Bonifatiuswerk – Interview zum Motto des Diaspora-Sonntags Diaspora-Sonntag - 17. November 2013 Keiner soll alleine glauben. Ihre Spende: Damit der Glaube wachsen kann „Keiner soll alleine glauben“ Unter dem Motto „Keiner soll alleine glauben. Ihre Spende: Damit der Glaube wachsen kann“ sammelt das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken am 17. November für die Gläubigen in der Diaspora. Monsignore Georg Austen, Generalsekretär des Diaspora-Hilfswerkes, zum Thema der DiasporaAktion. Frage: Der Leitspruch der diesjährigen Diaspora-Aktion lautet: „Keiner soll alleine glauben“. Welcher Gedanke liegt dem zugrunde? Monsignore Austen: „Immer mehr Katholiken in Deutschland erleben keine Gemeinschaft im Glauben. In einigen Regionen Ostdeutschlands etwa kommen auf 100 Einwohner nur zwei Katholiken. Mehr als 75 Prozent gehören in Ostdeutschland weder einer christlichen noch einer anderen Religionsgemeinschaft an. In einer stetig wachsenden Glaubensdiaspora bedeutet Christsein gerade für die Jüngsten: Gegen den Strom schwimmen und dabei nach einer tragenden Glaubensgemeinschaft zu suchen. Keiner soll alleine glauben. Das ist für das Bonifatiuswerk Ziel und Auftrag zugleich.“ Frage: Welche Auswirkungen bringen diese Umbrüche mit sich? Monsignore Austen: „Die Diaspora-Situation in Deutschland verändert sich, da sich das Verhältnis der Menschen in unserer Gesellschaft zu Religion und Glaube radikal verändert. Nicht nur in den Regionen, in denen katholische Christen zahlenmäßig seit Jahrhunderten traditionell nur eine kleine Minderheit darstellen, nein, auch in katholisch geprägten Regionen fühlen sich Gläubige mittlerweile allein mit ihrem Glauben, fühlen sich in einer emotionalen Diaspora des Glaubens. Immer weniger Menschen fühlen sich in unserer Kirche und den Gemeinden beheimatet. Sie leben vielmehr auf ihren selbstgeschaffenen Inseln nebeneinander, jeder in seinem Milieu, jeder in seiner individuellen, abgeschlossenen Lebenswelt, die oftmals ohne Gott gedacht wird. Gottes Zuwendung gilt aber dem konkreten Leben der Menschen. Deshalb müssen wir neue Zugänge schaffen, die Menschen in ihrer Existenz berühren Sinnstiften und Zeugnis geben, im und für das Leben.“ Frage: Wie wollen Sie diese neuen Zugänge schaffen? Monsignore Austen: „Wir versuchen die Glaubensgemeinschaft in der Diaspora im Kern zu stärken und unterstützen daher Kirchengemeinden als Dienstleister, wenn etwa der Bedarf für einen neuen Gottesdienstraum da ist. Zugleich versuchen wir, als Hilfswerk für den Glauben, suchenden oder konfessionslosen Menschen ein Impulsgeber zu sein. Denn auch für sie stellt sich oftmals die Frage nach Gott. Unser Glaube geht nicht an der Welt vorbei, sondern in sie hinein. Ein wichtiger Aspekt für uns ist aber auch die Weitergabe des Glaubens an die Jüngsten.“ Frage: Sie meinen die Kinderhilfe. Sie besteht seit mehr als 125 Jahren! Monsignore Austen: „Schon Kinder und Jugendliche sind in der Diaspora in ihrer Glaubenszugehörigkeit gefordert. Stellen Sie sich vor, sie sind der einzige katholische Christ in Ihrer Schule und fern des eigenen Freundeskreises gehen Sie alleine zum Religionsunterricht in eine andere Schule. Das fordert Selbstbewusstsein und Mut. Oder denken Sie: Sie leben in Ostdeutschland und die Einwohner Ihrer Stadt, Ihres Dorfes gehören zu über 80 Prozent keiner Religion, keiner christlichen Konfession an. Wir sind überzeugt: Jedes Kind ist einmalig und wird von Gott gleichermaßen geliebt. Jedes Kind ist ein Original in den Augen Gottes. Deshalb sollen sie zu Individuen und nicht nach einheitlichen Erziehungsidealen erzogen werden. Religiöse Erziehung kann für das gesamte Leben eine Orientierung geben, sinnstiftend sein. Daher unterstützen wir in Ostdeutschland seit 20 Jahren jedes Kind in den katholischen Kindergärten.“ Frage: Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen, wie Sie die Kinder erreichen wollen? Monsignore Austen: „Durch neue Initiativen laden wir Menschen ein, sich ein Bild vom Glauben zu machen und darüber zu sprechen. Ich erinnere an unsere Initiative „Kirche im Kleinen“, die Fragenden praktische Hilfen an die Hand gibt. Für die Knotenpunkte des Lebens haben wir die Neugeborenentasche, die Brotbox für die Schulanfänger, die Schulabschlusstasche und den Glaubensrucksack für Gefirmte entwickelt. Gottes Segen an diesen Lebensknotenpunkten kann so in einladender Weise sinnenhaft erfahrbar werden. So wird auch in der alltäglichen Lebenswelt die Verbindung zu Gott ersichtlich und das Leben kann aus dem Glauben heraus gestaltet werden. Glaube und Leben sind nicht zu trennen. Es geht darum, auch junge Menschen auf den Geschmack des Evangeliums zu bringen, um den Charme des Glaubens zu entdecken.“ Am Diaspora-Sonntag werden die Katholiken um ein Zeichen der Solidarität, also um eine Spende gebeten. Wozu wird das Geld benötigt? Monsignore Austen: „Das Geld wird in vielfältiger Weise benötigt, denn das Bonifatiuswerk kann Katholiken, die in der Minderheit leben, in Deutschland, Nordeuropa und im Baltikum nur unterstützen mit der Spende der Gläubigen. Hier können wir nur die große Dankbarkeit aus den unterstützten Regionen weitergeben. Die Unterstützung ist Hilfe zur Selbsthilfe. Wir möchten dazu beitragen, dass auch in Regionen, in denen es nur kleine Gemeinschaften gibt, sich lebendige Zellen und Gemeinden bilden können, man dort den Gottdienst feiern kann, dass Katechesen und Sakramentenvorbereitung durchgeführt werden können, dass es Religionsunterricht gibt, dass Räume geschaffen werden – in Kindergärten, Klöstern, Jugendeinrichtungen, auch sozialer Art, wo Menschen eine Beheimatung im Glauben und der Gemeinschaft finden, eben damit der Glaube wachsen kann.“