Rede des Herrn Staatssekretär anlässlich des 2. Saarländischen Stiftungstages am 15.11.2013 Thema: „Stellenwert der Stiftungen in der heutigen Bürgergesellschaft“ Sehr geehrter Herr Müller , meine sehr verehrten Damen und Herren 1 Ich darf Ihnen – fast zum Abschluss dieses sehr interessanten und für viele sicherlich auch nutzbringenden Tages – ganz herzliche Grüße der Landesregierung, insbesondere der Ministerpräsidentin und der Innenministerin überbringen. Ich freue mich, dass mir heute in Vertretung für diese die Ehre zu Teil wird, hier zu Ihnen sprechen zu dürfen. Immerhin ist in meinem Ressort die Stiftungsbehörde angesiedelt, so dass mir Stiftungen von Hause aus vertraut und wichtig sind. Ich wurde gebeten, über den Stellenwert der Stiftungen in der heutigen Bürgergesellschaft zusprechen. Bereits 2012 hat der frühere Innenminister Toscani im Rahmen einer Rede bei einer Veranstaltung des Stiftungsforums, wenn auch an anderem Orte – der „Belle-Etage“ über der Spielbank …. -, in ähnlichem Rahmen mit Blick auf den Namen eben dieser Lokalität sicher nicht ohne Wortwitz gefragt: „Gehören Stifter nicht sowieso in die „Belle Etage“ der Gesellschaft?“, um sodann festzustellen, dass man ganz sicher dieser „Klasse“ angehört, wenn man es sich leisten kann durch „eigenes, uneigennütziges Wirken etwas zu Gunsten des Gemeinwohls“ zu tun. Ob Minister Toscani damals bereits das Thema der heutigen Rede vor Augen hatte und konstatierte, dass Stiftungen in der „Belle Etage“ der Gesellschaft – und damit auch der „Belle Etage der Bürgergesellschaft“ - stehen? Schließlich verfolgen rund 95 % aller rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts gemeinnützige und damit offenbar keine eigennützigen, privatnützigen Zwecke. Mit diesen Stifterpersönlichkeiten und auch mit den in Stiftungen engagierten Personen stehen hinter Stiftungen demnach ganz überwiegend Menschen, denen die Gesellschaft – denen das Gemeinwohl am Herzen liegt und die es sich leisten können, etwas an die Gesellschaft abzugeben. Aber ist damit nun wirklich zugleich die Bürgergesellschaft gemeint? Um eine Aussage über den Stellenwert der Stiftungen in der Bürgergesellschaft treffen zu können, muss man sich also zuerst einmal Gedanken darüber machen, was insbesondere unter dem Schlüsselbegriff der „Bürgergesellschaft“ zu verstehen ist. Daher erlaube ich mir zunächst mit einer Annährung an diesen durchaus unterschiedlich definierbaren Begriff zu beginnen. Nur wenn wir eine Vorstellung von dem Inhalt dieses Begriffes haben – insoweit wird hier auch ein Schwerpunkt meiner Ausführungen liegen -, lässt sich feststellen, ob Stiftungen Teil der Bürgergesellschaft sind. Sodann erst kann man eine Einschätzung zum Stellenwert der Stiftungen in der Bürgergesellschaft wagen. Spontan wird sicherlich fast jeder von Ihnen auf die Frage, ob Stiftungen Teil der Bürgergesellschaft sind, antworten: „Natürlich sind sie das! Sie sind ein bedeutender Teil der Bürgergesellschaft - mit einem hohen und womöglich nicht hoch genug 2 angesehenen Stellenwert – ein mit jeder Stiftungsgründung stetig wachsender Teil der Bürgergesellschaft!“. Lassen Sie uns also sehen, ob eine solche spontane Einschätzung richtig ist – einer näheren Beleuchtung des zentralen Begriffs der „Bürgergesellschaft“ standhält. Wenn man Stiftungen spontan als Teil der Bürgergesellschaft einordnet, knüpft man an ein verbreitetes, unpolitisches, im Grund genommen aber wenig aussagekräftiges Verständnis des Begriffs „Bürgergesellschaft“ an, wonach Bürgergesellschaft als Zusammenfassung ehrenamtlichen und weitgehend gemeinnützigen Engagements definiert wird. Wie bereits gesagt, verfolgen rund 95 % aller rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts gemeinnützige Zwecke – und darüber hinaus sind Stifter bzw. Mitglieder in den Stiftungsorganen, ggfs. auch Mitarbeiter von Stiftung häufig „ehrenamtlich“ tätig. Spiegelbildlich dazu haftet auch Stiftungen – nicht zu Unrecht – ein guter, ehrvoller Ruf“ an. Ehrenamtliches und gemeinnütziges Engagement sowie die Arbeit der Stifter und Organmitglieder für einen regelmäßig guten, nämlich den vom Stifter vorgegebenen Stiftungszweck – da sind wir uns einig – sind ein sehr hohes Gut, Etwas, auf das heute nicht nur die bedachten Destinatäre, sondern wohl auch keine Gesellschaft – der ja etwa der Einsatz für eine bessere Umwelt, die Förderung des Gesundheitswesens oder auch der Kunst und Kultur zumindest mittelbar zugutekommt - verzichten möchte oder verzichten kann. Und weil in Deutschland und auch im Saarland in den letzten Jahren ein deutliches Anwachsen der Zahl der Stiftungsneugründungen quasi als „gesellschaftliches Phänomen“ zu beobachten ist, könnte man nun in der Tat die „Gemeinnützigkeit“ und das „Ehrenamt“ auch als maßgebliche Wesensmerkmale der Bürgersellschaft und damit letztlich als Fixpunkte bei der Bestimmung des Standortes der Stiftungen in der Bürgergesellschaft ausmachen. 3 Aber ist Bürgergesellschaft wirklich „nur“ „ehrenamtliches und gemeinnütziges“ Engagement? Oder verbirgt sich nicht doch mehr hinter diesem heute nahezu inflationär verwandten Begriff der „Bürgergesellschaft“? Erlauben Sie mir hier einen weiteren Brückenschlag zu den Stiftungen, um die Notwendigkeit aufzuzeigen, dass bei der Definition des Begriffs Bürgergesellschaft insbesondere nicht nur auf „ehrenamtliches“ Engagement abgestellt werden kann. Käme es vor allem auf das ehrenamtliche Engagement an, wäre jedenfalls im direkten Vergleich des ehrenamtlichen Engagements im Stiftungsbereich mit dem in anderen gesellschaftlichen Bereichen - insbesondere in Vereinen - wohl eher schwer zu vermitteln, weswegen auch Stiftungen Teil der Bürgergesellschaft sind. Denn die Zahl der in Stiftungen engagierten Ehrenamtler ist in Relation zu der ungleich viel größeren Zahl der Ehrenamtler in anderen Bereichen eher bescheiden. Auch im Saarland haben wir insgesamt nicht mehr als 300 Personen, die sich seit dem 15. Jahrhundert1 als Stifter betätigt haben. Keine wirklich beeindruckende Zahl! Und diesen rund 300 saarländischen Stiftern stehen dann zwar noch etwa die fünffache Zahl - ca. 1.500 Männer und Frauen zur Seite, die sich heute in Organen von Stiftungen (vorwiegend) „ehrenamtlich“ engagieren. Aber selbst diese Zahl verblasst, wenn Sie sich überlegen, wie viele Menschen in Sportvereinen, Musikvereinen, der (Kommunal-) Politik, usw. ehrenamtlich engagieren. Denn diese ist zweifelsohne um ein Vielfaches höher. Aber in und für Stiftungen und deren Ziele können sich engagierte Menschen - im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Bereichen – eben weniger einbringen. Stiftungen bieten schon wegen ihrer rechtlichen Struktur keine oder nur selten eine Plattform, die eine größere Zahl von Bürgern ehrenamtlich einbinden kann. Da Stiftungen gerade nicht mitgliedschaftlich organisiert sind, sind zahlenmäßig sehr viel weniger Bürger in Stiftungen aktiv als in anderen Bereichen. Und nichts destotrotz bleibe ich bei meiner These: Stiftungen sind – auch wenn sie keine „Großveranstaltungen für Ehrenamtler sind“ - Teil der Bürgergesellschaft, was bedeutet, dass es nicht primär auf das ehrenamtliche Engagement ankommen kann. 1 die älteste saarländische Stiftung ist die im 15. Jh. gegründete St. Wendler Hospitalstiftung; 4 Der Gedanke der Bürgergesellschaft muss vielmehr noch mehr beinhalten als das in Deutschland, ganz besonders im Saarland - Gott sei Dank vorhandene – und nicht hoch genug anzuerkennende persönliche ehrenamtliche Engagement unzähliger Bürger. Und Bürgergesellschaft ist tatsächlich mehr – denn die Bürgergesellschaft zeichnet sich auch aus durch die Hergabe von Ideen und Mitteln – und die entsprechende „Weichenstellung für morgen“. Dass das so ist – zeigt ein Blick auf die Geschichte der Gesellschaftsform bzw. den Begriff der „Bürgergesellschaft“: Dieser Begriff ist ursprünglich ein Begriff der Aufklärung – war Ausdruck der Abgrenzung zum absolutistischen Staat, zur religiösen Orthodoxie und zur sozialen Ungleichheit der ständischen Gesellschaft. Nun fällt es nicht schwer, hier einen Widerspruch festzustellen: In Deutschland leben wir heute in einer Demokratie, religiöse Orthodoxie ist uns mehr fremd als eigen und vom Stände-Denken des Mittelalters sind wir seit Jahrhunderten (zumindest vordergründig) hinweg. Und dennoch ist der Begriff der Bürgergesellschaft noch immer – oder schon wieder – ein aktueller, ein moderner Begriff unserer Zeit. Denn die Geschichte dieses Begriffes ging ja auch weiter: In den achtziger Jahren des letzten Jahrtausends wurde er durch die Freiheits- und Demokratiebewegungen in Osteuropa zum Schlüsselbegriff für das anti-diktatorische Bemühen, die Entmündigung durch den Staat zu beenden und neue Freiräume für gesellschaftliche Selbstorganisation zu schaffen. Erinnern Sie sich an friedliche Revolutionen in Osteuropa, an die Montagsdemonstrationen in Ostdeutschland - an Bürger, die mittels gewaltlosen Protests ganze Systeme zum Umstürzen brachten? Demnach ist heute „Bürgergesellschaft“ anknüpfend an diese „innere Kraft der Bürger“ Ausdruck einer neuen, freien, sich selbstregulierenden Gesellschaft, 5 ist die Übernahme von Aufgaben durch die Zivilgesellschaft, die durch staatliche Institutionen nicht oder nicht hinreichend erfüllt werden. Und damit kommen wir zu meiner bereits aufgeworfenen These, wonach Stiftungen Teil der Bürgergesellschaft sind. Machen wir nun den „Lackmus-Test“: Ist diese These richtig – und wenn ja, warum sind Stiftungen Teil der Bürgergesellschaft? Böse Zungen behaupten, Stiftungen seien vor allem ein Weg, Steuern zu sparen – und dies hört sich nicht nach bürgerschaftlichem Engagement an, zweifelsohne! Aber bei der überwiegenden Anzahl der Stiftungen geht es nicht bzw. nicht nur darum, im Rahmen des rechtlich Zulässigen Steuern zu sparen, „Geld zusammen zu halten“ und Vermögen abzusichern. Das ist sicherlich im Einzelfall eine Motivation oder zumindest ein „angenehmer Nebeneffekt“ - das lässt sich nicht leugnen und wird ja auch durch eine entsprechende Steuergesetzgebung forciert. Aber nein – es geht Stiftern und Stiftungen ganz überwiegend um mehr. Es geht darum, mit dem eigenen bzw. dem Stiftungsvermögen die eigenen Ideen bzw. die des Stifters zu „verewigen“ und das, was diesen im Leben wichtig ist in der und für die Gesellschaft heute und in Zukunft zu fördern bzw. zu bewahren. Es geht also vielen Stiftern auch darum, sich für das, was sie für gut und richtig halten zu engagieren – und damit vielleicht der Gesellschaft etwas von dem zurück zu geben, was ihnen selbst durch der eigenen Hände Arbeit, aber auch durch günstige Rahmenbedingungen und glückliche Umstände zu Teil wurde. Hierin liegt – so möchte ich behaupten - das stiftungsspezifische „bürgerschaftliche Engagement“ der Stifter: Es werden Ideen hergegeben, Themen gesetzt, Zwecke als unterstützungswürdig auserkoren und es werden vor allem Vermögen „losgelassen“, um diese persönlich als wichtig empfundene Zwecke zu fördern und die erfolgreiche Zweckerfüllung anzustoßen. 6 Dies geschieht bei Stiftungen – klassischer Weise – in Verbindung mit dem eigenen Namen des Stifters. Denn nicht selten tragen insbesondere privat gegründete Stiftungen den Namen ihrer Stifter – sind sie damit vor allem dem Stifter zuzuordnen – und nicht nur einem „neutralen“ guten Zweck. Aber das ändert ja nichts daran, dass mit dem Vermögen gute Zwecke gefördert werden – vielmehr mag es sogar gelegentlich so sein, dass der „gute Name“, den der Stifter möglicherweise „hergibt“, einen Multiplikator-Effekt auslöst, und gleichzeitig bringt dies ihre besondere Verbindung zur Bürgerschaft zum Ausdruck. “Bürgerschaftliches Engagement“ der Stiftungen also als Einsatz von Stifterideen, Stiftergeld und Stifter- bzw. Stiftungsarbeit für die Gesellschaft zu deren - wohl verstandenem - Nutzen. Und damit sind auch Stiftungen eine Erscheinungsform der Bürgergesellschaft, denn auch und gerade sie nutzen heute staatliche Freiräume aus mit dem Ziel, bestimmte – häufig gemeinnützige – Aufgaben zu übernehmen und dadurch den Rahmen, in dem wir uns bewegen (zumindest) „mit- zu-gestalten“. So gibt es hier im Saarland Stiftungen, die sich allgemeinen gesellschaftlichen Anliegen widmen, aber auch solche, die staatlich nicht abgedeckte Nischen besetzten eine Stiftung kümmert sich beispielsweise um den Schutz von Schmetterlingen, eine andere hat sich dem Erhalt der Orchideen verschrieben, wieder andere Stiftungen sorgen sich um Wanderwege, Spielzeuge für Kindergärten, vergeben Stipendien oder rufen Preise für besondere schulische oder andere Leistungen aus; Aber auch die anderen Definitionsmerkmale der Bürgergesellschaft sind bei den Stiftungen erfüllt: Sie sind in der Regel von staatlichen oder gebietspolitischen Grenzen unabhängige, selbstorganisierte Institutionen. Die Sonderform der kommunalen Stiftungen, die ja von den jeweiligen Kommunalorganen geführt werden und in ihrem Wirkungskreis auf das Gebiet der Kommunen begrenzt sind, dürfte danach als Erscheinungsform der Bürgergesellschaft ausscheiden – was aber an dieser Stelle aufgrund ihrer doch letztlich geringen Zahl vernachlässigt werden kann. 7 Regelmäßig sind Stiftungen verselbstständigte – also autonome, vom Staat und der allgemeinen politischen Willensbildung unabhängige, nicht an die Grenzen bestimmter Gebietskörperschaften gebundene - Vermögensmassen, mit denen vom Stifter vorgegebene Zwecke verwirklicht werden. Die staatliche oder gebietspolitische Unabhängigkeit ist im Zweifel sogar gerade ein Vorteil, den Stiftungen in besonderer Weise ausnutzen. Schließlich machen auch Missstände und Probleme, die Stiftungszwecke aufgreifen – wie z.B. Umweltbelastungen -, nicht an der Grenze von Ländern, Bundesländern oder Kommunen halt. Hier ist es oftmals besonders bedeutsam, grenzüberschreitendes Bewusstsein zu haben oder zu schaffen, was vielleicht auf der „vorstaatlichen“ Ebene „im Kleinen“ gelegentlich auch einfacher, unbürokratischer geht. Wussten Sie, dass es Alt-Bundespräsident Roman Herzog war, der genau diese Brücke zwischen Stiftungen und (moderner) Bürgergesellschaft schlug? Er bezeichnete Stiftungen als „Pioniere auf dem Weg zur unmittelbaren, spontanen, dezentralen, effizienten, vielfältigen Verbindung von unternehmerischer Dynamik und Dienst am Gemeinwohl.“2 Als eine Form der Selbstorganisation zum Zwecke der Verfolgung eigener, spezifischer, unter Umständen eigennütziger Interessen, aber wesentlich auch um sich über den eigenen Tellerrand hinausgehend um „allgemeinere Dinge“ zu kümmern und zu engagieren, sind Stiftungen heute also eine spezifische Erscheinungsform der Bürgergesellschaft. Und ich möchte noch weitergehen und Ihnen darlegen, dass dies selbst für solche Stiftungen gilt, die nicht unmittelbar, primär gemeinnützige Zwecke verfolgen, also „Gemeinwohl“ hier nicht nur „steuerlich anerkannte Gemeinnützigkeit“ meint. Denn eben bin ich Ihnen noch die Antwort auf die Frage, inwieweit neben dem „ehrenamtlichen“ Engagement der Aspekt der Gemeinnützigkeit wesensbestimmend für die Bürgergesellschaft ist, schuldig geblieben – Sie werden es bemerkt haben. 2 Roman Herzog, Geleitwort. Zur Bedeutung von Stiftungen in unserer Zeit, in: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Handbuch Stiftungen, Wiesbaden 1998, S.V. 8 Um Teil der Bürgergesellschaft zu sein, ist es – so also meine These - nicht zwingend erforderlich, dass Stiftungen auch steuerlich als gemeinnützig anerkannt sind. Bei diesen ist es eben nur „einfacher“ festzustellen, dass sie Ausdruck bürgerschaftlichen Engagements sind. Aber auch privatnützige Stiftungen können dies sein. Denn nicht selten überlegen erfolgreiche Unternehmer angesichts des bevorstehenden „Generationenwechsel“, wie sie nicht nur ihre Familie und ihre Nachkommen für die Zukunft absichern können, sondern auch das weitergeben und erhalten können, was ihnen als „Unternehmensmoral“ wichtig ist. Hier bieten sich häufig Unternehmensstiftungen als Lösung der Nachfolgeproblematik an. Damit gelingt es den so genannten „Unternehmensstiftern“ meist, nicht nur ihre Unternehmen, sondern auch die für sie selbstverständliche Verantwortung für ihre Mitarbeiter und ihre verinnerlichte gesellschaftliche Verantwortung in Zukunft gewahrt zu wissen. Und folglich füllen auch an sich privatnützige Stiftungen häufig „staatliche Freiräume“ durch selbstorganisierte Aufgabenwahrnehmung aus, praktizieren Verantwortung und „Für-Sorge“ – über den Tellerrand der Familien hinaus - für ihre Mitarbeiter und deren Familien oder auch für andere „allgemeinere Anliegen“. – „Umweltschutz vor Gewinnmaximierung“ – „Betriebsrenten statt stetig wachsender Gewinnauskehrungen“ könnten hier Unternehmensmaxime sein, die auch dem „Gemeinwohl“ zugutekommen. Und wenn damit nachgewiesen ist, dass der überwiegende Teil der Stiftungen Teil der heutigen Bürgergesellschaft sind, komme ich nun (endlich) zur letzten Frage: Welchen Stellenwert haben nun unsere Stiftungen in der Bürgergesellschaft? Dies kann natürlich nur durch den Vergleich mit den anderen Erscheinungsformen der Bürgergesellschaft - etwa Vereine, Nachbarschafthilfen oder auch so genannte NGO `s (Nicht-Regierungs-Organisationen), geschehen. Wodurch unterscheiden sich die Stiftungen von diesen anderen Erscheinungsformen der Bürgergesellschaft? Zunächst ist da die – im Unterschied etwa zu den gemeinnützigen Vereinen dauerhaft zu erhaltende Vermögenskraft 9 der Stiftungen anzuführen. Allein im Saarland umfasst das Gesamtvermögen aller rechtsfähigen Stiftungen grob überschlagen etwa 320 Millionen Euro – bundesweit sollen es – so Berechnungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen – sogar 125 Milliarden Euro sein. Damit sind Stiftungen „Schwergewichte“ in der Gesellschaft. Ihre Wirkmöglichkeiten sind damit groß. Das enorme, dauerhaft gesicherte Vermögen der Stiftungen und dessen Bindung an den Stiftungszweck macht sie darüber hinaus aber auch zu einer verlässlichen Größe in der Bürgergesellschaft. Es ist eben gerade ein Wesensmerkmal der Stiftung, dass sie nach unserem gewachsenen deutschen Rechtsverständnis grundsätzlich für die Ewigkeit geschaffen wird und der Stifterwille damit möglichst auf ewig gewahrt und umgesetzt werden soll. Als verselbstständigte gebundene Vermögensmasse sind Stiftungen zudem von dem Willen ihrer Mitglieder und damit mitgliedschaftlichen Willensschwankungen unabhängige Größen, während andere Formen bürgerschaftlichen Engagements oftmals sehr temporär und gelegentlich wenig nachhaltig sind. Stiftungen aber wollen nicht nur heute, sondern vor allem auch in der Zukunft wirken und gestalten. Stiftungen zeichnen sich also insbesondere auch durch Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit aus. Diese Alleinstellungsmerkmale werden zudem noch abgesichert durch eine grundgesetzliche Institutsgarantie und einen umfassenden Schutz vornehmlich der rechtsfähigen gemeinnützigen Stiftungen durch den Staat und seine Stiftungsaufsicht. Auch dies grenzt sie deutlich etwa von Vereinen ab und hebt sie als „beständige“ Formen bürgerschaftlichen Engagements hervor. Diese Wesensmerkmale von Stiftungen machen die Stiftungen in ihrer Gesamtheit zu einem zweifelsfrei gewichtigen Bestandteil der Bürgergesellschaft. 10 Vor dem Hintergrund der zunehmenden steigenden Zahl der Stiftungsgründungen ist absehbar, dass sich dieser Stellenwert nicht nur verfestigen, sondern noch weiter ansteigen wird – und dafür danke ich auch Ihnen! Vielen Dank, dass Sie heute, morgen und in Zukunft mit dem von Ihnen zur Verfügung gestellten Vermögen oder auch von Ihnen im Stiftersinn verwalteten Vermögen dauerhaft und nachhaltig Verantwortung für unsere Gesellschaft, unsere Umwelt, unsere Kultur, unsere Kinder, unsere Wissenschaft und Forschung, unser Sozialwesen, und für so vieles mehr übernehmen und sich nicht scheuen, damit zu zeigen, was mit Engagement und Eigeninitiative und einem gewissen Maß an „Überden-Tellerrand-Schauen“ zu erreichen ist. Sehr geehrte Damen und Herren, ich danke auch dem StiftungsForumSaar für diesen zweiten saarländischen Stiftungstag – und hoffe, dass damit im Interesse einer engagierten Bürgergesellschaft eine „Tradition“ geboren wurde, die noch oft und lange fortgeführt wird. Herzliches Dankeschön für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. 11