Selbstschema Möglichkeiten der Diagnostik Definition • Als „Selbstschema“ bezeichnet man das Wissen über die eigene Person – – – – – – Bewusstheit Biografie Wahrnehmung eigener Eigenschaften Einschätzung eigener Fähigkeiten Persönliche Wünsche, Ziele, Ideale Wahrnehmung der eigenen Person durch andere, soziale Rollenerwartungen Definition • Teil des Selbstschemas sind aber auch spezifische, selbstbezügliche Motive – Steigerung des Selbstwertgefühls / Selbstwertverteidigung – Selbstkonsistenzprinzip Bedeutung für Förderdiagnostik • Das Selbstschema ist eine handlungsleitende Wissensstruktur. Sie steuert die Realisierung von Zielen (Freizeit, Beziehungen, Schule, Beruf, etc.) – Unter Berücksichtigung eigener Eigenschaften / Fähigkeitseinschätzungen – Unter Berücksichtigung selbstbezogener Motive (z.B. Erhaltung des Selbstwertgefühls) – Unter Berücksichtigung der Erwartungen anderer (z.B. Rollenerwartungen) • Das Selbstschema stellt eine der zentralen psychischen Ressourcen eines Menschen dar – Widerstandsfähigkeit gegen Stress – Bewältigung traumatischer Ereignisse • Das Selbstschema spielt eine zentrale Rolle im Sozialverhalten und im Leistungsverhalten Begriffsvielfalt • In der nationalen und internationalen Literatur herrscht nach wie vor kein einheitlicher Sprachgebrauch • Neben dem Begriff „Selbstschema“ existieren eine Reihe anderer Begrifflichkeiten • Teils synonym, teils mit unterschiedlichem Bedeutungsgehalt • Selbstkonzept, Selbstbild: Ältere Begriffe; werden weitgehend ähnlich verwendet wie Selbstschema. Der Schemabegriff ist aber allgemeiner und beinhaltet auch unscharfe und implizite Konzepte, sowie spezielle Informationsverarbeitungsstrategien, die auf das Selbstschema selbst bezogen sind. • Selbst: Wird meist zur Bezeichnung des Bewusstseins der eigenen Person verwendet, manchmal aber auch synonym zum Selbstkonzept/-schema, oder für Selbst und Selbstkonzept • Identität: Bewusstsein der eigenen Person als etwas Individuellem, Unverwechselbarem. Betonung der Differenzen zu anderen Personen und Rollenerwartungen, sozialen Urteilen • Unterscheidung zw. „Me“ and „I“ • „I“ = Selbst, Selbstkonzept • „Me“ = Sichtweise anderer Personen (Soziales Selbst(konzept)) • Symbolischer Interaktionismus, Soziologie Selbstschema Selbstbild Selbst „I“ Identität „Me“ Bewusstsein der eigenen Person, innere Vorgänge selbstbezogene Wissensstruktur Aktuell Bewusstseinsstrom Selbstperspektive Vergangenheit Fremdperspektive Verallgemeinerung zu Konzepten Selbstbezogene Erfahrungen Biografie Genese des Selbstschemas • Das Selbstschema entsteht durch – Bewertung selbstbezogener Erfahrungen (z.B. Erfolg, Misserfolg, Lob, Tadel) – Vergleiche mit anderen Personen – Verallgemeinerung der konkreten Erfahrungen zu abstrakteren Einschätzungen (Konzepten) – Integration der Konzepte zu allgemeineren Konzepten • Die Abstraktion orientiert sich an der Organisation des sozialen Raums (z.B. Familie, Schule, Freizeit) und anderer kultureller Kategorien (z.B. Trennung zwischen Persönlichkeit und Körper) Eigenschaften des Selbstschemas • Struktur: – Gegliedert • Abstraktionsgrad • Affektiv – Kognitiv • Bereichsspezifität • Struktureigenschaften – Elaborationsgrad – Vernetztheit – Affektive Wertigkeit Abstraktionsgrad Bereiche Kognitiv Personales Selbstbild Selbstwirksamkeit Affektiv Selbstwertgefühl Biografie, Fähigkeitsselbstbild, (z.B. Schulisches Selbstbild) Körperselbstbild Bereichsspezifisches Selbstbild Soziales Selbstbild Erfahrungen in sozialen Feldern Rollenzuschreibungen Konkrete Erfahrungen in Lebensbereichen Selbstwirksamkeit Selbstwertgefühl Subjektive Einschätzung, auftretende Probleme aufgrund der eigenen Fähigkeiten lösen zu können Selbstbewertung, affektive Wertschätzung der eigenen Person Hoch – Niedrig Positiv - Negativ Bereichsspezif. SW - Aktuell / Trait (z.B. schulisch, Mathematisch, sozial) Allgemeine SW - Global / Bereichsspez. Bedeutung der Selbstwirksamkeit für die Schulleistungen • Die Selbstwirksamkeit steht in engem Zusammenhang mit dem schulischen Leistungsverhalten • Schüler mit niedriger (schulischer) Selbstwirksamkeit – bevorzugen leichtere Aufgaben – strengen sich bei schwierigen Problemen weniger an – zeigen weniger Durchhaltevermögen beim Bearbeiten von Aufgaben als Schüler mit hoher SW Diagnostische Verfahren • Die abstrakteren Selbstschemabereiche lassen sich gut mit Fragebogen erfassen • Wie bei allen Fragebogenverfahren gilt jedoch auch hier die Beschränkung, dass sehr individuelle (z.B. spezielle Aspekte von Lebenswelten) Aspekte des Selbstschemas in den globalen Skalen nicht erfasst werden können. • Daher müssen die Fragebogen gegebenenfalls mit Gesprächsdaten kombiniert werden Skala Allgemeiner Selbstwirksamkeit (Schwarzer, 1993, 1994) Frage 1. Die Lösung schwieriger Probleme gelingt mir immer, wenn ich mich darum bemühe. 2. Wenn mir jemand Widerstand leistet, finde ich Mittel und Wege mich durchzusetzen. 3. Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine Absichten und Ziele zu verwirklichen. 4. Auch bei überraschenden Ereignissen glaube ich, daß ich gut damit zurechtkommen werde. 5. In unerwarteten Situationen weiß ich immer, wie ich mich verhalten soll. 6. Für jedes Problem habe ich eine Lösung. 7. Schwierigkeiten sehe ich gelassen entgegen, weil ich mich immer auf meine Fähigkeiten verlassen kann. 8. Wenn ich mit einem Problem konfrontiert werde, habe ich meist mehrere Ideen, wie ich damit fertig werde. 9. Wenn ich mit einer neuen Sache konfrontiert werde, weiß ich, wie ich damit umgehen kann. 10. Was auch immer passiert, ich werde schon klarkommen. stimmt nicht stimmt kaum stimmt eher stimmt genau Schulbezogene Selbstwirksamkeitserwartung Jerusalem & Satow, 1999 1. Ich kann auch die schwierigen Aufgaben im Unterricht lösen, wenn ich mich anstrenge. 2. Es fällt mir leicht, neuen Unterrichtsstoff zu verstehen. 3. Wenn ich eine schwierige Aufgabe an der Tafel lösen soll, glaube ich, dass ich das schaffen werde. 4. Selbst wenn ich mal längere Zeit krank sein sollte, kann ich immer noch gute Leistungen erzielen. 5. Wenn der Lehrer / die Lehrerin das Tempo noch mehr anzieht, werde ich die geforderten Leistungen kaum noch schaffen können. (–) 6. Auch wenn der Lehrer / die Lehrerin an meinen Fähigkeiten zweifelt, bin ich mir sicher, dass ich gute Leistungen erzielen kann. 7. Ich bin mir sicher, dass ich auch dann noch meine gewünschten Leistungen erreichen kann, wenn ich mal eine schlechte Note bekommen habe. Selbstwirksamkeitserwartung im Umgang mit sozialen Anforderungen Satow & Mittag, 1999 1.Ich traue mich zu sagen, was ich denke, auch wenn die anderen nicht meiner Meinung sind. 2.Auch in einer ganz neuen Klasse kann ich schnell neue Freunde finden. 3.Wenn mich jemand ungerecht behandelt, kann ich mich dagegen wehren. 4.Wenn mich jemand ärgert, kann ich mich wehren, ohne Gewalt anzuwenden. 5.Wenn ich etwas Falsches getan habe, schaffe ich es, mich zu entschuldigen. 6.Wenn ich mich ganz traurig und mies fühle, schaffe ich es, mit den anderen darüber zu sprechen. 7.Wenn mich jemand ärgert, schaffe ich es trotzdem, ruhig zu bleiben. 8.Auch wenn mir alles zu viel wird, schaffe ich es, meine schlechte Laune nicht an anderen auszulassen. Ein kleines (hoffentlich instruktives) Selbstexperiment Die folgenden Informationen blieben absolut anonym! 1. Machen Sie sich eine Liste mit zwei Spalten 1. Dinge, die ich gut kann 2. Dinge, die ich nicht gut kann 2. Schreiben Sie in beide Spalten so viele Dinge hinein, wie Ihnen einfallen 3. Kümmern Sie sich nicht um Reihenfolge oder inneren Zusammenhang Beispiel für Gesprächsdaten • Interview mit einer neunjährigen Schülerin zu verschiedenen Aspekten ihres Selbstbilds Diagnose und Veränderbarkeit • Ziel der förderdiagnostischen Bearbeitung des Selbstschemas ist zum einen die – Zustandsbeschreibung • Z.B. Positives od. negatives SK, d.h. – Positives SK = Ressource / Neg. SK =Risiko (=> Förderbedarf) • zum anderen die Verbesserung des Selbstschemas Selbstbezogene Informationsverarbeitung / Veränderung • Das Selbstschema ist keine mehr oder weniger geordnete Kartei selbstbezogener Informationen, die beliebig erweiterbar ist und bei Bedarf umgeschrieben oder problemlos entrümpelt werden kann • Vielmehr werden Informationen (z.B. Lehrerrückmeldungen) sehr selektiv in diese „Kartei“ aufgenommen • Außerdem können aufgenommene Informationen nicht einfach gelöscht werden. Sie können nur unterdrückt, relativiert oder umgedeutet werden Entwicklung als unbegrenzte Veränderung • Gemäß den klassischen Lerntheorien sind dem Erwerb und der Veränderung von Verhaltensgewohnheiten, -stilen oder Verhaltensweisen prinzipiell keine Grenzen gesetzt • Diese Fähigkeit zur Flexibilität lässt sich sogar noch jenseits von Lernprozessen unterstützen, denn • Umwelten können ihrerseits zielgerichtet verändert werden • Und die Akteure der Umwelten können beschließen, den Bedürfnissen einer Person entgegenzukommen • Veränderung kann daher wechselseitig erleichtert werden • Jeder Mensch wäre demnach grundsätzlich in der Lage, in beliebigem Umfang funktionale Verhaltensweisen zu entwickeln und Ressourcen zu erschließen Unbegrenzte Veränderbarkeit ? • Es gibt empirische Indizien, die die Prämisse der unbegrenzten Anpassbarkeit in Frage stellen: • Aus der Forschung zu Risiko- und Schutzfaktoren (Resilienzforschung) ist bekannt, dass nur ca. 30% der Menschen, die massiven Entwicklungsrisiken ausgesetzt sind, diese Risiken konstruktiv bewältigen können • Resilienz ist zudem ein eher temporäres und bereichsspezifisches Phänomen, keine universelle Eigenschaft • Metastudien zur Wirksamkeit von psychologischtherapeutischen Interventionen weisen für die Bearbeitung sozialen und emotionalen Problemverhaltens relativ niedrige Effektstärken und geringe Nachhaltigkeitseffekte nach Wie kann das erklärt werden? • These 1: Das Selbstregulationssystem ist hierarchisch aufgebaut und unterschiedlich veränderbar • These 2: Veränderung ist nicht das summative Ergebnis personaler und sozialer Ressourcen, sondern ihrer Organisation und Zielführung Aufbau handlungsleitender Schemata • Das Selbstregulationssystem ist hierarchisch aufgebaut und vernetzt – Die unterste Ebene bilden situationsspezifische Skripte – Die oberste Ebene bilden globale, hochvernetzte Schemata, die zentraler Bestandteil der Identität sind – Anpassungsleistungen verlangen assimilative und akkommodative Veränderungen dieser Schemata (Marsh & Shavelston, 1985; Marsh, 1986; Marsh et al., 2001; Greve, 2000) Abstraktionsgrad Kognitiv Selbstwirksamkeit Affektiv Selbstwertgefühl Bereichsspezifisches Selbstbild Konkrete Erfahrungen in Lebensbereichen Selbsterhaltung zentraler Schemata • Für die Verhaltensregulation zentrale Schemata wie globale Selbstkonzepte und Bindungsmuster sind selbsterhaltend und wenig offen gegenüber Veränderungsbestrebungen • Solche Schemata verarbeiten neue Informationen in erster Linie nach dem Selbstkongruenz- oder Selbstkonsistenzprinzip (Stahlberg et al., 2000) • Bsp.: Eine Person mit ausgeprägt negativem Selbstkonzept integriert ein Erfolgserlebnis nicht in ihre zentralen Selbstschemabereiche • Denn dieser Feedback passt nicht zum Selbstbild und ist daher untypisch und für die Selbsteinschätzung irrelevant Selbstkonsistenz und Selbstwerterhöhung • Es gibt zwei Selektionsprinzipien, anhand derer sich entscheidet, ob eine neue Information in das Selbstschema integriert wird: – Selbstwerterhaltung / -erhöhung – Selbstkonsistenz Selbstkonsistenz Selbstwerterhalt / erhöhung • Eine neue Information wird nur akzeptiert, wenn sie zu den bereits vorhandenen Informationen passt • Ansonsten wird sie so umgedeutet, dass sie passt, zur unbedeutenden Ausnahme relativiert, oder ignoriert • Eine neue Information wird nur akzeptiert, wenn sie das Selbstwertgefühl aufrechterhält oder erhöht • Ansonsten wird sie so umgedeutet, dass sie passt oder zur unbedeutenden Ausnahme relativiert, oder ignoriert Attributionsstile / Kontrollüberzeugungen • Diese Prinzipien stehen in Zusammenhang mit der Art und Weise, wie man sich als Verursacher für Erfolg und Misserfolg sieht • So kann man Handlungsergebnisse als selbst- oder fremdverursacht ansehen (internale/externale Attribution) • Man kann sie als kontrollierbar oder nicht kontrollierbar interpretieren Kausalattributionen Ursachenzuschreibungen für Erfolge oder Misserfolge Kausale Dimensionen Fähigkeit Anstrengung Zufall Persönlichkeit Situation Internal Internal External Stabilität Stabil Variabel Variabel Kontrollierbarkeit Ja/Nein Ja Nein „Selbstwirksame“ Kausalattributionen Ursachenzuschreibungen für Erfolge Kausale Dimensionen Fähigkeit Anstrengung Zufall Lokalität internal internal External Stabilität stabil variabel Variabel Kontrollierbarkeit ja ja nein Attributionsstile Kontrollüberzeugungen Selbstkonsistenzprinzip •Interne/externe Zuschreibung von Erfolg •Interne/externe Zuschreibung von Misserfolg Internale Kontrolle Erfahrungen, die nicht zum vorhandenen Wissen passen, werden als wenig aussagekräftig eingestuft Externale Kontrolle Selbstwerterhöhungsprinzip Selbstbezogene Informationsverarbeitungsstile, Selbstbezogene Motive Selbstkonsistenz • Eine neue Information wird nur akzeptiert, wenn sie zu den bereits vorhandenen Informationen passt Selbstwerterhalt / -erhöhung • Eine neue Information wird nur akzeptiert, wenn sie das Selbstwertgefühl aufrechterhält oder erhöht • => Veränderung des Selbstschemas nicht möglich. Selbstschema erhält sich immer aufrecht, ist konservativ • => Veränderung des Selbstschemas durch positiven Feedback möglich Selbstkonsistenz oder Selbstwerterhöhung? • Die empirischen Befunde waren lange Zeit nicht eindeutig und sprachen entweder für die Vorherrschaft des einen oder des anderen Prinzips • So zeigte es sich z.B., dass Personen mit einem negativen Selbstschema durchaus dazu neigen, an diesem Selbstschema festzuhalten und positive Leistungsrückmeldungen zu relativieren oder zu ignorieren (obwohl sie gleichzeitig gerne eine positivere Persönlichkeit hätten) • Petersen und Stahlberg gelang es dann, zu zeigen, dass im Grunde beide Prinzipien gelten, aber unter unterschiedlichen Bedingungen Integrativer Selbstschemaansatz • Petersen, L.-E. (1994): Selbstkonzept und Informationsverarbeitung. Essen. • Petersen, L.-E., Stahlberg, D. & Dauenheimer, D. (2000). Selbstkonsistenz und Selbstwerterhöhung: Der integrative Selbstschemaansatz. In: W. Greve (Hrsg.), Psychologie des Selbst (227-238). Weinheim. 1. Allgemein gilt das Selbstkonsistenzprinzip • 2. 3. Es ist insofern mit dem Selbstwerterhaltungsprinzip identisch, als sowohl ein positives als auch ein negatives Selbstkonzept durch Selektion neuer Informationen aufrechterhalten wird Nur ein positives Selbstkonzept kann durch neue positive Informationen oder durch positive Umdeutungen neuer Informationen erhöht werden Entscheidend ist aber der Elaborationsgrad: 1. 2. 3. Wenn ein Selbstschemabereich niedrig elaboriert ist, werden auch nicht zum Schema passende Informationen akzeptiert Mehr noch, in niedrig elaborierten Bereichen herrscht das Selbstwerterhöhungsprinzip vor Erst wenn der Elaborationsgrad steigt, überwiegt das Selbstkonsistenzprinzip Elaborationsgrad / Vernetztheit • Ausmaß, in dem ein Selbstschemabereich „ausgearbeitet“ ist • Je mehr Erfahrungen vorliegen, desto elaborierter ist ein Bereich (und desto abstrakter sind die Selbstbeurteilungen) • Die einzelnen Bereiche können außerdem unterschiedlich stark vernetzt sein, d.h., es können Ähnlichkeiten oder Differenzen bestehen Hoch elaborierter Bereich Niedrig elaborierter Bereich Je elaborierter ein Selbstkonzeptbereich ist, desto mehr Konzepte enthält er (Ähnlichkeit = Nähe) • Nach modernen Theorien der Informationsverarbeitung (konnektionistische Modelle) entstehen abstrakte Einschätzungen durch eine Art Mittelwertbildung • Jedes Einzelkonzept ist mit jedem anderen durch verstärkende und hemmende Verbindungen verknüpft • Durch eine Art gewichtete Summenbildung entstehen so abstraktere Konzepte, deren „Summe“ entsprechend eher negativ oder positiv ist Hoch elaborierter Bereich Niedrig elaborierter Bereich Positives Selbstschema (Ähnlichkeit=Nähe / Rot=Positiv / Grau=Negativ) Veränderbarkeit zentraler Schemata • Diese Schemata sind – umso stabiler, je abstrakter und elaborierter sie sind – Die Veränderbarkeit nimmt aber zu, wenn man bereichsspezifischere Ausschnitte wählt und direkt mit einer Intervention anspricht (Metastudie von O‘Mara et al., 2006) – Die höchsten (inkongruenten) Veränderungseffekte kann man erzielen, wenn man Bereiche anspricht, in denen bisher kaum Erfahrungen gesammelt wurden (Stahlberg et al., 2000) Veränderbarkeit des Selbstkonzepts + ++ +++ Allgemeines Selbstwertgefühl Schule Lesen Freizeit Mathe Sport Veränderbarkeit des Selbstkonzepts + ++ +++ Allgemeines Selbstwertgefühl Schule Lesen Freizeit Mathe Spiel Konsequenzen für Förderung • Aus diesen Zusammenhänge kann man folgern – dass ein elaboriertes negatives Selbstschema nicht „automatisch“ durch vermehrt positive Rückmeldungen verbessert werden kann – Schüler, die eine längere Misserfolgsbiografie haben, verfügen über ein elaboriertes negatives Leistungsselbstbild – Sie werden daher positive Rückmeldungen lange Zeit keinen Glauben schenken • Aus dem Integrativen Selbstschemaansatz kann man folgern, dass sich elaborierte negative Selbstbildern am besten verändern lassen, wenn mehrere Bedingungen zutreffen: – Positive Rückmeldungen erfolgen systematisch über einen längeren Zeitraum – Sie können klar der eigenen Fähigkeit/Anstrengung zugeschrieben werden können – Es gibt Umdeutungsmöglichkeiten, z.B. die Möglichkeit, das Gebiet der Misserfolge als enger umgrenzt wahrzunehmen, als man dachte – Sie können mit positiven Erfahrungen kombiniert werden, die in positiv-elaborierten oder in wenig elaborierten Lebensbereichen („Stärken“, „Interessen“) gewonnen werden -> Kompensationserfahrungen, die den Aufbau einer positiven Perspektive als neue Grunderfahrung ermöglichen Diagnostisch relevante Informationen • Positive oder negative Ausprägung des SK • Strukturinformationen (Elaborationsgrad, Differenzierung) • Stile der Verarbeitung selbstbezogener Informationen Diagnostische Kriterien für Elaborationsgrad • Bei Fragebogenskalen: Höhe des Skalenwertes – je weiter er sich von der Mitte entfernt, desto elaborierter ist vermutlich das entsprechende Selbstbild • Bei Interviews, Gesprächen: – Anzahl der Informationseinheiten zu einem Bereich – Mischung aus hochabstrakten und konkreten Informationen Diagnostik von Attributionsstilen und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen • (a) standardisierte Verfahren (für ältere Kinder und Jugendliche) – z.B. ASF-KJ – z.B. FEESS 3-4 • (b) informell (bei jüngeren Kindern): Gespräch über leistungsbezogene Situationen und Ursachen für Erfolge oder Misserfolge • Erzähl‘ mir doch mal, was Du in der Schule gut kannst. • Warum kannst Du das gut? • Erzähl‘ mir doch mal, was Du nicht so gut kannst. • Warum kannst Du das nicht so gut? • Was müsste denn passieren, damit Du das besser kannst? ATTRIBUTIONSSTIL-FRAGEBOGEN FÜR KINDER UND JUGENDLICHE (ASF-KJ) • 1. Warum schreibst Du ein besonders gutes Diktat? Was ist Deiner Meinung nach der wichtigste Grund dafuer? (freie Beantwortung) • 2. Liegt der Grund dafuer, dass Du ein besonders gutes Diktat schreibst, eher an Dir oder an etwas anderem (z.B. an anderen Leuten oder an den Umstaenden)? 1 - liegt nur an anderen Personen oder Umstaenden 2 - liegt ueberwiegend an anderen Personen oder Umstaenden und nur ein wenig an mir selbst 3 - liegt ueberwiegend an mir und ein wenig an anderen Personen 4 - liegt nur an mir selbst • • • • • • • • • • • • • • 3. Wird der von Dir angegebene Hauptgrund auch in Zukunft wieder wichtig sein, wenn Du ein besonders gutes Diktat schreibst? 1 - wird nie wieder sehr wichtig sein 2 - wird manchmal wieder sehr wichtig sein 3 - wird oft wieder sehr wichtig sein 4 - wird immer wieder sehr wichtig sein 4. Erklaert dieser Grund nur, warum Du ein besonders gutes Diktat schreibst, oder ist er auch bei anderen Ereignissen wichtig, wenn Du eine gute Arbeit schreibst? 1 - ist nur bei diesem Ereignis wichtig 2 - ist auch bei ein paar anderen Ereignissen wichtig 3 - ist auch bei vielen anderen Ereignissen wichtig 4 - ist bei allen Ereignissen wichtig Fragebogen zur Erfassung emotionaler und sozialer Schulerfahrungen von Grundschulkindern dritter und vierter Klassen (FEESS 3-4) • • • • • • • • • • • (1) Teilfragebogen zur Sozialen Integration, zum Klassenklima und zum Selbstkonzept (TF-SIKS 3-4): Dimension Faehigkeitsselbstkonzept - Selbstkonzept der Schulfaehigkeit (SK): "Ausmass, in dem ein Kind sich den schulischen Aufgaben gewachsen fuehlt und seine schulischen Faehigkeiten positiv bewertet". Dimension Sozialklima - Soziale Integration (SI): "Ausmass, in dem ein Kind sich durch die Mitschueler und Mitschuelerinnen angenommen fuehlt und sich selbst als vollwertiges Gruppenmitglied betrachtet". - Klassenklima (KK): "Ausmass, in dem die Kinder der Klasse sozial angemessen und freundschaftlich miteinander umgehen und ein gutes Verhaeltnis zueinander haben". (2) Teilfragebogen zur Schuleinstellung, Anstrengungsbereitschaft, Lernfreude und Gefuehl des Angenommenseins (TF-SALGA 3-4): - Schuleinstellung (SE): "Ausmass, in dem ein Kind sich in der Schule insgesamt wohl fuehlt". - Anstrengungsbereitschaft (AB): "Ausmass, in dem ein Kind bereit ist, sich auf Neues einzulassen und Anforderungen in der Schule zu bewaeltigen, auch wenn dazu besondere Bemuehungen erforderlich sind". - Lernfreude (LF): "Ausmass, in dem ein Kind Freude an seiner alltaeglichen schulischen Arbeit hat und mit froher Erwartungshaltung an seine Arbeit geht". - Gefuehl des Angenommenseins (GA): "Ausmass, in dem ein Kind sich von seinen Lehrern und Lehrerinnen angenommen, verstanden und unterstuetzt fuehlt".