesberatung kann immer wieder von Vorteil sein, das hat diese
Revision eindrücklich gezeigt. Wir haben anlässlich der 2. Lesung in der Kommission doch eine
positive Wirkung erzielen und eine konstruktive Diskussion über die renitenten Flüchtlinge, die es
einfach gibt, führen können. Hierzu braucht es eine Handhabe. Der Bund ist hier insbesondere in die
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Pflicht genommen und ich erwarte von ihm hierzu auch etwas. Jedoch gibt es renitente, schwierige
Flüchtlinge und Personen, die man nicht einfach an den Bund überweisen oder zurückweisen kann.
Dafür braucht es eine Lösung. Hier haben wir einen guten Zugang in die Gesetzesberatung
gefunden, die der Regierungsrat nun auch noch verbessert und angepasst hat. Diese Version kann
die EVP-Fraktion unterstützen. Ich denke, es ist eine gute, sinnvolle Lösung, die konstruktiv und
miteinander angedacht wurde.
3. Ich möchte mich beim Regierungsrat für das schnelle Handeln bezüglich Situation der UMA
(unbegleitete minderjährige Asylbewerbe) im Kanton Aargau bedanken. Diese Thematik wurde in die
Gesetzesberatung aufgenommen, sei es aufgrund des Vorstosses der Grünen und der SP-Fraktion,
sei es wegen meiner Interpellation oder auch wegen dem allgemeinen Aufruhr, der zu diesem
Thema in den Medien stattfand. Nun zur praktischen Umsetzung. Einige Kommissionsmitglieder
waren in Suhr und haben das Stockwerk besichtigt, das im Schwesternheim für die UMA eingerichtet
wurde. Man konnte lesen, dass die Stiftung Wendepunkt den Zuschlag für die Betreuung bekommen hat
und jetzt schon an der Arbeit ist. Wir sind einen grossen Schritt vorwärts gekommen. Trotzdem
möchte ich diesen Punkt noch einmal ein bisschen fokussieren oder priorisieren. Der
Betreuungsschlüssel und die alltägliche Unterstützung sowie die Ausbildungsmöglichkeiten in
diesem Bereich sind mit diesem Gesetzesparagrafen nicht fertig diskutiert. Es werden weitere
Handhabungen und Handlungsmöglichkeiten benötigt. Hier sind wir als Kanton weiter in der Pflicht
genommen, weil es insbesondere Minderjährige betrifft. Wir sind für Eintreten und bitten Sie,
dasselbe zu tun.
Dr. Martina Sigg, FDP, Schinznach: Die FDP-Fraktion tritt auf die Vorlage ein und wird auch die
Anträge des Regierungsrats unterstützen. Wir sind überzeugt, dass sich seit der 1. Lesung in dieser
Vorlage sehr viel bewegt hat. Die Zuständigkeiten wurden klar geregelt und die Prüfungsaufträge
wurden seriös überprüft und umgesetzt. Auch das von uns geforderte Kommunikationskonzept mit
den Gemeinden wurde in einer paritätischen Kommission erstellt. Der Betrieb der Unterkünfte wurde
präzisiert und mit dieser gesetzlichen Grundlage ist es jetzt möglich, wirklich auf die verschiedenen
Zielgruppen einzugehen. Seien dies die UMA, die Familien, arbeitswillige Alleinstehende oder eben
die Randalierenden. Die zuletzt genannte Gruppe ist zwar die kleinste, erhält aber die grösste
Aufmerksamkeit. Die FDP ist für Nulltoleranz gegenüber Randalierenden, anerkennt aber die
gesetzlichen Vorschriften. Deshalb unterstützen wir die neue Formulierung in § 19 Abs. 3. Wir
unterstützen Eingangs- und Effektenkontrolle, Hausordnungen, die den Zugang zu sensiblen Zonen
schützen sowie Ein- und Ausgrenzungen. Ebenso trauen wir unserem Polizeisystem; so, wie wir den
verschärften Kontrollen trauen.
Dank einer FDP-Motion im Nationalrat werden besondere Bundeszentren erstellt, die dafür
eingerichtet sind sowohl Asylbewerber als auch vorläufig Aufgenommene, die sich nicht an unsere
Normen halten, die randalieren und sogenannt renitent sind, aufzunehmen. Dies konnten wir in § 19
aufnehmen.
Die Änderungen gegenüber der 1. Lesung bei § 18a, dass für die Berechnung der Aufnahmepflicht
die Schweizerische Bevölkerung als Grundlage genommen wird, wurde von uns mit einem
Prüfungsantrag angeregt. Wir unterstützen dies, denn es ist eine Möglichkeit, Lasten besser zu
verteilen. Mit diesem neuen Gesetz sind alle Gemeinden aufgefordert, ihren Anteil an der
Verbundaufgabe paritätisch zu erfüllen. Wir danken allen, die ihre Aufgabe schon lange erfüllt haben,
speziell jenen, die mehr tragen, als sie eigentlich müssten. Wir sind uns aber auch bewusst, dass
wir, wenn wir die Grossunterkünfte jetzt hier unterstützen, auch Hand bieten müssen bei der Suche
nach diesen Standorten sowie bei der Bewilligung und bei der Einrichtung. Die Asylfrage und die
Migrationsbewegungen gehören zu den grössten Herausforderungen der Schweiz, Europa, und der
ganzen Welt. Mit dieser Gesetzesänderung setzen wir ein kleines, aber wichtiges Zeichen, das
unseren Kanton in eine bessere Position versetzt, um diese Herausforderung anzunehmen.
Clemens Hochreuter, SVP, Aarau: Die SVP tritt auf die Vorlage ein und wird ihr auch in der
Schlussabstimmung zustimmen, sofern die Vorlage in der Parlamentsberatung jetzt nicht noch
5. Mai 2015
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verwässert wird. Wir konnten doch immerhin in der Kommissionsberatung etliche Verbesserungen
einbringen. Die aktuelle Situation bei der Unterbringung von Asylsuchenden und den damit
verbundenen Problemen müssen korrigiert werden. Positiv in der Botschaft erachten wir die
geplanten Grossunterkünfte, welche einen effizienteren Betrieb bedeuten, sicherer betrieben werden
können und insgesamt nicht teurer kommen sollten als der heutige Zustand mit diversen
Kleinunterkünften. Die Asylbewerber werden klar auf die Gemeinden und den Kanton aufgeteilt und
dies wird jetzt bereits im Gesetz so geregelt und nicht, wie ursprünglich geplant, in einer Verordnung.
Zudem rückt der kantonale Nutzungsplan nach dem Entscheid des Grossen Rats in der 1. Lesung in
weite Ferne. Zweifel haben wir, ob die Behörden bei einer allfälligen Ersatzvornahme, also dann,
wenn eine Gemeinde keine Unterbringung bieten kann, auf eine kostengünstige Unterbringung
achten werden. Die Absicht, Asylbewerber in Hotels unterzubringen, lehnen wir klar ab. Dies würde
ein völlig falsches Bild der Schweiz in die Herkunftsländer dieser Asylbewerber übermitteln. Zentral
für uns ist die Forderung, dass den Gemeinden aus dem Betrieb der Grossunterkünfte keine Kosten
entstehen dürfen, weshalb wir jetzt § 19a, so wie es der Regierungsrat in Spalte 4 der Synopse
vorschlägt,
im
Grundsatz
unterstützen. Ich werde in der Detailberatung noch einen Präzisierungsantrag stellen. Aber inhaltlich
sind wir einverstanden.
Die Kommission GSW hat genau in diesem Punkt viel Wert darauf gelegt, dass am Schluss eine
gesetzliche Regelung im Gesetz stehen wird. Wir unterstützen im Grundsatz auch die separate
Unterbringung von unterschiedlichen Personenkategorien des Asylrechts, zum Beispiel die
alleinreisenden Männer, Familien, Ausreisepflichtige oder Straffällige. Deshalb sind wir auch bereit,
unbegleitete Minderjährige (UMA) separat unterbringen zu lassen. Wir fordern aber den
Regierungsrat auf, hier genau hinzuschauen, ob und weshalb die jungen Menschen alleine
unterwegs sind, und ob die Geschichte auch wirklich stimmt. Denn auch hier wird Missbrauch
betrieben. Wir halten bereits heute fest, dass wir diesbezüglich keine Mehrkosten bewilligen werden
und erwarten, sofern solche Kosten entstehen sollten, dass innerhalb des Budgets des DGS
eingespart werden muss. Wir sind gegen zusätzliche Verpflichtungskredite! Diese Einsparungen
dürften im grossen Budget des DGS möglich sein.
Ich erlaube mir noch, mich kurz zu den beiden Minderheitsanträgen zu äussern.
1. Zur geschlossenen Unterbringung von renitenten Asylbewerbern: Wenn wir wollen, dass im
Kanton Aargau Standorte für Grossunterkünfte gefunden werden, müssen wir den Einwohnerinnen
und Einwohnern Zugeständnisse machen und die Akzeptanz fördern. Das heisst, die Sicherheit der
Bevölkerung vor renitenten und straffälligen Asylbewerbern, die wiederholt und schwerwiegend die
öffentliche Ruhe und Ordnung beeinträchtigen, muss gewährleistet werden. Dabei gehe ich heute
von einer Minderheit der Personen aus dem Asylrecht aus. Die SVP Aargau hat mit einer
Arbeitsgruppe die geschlossene Unterbringung von renitenten Personen eingehend geprüft. Wir
kommen klar zum Schluss, dass dies möglich und notwendig ist. Die Unterbringung von Personen
aus dem Asylbereich obliegt dem Kanton. Das Asylgesetz verpflichtet die Kantone, einen geordneten
Betrieb sicherzustellen und das übergeordnete Recht einzuhalten. Selbst das viel zitierte
Völkerrecht, konkret in diesem Fall die EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention), Art. 5
"Recht auf Freiheit und Sicherheit", erlaubt unter gewissen Bedingungen diese geschlossene
Unterbringung. Folgende Bedingungen sind zu beachten: Es braucht eine gesetzliche Grundlage, die
Massnahme darf nicht willkürlich sein, der Zweck muss legitim sein und die Person muss an ein
Gericht gelangen können. Angesichts des grossen Sicherheitsproblems und wegen der aus meiner
Sicht praktischen Aussichtslosigkeit, eine offene Grossunterkunft mit renitenten Personen oder
Straffälligen in einer Gemeinde zu errichten, erscheint uns die Möglichkeit einer geschlossenen
Unterbringung vertretbar. Ich widerspreche hier vehement, wenn es heisst, dies würde gesetzlich
oder rechtlich nicht gehen. Das ist eine Frage der Auslegung. Hier geht es um eine politische
Willensäusserung – und das ist möglich! Sie können verschiedene Juristen fragen und Sie werden
verschiedene Antworten erhalten.
Für mich geht es hier vor allem um den Schutz der Einwohnerinnen und Einwohner. Der
vorgeschlagene Gesetzestext bei § 19c und § 19d schliesst zudem eine Zusammenarbeit mit
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weiteren Kantonen nicht aus. Die Kosten werden überschaubar sein; insbesondere dann, wenn man
berücksichtigt, welche Kosten bei Übergriffen auf die Bevölkerung entstehen können. Wir können
uns durchaus vorstellen, dass innerhalb einer Grossunterkunft auch eine spezielle Abteilung für
diese renitenten Personen geführt wird. Es muss kein separater Hochsicherheitstrakt sein.
Eine Antwort an die GLP-Fraktion: Selbstverständlich werden wir im AFP das Budget für eine solche
Unterkunft bewilligen. In diesem Sinne bitte ich Sie, diesen Minderheitsantrag in § 19c und § 19d zu
unterstützen.
Noch kurz zu Antrag 2 der Botschaft: Wir möchten, dass das Postulat Nr. 12.113 der SVP-Fraktion
im Falle einer Ablehnung des Minderheitsantrags nicht abgeschrieben wird, da dieser Vorstoss, der
im Jahr 2012 vor den letzten Grossratswahlen mit 71 gegen 61 Stimmen überwiesen wurde, dann
nämlich noch nicht umgesetzt wäre.
Stefan Haller, BDP, Dottikon: Das meiste wurde schon gesagt, ich kann mich daher kurzfassen.
Auch die BDP-Fraktion hat die vorliegende Botschaft zur 2. Lesung genau studiert und kam zur
Meinung, dass die vorgeschlagenen Änderungen fundiert und sachgerecht sind. Die eingereichten
Prüfungsaufträge wurden, soweit es sich erkennen lässt, vertieft geprüft und ausgewogen beantwortet
respektive es wurden Anpassungen vorgenommen.
Die BDP stimmt dem Anliegen, dass renitente Personen im Sinne von § 19a sonderbehandelt
werden, klar zu. Geschlossene Zentren sind nicht erforderlich, wenn das Gleiche auch günstiger
erreicht werden kann. Die Kosten-Nutzen-Fragen sollen daher genau betrachtet werden. Für die
BDP ist entscheidend und wichtig, dass wir hier ein Gesetz zur Hand haben, das vernünftig und auch
anwendbar ist. Die BDP tritt ein und wird den Anträgen des Regierungsrats folgen.
Andre Rotzetter, CVP, Buchs: Die CVP tritt auf das Geschäft ein und folgt grossmehrheitlich den
Vorschlägen des Regierungsrats. Wir sind erfreut, dass die Zuständigkeiten von Kanton und
Gemeinden für die Unterbringung von Personen des Asylrechts auf Gesetzesebene geregelt werden.
Zudem finden wir es gut, dass sowohl für renitente Asylbewerber als auch für renitente Gemeinden
eine Lösung gefunden wurde. Bei der Aufnahmepflicht der Gemeinden sind auch wir für die
Berechnung nach dem Anteil der schweizerischen Wohnbevölkerung. Weiter lehnt die CVP ein
Anreizsystem für Standortgemeinden von Grossunterkünften ab. In Kurzversion: Die CVP findet die
Gesetzesänderung gelungen und adäquat und folgt dem Regierungsrat.
Von öffentlichem Interesse wird aber vor allem der Minderheitsantrag in § 19 sein: Asylsuchende und
Ausreisepflichtige, die wiederholt oder schwerwiegend die öffentliche Ruhe und Ordnung gefährden,
insbesondere wiederholte oder schwere strafbare Handlungen begehen oder wiederholt gegen
Anordnungen nach § 19a Abs. 5 verstossen, sollen in geschlossenen Unterkünften untergebracht
werden.
Hier will man drei Probleme lösen. Diese Probleme will die CVP auch lösen. Das erste Problem
betrifft die Straftäter. Der CVP ist aber kein Strafrecht für Asylbewerber bekannt, das sie nach der
Tat frei herumlaufen lässt. So werden heute schon Straftäter, ob Schweizer, Asylbewerber oder
Touristen, sofern man sie erwischt, verhaftet, abgeurteilt und in normale Gefängnisse gesteckt. Für
diese Asylbewerber brauchen wir keine geschlossene kantonale Asylunterkunft. Was wir in diesen
Fällen brauchen, ist ein schnelles Asylverfahren und die Ausschaffung aus der Schweiz, und dies
liegt in der Kompetenz des Bundes. Das Bundesparlament bietet für diese Fälle eine Lösung mit
geschlossen Bundeszentren an. Das ist die Lösung" Müller", wie wir gehört haben, und die härtere
Version und Gangart, als die Lösung, die die SVP nun vorschlägt. Denn straffällige, randalierende
Asylsuchende werden umgehend in diese geschlossenen Bundezentren zurückgeführt. Deren
Verfahren sollen sofort an die Hand genommen und diese Straftäter dann auch sofort ausgewiesen
werden. Diese Kosten gehen zulasten des Bundes. Der CVP ist es ein Rätsel, warum die SVP diese
Leute unbedingt im Kanton Aargau unterbringen und für die Kosten aufkommen will. Eine Minderheit
der CVP-Fraktion glaubt nicht, dass der Bund den Willen aufbringt, diese Lösung schnell
umzusetzen. Deshalb wird die CVP diesen Umsetzungswillen auf Bundesebene verfolgen. Sollte
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diese Lösung nicht wie geplant kommen, dann werden wir selbst einen kantonalen Vorstoss
einreichen.
Das zweite Problem sind die ausreisepflichtigen Asylbewerber. Sie werden heute schon in
geschlossenen Unterkünften untergebracht, es handelt sich um die sogenannte Ausschaffungshaft.
Aus Kostengründen wird gegenwärtig ein neues überkantonales Gefängnis gebaut. Die Kosten
betragen in einem 100-Zellen-Gefängnis 300 Franken pro Tag und Person. Dies gibt in etwa einen
Hinweis, welche Kosten dem Kanton Aargau für eine geschlossene Abteilung/Unterkunft entstehen
würden.
Es braucht nun noch für das dritte Problem eine Lösung und zwar für Asylbewerber, die
schwerwiegend die öffentliche Ruhe und Ordnung gefährden, aber keine eigentlichen Straftaten
begehen oder kleinkriminell sind. Für diese Situation renitenter und kleinkrimineller Asylbewerber
forderte die CVP eine gesetzeskonforme Lösung. Betroffen ist in diesen Fällen nicht nur die
schweizerische Bevölkerung, sondern es leiden auch die anderen Asylsuchenden darunter. Die CVP
ist deshalb sehr erfreut, dass die Kommission GWS einen Weg gefunden hat. Gemeinden können
neu solche Asylbewerber dem Kanton in die Verantwortung zurückgeben und sie werden in
Unterkünften mit einer zeitlichen und örtlichen Beschränkung untergebracht. Wer sich nicht an diese
zeitliche und örtliche Beschränkung hält, wird dann mit 3 Jahren Haft bestraft, also ins
Bundeszentrum verlegt.
Noch eine Schlussbemerkung: Die CVP ist sich bewusst, dass in Anbetracht des Exodus von
Flüchtlingen aus armen Ländern und wegen Menschen, die vor Krieg und Terror fliehen, neue
politische
Antworten gefunden werden müssen. Diese Antworten haben aber mit dem heutigen Geschäft nichts
zu tun.
Thomas Burgherr, SVP, Wiliberg: Heute beraten wir ein Gesetz, das bei einer vernünftigen
Asylpolitik gar nicht in diesem Ausmass notwendig wäre. Darauf möchte ich kurz eingehen. Der
Bund und die Kantone betreiben in der Asylpolitik eine reine "Pflästerlipolitik". Anstatt das Übel
wirklich an der Wurzel anzupacken, werden täglich neue, kostspielige Unterbringungsplätze gesucht
und geschaffen. In den nächsten Monaten wird es einen spürbaren Anstieg der Asylzahlen geben.
Der Bund, die Kantone und insbesondere die Gemeinden werden mit dieser Zunahme deutlich
überfordert sein. Das Chaos wird grösser, es droht der Kollaps. Jetzt braucht es Kantone, die
hinstehen und eine Umkehr fordern. Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, die Schweiz kann nicht
noch mehr Asylsuchende aufnehmen. Wer in einem fremden Land tatsächlich an Leib und Leben
bedroht ist, soll bei uns immer Schutz finden. Das entspricht unserer humanitären Tradition.
Tatsache ist aber leider, dass Asylmissbraucher überall auf der Welt wissen, dass die Schweiz eine
zu lasche Asylpraxis handhabt und für Asylbewerber hohe Leistungen erbringt. Darum fehlt heute
der Platz für echte Flüchtlinge. Schaffen wir uns diesen wieder!
Die überdurchschnittlich hohe Attraktivität der Schweiz für Wirtschaftsflüchtlinge ist auf folgende
Hauptgründe zurückzuführen: 1. Ein zu langes Verfahren: Die Verfahren bis zum Vollzug eines
abgelehnten Asylgesuches sind noch immer viel zu lang. Im Jahr 2013 dauerte alleine das
erstinstanzliche Verfahren im Durchschnitt 260 Tage, also fast 9 Monate. Bis zur definitiven Ausreise
vergehen in der Regel nochmals mehrere Monate. 2. Zu grosszügige Unterstützung: Asylsuchende
erhalten während des ganzen Verfahrens eine Unterstützung, welche im europäischen Vergleich
ebenfalls an der Spitze liegt. Allein die Kosten beim Bund betragen jährlich über eine Milliarde
Franken. Rechnet man die Kosten der Kantone und Gemeinden dazu, kommt wohl noch einmal
mindestens gleich viel dazu. Aber der Bund weigert sich, die genauen Zahlen zu erfassen. Wieso,
weiss ich nicht. 3. Zu hohe Anerkennungsquoten: Die Bleibequoten für Personen, welche in der
Schweiz um Asyl ersuchten, liegt mittlerweile bei 60,0 Prozent. 4. Zu wenig Rückführungen:
60,0 Prozent aller Personen im Asylprozess sind vorläufig Aufgenommene. Diese Personen haben
kein Anrecht auf Asyl, werden aber aus verschiedenen Gründen nicht ausgeschafft – 60,0 Prozent!
Die Folgen dieser Politik der offenen Tore sind explodierende Kosten bei den Kantonen und
Gemeinden sowie chronische Unterbringungsprobleme und ein wachsender Unmut in der
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Bevölkerung. So wie heute, konzentrieren wir uns nur noch auf Feuerwehrübungen, das ist keine
gute Politik.
Ich fordere den Aargauer Regierungsrat auf, deutlich und umgehend auf das Asylchaos in der
Schweiz hinzuweisen und zu fordern, dies umgehend zu stoppen. Ich bin überzeugt, andere Kantone
würden uns folgen. Es braucht Widerstand gegen die Asylpolitik von Frau Bunderätin Simonetta
Sommaruga. Es soll den Menschen in den Kriegsgebieten vor Ort geholfen werden und die Schweiz
soll nur noch die wirklich an Leib und Leben Verfolgten aufnehmen. Ein erfolgversprechender Schritt
wäre eine radikale Verkürzung der Asylverfahren auf 30 Tage sowie auf der Durchsetzung des
Dublinverfahrens (Dublin-III-Verordnung) mit der EU.
Sagen wir bei diesem vorliegenden Geschäft heute deutlich Ja zum Schutz der Bevölkerung vor
renitenten Asylsuchenden durch geschlossene Zentren! Mit diesen Massnahmen geben wir zudem
ein klares Zeichen an die brutalen Schlepperbanden, endlich mit diesem unsäglichen Spiel mit
Menschenleben aufzuhören.
Susanne Hochuli, Landstatthalter, Grüne: Ich danke Ihnen für die insgesamt positive Aufnahme der
Botschaft. Wenn es eine Konstante gibt zwischen der 1. und 2. Lesung, dann diese: An der
Dringlichkeit, die Unterbringung und Betreuung von Asylsuchenden auf neue Beine zu stellen und
dabei erstens zu differenzieren und zweitens längerfristig auf hohe Zuweisungszahlen auszurichten,
hat sich nichts geändert. Auch wenn wir zurzeit nicht im Detail wissen, was uns als Aufnahmestaat
von Flüchtlingen erwartet, so steht doch fest, es kommen Herausforderungen auf uns zu, die nicht
kleiner als diejenigen sind, die wir schon kennen. Jedenfalls rechnen wir in den nächsten Monaten
mit einem spürbaren Anstieg der Asylzahlen mit entsprechenden Auswirkungen auf Bund, Kantone
und
Gemeinden. Das heisst, wir werden kurzfristig gefordert sein, eine hohe Anzahl Flüchtlinge
unterzubringen und zu betreuen. Das wird schwierig genug sein und uns alles abverlangen.
Ich bin froh, dass uns mit dem teilrevidierten Sozialhilfe- und Präventionsgesetz (SPG) in naher
Zukunft ein Instrument zur Verfügung stehen wird, dass die Möglichkeiten von Kanton und
Gemeinden erweitern und verbessern wird, adäquat mit den Herausforderungen im Asyl- und
Flüchtlingswesen umzugehen. Dazu gehört für mich erstens, dass den Menschen, die in unser Land
kommen, ein Dach über dem Kopf garantiert wird. Alles andere ist für mich weder menschenwürdig
noch mit der humanitären Tradition unseres Landes vereinbar. Dazu gehört für mich aber auch, dass
jene Menschen, die einen Aufenthaltsstatus erlangen mit aller Konsequenz integriert werden. Das
braucht Anstrengungen des Aufnahmestaats ebenso wie der Aufgenommenen.
Es gibt im Asyl- und Ausländerrecht nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten, die einzufordern sind.
Ich erinnere gerne daran, dass das geltende Asyl- und Ausländerrechtsgesetz von einem durchaus
bürgerlichen Parlament auf Bundesebene legiferiert worden ist. Soviel zur Politik der offenen Tore.
Erlauben Sie mir, dass ich nun zu einigen Punkten der vorliegenden Botschaft Äusserungen mache.
Der Grosse Rat hat in 1. Lesung die wesentlichen Pflöcke eingeschlagen und dabei insbesondere
Antrag 2 verändert, indem er den kantonalen Nutzungsplan gestrichen hat. Im Weiteren hat er
verschiedene Prüfungsanträge überwiesen, auf die ich bei Bedarf bei der Beratung der Synopse
eingehen werde. Gerne sage ich Ihnen an dieser Stelle ergänzend etwas zum Vorgehen bei der
Erarbeitung des Standortkonzepts, zur Frage der geschlossenen Unterkünfte und zur Unterbringung
der unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (UMA).
1. Das Standortkonzept: Das Departement Gesundheit und Soziales ist derzeit an der Modellierung
eines Vorprojekts, in dessen Rahmen die Planungsgrundlage erstellt, der Entwurf eines
Standortkonzepts erarbeitet, der Prozessablauf festgelegt, die Kommunikationsinstrumente definiert
und die Umsetzungsplanung skizziert werden. Auf der Basis der Ergebnisse des Vorprojekts kann in
der Folge das Projekt aufgesetzt werden. Gleichzeitig ist aufgrund der hohen Betroffenheit der
künftigen Standortgemeinden, aber auch mit Blick auf die gesamtkantonalen beziehungsweise
regionalen Auswirkungen, sicherzustellen, dass Gemeinden und Regionen zielführend in den
Prozess einbezogen werden. Im Rahmen des Vorprojekts geht es insbesondere um den Einbezug
der paritätischen Kommission Kanton/Gemeinden im Asylwesen sowie um die Involvierung der
Regionalplanungsverbände.
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2. Geschlossene Unterkünfte: Der Bund definiert die Unterkunftsarten sowie deren betriebliche
Besonderheiten in der Asylgesetzgebung verbindlich und abschliessend. Bei den Unterkünften des
Bundes, die in künftigen Verfahrensregionen organisiert werden, handelt es sich um Empfangs- und
Verfahrenszentren, besondere Zentren für Renitente, Testphasenzentren sowie Unterkünfte an
Flughäfen. Die Kantone sorgen ihrerseits für Unterbringung und Betreuung der ihnen vom Bund
zugewiesenen Asylsuchenden. Sie verfügen dabei über Vollzugskompetenzen im Rahmen des
Bundesrechts, das heisst, im Bereich des Ausländer- und Asylrechts liegt die
Rechtsetzungskompetenz abschliessend beim Bund. Diese Aussage ist insbesondere auch mit Blick
auf die immer wieder erhobene Forderung nach geschlossenen Unterkünften zentral. Denn es ist
den Kantonen ausdrücklich verwehrt, Regelungen zu treffen, die über den Vollzug des Bundesrechts
hinausgehen. Diese Aussage wird nicht nur vom zuständigen Staatssekretariat für Migration,
sondern auch vom Basler Rechtsprofessor Dr. iur. Markus Schefer geteilt. Es ist also keine politische
Haltung, sondern die Vorstellung, dass man sich an übergeordnetes Recht zu halten hat.
Kurz zu den Kosten: Auch wenn eine geschlossene Unterkunft als Abteilung einer Grossunterkunft
geführt werden sollte – dies wurde von Hans Peter Fricker, Generalsekretär DVI, in der Kommission
gesagt – zeigen Erfahrungszahlen, dass für 2,5 Plätze mit einer Vollzeitstelle rund um die Uhr
während 7 Tagen pro Woche gerechnet werden muss. Für einen solchen Platz muss mit Kosten von
300 Franken pro Tag gerechnet werden.
3. Zu den UMA: Mit einer Motion haben die Fraktionen der Grünen, SP und GLP die Ergänzung des
SPG mit einer Regelung zur Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen
Asylsuchenden gefordert. Der Regierungsrat nimmt diese Motion mit Erklärung entgegen und
beantragt, § 19 Abs. 2 neu zu formulieren. Wichtig ist dem Regierungsrat, dass der Fokus auf alle
Zielgruppen, die unterzubringen und zu betreuen sind, erhalten bleibt. Dieser Paragraf schliesst die
UMA
ausdrücklich ein. Gleichzeitig hat das Departement Gesundheit und Soziales seit dem vergangenen
Herbst massive Anstrengungen unternommen, um die Situation der dem Kanton zugewiesenen UMA
zu verbessern. Dies geschah im Bewusstsein, dass es sich um Personen mit besonderer
Schutzbedürftigkeit handelt.
Noch kurz zur Motion Müller. Diese wurde in Bern vom Parlament überwiesen. Die Kantone können
renitente Asylsuchende also an den Bund zurückschicken.
Noch eine kurze Erklärung, weshalb Markus Notter, Leiter Rechtsdienst DGS, hier Platz genommen
hat. Von Dr. Lukas Pfisterer wird in der 2. Lesung ein Antrag gestellt, den wir vorher nicht behandeln
konnten. Es ist mir wichtig, dass der Antrag, sofern er übernommen wird, auch richtig legiferiert wird.
Ich bin sicher, dass wir mit der Teilrevision des SPG eine gute Grundlage für die Unterbringung und
Betreuung von Asylsuchenden schaffen. Sie löst uns nicht alle Probleme, aber sie bildet die Basis
um mehr Konstanz und mehr Qualität ins System zu bringen. Ich danke Ihnen für die Unterstützung
und freue mich auf die Detailberatung.
Vorsitzender: Eintreten ist unbestritten.
Detailberatung
Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe und die soziale Prävention (Sozialhilfe- und Präventionsgesetz, SPG)
I., § 17a Abs. 1 (geändert), Abs. 2 und 3 (neu), § 18 Marginalie und Abs. 1 (geändert)
Zustimmung
§ 18 Abs. 1 bis (neu)
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Dr. Lukas Pfisterer, FDP, Aarau: Ich äussere mich zu § 18 mit der neuen Bestimmung zur
Ersatzvornahme. Die Ersatzvornahme ist ein Begriff aus unserem Verwaltungsrechtspflegegesetz
(VRG), das Sie alle sicher bestens kennen. Es ist ein Zwangsmittel, zu dem gegriffen werden kann,
wenn jemand seine Pflichten nicht erfüllt. Es läuft normalerweise so ab, dass jemand eine Pflicht hat.
Wenn er diese nicht erfüllt, erst dann, kann und wird die Behörde diese Person mahnen und sie
darauf hinweisen, sie solle doch bitte die Pflicht erfüllen und dann kann auch die Ersatzvornahme
angedroht werden. Also es geht grundsätzlich um ein zweistufiges Verfahren: Zuerst wird man
aufgefordert, etwas zu erledigen oder auszuführen und wenn man diese Pflicht nicht erfüllt, erhält
man eine Mahnung mit der Androhung, dass dann der Staat eingreifen wird.
Was sagen jetzt § 18 Abs. 1 und § 18 Abs. 1bis(neu)? In Abs. 1 ist die Zuweisungsverfügung
geregelt, das ist der Grundsatz. In Abs. 1bis kommt dann gleich die "Keule". Mit der
Zuweisungsverfügung droht der Kanton nämlich auch gleich an, dass er zur Ersatzvornahme greifen
wird. Hier kommt gleich die "Keule" zusammen mit der Pflicht. Es ist sicher so, dass es einzelne
Gemeinden gibt, die ihre Pflicht nicht ganz freiwillig erfüllen. Es gibt auch Gemeinden, die ihrer
Pflicht auch ohne Zuweisungsverfügung nachkommen. Es gibt aber auch Gemeinden, die ihre Pflicht
nicht erfüllen. Und hier braucht es – und das ist meinerseits unbestritten – die Ersatzvornahme. Ich
beantrage Ihnen aber, dass wir auch hier im Gesetz ein zweistufiges Vorgehen wählen, nämlich
erstens grundsätzlich die Zuweisung durch den Kanton. Dann hat die Gemeinde die Gelegenheit,
ihrer Pflicht nachzukommen; das wird sie meistens auch machen. Sofern die Gemeinde sie nicht
freiwillig erfüllt, kann der Kanton noch einmal eingreifen und die Ersatzvornahme androhen. Das
wäre dann eben die Stufe 2.
Sofern Sie dieser Änderung zustimmen, dann hat das eine kleine Auswirkung auf Abs. 2, nämlich,
dass in beiden Fällen, das heisst, wenn einerseits die Zuweisungsverfügung und andererseits die
Androhung der Ersatzvornahme erlassen wird, die aufschiebende Wirkung entzogen werden kann.
Ich lese Ihnen § 18 Abs. 1bis mit der beantragten neuen Formulierung vor: "Sofern eine Gemeinde
ihre Pflicht zur Aufnahme innert angemessener Frist nicht erfüllt, setzt ihr der Kanton eine Frist zur
Erfüllung an, verbunden mit der Androhung der Ersatzvornahme auf Kosten der Gemeinde." Satz
zwei bleibt unverändert. Hier hätten wir im Abs. 1 den Grundsatz, dass die Gemeinde ihre Pflicht
freiwillig erfüllen kann. Und im Abs. 1bis, wenn sie sie nicht freiwillig erfüllt, kann der Kanton zur
Ersatzvornahme greifen.
Hans Dössegger, SVP, Seon, Präsident der Kommission für Gesundheit und Sozialwesen (GSW):
Ein solcher Antrag wurde in der Kommission nicht gestellt und konnte folglich auch nicht diskutiert
werden. Ich kann Ihnen daher auch keine Empfehlung abgeben.
Susanne Hochuli, Landstatthalter, Grüne: Der Antrag kommt auch für uns überraschend, wie es der
Kommissionspräsident gesagt hat. Er wurde in der Kommission nicht diskutiert. In der Kommission
war vermutlich klar, was dieser Paragraf will. Er möchte nämlich nach Einräumen einer
angemessenen Vorlaufzeit eine möglichst schnelle Verteilung der Personen aus dem Asylrecht auf
die Gemeinden. Diese Zeit wurde in der Kommission ausführlich diskutiert. Es geht um die 30 Tage.
Es wurde von Kommissionsmitgliedern auch gewünscht, dass das in der Verordnung dann so
festgehalten wird. Und ich kann hier schon sagen, dass dem so sein wird, wenn unser Antrag so
durchkommt. Deshalb ist auch die Zuweisungsverfügung mit der Androhung der Ersatzvornahme
verknüpft worden. Der Vorschlag von Dr. Lukas Pfisterer führt natürlich dazu, dass das
Zuweisungsverfahren länger wird, bis Personen des Asylrechts effektiv den Gemeinden übergeben
werden können. In dieser Zeit sind sie weiterhin in den Strukturen des Kantons und belasten damit
unsere Plätze. Zu sagen ist auch, dass eine Zuweisung an die Gemeinden nicht so aus heiterem
Himmel kommt. Weil die Kantone die Gesetzesgrundlage kennen, wissen sie schon lange im
Voraus, dass sie Personen aufnehmen müssen. Und sie wissen auch in etwa, wie viele Personen sie
aufnehmen müssen. Wir beraten ja auch, ob dieser Aufnahmequotenschlüssel aufgrund der
Einwohnerzahl oder aufgrund der schweizerischen Wohnbevölkerung gemacht werden soll. Insofern
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besteht von unserer Seite her kein Bedarf, das Zuweisungsverfahren an die Gemeinden noch mehr
zu verlängern.
Wenn Sie dem Antrag von Dr. Lukas Pfisterer jedoch folgen, ist es, wie er selbst gesagt hat,
zwingend nötig, auch den Abs. 2 abzuändern. Das heisst, die Gemeinde könnte dann erstens
Beschwerde gegen die Anzahl der Asylsuchenden führen, die ihr zugewiesen wird beziehungsweise
sie müsste dann zweitens Beschwerde gegen die Ersatzvornahme führen. Bei unserem Vorschlag
müsste die Gemeinde eigentlich nur einmal Beschwerde führen, wenn sie nicht einverstanden wäre.
Ich empfehle Ihnen, den Antrag abzulehnen.
Dr. Lukas Pfisterer, FDP, Aarau: Es ist schon so, dass die meisten Gemeinden freiwillig ihre Pflicht
erfüllen werden. Nur, was im Gesetz steht, ist eben nicht das, was in der Regel auch passiert. Es
wird von einer Zuweisungsverfügung gesprochen und diese Zuweisungsverfügung wird gleich mit
dem Dampfhammer unterlegt. Um das geht es hier. Es ist nichts als fair den Gemeinden gegenüber,
dass man nicht gleich mit dem Dampfhammer kommt oder die "Keule" schwingt, sondern dass man
ihnen zuerst die Gelegenheit gibt, die Pflicht von sich aus zu erfüllen. Es geht hier um eine faire
Behandlung der Gemeinden.
Susanne Hochuli, Landstatthalter, Grüne: Ich möchte entgegnen, dass die Zuweisung natürlich mit
der Androhung der Ersatzvornahme verknüpft ist. Aber wenn wir davon ausgehen, dass, wie es jetzt
gesagt wurde, die meisten Gemeinden ihrer Pflicht nachkommen, dann wissen die Gemeinden was
passiert, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommen.
In der Kommission GSW haben wir auch darüber diskutiert, ob es nicht ein bisschen hart kling, wenn
von "angedroht" gesprochen wird. Aber anscheinend ist es bei der Verwaltungsrechtspflege so, dass
von solchen Dingen gesprochen wird. Es geht nicht darum, gegenüber den Gemeinden den Knüppel
zu schwingen, sondern ihnen einfach klar aufzuzeigen, was es bedeutet, wenn sie ihrer Pflicht nicht
nachkommen.
Abstimmung
Der Antrag Pfisterer wird mit 68 gegen 52 Stimmen abgelehnt. Somit Zustimmung zur Fassung des
Regierungsrats.
§ 18 Abs. 2
Zustimmung
§ 18a Abs. 1
Entwurf Regierungsrat: "Die Gemeinden sind nach Massgabe ihrer Einwohnerzahl schweizerischen
Wohnbevölkerung verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallenden Personen aufzunehmen."
Antrag Kommission GSW (Ablehnung bzw. Beibehaltung Ergebnis erste Beratung): "Die Gemeinden
sind nach Massgabe ihrer Einwohnerzahl verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallenden Personen
aufzunehmen."
Der Regierungsrat hält an seiner Formulierung fest.
Hans Dössegger, SVP, Seon, Präsident der Kommission für Gesundheit und Sozialwesen (GSW):
Eine Vorbemerkung: An der Kommissionsitzung waren nur 12 Mitglieder anwesend. Alle
nachstehenden Abstimmungsergebnisse basieren also auf dieser Anzahl.
Zu Abs. 1: Hier bevorzugte, wie erwähnt, eine Mehrheit der Kommission GSW die Formulierung aus
1. Lesung. Sie liess sich davon leiten, dass es mit beiden Regelungen Gemeinden gibt, die besser
und andere, die schlechter fahren. Die Version aus 1. Lesung entspricht zudem der Bundespraxis.
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Die Kommission beschloss diese Änderung von Abs. 1 mit 7 gegen 5 Stimmen. Der Regierungsrat
hält fest. Ich bitte Sie namens der Kommission GSW, deren Version zum Beschluss zu erheben.
Den § 18a genehmigte die Kommission mit 9 gegen 3 Stimmen.
Dr. Martina Sigg, FDP, Schinznach: Ich bitte Sie im Namen der FDP-Fraktion, die Version des
Regierungsrats zu unterstützen. Selbstverständlich wissen wir, dass eine ausländische Bevölkerung
nicht automatisch höhere Lasten verursacht. Aber wir wissen, dass in Bezug auf die Belastung eine
Korrelation bezüglich Schule, Sozialhilfe und Ausländeranteil in der Wohnbevölkerung besteht. Wir
sind überzeugt, falls wir die Fassung des Regierungsrats so festschreiben, dass dies ein Zeichen an
diejenigen Gemeinden ist, die in dieser Frage sowieso schon stark belastet sind. Auch wenn sich
gemäss Botschaft nur geringe Verschiebungen gezeigt haben, so sind diese doch substanziell für
diejenigen Gemeinden, die betroffen sind.
Abstimmung
Für die Fassung gemäss Antrag GSW (entspricht dem Ergebnis der 1. Beratung)
Für die Fassung gemäss Entwurf Regierungsrat
46 Stimmen
72 Stimmen
Somit obsiegt die Fassung gemäss Entwurf Regierungsrat.
§ 18a Abs. 2, § 19
Zustimmung
§ 19a Abs. 1 und 2 (gemäss Seite 6 der Kommissionssynopse)
Antrag der Kommission GSW:
Abs. 1: "Der Betrieb der kantonalen Unterkünfte ist Sache des Kantons. Er kann diese Aufgabe ganz
oder teilweise Dritten übertragen."
Abs. 2 (neu): "Der Kanton sorgt dafür, dass den Gemeinden durch den Betrieb von kantonalen Unterkünften keine Mehrkosten entstehen."
Stellungnahme Regierungsrat zu Abs. 1 und 2:
Abs. 1: "Der Betrieb der kantonalen Unterkünfte ist Sache des Kantons. Er trägt die Kosten."
Abs. 2: "Der Kanton kann diese Aufgabe ganz oder teilweise Dritten übertragen."
Hans Dössegger, SVP, Seon, Präsident der Kommission für Gesundheit und Sozialwesen (GSW):
Wie Sie bereits gesehen haben, müssen wir äusserst konzentriert arbeiten, weil wir hier ziemlich
viele Nummerierungen haben. Ich versuche, diesem Umstand Rechnung zu tragen. Zuerst zu den
Absätzen 1 und 2:
Um die Angst der Gemeinden auszuräumen, dass ihr aus dem Betrieb einer kantonalen Unterkunft
Mehrkosten entstehen könnten, beschloss die Kommission einstimmig, den neuen Abs. 2 gemäss
Synopse einzufügen.
Der Regierungsrat schlägt nun eine etwas andere Formulierung vor, die aber in der Kommission
nicht diskutiert werden konnte. Ich überlasse Ihnen die Beurteilung. Letztlich geht es darum, dass
klar ist, dass der Kanton alle anfallenden Kosten übernehmen muss.
Zu Abs. 3: Hier fügte die Kommission einen Absatz im Sinne einer klaren Regelung ein und um
regionalen Ängsten entgegenzuwirken. Dieser Absatz entstand nach intensiver Diskussion. Die
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2392
Kommission stimmte dem neuen Abs. 3 einstimmig zu, räumte aber dem Regierungsrat die
Möglichkeit ein, redaktionelle Verbesserungen vorzuschlagen. Dies hat er getan. Sie können der
Version des Regierungsrats zustimmen.
Und schliesslich noch zum Abs. 5 gemäss ursprünglicher Nummerierung. Da dieser den gleichen
Wortlaut hat wie § 19b Abs. 1, kann er hier gestrichen werden.
Bei der Abstimmung stimmte die Kommission dem § 19a mit diesen Änderungen einstimmig zu. Ich
bitte Sie, dies ebenfalls zu tun.
Bereinigung von § 19a Abs. 2
Pascal Furer, SVP, Staufen: Es ist nur eine Präzisierung und so wie es eigentlich gemeint ist. Die
SVP ist mit dem Antrag des Regierungsrats einverstanden. Aber es könnte zu einem
Missverständnis führen. Denn in Abs. 1 hat der Regierungsrat eingefügt, dass der Kanton die Kosten
trägt und in Abs. 2, dass der Kanton diese Aufgabe ganz oder teilweise Dritten übertragen kann. Hier
ist natürlich für die Nachwelt nicht ersichtlich, dass die Kosten nicht gemeint sind. Die Kosten wollen
wir nicht Dritten übertragen, sondern nur den Betrieb. Deshalb stellen wir folgenden
Änderungsantrag in Abs. 2: "Der Kanton kann den Betrieb ganz oder teilweise Dritten übertragen."
Das ist nur eine Präzisierung ohne materielle Änderung, und ich bitte Sie, diesem Antrag
zuzustimmen.
Abstimmung
Der Antrag Furer wird mit 117 gegen 0 Stimmen angenommen.
Hauptabstimmung
§ 19a Abs. 1 (gemäss Stellungnahme Regierungsrat) und Abs. 2 (bereinigt gemäss Antrag Furer)
Der bereinigten Fassung der Absätze 1 und 2 wird mit 117 gegen 0 Stimmen zugestimmt. Die
Kommissionsfassung ist somit abgelehnt.
§ 19a Abs. 3 (neu)
Antrag der Kommission GSW für einen neuen Abs. 3: "Soweit Personen des Asylwesens, die die
öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder durch ihr Verhalten den ordentlichen Betrieb
einer Unterkunft erheblich stören, nicht in ein Bundeszentrum zurückversetzt werden können, sind
sie in einer kantonalen Unterkunft mit besonderen Einschränkungen gemäss Absatz 5
unterzubringen."
Redaktioneller Änderungsvorschlag des Regierungsrats (Stellungnahme Regierungsrat):
"Soweit Personen des Asylrechts gemäss § 16 Abs. 1, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung
gefährden oder durch ihr Verhalten den ordentlichen Betrieb einer Unterkunft erheblich stören, nicht
in ein besonderes Zentrum des Bundes zurückversetzt werden können, sind sie in einer kantonalen
Unterkunft mit besonderen Einschränkungen gemäss Absatz 5 unterzubringen."
Abstimmung
Dem Antrag gemäss Stellungnahme Regierungsrat wird mit 117 gegen 0 Stimmen zugestimmt.
§ 19a Abs. 4 (neue Nummerierung, gemäss Ergebnis 1. Beratung Abs. 2)
§ 19a Abs. 5 (neue Nummerierung, gemäss Ergebnis 1. Beratung Abs. 3)
§ 19a Abs. 6 (neue Nummerierung, gemäss Ergebnis 1. Beratung Abs. 4)
Zustimmung
5. Mai 2015
Art.-Nr. 0846
2393
§ 19a Abs. 5 gemäss Ergebnis 1. Beratung (Seite 8 der Synopse)
Die Kommission GSW beantragt, diesen Absatz zu streichen.
Der Regierungsrat stimmt dem zu.
Zustimmung
§ 19a Abs. 7
(neue Nummerierung, gemäss Ergebnis 1. Beratung Abs. 6)
Zustimmung
§ 19b
Zustimmung
§ 19c
Eine Minderheit der Kommission GSW beantragt einen neuen § 19c mit 5 Absätzen.
Der Regierungsrat lehnt den Minderheitsantrag ab.
Hans Dössegger, SVP, Seon, Präsident der Kommission für Gesundheit und Sozialwesen (GSW):
Ich äussere mich gleich zu §§ 19c und 19d, weil es dasselbe Thema betrifft.
Die umfangreiche Formulierung der beantragten neuen §§ 19c und 19d zielen auf die Führung
geschlossener Unterkünfte ab. Sie lösten eine sehr intensive Diskussion aus. Bestehende Ängste
von Gemeinden und der Bevölkerung wurden von der Kommission aber sehr ernst genommen. Dies
führte letztlich auch zum neuen Abs. 3 von § 19a, wie es vorhin erwähnt wurde.
In der Abstimmung wurden die beiden Anträge jedoch mit 6 gegen 5 Stimmen, bei 1 Enthaltung,
abgelehnt. Die Minderheit sprach sich für die Aufnahme ihres Antrags als Minderheitsantrag in der
Synopse aus. Der Regierungsrat lehnt die Aufnahme dieser beiden Anträge ebenfalls ab. Ich
überlasse Ihnen den Entscheid.
Eva Eliassen Vecko, Grüne, Turgi: Ich möchte noch einmal klarstellen, dass wir diesen
Minderheitsantrag aus der Kommission betreffend §§ 19c und 19d ganz eindeutig ablehnen. Denn er
schiesst weit übers Ziel hinaus. Es ist ein Bandwurmparagraf und er entspricht nicht den
Vorstellungen einer sachgerechten und schlanken Legiferierung. Er ist vor allem teuer. Lieber
Thomas Burgherr, wenn man von Kostentreiber spricht, dann sind es Forderungen wie diese, die die
Kosten in die Höhe treiben.
Jeder dieser Plätze kostet 300 Franken pro Tag. Es muss für zwei dieser Plätze eine Vollzeitstelle
geschaffen werden, das ist sehr teuer!
Können und wollen wir uns in Zeiten der Sparwut, wo wir bei der Bildung, der Gesundheit und der
Natur Gelder streichen, ein so teures Vorgehen leisten? Der Bandwurmparagraf ist ausser teuer und
personalintensiv auch rechtlich fragwürdig, schwerfällig, bürokratisch und praktisch schwer
umsetzbar. Ausserdem ist er überflüssig, da die Problematik mit Abs. 3 in § 19a sehr viel praktikabler
angegangen wird. Man kann die Sorgen der Bevölkerung auch ad absurdum führen
beziehungsweise Sachen auf Kantonsebene so legiferieren, dass es garantiert zu einem abstrakten
Normenkontrollverfahren kommen würde, da es nicht bundesgesetzkonform ist. Ich danke Ihnen,
wenn Sie diesen Minderheitsantrag ablehnen.
Abstimmung
5. Mai 2015
Art.-Nr. 0846
2394
Der Minderheitsantrag wird mit 74 gegen 44 Stimmen abgelehnt.
§ 19d
Eine Minderheit der Kommission GSW beantragt einen neuen § 19d.
Der Regierungsrat lehnt den Minderheitsantrag ab.
Abstimmung
Der Minderheitsantrag wird mit 72 gegen 46 Stimmen abgelehnt.
§ 51 Abs. 4 (neu), II., Schulgesetz vom 17. März 1981, § 15 Abs. 1bis (neu), Abs. 1ter (neu),
Abs. 1quater (neu), III. und IV.
Zustimmung
Anträge gemäss Botschaft bzw. Synopse
Hans Dössegger, SVP, Seon, Präsident der Kommission für Gesundheit und Sozialwesen (GSW):
Ich gebe Ihnen die Abstimmungsergebnisse der Kommission bekannt: Die Kommission stimmte dem
Antrag 1 mit 8 Stimmen, bei 4 Enthaltungen, zu.
Bei Antrag 2 finden Sie den Minderheitsantrag in der Synopse. Hier wehrte sich eine Minderheit
gegen die Abschreibung des Postulats 12.113 der SVP-Fraktion vom 22. Mai 2012 betreffend
Internierung von Asylbewerbern und beantragte Aufrechterhaltung. Die Kommission entschied sich
aber mit 8 gegen 4 Stimmen für die Abschreibung. Die Minderheit wünschte Aufnahme des
Minderheitsantrags in der Synopse.
Ich benutze die Gelegenheit, mich an dieser Stelle bei den Erstellern der Botschaft, allen voran Frau
Landstatthalter Susanne Hochuli und ihren Mitarbeitenden, für die gute Zusammenarbeit zu
bedanken.
Antrag 1
"Der Entwurf für eine Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sozialhilfe und die soziale Prävention (Sozialhilfe- und Präventionsgesetz, SPG) wird – wie aus den Beratungen hervorgegangen – in
2. Beratung zum Beschluss erhoben."
Schlussabstimmung
Der Antrag wird mit 106 gegen 14 Stimmen gutgeheissen.
Antrag 2
Die Minderheit der Kommission GSW beantragt, (12.113) Postulat der SVP-Fraktion vom 22. Mai
2012 betreffend Internierung von Asylbewerbern, aufrecht zu erhalten.
Abstimmung
Der Antrag auf Aufrechterhaltung von Vorstoss 12.113 wird mit 67 gegen 53 Stimmen abgelehnt.
Antrag 2 Botschaft (bereinigt* / Abschreibung Vorstösse 12.37, 12.38, 12.97, 12.113, 12.178)
Abstimmung
5. Mai 2015
Art.-Nr. 0846
2395
Dem bereinigten Antrag 2 wird mit 98 gegen 23 Stimmen zugestimmt.
(*Der Antrag des Regierungsrats zur Abschreibung von Motion 14.212 wird unter Geschäft 14.212 /
Traktandum 7 der Sitzung vom 5.5.2015 behandelt.)
Beschluss
1. Der Entwurf für eine Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sozialhilfe und die soziale Prävention (Sozialhilfe- und Präventionsgesetz, SPG) wird – wie aus den Beratungen hervorgegangen – in 2. Beratung zum Beschluss erhoben.
2. Es werden die folgenden parlamentarischen Vorstösse als erledigt von der Kontrolle abgeschrieben:
(12.37) Motion der CVP-BDP-Fraktion vom 6. März 2012 betreffend Errichtung von "Asyl-Dörfern" im
Kanton Aargau
(12.38) Postulat René Kunz, SD, Reinach, vom 6. März 2012 betreffend Errichtung eines geschlossenen und zentral geführten Spezialzentrums für kriminelle, renitente und abgewiesene
Asylbewerber im Kanton Aargau
(12.97) Postulat René Kunz, SD, Reinach, vom 8. Mai 2012 betreffend Durchsetzung eines Handyverbots für kriminelle und renitente Asylanten im Kanton Aargau
(12.113) Postulat der SVP-Fraktion vom 22. Mai 2012 betreffend Internierung von Asylbewerbern
(12.178) Postulat Daniel Wehrli, SVP, Küttigen, vom 3. Juli 2012 betreffend Überprüfung und Anpassung des Tätigkeitsbereichs von Securitas/Eingangskontrollpersonal vor Asylunterkünften
Fakultatives Referendum
Der Beschluss gemäss Ziffer 1 untersteht dem fakultativen Referendum gemäss § 63 Abs. 1 lit. a der
Kantonsverfassung
0847 Motion der Fraktion der Grünen, der SP und der GLP (Sprecherin Kathrin Fricker, Grüne,
Baden) vom 18. November 2014 betreffend Ergänzung des Sozialhilfe- und
Präventionsgesetzes (SPG) um die Regelung der Unterbringung und Betreuung von
unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden; Überweisung an den Regierungsrat und
gleichzeitige Abschreibung
(vgl. Art. 0654)
Mit Datum vom 25. Februar 2015 hat der Regierungsrat die Motion beantwortet.
Vorbemerkung
Der Bund weist den Kantonen unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) gemäss Art. 27 des
Asylgesetzes (AsylG) aufgrund des ordentlichen Verteilschlüssels für Asylsuchende (Status N),
Schutzbedürftige ohne Aufenthaltsbewilligung (Status S) und vorläufig Aufgenommene (Status F) zu.
Demzufolge erhält der Kanton Aargau 7,7 % aller Personen zugewiesen, die in der Schweiz ein
Asylgesuch stellen. Hierzu zählt auch ein entsprechender Anteil an UMA.
Nach deren Zuweisung an den Kanton Aargau geht das, gemäss dem Gesetz über die öffentliche
Sozialhilfe und die soziale Prävention (Sozialhilfe- und Präventionsgesetz, SPG), mit deren
5. Mai 2015
Art.-Nr. 0846
2396
Unterbringung betraute Departement Gesundheit und Soziales heute jeweils nach folgender Praxis
vor:
Die UMA, welche noch nicht 16 Jahre alt sind, werden in einer auf deren Unterbringung und
Betreuung spezialisierten Einrichtung eines Drittanbieters platziert. In dessen Strukturen können die
UMA in der Folge bis zum Erreichen der Volljährigkeit verbleiben.
Die bei ihrer Zuweisung älter als 16-jährigen UMA werden in der Regel in verschiedenen dazu
geeigneten kantonalen Unterkünften untergebracht. Bei einer solchen Unterbringung in einer
Erwachsenenunterkunft ist das Departement Gesundheit und Soziales jeweils bestrebt, den
Bedürfnissen der UMA so gut als möglich Rechnung zu tragen. So stellt man ihnen nach Möglichkeit
jeweils ein sogenanntes Jugendzimmer zur Verfügung, in dem die UMA gemeinsam untergebracht
werden und in dem zusätzlich auch Lernmöglichkeiten geschaffen werden.
In Einzelfällen (beispielsweise bei ganz jungen Personen) werden UMA auch an Pflegefamilien
vermittelt. Die Rekrutierung solcher Pflegefamilien gestaltet sich jedoch schwierig.
Sofern die UMA über Verwandte im Kanton Aargau verfügen und dies möglich und sinnvoll ist, ist
das Departement Gesundheit und Soziales zudem jeweils bestrebt, es den Kindern und
Jugendlichen zu ermöglichen, bei diesen zu leben.
Bei ihrer Zuweisung an den Kanton Aargau haben die UMA in der Regel eine lange und
beschwerliche Flucht hinter sich. Oftmals handelt es sich bei ihnen um verwahrloste Kinder, welche
schon lange nicht mehr in Strukturen eingebettet waren, wie wir sie für Kinder und Jugendliche
kennen. Daher ist es besonders wichtig, ihnen so rasch als möglich wieder ein geordnetes Leben zu
ermöglichen und sie in den Umständen und Bedürfnissen entsprechenden Strukturen zu integrieren.
Der Regierungsrat ist davon überzeugt, dass dies in einer speziell darauf ausgerichteten Unterkunft
oder andernfalls in einer grösseren Unterkunft, in der auch Familien untergebracht werden, in idealer
Weise möglich ist.
UMA stehen unter dem Schutz der Kinderrechtskonvention (KRK) vom 20. November 1989, der die
Schweiz am 26. März 1997 beigetreten ist. Unter anderem haben Vertragsstaaten die Pflicht, einem
Kind, welches sich ausserhalb seiner familiären Umgebung befindet, einen besonderen Schutz
zukommen zu lassen und darauf zu achten, dass es in einer angemessenen Einrichtung
untergebracht wird. Weiter gibt es Richtlinien des United Nations High Commissioner for Refugees
(UNHCR) über die bei unbegleiteten Asyl suchenden Kindern anzuwendenden Politiken und
Verfahren.
In diesem Kontext verweist der Regierungsrat auf die Beantwortung der Interpellation Lilian Studer,
EVP, Wettingen, vom 18. November 2014 betreffend Situation der UMA im Kanton Aargau. Darin
finden sich zahlreiche weiterführende Informationen.
Begründung des Regierungsrats zur Entgegennahme der Motion
Im vergangenen Jahr hat die Zuweisung von Asylsuchenden, insbesondere jene von UMA
zugenommen. Aktuell sind dem Kanton Aargau 78 unbegleitete minderjährige Jugendliche
zugewiesen (Stand: 28. November 2014). Im November 2013 waren es 46, im November 2012 50
UMA. Verlässliche Prognosen zur Entwicklung der Zuweisungen sind nicht möglich. Es muss jedoch
auch weiterhin mit hohen Zuweisungen gerechnet werden.
Die Unterbringungssituation im Kanton Aargau hat sich im laufenden Jahr stark akzentuiert. Dies
einerseits aufgrund des wiederum gestiegenen Zustroms von Asylsuchenden und dem damit
einhergehenden grossen Bestand an unterzubringenden Personen, andererseits wegen den
Schwierigkeiten bei der Akquirierung von geeigneten zusätzlichen Unterkünften. So lag die
Belegungsquote der kantonalen Unterkünfte in den vergangenen Monaten stets über 100 %. Erst
dank der im Verlauf des Dezembers 2014 neu eröffneten kantonalen Unterkunft in den
Räumlichkeiten des ehemaligen Pflegezentrums des Spitals Zofingen kam es zu einer gewissen
Entspannung der Belegungssituation. Dennoch lag die Auslastung der insgesamt 66 kantonalen
5. Mai 2015
Art.-Nr. 0847
2397
Unterkünfte am 12. Dezember 2014 bei 100 %. Diese Situation ist für alle im Asylwesen involvierten
Personen schwierig.
Erschwerend kommt hinzu, dass das Departement Gesundheit und Soziales aufgrund des
Anstellungsstopps innerhalb der kantonalen Verwaltung im Bereich der Betreuung nur bedingt mit
der oben beschriebenen Bestandszunahme mithalten konnte. So ist jede Betreuungsperson heute
für eine grössere Anzahl Asylsuchender und vorläufig Aufgenommener zuständig (aktuelles
Betreuungsverhältnis ungefähr 1:40). Diese Betreuungssituation gestaltet sich insbesondere im Fall
der UMA als problematisch, denn sie benötigen besondere Unterbringungs- und vor allem
Betreuungsstrukturen.
Von den aktuell dem Kanton Aargau zugewiesenen 78 unbegleiteten minderjährigen Jugendlichen
sind zurzeit nur 24 in ideale Betreuungs- und Unterbringungslösungen eingebunden. So hat das
Departement Gesundheit und Soziales 13 UMA in den Strukturen eines auf ihre Bedürfnisse
ausgerichteten Drittanbieters untergebracht, eine unbegleitete minderjährige Jugendliche ist in einer
Pflegefamilie und zehn unbegleitete minderjährige Jugendliche sind bei Verwandten platziert (Stand:
28. November 2014).
Der Regierungsrat anerkennt daher, dass Unterbringungs- und Betreuungsstrukturen, die den
Bedürfnissen der UMA vollends gerecht werden, im Kanton Aargau heute nur einem Teil dieser
Jugendlichen geboten werden können und daher Handlungsbedarf besteht.
Erstrebenswert erscheint ihm eine Lösung, bei der alle dem Kanton Aargau zugewiesenen UMA,
welche nicht in Pflegefamilien oder bei Verwandten platziert werden, in einer dafür vorgesehenen
und auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten Einrichtung untergebracht und dort von dafür ausgebildeten
Fachpersonen betreut werden. Eine solche Unterbringungs- und Betreuungslösung kann dabei
entweder extern oder auch kantonsintern erfolgen. Aktuell würden davon 67 UMA profitieren. Die
Schaffung einer gesetzlichen Grundlage im Rahmen der Änderung des SPG erscheint dem
Regierungsrat hierfür ein probater Weg.
Der Regierungsrat weist an dieser Stelle aber auch darauf hin, dass eine gesetzliche Grundlage sich
nicht allein auf UMA beziehen darf, weil es auch noch andere Zielgruppen mit unterschiedlichen
Unterbringungs- und Betreuungsbedürfnissen gibt.
Massnahmen, die zu einer Verbesserung der Unterbringung und Betreuung der UMA führen,
bedingen die Bereitstellung von entsprechenden personellen und finanziellen Ressourcen. Dabei
steht fest, dass die vom Bund entrichtete Globalpauschale für Asylsuchende, die monatlich knapp
Fr. 1'500.– beträgt und unabhängig vom Alter der Asylsuchenden ist, die aus dem höheren
Betreuungsaufwand resultierenden Kosten nicht zu decken vermag, zumal aktuell mit der
Globalpauschale
des Bundes beispielsweise auch die hohen Aufwendungen für die Sicherheit refinanziert werden,
obwohl der Bund die Sicherheitskosten an sich nicht refinanziert beziehungsweise die
Globalpauschale die Sicherheitskosten nicht entschädigt. Somit muss mit Mehrkosten gerechnet
werden. Der Kanton Bern hat im Jahr 2014 ein neues Konzept für die Betreuung der UMA
verabschiedet und im Vorfeld verschiedene Varianten evaluiert. So hat der Kanton Bern
beispielsweise die Unterbringung und Betreuung der UMA in bestehenden sozial- und
heilpädagogischen Heimen geprüft und diese Variante aufgrund von den zu erwartenden sehr hohen
Mehrkosten im Umfang von ungefähr
6–13 Millionen Franken verworfen. Der Kanton Bern hat sich schliesslich für ein UMA-Zentrum in
einer Kollektivunterkunft entschieden, was zu Mehrkosten von 3,6 Millionen Franken führte. Im
Kanton Aargau wäre im Rahmen des vorliegenden Konzepts mit Grossunterkünften, welches wie
vorstehend beschrieben zu Synergiegewinnen führt, mit Mehrkosten unter 2 Millionen Franken zu
rechnen. Mehrkosten werden soweit wie möglich kompensiert, nötigenfalls würden diese im Rahmen
der Umsetzung der Grossunterkünfte der zuständigen Behörde zum Kreditbeschluss vorgelegt.
5. Mai 2015
Art.-Nr. 0847
2398
Ziel muss es deshalb sein, das Unterbringungs- und Betreuungsregime möglichst effizient
auszugestalten. Handlungsspielräume in Bezug auf die unterschiedlichen Unterbringungs- und
Betreuungsstandards der verschiedenen Zielgruppen sollen dazu genutzt werden, die finanziellen
Mittel insbesondere zugunsten der UMA optimal einzusetzen.
Da erfahrungsgemäss ein grosser Teil der zugewiesenen UMA früher oder später einen positiven
Entscheid, respektive ein Bleiberecht erhalten, ist es zudem entscheidend, den unbegleiteten
minderjährigen Asylsuchenden so früh wie möglich Integrationsmassnahmen zugut kommen zu
lassen. Denn dank einer frühen Investition in Integration fallen die Folgekosten in der Regel später
geringer aus. So vermindert eine Ausbildung das Risiko, dass die UMA nach Erreichen der
Volljährigkeit und dem Erhalt eines positiven Asylentscheids, respektive der Erteilung des
Bleiberechts, über längere Zeit Sozialhilfe beanspruchen werden. Das Departement Gesundheit und
Soziales hat in diesem Zusammenhang basierend auf der Sozialhilfestatistik des Bundesamts für
Statistik erhoben, dass
die Sozialhilfekosten pro Fall und Jahr durchschnittlich Fr. 21'780.– betragen (Kostenteiler Kanton
28 %/Gemeinde 72 %, gemäss § 49 SPG). Eine zeitnahe Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt
birgt folglich ein erhebliches Kosteneinsparungspotenzial in sich. Im Kontext der Tagesstruktur und
dabei insbesondere dem Zugang zu Bildungsprogrammen und Deutschkursen wird zudem wiederum
auf die bereits zitierte Beantwortung der Interpellation verwiesen.
In Bezug auf die im Text zur Motion erwähnten Stichworte Ernährung/Gesundheit hält der
Regierungsrat Folgendes fest: Die UMA, die sich in den Strukturen des Drittanbieters befinden,
erhalten ihre Mahlzeiten jeweils aus dessen Küche, respektive bereiten diese gemeinsam in den
Wohngruppen zu. Mit der Unterbringung und Betreuung aller UMA in einer geführten Struktur könnte
ein allfälliges Defizit bei der Ernährung der aktuell in kantonalen Unterkünften lebenden UMA
aufgefangen werden. Des Weiteren sind im Kanton Aargau sämtliche Asylsuchenden
krankenversichert (Grundversicherung, inklusive Unfallversicherung). Arztbesuche sind in Absprache
mit der Betreuung jederzeit möglich.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'989.–.
Vorsitzender: Der Regierungsrat beantragt, den Vorstoss als erledigt von der Kontrolle
abzuschreiben (vgl. Vorlage 15.23/Antrag 2). Die Motionärinnen haben sich damit einverstanden
erklärt.
Die Motion wird somit stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen und gleichzeitig als erledigt
von der Kontrolle abgeschrieben.
0848 Interpellation Lilian Studer, EVP, Wettingen, vom 18. November 2014 betreffend Situation
der unbegleiteten minderjährigen Asylbewerber (UMA) im Kanton Aargau; Beantwortung und
Erledigung
(vgl. Art. 0659)
Mit Datum vom 25. Februar 2015 hat der Regierungsrat die Interpellaton beantwortet.
Vorbemerkungen
Aktuell sind dem Kanton Aargau 78 unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) zugewiesen
(Stand: 28. November 2014). Im November 2013 waren es 46, im November 2012 50 UMA.
Verlässliche Prognosen zur Entwicklung der Zuweisungen sind unmöglich. Es muss jedoch auch
weiterhin mit hohen Zuweisungen gerechnet werden (vgl. dazu auch den Bericht der Aargauer
5. Mai 2015
Art.-Nr. 0847
2399
Zeitung vom 30. Januar 2015, wonach im Jahr 2014 eine Rekordzahl von knapp 800 UMA in den
Empfangszentren des Bundes registriert wurde).
Bezüglich des Herkunftslands lässt sich folgende Verteilung feststellen:
Abbildung 1: Anzahl UMA im Kanton Aargau nach Herkunftsland (Stand: 28. November 2014)
Von den 78 unbegleiteten minderjährigen Jugendlichen sind 58 männlich und 20 weiblich. Zurzeit
sind 32 unbegleitete minderjährige Jugendliche wie folgt geregelt: 9 mit Status B (positiver
Asylentscheid), 13 mit Status F vorläufig aufgenommene Flüchtlinge (F VA FL) und 10 mit F vorläufig
aufgenommene Ausländer (F VA AS).
Aufgrund ihrer Nationalität ist bei einem Grossteil der aktuell dem Kanton Aargau zugeteilten UMA
davon auszugehen, dass diese ein Bleiberecht erhalten werden. In diesem Zusammenhang weist
der Regierungsrat auf die besondere Bedeutung einer frühzeitigen Integration hin. Sie steigert die
Chancen der UMA, ihr Leben nach einem positiven Asylentscheid, respektive der Erteilung des
Bleiberechts, als Erwachsene, selbstständig und unabhängig von der Sozialhilfe zu bestreiten. Eine
frühzeitige Investition in Integration führt folglich in der Regel auf längere Sicht hin zu geringeren
Folgekosten.
An dieser Stelle sei auch auf die Beantwortung der Motion der Fraktion der Grünen, der SP und der
GLP (Sprecherin Kathrin Fricker, Grüne, Baden) vom 18. November 2014 betreffend Ergänzung des
Gesetzes über die öffentliche Sozialhilfe und die soziale Prävention (Sozialhilfe- und
Präventionsgesetz, SPG) um die Regelung der Unterbringung und Betreuung von UMA verwiesen.
Zur Frage 1: "Welche Unterbringungsmöglichkeiten gibt es zurzeit für UMA im Kanton Aargau, zu
welchen Anteilen werden sie benutzt, und wie sieht das Alterssegment dabei aus?"
Das Departement Gesundheit und Soziales platziert die dem Kanton Aargau zugewiesenen UMA,
welche noch nicht 16 Jahre alt sind, in einer auf deren Unterbringung und Betreuung spezialisierten
Einrichtung eines Drittanbieters. In dessen Strukturen können die UMA in der Folge bis zum
Erreichen der Volljährigkeit verbleiben.
5. Mai 2015
Art.-Nr. 0848
2400
UMA, welche bei ihrer Zuweisung älter als 16 Jahre sind, werden in der Regel direkt in dazu
geeigneten kantonalen Unterkünften untergebracht. Bei einer Unterbringung in einer
Erwachsenenunterkunft ist das Departement Gesundheit und Soziales jeweils bestrebt, den
Bedürfnissen der UMA so gut als möglich Rechnung zu tragen. So stellt man ihnen nach Möglichkeit
jeweils ein sogenanntes Jugendzimmer zur Verfügung, in dem die UMA gemeinsam untergebracht
werden und in dem zusätzlich auch Lernmöglichkeiten geschaffen werden.
In Einzelfällen (beispielsweise bei ganz jungen Personen) werden UMA auch an Pflegefamilien
vermittelt. Die Rekrutierung solcher Pflegefamilien gestaltet sich jedoch jeweils anspruchsvoll.
Sofern die UMA über Verwandte im Kanton Aargau verfügen und dies möglich und sinnvoll ist, ist
das Departement Gesundheit und Soziales zudem jeweils bestrebt, es den Kindern und
Jugendlichen zu ermöglichen, bei diesen zu leben.
Bezüglich Unterbringung stellt sich die Situation derzeit wie folgt dar (Stand: 28. November 2014):
UMA, unter 16 Jahre
UMA, über 16 Jahre
Total
Einrichtung Drittanbieter
kantonale Unterkunft
9
2
4
52
13
54
Pflegefamilie
Verwandte
1
7
0
3
19
59
1
10
78
Total
Zur Frage 2: "Haben alle UMA im Aargau einen Beistand? Wenn nein, was sind die Gründe?"
Wie in Art. 17 Abs. 3 des Asylgesetzes (AsylG) vom 26. Juni 1998 gefordert, stellt das Departement
Gesundheit und Soziales einem UMA unmittelbar nach seiner Zuweisung eine Vertrauensperson zur
Seite. Diese kommt aus den Reihen des Kantonalen Sozialdiensts und nimmt während dem
Asylverfahren die Interessen des Jugendlichen wahr.
Dies gilt jedoch nur, solange keine vormundschaftlichen Massnahmen ergriffen worden sind. Die
Bestellung eines Vormunds/Beistands löst die Vertrauensperson ab. Von den 78 UMA haben derzeit
65 eine Vertrauensperson, 13 wurde ein Vormund/Beistand zur Seite gestellt (Stand: 28. November
2014).
Zur Frage 3: "Wäre aus Sicht des Regierungsrats eine grössere Asyl-Unterkunft nur für UMA
begrüssenswert? Wie sieht der Stand einer solchen Möglichkeit aus?"
Bei ihrer Zuweisung an den Kanton Aargau haben die UMA in der Regel eine lange und
beschwerliche Flucht hinter sich. Oftmals handelt es sich bei ihnen um verwahrloste Kinder, welche
schon lange nicht mehr in Strukturen eingebettet waren, wie wir sie für Kinder und Jugendliche
kennen. Daher ist es besonders wichtig, ihnen so rasch als möglich wieder ein geordnetes Leben zu
ermöglichen und sie in den Umständen und Bedürfnissen entsprechenden Strukturen zu betreuen.
Der Regierungsrat ist davon überzeugt, dass das Departement Gesundheit und Soziales mit der
Schaffung einer grösseren Unterkunft ausschliesslich für UMA die Möglichkeit erhielte, den
besonderen Bedürfnissen dieser Kinder und Jugendlichen noch angemessener Rechnung zu tragen.
An dieser Stelle sei wiederum auf die Beantwortung der eingangs erwähnten Motion verwiesen.
5. Mai 2015
Art.-Nr. 0848
2401
Zur Frage 4: "Mit welchen Schwierigkeiten ist der Regierungsrat aufgrund von Unterbringungen von
UMA in einer Asylunterkunft zusammen mit Erwachsenen konfrontiert?"
Die Schwierigkeiten, die mit der Unterbringung von UMA in Erwachsenenunterkünften einhergehen,
sind weniger dem Umstand der gemeinsamen Unterbringung zusammen mit Erwachsenen
zuzuschreiben. Viel entscheidender ist der Umstand, dass die Jugendlichen über weitergehende
Bedürfnisse, insbesondere im Betreuungsbereich, verfügen, als dies Erwachsene tun.
Um den UMA und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, wäre folglich ein bedeutend höheres
Betreuungsverhältnis nötig, als dies im Erwachsenenbereich der Fall ist.
Zur Frage 5: "Wo sieht der Regierungsrat im Kanton Aargau Handlungsbedarf, um den Bedürfnissen
der UMA aufgrund ihrer Minderjährigkeit und somit besonderer Stellung wie auch Vorschriften
gerecht zu werden?"
Handlungsbedarf wird insbesondere bei den über 16-jährigen UMA (vgl. Antworten zu den Fragen 3
und 4 sowie Beantwortung der darin zitierten Motion) sowie im Bereich der Tagesstruktur und den
Ausbildungsmöglichkeiten (vgl. Antwort zur Frage 8) geortet.
Zur Frage 6: "Wo sieht die Regierung Handlungsbedarf bezüglich den Forderungen, die in der
Charta beschrieben werden?"
Der Regierungsrat sieht in zwei Bereichen, welche in der Charta beschrieben werden,
Handlungsbedarf.
Einerseits besteht bezüglich der Wohnsituation der über 16-jährigen UMA Handlungsbedarf (vgl. Antworten zu den Fragen 3, 4 und 5). Aufgrund fehlender personeller und finanzieller Ressourcen ist es
jedoch bisher nicht möglich, eine Lösung zu realisieren, bei welcher auch unbegleitete minderjährige
Jugendliche, die bei ihrer Zuweisung an den Kanton Aargau über 16 Jahre alt sind, in den Strukturen
eines Drittanbieters platziert werden können (vgl. hierzu Beantwortung der bereits zitierten Motion).
Andererseits erkennt der Regierungsrat für Asylsuchende und Flüchtlinge eine Schwierigkeit darin,
eine Ausbildungsmöglichkeit zu finden (vgl. hierzu die Antwort zur Frage 7). Diese Problematik
besteht jedoch nicht nur für UMA, sondern für Asylsuchende und Flüchtlinge im Allgemeinen.
Zur Frage 7: "Wie sieht die Chance einer Ausbildung von UMA im Kanton Aargau aus? Gibt es da
Zahlen? Wie ist es im Vergleich mit anderen Kantonen?"
Gemäss Schulgesetz vom 17. März 1981, insbesondere § 4, unterstehen alle Kinder und
Jugendlichen mit Aufenthalt im Kanton der Schulpflicht. Diese dauert neun Jahre oder bis zum
erfolgreichen früheren Abschluss einer Grundausbildung an der Volksschule, längstens jedoch bis
zur Vollendung des 16. Altersjahrs. Dementsprechend besuchen auch die UMA im Kanton Aargau
eine Schule.
Insbesondere für UMA, welche bei ihrer Einreise bereits der Schulpflicht entwachsen sind, stehen die
Deutschkurse des Kantonalen Sozialdiensts, aber auch Beschäftigungsprogramme, welche Dritte im
Auftrag des Kantonalen Sozialdiensts anbieten, offen. Bei einer Anmeldung für eines dieser
Angebote werden die UMA jeweils prioritär behandelt.
Des Weiteren arbeitet derzeit eine interdepartementale Arbeitsgruppe mit Vertretern des
Departements Bildung, Kultur und Sport, des Departements Volkswirtschaft und Inneres und des
Departements Gesundheit und Soziales daran, Rechtsgrundlagen für ein auf die obligatorische
5. Mai 2015
Art.-Nr. 0848
2402
Schulzeit folgendes Angebot zu schaffen. Dies ist insbesondere für diejenigen UMA wichtig, welche
über gute Aussichten auf die Erteilung des Bleiberechts verfügen.
Bei UMA mit Aufenthaltsbewilligung B oder F greifen im Übrigen die Regelstrukturen. Sie haben
Anspruch auf Integration.
Bezüglich Ausbildungsplätze hält der Regierungsrat fest, dass es nicht zu den Aufgaben des Staats
gehört, diese zur Verfügung zu stellen. Hier ist viel mehr die Wirtschaft in der Verantwortung.
Generell gilt für UMA mit Status N, ebenso wie für alle anderen Asylsuchenden mit demselben
Status, dass das Departement Volkswirtschaft und Inneres Anträge zur Aufnahme eines
Lehrverhältnisses prüft. Solche Anträge werden jeweils von den interessierten Lehrbetrieben gestellt.
Aktuell besuchen 24 unbegleitete minderjährige Jugendliche einen Deutschkurs des Kantonalen
Sozialdiensts, 12 eine Volksschule (inklusive 6 UMA, die am Regionalen Integrationskurs
teilnehmen), 11 die Veranstaltungsreihe "Grüezi Eritrea" von Caritas (hierfür sind nebst dem
Herkunftsland Eritrea die Anerkennung als Flüchtling, die vorläufige Aufnahme als Flüchtling oder die
vorläufige Aufnahme nötig) und 6 den Einschulungsvorbereitungskurs für Kinder aus dem
Asylbereich (Stand: 28. November 2014).
Weiterreichendes Zahlenmaterial zu den Ausbildungschancen von UMA sowie Vergleichszahlen aus
anderen Kantonen liegen keine vor.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'225.–.
Vorsitzender: Die Interpellantin hat sich mit der Antwort als befriedigt erklärt. Sie verzichtet auf ein
Votum. Das Geschäft ist erledigt.
5. Mai 2015
Art.-Nr. 0848
2403
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