Türkei in die EU ? Europäische Visionen um den Bosporus Teil I: Die Europäische Union Referent: Christoph Hundt Teil II: Die Türkei Referent: Roy Gündel 1. Die Europäische Union 1.1. Geschichte der EU 1.2. Organe und Institutionen 1.3. Osterweiterung durch MOEL Gründungsmotiv Ausgangslage: • Dauerhafte politische Instabilität in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts • Zwei Weltkriege Ziel: Sicherung von Frieden und Wohlstand Etappen der Europäischen Einigung Vom Europa der Sechs… Europa der Sechs 1952 Etappen der Europäischen Einigung 1952 Montanunion-EGKS 1958 Vertrag von Rom EWG + Euratom 1959 Beginn des Zollabbaus 1972 Zusammenarbeit in der Außenpolitik Das Europa der Neun Europa der Neun 1973 Etappen der Europäischen Einigung 1952 Montanunion-EGKS 1958 Vertrag von Rom EWG + Euratom 1959 Beginn des Zollabbaus 1972 Zusammenarbeit in der Außenpolitik 1973 Beitritt Dänemarks, Großbritanniens und Irlands 1975 Lomé-Abkommen 1979 1. Direktwahl des Europäischen Parlaments Das Europa Zehn Europader der Zehn 1981 Das Europa der Zwölf Europa der Zwölf 1986 Etappen der Europäischen Einigung 1952 Montanunion-EGKS 1958 Vertrag von Rom EWG + Euratom 1993 Binnenmarkt in der Europäischen Union 1959 Beginn des Zollabbaus 1990 Deutsche Einheit 1972 Zusammenarbeit in der Außenpolitik 1986 Beitritt Spaniens und Portugals 1973 Beitritt Dänemarks, Großbritanniens und Irlands 1981 Beitritt Griechenlands 1975 Lomé-Abkommen 1979 EWS: 1. Direktwahl des Europäischen Parlaments …zum Europa der Fünfzehn Europa der Fünfzehn 1995 Etappen der Europäischen Einigung 1952 Montanunion-EGKS 1958 Vertrag von Rom EWG + Euratom 1993 Binnenmarkt in der Europäischen Union 1959 Beginn des Zollabbaus 1990 Deutsche Einheit 1972 Zusammenarbeit in der Außenpolitik 1986 Beitritt Spaniens und Portugals 1995 Erweiterung Österreich, Finnland, Schweden 1999 Euro-Einführung Agenda 2000 Vertrag von Amsterdam In Kraft 2000 Charta der Grundrechte 1973 Beitritt Dänemarks, Großbritanniens und Irlands 1981 Beitritt Griechenlands 1975 Lomé-Abkommen 1979 EWS: 1. Direktwahl des Europäischen Parlaments 2002 Euro-Bargeld Grünes Licht für 10 Beitrittskandidaten 2003 Vertrag von Nizza Grundlagen der EU EU Europäische Union Erste Säule: Europäische Gemeinschaft - Zollunion und Binnenmarkt - Agrarpolitik - Strukturpolitik - Handelspolitik Neue oder geänderte Regelungen für: - Wirtschafts- und Währungsunion - Unionsbürgerschaft - Bildung und Kultur - Transeuropäische Netze - Verbraucherschutz - Gesundheitswesen - Forschung und Umwelt - Sozialpolitik Entscheidungsverfahren: EG-Vertrag Zweite Säule: Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Dritte Säule: Zusammenarbeit Innen- und Justizpolitik Außenpolitik: - Kooperation, gemeinsame Standpunkte und Aktionen - Friedenserhaltung - Menschenrechte - Demokratie - Hilfe für Drittstaaten Sicherheitspolitik: - Gestützt auf die WEU: die Sicherheit der Union betreffende Fragen - Abrüstung - wirtschaftliche Aspekte der Rüstung - Langfristig: Europäische Sicherheitsordnung Entscheidungsverfahren: Regierungszusammenarbeit - Asylpolitik - Außengrenzen - Einwanderungspolitik - Kampf gegen Drogenabhängigkeit - Bekämpfung des organisatorischen Verbrechens - Justitielle Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen - Polizeiliche Zusammenarbeit Entscheidungsverfahren: Regierungszusammenarbeit Institutionen der EU im Überblick Europäischer Rechnungshof Europäischer Rat 15 Regierungschefs und der Präsident der Kommission Lenkung Rat der Europäischen Union Wirtschafts- und Sozialausschuss 222 Mitglieder Beratung (Ministerrat) 15 Minister Europäische Kommission (20 Mitglieder) Entscheidung Europäisches Parlament 626 Abgeordnete Europäischer Gerichtshof Ausschuss der Regionen 222 Mitglieder Beratung Das Europäische Parlament Generalsekretariat Präsidium Ständige Ausschüsse Wahl auf 2,5 Jahre Plenum Belgien 25 Dänemark 16 Deutschland (Straßburg, Brüssel) 626 Abgeordnete 99 Politische Fraktionen 64 Spanien 22 Schweden 25 Portugal Österreich Finnland 25 Frankreich 87 Griechenland Großbritannien 15 Irland 87 Italien Niederlande Luxemburg EU-Haushalt: Wer zahlt was? Finanzierungsanteile der EU-Mitgliedsstaaten im Haushaltsjahr 2002 Finnland 1,5% (5.201) Luxemburg 0,2% Irland 1,4% (444) (3.897) Dänemark 2,0% (5.374) Österreich 2,5% (8.139) Deutschland 24,4% Schweden 2,7% (8.925) Belgien 4,0% (10.269) (81.568) Portugal 1,5% (10.380) Griechenland 1,6% (10.656) Niederlande 6,5% (16.105) Spanien 7,7% Vereinigtes Königreich 14,3% (40.546) (60.242) Frankreich 16,7% (59.482) (Bevölkerung in 1.000) Italien 13,0% (57.474) EU-Haushalt: Wo fließen die 95,7 Mrd. Euro hin? 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Gemeinsame Agrarpolitik Strukturpolitik Interne Politikbereiche Externe Politikbereiche Verwaltungsausgaben Reserven EU-Haushalt 2002 Einheit: Mrd. Euro Vorbeitrittshilfe Die Osterweiterung Wie groß kann Europa werden? Jeder europäische Staat kann beantragen Mitglied der EU zu werden! Osterweiterung Zum 01.05.2004 treten der EU-15 folgende Staaten bei: Estland Slowakei Lettland Slowenien Litauen Tschechische Republik Malta Ungarn Polen Zypern Die Osterweiterung Bedingungen für den Beitritt in die EU: • Bekenntnis zu den Grundsätzen der Freiheit und der Demokratie • Achtung der Menschenrechte, Grundfreiheiten und Rechtsstaatlichkeit • institutionelle Stabilität • funktionsfähige Marktwirtschaft • Standhalten des Wettbewerbsdruck • Ziele der EU verfolgen Die Osterweiterung Aufnahme der 10 neuen Mitgliedstaaten Chancen/Hoffungen: • Ausdehnung der europäischen Wertegemeinschaft • Chance zur Vereinigung Europas • Schaffung eines größeren Binnenmarkts • Unterstützung der Beitrittsländer Risiken/Ängste: • Masseneinwanderung von Ost-Arbeitskräften • Verlegung von Arbeitsplätzen • größere Interessenunterschiede Zukunftsausblick Welche Staaten haben Chancen auf einen EU-Beitritt 2007? Bulgarien Rumänien Und mit einem momentan großen Fragezeichen: Kroatien Türkei 2. STICHWORT: „TÜRKEI“ 2.1 Aktuelle Daten & Fakten 2.2 Historische Entwicklung 2.3 Entwicklung nach 1945 2.4 Die aktuelle politische Lage 2.5 Die Rolle des politischen Islam 2.6 Das Türkei-Bild der Deutschen 2.1 Aktuelle Daten und Fakten Fläche: 779452 km² Bevölkerung: 69,3 Mio Hauptstadt: Ankara (3,2 Mio) 2.1 Aktuelle Daten und Fakten Bevölkerungsstruktur 2003 Türkei Deutschland 86 Einw./km² 231 Einw./km² Bevölkerungswachstum 1,42% 0,07% Stadt-Land-Verhältnis Stadt: 66% Land: 34% Stadt: 88% Land: 12% 2,4 Geb./Frau 1,3 Geb./Frau 28% 15% Bevölkerungsdichte Fruchtbarkeit Unter 15 Jahren 2.1 Aktuelle Daten und Fakten Wirtschaftsdaten 2002/2003 Türkei EU-15 BIP pro Kopf 2750 € 23970 € Haushaltsdefizit 13,7% 1,9% Wachstum +7,8% +1,0% 29,7% (2002) 18,4% (2003) 2,1% (2002) 10,6% 7,6% Inflationsrate Arbeitslosigkeit 2.2 Historische Entwicklung 1923: Ausrufung der Republik Türkei am 29.Oktober, Mustafa Kemal wird erster Staatspräsident 1924: Erste Verfassung tritt in Kraft 1928: Abschaffung des Kalifats 2.2 Historische Entwicklung 1933: Beginn der Emigration deutscher Hochschullehrer in die Türkei 1938: Am 10.November stirbt Kemal Atatürk 1945: Weitgehend neutrale Haltung der Türkei im 2.Weltkrieg 2.3 Entwicklung nach 1945 Die 50er Jahre 1952: Aufnahme in die NATO Späte 1950er: Starke Zunahme sozialer und wirtschaftlicher Spannungen im Zuge der Industrialisierung 2.3 Entwicklung nach 1945 Die 60er Jahre 1960: Militärputsch am 27.Mai 1961: Verabschiedung einer „liberalen“ Verfassung; Abschaffung des Senats 1964: „Ankara-Abkommen“ zwischen Türkei & EWG 2.3 Entwicklung nach 1945 Die 70er Jahre Anfang 70er: Wieder Spannungen und Unruhen im Inneren (68‘er Bewegung) 1971: Militär zwingt Präsident Demirel zum Rücktritt; dennoch keine Stabilisisierung der Lage 1974: Putsch auf Zypern; Besetzung des Nordens 2.3 Entwicklung nach 1945 Die 70er Jahre Mitte 70er: Türkei verstärkt Bemühungen der EG-Annäherung Ende 70er: Wieder Unruhen durch soziale und wirtschaftliche Krisen (Ölkrise, PKK-Terror) 2.3 Entwicklung nach 1945 Die 80er Jahre 1980: Dritter, diesmal unblutiger Militärputsch nach bürgerkriegsähnlichen Zuständen 1982: „Ankara-Abkommen“ wird außer Kraft gesetzt; Verabschiedung der dritten Verfassung Mitte 80er: PKK forciert Terror; der türkische Staat reagiert zunehmend mit flächendeckenden Repressalien 2.3 Entwicklung nach 1945 Die 80er Jahre Mitte 80er: Wirtschaftssanierungsprogramm mit Hilfe des IWF 1987: Antragsstellung auf volle EG-Mitgliedschaft 1988: „Ankara-Abkommen“ wird wieder in Kraft gesetzt 1989: Der Aufnahmeantrag wird vorläufig abgelehnt 2.3 Entwicklung nach 1945 Die 90er Jahre 1991: Öffentlicher Gebrauch der kurdischen Sprache wird erlaubt 1993: PKK propagiert nicht mehr unabhängiges Kurdistan, sondern fordert Rechte und föderale Strukturen zur Wahrung der Identität 1995: Islamisten um Erbakan erringen Wahlsieg 1996: Zollunion mit der EU 2.3 Entwicklung nach 1945 Die 90er Jahre 1997: Erbakan tritt zurück; fortan instabile Regierungsmehrheiten 1999: Verheerendes Erdbeben am 17.August, Hilfe von Griechenland 1999: Türkei bekommt Beitrittsstatus ohne Zeitperspektive 1999: PKK-Chef Öcalan wird festgenommen 2.4 Zur aktuellen politischen Lage 2001: „Schwarzer Mittwoch": Ausbruch einer schweren Regierungs-, Finanz- und Wirtschaftskrise 2001: EU-“Harmonisierungsgesetze“ werden in die Wege geleitet 2002: Abschaffung der Todesstrafe 2002: Recep Tayyip Erdogan und seine gemäßigt islamistische AKP gewinnen Neuwahlen 2.4 Zur aktuellen politischen Lage 2003: Verwehrte Unterstützung der USA beim Irakkrieg hat finanziellen Schaden zur Folge 2003: EU-Beitritt als Hoffnung in wirtschaftlich schwerer Zeit 2003: Erdogans Regierung leitet weitere Reformen ein - Ausweitung der Presse- & Meinungsfreiheit - Verbesserung der Menschenrechtslage - Rechtliche Verbesserungen für Minderheiten 2.4 Zur aktuellen politischen Lage Lob aus der internationalen Politik: - Tempo der Reformschritte - breite öffentliche Debatte über gesellschaftlichen Wandel Verbleibende Kritik (z.B. Amnesty International): - Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis der Reformen - Weiterhin Folterungen & Misshandlungen politischer Häftlinge, Straflosigkeit für die Täter, Isolationshaft - Verwehrte Minderheitenrechte - Schikanierung von Menschenrechtsorganisationen 2.5 Die Rolle des politischen Islam Laizismus: Strikte Trennung von Politik und Religion war zentraler Punkt bei Atatürk Politisierung des Islam: Idee des politischen Islam etabliert sich um 1960 (u.a. Erbakan, Özal) Islamistische Parteien: Immer wieder Gründungen und Verbote von Parteien, die gegen die Trennung von Politik und Religion arbeiteten 2.5 Die Rolle des politischen Islam Aktuelle Aspekte: - AKP ging teilweise aus islamistischen Parteien hervor - „Kemalisten“ und „Islamisten“ stehen sich gegenüber; „Kopftuchstreit“ auch in der Türkei 2.5 Das Türkei-Bild der Deutschen Die „Gastarbeiter“ • In den 60ern wird das Bild bei den Westdeutschen durch die „Gastarbeiter“ bestimmt, weniger durch die Zustände in der Türkei selbst • Nur wenig Kontakte zwischen Deutschen und Türken • Türken lediglich als billige, zeitlich begrenzte Arbeitskräfte 2.5 Das Türkei-Bild der Deutschen Widersprüchliches • In den 80ern generieren besonders die Medien ein neues Türkei-Bild im Westen Deutschlands • Menschenrechtsverletzungen, die „Kurdenfrage“, Macht des Militärs • Im Gegensatz dazu: Tourismus (Idylle, Gastfreundschaft) 2.5 Das Türkei-Bild der Deutschen Die „Ungebetenen“ • Asyldebatte Anfang der 90er • Anschläge auch auf Migranten türkischer Herkunft, zahlreiche Tote • Negative Auswirkungen fehlgeschlagener / nicht betriebener Integrationspolitik 2.5 Das Türkei-Bild der Deutschen Die „Terroristen“ • Nach dem 11.September 2001 steht die Religion im Mittelpunkt der Bedenken, Vorurteile und Klischees • Die Integrationsfrage spielt noch immer eine große Rolle, wird allerdings weniger emotional aufgeladen diskutiert 2.5 Das Türkei-Bild der Deutschen Ein Resümee • Das Türkei-Bild der Deutschen ist eng mit dem Bild der hier lebenden Migranten türkischer Herkunft verknüpft • Vorstellungen über den Islam prägen ebenso das Bild • Die politische und gesellschaftliche Lage in der Türkei selbst spielt eher eine Nebenrolle in der öffentlichen Diskussion Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!