Behandelte Themen Wie Entscheidungen treffen in der Endokrinologie? Differentialdiagnose von Symptomen Altern in jungen Jahren Klimakterische Beschwerden Senium Differentialdiagnostik von Laborbefunden Hinweise für die tägliche Praxis Wie Entscheidungen treffen? Immer die Patientinnen ausreden lassen und genau zuhören! Auf die Leitsymptome konzentrieren und sie herausfiltern! Grundlagen der Physiologie als gedankliches Basisgerüst nehmen! Auf jeden Fall eine komplette Anamnese erheben! Lebensgewohnheiten Zeitgleiche Körperveränderungen (Gewicht? Behaarung?) Zusätzliche Begleiterkrankungen oder -symptome Medikamente Familiäre Häufung von Erkrankungen Wie Entscheidungen treffen? Kompletten körperlichen und gynäkologischen Status erheben (Blickdiagnose) Die Bestimmung der endokrinen Serumwerte auf die Basisdiagnostik beschränken! Erst bei auffälliger oder nicht eindeutiger Basisdiagnostik eine erweiterte endokrine Diagnostik (Funktionsteste) erwägen! Der Einsatz der Bildgebung (Ultraschall, CT) dient nur zur Bestätigung der schon bestehenden Vermutungsdiagnose! Differentialdiagnose Feststellung de Leitsymptoms Beschreibung der Störung Definition der Ebene der Störung Feststellung der Ursache(n) der Störung Entscheidungskaskade Zuordnung zur Krankheit Prognose Therapienotwendigkeit Therapiemöglichkeiten Differenzierte Therapie Differentialdiagnose: Klimakterium Schilddrüsenfehlfunktionen (auch bei Struma!) Iatrogene Hyperthyreose Phäochromozytom Medikamentenabusus Nikotin- und Koffeingebrauch Antihypertensiva Depression Hormondiagnostik: Menopause Zusätzlich: TSH, FT3, FT4, eventuell Inhibin Differentialdiagnose: Androgenmangel Klimakterium präcox Chirurgische Menopause durch Ovariektomie Nebennierenrindeninsuffizienz Cortison-Dauermedikation Medikamente mit antiandrogener Wirkung Relativer Androgenmangel bei übermässiger Östrogenwirkung (Übersubstitution) Leberfunktionsstörungen Postmenopause - Androgene Leidenberger 1998 Postmenopause - Androgene Transdermale Testosteronsubstitution Postmenopause - Androgene Testosteron 300 µg/Tag steigert das sexuelle Verlangen Differentialdiagnose: Androgenisierung Ursachen NNR-Prozesse Ovarielle Hyperandrogenämie Iatrogene Androgenisierung Adipositas Hormondiagnostik Testosteron, DHT, FAI DHAS, Cortisol, 17-OH-Prog SHBG ACTH-Test Dexamethason-Test Differentialdiagnose: Gewichtsänderung Alter Lebens- und Ernährungsgewohnheiten Körperliche Aktivität Endokrine Umstellungen (Schwangerschaft, Klimakterium) Stoffwechselstörungen (Diabetes, Schilddrüse, Nebenniere) Medikamente Sexualsteroide in Kontrazeptiva und HRT Psychopharmaka Psychogene Störungen Bipolare Psychosen, Anorexie, Bulämie Diagnostik: Gewichtsänderung Basale endokrine Diagnostik TSH basal, FT4 DHAS, Testosteron Cortisol im Serum E2 Erweiterte endokrine Diagnostik Nur bei auffälliger basaler Diagnostik Leptin Cortisol (im Serum und 24-Stunden-Urin) Diagnostik: Schilddrüse Basale Diagnostik Basales TSH Freies Thyroxin (FT4) Ggf. Freies Triiodthyronin (FT3) Erweiterte Diagnostik (nur bei auffälliger basaler Diagnostik) Stimulation mit Thyrotropin-Releasing-Hormon (TRH) • • 200 µg TRH intravenös 2 mg TRH intranasal Autoantikörper gegen Thyrosinperoxidase (TPO-AK) Autoantikörper gegen TSH-Rezeptor (TRAK) Diagnostik: Schilddrüse 100 80 T4 (nmol/l) Normalbereich 60 40 20 0 2 Normalbereich 1 T3 (nmol/l) 0 Vor Nach Menopause Menopause Im Alter Rossmanith et al. 1996 Interpretation: Schilddrüsenwerte Basales TSH normal FT4, FT3 normal: Keine Funktionsstörung FT4, FT3 erhöht oder erniedrigt: TSH-produzierende Hypophysentumoren (sehr selten) Interpretation: Schilddrüsenwerte Basales TSH erniedrigt FT4, FT3 normal: Substitution mit SD-Hormon Präklinische Hyperthyreose FT4, FT3 erhöht: Manifeste Hyperthyreose FT4, FT3 erniedrigt: Sekundäre Hypothyreose Differentialdiagnose: Anhaltende Hitzewallungen unter HRT Unzureichende Substitution Mangelnde Resorption ausreichend angebotener Sexualsteroide Nicht berücksichtigte Begleiterkrankungen (z.B. Phäochromozytom) Medikamenteninteraktionen (z.B. Antihypertensiva) Mono- oder oligosymptomatische Hyperthyreose, (durch HRT induziert?) Diagnostik: Schilddrüse 150 120 Normalbereich T4 (nmol/l) 90 60 30 0 3 FT4 Normalbereich 2 1 0 Vor HRT Unter E2 Unter E2/P Rossmanith et al. 1996 Differentialdiagnose: Anhaltende Hitzewallungen unter HRT Unter HRT werden bei der Dame während symptomatischer Phasen die Serumwerte bestimmt. Wie interpretieren Sie jetzt die Befunde? Symptomfrei LH FSH E2 TSH FT4 TRAK MAK 5 IU/L 40 IU/L 80 pg/ml 0.4 mU/L 15 pmol/l negativ negativ Flush Flush 3 IU/L 45 IU/L 89 pg(ml 0.001 mU/L 29 pmol/L 4 IU/L 46 IU/L 86 pg/ml 0.001 mU/L 44 pmol/l Ref.bereich Intermittierende Hyperthyreose! (2-10 IU/L) (2-10 IU/L) (30-250 pg/ml) (0.4-3 mU/L) (10-25 pmol/l) Klinische Frage Eine sehr gesundheitsbewusste 60-Jährige - keine HRT! - klagt über eine beträchtliche Zunahme des Brustvolumens beidseits seit etwa 5 Jahren (Wechseljahre mit 50 Jahren). Was ist die wahrscheinlichste Ursache? Die Patientin hat womöglich einen östrogenbildenden Ovartumor? Vielleicht hat die Patientin eine nicht erkannte Hyperprolaktinämie! Steckt da am Ende doch ein beidseitiges Mammakarzinom dahinter? Die Größenveränderung resultiert aus einem menopausalem Ungleichgewicht der Steroide Dies sind nicht unübliche Veränderungen bei Frauen nach den Wechseljahren! Physiologie: Brustwachstum Wesentliche Stimulatoren: - Östrogene - Insulin - EGF - Prolaktin - GH Wesentliche Inhibitoren: - Androgene - Progesteron - Cortisol Differentialdiagnose: Brustveränderungen Altersveränderungen! Veränderungen des Gesamtgewichts Relative Zu- oder Abnahme östrogener Aktivität ERT, östrogenhaltige Kontrazeptiva Schwangerschaft! Tumoröses Geschehen Fehlender oder defekter Androgenrezeptor Persistierende Anovulation (Progesteronmangel) Differentialdiagnose: Brustveränderungen Anamnese. Befundung Gewichtsänderungen Wie lange nach Beginn des Klimakteriums begann Brustveränderung? Medikamente Tumorausschluss Galaktorrhoe Sonographie, Mammographie Endokrine Diagnostik E2, Prog, Testosteron PRL Evtl. Insulin Prolaktin 199 Aminosäuren S S S Formen des Prolaktins: - Prolaktin - Big-Prolaktin - Big-Big-Prolaktin - Cave: PRL-Rezeptordichte! Folgen: Hyperprolaktinämie Suppression der Gonadotropinsekretion: - Zyklusstörungen - Galaktorrhoe - Knochendichteminderung Differentialdiagnose: Hyperprolakitnämie Hypothalamische oder hypophysäre Erkrankungen Weitere Endokrinopathien Hypothalamische Fehlfunktionen: sek. Hyperthyreose Hypophysenstielerkrankungen Hypophysäre Adenome: Prolaktinom Primäre Hypothyreose Östrogen-sezernierende Tumore Prolaktinstimulierende Medikamente Verstoffwechselungs- und Ausscheidungsstörungen: Chronische Niereninsuffizienz Leberschädigung Diagnostik: Prolaktin Basale Diagnostik Basales Prolaktin Basales TSH, FT4 E2 Erweiterte Diagnostik (nur bei auffälliger basaler Diagnostik) MCP-Test: Fragwürdig TRH-Test: Fragwürdig NMR Sella (keine CT-Untersuchungen!) Nur bei Verdacht auf Arrosion des Sellabodens: Zielaufnahme der Sella Perimetrie bei nachgewiesenem Hypophysentumor Prolaktin Prolaktin im Serum normal keine weitere Diagnostik mäßig erhöht stark erhöht Stimulationstest (MCP, TRH) Bildgebende Diagnostik (CT, NMR) Gonadotropinsekretion während des Alterns Episodische LH-Sekretion einer postmenopausalen 60-jährigen Frau (oben) und einer 20-jährigen Frau in der Follikelphase (unten) Rossmanith et al. 1993 Gonadotropinsekretion während des Alterns Episodische LH- und FSH-Sekretion von postmenopausalen 50-jährigen Frauen (links) und von postmenopausalen 80-jährigen Frauen (rechts) Rossmanith et al. 1993 Hypothalamisch-hypophysärer Pulsgeber während des Alterns Senium Zeitgeber in der H-P-O Achse Alterung im Zentralnervensystem! Rossmanith 1998 Differentialdiagnose Endokrinologie: Hinweise für die Praxis Das Wichtigste ist immer die vollständige Anamnese! (eigene, familiäre, Entwicklung, Medikamente) Erst dann folgt die komplette körperliche und gynäkologische Befundung! Die Bestimmung endokriner Parameter unterstützt nur die Vermutungsdiagnose! Als wesentliches bildgebendes Hilfsmittel dient zusätzlich der Ultraschall! Weitere bildgebende und nicht-bildgebende Diagnoseverfahren sind nur selten notwendig! Differentialdiagnose Endokrinologie: Hinweise für die Praxis An Leitsymptomen orientieren! Alle Möglichkeiten einer Blickdiagnose zulassen! Dann eine differentialdiagnostische Kaskade aufbauen und schrittweise durchgehen! Zweite Schritte nur nach den ersten unternehmen! Einfache Untersuchungen lösen die meisten differentialdiagnostischen Probleme! Nur bei Auffälligkeiten in der Basisdiagnostik sind weiterführende Schritte notwendig! Das häufige ist häufig, das seltene kommt auch wirklich selten vor!