Handout für Frau Mag. Sabine Martinjak ! Bürgerlicher Realismus Der Begriff "bürgerlicher" oder auch "poetischer REALISMUS" bezeichnet die Hauptströmung deutschsprachiger Literatur in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts. Poetischer bzw. epischer Realismus: Der Name stammt vom Dichter Otto Ludwig, er wendet sich gegen die Romantik u. Klassik (rücken Fantasie in den Vordergrund) und gegen tagespolitische Thematik des Vormärz. Merkmale der Literatur: vorwiegend bürgerliches Milieu (kein Arbeitermilieu); möglichst realistische Beschreibungen; objektive Schreibweise, Erzähler hält sich mit Wertungen zurück; Vorliebe für Epik Wie der Begriff Realismus anzeigt, geht es um die Wirklichkeit, daher um das, was im 19. Jh. oft unter Wirklichkeit verstanden wurde: die beobachtbare, durch die Sinne wahrzunehmende Wirklichkeit des Menschen und der Natur. Eine solche Auffassung von Realität grenzte sich bewusst ab von jeglichem Übernatürlichem (z.B. Religion), das man als Illusion, als "unwirklich" ansah. Beispiele: Charles Darwin (1809-1882)( 100 jähriges Jubiläum 2009) : Nach seiner Lehre ist die Natur geprägt vom Kampf der Arten um das Überleben. Nur diejenige Art setze sich durch, die sich der Umwelt am besten angepasst habe. Auch der Mensch sei Teil der Natur, das Produkt der Naturgeschichte (Evolution). Eine solche Auffassung widersprach der gängigen biblischen Lehre, nach der die Natur und v.a. der Mensch eine Schöpfung Gottes ist. Ludwig Feuerbach (1804-1872): Er sprach der Religion jeglichen Realitätsgehalt ab und interpretierte sie als Erfindung des Menschen. Karl Marx (1818-1883): Philosophie, Religion, Recht und andere Geisteswelten seien nicht das, was sie vorgeben, sondern nur verschleierter Ausdruck ökonomischer ("realer") Interessen. Materialismus: philosophische Richtung, die die Materie, die objektive, außerhalb des Bewusstseins existierende Wirklichkeit als das Primäre, Bestimmende ansieht. Der Bürgerliche Realismus ist eine literarische Strömung von 1848 (Märzrevolution) bis Ende des 19. Jahrhunderts, die vorrangig in Deutschland zum Tragen kam. Sie wird üblicherweise in zwei Phasen unterteilt: In der ersten Phase (etwa 1849-1859) werden die programmatischen Grundlagen des Bürgerlichen Realismus festgelegt. In der zweiten Phase erhält der Bürgerliche Realismus neue Impulse, etwa durch den Gesellschaftsroman und wird kritischer. Historischer Hintergrund Politische und gesellschaftliche Situation: Der bürgerliche Realismus beginnt mit dem Scheitern der bürgerlichen Revolution von 1848/49 (Märzrevolution) Er endet in den 80er Jahren mit dem Vormarsch einer neuen Schriftstellergeneration , Aufkommen des Naturalismus Das gebildete Bürgertum verzichtet weitgehend auf politische Macht und Mitsprache und überlässt dem Adel und Militär die politische Führung und erkauft sich so Wohlstand, soziale Ruhe und Ordnung. 1871(Gründerzeit) kam es zur Vereinigung Deutschlands, dies bringt enormen wirtschaftlichen Aufschwung, Deutschland entwickelt sich zum hochentwickelten Industriestaat. In Österreich-Ungarn wird das industrielle Wachstum aus Angst der Regierung vor sozialen Unruhen u. hohe militärische Ausgaben verhindert. Die sozialen Folgen der Industrialisierung sind das Anwachsen der Städte, die finanzielle Not und die unwürdigen Lebensbedingungen der Industriearbeiter Es kam zur Verdreifachung der Bevölkerung(1860-1890) durch Erfindung neuer Medikamente und Erfolge in der Behandlung des Kindbettfiebers. In den späten 80er Jahren werden Kinderarbeit, Krankenfürsorge, Arbeitszeit und Arbeitslosenfürsorge gesetzlich geregelt, trotz Sozialgesetz verarmt die Arbeiterschaft immer mehr, u.das Bürgertum kann zum Großteil in wirtschaftlichen Wohlstand leben. Erst in den 90er,zur Zeit des Naturalismus kommt es zu einer Verbreitung der Theorien von Karl Marx (1818-1883) und Friedrich Engels (1820-1895), die ihr 1848 anonym veröffentlichtes Manifest der kommunistischen Partei mit den Worten schließen: Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier(gesellschaftliche Schicht)haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder vereinigt euch! Für Dichter bedeutet dies, dass wahre Menschlichkeit nicht lebbar ist, in ihren Werken verweisen sie auf bestehende Traditionen und vermeiden radikale Darstellungen gesellschaftlicher und politischer Konflikte Literarisches Leben: Aufschwung der Literatur durch drucktechnische Fortschritte Verbilligung und Vereinfachung des Literaturversandes durch die rasche Entwicklung des Postwesens Bessere Schulbildung und Verringerung der Analphabeten Langsames Reduzieren der Arbeitszeit und Erhöhung der Einkommen bürgerlicher Schichten Lockerung der Zensur Leihbüchereien und Volksbibliotheken entstehen Billige Kolportageliteratur (Hausierhandel) wird angeboten Wochen-Zeitschriften entstehen (1853 "Gartenlaube" Grundstein für Massenpresse), diente zur Erziehung der Bürger zur Sitte und Moral Ende des Jahrhunderts entwickelte sich die Illustrierte Autoren müssen sich den Massenproduktionen und dem Geschmack des breiten Lesepublikums anpassen unterwerfen Im Realismus herrscht grundsätzlich ein friedliches Nebeneinander von ästhetisch hochwertiger Literatur und Unterhaltungsliteratur, die vor gesellschaftspolitischen Zeitproblemen flüchtet, auch biedermeierliche Idyllen zeichnet oder exotische Abenteuer zum Thema hat z.B. Karl May. Erläuterung zum Begriff Novelle und Roman Priorität hat im poetischen Realismus die erzählende Dichtung, im besonderen die Novelle und der Roman. Novelle: Die Novelle soll ein bedeutungsvolles Ereignis aus dem Alltagsleben darstellen und durch das Aufzeigen einer Krisensituation vermitteln, „was Menschenleben überhaupt ist“. Das Wort Novelle kommt aus dem Italienischen (novella) und bedeutet „kleine Neuigkeit“. Meist in Prosa geschrieben, gestaltet die Novelle eine tatsächliche oder vorstellbare Einzelbegebenheit mit einem zentralen Konflikt in einer geradlinig auf einen Zielpunkt hinführenden und geschlossenen Form. Das zeigt, dass sie dem Drama näher steht als dem Roman, dessen Handlung verzweigt und vielschichtig ist. Was ist ein Roman : Roman: Der Gesellschaftsroman malt einen größeren Ausschnitt aus der Gesellschaft, wobei das gehobene Bürgertum, der niedere und mittlere Adel im Mittelpunkt stehen Der Bildungsroman beschreibt die Entwicklung einer Einzelgestalt innerhalb der besitzbürgerlichen Welt. Diese zentrale Person muss lernen, sich in die Gesellschaft einzuordnen. Der historische Roman behandelt historisch-authentische Ereignisse und Personen und konfrontiert wichtige Abschnitte aus der Geschichte mit der Gegenwart. Wichtige Autoren im bürgerlichen Realismus : Hans Theodor Woldsen Storm Wilhelm Raabe Gottfried Keller Heinrich Theodor Fontane Ludwig Anzengruber Peter Rosegger Freifrau Marie von Ebner-Eschenbach Quellen: Geschichte der Deutschsprachigen Literatur und Wikipedia.org Schluss: Eine kleine Leseprobe. Seidler Andreas Garsteiner Stefan