zum Unterrichtsentwurf (doc-Datei) - Institut für Theologische Zoologie

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Entwurf für eine Sek. II-Unterrichtsreihe im Fach
Katholische Religionslehre an Gymnasien, Gesamtschulen
und Berufskolleg
Entworfen vom Arbeitskreis von Lehrerinnen und Lehrern des
„Institut für Theologische Zoologie macht Schule“ –
Jasmin Hassel, Christiane Steigenberger, Markus Bürger
Zuletzt geändert: 07.09.2013
1.1 Thema der Unterrichtsreihe
Hühner, Schweine, Rinder – Mitgeschöpfe oder Rohlinge für die
Fleischindustrie? Der Umgang des Menschen mit den Tieren und seine
Verantwortung für sie im Lichte der Schöpfungstheologie zur
Beurteilung der ethischen Debatte um artgerechte Tierhaltung.
1.2 Themen der Unterrichtssequenzen mit Unterrichtsvorschlägen
1. Erster erfahrungsorientierter Zugang zur Tierethik hinsichtlich des Verhältnisses
zwischen Mensch und Tier zur Bestimmung der Lernausgangslage der SuS und zur
Entwicklung einer Leitfrage für die Unterrichtsreihe.
Vorschläge:
- Motivation/Interesse wecken mit Simpsons-Folge: „Lisa wird Vegetarierin“
Simpsons
Staffel 7 /
Episode 5
- SuS können im Anschluss daran, anhand einer Mindmap, erste Antwortversuche
geben, was Fleischkonsum mit Religionsunterricht zu tun haben könnte.
- L stellt Gewissensfrage: Ist es mit dem Gewissen vereinbar, an einem
Schnitzelwettessen teilzunehmen.
Die SuS positionieren sich im Klassenraum zu dieser Frage auf einer imaginären
Skala zwischen den Polen bedingungslose Befürwortung (auf der einen Seite des
Raums), bedingungslose Ablehnung (auf der anderen Seite des Raums). Die SuS
finden so ihren ersten StandPunkt in der Frage. Nun interviewt der/die L. einzelne
SuS zu ihrem StandPunkt, sodass unterschiedliche Meinungen deutlich werden.
Der L fotografiert die Positionierungen, um am Ende der Reihe noch einmal darauf
eingehen zu können.
Im Plenum wird anschließend die hinter der konkreten Gewissensfrage stehende
Frage, die auf die Leitfrage der Unterrichtsreihe sein wird, entwickelt und an die
Tafel geschrieben:
Hühner, Schweine, Rinder – Mitgeschöpfe oder Rohlinge für die
Fleischindustrie?
HA: Verfasse eine eigene Antwort auf die Gewissensfrage, in der du deinen
Standpunkt argumentativ vertrittst. (Dient einem
M1
Folie
2. „Warum unsere Küken den Regenwald aufessen und 25% der Brasilianer hungern“!?
Der Zusammenhang von Tierfutterproduktion, Umweltzerstörung und dem
Ernährungsproblem in der sogenannten Dritten Welt zur Verdeutlichung der globalen
Auswirkungen des europäischen Fleischkonsums.
Vorschläge:
„We feed the world“ (DVD, Regie Erwin Wagenhofer)
Zu Beginn des Kapitels 5 des Films erscheint ein Schriftzug mit der Frage: Warum
unsere Hühner den Regenwald auffressen und 25% der Brasilianer hungern?“
Bei dieser Frage wird der Film gestoppt. Die SuS stellen Hypothesen dazu auf; diese
können an der Tafel gesichert werden.
Die SuS schreiben die Frage in ihre Hefte und bekommen den Arbeitsauftrag, die
Frage auf der Grundlage der Informationen des folgenden Filmausschnitts zu
beantworten und dieses in einem Schaubild darzustellen. Deshalb sollen sich die SuS
während des Films Notizen machen.
Der Ausschnitt des Films wird gezeigt. Nach dem Film können Verständnisfragen
geklärt werden. Danach schließt sich eine Partner- oder Gruppenarbeit an, in der ein
Schaubild/Plakat zur o.g. Frage entwickelt wird.
DVD „We
feed the
world“,
Kapitel 5
Exkurs: Unterstützend ist vielleicht hilfreich den Text „Umweltschäden durch
Fleischkonsum“ und „Raubbau am Regenwald“ bzw. die Statistik M1c einzureichen.
Bzgl. der Verdeutlichung des Zusammenhangs von Tierfutterproduktion und
globaler Armut bzw. Wassermangel dient der Text „Flussumleitung“.
M1b, M1c
M1e, M1f
In der nächsten Stunde kann anhand der Folie „Vegetarier sind Klimaschützer“ die
Ergebnisse wiederholt werden.
M1d
3. „Die Würde der Tiere ist (un-)antastbar!?“ Eine Gegenüberstellung konventioneller
und artgerechter Tierhaltung anhand der Dokumentarfilme „We feed the world“ und
„Herrmannsdorfer Landwerkstätten“ zur Verdeutlichung des unterschiedlichen
Umgangs mit Tieren in der Fleischproduktion vor dem Hintergrund des christlichen
„Würde“-Begriffs.
Vorschläge:
Einstieg: Wiesenhof-Werbung für Hähnchenschenkel
Thematisierung des Effekts der Werbung (glückliche Hühnchen vom Bauernhof...),
Eventuell Werbung von Oliver Kahn für Wiesenhof, oder das neue Werder Bremen
Trikot…
M2
Fragestellung: Wie wird in der konventionellen Tierhaltung Hähnchenfleisch
produziert?
Die SuS schreiben diese Frage von der Tafel ab.
Filmausschnitt aus „We feed the world“ (Massentierhaltung) wird gezeigt. Dabei
kann der L. den Film an markanten Stellen anhalten, z.B. an der Stelle, an der die
Küken auf das Fließband fallen; O-Ton des Arbeiters vor Ort: „Lebende Ware“.
Nach dem Film ist eine Murmelphase mit den Sitznachbarn möglich. Im Plenum
werden die Eindrücke zusammengetragen.
Abschluss: Folie des Einstiegs wird aufgelegt und das Gesehene mit der
einführenden und verharmlosenden Werbung verglichen. Dabei soll aber auch die
Rolle des Konsumenten und seiner Verantwortung thematisiert werden.
L. stellt Karl Ludwig Schweisfurth vor, den ehemaligen Besitzer der größten
Wurstfabrik Europas (Herta), der die Bedingungen seiner eigenen Fleischproduktion
irgendwann nicht mehr ertragen und mit seinem Gewissen vereinbaren konnte und
deshalb konsequent auf artgerechte Tierhaltung und ökologische Erzeugung von
Lebensmitteln umstieg.
L schreibt das Thema der Stunde an die Tafel:
„Merkmale und Prinzipien der artgerechten Tierhaltung am Beispiel der
Herrmannsdorfer Landwerkstätten.“
„We feed
the world“,
Kapitel 6
Die SuS legen in ihrem Heft eine Tabelle an:
Merkmale konventioneller
Merkmale artgerechter Tierhaltung
Tierhaltung
...
Die SuS bekommen die arbeitsteilige Aufgabe, während des Films Merkmale der
konventionellen/der artgerechten Tierhaltung zu notieren.
Der Film wird gezeigt: http://www.youtube.com/watch?v=AoOWmeIxZYA
Nach dem Film sollen die SuS ihre Eindrücke schildern, danach werden die
Ergebnisse zusammengetragen (s. Tafelbild)
Merkmale konventioneller
Tierhaltung
-
-
Verlust von Werten
Automatisierung
Kündigung von
qualifizierten Mitarbeitern
Beschäftigung
unqualifizierter Arbeiter auf
Billiglohnniveau
Innere Verödung des
Menschen
Verlust menschenwürdiger
Arbeitsbedingungen
Doku
„Herrman
nsdorfer
Landwerks
tätten“
Merkmale artgerechter Tiehaltung
-
Förderung des Handwerks
Pflege der Landschaft
Förderung der Region
Qualität der Produkte
...
Prinzip: Gewinnmaximierung:
Prinzip: Ehrfurcht vor dem Leben
(billiger, schneller, mehr)
aller (Mensch und Tier)
Alternativ zum Text kann ein Artikel aus der SZ eingesetzt werden.
M3
Abschließend wird der Zusammenhang zwischen der Art der Tierhaltung und den
Arbeitsbedingungen des Menschen mit Hilfe des Zitats von Albert Schweizer
thematisiert.
„Tierschutz ist Menschenschutz“ (Albert Schweizer)
Mögliches
Arbeitsblatt
M3b
Weitere Möglichkeit der Vertiefung: 10 Gebote der Nutztierhaltung von
Schweisfurth
Evtl. als HA: Selbst 10 Gebote der Nutztierhaltung entwerfen
M4
4. „Macht euch die Erde untertan!“ Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier im
ersten Schöpfungsbericht zur exemplarischen Verdeutlichung der jüdisch-christlichen
Perspektive auf die aktuelle Debatte um Nutztierhaltung.
Vorschläge:
1. Schritt: „Der Mensch als die Krone der Schöpfung!?“ Entstehung und Aufbau
des ersten Schöpfungsberichtes zur Verdeutlichung des Verhältnisses von Tier
und Mensch im Sechstagewerk.
Zur Erarbeitung des Themas bekommen die SuS den biblischen Text, aber ohne Angabe des
jeweiligen Schöpfungstags (M5).
Ihre Aufgabe ist es, den Text erst in EA zu lesen und dann in GA/PA die Einteilung der Tage
vorzunehmen und diese Einteilung zu begründen (M 6)
(Zu erwarten ist, dass viele SuS dem Menschen eigens den sechsten Tag zusprechen werden,
ganz im Sinne ihres oder eines tradierten Verständnisses vom Menschen als Krone der
Schöpfung.) Nachdem die SuS ihre Lösung präsentiert haben, vergleichen sie ihre Lösung mit
der biblischen Geschichte. Die SuS erkennen dadurch, dass der Mensch zusammen mit den
Landtieren geschaffen worden ist und insofern keine Sonderstellung genießt.
Sinnvoll ist die Analyse des Textes von Zenger M 7 (zur Textsorte der Schöpfungserzählung)
und M8 (zum kunstvollen Aufbau des Schöpfungsberichts) zur Herausarbeitung der
Aussageabsicht. Die SuS erkennen, dass hier kein Naturwissenschaftlicher Bericht vorliegt.
Bibel:
Gen1
M5
M6
M7
M8
2. Schritt: „Der Mensch als Schützer im Lebenshaus“!? Der sogenannte
Herrschaftsauftrag (Gen 1,28) im ersten Schöpfungsbericht zur Verdeutlichung
des jüdisch-christlichen Verständnisses von der Verantwortung des Menschen
gegenüber seinen Mitgeschöpfen.
Zur Wiederholung wird ein kurzer Ausschnitt aus einem Interview des Schweizer
Fernsehens mit Rainer Hagencord gezeigt, in dem er darstellt, dass der Mensch
NICHT die Krone der Schöpfung sei. www.srf.ch/player/tv/sternstundereligion/video/sternstunde-religion-theologie-trifft-zoologie--judith-hardegger-imgespraech-mit-rainer-hagencord?id=19542986-098e-4549-9b08-574330bd1f25
Daraufhin wirft der Lehrer das Zitat „Macht euch die Erde untertan und herrscht über
[…] alles Getier“ (M9), an die Wand. Die SuS stellen einen Widerspruch zu dem
bisher Gesagten (s. letzte Stunde) fest.
Entwicklung der Fragestellung der Stunde: Wie ist der biblische Herrschaftsauftrag in
Gen 1,28 zu verstehen?
Erarbeitung der Frage anhand des Textes M10 und den Materialien zur Präsentation
M11
 Ausführlicher Studentenentwurf im Anhang (mit Artikulationsschema und
kompletten Materialien)
Ausschnitt
Interview
8.53 – 9.33
Vertiefungsmöglichkeiten:
Zur Frage des Vegetarismus im Schöpfungsbericht (M12)
Gottes Schöpfung bewahren. Der Auftrag an den Menschen (M13)
Texte zu kirchlichen Positionen (M14)
M12, M13,
M14
M9
M10, M11
Alternative
Materialien
M10b,
M10c
5. „Warum Hindus kein Fleisch essen und Moslems schächten“ - Der Umgang mit
Fleischkonsum und Tierhaltung in anderen Religionen (Hinduismus, Islam) zur
Anbahnung einer vertieften und multiperspektivischen Beurteilung der Debatte um die
aktuelle Nutztierhaltung.
Für die folgenden drei Sequenzen bietet es sich an, die SuS selber recherchieren zu lassen und
Referate halten zu lassen. In dieser Sequenz soll ein Referat über den Vegetarismus bzw. die
Ehrfurcht vor dem Leben der Hindus gehalten werden. Desweiteren ein Referat über die
ursprüngliche Bedeutung des Schächtens im Islam. Dies soll den SuS helfen ihre Perspektive
in Bezug auf den Umgang mit den Tieren zu erweitern.
6. „Sind Tiere Personen“? Das präferenzutilitaristische Modell Peter Singers zur
Anbahnung einer vertieften und multiperspektivischen Beurteilung der Debatte um die
aktuelle Nutztierhaltung.
Auch hier bietet sich ein Referat an, an dessen Anschluss eine Diskussion eingeleitet werden
soll, in der es darum geht, den Begriff der „Person“ bzw. die dazugehörigen Rechten von
„Personen“ zu diskutieren. Dies soll den SuS dabei helfen, die Rechte und den Stellenwert der
Tiere zu hinterfragen.
7. „Wir Menschen haben schon immer Fleisch gegessen!“ Die Kultur- und Naturthese
als mögliche Rechtfertigungsmodelle der konventionellen Nutztierhaltungspraxis und
als Gegenentwurf zum jüdisch-christlichen „Herrschafts“-Verständnis zur Anbahnung
einer vertieften und multiperspektivischen Beurteilung der Debatte um die aktuelle
Nutztierhaltung.
Hier bietet es sich an, den Artikel „Tiere sind auch nur Menschen“ von Iris Radisch
(Die Zeit, 12.8.2010) zu besprechen, in dem sie sowohl auf die Kultur- als auch die
Naturthese eingeht und gleichzeitig ein Plädoyer für den Vegetarismus hält.
M 15
Exkursionsvorschlag zu einem Naturschutzhof.
8. „Wie stehe ich (als Christ) zu diesem Thema“? Abschließende multiperspektivische
Auseinandersetzung mit der Ausgangsfrage zur Entwicklung einer eigenen
Stellungnahme bzgl. der Nutztierhaltung vor dem Hintergrund der Unterrichtsreihe
und unter besonderer Berücksichtigung der christlichen Perspektive.
Am Ende dieser Reihe bietet sich eine Podiumsdiskussion an; nicht weil es für alle Positionen
in Bezug auf die Tierhaltung Vor- und Nachteile gibt und die SuS sich für eine Position
entscheiden sollen, sondern weil diese Form der Ergebnissicherung besonders der Einübung
ethischen Argumentierens gerecht wird. Zur Vorbereitung könnten die SuS den Artikel aus
der TAZ „Tiere aufessen oder Tiere streicheln?“ erarbeiten (M16). Die Stunde kann man gut
mit dem provozierenden Satz „Meat is Murder“ von dem britischen Sänger Morrissey
einleiten. (M16d)
Mit kurzen Texten zu jeweils vier verschiedenen Positionen in Bezug auf die Tierhaltung und
Tiertötung sollen die verschiedenen Kleingruppen mit Hilfe der im Unterricht erarbeiteten
Ergebnisse, ihre jeweiligen Positionen (Befürworter, Reformer, Kritiker, Gegner) vorbereiten.
(M16b) Für eine lebendige Diskussion vor der Klasse ist es wichtig, den Moderator gut
vorzubereiten, damit dieser die Diskussion gekonnt leiten kann. Auch der Rest der Klasse
muss mit Beobachtungsaufträgen und Arbeitsaufträgen versorgt werden, so dass der
Lernerfolg nicht nur bei den Vortragenden zu verzeichnen ist. (M16c) Eine saubere
Vorbereitung ist bei einer Podiumsdiskussion also extrem wichtig. Materialien befinden sich
im Anhang!
M16
M16e
M16b
M16c
M16d
Im Anschluss an die Podiumsdiskussion soll auf den Beginn der Unterrichtsreihe eingegangen
werden.
Verfasst auf die Gewissensfrage, die zu Beginn der Unterrichtsreihe gestellt wurde, eine
Antwort und bezieht in eure Argumentation euer erworbenes Wissen mit ein. (EA)
Präsentation:
Nach der Einzelarbeit, die mindestens 20 Minuten dauern wird, sollen sich die SuS gemäß
ihrer Antworten wieder auf einer imaginären Skala (s. 1. Stunde) im Raum aufstellen.
Dadurch werden möglicherweise Veränderungen sichtbar und aber auch verschiedene
Positionierungen.
Es sollt ein Antwortschreiben von je einer Positionierung vorgelesenen werden.
Es kann auch die Antwort von Dr. Erlinger (SZ) präsentiert und mit den Antworten der SuS
verglichen werden.
Vertiefung/Reflexion:
Die Skalierungen zu Beginn und zum Schluss der Unterrichtsreihe werden verglichen.
Dadurch ergibt sich eine Reflexion über das Gelernte.
M17
1.3 Lernziele der Unterrichtsreihe
Struktur hauptsächlich orientiert an: Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Katholische Religionslehre (EPA),
Beschluss der Kultusministerkonferenz 1989 i.d.F. vom 16.11.2006.
Wahrnehmungs- und Darstellungsfähigkeit – religiös bedeutsame Phänomene
wahrnehmen und beschreiben (EPA):
 Die SuS erfassen die Schöpfungsgeschichte als eine Situation, in der Fragen
nach Grund, Sinn, Ziel und Verantwortung des Lebens aufbrechen.(EPA)
 Die SuS erkennen durch die Reflexion vom Umgang mit den Tieren und vom
Umgang mit dem Fleischkonsum ethische Herausforderungen in der individuellen
Lebensgeschichte. (EPA)
 Die SuS nehmen die Mitgeschöpfe des Menschen ernst und grenzen sich von
fundamentalistischen Verkürzungen jeder Rede von Mensch und Tier, Gott und
Welt
ab.
Deutungsfähigkeit – religiös bedeutsame Sprache und Zeugnisse verstehen und
deuten (EPA):
Die SuS erschließen biblische und theologische Zeugnisse methodisch
angemessen. (EPA)
Die SuS setzen Glaubensaussagen in Beziehung zum eigenen Leben und zur
gesellschaftlichen Wirklichkeit, und weisen ihre Bedeutung auf. (EPA)
 Die SuS erkennen im schöpfungstheologischen Diskurs eine Anthropologie, die
den Menschen als irdisches Wesen und Teil der Evolution sieht und somit eine
vertiefte Reflexion der unleugbaren Verwandtschaft von Mensch und Tier mit sich
zieht.
Urteilsfähigkeit – in religiösen und ethischen Fragen begründet urteilen (EPA):
 Die SuS unterscheiden Sach- und Werturteil. (EPA)
 Die SuS nehmen Antinomien sittlichen Handelns wahr (Zusammenhang von
unserem Fleischkonsum, Regenwaldabholzung und Armut in der 3. Welt), und
setzen sie in Beziehung zu kirchlichem Glauben und Leben. (EPA)
 Die SuS stellen Gemeinsamkeiten von Religionen sowie deren Unterschiede in
Bezug auf die Tierethik dar und bewerten diese aus der Perspektive des
katholischen Glaubens. (EPA)
 Die SuS nehmen im Kontext der Pluralität einen eigenen Standpunkt zu
religiösen und ethischen Fragen ein und vertreten ihn argumentativ. (EPA)
 Die SuS beurteilen und bewerten mit Blick auf sensible ökologische und
politische Fragen der Massentierhaltung, des überhöhten Fleischkonsums, der
Vernichtung ganzer Ökosysteme und der Verelendung der so genannten 3. Welt
Zusammenhänge und reflektieren sie im Lichte der Bibel.
Dialogfähigkeit – am religiösen Dialog argumentierend teilnehmen (EPA):
 Die SuS nehmen Perspektiven anderer Religionen bzw. anderer Positionen
(Utilitarismus, Kultur- und Naturthese) ein und erweitern dadurch die eigene
Perspektive. (EPA)
 Die SuS nehmen die Perspektive von notleidenden Menschen in der
sogenannten 3. Welt ein und erkennen dadurch die „Zeichen der Zeit“, indem sie
Hunger, Umweltzerstörung in Zusammenhang mit der Tierfutterproduktion und
dem Fleischkonsum setzen, sodass die biblische Botschaft von der Bewahrung der
Schöpfung in die Lebenswelt der SuS selbst tritt.
Die SuS distanzieren sich von einem biblisch falschverstandenen AnthropoZentrismus, einer Rede vom Menschen als der "Krone der Schöpfung".
Gestaltungsfähigkeit – religiös bedeutsame Ausdrucks- und Gestaltungsformen
reflektiert verwenden (EPA):
 Die SuS bereiten die Präsentation anderer Positionen medial und
adressatenbezogen auf. (EPA)
 Die SuS sprechen über Fragen nach Sinn und Transzendenz angemessen. (EPA)
Anhang:
2. M_UE: Ausführlicher Vorschlag für eine Unterrichtsstunde zur Sequenz 4
2.1 Gegenstand der Stunde
Der Herrschaftsauftrag im ersten Schöpfungsbericht (Gen 1,28)
2.2 Thema der Stunde
„Der Mensch als Schützer im Lebenshaus“!? Der sogenannte Herrschaftsauftrag (Gen
1,28) im ersten Schöpfungsbericht zur Verdeutlichung des jüdisch-christlichen
Verständnisses von der Verantwortung des Menschen gegenüber seinen Mitgeschöpfen.
2.3 Schwerpunktlernziel der Stunde
Die SuS erläutern den Herrschaftsauftrag als „Hüteauftrag“ Gottes an die Menschen, die
dafür Sorge tragen sollen, dass die Erde Lebensraum für alle Lebewesen bleibt.
2.4 Geplante Unterrichtsstruktur der Stunde
2.4. Geplanter Verlauf
Arbeitsschritt
Sachaspekt
Vorstellen/Begrüßen des Besuchs.
Stundeneinstieg
L führt mit dem Cover (bzw. dem dazugehörigen
Leitartikel) der vorletzten Ausgabe der „Publik-Forum“
den Priester Rainer Hagencord als Theologen ein, der
sich aktuell mit dem Thema Tierethik im Lichte der Bibel
beschäftigt. (siehe M1, Anhang)
L zeigt Sequenz aus der Sendung „Sternstunde“
(Schweizer Fernsehen vom 22.2.2011), in der sich Rainer
Hagencord zur Stellung des Menschen im 1.
Schöpfungsbericht äußert und darstellt, dass der Mensch
nicht Krone der Schöpfung sei.
SuS stellen die Aussage Hagencords in Zusammenhang
mit ihrem Vorwissen.
Impuls: Welche Aussage macht Hagencord zum
Schöpfungsbericht?
SuS schreiben Antworten auf grüne Zettel (M2),
Antworten werden an der Tafel vom L fixiert.
L klebt Plakat (M3) mit Gen 1,28 an die Tafel.
Impuls: Nennt eure ersten Assoziationen zu den Begriffen
„untertan machen“ und „herrschen über“.
SuS schreiben Antworten auf gelbe Zettel (M2),
Antworten werden an der Tafel vom L fixiert.
Daraufhin formulieren die SuS die Leitfrage für die
Stunde, die vom L an der Tafel fixiert wird:
Mögliche Leitfrage: Wie ist der Herrschaftsauftrag in
der 1. Schöpfungsgeschichte zu verstehen?
Interaktionsform
LV
Did. Kurzkommentar:
(Bedeutung der
Medium
Arbeitsschritte für den
Lernprozess)
Stundeneröffnung
Signal zur Eröffnung der
Stunde
LV
OHP
LV
TV
Durch die Erwähnung der
Zeitschrift und des
Theologen wird den SuS
die aktuelle Brisanz des
Themas deutlich.
Motivation, Aktivierung,
Transparenz
Anknüpfen an bereits
vorhandenes Wissen,
Reorganisation,Motivation
SB/UG
Tafel/
Zettel
(M2)
Konstruktion
Zettel: generiert höhere
SuS-Aktivierung.
SB/UG
Tafel/
Plakat
(M3)
Tafel/
Zettel
(M2)
Kognitive Dissonanz
Dekonstruktion
Transparenz
Problematisierung
SuS erstellen Hypothesen (blaue Zettel, M2), die vom L
an der Tafel fixiert werden.
Antizipierte Antworten:
- Die Begriffe waren damals nicht so gemeint, wie wir sie heute
verstehen
- Wir sind zwar nicht mehr wert als die Tiere, dürfen aber
trotzdem über sie herrschen
Erarbeitung
L teilt AB (M4) aus und erklärt das weitere Vorgehen.
Die SuS erarbeiten sich einen Zugang zur Leitfrage,
indem sie…
… zunächst auf der Grundlage des Theologentextes die
Bedeutung der Begriffe kabasch und radah
herausarbeiten und ihre Ergebnisse in ihrem Heft
schriftlich festhalten,
… sich in einem zweiten Schritt mit ihrem Partner
kooperativ über ihre Ergebnisse austauschen und sie ggf.
korrigieren oder ergänzen,
… sich in einem dritten Schritt mit einem (von zwei
möglichen) altorientalischen Bild beschäftigen und es
stichpunktartig erläutern.
(SuS, die vor dem Ende der Erarbeitungszeit fertig sind,
erläutern Zengers „Hüteauftrag“.)
Präsentation
Zwei zufällig ausgewählte Paare beschreiben vor der
Klasse ihr altorientalisches (assyrisches) Bild und
erläutern es vor dem Hintergrund ihrer erarbeiteten
Ergebnisse. Antizipierte Antworten:
SB
Tafel/
Zettel
(M2)
LV
AB
EA
Hefte
PA
(Differenzierung, generiert
intensiveres UG)
Hinführung zum SPLZ
SB
OHP
Darstellungskompetenz,
Perspektiverweiterung,
SuS sind zuhörende,
ergänzende, korrigierende
Experten
Durch das Zufallsprinzip
sind alle SuS darauf
vorbereitet zu präsentieren
UG
L lässt drei SuS vorlesen und legt ihre Ergebnisse auf den
OHP. L informiert SuS, dass er das Folienbild für die
nächste Stunde allen kopieren wird.
OHP/
Zettel
(M2)
Murmelphase und
Minutenauftrag generieren
eine höhere SuSAktivierung
Erreichen des SPLZ
Die Hypothesen vom Stundenbeginn werden überprüft.
Didaktische Reserve (sonst Hausaufgabe)
SuS sollen ihr erworbenes Wissen in Zusammenhang zur
Unterrichtsreihe setzen.
Impuls: wie dieser Herrschaftsauftrag heute vor dem
Hintergrund der Massentierhaltung und der artgerechten
Tierhaltung zu verstehen ist?
Stundenende
L gibt Ausblick über die nächsten Stunden, in denen der
Verantwortungsbegriff in Bezug auf die Nutztierhaltung
näher beleuchtet werden soll und in denen der Frage
Stundenmitte
Erarbeitung führt zur
Rekonstruktion
Verbindlichkeit,
Schüleraktivierung,
Initiierung eines aktiven
Lernprozesses
PA: Klärung von Fragen,
Gewinnung von Sicherheit
durch vorgeschalteten
Austausch
- Mensch ist als fürsorglicher Hirte dargestellt: zeigt
Verantwortung seinen Mitgeschöpfen gegenüber
- Mensch beschützt/verteidigt die „Schwachen“ vor Gefahren
- Hirte hält die Hand über sein Tier/ setzt Fuß auf sein Tier
- Mensch herrscht verantwortungsvoll
- Rollsiegel stammt aus ca. gleicher Zeit wie Gen1, deswegen
ist es aussagekräftig
Sicherung
Kurze Murmelphase, danach haben SuS eine Minute Zeit,
um schriftlich eine kurze Antwort auf die Leitfrage zu
geben (auf den bereitgestellten Folienschnipsel, M2).
Würdigung des
Vorwissens bzw. der
Vermutungen der SuS
UG
Verständnisprobleme
ausräumen, Nachhaltigkeit
der erarbeiteten Ergebnisse
überprüfen, Reflexion,
Plakate Würdigung der SuS-Ideen
Transparenz,
Kontextualisierung
Stundenabschluss
LV
Plakate Transparenz
Lebensweltbezug der SuS
nachgegangen werden soll, wie andere Religionen mit
diesem Verantwortungsbegriff (Schächtung,
Vegetarismus) umgehen.
2.5 Hausaufgabe zur Stunde
Keine
2.6 Ggf. Hausaufgabe zur nächsten Stunde
Erläutert, wie dieser Herrschaftsauftrag heute vor dem Hintergrund der Massentierhaltung
und der artgerechten Tierhaltung zu verstehen ist?
2.7 Geplantes Tafel- oder/und Folienbild der Stunde/antizipierte SuS-Antworten
Eine mögliche SuS-Antwort (auf Folie) am Ende der Stunde:
Der Herrschaftsauftrag ist eher als „Hüteauftrag“ Gottes an die Menschen zu verstehen,
die dafür Sorge tragen sollen, dass die Erde Lebensraum für alle Lebewesen bleibt.
3. Materialien
M1
Folie
Einführung Rainer Hagencord
Rainer Hagencord,
Theologe und Biologe aus Münster
Leiter und Gründer des
„Instituts für Theologische Zoologie“
Das Institut für Theologische Zoologie setzt sich zum Ziel, das
Verhältnis des Menschen zum Tier als einen zentralen Aspekt in
der Theologie zu erarbeiten und ins kirchliche und öffentliche
Bewusstsein zu bringen.
Wissenschaft und Forschung
Pädagogik
Projekte
M2
Zettel und Folie als schüleraktivierende Maßnahmen
Welche Aussagen trifft Rainer Hagencord zum 1. Schöpfungsbericht?
o
o
o
o
„Untertan machen“, „Herrschen über“: Welche Vorstellungen habt ihr von diesen
Begriffen? Notiert eure ersten Assoziationen:
o
o
o
o
Hypothesen zur Frage der Stunde:
o
o
o
o
Fazit: Wie ist der Herrschaftsauftrag nach Erich Zenger zu verstehen?
(Folie)
M3
kleines Plakat
Gen 1,28 (gekürzt)
... füllt die Erde und macht sie euch untertan
und herrscht über […] alles Getier […].
(Gen 1,28)
M4
Arbeitsblatt - A:
Bürger - Tierethik - kr1 EF - 9.11.2012
Die Menschen
als Schützer im Lebenshaus
Zum Autor:
Erich Zenger (*1939- †2010),
Theologe und Uni-Professor.
Gilt als einer der bedeutendsten
alttestamentlichen
Bibelwissenschaftler.
[Der] Schöpfungsauftrag ist (...) ein gottgegebener Auftrag zur Ordnung und zur Gestaltung der Welt - aber
nicht zur schrankenlosen Herrschaft „über alle Geschöpfe“ und schon gar nicht zum zerstörerischen Krieg
gegen die Erde, wie die amtlichen Übersetzungen der beiden großen deutschen Kirchen nahezulegen
scheinen: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet
...“ (Martin Luther). „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und
herrschet ...“ (Einheitsübersetzung). (...)
Das von M. Luther mit „untertan machen“ und von der Einheitsübersetzung mit „unterwerfen“ übersetzte
hebräische Wort kabasch meint „seinen Fuß setzen auf“. Dieser Gestus hat nach Ausweis der
altorientalischen Bildtradition sowie der Verwendung des Wortes und der mit ihm verwandten Wörter im
Alten Testament ein vielschichtiges Bedeutungsfeld. „Seinen Fuß setzen auf…“ kann also durchaus
meinen, jemanden oder etwas schützen. Es ist ähnlich, wenn wir im Deutschen sagen „über jemand seine
Hand halten, auf jemand seine Hand legen“; auch dies muss nicht negativ sein, sondern kann durchaus die
besondere Obhut meinen, mit der wir jemanden begleiten und schützen. […]
Den zweiten Aspekt übersetzen wir gewöhnlich mit „herrscht über (…) jedes Tier“. Auch hier gab es
immer wieder die Versuchung, dieses Herrschen nach dem Modell rücksichtsloser Diktatoren und brutaler
Schlächter zu verstehen. Achtet man auf das Bild, das mit dem hebräischen Wort radah gemeint ist, legt
sich ein anderes Verständnis nahe. Das hier für „Herrschen“ gebrauchte Wort bezeichnet eigentlich das
Umherziehen des Hirten mit seiner Herde, der seine Herde auf gute Weide führt, der die Tiere gegen alle
Gefahren schützt, sie vor Raubtieren verteidigt und die schwachen Tiere seiner Herde gegen die Starken
schützt und dafür sorgt, dass auch sie genügend Wasser und Nahrung finden. Dass ein solcher Hirte seit
alters ein Bild gerade für die Amtsführung eines guten und gerechten Königs war, der sich ganz für sein
Volk einsetzt, vor allem die Rechte der Schwachen schützt und so ein glückliches Leben für alle garantiert,
wird nicht verwundern. […]
Der biblische Herrschaftsauftrag ist eine Metapher, die an der Beziehung Mensch – Tier – Lebensraum die
Verantwortung der Menschen für das Lebenshaus verdeutlichen will, insofern die Menschen sorgende und
verfügende, schützende und ordnende Repräsentanten des Schöpfergottes selbst sein sollen. Als solche
sollen sie königliche Hirten der Lebewesen sein, zumal die Fürsorge der Schöpfergottheiten für ihre
Geschöpfe häufig als Hirtentätigkeit gezeichnet wird. Der sogenannte „Herrschaftsauftrag“ ist also
eigentlich ein „Hüteauftrag“. Es ist keine Erlaubnis zur Zerstörung des Lebenszusammenhangs, sondern im
Gegenteil: Gen 1,28 ist der Auftrag an den Menschen, dafür Sorge zu tragen, dass die Erde Lebensraum für
alle Lebewesen bleiben soll.
[Text zitiert nach: Zenger, Erich: Theologische Grundlagen: Gottes Schöpfung – Lebenshaus für alle. Die Botschaft der biblischen Schöpfungstheologie,
www.ack-nrw.de/downloads/2010/Arbeitshilfe_Schoepfungstag.pdf (Stand: 25.10.2012), im Text Z.1-13 u. Z.24-31, und Zenger, Erich: Gott der Bibel.
Sachbuch zu den Anfängen des alttestamentlichen Gottesglaubens, Stuttgart 1986, S.148f., im Text Z.14-23]
Einzelarbeit: (10 Minuten!)
1) Lies den Text im Hinblick auf die Informationen über die ursprüngliche Bedeutung der hebräischen Wörter
kabasch und radah (unterstreiche mit 2 Farben!)
2) Arbeite stichpunktartig ihre Begriffsbedeutung heraus.
[3]Denkanstoß für die Schnellen: Erläutere, warum Zenger den Herrschaftsauftrag als „Hüteauftrag“ bezeichnet.
Partnerarbeit: (7 Minuten!)
4) Tausche mit deinem Sitznachbarn die Ergebnisse aus und ergänze bzw. korrigiere sie, wenn nötig.
5) Zenger bezieht sich in seinem Text u.a. auf die „altorientalische Bildtradition“(Z.9). Beschreibt das unten stehende
Bild und erläutert es anschließend vor dem Hintergrund eurer Ergebnisse aus Aufgabe 2 (und 3).
Jede/r Schüler/in ist bereit, die Ergebnisse vor der Klasse zu präsentieren!
Darstellung auf
einem assyrischen
Rollsiegel aus dem
7. Jh. v. Chr.
(wurden entweder
als Stempelsiegel
oder als Amulette
gebraucht)
M4
Arbeitsblatt - B:
Bürger - Tierethik - kr1 EF - 9.11.2012
Die Menschen
als Schützer im Lebenshaus
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Zum Autor:
Erich Zenger (*1939- †2010),
Theologe und Uni-Professor.
Gilt als einer der bedeutendsten
alttestamentlichen
Bibelwissenschaftler.
[Der] Schöpfungsauftrag ist (...) ein gottgegebener Auftrag zur Ordnung und zur Gestaltung der Welt - aber
nicht zur schrankenlosen Herrschaft „über alle Geschöpfe“ und schon gar nicht zum zerstörerischen Krieg
gegen die Erde, wie die amtlichen Übersetzungen der beiden großen deutschen Kirchen nahezulegen
scheinen: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet
...“ (Martin Luther). „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und
herrschet ...“ (Einheitsübersetzung). (...)
Das von M. Luther mit „untertan machen“ und von der Einheitsübersetzung mit „unterwerfen“ übersetzte
hebräische Wort kabasch meint „seinen Fuß setzen auf“. Dieser Gestus hat nach Ausweis der
altorientalischen Bildtradition sowie der Verwendung des Wortes und der mit ihm verwandten Wörter im
Alten Testament ein vielschichtiges Bedeutungsfeld. „Seinen Fuß setzen auf…“ kann also durchaus
meinen, jemanden oder etwas schützen. Es ist ähnlich, wenn wir im Deutschen sagen „über jemand seine
Hand halten, auf jemand seine Hand legen“; auch dies muss nicht negativ sein, sondern kann durchaus die
besondere Obhut meinen, mit der wir jemanden begleiten und schützen. […]
Den zweiten Aspekt übersetzen wir gewöhnlich mit „herrscht über (…) jedes Tier“. Auch hier gab es
immer wieder die Versuchung, dieses Herrschen nach dem Modell rücksichtsloser Diktatoren und brutaler
Schlächter zu verstehen. Achtet man auf das Bild, das mit dem hebräischen Wort radah gemeint ist, legt
sich ein anderes Verständnis nahe. Das hier für „Herrschen“ gebrauchte Wort bezeichnet eigentlich das
Umherziehen des Hirten mit seiner Herde, der seine Herde auf gute Weide führt, der die Tiere gegen alle
Gefahren schützt, sie vor Raubtieren verteidigt und die schwachen Tiere seiner Herde gegen die Starken
schützt und dafür sorgt, dass auch sie genügend Wasser und Nahrung finden. Dass ein solcher Hirte seit
alters ein Bild gerade für die Amtsführung eines guten und gerechten Königs war, der sich ganz für sein
Volk einsetzt, vor allem die Rechte der Schwachen schützt und so ein glückliches Leben für alle garantiert,
wird nicht verwundern. […]
Der biblische Herrschaftsauftrag ist eine Metapher, die an der Beziehung Mensch – Tier – Lebensraum die
Verantwortung der Menschen für das Lebenshaus verdeutlichen will, insofern die Menschen sorgende und
verfügende, schützende und ordnende Repräsentanten des Schöpfergottes selbst sein sollen. Als solche
sollen sie königliche Hirten der Lebewesen sein, zumal die Fürsorge der Schöpfergottheiten für ihre
Geschöpfe häufig als Hirtentätigkeit gezeichnet wird. Der sogenannte „Herrschaftsauftrag“ ist also
eigentlich ein „Hüteauftrag“. Es ist keine Erlaubnis zur Zerstörung des Lebenszusammenhangs, sondern im
Gegenteil: Gen 1,28 ist der Auftrag an den Menschen, dafür Sorge zu tragen, dass die Erde Lebensraum für
alle Lebewesen bleiben soll.
[Text zitiert nach: Zenger, Erich: Theologische Grundlagen: Gottes Schöpfung – Lebenshaus für alle. Die Botschaft der biblischen Schöpfungstheologie,
www.ack-nrw.de/downloads/2010/Arbeitshilfe_Schoepfungstag.pdf (Stand: 25.10.2012), im Text Z.1-13 u. Z.24-31, und Zenger, Erich: Gott der Bibel.
Sachbuch zu den Anfängen des alttestamentlichen Gottesglaubens, Stuttgart 1986, S.148f., im Text Z.14-23]
Einzelarbeit: (10 Minuten!)
1) Lies den Text im Hinblick auf die Informationen über die ursprüngliche Bedeutung der hebräischen Wörter
kabasch und radah (unterstreiche mit 2 Farben!)
2) Arbeite stichpunktartig ihre Begriffsbedeutung heraus.
[3]Denkanstoß für die Schnellen: Erläutere, warum Zenger den Herrschaftsauftrag als „Hüteauftrag“ bezeichnet.
Partnerarbeit: (7 Minuten!)
4) Tausche mit deinem Sitznachbarn die Ergebnisse aus und ergänze bzw. korrigiere sie, wenn nötig.
5) Zenger bezieht sich in seinem Text u.a. auf die „altorientalische Bildtradition“(Z.9). Beschreibt das unten stehende
Bild und erläutert es anschließend vor dem Hintergrund eurer Ergebnisse aus Aufgabe 2 (und 3).
Jede/r Schüler/in ist bereit, die Ergebnisse vor der Klasse zu präsentieren!
Darstellung auf
einem assyrischen
Rollsiegel aus dem
7. Jh. v. Chr.
(wurden entweder
als Stempelsiegel
oder als Amulette
gebraucht)
4. Literaturverzeichnis
Hagencord, Rainer: Gott und die Tiere – Ein Perspektivwechsel, Regensburg 2008
Hagencord, Rainer: Die Würde der Tiere, Regensburg 2012
Schneider, Teresa: Mordshunger, in: Publik Forum (16) 2012, S. 30-33
Zenger, Erich: Gott der Bibel. Sachbuch zu den Anfängen des alttestamentlichen
Gottesglaubens, Stuttgart 1986
Internetquellen:
Zenger, Erich: Theologische Grundlagen: Gottes Schöpfung – Lebenshaus für alle. Die
Botschaft
der
biblischen
Schöpfungstheologie,
www.acknrw.de/downloads/2010/Arbeitshilfe_Schoepfungstag.pdf
SF (Schweizer Fernsehen): Sternstunde Religion – Theologie trifft Zoologie, Judith
Hardegger im Gespräch mit Rainer Hagencord, einzusehen unter:
www.videoportal.sf.tv/video?id=3c6ffb44-80a4-4f8a-9225e6f95f5bc09b&referrer=http%253A%252F%252Fwww.tvprogramm.sf.tv%252Fdetails%252
Feaba82a9-5475-459a-aa71-db5c17e7c66d [Stand: 4.11.2012]
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