Migration und seelische Gesundheit Fachtagung Caritasverband für den LandkreisPeine Projekt „Salud“ 22. April 2009 Prof. Dr. med. Wielant Machleidt Zentrum Psychologische Medizin Medizinische Hochschule Hannover Kontakt: [email protected] Asterix und Obelix im Dialog über Fremde Asterix: „ Ich hab‘ nichts gegen Fremde, aber diese Fremden sind nicht von hier!“ Obelix: „???“ Vorbereitung Migrationsakt Emotionslogik im Migrationsprozess „Honeymoon“ „Nachbereitung“ „Kulturelle Adoleszenz“ Bi-/Multikulturalität Interese / Hunger Freude Aggression Schmerz Mittleres Integra- Interesse Phase der kritischen Integration (erhöhte Vulnerabilität) Befriedigungsgefühle Angst vor dem Fremden tionsniveau Angst Trauer Erfolgs-, Auseinandersetzung mit dem Fremden Trauer um Verluste Zeitachse Kulturelle Adoleszenz „Die Metapher von der “kulturellen Adoleszenz“ geht von der Hypothese aus, dass die Krisen der Adoleszenz in vielfacher Hinsicht den Krisen gleichen, die die Migrationsprozesse auslösen. Es besteht eine Analogie zwischen den Entwicklungsleistungen der Migranten bei der Integration in die Aufnahmekultur und denen, die Adoleszenten bei der Integration in die Gesellschaft erbringen müssen“ Machleidt (2007) „Migration, Kultur und seelische Gesundheit“ Konflikthaftigkeit in der kulturellen Adoleszenz Ambivalenz zwischen Herkunfts- und Aufnahmekultur Regression: (zu) zögerliche Akkulturation (Rückzug in Familie u. Religiosität, Ghettoisierung) Idealisierung versus Abwertung Narzisstisches Gratifikationsdefizit Identitätsunsicherheit (Überidentifizierung vs. Ausgrenzung) Hochgradige Emotionalisierung („emotionelle Wechselbäder“): Neugier, Trauer... Neurotische Konfliktverarbeitung: z.B. Verdrängung von erlittenen Verlusten (Unfähigkeit zu Trauern) Aktivierung latenter neurotischer/psychotischer Persönlichkeitsanteile Adoleszenzkonflikte Progression: (zu) bereitwillige Akkulturation (Verleugnung der Herkunftsfamilie) Moralische Belastungen des Migrationsprozesses Illoyalität gegenüber der Ursprungsfamilie Akt der Aggression und des Verrats Lossagung von Gewissensanforderungen und Selbstidealen Verstoß gegen gesellschaftliche und kulturelle Normen und Werte Psychische Belastung ist höher bei türkischen als bei russischen Migranten und Migrantinnen Türkisch EMR Russisch EMR Türkisch Info Russisch Info 1,2 1 GSI 0,8 0,6 0,4 0,2 0 Frauen W. Machleidt und A. Bondar Männer Psychische Belastung (GSI) ist höher bei Migrantinnen als bei Migranten Frauen 0,9 1,03 0,8 GSI 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,47 Männer GSI stationäre 0,81 Psychotherapiekl ienten mit Anpassungsstöru ngen 0,3 0,2 0,1 0 p = .000 GSI repräsentative deutsche Stichprobe Somatisierung: Geschlecht- und Kulturunterschiede (Haupteffekte) 0,80 0,80 ] ] 0,60 0,60 ] ] 0,40 0,40 0,20 0,20 0,79 0,48 0,00 0,74 0,51 weiblich männlich 0,00 EMR türkisch EMR russisch EMR_Info_Sprache I1Geschlecht Fehlerbalken zeigen 95,0% Konfidenzintervall(e) des Mittelwerts Balken zeigen Mittelwerte Vorläufige Ergebnisse: Turks Have Higher Scores on Obsessiveness, Depression, Psychoticism Zusammenfassung der Ergebnisse: Geschlechterunterschiede in der psychischen Belastung Beide Geschlechter der Migrantenbevölkerung haben eine doppelt so hohe psychische Belastung als die deutsche Normalbevölkerung. Die psychische Belastung der Migrantenpopulation ist annähernd so hoch wie die psychische Belastung der Patientenstichprobe mit Anpassungsstörungen. Allerdings ist die psychische Belastung der Migrantinnen höher als die psychische Belastung der Migranten. 11 W. Machleidt und A. Bondar Psychische Störungen bei Migrant/innen „Psychoreaktive“ Störungen (Neurosen) Angststörungen Akute Belastungsreaktionen Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Anpassungsstörungen Dissoziative Störungen Somatoforme Störungen Affektive Störungen Depressive Episode Dysthymia Alkhohol- und Drogenabhängigkeit Funktionelle Psychosen Vorübergehende akute psychotische Störungen Wahnhafte Störungen, Schizophrenie Leitlinien für Diagnostik und Therapie psychischer Störungen bei Migranten Prämigratorische Vulnerabilität (genetisch, psychosozial im Herkunftsland) Vulnerabilität im Verlauf des Migrationsprozesses (“kulturelle Adoleszenz”, “doppelte” Adoleszenz, Traumen) Akkulturationsprobleme aufgrund kultureller Differenz (soziale Benachteiligung, Rassismus, Grossfamilie etc.) Gesellschaftliche Integration (Akkulturation) Leitlinien zur Beurteilung psychischer Störungen aus kultureller Sicht (1) (Mezzich 1995, DSM IV 1996) Kulturelle Identität Ethnische und kulturelle Bezugsgruppen, das Ausmaß der (Teil-) Integration in die Aufnahmekultur sowie die Bezüge zur Ursprungskultur (Bi-, Multikulturalität); Sprachverhalten (Fertigkeiten, Gebrauch, Mehrsprachigkeit, bevorzugte Sprache), Glaubensgemeinschaft und Religiosität. Kulturelle Erklärungsmodelle und Vorstellung Ausdrucksform der Störung (z.B. „böser Blick“, „Susto“, Besessenheit von Geistern, somatische Beschwerden, Unglücksfall) die in der Symptomatik enthaltenen Bedeutungen und ihr Schweregrad im kulturellen Bezugsrahmen; ethnische Krankheitsbezeichnung und ätiologische Modellvorstellungen sowie übliche traditionelle Behandlungsmöglichkeiten und damit gewonnene Erfahrungen. Kulturelle Krankheitskonzepte Religiöser Verständniszugang Krankheit als Strafe von Gott, den Ahnen und Geistern Therapie als Sühne Magischer Verständniszugang Störung der sozialen Interaktion durch negative Einwirkungen von Mitmenschen oder Verstorbenen Einbeziehung der sozialen Gruppe/der Grossfamilie in den Heilungsprozess Ethnokultureller Hintergrund von Kranksein Krankheitsverständnis eng an die Volksmedizin angelehnt und nicht an eine bio-medizinische Vorstellung Die volksmedizinische Betrachtungsweise geht davon aus, dass Krankheit von außen in den Körper eindringt und ihn ganzheitlich befällt Dieses soziokulturell-ganzheitliche Krankheitsverständnis führt meist zu leibnahen Symptomen (Somatisierung) Die Symptome lassen sich schwer eindeutig beschreiben Ethnokultureller Hintergrund von Kranksein Die meisten Patienten haben nur geringe oder fehlende Kenntnisse über ihren Körper Daher werden ungewöhnliche Vorstellungen geäußert In der Schilderung der Wahrnehmung der Krankheit werden häufig die Organe Leber, Lunge und Herz erwähnt Die Beschreibung eigener psychischer Entwicklung und Befindlichkeit gehört nicht zur Gewohnheit Leitlinien zur Beurteilung psychischer Störungen aus kultureller Sicht (2) (Mezzich 1995, DSM IV 1996) Psychosoziale Umgebung und Funktionsfähigkeit Kulturtypische soziale Belastungssituation und ihre Bedeutung; soziale Unterstützungssysteme durch Verwandtschaft, Großfamilie und Religionsgemeinschaft; Funktionsniveau und Funktionsfähigkeit; Art der Behinderung Kulturelle Elemente der Untersucher-Betroffenen-Interaktion Kultur- und Sozialstatusunterschiede bzw. Gemeinsamkeiten, Übertragung und Gegenübertragung, muttersprachliche und fremdsprachliche Kommunikation; Folgen der bestehenden soziokulturellen Unterschiede zwischen Untersucher und Betroffenem für den Kommunikationsstil, das Symptomverständnis, psychopathologische Bewertungen, kulturrelevante Bedeutungen und die therapeutische Beziehungsknüpfung. Diagnose und Behandlung Inwiefern finden kulturelle Aspekte bei der Diagnosestellung und im Behandlungsplan Berücksichtigung? Kulturelle Bedeutung körperlicher Symptome „Medizinisch nicht erklärbare Symptome und Sorgen um körperliche Krankheit können eine kulturell geprägte Ausdrucksform von Belastung sein, die eingesetzt wird, um Sorgen um eine Vielzahl persönlicher und sozialer Probleme auszudrücken, ohne notwendigerweise auf psychopathologische Auffälligkeiten hinzuweisen.“ DSM IV 1996, S. 515 Psychische Störungen in verschiedenen Kulturen Somatisierung als Befindlichkeitsstörung Depression Psychosen Sucht Kulturelle Vielfalt somatischer Symptome bei Euroamerikanern Bei Deutschen: Herzbeswchwerden Bei Franzosen: Beschwerden mit der Leber Bei Engländern: Verdauungsbeschwerden Bei Amerikanern: Virusmentalität Kulturelle Vielfalt somatischer Symptome bei Latinos, Asiaten, Arabern und Türken Latinos und mediterrane Kulturen: „Nervos“ Kopfschmerzen Chinesen und Asiat. Kulturen: Schwäche Müdigkeit „Ying-Yang-Imbalance“ Mittelöstliche Kulturen Herzbeschwerden Türken Bauchschmerzen Kulturelle Vielfalt körperlicher Symptome Somatisierung als Botschaft: Das Phänomen ist, dass Pat. in vielen Kulturen psychische Belastungen eher “leibhaftig” erleben und artikulieren. Depression in Women in Rural East Africa (Kenya) (Dech, Ndetei, Machleidt 2003) Subjective Complaints of Depressive Women (N = 51) (3) Classification by Local Psychiatrists Percentage/cases with each symptom Physical complaints 76,4 % Psychological complaints 12,8 % Sleep disturbances 10,8 % Total number of complaints named N = 351 Häufigkeit somatoformer Störungen • Zweithäufigste Störung nach der Angststörung (1-Mon.Präv. 7,5%, Studien 90erJahre) • Lebenszeitprävalenz 3häufigste Strg. n. Sucht u. Angst • Bei Somatisierungsstrg. hohe Komorbidität mit Depression und Panik (Rief u Hennigsen 2004) • Inanspruchnahmeverhalten für Reha: Migrantinnen 1.Gen. doppelt so hoch wie bei dtsch. Frauen (NRW-Studie 2002) • Depression bei Migranten mit erhöhtem Ausmass an Somatisierung (Diefenbacher u Heim 1994, Simon et al. 1999) • WHO-Studie in 11 primärmed. Zentren auf 4 Kontinenten: 24% der Pat. mit mind. 1 somatoformen Störg (Janca et al. 1999) Ätiologische Modellvorstellungen bei somatoformen Störungen • Psychodynamische Sicht: Psychophysische Folgen unverarbeiteter Konflikte • Die „Kulturelle Adoleszenz“ im Migrationsprozess geht mit schwer zu bewältigenden Stressoren bei erhöhter Vulnerabilität einher (Machleidt 2009, 2008, 2007) • Maladaptive Erfahrungen im interpersonellen Umgang mit dem Körpererleben i.d. frühen Mutter-Kind-Beziehung • VT-Ansätze: Fokussierung der Aufmerksamkeit auf Wahrnehmung von Körper(miss)empfindungen mit dem Risiko der Fehlinterpretation/-bewertung Beziehung zwischen somatischen Symptomen und Depression (Simon et al. 1999) Zusammenfassung: 1. Somatische Symptome bei Depression sind ubiquitär 2. Die Häufigkeit variiert abhängig von der Definition von Somatisierung 3. Somatische Symptome sind genauso „primär“ wie psychologische Symptome 4. Interkulturell bestehen keine Unterschiede bei der „Somatisierung“ 5. Somatische Symptome sind Teil depressiver Kernsymptomatik 6. Somatisierung ist eine „somatosensorische Verstärkung“ von psychologischer Belastung Beziehung zwischen somatischen Symptomen und Depression (Simon et al. 1999) Zusammenfassung: 7. Somatisierung ist Abwehr gegen Belastung 8. Somatisierung ist alternativer Ausdruck von Belastung („idiom of distress“) 9. Somatisierung ist symbolische Körpersprache für Belastg. 10.Somatisierung ist die „Eintrittskarte“ zum Medizinischen Versorgungssystem („fakultative Somatisierung“) 11.Korrelation zwischen Vertrautheit der Arzt-Patient Beziehung und Somatisierung 12.Keine Korrelation zwischen Somatisierung und Akkulturation Psychische Störungen in verschiedenen Kulturen Somatisierung als Befindlichkeitsstörung Depression Psychosen Sucht Kulturelle Symptomvariationen bei depressiven Episoden (1) Kernsymptome (DSM-IV 1994): • • • • • • • Depressive Stimmung Vermindertes Interesse oder Freude Gewichtsverlust oder -zunahme Schlafstörungen Psychomotorische Agitation oder Apathy Erschöpfung oder Energieverlust Gefühle von Wertlosigkeit oder Schuld Verminderte Fähigkeit für Denken und Konzentration Wiederkehrende Gedanken an Tod und Suizidphantasien Psychotische Symptome Somatisierung? Kulturelle Symptomvariationen bei depressiven Episoden (2) Gefühle von Wertlosigkeit, Selbstanklagen und Schuld (wahnhaft): sind häufiger in westlichen als in nichtwestlichen Kulturen z.B. Afrika, Mittlerer Osten, Asien u.a.(Sartorius et al. 1983). sind in nicht-westlichen Kulturen eher verknüpft mit Themen wie Familie, Vorfahren, Freunde, Sozialstatus als z.B. mit ‘Gott’ wie in westlichen Kulturen Kulturelle Symptomvariationen bei depressiven Episoden (3) Psychotische Symptome: Halluzinationen und Wahn sind in nichtwestlichen Ländern weniger häufig dort aber häufiger bei nicht-psychotischen Störungen (Pfeiffer 1994). Akustische und optische Halluzinationen Wahnthemen sind typischer Weise Somatisierung, Religion und Verfolgung (und weniger häufig Schuld, Wertlosigkeit und Armut) Kulturelle Symptomvariationen bei depressiven Episoden (4) Unterscheidung falsch psychotischer Symptome: Angst, verhext zu sein Gefühle von „Hitze im Kopf“ Krabbelsensationen von Würmern oder Ameisen Lebendige Eindrücke, heimgesucht zu werden von verstorbenen Vorfahren Aber CAVE: Ein Symptom darf nicht übersehen werden, indem es irrtümlicherweise als „Norm“ einer gewissen Kultur betrachtet wird! Häufigkeit und Risikofaktoren für Depression bei älteren Türkischen und Morokkanischen Migranten in den Niederlanden (van der Wurff et al: J Affect Disord 2004) Prävalenz bei älteren Migranten (55-75 Jahre): Aus Marokko 33,6 %, aus der Türkei 61,5 % Bei einheimischen Niederländern 14,5 % Ausbildungsgrad und Einkommen von Migranten waren sehr niedrig Hohe Zahl körperlicher Behinderungen und chronischer medizinischer Erkrankungen Der Faktor ethnische Herkunft war allein für sich mit dem Vorliegen bedeutsamer klinischer depressiver Symptome assoziiert Elemente interkultureller Psychotherapie Kulturangemessene therapeutische Haltung (paternalistisch vs. demokratisch) Kulturangemessenes therapeutisches Setting (kollektivistisch vs. Individualistisch) Sorgfältige Wahrnehmung der kollektiven Übertragungen (Idealisierung, Abwertung, Vorurteile, Gleichbahandlungsmaxime etc.) Sorgfältige Wahrnehmung der Gegenübertragung (Rassismus, Religiosität, Ethnie, kulturelle Werte, Gender) „Kampf der Kulturen“ im sozialen Mikrokosmos des therapeutischen Raumes: Dominanz vs. Unterlegenheit und Transformation des Fremden in ein Eigenes Empathie (Perspektiveninduktion und –übernahme) Kultursensibilität und –kompetenz (Sinn und Bedeutung des Fremden lassen sich nicht aus dem Eigenen erraten) Psychische Störungen in verschiedenen Kulturen Somatisierung als Befindlichkeitsstörung Depression Psychosen Sucht Schizophrenie und Migration: Eine Metaanalyse und Übersicht. (Cantor-Graae E, Selten J.:Am J Psychiatry 2005) Migranten der ersten und zweiten Generation haben im Mittel im Vergleich zu Einheimischen ein 3fach erhöhtes Schizophrenierisiko Das Erkrankungsrisiko der ersten Generation ist etwa nur halb so groß (2,7), wie das der zweiten (4,5) Migranten mit schwarzer Hautfarbe hatten ein etwa doppelt so hohes Erkrankungsrisiko, wie Weiße oder Migranten, die weder eine schwarze noch eine weiße Hautfarbe besaßen IA-Studie Hannover (Bartusch, Elgeti, Ziegenbein, Machleidt 2008) Behandlungsintensität in der ambulanten Nachsorge % Kein Kontakt zur ambulanten Nachsorge unter 2 Jahren 40 35 30 2 - unter 5 Jahren; bis zu 2 Quartale/Jahr 25 mehr als 5 Jahre; bis zu 2 Quartale/Jahr 20 1- unter 5 Jahre; mehr als 2 Quartale/Jahr 15 10 mehr als 5 Jahre; mehr als 2 Quartale/year 5 0 Einheimische Migranten p=n.s. IA-Studie Hannover (Bartusch, Elgeti, Zeigenbein, Machleidt 2008) Dauer zwischen Ersterkrankung und Erstkontakt Durschschnitt (Jahre) 7 7,6 6 5 4 Einheimische 4,4 Migranten 3 2 1 0 p=0,01 IA-Studie Hannover (Bartusch, Elgeti, Ziegenbein, Machleidt 2008) % Gabe von Depot-Neuroleptika Mittelwerte (1.-5. Jahr) Einheimische: 33 % Migranten: 41 % p=0,01 IA-Studie Hannover (Bartusch, Elgeti, Ziegenbein, Machleidt 2008) Zusammenfassung der Ergebnisse Mit einem Anteil von 45,7 % sind Migranten in der ambulanten Nachbetreuung in der Institutsambulanz unterrepräsentiert. Keine Unterschiede zwischen Einheimischen und Migranten: Häufigkeit der Diagnose Behandlungsdauer (6-7 Jahre) Psycho-sozialer Risikoscore Intensität der Behandlung Langzeithospitalisation Dosis der Neuroleptikagabe Unterschiede zwischen Einheimischen und Migranten: Dauer zwischen Erstdiagnose und Erstkontakt zur ambulanten Nachsorge ist bei Migranten halb so lang wie bei Einheimischen (3 anstatt 6 Jahre) Migranten erhalten häufiger eine Depot-Neuroleptikagabe Psychische Störungen in verschiedenen Kulturen Somatisierung als Befindlichkeitsstörung Depression Psychosen Sucht Vorläufige Ergebnisse: Russen trinken mehr Alkohol als Türken Präventives Gesundheitsverhalten von Migranten Beispiel Sucht Konzept interkultureller Gesundheitsmediatoren (Salman und Kimil 2006, EMZ) „Keypersons“ der Zielgruppe als „muttersprachliche Präventionsberater“ Schulung der „Keypersons“ zu Themen der Sucht, der Prävention und der Einrichtungen und Aufgaben der Suchthilfe Mehrsprachige Aufklärungsveranstaltungen der „Keypersons“ als „muttersprachliche Präventionsberater“ („Komm“- und „Zugeh“-Strukturen) Migration und Sucht: Risiken Stressoren der Migration und Droge al. 2005) Spannungsaufschub (Grüsser et Unterdrückte Trauer- und Anpassungsprozesse (2. Generation) (Sluzki 2001) Droge als identitätsstiftender Faktor in der Peergroup (v. Schlippe 2003) Enttäuschung über mangelnde soziale Teilhabe (Strobl und Kühnel 2000) Wegfall traditioneller Einbindung und kultureller Steuerungsmechanismen (Pfeiffer 1996, Topraz und Lorenzen 2008) Risikogruppe: junge männliche Migranten (Osteuropa): Interkulturelle Norm- und Wertekonflikte Versorgung abhängiger Migranten Unterrepräsentation in Einrichtungen (Hannover: ca. 5% von 20% der Drogenkonsumenten plus Aussiedler ⅓) der Suchthilfe in Ballungszentren (Ängste vor aufenthaltsrechtlichen Folgen) (Haasen 1997, Haasen et al. 2001, Salman und Tuna 2001, Topraz und Lorenzen 2008) Unterschiedliches Krankheitsverständnis (Konzepte von körperlicher Abhängigkeit und Kontrollminderung sind inakzeptabel ebenso wie als Krankheit) (Heinz et al. 2006) Versuch innerfamiliärer Lösungen (Machleidt 2005) Leitlinien als Handlungsempfehlungen für die Praxis (Kimil et al. 2006, Salman und Tuna 2001, Topraz und Lorenzen 2008) Prävention: „Key persons“ – Ansatz (Salman 2007, Walter et al. 2007) Suchterkrankungen und –behandlung bei Aussiedlern aus osteuropäischen bzw. GUS-Staaten (1) Deutlich erhöhte Häufigkeit stoffgebundener Süchte: 3-fach Alkohol, Drogen Spezialstation für muttersprachliche (polnisch, russisch) Entwöhnungsbehandlung (Alkohol-, Medikamentenabhängigkeit) Spezialstation für muttersprachliche (russisch) Entzugsbehandlung Drogenabhängiger Aussiedler (peer-groups setting) Suchterkrankungen und –behandlung bei Aussiedlern aus osteuropäischen bzw. GUS-Staaten (2) Besonderheiten der Behandlung suchtmittelabhängiger Aussiedler: Passive Erwartung medizinischer Behandlung: Distanz zur sprechenden Medizin, Familienaufklärung Drogenabhängige Aussiedler kommen doppelt so schnell in Behandlung wie Deutsche (3,5 statt 8,5 Jahre nach Krankheitsbeginn u. sind jünger: 23 Jahre vs. 28 Jahre) Sprach- u. kulturkompetentes Personal unverzichtbar (Deutschkurse) AIDS- und Hepatitis-Prävention mehrsprachig! Ethnische Spezialisierung und Vernetzung (Selbsthilfe, Prävention, Beratung, Therapie) Öffnung und Niederschwelligkeit des Suchthilfesystems! Karl Valentin “Fremd ist der Fremde nur in der Fremde”