Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit

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Crashkurs
„Wirtschaftsprivatrecht“
TEIL 2: Einheit 7 – 12
+
Arbeitsrecht
Sommer-Semester 2009
(22.05.2009)
Universität Hamburg
Institut für Recht der Wirtschaft
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“
Vorbemerkungen:
Inhaltliche Fragen zu diesem Crashkurs:
 Rechtsanwalt und Dozent NGUYEN, NGOC-DANH
eMail an: [email protected]
Folien (zur Vorlesung):
 http://www.marx.de/
(dort unter: „materialien/universität“)
Folien (zur Übung):
 http://www.econ.uni-hamburg.de/IRdW/zivil/
 http://www.wiso.uni-hamburg.de/irdw
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Crashkurs
„Wirtschaftsprivatrecht“
Einheit 7:
Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
Rücktritt, Schadensersatz
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 7)
Fall 32 („Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte“):
M hat bei V eine Wohnung angemietet, die sie mit ihrem
sechsjährigen Kind K bezieht.
Eines Tages vergisst der von V sorgfältig ausgewählte und
überwachte Hausmeister H, nach dem Bohnern des
Treppenhauses entsprechende Warnschilder über die
Rutschgefahr aufzustellen.
K stürzt daher und bricht sich ein Bein.
Hat K gegen V Schadensersatzansprüche?
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 7)
Anspruch K gegen V auf Ersatz von Behandlungskosten
und Schmerzensgeld aus § 280 BGB?
Voraussetzungen: 1. Schuldverhältnis – 2. Pflichtverletzung – 3.
Verschulden – 4. Schaden – 5. Kausalität.
1. Schuldverhältnis
Das setzt zumindest ein Schuldverhältnis zwischen K und V
voraus, denn § 280 BGB stellt eine vertragliche
Schadensersatznorm dar.
Problem: Hier wurde der Mietvertrag jedoch zwischen M
und V geschlossen worden…
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 7)
aber:
Es ist gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass ein Dritter in
ein anderes Vertragsverhältnis eingebunden werden kann,
wenn und soweit er gleichermaßen schutzwürdig ist.
Diesbezüglich hat die Rechtsprechung die Figur des sog.
„Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte“ entwickelt, um den
Dritten nicht schutzlos zu stellen.
also: Damit der Dritte (= K) in den Schutzbereich des
Mietvertrages zwischen V (als Schuldner) und M (als
Gläubiger) in den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte
einbezogen
werden
kann,
müssen
bestimmte
Voraussetzungen erfüllt sein:
…
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 7)
 Leistungsnähe des Dritten (= Dritter muss mit der Leistung in Berührung
kommen + den Gefahren einer Pflichtverletzung gleichermaßen ausgesetzt
sein wie der direkte Vertragspartner)
 (+) da K mit der Leistung des V ebenso wie dessen
Vertragspartnerin M in Berührung gelangt (M wohnt dort)
 Fürsorgeverhältnis zw. Gläubiger + Drittem (= seitens des Gläubigers
muss ein eigenes, berechtigtes Schutzinteresse gegenüber dem Dritten
bestehen)
 (+) M hat die elterliche Sorge (§ 1626 BGB) ggü. Kind K.
 Erkennbarkeit für den Schuldner (= Leistungsnähe und Schutzinteresse
für den Schuldner erkennbar, denn sonst unzumutbare Haftungsausuferung)
 (+) V hat Kenntnis, dass M mit einem Kind dort wohnt.
 Schutzbedürftigkeit des Dritten (= Dritter darf keine eigenen vertraglichen
Ansprüche haben, denn dann wäre er nicht schutzlos gestellt)
 K stehen keine eigenen sonstigen vertraglichen Ansprüche zu
= ERGEBNIS:
K ist in den Mietvertrag trotz fehlender Beteiligung am
Vertragsschluss einbezogen. Ein Schuldverhältnis ist
gegeben.
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 7)
2. Pflichtverletzung
(+), V hat die Pflicht aus § 241 II BGB, auf die Interessen und
Rechtsgüter des anderen Vertragsteils Rücksicht zu nehmen
(Rücksichtnahmepflicht), verletzt, indem er auf die Rutschgefahr im
Treppenhaus nicht hingewiesen hat.
3. Verschulden
Vertretenmüssen wird nach § 280 I 2 BGB vermutet (anders bei
Exkulpation nach § 831 BGB, siehe nachfolgend)
aber: an sich kein eigenes Verschulden des V, denn hier hat
Hausmeister H nach dem Bohnern des Treppenhauses
vergessen, entsprechende Warnschilder über die Rutschgefahr
aufzustellen (= Fahrlässigkeit)
jedoch: Zurechnung des Verschuldens des H nach § 278 BGB,
da ein Schuldner sich das Verschulden derjeniger Personen,
deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in
gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden (H als
Erfüllungsgehilfe des V) = VERSCHULDEN (+).
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 7)
4. Schaden des K
(+), Heilbehandlungskosten (§
Schmerzensgeld (§ 253 II BGB)
249
Satz
2
BGB)
und
5. Kausalität zwischen Pflichtverletzung + Schaden
(+), Nichtaufklärung über Rutschgefahr führt zu - aufgrund der
Verletzung notwendig werdenden – Behandlungskosten sowie zu
Schmerzen des K
 Ergebnis:
Schadensersatzanspruch des K gegen V aus § 280 BGB (+)
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 7)
Evtl.
hätte
K
gegen
V
auch
einen
deliktischen
Schadensersatzanspruch aus § 831 BGB. Voraussetzung:
1. Deliktische Handlung: Hausmeister H hat als
Verrichtungsgehilfe des V (= Geschäftsherr) eine unerlaubte
Handlung iSd § 823 I, II BGB zu Lasten des K begangen (=
fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassen)
2. Keine Exkulpation gemäß § 831 I 2 BGB:
Der
Geschäftsherr haftet nur dann, wenn er sich nicht
„exkulpieren“ (= entlasten) kann, wobei im Zweifel von einer
Haftung auszugehen ist. – Hier hat V den H jedoch sorgfältig
ausgewählt und überwacht, so dass V sich einer
Verantwortung entziehen kann.
= Ergebnis: Ein Schadensersatzanspruch nach § 831 BGB
besteht nicht.
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Fall 33 („Rücktritt“, „Schadensersatz“):
K betreibt ein Handelsunternehmen für landwirtschaftliche
Produkte. Die Brotfabrik B bestellt bei ihm 10 Tonnen Weizen.
Als fester Liefertermin wird der 01.05.2002 vereinbart, weil B
die Ware zu diesem Termin zwecks Durchführung eines
kontinuierlichen Produktionsablaufes benötigt. Für den Fall der
Überschreitung des Liefertermins wird daher eine verbindliche
Vertragsstrafe vereinbart.
K deckt sich bei Bauer V ein und bestellt die Getreidemenge
mit einem vertraglich vereinbarten Anlieferungsdatum
spätestens zum 30.04.2002.
Als V an diesem Tag nicht liefert, bietet zufällig ein anderer
Lieferant dem K eine gleiche Menge Getreide an. …   
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 7)
…    K erklärt daher gegenüber V, dass er von dem
Geschäft nichts mehr wissen wolle, und erwirbt das Getreide
bei dem anderen Lieferanten, so dass er noch rechtzeitig B
beliefern kann.
V bietet K die Ware daraufhin zwei Tage später an und
verlangt Zahlung des Kaufpreises. Dieses Ansinnen weist K
zurück; außerdem verlangt er von V Zahlung von € 2.000,00,
der Differenz zwischen den Einkaufspreisen bei V und bei dem
anderen Lieferanten.
Als V auch einen Monat später trotz Mahnung keine Zahlung
geleistet hat, beauftragt K einen Anwalt, der von V über die
Zahlung hinaus noch die Erstattung seiner Gebühren sowie
Zahlung von Zinsen in Höhe von 10 % verlangt. Wie ist die
Rechtslage?
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 Anspruch V gegen K auf Zahlung des Kaufpreises
gemäß § 433 Abs. 2 BGB?
I. Anspruch entstanden?
= wirksamer Kaufvertrag über das Getreide zustande
gekommen, Folge: Kaufpreiszahlungsanspruch entstanden
II. Anspruch erloschen?
Anspruch wegen Rücktritts des K möglicherweise
erloschen… (+), wenn ein Rücktrittsrecht besteht…   
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   Rücktrittsrecht: § 323 I BGB?
1. Schuldverhältnis? (+) Kaufvertrag (= gegenseitiger Vertrag)
2. Pflichtverletzung? (+), V hat die Getreidelieferung als von ihm
geschuldete Leistung bei Fälligkeit (30.04.2002) nicht erbracht
3. Setzung einer angemessenen Nachfrist? = Hier hat K dem V keine
entsprechende Frist gesetzt. Aber: Nachfristsetzung gem. § 323 II Nr. 3
BGB entbehrlich, wenn dies durch besondere Umstände nach Treu und
Glauben gerechtfertigt ist (= hier: K benötigte das Getreide fristgerecht, um
nicht die Vertragsstrafenverpflichtung ggü. B auszulösen. Er war daher
darauf angewiesen, sich sofort anderweitig einzudecken. Deshalb war ihm
eine Nachfristsetzung nach den Umständen nicht zumutbar.
4. Rücktrittserklärung gem. § 349 BGB? (+), K hat ggü. V erklärt, nicht am
Vertrag festzuhalten
Rechtsfolge: Kaufpreiszahlungsverpflichtung erloschen! Nach §§ 346 ff.
BGB wird durch den Rücktritt das Schuldverhältnis in ein
Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt = alle noch nicht erbrachten
Leistungspflichten erlöschen
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 Anspruch K gegen V auf Schadensersatz statt der
Leistung € 2.000,00 gem. §§ 280 I, III, 281 BGB?
Anmerkung: Gemäß § 325 BGB ist eine Schadensersatzforderung neben der Ausübung des
Rücktrittsrechtes möglich!
1. Schuldverhältnis? (+), Kaufvertrag (§ 433 BGB) zwischen K und V
2. Pflichtverletzung? (+), V hat die von ihm geschuldete Leistung
(Getreidelieferung) nicht fristgerecht erbracht
3. Setzung einer angemessenen Nachfrist/ Entbehrlichkeit (§ 281
Abs. 2 BGB)? (+), s.o.
4. Zusätzliche Voraussetzung des § 280 I BGB: Vertretenmüssen der
Überschreitung der Leistungszeit i.S.d. § 276 BGB: (+), wegen § 280 I
2 BGB wird das Verschulden vermutet
5. Schaden? (+), infolge des Ausbleibens der Leistung sind bei K die
Mehraufwendungen in Höhe von € 2.000,00 entstanden. Angesichts der
drohenden Vertragsstrafe durfte er diese in Kauf nehmen.
Ergebnis: Anspruch aus § 280 BGB liegt vor.
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 7)
 Anspruch K gegen V auf Erstattung der Anwaltskosten und
Zinsen?
RA-Kosten: (+), § 280 BGB, denn V war mit der
geschuldeten
Schadensersatzzahlung in Verzug geraten: K hat V zur Leistung
angemahnt. Da V trotz Mahnung schuldhaft nicht leistete, ist er in
Verzug geraten. K war daraufhin berechtigt, anwaltliche Hilfe in
Anspruch zu nehmen. Die dadurch verursachten Kosten sind ihm
daher als Verzögerungsschaden zu ersetzen.
Zinszahlung: (+), § 288 BGB. Sofern kein höherer Zinsschaden
(etwa durch die Inanspruchnahme eines Überziehungskredites)
nachgewiesen ist, gilt der gesetzliche Verzugszinssatz, der 5
Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) beträgt (achte:
unter Gewerbetreibenden (wie hier) gelten sogar 8 Prozentpunkte
über dem Basiszinssatz).
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Crashkurs
„Wirtschaftsprivatrecht“
Einheit 8:
Unmöglichkeit beim Kaufvertrag
Gewährleistungsrechte beim Kaufvertrag
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
Kaufmann: § 1 HGB
= Sonderprivatrecht des HGB
ist anwendbar
Unternehmer: § 14 BGB
= ist an spezielle verbraucherschützende
Vorschriften gebunden
§ 1 HGB: Betreiber eines Handelsgewerbes
§ 14 BGB: Gewerblich oder selbstständig Handelnder
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
Fall 34 (A) („Unmöglichkeit“): Der K betreibt in Berlin ein
mittelständisches Bauunternehmen und hat einen Auftrag mit
einem Auftragswert von € 100.000 erhalten, zu dessen Erfüllung er
eine größere Teermaschine benötigt, wie er sie noch nicht im
Fuhrpark hat. Beim Händler V in Hamburg entdeckt er eine
geeignete gebrauchte Maschine und vereinbart mit V, dass er sie in
vollgetanktem Zustand in einer Woche mit einem geeigneten
Transporter abholen komme. Es wird ein Kaufpreis von € 20.000
vereinbart.
Bevor K die Maschine jedoch abholen kann, befüllt M, ein
Mitarbeiter des V, sie aus Unachtsamkeit mit dem falschen
Treibstoff, was zur Folge hat, dass das Gerät einen irreparablen
Schaden erleidet und nicht mehr zu gebrauchen ist.
K verlangt Erfüllung des Kaufvertrags oder im Falle der
Nichtlieferung Kompensation für den Ausfallschaden, der ihm
entsteht, weil er seinerseits den € 100.000 Auftrag nicht erfüllen
kann. V verlangt hingegen Begleichung der Rechnung über €
20.000. Wie ist die Rechtslage?
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
 Gefragt ist nach Ansprüchen aller Beteiligten
gegeneinander: Wer will Was von Wem Woraus?
Gläubiger Anspruchsziel
K
Schuldner
I. Lieferung /
II. Schadensersatz
V
Kaufpreiszahlung
K
V
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Anspruchsgrundlage
I. Kaufvertrag
II. §§ 280 ff.
Kaufvertrag
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
I. Anspruch des K gegen V auf Lieferung nach § 433 I BGB?
 Anspruch entstanden? (+), Kaufvertrag wurde geschlossen.
 Anspruch erloschen?
 durch Erfüllung (§ 362 BGB)? (-), V hat die Sache weder
übergeben noch übereignet.
 durch Unmöglichkeit (§ 275 BGB)? Da die geschuldete
Teermaschine beschädigt ist, könnte der Anspruch
erloschen sein, weil die Sache untergegangen ist. Hier:
(+/-), abhängig davon, ob V noch eine weitere, gleichartige
Teermaschine liefern kann (= Gattungsschuld, vgl. § 243 I
BGB) oder ob es die einzige Teermaschine war, so dass er
nicht mehr nachliefern kann (= Stückschuld). Hier:
Gebrauchte Sache = in der Regel Stückschuld = Anspruch
erloschen
 Ergebnis: Kein Anspruch des K gegen V auf Lieferung.
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
II. Anspruch des V gegen K auf Zahlung nach § 433 II BGB?
 Anspruch entstanden? (+), Kaufvertrag wurde geschlossen.
 Anspruch erloschen? (+), nach § 326 I 1 BGB entfällt der
Gegenleistungsanspruch
bei
Wegfall
der
Leistungsverpflichtung nach § 275 BGB. Hier: V muss gem. §
275 BGB nicht mehr liefern, deswegen muss K gem. § 326 I 1
BGB auch nicht mehr zahlen.
 Anmerkung: Eine Ausnahme wäre nach § 326 II BGB gegeben, wenn
der Gläubiger für den Umstand der Unmöglichkeit allein oder
überwiegend verantwortlich ist. Hier aber (-).
 Ergebnis: V hat gegen K keinen Anspruch auf Zahlung.
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
III. Anspruch des K gegen V auf Schadensersatz nach § 280
BGB?
§280 BGB = zentrale Anspruchsgrundlage für vertragliche
Schadensersatzansprüche
Voraussetzungen:
1. Schuldverhältnis
2. Pflichtverletzung
3. Vertretenmüssen
4. Schaden
5. Kausalität Pflichtverletzung – Schaden
6. evtl. weitere Voraussetzungen (abhängig davon, welche
Schadensart geltend gemacht wird, siehe nachfolgende Skizze)
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
Schadensersatzanspruch des K gegen V, § 280 BGB?
1. Schuldverhältnis? (+) Kaufvertrag besteht.
2. Pflichtverletzung? (+) V hat die Sache nicht „geliefert“
3. Vertretenmüssen? (+). V der selbst nicht gehandelt hat, muss sich die
Fahrlässigkeit seines Mitarbeiters M (= Erfüllungsgehilfe) wegen § 278 BGB
als eigene zurechnen lassen.
4. Schaden? (+), K kann seinen Auftrag nicht erfüllen und erleidet
Umsatzeinbußen
5. Kausalität? (+), der Schaden resultiert aus der Nichtlieferung des V
6. Zusätzliche Voraussetzung: Da K Schadensersatz anstatt der eigentlich
geschuldeten Leistung (also hier: Lieferung der Sache) fordert, gilt § 280 III
BGB, demzufolge die Voraussetzungen einer der §§ 281-283 BGB vorliegen
müssen. Hier: Ausschluss der Leistungspflicht des Schuldners (§ 283
BGB): (+), Leistungsbefreiung des V nach § 275 BGB (siehe oben).
= ERGEBNIS: SE-Anspruch des K gegen V nach § 280 BGB liegt vor.
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Fall 36 (A) („Gewährleistungsrechte beim Kaufvertrag“):
K ist Betreiber eines Copy-Shops.
Er bestellt beim Versandhändler V einen neuen Farbkopierer,
der auch sofort geliefert wird.
Da K zum Lieferzeitpunkt viel zu tun hat, vergisst er den neuen
Kopierer zunächst und stellt bei der Inbetriebnahme erst drei
Wochen später fest, dass dieser ständig Papierstau produziert.
Daraufhin verlangt K die Lieferung eines neuen Kopierers.
Zu Recht?
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Nacherfüllung
Nachlieferung
Nachbesserung
+ vergebliche Fristsetzung
/ Fristsetzung entbehrlich
+ Pflichtverletzung
erheblich
Minderung
Rücktritt
+ Vertretenmüssen
Grundvoraussetzung für
alle Ansprüche:
Kaufsache war bei
Gefahrübergang mangelhaft
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
Schadensersatz
Aufwendungsersatz
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
Anspruch des K gegen K auf Neulieferung?
I. Anspruch entstanden?
(+), § 433 I BGB, Anspruch gerichtet auf Lieferung.
II. Anspruch erloschen?
Mit Lieferung der Sache ist dieser Anspruch erfüllt (§ 362 BGB)
oder wandelt sich bei mangelhafter Lieferung in einen
Nacherfüllungsanspruch (§§ 437 Nr. 1, 439 BGB) um.
 hier: Sache wurde geliefert, insofern nur noch
Nacherfüllungsanspruch denkbar.  zu prüfen ist also, ob
ein solcher Nacherfüllungsanspruch besteht…   
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
  Nacherfüllungsanspruch, §§ 437 Nr. 1, 439 BGB :
Voraussetzung: „Mangelhafte Sache“ iSd § 434 BGB („Sachmangel“):
„Bei Gefahrübergang… u.a. wenn…
 …vereinbarte
Beschaffenheit
nicht
gegeben;
…mangelnde Eignung für im Vertrag vorausgesetzte Verwendung
 …mangelnde Eignung für gewöhnliche Verwendung oder entspricht
nicht der üblichen Beschaffenheit
 Lieferung falscher Sache oder zu geringe Menge
hier: Keine spezielle Beschaffenheit vereinbart; Papierstau produzierender
Kopierer eignet sich nicht für gewöhnliche Verwendung

Sachmangel gegeben  Anspruch wahlweise auf Nachlieferung bzw.
Nachbesserung
 aber: K hat sich 3 Wochen Zeit gelassen, erst dann hat er sich die Mühe
gemacht, sich den Kopierer näher anzugucken. Das widerspricht einer im
Handelsverkehr vorgesehenen zügigen Abwicklung der Rechtsgeschäfte,
etwa durch das Erfordernis der unverzüglichen Mängelrüge,… daher … 
 Hamburg
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
  Ausschluss des Anspruchs nach § 377 I HGB:
„Ware gilt als genehmigt,…
 wenn bei einem Handelsgeschäft (zwischen Kaufleuten gem. § 1
HGB)…
 der Käufer nach Erhalt der Ware nicht unverzüglich einen Mangel
rügt, der bei einer ordnungsgemäßen Untersuchung erkennbar
gewesen wäre.
= hier: es ist nach durchzuführender Interessenabwägung „nach
ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich“ tunlich und dem K
zuzumuten gewesen, den Kopier zeitnah auf Papierstau zu
untersuchen!
= Ergebnis: Trotz bestehendem Sachmangels kein Anspruch des K
gegen V auf Nachbesserung/Nachlieferung!
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
Fall 36 (A) Abwandlung („div. Gewährleistungsrechte“):
Der K hat sich bei V einen gebrauchten Kopierer gekauft, um
damit seine Briefmarkensammlung zu vervielfältigen und zu
katalogisieren. Dieser Kopierer ist allerdings fehlerhaft.
Der V weigert sich, einen neuen Kopierer zu liefern.
Welche Rechte kommen für K grundsätzlich in Betracht?
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
I. Nachlieferung (§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB):
 grds. (+). aber: Bei der Verpflichtung des V handelt es sich um eine
Stückschuld (Grund: gebrauchter Kopierer ist „Unikat“), so dass
Ersatzlieferung unmöglich gem. § 275 Abs. 1 BGB sein könnte (BGH:
(-), wenn keine funktionell und vertragsmäßig gleichwertige Sache
mehr geliefert werden kann, ist… hier: ist einzelfallabhängig.
II. Nachbesserung (§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 1 BGB)
III. Rücktritt (§§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB):
 Folge: Rückabwicklung des Vertrages, also Rückgewähr empfangener
Leistungen und Vorteile (§ 346 BGB).
 Gegenüber Nacherfüllung zusätzliche Voraussetzungen:
o Vergebliche Fristsetzung zur Nacherfüllung bzw. Entbehrlichkeit
(z.B. bei Unmöglichkeit (vgl. § 440 BGB) oder Weigerung des
Verkäufers)
o Mangel darf nicht unerheblich sein (§ 323 V 2 BGB)
= hier: V weigert sich nachzuerfüllen und der Mangel (Papierstau) ist
erheblich, demnach Rücktrittsrecht (+)
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
IV. Minderung (§§ 437 Nr. 1, 441 BGB):
 Voraussetzungen siehe Rücktritt, aber auch bei unerheblichen
Mängeln möglich
 Folge: Erstattung der Wertdifferenz zwischen mangelhaftem und
vertragsgemäßem Gerät
V. Schadensersatz (§§ 437 Nr. 3, 280 I BGB):
 Zusätzliche Voraussetzung: Vertretenmüssen
o § 276 BGB (Vorsatz/Fahrlässigkeit) – im Zweifel wird Verschulden
vermutet (vgl. § 280 I 2 BGB). Hier: Die erste mangelhafte
Lieferung war möglicherweise noch nicht fahrlässig, die
Weigerung, nachzuerfüllen, war jedoch sogar eine vorsätzliche
Pflichtverletzung = Verschulden (+).
 „Großer Schadensersatz“ (= mangelhafte Sache wird zurückgegeben
+ Käufer erhält Ersatz des vollen Wertes einer mangelfreien Lieferung)
 „Kleiner Schadensersatz“ = Käufer behält die mangelhafte Sache +
erhält Ersatz der Wertdifferenz zu einer mangelfreien Lieferung in
Geld)
 hier: Keine Anhaltspunkte für Schaden.
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 8)
VI. Aufwendungsersatz (§§ 437 Nr. 3, 284 BGB):
 Gleiche Voraussetzungen wie Schadensersatz („anstelle“)
 Folge: Ersatz der Aufwendungen, die der Käufer im Vertrauen auf
den Erhalt der (mangelfreien) Sache gemacht hat.
o Ausnahme: Zweck der Aufwendungen wäre auch bei
mangelfreier Lieferung nicht erreicht worden
 HIER: Keine Anhaltspunkte für Aufwendungen.
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Crashkurs
„Wirtschaftsprivatrecht“
Einheit 9:
Kaufvertrag, Verbrauchsgüterkauf (Fall 37)
Werkvertrag (Fall 38)
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Fall 37 („Kaufvertrag“, „Verbrauchsgüterkauf“):
Autohändler V erwirbt von einem Vertragshändler der Daimler Chrysler
AG, dem L, einen neuen Mercedes SL. Er veräußert diesen anschließend
an seinen Privatkunden K. In beiden Verträgen ist vorgesehen, dass alle
etwaigen Gewährleistungsansprüche des Käufers, gleich aus welchem
Rechtsgrund, wegen etwaiger Mängel innerhalb eines Jahres verjähren
und anschließend ausgeschlossen sind.
K erleidet nach 5 Monaten einen Unfall, bei dem das Auto einen
Totalschaden und das auf der Fahrt mitgeführte Notebook des K erheblich
beschädigt wird. Ein beauftragter Sachverständiger stellt fest, dass der
Unfall durch einen Bremsendefekt verursacht wurde. Es kann indes nicht
festgestellt werden, ob dieser Defekt bei Übergabe des Fahrzeugs an K
bereits angelegt oder erst später verursacht worden war.
K verlangt von V Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises. Nachdem eine
über 8 Monate hinweg streitig geführte Korrespondenz, zuletzt zwischen
den Anwälten der Parteien, den V nicht zu einer Leistung veranlassen
konnte, verklagt K den V auf Rückzahlung des Kaufpreises sowie Ersatz
der Reparaturkosten für das beschädigte Notebook.
Frage 1: Zu Recht? Frage 2: Kann V von L, nachdem er K den Kaufpreis
erstattet hat, ebenfalls Rückzahlung des von ihm geleisteten Kaufpreises
verlangen?
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
Zu prüfen sind:
I. Ansprüche des K gegen V:
- (1/2): auf Rückzahlung des Kaufpreises
= Rücktritt
- (2/2): Ersatz der Reparaturkosten des Notebooks
= Schadensersatz
II. Ansprüche des V gegen L:
- auf Rückzahlung des Kaufpreises
= Rücktritt
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Nacherfüllung
Nachlieferung
Nachbesserung
+ vergebliche Fristsetzung
/ Fristsetzung entbehrlich
+ Pflichtverletzung
erheblich
Minderung
Rücktritt
+ Vertretenmüssen
Grundvoraussetzung für
alle Ansprüche:
Kaufsache war bei
Gefahrübergang mangelhaft
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
Schadensersatz
Aufwendungsersatz
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
I. (1/2): Ansprüche des K gegen V (Rückzahlung des
Kaufpreises) nach §§ 437 Nr. 2, 323, 346 I BGB?
Voraussetzungen:
 1. Wirksamer Kaufvertrag (+)
 2. Rücktrittserklärung (§ 349 BGB) (+)
 3. Rücktrittsgrund (hier: §§ 437 Nr. 2, 323, 346 I BGB)?
(+), wenn ein Sachmangel bereits zum Zeitpunkt des
Gefahrenübergangs i. S. d. § 446 BGB (= Übergabe)
vorgelegen hatte
 Sachmangel? (+), da Bremsendefekt.
 Sachmangel auch bereits bei Gefahrenübergang
gegeben? Problem: Hier nicht feststellbar!  
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
  Problem:
Die fehlende Feststellbarkeit des Vorliegens des
Sachmangels (Bremsendefekt) z. Zt. der Übergabe ist
problematisch, da nach zivilprozessualen Grundsätzen
derjenige
die
Beweislast
für
die
anspruchsbegründenden Merkmale trägt, der sich auf
den Anspruch beruft
Folge: jeder muss das nachweisen, was für einen
günstig ist.
= Nach o. g. Grundsätzen könnte K demnach nur dann
zurücktreten, wenn ihm der o. g. Nachweis gelingt.
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
Aber: Aus Verbraucherschutzgründen soll einem Verbraucher, dem
ein solcher Nachweis naturgemäß schwer gelingen wird, eine
Beweislastumkehr zugute kommen.   Nach § 476 BGB wird
zugunsten eines Verbrauchers daher angenommen, dass ein
Sachmangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs
vorgelegen habe, sofern der Sachmangel sich:
- binnen 6 Monaten nach Gefahrenübergang zeigt
und
- ein Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) vorliegt (= Kaufvertrag
zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer
Anmerkung: Die Beweislastumkehr nach § 476 BGB gilt also nicht bei:
- bei Geschäften zwischen Verbrauchern / - bei Geschäften zwischen
Unternehmern / sofern sich der Sachmangel erst nach 6 Monaten nach
Gefahrenübergang zeigt.
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
Zwischenergebnis:
K ist Verbraucher, V ist Unternehmer. Der Sachmangel hat sich
bereits nach 5 Monaten (also noch vor 6 Monaten) nach
Gefahrenübergang (Übergabe) gezeigt.
Folge:
Es liegt ein Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) vor und der
Mangel hat sich binnen 6 Monaten ab Übergabe gezeigt. Es ist
also zugunsten des K wegen § 476 BGB davon auszugehen,
dass der Sachmangel – auch trotz Unaufklärbarkeit – bereits
zur Zeit des Gefahrenübergangs vorgelegen hat.
= Ein Rücktrittsgrund ist mithin gegeben.
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42
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
Weitere Voraussetzungen für den Rücktritt:

4. Fristsetzung zur Mängelbeseitigung
o Hier (-)
o aber: entbehrlich nach § 440 BGB, wenn dem Käufer die
Nacherfüllung unzumutbar ist bzw. wenn besondere
Gründe den sofortigen Rücktritt rechtfertigen (§ 323 II Nr. 3
BGB).
 So liegt es hier; aufgrund des Totalschadens erscheint
die Gesamtwiederherstellung des Wagens bzw.
Reparatur des Bremsdeffekts als unmöglich/nutzlos.
= Eine Fristsetzung war entbehrlich.
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43
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
Weitere Voraussetzungen für den Rücktritt:

5. evtl. Ausschluss des Rücktrittsrechts?
hier: §§ 438 IV, 218 BGB wegen Verjährung?
Grds. beträgt die gesetzliche kaufvertragliche Verjährungsfrist
2 Jahre.
Laut vertraglicher Vereinbarung wurde diese Verjährungsfrist
aber auf 1 Jahr reduziert.
Frage: Vereinbarung wirksam?
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44
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
hier: Vereinbarung unwirksam wegen § 475 II BGB
= Verkürzung der Verjährungsfrist betr. neue Sachen auf unter 2
Jahren wegen des Verbraucherschutzes unzulässig!
Folge: kein Ausschluss des Rücktrittrechts aufgrund der
Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährung!
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45
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
Falllösung (Frage 1/2):
K war damit zum Rücktritt nach §§ 437 Nr. 2, 323, 346 I BGB
berechtigt und erhält demnach den Kaufpreis zurück erstattet.
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46
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
II. (2/2): Ansprüche des K gegen V (Ersatz der
Reparaturkosten des Notebooks) nach §§ 437 Nr. 3, 280
BGB?
Voraussetzungen:
- wirksamer Vertrag: (+), s.o.
- Sachmangel (+), s.o.
- Schaden?
Problem: geltend gemachter Schaden ist hier an einer
anderen Sache (Notebook) als an der verkauften
Sache eingetreten (Wagen)!
jedoch: Mangelfolgeschaden, ersetzbar nach §§
437 Nr. 3, 280 BGB)!
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47
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
Problem:
Der Schadensersatzanspruch wird erst nach 13 Monaten
gerichtlich geltend gemacht.
Frage: Ausschluss des Schadensersatzanspruches durch die
vertragliche
Vereinbarung
der
Reduzierung
der
Verjährungsfrist auf nur 1 Jahr?
Antwort:
Einrede der Verjährung (§ 214 BGB) nur (+), wenn die dem
Verbrauchschutz dienende Unwirksamkeitsregelung des § 475
II BGB auch für Schadensersatzansprüche gilt.
hier:
(-)
wegen
§
475
III
BGB!
Folge:
Unwirksamkeitsregelung des § 475 II BGB gilt nicht,
daher Einrede der Verjährung bei SE-Ansprüchen infolge
der
Vereinbarung
über
die
Verjährungsverkürzung
anwendbar.
Ergebnis: Kein SE-Anspruch des K gegen V nach § 280 BGB!
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48
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
III. Ansprüche des V gegen L (Rückzahlung des Kaufpreises) nach §§
437 Nr. 2, 323, 346 I BGB?
Voraussetzungen: s.o. (1. wirksamer Vertrag (+), 2. Rücktrittserklärung
(+), 3. Rücktrittsgrund: (+/-), denn:
Vorliegen des Sachmangels bereits bei Gefahrenübergang hier nicht
feststellbar! Gilt auch hier die Beweislastumkehr des § 476 BGB?
= an sich (-), denn hier stehen sich zwei Unternehmer
gegenüber, und nicht – wie oben – 1 Unternehmer und 1
Verbraucher.
= Verbraucherschutz gilt hier nicht!
Folge: Beweislastumkehr des § 476 BGB gilt hier nicht.
Dilemma:
Der an einen Verbraucher liefernde Händler
(hier: V lieferte an K) könnte vom Verbraucher (hier: K) in
Anspruch
genommen
werden,
ohne
dass
er
Regressansprüche gegen seinen Lieferanten (hier: L) hätte
49
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= sog. Regressfalle!
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
Lösung:
§ 478 III BGB lässt für die Fälle einer solchen Lieferkette wie
der vorliegenden Art die Beweislastumkehr des § 476 BGB
auch für das Verhältnis Lieferant – Händler/Verkäufer analog
eingreifen.
Folge: ein Rücktrittsgrund liegt vor.
Weitere Voraussetzungen für den Rücktritt:
4. Fristsetzung zur Mängelbeseitigung?
= hier ebenfalls entbehrlich (§ 478 I BGB), wegen
Schutz vor Regressfalle (s.o.)
5. Einwendung der Verjährung?
= hier ebenfalls nicht einschlägig (§ 478 IV BGB), wegen
Schutz vor Regressfalle (s.o.)
Ergebnis:
V kann von L Rückzahlung des Kaufpreises zurück
verlangen.
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50
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
Fall 38 („Werkvertrag“):
Die B-GmbH errichtet ein großes Geschäftsgebäude. Mit
den Putzarbeiten beauftragt sie Bauunternehmer U zu
einem Preis von € 500.000,00.
U führt die Arbeiten nicht fachgerecht aus, der aufgebrachte
Putz ist porös und deshalb feuchtigkeitsdurchlässig.
Welche Rechte hat B, wenn U die geforderte Herstellung
eines mangelfreien Putzes ablehnt?
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51
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 9)
Überlick: Gewährleistungsrecht beim Werkvertrag:
 Rechte des Bestellers (hier: B-GmbH) bei Sachmängeln gegen
den Unternehmer (hier: U) vgl. § 634 BGB:
1) Nacherfüllung: Nacherfüllung, §§ 634 Nr. 1, 635 BGB
= nach Wahl des Unternehmers durch Nachbesserung oder
Neuherstellung
2) Ersatzvornahme und Aufwendungsersatz: §§ 634 Nr. 2, 637
BGB = eigene Mangelbeseitigung des Bestellers auf Kosten des
Unternehmers
3) Rücktrittsrecht: §§ 634 Nr. 3, 323 BGB; Folgen: §§ 346 ff. BGB
4) Minderung: §§ 634 Nr. 3, 638 BGB; Höhe: § 638 III BGB
5) Schadensersatz: §§ 634 Nr. 4 BGB, 280, 281 (Verschulden
erforderlich; siehe im Einzelnen: GewährleistungsR im Kaufrecht).
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52
Crashkurs
„Wirtschaftsprivatrecht“
Einheit 10:
Eigentumserwerb gem. §§ 929 ff. BGB (Fall 47),
Gutgläubiger Erwerb (Fall 47a)
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 10)
Fall 47 („Eigentumserwerb, §§ 929 ff. BGB“):
A ist Eigentümer einer Maschine, die bei ihm als Schaustück im
Schaufenster steht.
B benötigt die Maschine für seinen Gewerbebetrieb und wird sich
deshalb mit A über einen käuflichen Erwerb zu einem Preis von €
20.000,- handelseinig.
Den Kaufpreis zahlt B sofort, da A die Maschine noch zwei Monate
für sein Schaufenster benötigt, soll diese vereinbarungsgemäß aber
bei A bleiben, der allerdings einen monatlichen Mietzins von € 500,an B zahlen soll.
Vor Ablauf der zwei Monate wird über das Vermögen des A ein
Insolvenzverfahren eröffnet. Am folgenden Tag händigt der darüber
noch nicht informierte Angestellte des A, der X, die Maschine an B
aus.
Kann der Insolvenzverwalter die Herausgabe verlangen?
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54
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 10)
Überblick: EIGENTÜMER-BESITZER-VERHÄLTNIS (EBV, §§ 985
ff. BGB)
Rechtsverhältnisse zwischen einem Eigentümer und einem Besitzer
stellen im Vergleich zu „normalen“ Verhältnissen besondere
Sonderbeziehungen dar, für die das Gesetz daher auch besondere
Regelungen vorsieht. In den §§ 985 ff. BGB sind daher die
wechselseitigen
Ansprüche
geregelt
(Herausgabeanspruch,
Nutzungsherausgabe,
Schadensersatz,
Verwendungsersatz,
Unterlassungsanspruch).
Ausgangspunkt ist stets das Bestehen eines Eigentums-HerausgabeAnspruches (§§ 985, 986 BGB), sog. „VINDIKATIONSLAGE“.
Eigentums-Herausgabe-Anspruch (§§ 985, 986 BGB):
Voraussetzungen:
1.
Anspruchssteller = Eigentümer
2.
Anspruchsgegner = Besitzer
3.
Anspruchsgegner hat kein Recht zum Besitz iSd
BGB
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§
986
55
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 10)
Aus dieser „Vindikationslage“ folgen - da ein spezielles
Sonderverhältnis zwischen Eigentümer und Besitzer besteht spezielle Rechte und Pflichten, die in den §§ 987 ff. BGB (=
EBV = §§ 987 ff. BGB) geregelt sind.
Grundsätzlich sind diese Regelungen abschließend in Bezug
auf
 NutzungsHerausgabe (= NH)
 SchadensErsatz (= SE) und
 VerwendungsErsatz (= VE).
Die §§ 985 – 1003 betreffen das Rechtsverhältnis zwischen
Eigentümer (E) und Besitzer einer Sache (B), wobei Eigentum
und Besitz wenigstens in der Vergangenheit bestanden haben
müssen (EBV).
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Hierzu im einzelnen: …   
56
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 10)
985, 986:
dinglicher Herausgabe-Anspruch des E (einer beweglichen
bzw. unbeweglichen Sache) gegen unberechtigten B.
987 – 993:
 987, 990:
 988:
 992, 823 ff.:
 993:
Nebenansprüche auf NH und SE.
NH bei Rechtshängigkeit/Bösgläubigkeit
NH bei unentgeltlichem Besitz
NH bei deliktischem Besitz
NH bei redlichem Besitz
 989, 990:
 991 II:
 992, 823 ff.:
SE bei Rechtshängigkeit/Bösgläubigkeit
SE bei Fremdbesitz
SE bei deliktischem Besitz
994 – 1003:
 994 I:
 994 II:
 996:
Gegenansprüche des B gegen E auf VE.
VE bei notwendigen Verwendungen des gutgl. B
VE bei notwendigen Verwendungen des verklagten/bösgl. B
VE bei nützlichen Verwendungen des gutgl. B
1004 I:
Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche gegen den
Störer.
57
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 10)
Bei der Prüfung des Eigentums-Herausgabe-Anspruchs (§§
985, 986 BGB) ist bei dem ersten Prüfungspunkt („1.
Anspruchsteller = Eigentümer?“) die Eigentumslage und deren
Entwicklung darzustellen.
Dabei wird chronologisch geprüft, d.h. zunächst ist festzustellen,
welche Person ursprünglich Eigentümer gewesen ist. Sodann ist
zu prüfen, ob eine andere Person das Eigentum erworben hat ...
 …vom Berechtigten: durch Übereignung (§§ 929 ff.
BGB) oder
 …vom Nichtberechtigten: durch gutgläubigen Erwerb
(§§ 932 ff. BGB).
… hierzu im Einzelnen   
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58
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 10)
Fall 47 (Abwandlung):
Wie wäre es, wenn A nicht insolvent geworden, aber von Anfang
an gar nicht Eigentümer der Maschine gewesen war, sondern sich
diese lediglich von Eigentümer E geliehen hatte?
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59
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 10)
Fallfrage: Kann der Insolvenzverwalter die Herausgabe von B verlangen?
Hinweis: Sobald ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, kann der
Insolvenzverwalter Ansprüche des Insolvenzschuldners (hier: der A) nach
§ 80 InsO geltend machen. Mit diesem Zeitpunkt verliert der
Insolvenzschuldner jegliche Verfügungsbefugnisse.
Vorüberlegung:
Wer will Was von Wem Woraus?
hier: der Insolvenzverwalter will Herausgabe der Maschine von B
aus §§ 985, 986 BGB.
Voraussetzungen (§§ 985, 986 BGB):
1. A = Eigentümer
2. B = Besitzer
3. B hat kein Recht zum Besitz iSd § 986 BGB
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... Das ist zu prüfen   
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60
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 10)
1. Ist A = Eigentümer?
 Ursprünglich war der A Eigentümer der Maschine.
 A könnte das Eigentum jedoch bereits auf B durch Übereignung nach §
929 S. 1 BGB übertragen haben. Voraussetzung (929 S. 1 BGB):
 Einigung über den Eigentumsübergang? (+), A und B einigten sich
über
den
Eigentumsübergang
(vgl.
Kaufvertrag
und
Mietzinsvereinbarung.
 Übergabe der Sache durch den verfügungsbefugten Eigentümer? (-),
keine Übergabe. Zwar hat der A über den X den Besitz verschafft (=
Übergabe). Jedoch war zu diesem Zeitpunkt bereits das
Insolvenzverfahren
eröffnet,
so
dass
der
A
jegliche
Verfügungsbefugnisse an den Insolvenzverwalter verloren hat. Der A
konnte also nicht mehr wirksam dem B den Besitz verschaffen, so dass
keine Übergabe vorliegt.
 Folge: keine Übereignung nach § 929 S. 1 BGB = A ist weiterhin
Eigentümer geblieben.
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61
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 10)
 A könnte das Eigentum jedoch bereits auf B durch Übereignung nach (§§
929, 930 BGB) übertragen haben. Voraussetzung (§§ 929, 930 BGB):
 Einigung über den Eigentumsübergang? (+), siehe oben.

Erlangung
mittelbaren
Besitzes
des
Erwerbers
durch
Besitzmittlungsverhältnis? (+). Die Erlangung mittelbaren Besitzes des
Erwerbers durch Besitzmittlungsverhältnis erfordert eine Vereinbarung
gem. § 868 BGB, aufgrund derer der Besitzer nur auf Zeit zum Besitz der
Sache berechtigt ist. A und B hatten einen Mietvertrag über die Maschine
abgeschlossen, da diese bereits dem B gehören sollte. Damit war A nur
noch auf Zeit zum Besitz berechtigt und der B mittelbarer Besitzer gem. §
868 BGB. Zu diesem Zeitpunkt war A auch noch verfügungsbefugt. Damit
ist das Eigentum wirksam nach §§ 929, 930 BGB auf den B
übergegangen.
Endergebnis (Fall): A hat das Eigentum an B verloren, so dass der
Insolvenzverwalter insoweit keinen Anspruch auf Herausgabe gegen B nach
§§ 985, 986 BGB geltend machen kann.
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62
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 10)
Fall 47 A (Abwandlung – „Gutgläubiger Erwerb“):
Wie wäre es, wenn A nicht insolvent geworden, aber von Anfang
an gar nicht Eigentümer der Maschine gewesen war, sondern sich
diese lediglich von Eigentümer E geliehen hatte?
Fallfrage: Herausgabeanspruch des E gegen B nach §§ 985,
986 BGB?
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63
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 10)
Voraussetzungen (§§ 985, 986 BGB): 1. E = Eigentümer? / 2.
B = Besitzer? / 3. B hat kein Recht zum Besitz iSd § 986 BGB?)
Fallprüfung:
1. Ist E = Eigentümer?
 Ursprünglich war der E Eigentümer der Maschine.
 E könnte das Eigentum jedoch bereits an den B verloren haben, wenn A
das Eigentum wirksam auf den B durch Übereignung nach § 929 S. 1 BGB
übertragen hat. Voraussetzung für (929 S. 1 BGB): Einigung + Übergabe
durch den verfügungsbefugten Eigentümer. Problem: A war nie Eigentümer =
Folge: keine Eigentumsübertragung auf den B nach §§ 929 S. 1 BGB.
 E könnte das Eigentum jedoch durch gutgläubigen Erwerb des B nach §§
929, 932 BGB verloren haben. Hier: (+), da Einigung + Übergabe (über den
X) + Gutgläubigkeit des B (= B hatte weder Kenntnis noch fahrlässige
Unkenntnis über das fehlende Eigentum iSd § 932 II BGB) + kein
Abhandenkommen iSd § 935 BGB (Grund: E selbst hat die Maschine
verliehen). = Folge: E hat das Eigentum an B verloren.
 Ergebnis (Fall): kein Anspruch des E gegen B auf Herausgabe!
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64
Crashkurs
„Wirtschaftsprivatrecht“
Einheit 11:
Sicherungsübereignung (Fall 50)
Eigentumserwerb an Grundstücken (Fall 52)
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 11)
Fall 50:
Unternehmer U benötigt ein Darlehen.
Dieses wird ihm von seiner Hausbank B gewährt.
Beide vereinbaren, dass der Hausbank B als „Sicherheit“ eine
wertvolle, in der Produktionshalle des U stehende Maschine
zustehen soll.
Wie sehen die Eigentumsverhältnisse aus, wenn U das
Darlehen vollständig zurückzahlt?
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66
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 11)
1. Ursprünglich war U Eigentümer
2. Ändert sich etwas durch die Vereinbarung, dass die
Maschine zur „Sicherheit der Hausbank B zustehen soll? Das
hängt vom Wesen dieser Vereinbarung ab:
 Pfandrecht gemäß §§ 1204 ff. BGB) (-), da ein
Pfandrecht die Übergabe der Sache an den
Sicherungsnehmer voraussetzt; dies ist hier gerade nicht
erfolgt.
 Sicherungsübereignung gemäß §§ 929,930 BGB ?
…
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67
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 11)
Wesen der Sicherungsübereignung:
Die Sicherungsübereignung (SÜ) ist der Umkehrfall zum Eigentumsvorbehalt: Der
Schuldner („Sicherungsgeber“, hier: U) übereignet aus seinem Vermögen eine Sache
zur Sicherung einer Forderung an den Gläubiger („Sicherungsnehmer“, hier: Bank B),
behält aber den Besitz.
Voraussetzungen der Sicherungsübereignung:
1. Übereignung einer Sache gemäß §§ 929, 930 BGB
2. Sicherungsabrede: Verwertungsrecht nur, wenn gesicherte Forderung notleidend
wird
3. auch an künftigen Sachen (z. B. Lagerbestand), wenn hinreichend bestimmt
Rechtsfolgender Sicherungsübereignung:
1. Sicherungsnehmer wird Eigentümer; Sicherungsgeber bleibt Besitzer. Besitzrecht
aus Sicherungsabrede, solange gesicherte Forderung nicht notleidend
(„Sicherungsfall“). Anwartschaftsrecht nur bei auflösend bedingter SÜ (§ 158 II BGB).
2. Bei Sicherungsfall: Verwertungsrecht des Gläubigers; Recht auf abgesonderte, also
vorrangige Befriedigung im Insolvenzfall des Schuldners (§ 51 InsO) und
Zwangsvollstreckungszugriffen
(Gläubiger
kann
per
Drittwiderspruchklage
Pfändungsmaßnahmen Dritter aufheben lassen, § 771 ZPO)
3. Bei Erfüllung der gesicherten Forderung: Automatischer Rückfall des Eigentums,
wenn SÜ auflösend bedingt ( §158 II BGB); anderenfalls Anspruch auf
Rückübereignung aus Sicherungsabrede (gem. § 929 S.2 BGB).
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 11)
Lösung (Fall):
U hat die Maschine der B gem. §§ 929, 930 BGB übereignet. B ist
dadurch neuer Eigentümer geworden
Allerdings ist B im Innenverhältnis verpflichtet, das Eigentum nur
nach Maßgabe der Sicherungsabrede zu benutzen und die Sache
insbesondere nur dann zu verwerten, wenn das Darlehn notleidend
wird.
Folgen bei Rückzahlung des Darlehens hängen von der
Parteivereinbarung ab:
 SÜ auflösend bedingt? Dann ist U mit Rückzahlung sofort
/automatisch wieder Eigentümer.
 Wenn eine solche Bedingung nicht vereinbart ist, hat U
lediglich einen Anspruch auf Rückübereignung der Maschine.
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69
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 11)
Fall 52:
E ist Eigentümer eines Grundstücks.
Als E stirbt, hinterlässt er als einzigen Abkömmling seinen Sohn S. Die
Ehefrau des E war bereits vorher verstorben. Auf Antrag des S wird die
Eintragung im Grundbuch zu Gunsten des S korrigiert.
Später stellt sich heraus, dass E in einem handschriftlichen Testament
seine Nachbarin N, die ihn bis zuletzt aufopferungsvoll gepflegt hatte (S
interessierte sich ausschließlich für seine Hobbys Motorsport und
Britney Spears), als Alleinerbin eingesetzt hatte.
Als S von N entsprechend in Kenntnis gesetzt wird, sieht er seine Fälle
davon schwimmen. Er schließt deshalb mit dem Immobilienkaufmann D
einen Kaufvertrag über das Grundstück zum Preis von EUR
800.000,00. Das Grundstück wird an D aufgelassen, dieser wird
anschließend im Grundbuch als neuer Eigentümer eingetragen.
…
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70
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 11)
…
Frage 1:
Als N hiervon erfährt, verlangt sie von D Herausgabe des
Grundstücks und Umschreibung des Grundbuchs. Zu Recht?
Frage 2:
Was hätte N zur Sicherung ihrer Ansprüche machen müssen?
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71
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 11)
Falllösung:
1) Für einen Anspruch der N auf Herausgabe des Grundstücks (gemäß §
985 BGB) und auf Grundbuchberichtigung (gemäß § 894 BGB) ist
entscheidend, ob N Eigentümerin ist. Hier:
- ursprünglich war E = Eigentümer
- Danach ist N gem. § 1922 BGB Eigentümerin geworden
durch Alleinerbschaft per Testament, das Vorrang hat vor
der gesetzlichen Erbfolge iSd § 1924 I BGB (S hat nur
Pflichtteilsanspruch)
- Das Eigentum hat N aber an D verloren. D hat vom
Nichtberechtigten S zwar nicht vom Berechtigten nach §§ 873,
925 BGB (Grund: keine Eigentümerschaft), aber vom
Nichtberechtigten gem. § 892 BGB gutgläubig Eigentum
erworben. Ergebnis (Fall): kein Anspruch von N gegen D.
2) N hätte (per einstweiliger Verfügung) Widerspruch nach § 899 BGB
gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eintragen lassen müssen, dadurch
hätte gutgläubiger Erwerb durch Dritte verhindert werden können (vgl. §
892 BGB). / N hat allenfalls Anspruch gegen S auf Auskehrung des
Kaufpreises (§ 816 I 1 BGB) bzw. Schadensersatz (§§ 823 ff. BGB).
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72
Crashkurs
„Wirtschaftsprivatrecht“
Einheit 12:
Grundzüge des Zivilprozessrechts
(ZPO – Fall 54)
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ZPO (Fall 54)
Sachverhalt:
K aus München verkauft an B aus Hamburg einen ein Jahr
alten PKW zu einem Kaufpreis von € 25.000,00.
B nimmt das Fahrzeug sofort mit, die Rechnung bleibt
zunächst einige Zeit unbearbeitet liegen. Auf Mahnung des
K erklärt B, er verweigere die Zahlung des Kaufpreises, da
das Fahrzeug von Anfang an erhebliche Mängel
aufgewiesen habe. K stellt dies in Abrede und fordert den
Ausgleich der Rechnung.
Wie kann K seine Ansprüche durchsetzen?
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Welche Möglichkeiten hat K, seine
Ansprüche durchzusetzen?
I. Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids, § 688 ff. ZPO
• Keine Sachprüfung durch das Gericht
 Vorteil: beschleunigte Titulierung
• Am
Ende
des
Mahnverfahrens
steht
Erlass
eines
Vollstreckungsbescheids
 Titel für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
• Enorme praktische Bedeutung: 2003 wurden rund 9,47 Mio. Anträge
gestellt
II. Ordentliches Klageverfahren
• Volle Sachprüfung durch das Gericht
• Längerer Verfahrensgang
hierzu im Einzelnen …   
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Was hat K hierbei zu beachten?
I.
•
•
•
•
Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids
Zuständigkeit: Amtsgericht, bei dem der Antragssteller seinen
allgemeinen Gerichtstand hat (§ 689 ZPO)
 Anspruch muss hinreichend bestimmt bezeichnet werden
(Lebenssachverhalt), § 690 ZPO
Wenn Voraussetzungen vorliegen, wird ein Mahnbescheid erlassen
und zugestellt (§§ 692 f. ZPO)
Wenn Antragsgegner nicht rechtzeitig Widerspruch einlegt, folgt auf
Antrag ein Vollstreckungsbescheid (§ 699 ZPO)
 Vollstreckungstitel gem. § 700 Abs. 1 i.V.m. § 704 ZPO
Andernfalls (also bei Widerspruch gegen Mahnbescheid-Antrag oder
Einspruch gegen Vollstreckungsbescheid-Antrag): Rechtsstreit wird
fortgeführt im Ordentlichen Klagverfahren (§ 696 ZPO)
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76
Was hat K hierbei zu beachten?
II.
•
•
•
•
•
Ordentliches Klageverfahren
Klageschrift mit bestimmtem Antrag und Schilderung des
zugrundeliegenden Sachverhalts (§ 253 ZPO)
Einzahlung eines Gerichtskostenvorschusses (§§ 6, 12 GKG)
Zuständiges Gericht:
 Sachliche Zuständigkeit richtet sich nach dem GVG (§ 1 ZPO)
hier: LG, da Gegenstandswert € 5.000,- überschreitet (§ 71 GVG)
 Örtliche Zuständigkeit richtet sich nach §§ 12 ff. ZPO
hier: LG Hamburg nach § 13 ZPO, soweit keine
Gerichtstandsvereinbarung oder abweichender Gerichtstand
vorliegt
Sind Formalien eingehalten, so wird die Klage dem Beklagten
zugestellt (§ 253 Abs. 1 ZPO)
Dann ordnet das Gericht ein schriftliches Vorverfahren oder einen
frühen ersten Termin an (§§ 275, 276 ZPO)
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Was hat K hierbei zu beachten?
Hier empfiehlt es sich für K, direkt in das ordentliche
Klageverfahren zu gehen. B würde gegen den
Mahnbescheid wahrscheinlich einen Widerspruch einlegen
und dann würde die Sache ohnehin an das
Hauptsachegericht verwiesen werden.
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78
Welche Reaktionsmöglichkeiten hat B?
•
•
•
•
•
Erscheint B in der Verhandlung nicht, so wird der Vortrag des K
als wahr unterstellt
 Folge: Ist die Klage schlüssig, so ergeht ein Versäumnisurteil
(§ 331 ZPO)
Erkennt B die Forderung an, so ergeht ein Anerkenntnisurteil (§
307 ZPO)
Gleicht B die Forderung aus, so hat sich der Rechtstreit durch
Erfüllung erledigt
Geben beide Parteien übereinstimmende Erledigungserklärungen
ab, so hat das Gericht gem. § 91a ZPO nur noch über die Kosten
zu entscheiden
Schließen die Parteien einen Vergleich ab, wäre der Zivilprozess
ebenso abgeschlossen
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Welche Reaktionsmöglichkeiten hat B?
Hier ist es jedoch wahrscheinlich, dass B keine der genannten
Möglichkeiten ergreift.
Vielmehr wird er materiell auf die Klage durch einen
Rechtsanwalt erwidern lassen und behaupten, dass der gerügte
Mangel bestand und dies unter den Beweis eines
Sachverständigengutachtens stellen.
Diese Behauptung wird von K vermutlich sodann bestritten
werden.
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80
Wie wird das Gericht entscheiden?
•
Ist die Klage unschlüssig, so weist das Gericht die Klage ab
 Unschlüssig wäre die Klage dann, wenn schon der von K
vorgebrachte Sachverhalt den Anspruch nicht stützt
•
Ist die Klage des K hingegen schlüssig und der Mangelvortrag
des B unerheblich, so wird der Klage ohne weiteres
stattgegeben
•
Hier aber ist der Mangelvortrag erheblich, da dem B beim
Vorliegen eines Mangels gegen den Zahlungsanspruch des B
zumindest die Einrede des § 320 BGB zustünde
 Deswegen: Beweisaufnahme durch Gericht
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81
Wie wird das Gericht entscheiden?
•
•
Beweisaufnahme beschränkt sich auf die beweisbedürftigen
Tatsachen
 Beweisbedürftige Tatsachen sind die streitigen und
gleichzeitig streitendscheidenden Tatsachen
 Aber: Beweisbelastete Partei muss taugliche Beweismittel
benennen, damit eine Beweisaufnahme möglich ist (z.B.
Dokumente,
Zeugen,
Sachverständigengutachten,
Inaugenscheinnahme, Parteivernehmung etc.)
Hier
hat
B
seine
Behauptung
unter
einen
Sachverständigenbeweis gestellt
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82
Wie wird das Gericht entscheiden?
Sachverhaltserweiterung:
Der gerichtlich benannte Sachverständige kann nicht
feststellen, ob der Defekt bereits bei Übergabe des Fahrzeugs
vorhanden war oder später durch einen Unfall entstanden ist.
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83
Wie wird das Gericht entscheiden?
Hier wird der Klage stattgegeben.
Der Sachverständige kann nicht feststellen, ob der Mangel
bereits bei Gefahrübergang (§ 434 BGB) vorlag. In diesem Fall
ist die zu beweisende Tatsache als nicht vorliegend zu
unterstellen.
Da B die Mangelhaftigkeit beweisen müsste, kann er die Einrede
des § 320 BGB nicht gegen den Zahlungsanspruch des K
geltend machen.
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84
Wie wird das Gericht entscheiden?
Der Tenor des Urteils lautet dann:
1. B wird verurteilt, an K € 25.000,00 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt B.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die beiden letztgenannten Entscheidungen ergeben sich aus
den §§ 91, 709 ZPO.
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85
Rechtsmittel des B
Hier kann B Berufung einlegen, da der Beschwerdegegenstand €
600,- übersteigt (§ 511 ZPO).
Zuständig ist das nächsthöhere Gericht, also
Hanseatische Oberlandesgericht (OLG Hamburg).
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hier
das
86
Was kann K in der Zwischenzeit tun?
•
•
Erstinstanzliche Urteile können gem. § 709 ZPO für vorläufig
vollstreckbar erklärt werden
 Voraussetzung: Sicherheitsleistung durch den K (Grund: die
Sicherheitsleistung dient dem Schutz des B vor einer
unberechtigten Vollstreckung, die sich eventuell – was sich im
Berufungsverfahren sodann zeigen wird – daraus ergeben
kann, dass das erstinstanzliche Urteil erfolgreich angefochten
wird).
Wenn K keine Sicherheit leisten will:
Möglichkeit der Sicherungsvollstreckung gem. § 720a ZPO
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87
Was kann K in der Zwischenzeit tun?
Sachverhaltserweiterung:
Während des laufenden Verfahrens in der ersten Instanz
transferiert B seine wesentlichen Vermögenswerte ins Ausland.
Wie kann K sich hiergegen vorbeugend schützen?
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88
Was kann K in der Zwischenzeit tun?
•
•
•
•
Vollstreckung scheitert, da kein Vermögen des B mehr
vorhanden ist
=> Deswegen: einstweiliger Rechtschutz
Antrag des K auf Arrest gem. §§ 916 ff. ZPO
Voraussetzung: K muss glaubhaft machen, dass…
 ihm eine Geldforderung gegen B zusteht und
 deren spätere Realisierung durch das Verhalten des B
gefährdet wird.
Folge: einstweilige Pfändung der Vermögensgegenstände des
B
Praxishinweis: Zur Glaubhaftmachung reicht eine eidesstattliche
Versicherung von K selbst aus (§ 294 ZPO)
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89
Zwangsvollstreckung durch den K
Sachverhaltserweiterung:
Die Berufung des B gegen das Urteil des Landgerichtes wird
zurückgewiesen. Ein Revisionsverfahren führt B nicht durch.
K will deshalb die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil
betreiben. In der Wohnung des B hängt ein Bild, das sich
dieser angabegemäß bei seinem Freund F geliehen hat.
Wie hat sich der von K beauftragte Gerichtsvollzieher zu
verhalten?
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90
Zwangsvollstreckung durch den K
•
Voraussetzung für ZV gem. § 704 ZPO: Endurteile, die…
 …rechtskräftig oder
 …für vorläufig vollstreckbar erklärt sind.
Hier: Urteil wurde mir Ablauf der Revisionsfrist rechtskräftig.

Damit kann K ohne Sicherheitsleistung in das gesamte
Vermögen des B vollstrecken
Es bestehen diverse ZV-Möglichkeiten…hierzu im Einzelnen
…
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91
Zwangsvollstreckung durch den K
Vollstreckung in bewegliche Sachen, §§ 803 ff. ZPO:
•
•
Vollstreckung erfolgt durch Pfändung, § 803 Abs.1 ZPO
Befindet sich die Sache im Gewahrsam des Schuldners, kann
der Gerichtsvollzieher diese in Besitz nehmen, § 808 ZPO
Unerheblich ist damit zunächst, ob die Sache auch im Eigentum
des Schuldners steht. Damit ist die Behauptung, das Bild
gehöre dem F, zunächst irrelevant.
Aber: F kann Drittwiderspruchsklage erheben (§ 771 ZPO)
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92
Zwangsvollstreckung durch den K
Sachverhaltserweiterung:
B ist Eigentümer eines Grundstückes im Wert von € 100.000,00,
welches allerdings mit einer Grundschuld in Höhe von €
90.000,00 belastet ist.
Kommt eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück in
Betracht?
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93
Zwangsvollstreckung durch den K
Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen:
Grundlage: §§ 864 ff. ZPO i.V.m. ZVG
•
•
Zwangsversteigerung richtet sich nach §§ 866, 869 ZPO i.V.m.
§§ 15 ff. ZVG
Folge: Eigentumserwerb des Meistbietenden durch Zuschlag, §§
81, 90 ZVG
Aber: Erwerber hat vorrangige Belastung (Grundschuld) i.H.v. €
90.000,- zu übernehmen
 Damit lohnt sich Versteigerung nur, wenn Erwerber bereit ist,
einen höheren Betrag zu zahlen.
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94
Zwangsvollstreckung durch den K
Sachverhaltserweiterung:
B ist bei der X-GmbH als Sachbearbeiter angestellt.
Inwiefern
bestehen
möglichkeiten des K?
hier
Zwangsvollstreckungs-
Woher kann K Informationen über den Vermögensstand
seines Schuldners B erhalten?
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95
Zwangsvollstreckung durch den K
Vollstreckung in Forderungen, §§ 828 ff. ZPO:
•
•
Forderungspfändung gem. §§ 829, 835 ZPO durch
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
Erfolgt durch das Vollstreckungsgericht (§ 828 ZPO)
Folge: Arbeitgeber darf nicht mehr an B erfüllen (=
zahlen), vielmehr kann K die Arbeitsentgeltforderung bei
X einziehen.
Grenze: Pfändungsfreigrenzen gem. §§ 850 ff. ZPO
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96
Zwangsvollstreckung durch den K
Vermögensverzeichnis, § 807 ZPO:
Ist Zwangsvollstreckung erfolglos geblieben, hat Schuldner auf
Antrag des Gläubigers ein Vermögensverzeichnis zu erstellen
und dessen Richtigkeit an Eides statt zu versichern.
Die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung ist
strafbar (§ 156 StGB)
Damit
könnte
K
hier
Informationen
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erhalten.
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für
weitere
97
Crashkurs
„Wirtschaftsprivatrecht“
1. Einheit Arbeitsrecht
(Individualarbeitsrecht)
Fall 58: Wirksamkeit des Arbeitsvertrages
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 1)
Das „Individualarbeitsrecht“ (abzugrenzen vom „kollektiven
Arbeitsrecht“) befasst sich u.a. mit:




Regeln über das einzelne Arbeitsverhältnis
Begründung des Arbeitsverhältnisses
Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnisses
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
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99
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 1)
Das Arbeitsverhältnis wird geregelt durch einen „Arbeitsvertrag“, also ein
 privatrechtlicher Vertrag (es gelten die Regeln der §§ 145 ff. BGB)
 über die Leistung unselbständiger, weisungsgebundener Tätigkeit
 eines Arbeitnehmers
 für einen Arbeitgeber
Im Grundsatz gilt „Vertragsfreiheit“, aber es bestehen diverse vorrangige
Regelungen aufgrund zwingender Gesetze, Tarifverträge oder
Betriebsvereinbarungen in nachfolgender Reihenfolge:







1. Zwingende Gesetze (vor allem Dienstvertragsrecht, §§ 611 ff. BGB)
2. Zwingende Bestimmungen im Tarifvertrag
3. Zwingende Bestimmungen in Betriebsvereinbarung
4. Regelung des Einzelarbeitsvertrages
5. Abdingbare Bestimmungen in Betriebsvereinbarung
6. Abdingbare Bestimmungen im Tarifvertrag
7. Abdingbare Gesetzesbestimmungen
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100
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 1)
Fall 58 („Wirksamkeit des Arbeitsvertrages“)
*Hinweis: Fall gekürzt, ohne Mitarbeiter „C“
Arbeitgeber M beabsichtigt, 2 neue Mitarbeiter in seinem Betrieb mit
insgesamt 30 Mitarbeitern einzustellen. Auf seine Stellenanzeige in
der Lokalpresse meldet sich eine Vielzahl von Bewerbern.
M
führt
ein
Assessment-Center
und
verschiedene
Vorstellungsgespräche durch. Am Ende entscheidet er sich für die
Kandidaten A und B.
…
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101
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 1)
(1. Teil: Mitarbeiter A)
A hinterließ im Vorstellungsgespräch einen derart guten Eindruck,
dass M und A den Abschluss des Arbeitsvertrages sofort per
Handschlag besiegelten. Sie einigten sich dabei entsprechend der
üblichen Praxis im Betrieb des M darauf, dass das Arbeitsverhältnis
zunächst auf ein Jahr befristet sein solle.
1. Ist dadurch ein Arbeitsverhältnis wirksam begründet worden?
2. Wie lange wäre die Laufzeit des Arbeitsverhältnisses, wenn A
und M einige Tage nach dem Arbeitsantritt des A einen
schriftlichen Arbeitsvertrag unterzeichnen, in dem die verabredeten
Regelungen enthalten sind?
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102
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 1)
Frage 1 („Wirksamkeit des Arbeitsvertrages“):
I. Arbeitsvertrag entstanden? (+), Angebot + Annahme iSd der §§ 145
ff. BGB liegen vor.
II. Arbeitsvertrag nichtig wegen fehlender Schriftform?
 (-), Arbeitsverträge können auch mündlich geschlossen (es gilt
insoweit kein Formerfordernis iSd § 125 Satz 1 BGB.
o Beachte: Die in § 2 Nachweisgesetz statuierte Verpflichtung des
Arbeitgebers zur schriftlichen Niederlegung der wesentlichen
Vertragsbedingungen
ist
nur
eine
deklaratorische
Beurkundungspflicht, ändert aber an der Wirksamkeit mündlich
geschlossener Arbeitsverträge nichts.
 Ergebnis: Arbeitsvertrag ist wirksam.
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103
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 1)
Frage 2 („Befristung“):
 Mündlich vereinbarte Befristung des Arbeitsvertrages ist
unwirksam, denn § 14 IV TzBfG sieht insofern ein
Schriftformerfordernis vor (lässt aber die Wirksamkeit des
Arbeitsvertrages als solchen vollkommen unberührt!). Folge: Das
Arbeitsverhältnis gilt gem. § 16 TzBfG als „auf unbestimmte Zeit“
geschlossen (Grund: Arbeitnehmerschutz).
 Die spätere Unterzeichnung eines schriftlichen Arbeitsvertrages
stellt nach Auffassung des BAG (Urteil vom 01.12.2004 – 7 AZR
198/04) lediglich die schriftliche Niederlegung im Sinne des § 2
NachwG dar, begründet aber nicht den Abschluss eines neuen –
jetzt wirksam befristeten – Arbeitsvertrages.
 Ergebnis: Befristung unwirksam; zwischen M und A liegt ein
unbefristeter Arbeitsvertrag vor
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104
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 1)
Fall 58 - (2. Teil: Mitarbeiter B):
Mit B schließt der M sofort einen schriftlichen Arbeitsvertrag.
Darin ist für den Fall des Verstoßes des B gegen seine
Verschwiegenheitspflicht und für den Fall des Nichtantritts der
Arbeit durch B eine Vertragsstrafe in Höhe eines Monatslohns
vorgesehen.
Diese Klausel verwendet M in seinen Vertragsformularen häufiger.
Ist die Regelung wirksam?
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105
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 1)
Problem: Vereinbarkeit der Vertragsstrafen-Klausel mit §§ 305ff.
BGB?
Voraussetzungen: Es handelt sich um wirksam einbezogene
Allgemeinen Geschäftsbedingungen (= vorformulierte, für eine Vielzahl
von Verträgen verwendete Vertragsbedingungen, auf die hingewiesen
wurde).
Allein problematisch ist, ob die Klausel im Rahmen der Prüfung der
Inhaltskontrolle unwirksam ist nach § 309 Ziff. 6 BGB („Unwirksamkeit
von Vertragsstrafen“). Nach § 310 IV BGB sind die „geltenden
Besonderheiten“ des Arbeitsrechtes „angemessen zu berücksichtigen“.
Nach uneinheitlicher Rechtsprechung der Arbeitsgerichte können
Vertragsstrafen-Klauseln – etwa für den unterlassenen Dienstantritt –
in Arbeitsverträgen auch formularmäßig wirksam vereinbart werden.
 Ergebnis: Die Vertragsstrafen-Klausel im Vertrag mit B ist wirksam.
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106
Crashkurs
„Wirtschaftsprivatrecht“
2. Einheit Arbeitsrecht
(Individualarbeitsrecht)
Fall 66: Wirksamkeit von Kündigungen
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
Übersicht : Beendigung von Arbeitsverhältnissen (AV)
Das AV kann beendet werden durch:
 Kündigung (= Beendigung durch einseitige Erklärung einer
Vertragspartei)
o Ordentliche Kündigung
o Außerordentliche Kündigung
 Zeitablauf (= Eintritt der vereinbarten Befristung oder Erreichen
der Altersgrenze)
 Aufhebungsvertrag (= Einvernehmliche Beendigung des AV)
 Tod
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108
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
I. Ordentliche Kündigung: fristgebunden!
= Abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit des AN, sind
entsprechende Kündigungsfristen des § 622 BGB einzuhalten!
- In der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist grds. 2 Wochen.
- Achte: evtl. ist das Kündigungsschutzgesetz zu beachten (s.u.)!
II. Außerordentliche Kündigung: fristlos!
= fristlose Beendigung des AV
- Voraussetzung:
- „wichtiger Grund“ iSd § 626 I BGB (z.B. schwere
Pflichtverletzung, die die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses
unzumutbar macht)
- Ausschlussfrist, § 626 II BGB (Kündigung unwirksam, wenn
nicht binnen 2 Wochen nach Kenntniserlangung vom
Kündigungsgrund erklärt)
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109
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
Achte:
1) Kündigungen haben schriftlich zu erfolgen (§623 BGB)!
2) Besteht ein Betriebsrat, ist zur Wirksamkeit der Kündigung zuvor
der Betriebsrat anzuhören (§102 BetrVG)!
3) Da die außerordentliche Kündigung das letzte Mittel („Ultima
Ratio“) darstellt, sind zuvor mildere Mittel in Betracht zu ziehen wie
z.B.:
- grds. „Abmahnung“ vor fristloser bzw. verhaltensbedingter
Kündigung
- Vorrang von Überstundenabbau bzw. Vorrang von
Kurzarbeit vor betriebsbedingter Kündigung
- Vorrang der „Änderungskündigung“ (= Kündigung für den
Fall, dass Angebot für geänderten AV nicht angenommen
wird).
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110
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
Kündigungsschutz des AN:
1) Der AN kann binnen einer 3-Wochen-Frist ab Zugang der
Kündigung vor dem Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der
Kündigung mittels Kündigungsschutzklage geltend machen (§ 4
KSchG). Tut er dies nicht fristgemäß, ist die Kündigung – ob
fehlerhaft oder nicht – wirksam!
2) Der AN kann gegen die Kündigung z.B. einwenden:
- bei außerordentlichen K.: Nichtbestehen eines wichtigen
Grundes, Ablauf der 2 Wochen-Frist des § 626 II BGB…
bei
ordentlichen
K.:
Nichteinhaltung
der
Kündigungsfrist, Fehlerhaftigkeit und/oder Treuwidrigkeit der
Kündigung, Nichteinhaltung der Voraussetzungen des
Kündigungsschutzgesetzes (KSchG)…
Zum KSCHG nachfolgend im Einzelnen……………..
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111
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
Kündigungsschutzgesetz (KSchG):
Das KSchG ist erst anwendbar, wenn:
1. Betriebsgröße: Nur Betriebe > 10 AN, § 23 I 2 KSchG (beachte:
vor 01.01.2004: Betriebe > 5 AN) – sog. „Kleinstbetriebsprivileg“
2. Beschäftigungsdauer: Nur für AN, die länger als 6 Monate
beschäftigt sind ( § 1 I KSchG).
Beachte: Sind o. g. Voraussetzungen nicht erfüllt, kann der AV grds.
ohne besondere Rechtfertigung ordentlich kündigen, falls keine Willkür
(§ 242 BGB) vorliegt oder kein Sonderkündigungsschutz
(Ausschluss der Kündigung!) eingreift wie z.B.: Mutterschutz, vgl. § 9 I
1 MuSchG / Elternzeit, vgl. § 18 BErzGG / Betriebsratsmitgliedern, vgl.
§ 15 I KSchG (bei außerordentl. K. nur bei Zustimmung des BR oder
deren Ersetzung durch ArbG, vgl. § 103 BetrVG) / Schwerbehinderten:
K. nur nach Zustimmung des Integrationsamtes, § 85 SGB IX.
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112
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
Die ordentliche Kündigung des AV ist nach dem KSCHG nur bei Vorliegen
eines der nachfolgenden Gründe (soziale Rechtfertigung, § 1 KSchG)
wirksam:
1. Personenbedingt: Fehlende persönliche, fachliche, gesundheitliche
Qualifikation, Wegfall der Arbeitserlaubnis, Haftstrafe, Verlust der
Fahrerlaubnis bei Kraftfahrern, bei Krankheit: lang andauernd, häufige
Kurzerkrankung, dauerhafte Leistungsunfähigkeit
2.
Verhaltensbedingt:
Verletzung
vertraglicher
Pflichten,
Schlechtleistung, Verstöße gegen betriebliche Ordnung, wiederholte
Unpünktlichkeit / Sonderfälle: Verdachts- und Druckkündigung
Achte: grds. vorherige Abmahnung notwendig!
3. Betriebsbedingt: Wegfall d. Arbeitsplatzes wg. außerbetrieblicher
Einflüsse oder (nicht willkürlicher) unternehmerischer Entscheidung; keine
anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit (§ 1 II 2 und 3 KSchG).
Achte: AG muss prüfen, ob nicht andere AN mit vergleichbarem
Arbeitsplatz vorrangig gekündigt werden können (sog. wirksame
Sozialauswahl, § 1 III KSchG). Kriterien: Betriebszugehörigkeit, Alter,
Unterhaltspflichten, etc.
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113
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
Fall 66 („Wirksamkeit von Kündigungen“):
Arbeitgeber A betreibt eine im Anlagenbau angesiedelte Fabrik.
Bei ihm sind insgesamt 100 Arbeitnehmer beschäftigt.
A ist durch einige besonders renitente Mitarbeiter angeschlagen.
…
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114
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
So ist Mitarbeiter B erst seit drei Monaten bei A beschäftigt, hat sich
aus Sicht seines Arbeitgebers aber als völlig unqualifiziert erwiesen.
Am 04.12.2006 kündigt A das Arbeitsverhältnis zum 18.12.2006.
…
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115
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
Mitarbeiter C ist zuständiger Abteilungsleiter und darf als Prokurist
auch über die Einstellung von neuem Personal entscheiden.
Durch jahrelangen Streit mit seiner Ehefrau verhärmt, hat es sich C
mit allen Mitarbeitern seiner Abteilung verscherzt. Auch der Einsatz
professioneller Mediatoren und Personaltrainer, gemeinsame
Betriebsausflüge, u. a. im Hochseilgarten, und die Durchführung
von zahlreichen Konfliktlösungskursen sowie der Einsatz eines
Firmenmasseurs haben an dem zerrütteten Verhältnis von C zu
seinen Untergebenen nichts geändert.
Die fünf Monteure des A fordern diesen daher auf, den C zu
entlassen, anderenfalls würden sie selbst kündigen und sich eine
anderweitige Beschäftigung suchen.
Da C bei der örtlichen Polizei auch noch Strafanzeige gegen A
erstattet hat, weil er den Verdacht eines Verstoßes der
hergestellten Produkte gegen das Gerätesicherheitsgesetz sieht,
erklärt A die fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit C
zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
…
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116
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
Mitarbeiter D ist für die Auslieferung von Maschinen als Kraftfahrer
beschäftigt.
Wegen einer privaten Trunkenheitsfahrt wird ihm die Fahrerlaubnis für
12 Monate entzogen.
Als A dies erfährt, erklärt er die ordentliche Kündigung des mit D
bestehenden Arbeitsvertrages.
…
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117
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
Mitarbeiter E war im Jahr 2006 siebenmal für zwei Tage
krankgeschrieben.
Dabei hat er entgegen der Regelung im Arbeitsvertrag einmal die
Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung vergessen. Deswegen ist er
von A abgemahnt worden.
Derzeit ist er wegen einer Infektion vier Wochen krankgeschrieben.
Ferner ist er in der letzten Zeit an einigen Tagen zu spät zur Arbeit
erschienen.
Als A erfährt, dass E im vergangenen Monat nachweisbar zwei
Stunden zu privaten Zwecken am Firmen-PC im Internet gesurft hat,
erklärt er auch bzgl. dieses AV die ordentliche Kündigung.
…
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118
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
Der 27-jährige Mitarbeiter F, Vater einer unehelichen Tochter, ist seit zwei
Jahren im Vertrieb der Firma beschäftigt.
Vier seiner sieben Kollegen aus der Vertriebsabteilung sind deutlich älter
und auch bereits länger bei A beschäftigt. Der fünfte Kollege ist ebenfalls
seit zwei Jahren angestellt und etwas jünger als F, aber verheiratet und
Vater von drei Kindern. Der deutlich jüngere sechste Vertriebskollege des F,
der W, ist Betriebsratsmitglied. Das siebte Abteilungsmitglied, der X, ist erst
23 Jahre alt, ledig und kinderlos. Trotz seiner erst zweijährigen
Beschäftigung bei A weist er aber die mit Abstand besten Vertriebszahlen
auf. Ihm gelang es aufgrund exzellenter Familienkontakte, zahlreiche neue
Kunden für A zu gewinnen.
Als der Absatz der Fabrik rückläufig wird, entscheidet sich A zu einer
Neuordnung der Vertriebsabteilung. In diesem Zusammenhang werden
Vertriebsgebiete neu zugeschnitten. Außerdem betraut A mit einigen
Maßnahmen
externe
Handelsvertretungen.
Aufgrund
dieser
Umstrukturierung besteht ein Arbeitsbedarf nur noch für sechs
Arbeitnehmer. Daher erklärt A die Kündigung des mit F bestehenden AV.
…
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119
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
Fallfrage:
Haben die gegen die Kündigungen des A fristgerecht eingereichten
Klagen der Mitarbeiter B, C, D, E und F vor dem zuständigen
Arbeitsgericht Aussicht auf Erfolg?
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120
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
FALLLÖSUNG:
Die einzelnen Kündigungsschutzklagen (B – F) haben Aussicht auf
Erfolg, wenn die ausgesprochenen Kündigungen unwirksam sind.
Von der Einhaltung der allgemeinen Kündigungsvoraussetzungen
(Schriftform, Anhörung des Betriebsrats, etc.) ist auszugehen.
Es handelt sich um ordentliche Kündigungen. Diese sind nur dann
unwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 II
KSchG sind.
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121
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
1. Mitarbeiter B:
- seit drei Monaten bei A beschäftigt
- völlig unqualifiziert
Am 04.12.2006 kündigt A das Arbeitsverhältnis zum 18.12.2006.
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122
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
1. Kündigung des B
§ 1 II KSchG ist nur dann einschlägig, wenn das KSchG überhaupt
auf das jeweilige AV Anwendung findet.
Voraussetzungen:
1) Betrieb mit regelmäßig mind. 10 vollzeitbeschäftigten AN
(Kleinbetriebsprivileg, § 23 I 2 KSchG)
= hier: (+) (100 AN).
2) Betroffene AN müsste mind. 6 Monate dort beschäftigt gewesen
sein (vgl. § 1 I KSchG)
=
hier:
(-)
(nur
3
Monate
Beschäftigungszeit), daher kein Kündigungsschutz nach KSchG.
Andere Unwirksamkeitsgründe? Willkürliche Kündigung des A, §
242 BGB? = hier: nicht gegeben.
Falllösung: Die
Kündigung
des
B
Kündigungsschutzklage wird abgewiesen.
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ist
wirksam.
123
Die
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
2. Mitarbeiter C:
- zuständiger Abteilungsleiter und Prokurist
- zerüttetes Verhältnis zu allen Mitarbeitern seiner Abteilung
- Einsatz professioneller Mediatoren und Personaltrainer,
gemeinsame Betriebsausflüge, Durchführung von zahlreichen
Konfliktlösungskursen, Einsatz eines Firmenmasseurs = alle
Maßnahmen waren erfolglos
- 5 Monteure des A fordern diesen auf, den C zu entlassen und
drohen anderenfalls Eigenkündigung an
- Außerdem: C hat bei der Polizei Strafanzeige gegen A erstattet
wegen seines Verdachts eines Verstoßes der hergestellten
Produkte gegen das Gerätesicherheitsgesetz sieht
A kündigt fristgerecht das Arbeitsverhältnis mit C zum
nächstmöglichen Zeitpunkt.
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124
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
2. Kündigung des C
Das KSchG ist auf das AV des C anwendbar.
Fraglich ist allein, ob die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt war.
Dann müssten personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe
bestehen.
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125
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
a) Verhaltensbedingte Kündigung durch Strafanzeige des C
gegen seinen AG = Verstoß gegen seine Treuverpflichtung?
= hier: (-), da Strafanzeigen das Recht jedes Staatsbürgers
sind; dieses darf durch das AV nicht unangemessen
eingeschränkt werden
Anders nur, wenn die Strafanzeige auf unzutreffenden Tatsachen
gestützt wird.
= hier: (-).
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126
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
b) Verhaltensbedingte Kündigung wegen Androhung der
eigenen Kündigung durch andere Mitarbeiter im Falle der
Nichtkündigung des C, wozu die anderen Mitarbeiter ausdrücklich
aufgefordert haben?
Nach der Rechtsprechung des BAG ist der AG auch ohne
Pflichtverletzung eines AN unter engen Voraussetzungen zur
Kündigung berechtigt, wenn er von anderen Mitarbeitern zur
Kündigung unter Androhung deren eigenen Kündigung
aufgefordert wird (sog. „Druckkündigung“)… …   
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127
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
…    Voraussetzungen:
- AG muss sich zuvor „schützend vor den AN gestellt“ haben.
hier: (+), div. Konfliktlösungsmaßnahmen bereits erfolgt
- dem AG muss eine „unzumutbare Schädigung“ im Falle der
angedrohten Kündigung der übrigen Mitarbeiter drohen.
hier:
(+/-),
einzellfallabhängig.
Wenn
(+),
wäre
Kündigungsschutzklage grds. abzuweisen.
Aber: Ausnahme bei Kündigung von Leitenden Angestellten
(§ 14 II KSchG)! Bei Leitenden Angestellten kann der AG
auch ohne Begründung den Antrag stellen, dass das ArbeitsG
– trotz Unwirksamkeit der Kündigung – das AV gegen
Zahlung einer angemessenen Abfindung auflöst (vgl. hierzu
§§ 9 I, 10 I KSchG).
Falllösung: Die Kündigung des C
Kündigungsschutzklage wird abgewiesen.
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ist
wirksam.
Die
128
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
3. Mitarbeiter D:
- ist für die Auslieferung von Maschinen als Kraftfahrer beschäftigt
- wegen einer privaten Trunkenheitsfahrt wird ihm die Fahrerlaubnis für
12 Monate entzogen.
Als A dies erfährt, erklärt er die ordentliche Kündigung des mit D
bestehenden Arbeitsvertrages.
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129
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
3. Kündigung des D
Die Kündigung des D müsste als personenbedingte Kündigung sozial
gerechtfertigt sein.
Diese kommt in Betracht, wenn dem AN die persönliche, fachliche oder
gesundheitliche Qualifikation für die Erbringung der geschuldeten
Arbeitsleistung fehlt.
Bei einem Kraftfahrer ist dies der Fall, wenn die zur Ausübung seiner
Tätigkeit erforderliche Fahrerlaubnis entzogen worden ist. Dies gilt
unabhängig von einem Verschulden des AN.
Hier: Dem D, der als Kraftfahrer eingestellt wurde, ist wegen
einer privaten Trunkenheitsfahrt die Fahrerlaubnis für 12 Monate
entzogen worden.
Falllösung: Die Kündigung ist wirksam. Die Kündigungsschutzklage
des D ist daher abzuweisen.
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130
Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
4. Mitarbeiter E:
- war im Jahr 2006 siebenmal für zwei Tage krankgeschrieben
- 1 x vergaß er - entgegen der Regelung im Arbeitsvertrag - die
Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung. Deswegen ist er von A
abgemahnt worden.
- Derzeit ist er wegen einer Infektion vier Wochen krankgeschrieben.
- Ferner ist er in der letzten Zeit an einigen Tagen zu spät zur Arbeit
erschienen.
- im vergangenen Monat hat E nachweisbar zwei Stunden zu privaten
Zwecken am Firmen-PC im Internet gesurftA erklärt die ordentliche Kündigung.
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4. Kündigung des E
Arbeitgeber A beruft sich bzgl. der Kündigung des E auf eine Vielzahl
von verhaltensbedingten Gründen:
- krankheitsbedingter Arbeitsausfall
- Unterlassen einer ordnungsgemäßen Krankmeldung unter
Übermittlung einer ärztlichen Bescheinigung
- wiederholte Unpünktlichkeit
- private Nutzung des Firmen-PC´s
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- krankheitsbedingter Arbeitsausfall:
=
hier:
keine
Pflichtverletzung
des
AN
(vgl.
EntgeltfortzahlungsG = Lohnfortzahlung im Krankheitsfall).
Anders nur, wenn tatsächlich keine Krankheit bestünde („Blau
machen“).
Aber: u. U. kann auch eine unverschuldete Krankheit eine
personenbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn diese
Erkrankung entweder a) außerordentlich lange andauert, b)
es in der Vergangenheit gehäufte Kurzerkrankungen gegeben
hat oder c) durch die Krankheit die Leistungsfähigkeit des
AN dauerhaft eingeschränkt ist.
= hier: keine dieser Fallgruppen ist gegeben. Eine
7malige Kurzerkrankung und ein 4wöchiger
krankheitsbedingter Arbeitsausfall reichen hierfür
nicht aus.
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- Unterlassen einer ordnungsgemäßen Krankmeldung unter
Übermittlung einer ärztlichen Bescheinigung:
= hier: zwar liegt Pflichtverletzung des AN vor, die zudem auch
vom AG entsprechend vor Ausspruch der Kündigung
abgemahnt worden ist (Abmahnung ist erforderlich bei
außerhalb von schwerstwiegenden Pflichtverletzungen wegen
des sog. „Ultima Ratio-Prinzips“).
aber: Nach der Abmahnung des AG ist es nicht mehr zu einer
Wiederholung des Pflichtenverstoßes gekommen. Ohne
wiederholten Pflichtverstoß des E ist die Kündigung sozial nicht
gerechtfertigt.
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- wiederholte Unpünktlichkeit:
hier: Pflichtverstoß des E ist gegeben, jedoch ist diese nicht so
gravierend, dass sie eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung
rechtfertigt.
Zwar ist eine Abmahnung der E bereits erfolgt. Diese bezog sich
aber auf einen ganz anderen Pflichtenverstoß, was nach ständiger
Rechtsprechung der Arbeitsgerichte nicht ausreicht.
Eine soziale Rechtfertigung für die Kündigung der E besteht daher
nicht. Der Kündigungsschutzklage ist daher stattzugeben.
- privaten Nutzung des Firmen-PC´s :
Siehe obige Begründung
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5. Mitarbeiter F:
- 27 Jahre alt, Vater einer unehelichen Tochter, seit zwei Jahren im
Vertrieb der Firma beschäftigt
- Vier seiner sieben Kollegen aus der Vertriebsabteilung sind deutlich älter
und auch bereits länger bei A beschäftigt.
- Der fünfte Kollege ist ebenfalls seit zwei Jahren angestellt und etwas
jünger als F, aber verheiratet und Vater von drei Kindern.
- Der deutlich jüngere sechste Vertriebskollege des F, der W, ist
Betriebsratsmitglied.
- Das siebte Abteilungsmitglied, der X, ist erst 23 Jahre alt, ledig und
kinderlos. Trotz seiner erst zweijährigen Beschäftigung bei A weist er aber
die mit Abstand besten Vertriebszahlen auf. Ihm gelang es aufgrund
exzellenter Familienkontakte, zahlreiche neue Kunden für A zu gewinnen.
- Absatz der Fabrik rückläufig, A entscheidet sich zu einer Neuordnung
der Vertriebsabteilung. Aufgrund dieser Umstrukturierung besteht ein
Arbeitsbedarf nur noch für sechs Arbeitnehmer. Daher erklärt A die
Kündigung des mit F bestehenden AV.
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5. Kündigung des F
Die Kündigung des mit F bestehenden Arbeitsvertrages könnte nur als
betriebsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt sein.
Dies setzt voraus, dass dringende betriebliche Erfordernisse einer
Weiterbeschäftigung des AN in diesem Betrieb entgegenstehen (z.B.
Wegfall des Arbeitsplatzes des AN, so dass kein Arbeitsbedarf mehr für
eine Beschäftigung des AN besteht)
Unerheblich ist dabei, ob die Reduzierung des Arbeitsanfalls auf
außerbetrieblichen Einflüssen (z. B. Absatzeinbrüche) basiert oder
durch eine unternehmerische Entscheidung des AG (z.B.
Umstrukturierung des Betriebes, Rationalisierungsmaßnahmen oder
Outsourcing) verursacht worden ist.
Eine solche unternehmerische Entscheidung, unterliegt nicht der
arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Das Gericht hat daher die wirtschaftliche
Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme nicht zu beurteilen (Grenze:
offensichtliche Willkür des AG).
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hier: Aufgrund der hier vorgenommenen Umstrukturierungen des
Vertriebes als Reaktion auf die Absatzeinbußen ist daher der
Arbeitsbedarf bei A um einen Arbeitsplatz geschrumpft.
ABER: Trotz dieses Arbeitsplatzwegfalls wäre die Kündigung dennoch
sozial ungerechtfertigt, wenn A eine wirksame Sozialauswahl gemäß §
1 III KSchG unterlassen hätte.
Danach muss der A unter den für die Kündigung in Betracht
kommenden Mitarbeiter den „richtigen“ Arbeitnehmer auswählen.
In die Sozialauswahl werden alle vergleichbaren Arbeitsplatzinhaber
(hier also alle Vertriebsmitarbeiter gleicher Hierarchie) einbezogen.
Kriterien der Sozialauswahl sind neben einer Schwerbehinderung das
Alter, die Beschäftigungsdauer und bestehende Unterhaltspflichten der
Arbeitnehmer.
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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit ArbeitsR 2)
Vier der sieben in die Sozialauswahl einzubeziehenden Kollegen sind älter
bzw. länger bei A beschäftigt als der F.
Ein fünfter Kollege schneidet bei Alter und Betriebszugehörigkeit zwar
vergleichbar ab, unterliegt aber gegenüber vier Personen einer
Unterhaltsverpflichtung.
= Diese 5 Arbeitnehmer kommen bei sachgerechter Sozialauswahl daher
für die Kündigung nicht in Betracht.
Demgegenüber schneiden die Mitarbeiter W (sechster Kollege) und X
(siebter Kollege) bei den Kriterien der Sozialauswahl schlechter als F ab,
aber:
- W ist als Betriebsratsmitglied wegen § 15 I KSchG ordentlich nicht
kündbar.
- X ist als Leistungsträger aus der Sozialauswahl auszunehmen (§ 1 III 2
KSchG).
Falllösung: Mithin ist die betriebsbedingte Kündigung des F sozial
gerechtfertigt. Seine Kündigungsschutzklage ist abzuweisen.
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Vorbemerkungen:
Inhaltliche Fragen zu diesem Crashkurs:
 Rechtsanwalt und Dozent NGUYEN, NGOC-DANH
eMail an: [email protected]
Folien (zur Vorlesung):
 http://www.marx.de/
(dort unter: „materialien/universität“)
Folien (zur Übung):
 http://www.econ.uni-hamburg.de/IRdW/zivil/
 http://www.wiso.uni-hamburg.de/irdw
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140
Crashkurs
„Wirtschaftsprivatrecht“
TEIL 2: Einheit 7 – 12
+
Arbeitsrecht
Sommer-Semester 2009
(22.05.2009)
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